DAS RECHT DER TIERE DAS RECHT DER TIERE - Bund gegen ...
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Oktober 2011<br />
<strong>DAS</strong> <strong>RECHT</strong> <strong>DER</strong> <strong>TIERE</strong><br />
T IERSCHUTZMAGAZIN VOM B UND G EGEN M ISSBRAUCH <strong>DER</strong> T IERE E.V.<br />
BRASOV IM<br />
AUFBRUCH<br />
HOFFNUNG<br />
FÜR RUMÄNIENS<br />
STRASSENHUNDE!<br />
GUTACHTEN<br />
STELLT KLAR:<br />
TIERSCHUTZ-<br />
TRANSPORT<br />
VON AUSLANDS-<br />
HUNDEN IST KEIN<br />
HUNDEHANDEL<br />
KONSEQUENT<br />
KEINE GÄNSE-<br />
STOPFLEBER AUF<br />
ERNÄHRUNGSMESSE
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
2<br />
I NHALT<br />
8<br />
Wendepunkt in Brasov<br />
Die Hunde brauchen jetzt unsere Hilfe!<br />
20<br />
EU-Fischereipolitik<br />
Meere vor dem Kollaps<br />
36<br />
Haben Sie einen<br />
Missstand beobachtet?<br />
So können Sie den Tieren helfen!<br />
4 IM BRENNPUNKT<br />
Ein Gutachten schafft Klarkeit:<br />
Das Verbringen Tierschutz-Hunden aus dem Ausland ist kein Tierhandel!<br />
14 UNGARN<br />
Der bmt baut ein Welpenhaus<br />
im Tierheim Pecs<br />
Impressum<br />
<strong>DAS</strong> <strong>RECHT</strong> <strong>DER</strong> <strong>TIERE</strong> Nr. 3/2011 Mitgliederzeitschrift des <strong>Bund</strong><br />
<strong>gegen</strong> Missbrauch der Tiere e. V.; Herausgeber: <strong>Bund</strong> <strong>gegen</strong> Missbrauch<br />
der Tiere e.V, Viktor-Scheffel-Str. 15, 80803 München, Deutschland, Email:<br />
mail@bmt-tierschutz.de; Redaktion: Verantwortlicher Redakteur .i.S.d.P.:<br />
Claudia Lotz, Tel.: (030) 80 58 33 -38, Fax: -39, Petra Zipp, Tel.: (07121)<br />
820 17 -0, Fax: -18; Rubrik Tierschutzpolitik Verantwortlicher Redakteur<br />
i.S.d.P.: Torsten Schmidt, Tel.: (04642) 92 24 97;<br />
Gestaltung: Stefan Lotz, Andrea Sturm;<br />
8 AUSLANDSTIERSCHUTZ<br />
Hoffnung für Straßenhunde<br />
Bürgermeister aus Brasov hält Wort<br />
18 AKTUELL<br />
Der Konflikt um das Gänsestopfen<br />
20 TIERSCHUTZPOLITIK I<br />
Keine Reform: Die Gemeinsame<br />
Fischereipolitik der EU<br />
22 bmt-INTERN<br />
Ausbildung zum Tierpfleger<br />
24<br />
bmt-GESCHÄFTSSTELLEN<br />
24 TH Köln Die Entführung von Chica<br />
26 TSZ Pfullingen Katzendramen mit Happy End<br />
28 TH Arche Noah Hilfe für bmt-Mitglied<br />
30 TH Hage Die Hundehalter-Trainerin<br />
32 Berlin Pankower Katzentafel<br />
34 Katzenhaus Lena - im Karton ausgesetzt<br />
36 LV Bayern So helfen Sie bei Missständen<br />
38 Franziskus-TH Das Schicksal zweier Hunde<br />
40 TH Elisabethenhof Kater mit Handicap<br />
42 Issum Hunderalley begeistert Gäste<br />
44 TH Kassel Veganismus - ein Lebensstil<br />
46 TIERSCHUTZPOLITIK II<br />
Putenhaltung weiter in der Kritik<br />
ANZEIGEN Markt & Service 7 und 11<br />
48 Prominente Unterstützung<br />
Tanja und Peter Maffay<br />
setzen sich für Straßenhunde<br />
in Brasov ein<br />
Druck: L.N. Schaffrath DruckMedien, Geldern;<br />
Übernahme von Artikeln, auch auszugsweise, nur mit Quellenangabe<br />
gestattet. Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier.<br />
Auflage: 44.000 Exemplare,<br />
Titel: Straßenhund in Brasov, fotografiert von Stefan Kirchhoff<br />
Verantwortlich für den Anzeigenteil: Anzeigen-Büro Udo Kraushaar,<br />
Email: bmt@anzeigen-buero.de,<br />
Tel. (0 28 45) 53 86, Fax (0 28 45) 80 69 49
AUF EIN WORT…<br />
Es liegt in unserer Hand,<br />
die Welt zu verändern …<br />
Liebe Mitglieder, liebe Tierfreunde,<br />
geht es Ihnen auch so? Manchmal möchte man den Fernseher abschalten oder alle Emails gleich<br />
löschen, wenn man wieder und wieder mit den grausamen Realitäten dieser Welt konfrontiert<br />
wird. Aber Wegschauen hilft nicht!<br />
Wir sollten dankbar sein, dass die Medien heutzutage immer häufiger berichten - über die<br />
entsetzliche Tierproduktion für Fleisch, Langstreckentransporte, die zunehmenden Tierversuche,<br />
die Zustände der Tierhaltung in Zirkussen, über Missstände in Urlaubsländern, grausame<br />
Tötungen und Misshandlungen von Streunertieren, dem trotz intensiver Aufklärung noch immer<br />
boomenden Handel mit Hundewelpen und leider vieles, vieles mehr.<br />
Der bmt schöpft alle rechtsstaatlich gegebenen Mittel aus, um Missstände anzugehen. Vielfach<br />
liegt es aber einfach in der Hand der Menschen, die Welt zu verändern. Würde keiner mehr Pelze<br />
kaufen, müssten wir über Fallenfang und Pelztierhaltung nicht mehr debattieren.<br />
Puten müssten nicht mehr leiden, wenn ihr Fleisch einfach nicht mehr gekauft würde, wenn<br />
Lebensmittel nicht immer billiger sein müssten, als sie umwelt- und tiergerecht erzeugt werden<br />
können. Zirkusse mit Wildtieren müssten schließen, wenn keiner mehr hinginge. Diese Liste ließe<br />
sich beliebig fortführen.<br />
Zurzeit bestimmen auf der einen Seite das Streben nach Profit und auf der anderen Seite der<br />
bequeme billige Konsum unser Leben. Lassen Sie uns doch wieder die wahren Werte des Lebens<br />
erkennen und auch wertschätzen.<br />
Nur mit Ihrer Unterstützung können wir helfen, herzlichen Dank dafür.<br />
Ihre<br />
Petra Zipp, bmt-Vorsitzende<br />
und Auslandstierschutzkoordinatorin<br />
E DITORIAL<br />
bmt-Vorsitzende Petra Zipp<br />
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
3
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
4<br />
RdT: Herr Dr. Leondarakis, warum<br />
wurde dieses Gutachten nötig?<br />
Dr. Konstantin Leondarakis: Anfang<br />
2010 hatten wir die ersten Beratungsanfragen<br />
- und mittlerweile sind es viele<br />
Mandate - mit der Problematik, dass<br />
verschiedene Behörden plötzlich von<br />
Tierschutzeinrichtungen verlangten, eine<br />
gesonderte Erlaubnis für die gewerbliche<br />
Verbringung von Hunden<br />
nach Deutschland zu beantragen.<br />
Das Vorgehen der zuständigen Veterinärbehörden<br />
war und ist dabei immer<br />
ähnlich: Es wurde von Seiten der Behörde<br />
so getan, als sei es rechtlich<br />
zwingend erforderlich, dass die jeweilige<br />
Tierschutzorganisation eine gewerbliche<br />
Erlaubnis für das Verbringen<br />
der Tiere benötige, weil sie Hunde aus<br />
dem EU-Ausland hole. Entsprechend<br />
müsste eine Erlaubnis nach § 11 Abs.1<br />
Nr.3b TierSchG für einen gewerblichen<br />
Handel mit Wirbeltieren gestellt werden.<br />
Würde diese Erlaubnis von den jeweiligen<br />
Tierschutzeinrichtungen nicht eingeholt,<br />
drohten die Veterinärämter mit<br />
