10 / 2012 - Bauweb
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fotos: G. Braune / opG<br />
Der Strabag Konzern baut die Röhre, mit der<br />
die kanadische Provinz Ontario die Energiegewinnung<br />
aus Wasserkraft forciert. Links der<br />
Tunnelverlauf um die Horseshoe-Falls bzw. die<br />
aktuellen Arbeiten an der Tunnelinnenschale,<br />
rechts die Bautafel vor der Baustelle.<br />
Wassermenge dürfen abgeleitet werden,<br />
nachts mehr als am Tag. Genug Wasser soll<br />
über die Fälle fließen, damit Touristen aus<br />
aller Welt das Naturschauspiel erleben können.<br />
Bis zu 6.000 Kubikmeter pro Sekunde<br />
stehen für Stromerzeugung in Ontario und<br />
im US-Staat New York bereit.<br />
Bisher zweigt Kanada durch zwei Tunnel,<br />
die unter Niagara Falls verlaufen, etwa 1.800<br />
Kubikmeter pro Sekunde ab. Nun kommen<br />
500 Kubikmeter hinzu. Mitis steht im Einlaufbauwerk<br />
des Tunnels. Steil ragen Betonwände<br />
20 Meter in die Höhe, darüber wölbt<br />
sich der blaue Himmel. Über diese Rampe<br />
wird Wasser vom Niagara-Fluss in den Tunnel<br />
strömen. Der tiefste Punkt des Tunnels<br />
liegt bei 150 Meter unter der Erdoberfläche.<br />
„Der gesamte Wasserfluss erfolgt durch<br />
Schwerkraft und Höhenunterschied“, erläutert<br />
der Ingenieur. Zehn Kilometer flussabwärts<br />
wird das Wasser den Tunnel verlassen,<br />
die Wasserbecken des Kraftwerks<br />
speisen und Energie erzeugen.<br />
Vor acht Jahren schrieb die OPG das Projekt<br />
aus, im August 2005 erhielt die Strabag<br />
als Hauptbauunternehmer für Entwurf, Bemessung<br />
und Bau des Niagara-Tunnel-Projekts<br />
den Zuschlag. Als Kostenziel sind 985<br />
Millionen Dollar für den Tunnel festgelegt<br />
– nach jetzigem Wechselkurs etwa 780 Mio.<br />
Euro –, die Gesamtkosten für OPG mit dem<br />
Umbau des Kraftwerks liegen bei 1,6 Milliarden<br />
Dollar (1,3 Mrd. Euro). Als Termin<br />
der Fertigstellung wurde Juni 2013 verein-<br />
bart. „Der Tunnel wird so gebaut, dass er 90<br />
Jahre wartungsfrei betrieben werden kann“,<br />
erklärt Mitis. Ununterbrochen soll das Wasser<br />
fließen. Der Stromverkauf bringt täglich<br />
einen Umsatz von 440.000 Dollar.<br />
„Big Becky“ hat ausgedient<br />
Neben dem Einlaufkanal liegt der langsam<br />
verrostende Kopf einer riesigen Bohrmaschine.<br />
Es sind die Reste von „Big Becky“,<br />
der gigantischen, laut OPG weltweit größten<br />
Hartgesteins-Tunnelbohrmaschine<br />
(TBM, Typ Robbins HP 471-316). Der Tunnel<br />
ist gebohrt, am 13. Mai 2011 konnte der<br />
Durchbruch bejubelt werden. Die Strabag-<br />
Experten hatten die Maschinenteile nach<br />
Niagara Falls gebracht – „von überall in<br />
der Welt, über Straßen, über See und über<br />
Schienen“, wie OPG berichtet – und „Big<br />
Becky“ hier zusammengebaut. Der Einsatz<br />
der weltgrößten Hartgesteins-TBM mit der<br />
Erstmontage auf der Baustelle, der Montage<br />
und Inbetriebnahme in weniger als einem<br />
Jahr hätten „in der internationalen Tunnelbauwelt<br />
bemerkenswerte Aufmerksamkeit<br />
gefunden“, urteilen Projektleiter Ernst<br />
Gschnitzer und DI Robert Goliasch.<br />
„Big Becky trägt ihren Namen zu Recht“,<br />
erklärt OPG. Für die Benennung der Maschine<br />
war ein Wettbewerb ausgeschrieben<br />
worden und Schüler der Porter Weller Pub-<br />
BErG- UNd tUNNElBaU<br />
lic School im nahegelegenen St. Catherines<br />
hatten den Namen „Big Becky“ vorgeschlagen,<br />
weil Sir Adam Beck, nach dem auch das<br />
Kraftwerk benannt ist, in Ontario eine wichtige<br />
Rolle bei der Entwicklung der Energiegewinnung<br />
aus Wasserkraft gespielt hatte.<br />
Rund 165 Meter lang war die Maschine,<br />
eine sogenannte Vollschnitt-Gripper-Tunnelbohrmaschine,<br />
sie wog mehr als 4.000<br />
Tonnen. Die eigentliche Bohrmaschine<br />
war etwa 25 Meter lang und rund 2.000<br />
Tonnen schwer. Der Bohrkopf mit den 85<br />
Meisseln und den 12 Räumerschaufeln<br />
hatte einen Durchmesser von 14,4 Metern.<br />
Der Bohrmaschine folgte der etwa<br />
140 Meter lange Nachläufer, das „Backup<br />
System“. Es beherbergte alle elektrischen<br />
und mechanischen Systeme, die zum Tunnelvortrieb<br />
benötigt werden, wie Transformatoren,<br />
Entstaubungsanlage, Ventilation,<br />
Spritzbetonroboter, Fluchtcontainer für<br />
Notfälle und Arbeitsplattformen für den<br />
Tunnelausbau.<br />
Während hundert Meter über ihr Touristen<br />
die Wasserfälle ansteuerten, fraß sich „Big<br />
Becky“ durch den Fels. „Direkt hinter der<br />
Bohrmaschine erfolgte die Stabilisierung<br />
des Gesteins mit Stahlmaschendraht, Stahlrippen,<br />
Bolzen und Spritzbeton“, schildert<br />
Mitis den Ablauf. Nach ein bis zwei Metern<br />
legte „Big Becky“ eine Pause ein, während<br />
Links: Bernhard Mitis, Strabag Construction Manager Niagara Tunnel, vor dem Tunneleingang. Die Bilder rechts davon verdeutlichen die<br />
beeindruckenden Abmessungen von „Becky“, der Vollschnitt-Gripper-Tunnelbohrmaschine mit einem Durchmesser von 14,4 Metern.<br />
– Baumaschine Baugerät Baustelle <strong>10</strong> | <strong>2012</strong> www.bauweb.co.at<br />
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