Schwarzbuch Vattenfall - Greenpeace

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24 Schwarzbuch Vattenfall Vattenfall und der Emissionshandel Der Sachverständigenrat für Umweltfragen stellte im Juni 2008 der Bundesregierung für den Umgang mit ihrem wichtigsten Klimaschutzinstrument, dem Emissionshandel, ein vernichtendes Zeugnis aus: „Die Umsetzung des europäischen Emissionshandels durch den ersten deutschen Allokationsplan (NAP I) bzw. das ZuG [Zuteilungsgesetz] 2007 war insbesondere durch Fehlinterpretationen der Wettbewerbsdimension des Instruments bei der Verteilung der Emissionsrechte geprägt. Die falsche Annahme, eine kostenlose und reichliche Zuteilung von Emissionsrechten (grandfathering) erhöhe die Wettbewerbsfähigkeit einzelner Unternehmen/Branchen, hatte die Forderung nach einer „bedarfsgerechten“ Zuteilung zur Folge, die auf großzügige Zuteilungen für CO 2 -intensive Energieträger (Kohle, insbesondere Braunkohle) und Industrieprozesse (Grundstoffi ndustrien) hinauslief. (…) Die kostenlose Verteilung der Emissionsrechte hatte also unübersehbare negative Rückwirkungen auf die Funktionsweise des Instruments.“ Der Sachverständigenrat kommt zu dem Urteil: „In der Anfangsperiode hat der Emissionshandel noch an hoher Komplexität und Ineffi zienz aufgrund von Partikularinteressen gelitten.“ Parlament wurde ausgetrickst Wie konnte es dazu kommen? Mathias Corbach, Doktorand an der Forschungsstelle für Umweltpolitik (FFU) der Freien Universität Berlin hat die internen Protokolle der Arbeitsgemeinschaft Emissionshandel (AGE) analysiert. In seinem Buch „Die deutsche Stromwirtschaft und der Emissionshandel“ zeigt er detailliert, wie die großen Stromerzeuger den politischen Prozess beeinfl ussten. Der professionelle strategisch ausgerichtete Lobbyismus der Stromkonzern und ihr einfl ussreiches Machtkartell verunstaltete den Emissionshandel in Deutschland fast bis zur Wirkungslosigkeit. Mit geschickter Personalpolitik, Direktkontakten zur Ministerialbürokratie, Beeinfl ussung von Fachpolitikern über ihre Interessenlage in den Wahlkreisen, interessengesteuerter Expertise und mit weitgehender Ausschaltung der eigentlich zuständigen parlamentarischen Gremien haben Vattenfall, RWE, E.ON und andere gezeigt, dass es Ihnen nur um den Erhalt bestehender Strukturen in der Stromwirtschaft und ihre Gewinne geht - und keineswegs um den Klimaschutz. Durch ihr gezieltes Vorgehen wurde das Parlament als eigentlich zuständige verfassungsrechtliche Instanz entwertet. Beeinfl ussung durch Finanzhilfen Die AGE war kein reines Diskussionsforum, wie es ihr Mandat eigentlich vorsah, sondern ein Medium zur Beeinfl ussung der deutschen EU-Politik. Die vier Konzerne BP, Shell, HEW und VEAG gewährten der AGE deutlich über die übliche Unterstützung hinausgehende Finanzhilfen. Die VEAG stellte außerdem Räume und Mobiliar für das Sekretariat bereit und mietete die notwendige EDV an. HEW und VEAG waren zwei Vorläuferunternehmen des heutigen Stromkonzerns Vattenfall Europe (siehe S. 6). Vattenfalls Stimme im Bundestag Bis hinein in den Bundestag reichte der lange Arm von Vattenfall. In der Bundestagsdebatte vom 4. März 2004, als es um die Einführung des Emissionshandels ging, erklärte der SPD- Bundestagsabgeordnete Wilfried Schreck: „Bis 2012 brauchen wir – an dieser Stelle haben die Kritiker Recht – in Deutschland überhaupt keinen Emissionshandel“. Übereinstimmend mit den Vattenfall-Forderungen nach so genannter „Early Action“ verlangte er, „dass klimapolitische Vorleistungen anerkannt werden.“ Und weiter: „Es wäre energie- und volkswirtschaftlich unsinnig, wenn Betreiber neuer Anlagen Zertifi kate zukaufen müssten. (…) Die modernsten Braunkohlekraftwerke der Welt kann man bei Anwendung technischen und kaufmännischen Sachverstandes nicht schon wieder nachbessern. (…) Wer in den 90er-Jahren seine Anlage nach dem Stand der Technik erneuert hat, muss bis 2012 von Zukäufen freigestellt werden.“ Wilfried Schreck ist im Original-Beruf Betriebsrat beim Vattenfall- Kraftwerk Jänschwalde und kehrte 2005 nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag an seinen Arbeitsplatz zurück. Einfl ussnahme auch in späteren Handelsperioden Die Verhandlungen zum NAP II für die Handelsperiode von 2008 bis 2012 gestalteten sich eher noch intransparenter als zuvor beim NAP I für die Handelsperiode von 2005 bis
2007. Erinnert sei daran, dass es vor allem die Wirtschaftsminister Clement und Glos waren, die sich für die Energiewirtschaft in den Streit mit dem Bundesumweltministerium um die Menge der Emissions-Zertifi kate warfen und massiv auf eine Erhöhung drängten. Wolfgang Clement (SPD) ist heute Aufsichtsrat bei RWE Power, der amtierende Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) war bis Ende 2004 Mitglied im Beirat der E.ON Bayern AG. Ԁ؀܀ࠀԀऀ਀܀଀ऀ؀؀ఀ؀ ਀Ȁ ऀȀ ܀Ȁ ؀Ȁ ԀȀ ЀȀ ̀Ȁ ĀȀ ࠀȀ Ȁ CO CO2 ܀ऀ଀Ȁऀ ܀ऀ଀؀ࠀ ܀܀଀Ԁ؀ ܀਀଀܀ࠀ Schwarzbuch Vattenfall 25 Zurzeit werden in Brüssel die Grundlagen für den NAP III für die Periode ab 2013 verhandelt. Und wieder sind es die Stromkonzerne und ihre Kohle-Lobbyverbände in Deutschland und in Brüssel, die sich mit Händen und Füßen gegen eine gerechte Versteigerung wehren und mit den Forderungen nach kostenlosen Zuteilungen und Anerkennung bereits geleisteter Modernisierungen an alten Strukturen festhalten wollen. Den Klimaschutzbemühungen wird mit diesem Ansinnen ein Bärendienst erwiesen. -Emissionen von Vattenfall Europe ऀЀ଀ऀ ऀЀ଀Ԁ ĀȀȀĀ ĀȀȀ̀ ĀȀȀЀ ĀȀȀԀ ĀȀȀ؀ ĀȀȀ܀ ĀȀ̀Ѐ Die CO 2 -Emissionen von Vattenfall-Europe sind von 2002 bis 2007 um über 8 Prozent auf insgesamt 84,5 Millionen Tonnen CO 2 angestiegen (Quelle: Auswertung der CSR-Reports von Vattenfall). Gleichzeitig hat Vattenfall dafür gesorgt, dass die CO 2 -Zertifi kate in der ersten Handelsperiode bis 2007 kostenfrei verteilt wurden. Dennoch wurden die virtuellen Kosten in die Bilanz übernommen und auf die Stromverkaufspreise aufgeschlagen.
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