ganz unterschiedlichen Folgen: Zum<br />
Beispiel mit der Entziehung bestehender<br />
Genehmigungen, einer Anordnung<br />
TIERSCHUTZ<br />
Dr. jur. Konstantin Leondarakis LL.M. ist einer der<br />
wenigen Anwälte Deutschlands, die sich auf das<br />
Tierschutzrecht spezialisiert haben. Nachdem Tierschutzorganisationen<br />
sich immer häufiger für ihren<br />
aktiven Tierschutz im Ausland rechtfertigen<br />
und vor Behörden den Vorwurf des gewerblichen<br />
Hundehandels widerlegen müssen, wandten sich<br />
der bmt, ETN (Europäischer Tier- und Naturschutz)<br />
und Tasso an den in Göttingen ansässigen Anwalt<br />
und gaben ein juristisches Gutachten zu dieser<br />
neuen Problematik in Auftrag. Das Gutachten mit<br />
dem Titel: "Die Verbringung von Hunden nach<br />
Deutschland - Tierschutz und gewerblicher Handel"<br />
wurde im August 2011 fertig gestellt.<br />
DR. KONSTANTIN LEONDARAKIS IM INTERVIEW<br />
auf Beantragung der Erlaubnis oder<br />
mit einem Bußgeld.<br />
Kamen die Tierschützer der von den<br />
Behörden geforderten "freiwilligen<br />
Beantragung" nicht nach, erließen die<br />
Behörden ganz unterschiedliche<br />
Schreiben, mal als rechtsmittelfähigen<br />
Verwaltungsakt, mal nicht oder es passierte<br />
gar nichts mehr…<br />
Insgesamt erscheint mir das Vorgehen<br />
der Behörden nicht nur rechtswidrig,<br />
sondern auch höchst bedenklich. Die<br />
der Exekutive eingeräumten rechtsstaatlichen<br />
Mittel werden bei einem<br />
derartigen Vorgehen missbraucht.<br />
RdT: Können Sie sich die Gründe für dieses<br />
Vorgehen der Behörden erklären?<br />
Dr. Leondarakis: Nein, da kann ich nur<br />
mutmaßen. Mein persönlicher Eindruck<br />
ist, dass der Auslandstierschutz in<br />
Deutschland restriktiv eingegrenzt oder<br />
gar verhindert werden soll.<br />
RdT: Haben die Forderungen der Behörden<br />
Folgen für die Tierschutzeinrichtungen?<br />
Dr. Leondarakis: Der Druck, den die<br />
Behörden ausüben, scheint ernorm.<br />
Tierschutzorganisationen, Tierheime<br />
oder Ti<br />
und alle weiteren Betroffenen fühlen<br />
sich nach meinem Eindruck sehr unsicher<br />
und wissen nicht, ob und wie es<br />
mit ihrer Tierschutzarbeit weitergeht.<br />
Die Behörden verlangen die Beantragung<br />
einer Erlaubnis für den gewerblichen<br />
Handel mit Tieren nach § 11<br />
Abs.1 Ziffer 3b) TierSchG - aber diese<br />
Erlaubnis entspricht überhaupt nicht<br />
der Realität vor Ort, was den Behörden<br />
auch bekannt sein muss.<br />
RdT: Sie halten das amtliche Vorgehen<br />
in dieser Angelegenheit für rechtswidrig.<br />
Welche Begründungen liefern die<br />
Behörden selbst?<br />
Dr. Leondarakis: Mir wurde bislang<br />
keine schlüssige, nachvollziehbare Begründung<br />
vorgelegt, was nach meiner<br />
Auffassung rechtmäßig <strong>gegen</strong>wärtig ja<br />
auch gar nicht möglich ist.<br />
Ich vermute aber aufgrund der mir vorliegenden<br />
behördlichen Ausführungen,<br />
dass eine Begründung unter der EG-<br />
Verordnung Nr. 388/2010 erfolgt. Sie<br />
schreibt vor, dass im Falle eines Transports<br />
von fünf oder mehr Tieren innerhalb<br />
der EU die Voraussetzungen über<br />
das Verbringen von Tieren zu Handelszwecken<br />
Anwendung finden.
erhandel?<br />
Es würde mich allerdings wundern,<br />
wenn die Behörden fälschlicherweise<br />
nur diese Verordnung als Rechtsgrundlage<br />
angesehen hätten. Denn es ist für<br />
jeden Laien einleuchtend, dass man<br />
keinen gewerblichen Tierhandel betreibt<br />
(und daher auch nicht die entsprechende<br />
Erlaubnis nach § 11<br />
TierSchG benötigt), nur weil man für einen<br />
Transport ab fünf Tieren zusätzliche<br />
Voraussetzungen erfüllen muss.<br />
Scheinbar tun aber genau dies die Behörden.<br />
Sie behandeln die Tierschutzorganisationen<br />
so, als ginge es ihnen<br />
bei dem Verbringen der Tiere um einen<br />
ausschließlich gewerblichen Zweck.<br />
Das entspricht nicht Sinn und Zweck<br />
der europäischen Verordnung und vor<br />
allem nicht der Realität.<br />
RdT: Sie führen aus, dass die europäische<br />
Verordnung Nr. 388/2010 von<br />
den Behörden fehlerhaft verstanden und<br />
angewendet wird. Welchen Sinn hat die<br />
EU-Verordnung denn überhaupt?<br />
Dr. Leondarakis: Im Wesentlichen geht<br />
es darum, den Seuchenschutz einzuhalten<br />
und die Verbreitung von Seuchen<br />
durch die (erlaubnisfreie) Einfuhr<br />
von Tieren zu verhindern. Gleichfalls<br />
soll der betrügerische Handel mit Tieren<br />
- der also nur unter dem Deckmantel<br />
des Tierschutzes erfolgt - unterbunden<br />
werden.<br />
In keinem Fall kann die<br />
Verordnung so verstanden<br />
werden, dass grundsätzlich<br />
ein gewerblicher<br />
Handel vorliegt, wenn<br />
fünf und mehr Tiere in<br />
einen anderen Mitgliedsstaat<br />
der EU transportiert<br />
werden. Es ist mir wirklich<br />
ein Rätsel, wie die<br />
Behörden ernsthaft auf diese Auslegung<br />
kommen und vehement daran<br />
festhalten!<br />
Mein Rat wäre, dass die Behörden<br />
wesentlich kooperativer mit den<br />
Tierschutzeinrichtungen zusammen<br />
arbeiten sollten. Denn natürlich gibt<br />
es auch beim Auslandstierschutz,<br />
wie in allen anderen Tätigkeitsbereichen,<br />
Missbrauch. Ein sehr ernstzunehmendes<br />
Tierschutzproblem ist<br />
der profitbetriebene, rechtswidrige<br />
Welpenhandel (besonders aus Osteuropa),<br />
der in den letzten Jahren<br />
erheblich zugenommen hat.<br />
Politik und Verwaltung haben dieses<br />
Problem bislang weitgehend ignoriert<br />
und versuchen scheinbar jetzt mit<br />
dem erschreckend undifferenzierten<br />
und rechtswidrigen Vorgehen mit der<br />
"Rasenmähermethode" die Versäumnisse<br />
der Vergangenheit aufzuholen.<br />
Dabei ist die Unterscheidung zwischen<br />
einer tatsächlichen Tierschutzeinrichtung<br />
und vermeintlichen Tierschutzeinrichtungen<br />
ganz einfach: Erstere holen<br />
Mischlinge aller Altersgruppen, oft unabhängig<br />
vom Gesundheitszustand<br />
und Geschlecht nach Deutschland, um<br />
ihnen die Chance auf ein neues Zuhause<br />
zu bieten. Letztere sind ausschließlich<br />
an Welpen und Junghunden<br />
interessiert, mit denen sich Profit machen<br />
lässt - dass den Behörden hier eine<br />
Unterscheidung nicht möglich sein<br />
soll, ist unglaubwürdig und erweckt<br />
den Anschein grober Fahrlässigkeit<br />
oder gar bedingten Vorsatzes.<br />
