10 / 2012 - Bauweb
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68 BErG- UNd tUNNElBaU<br />
Monstertunnel an den Niagara-Fällen<br />
aUSlaNdSBaUStEllE der österreichische Baukonzern Strabag baut die röhre, mit der<br />
die kanadische provinz ontario die Energiegewinnung aus Wasserkraft forciert – und der<br />
tunnel ist gewaltig: Er erstreckt sich mit einer länge von zehn Kilometern und einem innendurchmesser<br />
von 12,7 Metern rund um die Niagara fälle. Nach dem durchbruch im Mai 2011<br />
stehen bis zur fertigstellung im Juni 2013 vor allem arbeiten an der innenschale bzw. dem<br />
Ein- und auslaufbauwerk im Mittelpunkt.<br />
n Es ist warm in hundert Meter Tiefe<br />
im Felsgestein an den Niagarafällen. Die<br />
Lampen im Tunnel geben nur ein spärliches<br />
Licht. Bernhard Mitis, Ingenieur des<br />
österreichischen Baukonzerns Strabag, ist<br />
zufrieden. „Wir sind im Zeitplan. In einem<br />
Jahr wird durch diesen Tunnel Wasser zur<br />
Stromerzeugung fließen.“ In der Ferne tauchen<br />
aus dem Dunkel Scheinwerfer auf.<br />
Langsam kommen sie näher, werden größer.<br />
„Schoolbus“ steht auf dem gelben Fahrzeug.<br />
Aber es transportiert keine Schüler,<br />
sondern Arbeiter. Schichtwechsel im Tunnel<br />
an den Niagara-Fällen. Der Busfahrer<br />
winkt freundlich, während er Richtung Tunnelausgang<br />
fährt. Mitis grüßt zurück. „Pro<br />
Sekunde werden durch den Tunnel 500 Kubikmeter<br />
Wasser schießen. Dafür garantieren<br />
wir durch den Vertrag“, erklärt der 36<br />
Jahre alte österreichische Ingenieur. Er trägt<br />
einen Schutzhelm mit einer auffallenden<br />
Flaggenkombination: Die rot-weiße kanadische<br />
Fahne mit dem Ahornblatt geht in die<br />
rot-weiße Flagge Österreichs über.<br />
Mitis ist Bauleiter des Milliarden-Projekts,<br />
für das die Strabag den Zuschlag bekam:<br />
Im Auftrag der Provinz Ontario und des<br />
Stromerzeugers Ontario Power Generation<br />
(OPG) einen Umleitungsstollen zu bauen,<br />
der oberhalb der Niagara-Fälle Wasser des<br />
Niagara-Flusses aufnimmt und es um die<br />
Fälle herum und unter der Stadt Niagara<br />
Falls zum Sir Adam Beck-Kraftwerk leitet,<br />
wo es die Turbinen treiben und dann, etwa<br />
neun Kilometer unterhalb der Fälle, in den<br />
Niagara-Fluss zurückfließen wird. Die Wassermenge<br />
soll pro Jahr 1,6 Milliarden Kilowatt-<br />
oder 1.600 Gigawattstunden Energie<br />
liefern und laut OPG den Strombedarf von<br />
160.000 Haushalten decken.<br />
Wandel in der energieversorgung<br />
Für die bevölkerungsstärkste kanadische<br />
Provinz Ontario, die aus der Stromversorgung<br />
aus Kohle aussteigen will, ist dies ein<br />
wichtiger Schritt auf dem Weg zur „grünen,<br />
sauberen Energieversorgung“, sagt Ontario<br />
Power Generation und spricht zugleich von<br />
einem „Monster-Tunnel“: Menge und Geschwindigkeit<br />
des Wasserdurchlaufs wür-<br />
den ein olympisches Schwimmbecken in<br />
wenigen Sekunden füllen. „Das Niagara-<br />
Tunnelprojekt ist ein Beispiel für den Umbau<br />
des Elektrizitätssystems Ontarios. Wir<br />
sichern damit eine saubere, moderne, verlässliche<br />
und kostengünstige Energieversorgung“,<br />
erklärt Ontarios Energieminister<br />
Chris Bentley.<br />
Auf dem Niagara-Fluss unterhalb der Wasserfälle<br />
nähert sich das Schiffchen „Maid<br />
of the Mist“ langsam dem Hufeisenfall. Die<br />
gewaltigen Niagara-Fälle gehören zu den<br />
größten Touristenattraktionen Nordamerikas,<br />
zu denen jährlich mehrere Millionen<br />
Menschen pilgern. Touristen in Regencapes<br />
blicken gebannt und fasziniert von der<br />
„Maid of the Mist“ nach oben. Donnernd<br />
stürzen rund 2.800 Kubikmeter Wasser pro<br />
Sekunde 55 Meter in die Tiefe. Aber Niagara<br />
bietet mehr als ein Naturwunder. Seit Ende<br />
des 19. Jahrhunderts wird der Fluss, der<br />
die Grenze zwischen den USA und Kanada<br />
bildet, für Stromerzeugung genutzt. 1950<br />
regelten beide Staaten im Niagara-Vertrag<br />
die Wasserentnahme. Etwa zwei Drittel der<br />
www.bauweb.co.at – Baumaschine Baugerät Baustelle <strong>10</strong> | <strong>2012</strong>