RdT: An welche rechtlichen Vorgaben<br />
müssen sich Tierschützer halten, wenn<br />
sie Hunde aus dem Ausland holen?<br />
Dr. Leondarakis: Das Verbringen von<br />
Tieren ist durch internationale und na-<br />
I M B RENNPUNKT<br />
Wie können Sie helfen?<br />
Durch Patenschaften<br />
(ab 15 Euro im Monat)<br />
Aufnahme eines Straßenhundes<br />
aus unseren Tierheimen<br />
Mit Spenden<br />
Infos unter:<br />
www.bmt-auslandstierschutz.de<br />
tionale Vorgaben geregelt. Die einschlägigen<br />
internationalen Regelungen<br />
sind mit den auf nationaler Ebene geltenden<br />
Rechtsnormen (Gesetzen, Verordnungen,<br />
Satzungen) verzahnt.<br />
RdT: Beginnen wir mit dem internationalen<br />
Recht. Welche Unterscheidungen<br />
macht das europäische Regelwerk bei<br />
dem Transport von Tieren?<br />
Dr. Leondarakis: Es wird zwischen dem<br />
Verbringen von Tieren zu Handelszwecken<br />
und zu Nichthandelszwecken<br />
unterschieden. Weiter trennen die europäischen<br />
Regelungen noch einmal<br />
bei dem Transport zu Nichthandelszwecken<br />
nach der Anzahl der Tiere,<br />
nämlich, wenn es mehr als fünf sind.<br />
RdT: Bitte erklären Sie uns: Wann<br />
liegt ein "Verbringen zu Nichthandelszwecken"<br />
vor und welche Voraussetzungen<br />
sind dabei zu erfüllen?<br />
Dr. Leondarakis: Zur ersten Frage: In<br />
der EG-Verordnung (EG) Nr. 998/<br />
2003 wird der Begriff "Heimtier" definiert.<br />
Sie regelt auch die Voraussetzun-<br />
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
5
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
6<br />
DR. KONSTANTIN LEONDARAKIS IM INTERVIEW<br />
gen für das Verbringen zu Nichthandelszwecken.<br />
Ein Heimtier im Sinne der<br />
Verordnung ist ein Tier, das nicht dazu<br />
bestimmt ist, Gegenstand eines Verkaufs<br />
oder einer Eigentumsübertragung<br />
zu sein. In dem Fall liegt ein Verbringen<br />
zu Nichthandelszwecken vor,<br />
so dass keine Erlaubnis erforderlich ist.<br />
Wer einen solchen nicht gewerblichen<br />
Transport durchführen möchte, muss<br />
laut EG-Verordnung die Hunde mit einem<br />
elektronischen Kennzeichen, einem<br />
Transponder, versehen und für jedes<br />
Tier einen gültigen Heimtierausweis<br />
(mit der Bestätigung der gültigen<br />
Tollwutimpfung) dabei haben.<br />
RdT: … und wenn die Zahl der transportierten<br />
Tiere fünf übersteigt?<br />
Dr. Leondarakis: Die EG-Verordnung<br />
Nr. 388/2010 besagt, dass in diesem<br />
Fall die Voraussetzungen für ein Verbringen<br />
zu Handelszwecken anwendbar<br />
seien. Diese wiederum werden<br />
durch die europäische Richtlinie<br />
92/65/EWG bestimmt, die durch die<br />
Binnenmarkt-Tierseuchenschutzverordnung<br />
in das nationale Recht umgesetzt<br />
worden ist. Kurz zusammengefasst:<br />
Das Verbringen von mehr als fünf Tieren<br />
ist natürlich ebenfalls ohne eine<br />
Genehmigung möglich, wenn auch die<br />
weiteren Voraussetzungen vorliegen.<br />
Das sind einerseits die oben genannten<br />
Bedingungen für einen nicht gewerblichen<br />
Tiertransport. Die Tiere müssen<br />
weiter frei von sichtbaren Krankheitszeichen<br />
und transportfähig sein. Dafür<br />
ist eine Untersuchung notwendig, die<br />
mindestens 24 Stunden vor dem Transport<br />
durchgeführt und im jeweiligen<br />
Heimtierausweis dokumentiert werden<br />
muss. Außerdem kommen noch weitere<br />
formelle Voraussetzungen der<br />
Binnenmarkt-Tierseuchenschutzverordnung<br />
und gegebenenfalls Anforderungen<br />
an einen Transport nach der Tierschutztransportverordnung<br />
dazu.<br />
Welpen dürfen ohne Impfung verbracht<br />
werden, wenn sie vom Muttertier<br />
begleitet werden oder eine schriftliche<br />
Erklärung des Verfügungsberechtigten<br />
vorliegt. Diese muss bestätigen, dass<br />
der Welpe ausschließlich am Ort seiner<br />
Geburt gehalten wurde und nicht mit<br />
wild lebenden Tieren in Berührung gekommen<br />
ist.<br />
RdT: Welchen Stellenwert hat nun das<br />
deutsche Tierschutzgesetz inmitten dieser<br />
europäischen Voraussetzungen?<br />
Dr. Leondarakis: Das Tierschutzgesetz<br />
verlangt unter anderem für das Halten<br />
von Tieren in einem Tierheim oder einer<br />
ähnlichen Einrichtung eine Erlaubnis<br />
nach § 11 Abs.1 Nr.2 TierSchG.<br />
Weiter schreibt diese Norm auch eine<br />
Erlaubnis für den gewerbsmäßigen<br />
Handel mit Wirbeltieren nach § 11<br />
Abs.1 Nr.3b) TierSchG vor.<br />
Die Frage ist nun, ob die Tierheime, die<br />
Hunde aus dem EU-Ausland vermitteln,<br />
eine Erlaubnis gemäß des §11<br />
Abs. 1 Nr. 3b) für einen gewerblichen<br />
Handel benötigen? Das gilt besonders<br />
dann, wenn mehr als fünf Hunde nach<br />
Deutschland eingeführt werden und<br />
damit wiederum die Anforderungen für<br />
ein Verbringen zu Handelszwecken Anwendung<br />
finden.<br />
Es muss also geklärt werden, ob und<br />
wann bei den Tierschutzeinrichtungen<br />
ein gewerblicher Handel vorliegt. Dies<br />
ist nur dann zu bejahen, wenn die Tierschutzeinrichtungen<br />
Hunde mit einer<br />
Gewinnerzielungsabsicht vermitteln<br />
würden.<br />
RdT: Bei Tiervermittlungen erheben die<br />
Tierheime eine Schutzgebühr. Kann<br />
dieser Umstand schon dazu beitragen,<br />
dass gewerblicher Handel unterstellt<br />
wird?<br />
Dr. Leondarakis: Hier sind wir an einem<br />
äußerst wichtigen Punkt angekommen.<br />
Die Tierheime mögen zwar<br />
eine Schutzgebühr bei erfolgreicher<br />
Vermittlung erhalten. Aber die Gebühr<br />
ist so niedrig, dass damit nach meiner<br />
Einschätzung keine Gewinne erzielt<br />
werden können. Auf Seiten der Tierheime<br />
und Tierschutzorganisationen besteht<br />
demnach keine Gewinnerzielungsabsicht,<br />
ja gar nicht einmal die<br />
Möglichkeit der Gewinnerzielung. Das<br />
ist sogar für jeden Außenstehenden<br />
oder Laien auch sofort erkennbar.<br />
Denn der durchschnittlichen "Schutzgebühr"<br />
von ca. 200-250 Euro stehen erhebliche<br />
Ausgaben <strong>gegen</strong>über: Der<br />
Transport nach und in Deutschland, die<br />
oben genannten medizinischen Voraussetzungen<br />
und weitere kostenintensive<br />
Faktoren, wie Operationen, Kastrations-<br />
und medizinische Versorgungskosten,<br />
Medikamente und Futter.<br />
Da kann man keinen Gewinn erzielen,<br />
im Gegenteil.<br />
RdT: Bitte noch einmal abschließend:<br />
Was bedeutet Ihr Gutachten konkret für<br />
Tierschutzorganisationen, die im Ausland<br />
tätig sind?<br />
Dr. Leondarakis: Nach meinen Erkenntnissen<br />
benötigen Tierschutzeinrichtungen<br />
keine Erlaubnis nach § 11<br />
Abs. 1 Nr. 3b) TierSchG, weil sie mit<br />
der Verbringung von Hunden nach<br />
Deutschland auch keinem gewerbsmäßigen<br />
Handel nachgehen.<br />
Bekommen Tierschutzorganisationen<br />
rechtswidrig eine solche Pflicht auferlegt,<br />
sollten sie ihre Rechtsschutzmöglichkeiten<br />
ausschöpfen, also Widerspruch<br />
einlegen oder Klage erheben.<br />
Da die Behörden dabei unterschiedlich<br />
vorgehen, würde ich dringend empfehlen,<br />
einen Anwalt zu konsultieren.<br />
Abschließend kann ich dazu ermutigend<br />
sagen, dass wir bislang in keinem<br />
Gerichtsverfahren unterlegen waren.<br />
Gleichzeitig gibt es zu dieser Problematik<br />
noch keine höchstrichterliche<br />
Rechtssprechung, so dass ich weiter<br />
von einem rechtswidrigen Verhalten einiger<br />
Behörden bis zu einer höchstrichterlichen<br />
Klärung ausgehe.<br />
Herr Dr. Leondarakis, wir bedanken<br />
uns für das Gespräch.<br />
Interview: Claudia Lotz
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
7
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
8<br />
T ITELTHEMA<br />
Der grausamen<br />
Tötungsstation<br />
für immer<br />
entkommen!<br />
Hundeleben auf den Straßen<br />
Rumäniens
<strong>DAS</strong> TÖTEN<br />
Zu den größten Erfolgen im praktischen Auslandstierschutz<br />
des bmt gehört sicherlich diese Nachricht:<br />
Ende Dezember wird in Brasov die berüchtigte Tötungsstation<br />
Stupin, in der Zehntausende Hunde ihr<br />
Leben ließen, geschlossen. Zahlreiche Gespräche von<br />
Cristina Lapis (Millions of friends) mit regionalen Politikern<br />
- oft unterstützt durch die Auslandskoordinatorin<br />
und bmt-Vorsitzende Petra Zipp - Aufrufe und<br />
Appelle an die Bevölkerung und Behörden haben dazu<br />
geführt, dass der Bürgermeister von Brasov sich<br />
klar von den grausigen Praktiken <strong>gegen</strong> Straßen-<br />
Das bmt-Team trifft in der<br />
städtischen Tötungsanlage ein<br />
Seit elf Jahren arbeite ich für den bmt,<br />
habe zwei Jahre an einem Streunerprojekt<br />
in Italien für Günther Bloch mitgearbeitet<br />
- aber "echte" Straßenhunde<br />
habe ich zum ersten Mal in Rumänien<br />
gesehen.<br />
So begegnen uns auf dem Weg vom<br />
Flughafen Bukarest nach Brasov zahlreiche<br />
Hunde an der befahrenen Stra-<br />
ße. Mir fällt mir auf, dass es überwiegend<br />
einzelne Hunde in relativ gutem<br />
Zustand sind und keine verwahrlosten<br />
Rudel, die die Gegend unsicher machen.<br />
Allerdings wird dieser vordergründig<br />
positive Eindruck immer wieder<br />
von toten Hunden auf der Straße<br />
zunichte gemacht.<br />
Am nächsten Tag fahren wir direkt nach<br />
Stupin, zum städtischen Hundelager,<br />
das für unzählige Lebewesen zur Endstation<br />
ihres Lebens wurde. Trotz der<br />
mir bekannten Umstände rechne ich<br />
mit einem einigermaßen intakten Gebäude,<br />
aber diese schrecklichen Haltungsbedingungen<br />
hatte ich selbst in<br />
Rumänien nicht erwartet.<br />
T ITELTHEMA<br />
Im rumänischen Brasov<br />
wird das städtische Hundelager<br />
Stupin endlich geschlossen<br />
HAT EIN ENDE !<br />
hunde der vergangenen Jahre distanziert hat und öffentlich<br />
eine humane Lösung des Streunerproblems<br />
befürwortet.<br />
Doch so wunderbar die Nachricht, so schwierig die Logistik:<br />
Denn in der Tötungsstation sitzen mehr als 329<br />
Hunde, manche krank, verletzt, die meisten hochgradig<br />
verängstigt. Viele Hündinnen führen Welpen<br />
mit sich - und sie alle müssen in wenigen Tagen ins<br />
Tierheim Brasov überführt werden, um von dort (auch<br />
nach Deutschland) vermittelt zu werden.<br />
Im August trafen sich Petra Zipp, Philip McCreight (Tasso) und Stefan<br />
Kirchhoff (bmt-Tierheimleiter Stuhr) mit den rumänischen Tierschützern<br />
um Cristina Lapis in Brasov, um die weiteren Schritte zu besprechen.<br />
Stefan Kirchhoff schildert Ihnen die Eindrücke der fünftägigen Fahrt.<br />
In einer abrisswürdigen ehemaligen<br />
Schweinemastanstalt werden zurzeit<br />
329 Hunde gehalten. Zu Höchstzeiten<br />
waren dort über 350. Es gibt kein<br />
künstliches Licht, im Winter keine Heizung;<br />
einige Hunde sitzen ausschließlich<br />
im dunklen Innenbereich. Die Maschen<br />
der Gitter sind so groß, dass sich<br />
die Hunde durch die Gitter beißen und<br />
selbst tödlich verletzen können. Der Boden<br />
gleicht einem betonierten Kiesfeld.<br />
Selbst wenn man wollte, könnte man<br />
hier nicht für hygienische Verhältnisse<br />
sorgen. Viele Hunde liegen in Urinpfützen,<br />
der Geruch in den Verschlägen<br />
nach Blut, Ausscheidungen und Todesfurcht<br />
ist kaum zu ertragen.<br />
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
9
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
10<br />
T ITELTHEMA<br />
In der Vergangenheit kam es vor, dass<br />
die einzige Wasserpumpe defekt war,<br />
dann gab es natürlich auch kein Wasser<br />
für die Hunde, die Restbestände in<br />
den Trinknäpfen waren grün und faulig.<br />
Am Wochenende blieben die Tiere<br />
grundsätzlich unversorgt. Um die Gruppenstruktur,<br />
die wichtigste Voraussetzung<br />
zur Haltung mehrerer Hunde in einem<br />
Zwinger, kümmerte sich niemand<br />
- und so wurden täglich über viele Jahre<br />
hinweg Hunde jämmerlich von ihren<br />
Artgenossen zu Tode gebissen.<br />
Ich erlebe bei meinem ersten Besuch<br />
hier die "guten Zeiten", das heißt, es<br />
gibt trockene Körbchen, Eimer mit frischem<br />
Wasser und Trockenfutter aus<br />
sauberen Fressnäpfen. Dafür sorgen<br />
die Mitarbeiter des Tierheims Brasov,<br />
unter der Leitung von Millions of<br />
friends, und Ehrenamtliche einer kleinen<br />
Tierschutzorganisation vor Ort.<br />
Meine Aufgabe ist es, an diesem Tag<br />
die Hunde zu fotografieren und zu katalogisieren.<br />
Mehrere Stunden fotografierte<br />
ich im Innenbereich und obwohl<br />
mittlerweile auch für eine bessere<br />
Be- und Entlüftung gesorgt ist, stinkt es<br />
erbärmlich. Fast alle Hunde schauen<br />
misstrauisch und einige geraten in Panik,<br />
weil sie von mir, einem Mann, mit<br />
einer Kamera fixiert werden. Ich mache<br />
meine Arbeit so schnell wie möglich,<br />
um die Tiere nicht noch mehr zu<br />
stressen.<br />
Die Luft, die Atmosphäre aus Furcht<br />
und Aggression sind so unerträglich im<br />
Inneren der Anlage, dass ich mich geradezu<br />
auf das Fotografieren vor den<br />
Außen-Zwingern freue. Doch diese Erleichterung<br />
vergeht schnell, als ich erfahre,<br />
dass manche Hunde bereits seit<br />
über einem Jahr hier ausharren. Kaum<br />
ein Hund läuft noch freudig auf mich<br />
zu, um ein wenig Zuwendung zu bekommen.<br />
Die Blicke - voller Trauer<br />
und Hoffnungslosigkeit -<br />
erfassen mich zutiefst.<br />
Sie werden mich auch<br />
die kommenden<br />
Tage nicht loslassen.<br />
Dieser gerettete Hund wartet<br />
jetzt im Tierheim Brasov<br />
auf die richtigen Menschen<br />
Den Nachmittag verbringen wir im<br />
Tierheim Brasov, das gemessen an<br />
dem eben Erlebten geradezu gute Haltungsbedingungen<br />
bietet. Viele Hunde,<br />
die in Stupin scheu und ängstlich reagiert<br />
haben, blühen hier wieder auf. Allein<br />
ihre Blicke gehen nicht mehr ins<br />
Leere, in der Hoffnung nicht beachtet<br />
und verschont zu werden. Sie freuen<br />
sich oder schlagen an, weil ich fremd<br />
bin, diese Tiere verhalten sich wieder<br />
wie Hunde, die leben möchten.<br />
Natürlich sind trotz allem noch scheue<br />
oder zurückhaltende Hunde dabei.<br />
Diese ehemaligen Straßenhunde wollen<br />
sehr wohl etwas mit uns Menschen<br />
zu tun haben. Die Behauptung, Hunde<br />
aus dem Ausland seien nicht (mehr) integrierbar,<br />
bestätigt sich definitiv nicht.<br />
Verblüffend viele Hunde leben hier in<br />
Brasov mit ihrer Familie im Haushalt,<br />
und die Besitzer gehen auch mit ihnen<br />
spazieren. Das erklärt, warum wir in<br />
unseren bmt-Tierheimen Hunde aus<br />
Rumänien so gut vermitteln können - es<br />
sind oft ursprünglich gut sozialisierte<br />
Tiere, die aus verschiedenen Gründen<br />
(soziale Not der Besitzer, Krankheit, Tod,<br />
ungewollter Nachwuchs unkastrierter<br />
Tiere) plötzlich ein Leben auf der Straße<br />
führen mussten und später zum Opfer<br />
von Hundefängern wurden.<br />
Allerdings fällt mir auf, dass<br />
die Hundehaltung generell lockerer gesehen<br />
wird. Viele Hunde haben jederzeit<br />
die Möglichkeit, das Grundstück zu<br />
verlassen, und entsprechend sieht man<br />
auch in den Städten (vermutlich unkastrierte)<br />
Hunde völlig unbeaufsichtigt<br />
durch die Straßen laufen.<br />
Ich merke nach den fünf Tagen in Brasov,<br />
dass man nichts "über einen Kamm<br />
scheren" kann. Die Strassenhundproblematiken<br />
in den jeweiligen Ländern<br />
können sehr unterschiedlich sein, und<br />
daraus müssen dann auch unterschiedliche<br />
Lösungen resultieren. Kein<br />
Mensch, keine Behörde oder Organisation<br />
kann das Problem der über Jahrzehnte<br />
hinweg entstandenen Überpopulation<br />
der Hunde alleine bewältigen.<br />
Tierschützer, Hundebesitzer und Politiker<br />
müssen eng zusammenarbeiten,<br />
wenn es eine befriedigende und dauerhafte<br />
Lösung geben soll. Um so viel<br />
Menschen wie möglich zu überzeugen,<br />
braucht es Zeit und diplomatisches Geschick.<br />
Und plötzlich weiß ich: Unsere<br />
Bemühungen werden fruchten, und es<br />
wird die Zeit kommen, in der kein Hund<br />
mehr um sein Leben fürchten muss.<br />
Gut, dass wir hier sind.<br />
Cristina Lapis, Petra Zipp und<br />
Philip McCreight bereiten die<br />
Fütterung in Stupin vor
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
11
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
12<br />
R UMÄNIEN<br />
BRASOV IM AUFBRUCH<br />
BÜRGERMEISTER GEORGE SCRIPCARU HÄLT WORT!<br />
Die bmt-Vorsitzende Petra Zipp hat oft einen verzweifelten<br />
Kampf in Rumänien geführt: Hoffnung<br />
wechselte mit niederschmetternden Nachrichten über<br />
erneute Tötungsaktionen von Straßenhunden, Politiker<br />
machten das Schicksal der herrenlosen Tiere zum<br />
Keinen Krieg mehr <strong>gegen</strong> Straßenhunde<br />
in Brasov - wir können es kaum<br />
glauben.<br />
Während im rumänischen Parlament<br />
derzeit weiter und wieder über die<br />
Wiedereinführung der Tötung von Straßenhunden<br />
diskutiert wird, überträgt<br />
der Bürgermeister einer der größten rumänischen<br />
Städte endlich die Verantwortung<br />
für die Straßenhunde auf eine<br />
Tierschutzorganisation, auf Millions of<br />
friends von Cristina Lapis und indirekt<br />
auch auf den bmt, weil wir unsere Partner<br />
in dieser hoffnungsvollen, zukunftsweisenden<br />
Situation mit allen<br />
Kräften unterstützen werden. Wir bauen<br />
dabei ganz fest auf Ihre Hilfe!<br />
Was soll in Brasov mit den Hunden<br />
geschehen?<br />
George Scripcaru akzeptiert im Stadtkern<br />
kein Wiederaussetzen von ka-<br />
strierten Hunden, was auf Grund des<br />
starken Verkehrs für Mensch und Tier<br />
tatsächlich auch zu gefährlich wäre. Er<br />
ist aber willens, alles Notwendige zu<br />
unternehmen, um das Hundeproblem<br />
in seiner Stadt human zu lösen.<br />
Schließlich hat er selbst zwei Hunde,<br />
die er jetzt kastrieren ließ.<br />
Dementsprechend hat der Stadtrat Brasov<br />
eine Verordnung verabschiedet,<br />
nach der alle Besitzerhunde mit Mikrochip<br />
zu kennzeichnen,<br />
zu registrieren<br />
und zu<br />
kastrieren sind.<br />
Wer sein Tier<br />
nicht kastrieren<br />
möchte, muss in<br />
Zukunft Hundesteuer<br />
zahlen - eine<br />
wirksame "Abschreckung"<br />
für<br />
die Hundehalter,<br />
Spielball ihrer Interessen. Doch nun wird es mit dem<br />
Bürgermeister von Brasov einen wirklichen Aufbruch<br />
geben.<br />
Petra Zipp fasst für Sie die aktuelle Entwicklung in der<br />
ehemaligen Kronstadt Brasov zusammen.<br />
Diese Junghunde werden ein<br />
besseres Leben haben als Generationen vor ihnen<br />
ihre Tiere weiter unkastriert auf die<br />
Straße zu schicken.<br />
Die Hundefänger, nun arbeitslos geworden,<br />
gehen ab sofort von Haustür<br />
zu Haustür, um die Hunde zu erfassen.<br />
Das Ziel: Den Zustrom von Hunden auf<br />
die Straße zu stoppen und die aufgefundenen<br />
Hunde dank Chip und Registrierung<br />
schnell als Besitzer- oder Straßenhund<br />
zu identifizieren.<br />
Cristina Lapis hat mit Unterstützung des<br />
bmt zugesagt, dass<br />
ihr Verein die Hunde<br />
bedürftiger Tierbesitzer<br />
kostenfrei kastrieren<br />
und chippen<br />
wird. Das Tasso-<br />
Haustierregister stellt<br />
dabei sein rumänisches<br />
Register und<br />
sein jahrelanges<br />
Knowhow zur Verfügung.
So erfreulich die jüngsten Ereignisse,<br />
so gewaltig die Aufgabe, der sich die<br />
Tierschützer aus Brasov in den kommenden<br />
Wochen stellen müssen:<br />
1. Sie müssen (ohne zusätzliche Hilfe)<br />
schnellstmöglich die 329 Hunde aus<br />
der städtischen Anlage übernehmen,<br />
ihre medizinische Versorgung und Kastration<br />
sicherstellen und die Integration<br />
der fremden Hunde in das ohnehin<br />
schon volle Tierheim Brasov<br />
bewerkstelligen.<br />
2. Alle aufgefundenen Tiere kommen<br />
nun direkt ins Tierheim Brasov. Allerdings<br />
werden es nicht wie zuvor wahllos<br />
eingefangene Besitzer- und Straßenhunde<br />
sein, sondern - aufgrund<br />
obiger Anordnungen - tatsächlich herrenlose<br />
Hunde. Ein Tierheimmitarbeiter<br />
wird den Ablauf kontrollieren.<br />
3. Es werden dringend weitere erfahrene<br />
Tierärzte benötigt: Im Tierheim<br />
Brasov arbeiten nur zwei Tiermediziner,<br />
die schon bei der jetzigen Besatzungs-<br />
Sie können jetzt sehr viel für die Straßenhunde<br />
tun<br />
Spenden Sie für die tierärztliche Betreuung<br />
und für Kastrationen<br />
Übernehmen Sie eine Patenschaft<br />
für das Tierheim Brasov (Personal,<br />
Futter, Umbauten, neue Gehege etc.)<br />
Bieten Sie Ihre Unterstützung vor<br />
Ort an, wenn Sie ein OP-erfahrener<br />
Tierarzt sind und unter einfachsten Bedingungen<br />
arbeiten können<br />
dichte mit Operationen, Kastrationen<br />
und sonstiger medizinischer Versorgung<br />
hart an ihrem Limit arbeiten.<br />
Millions of friends, unter Vorsitz von<br />
Cristina Lapis, hat eine Übergangsfrist<br />
von fünf Monaten, in denen sie beweisen<br />
muss, dass ihr Verein in der Lage<br />
ist, sich um die Hunde in der Stadt zu<br />
kümmern. Erst danach wird ein dauerhafter<br />
Vertrag (ab dem 1. Januar 2012)<br />
ausgehandelt.<br />
Jetzt müssen wir, die wir Cristina Lapis<br />
Ende des Jahres wird in dieser Anlage<br />
kein Hund mehr leiden müssen<br />
A USLANDSTIERSCHUTZ<br />
bei ihren Anstrengungen unterstützen,<br />
beweisen, dass wir es schaffen. Geht<br />
nicht, gibt es nicht! Geht nicht akzeptiert<br />
kein Tierschützer! Wir müssen diese<br />
einmalige Chance im Sinne der<br />
Hunde ergreifen. Wenn es dem Tierschutz<br />
in Brasov gelingt, die Hunde von<br />
der Straße zu holen, wird die Stadt Vorbildcharakter<br />
für andere rumänische<br />
Städte und Gemeinden bekommen,<br />
das ist unsere Hoffnung.<br />
Doch nach wie vor ist auch Wachsamkeit<br />
angebracht, denn die Hundefängermafia<br />
spekuliert nun auf die Städte<br />
im Umland. Sie erinnern sich sicher an<br />
frühere Berichte von uns, in denen von<br />
Kopfgeldern pro gefangenem Hund<br />
die Rede war und die Profiteure in den<br />
Städten und Gemeinden saßen. Erst<br />
wenn wir die Situation in Brasov beherrschen<br />
und die Tötungsanlage Stupin<br />
leer (und endlich funktionslos geworden)<br />
ist, können wir weiter<br />
vorgehen.<br />
Text: Petra Zipp<br />
Fotos: Stefan Kirchhoff (Seite 4-13)<br />
Wie können Sie in der aktuellen Situation helfen?<br />
Adoptieren Sie einen rumänischen Hund aus unseren<br />
bmt-Tierheimen, der dann wieder Platz für einen weiteren<br />
Vierbeiner macht<br />
Machen Sie Werbung für unser Projekt. Wenn es gelingt,<br />
wird es Modellcharakter haben für ein Rumänien, das derzeit<br />
noch über Tötungen diskutiert.<br />
Die Zukunft der Straßenhunde liegt erstmalig in<br />
unseren Händen. Lassen Sie uns diese Chance<br />
nicht entgehen. Für ein Rumänien, in dem nicht<br />
mehr gelitten und gestorben wird.<br />
bmt-SPENDENKONTO AUSLAND<br />
Stichwort: Rumänien oder Ungarn<br />
Frankfurter Sparkasse<br />
Konto 847 275<br />
BLZ 500 502 01<br />
IBAN DE 795005 0201 0000847275<br />
SWIFT BIC HELADEF 1822<br />
13
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
14<br />
A USLANDSTIERSCHUTZ<br />
EIN<br />
<strong>DAS</strong> WELPENHAUS WIRD CA. 20.000 EURO KOSTEN<br />
Sie können unsere Tierschutzarbeit in Ungarn unterstützen,<br />
indem Sie<br />
eine projektbezogene Spende für das zukünftige<br />
Welpenhaus leisten<br />
einen Hund aus dem Tierheim Pecs adoptieren<br />
eine Patenschaft für einen Hund übernehmen<br />
und damit seine Versorgung sichern<br />
(ab 15 Euro monatlich)<br />
den Tierheimtierarzt ehrenamtlich bei seiner<br />
Arbeit (Kastrationen etc.) durch kurzfristige<br />
Aufenthalte in Pecs unterstützen.<br />
Infos zum Tierschutz in Pecs erhalten Sie bei:<br />
Karin Stumpf, Tierheim Köln-Dellbrück<br />
Am Heiligenhäuschen 2, 50859 Köln<br />
Telefon privat: 0221/950 51 - 55, Fax privat: - 57<br />
eMail: karinstumpf@net<br />
Spendenkonto: siehe Kasten auf seite 13 unten.<br />
W<br />
ELP<br />
FÜR<br />
Karin Stumpf ist Vorstandsmitglied und verantwortlich<br />
für das bmt-Auslandsprojekt in Pecs.<br />
Seit 10 Jahren fährt die Assistentin der Geschäftsführung<br />
von KölnKongress an Wochenenden<br />
und freien Tagen in das im Süden Ungarns<br />
gelegene Tierheim, um die befreundeten<br />
RdT: Wie lange engagiert sich der bmt in Ungarn,<br />
und wie sieht seine Hilfe aus?<br />
Der bmt engagiert sich seit 1996 in Pecs, in erster Linie<br />
durch finanzielle Hilfe.<br />
Von unserer festen monatlichen Zahlung in Höhe von<br />
4500 Euro werden Tierarzt, Medikamente, Futter und<br />
auch ein Tierpfleger finanziert. Zusätzlich übernimmt<br />
der bmt die Kosten für die Mikrochips, denn in Ungarn<br />
besteht seit einiger Zeit die Pflicht, Tierheimhunde zu<br />
chippen. Züchter bzw. Zuchthunde unterliegen dieser<br />
Pflicht übrigens nicht.<br />
Mehrere bmt-Mitarbeiter und ich fahren regelmäßig ins<br />
Pecser Tierheim, damit wir uns immer wieder ein genaues<br />
Bild von der Situation vor Ort machen können.<br />
Bei jeder Tour nehmen wir Hilfsgüter in Form von Futter,<br />
Käfigen und Arbeitsmaterialien wie Werkzeug und<br />
Reinigungsmittel etc. mit.<br />
Auf dem Rückweg nach Deutschland begleiten uns<br />
Hunde, die wir dann über unsere Tierheime in liebevolle<br />
Hände vermitteln. Die Auswahl der Kandidaten<br />
fällt uns jedes Mal ungeheuer schwer; wir gehen nach<br />
Vermittlungschance und Gesundheitszustand. Wenn wir<br />
erkennen, dass bestimmte Verletzungen oder Erkrankungen<br />
im Pecser Tierheim nicht versorgt werden können,<br />
nehmen wir diese Patienten mit und lassen sie von<br />
unseren Tierärzten medizinisch versorgen.<br />
In erster Linie kommen Hündinnen und "kompatible"<br />
Familienhunde mit uns nach Deutschland, die sehr gute<br />
Aussichten auf eine Vermittlung haben. In unseren<br />
deutschen Tierheimen sitzen hauptsächlich Rüden,<br />
großrahmige, oft schlecht sozialisierte Tiere, für die wir<br />
meist schwer neue Besitzer finden.
ENHAUS<br />
<strong>DAS</strong> TIERHEIM IN PECS !<br />
Tierschützer mit Hilfslieferungen zu unterstützen -<br />
und Vermittlungskandidaten mit nach Deutschland<br />
zu nehmen. "Mein erster Besuch 2001 war ein Schock",<br />
erinnert sich die 52jährige noch heute, "so viele<br />
Hunde auf engstem Raum hatte ich noch nie gesehen."<br />
Die Kölnerin erklärt, welche Fortschritte das<br />
Insofern schließen die - in der Regel äußerst<br />
verträglichen und anpassungsfähigen<br />
- Ungarnhunde diese "Versorgungslücke".<br />
In diesem Zusammenhang möchte ich<br />
noch mal betonen: Kein ungarischer<br />
Hund nimmt einem heimischen Hund<br />
einen Platz im Tierheim weg - und unser<br />
Engagement im Ausland heißt<br />
nicht, dass wir an Notfällen in Deutschland<br />
vorbeisehen. Wer Tierschutz leistet,<br />
weiß, dass Tierschutz nicht an den<br />
Grenzen endet und nicht enden darf,<br />
weil jedes leidende Lebewesen unseren<br />
Schutz und unsere Hilfe verdient.<br />
Selbstverständlich wissen wir vom bmt,<br />
dass wir nicht überall auf der Welt helfen<br />
können, daher haben wir unser<br />
Auslandsengagement auf wenige, von<br />
uns stetig begleitete Projekte in Ungarn<br />
und Rumänien beschränkt.<br />
Hat Ungarn Fortschritte in Sachen<br />
Tierschutz erzielt? Was konnten Sie<br />
beobachten?<br />
Ich selber war 2001 das erste Mal im<br />
Tierheim in Pecs. Seit dieser Zeit haben<br />
sich einige Umstände in der Tierhaltung<br />
verändert, vielleicht sogar<br />
verbessert, aber bei weitem nicht genug,<br />
um von zufriedenstellenden Bedingungen<br />
sprechen zu können.<br />
Vor zehn Jahren lagen fast alle Hun-<br />
de, die wir auf unserer Fahrt durch Ungarn<br />
sehen konnten, ausschließlich an<br />
der Kette - und das seit Welpenalter!<br />
Dass Hunde als "Alarmanlage" fungieren<br />
und funktionieren müssen, ist auch<br />
heute noch so, aber mittlerweile laufen<br />
bereits viele Hunde frei in den umzäunten<br />
Gärten herum. Und in der<br />
Stadt werden immer mehr kleine Hunde,<br />
die in Familie und in Wohnung gehalten<br />
werden, an der Leine spazieren<br />
geführt - vor einem Jahrzehnt ein undenkbares<br />
Bild!<br />
Dieses langsame Umdenken hinsichtlich<br />
eines weniger funktionalen Umgangs<br />
mit dem Tier lässt sich auch an<br />
den Vermittlungszahlen des Tierheims<br />
ablesen. Während vor Jahren kaum ein<br />
Tierheimhund jemals einen Interessenten<br />
im eigenen Land gefunden hätte,<br />
werden heute bis zu 1000 Hunde im<br />
Jahr aus dem Tierheim aufgenommen.<br />
Großen Anteil an dieser Entwicklung<br />
hat der Träger des Pecser Tierheims,<br />
der ungarische Misina Tier- und Natur-<br />
U NGARN<br />
Interview mit Karin Stumpf<br />
ungarische Tierheim in 10 Jahren gemacht hat und<br />
wo nach wie vor dringender Handlungsbedarf besteht.<br />
Das derzeit größte Problem: Die hohe Anzahl<br />
von Welpen und Junghunden. Lesen Sie, wie Karin<br />
Stumpf und Tierheimleiter Karsten Plücker aus Kassel<br />
die Unterbringung für Welpen verbessern wollen.<br />
schutzverein. Er hat durch Aufklärung<br />
und Information viel dazu beigetragen,<br />
dass sich das Verhältnis der Ungarn zu<br />
ihren Haustieren stetig verbessert hat.<br />
Schwerpunkt im Tierheim ist der Kinder-<br />
und Jugendtierschutz. Diesen halte<br />
ich für einen ganz wichtigen Tätigkeitsbereich,<br />
der unsere Unterstützung<br />
verdient. Denn die Lebensbedingungen<br />
für Tiere werden sich - wie bei uns<br />
auch - nur dann nachhaltig verbessern<br />
können, wenn Aufklärung schon unter<br />
den Jüngsten betrieben wird.<br />
So organisiert Misina mehrfach im Jahr<br />
Veranstaltungen und Führungen durch<br />
das Tierheim für Schüler aller Altersgruppen.<br />
In Sommercamps lernen Kinder<br />
den artgerechten Umgang mit<br />
Hunden und anderen Tieren. Neben<br />
Hunden und Katzen versorgt das Tierheim<br />
in Pecs Schafe, Ziegen, Esel, Pferde,<br />
Kleintiere und Vögel und kümmert<br />
sich um verletzte oder kranke Wildtiere<br />
- für Schulklassen ein optimaler Anschauungsunterricht.<br />
Darüber hinaus<br />
gibt es Reitunterricht und für Privatpersonen<br />
bzw. künftige Hundehalter eine<br />
Hundeschule.<br />
Was fiel Ihnen bei Ihrem Besuch im<br />
Sommer 2011 auf? Mit welchen Problemen<br />
hat das Tierheim Pecs im Augenblick<br />
besonders zu kämpfen?<br />
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
15
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
16<br />
T ITELTHEMA<br />
Es gibt mehrere problematische Umstände:<br />
Seit kurzem verlangt das ungarische<br />
Tierschutzgesetz, dass ein im<br />
Tierheim aufgenommener Hund erst<br />
nach 14 Tagen die Tollwutimpfung bekommen<br />
darf und dann noch einmal<br />
drei Wochen Frist vergehen müssen, bis<br />
er vermittelt werden kann. Für das Tierheim<br />
eine zusätzliche Belastung, denn<br />
nun müssen mindestens fünf Wochen<br />
verstreichen, bevor überhaupt an eine<br />
Vermittlung gedacht werden kann.<br />
Für die Hundefänger hin<strong>gegen</strong> eine<br />
Kostenersparnis: Sie brauchen innerhalb<br />
der 14tägigen Frist, die die aufgegriffenen<br />
Hunde in den Hundefängeranlagen<br />
verbringen müssen, nicht<br />
mehr zu impfen. Nach diesen zwei Wochen<br />
dürfen die Hunde legal, wenn sich<br />
kein Besitzer gemeldet hat, getötet werden<br />
- die Hundefänger haben also in<br />
jedem Fall die Impfausgaben gespart.<br />
Zurück zum Tierheim: Es ist augenblicklich<br />
mit 350 bis 400 Hunden besetzt,<br />
viele Tiere werden krank und verletzt<br />
gefunden oder abgegeben. Fast 80%<br />
der Hunde sind Rüden - Sie können<br />
sich vorstellen, wie explosiv die Stimmung<br />
in den mit fünf bis sieben Tieren<br />
übervollen Zwingern ist. Und das nächste<br />
Problem ist die hohe Anzahl an Welpen<br />
und Junghunden…<br />
Warum gibt es plötzlich so viele Welpen<br />
im Tierheim, und wo kommen die<br />
Kleinen her? Werden sie mutterlos<br />
aufgefunden, als vollständiger Wurf<br />
ausgesetzt oder die hochträchtige<br />
Hündin einfach abgeschoben?<br />
Alle Fälle hatten wir schon: Meist kommen<br />
die Hündinnen mit ihren Welpen<br />
über den Hundefänger, Privatleute<br />
oder werden ausgesetzt. Oft finden<br />
Passanten die Hundebabys im Wald,<br />
Feld oder an der Straße oder Mitarbeiter<br />
den Karton vor dem Tierheimtor.<br />
Viele Welpen sind - zu früh von der<br />
Mutter getrennt - geschwächt, krank,<br />
dehydriert und stark unterernährt. Bei<br />
unserem Besuch im Juli haben wir über<br />
70 Welpen im Alter von vier bis zwölf<br />
Wochen gezählt.<br />
Die Sterberate unter den Kleinen ist<br />
hoch - aber auch deswegen, weil das<br />
Tierheimteam aus Platzmangel die<br />
Welpen mit kranken und verletzten<br />
Hunden gemeinsam unterbringt.<br />
Monatliche Kosten des Tierheims Pecs (Stand: September 2011)<br />
In Deutschland werden bei einer Vermittlung Schutzgebühren erhoben,<br />
das Tierheim Pecs kann bei Vermittlung nur um freiwillige Spenden bitten!<br />
Ft.<br />
Löhne aller Mitarbeiter 2.340.000<br />
Futterkosten Hunde 400.000<br />
Futterkosten andere Tiere 600.000<br />
Strom 420.000<br />
Tierarzt (Gehalt u. Medikamente) 550.000<br />
Wasser eigener Brunnen *<br />
Abwasser 70<br />
ca. in Euro<br />
8.070<br />
1.400<br />
2.070<br />
1.500<br />
1.900<br />
* Problem sind große Trockenperioden. Das Tierheim hat sich bei der Kommune<br />
daher um die Förderung für einen Ökosee (Kosten 67.000.000 Ft) beworben<br />
-*<br />
345<br />
Durch die notorische Überbelegung<br />
der Innen- und Außenboxen ist eine<br />
Säuberung der Zwinger mit Hochdruckreiniger<br />
leider nur möglich, während<br />
die Welpen im Zwinger sind. Dies ist eine<br />
fürchterliche Situation für die ohnehin<br />
geschwächten Tiere, außerdem ist<br />
so eine intensive Reinigung kaum<br />
möglich.<br />
Zu der Flut von Welpen im Tierheim<br />
tragen übrigens die Wochenmärkte<br />
bei, auf denen u.a. auch Hunde verkauft<br />
werden. Von Händlern und Privatleuten,<br />
die die unverkauften Tiere<br />
nicht mehr behalten wollen und einfach<br />
Welpen im Kaninchenkäfig:<br />
Horrender Platzmangel im TH Pecs<br />
ihrem Schicksal überlassen.<br />
Wie ist die Nachfrage nach Welpen<br />
und Junghunden aus dem Tierheim?<br />
Wie schon ausgeführt, hat sich die Vermittlungsquote<br />
auf relativ hohem Niveau<br />
eingependelt, das gilt besonders<br />
auch für Junghunde und Welpen. Absolut<br />
chancenlos sind jedoch alte und<br />
kranke Hunde, das ist völlig anders als<br />
in Deutschland. Bei uns gibt es viele<br />
Tierfreunde, die gerade alten und/oder<br />
kranken Hunden noch schöne Jahre<br />
bieten möchten und voller Freude erleben,<br />
dass der Hund mit der vermeintlich<br />
kurzen Lebenserwartung noch mal<br />
alle Kräfte mobilisiert…<br />
Sie waren mit Tierheimleiter Karsten<br />
Plücker unterwegs, der in Kiskunhalas<br />
selbst ein Tierheim unterhält. Herr<br />
Plücker hat, wie Sie, viele Jahre Erfahrung<br />
im Tierschutz in Ungarn gesammelt<br />
- und so war für Sie beide das<br />
Wichtigste, das vorrangigste Problem<br />
im Tierheim Pecs anzugehen und für<br />
die Welpen bessere Unterbringungsmöglichkeiten<br />
zu schaffen. Was genau<br />
haben Sie sich überlegt?<br />
Um die hohe Sterberate unter den Welpen<br />
zu minimieren, müssen sie dringend<br />
von den erkrankten, erwachsenen<br />
Tieren getrennt werden. Das heißt:<br />
Oberste Priorität muss eine separate<br />
Unterbringung der Kleinen haben. Als<br />
wir im Juli im Tierheim waren, teilten<br />
sich unzählige Welpen einen Raum,<br />
andere waren aus Platzmangel in Kaninchenställen<br />
untergebracht, um sie<br />
zumindest so separieren zu können.<br />
Wir haben dann mit dem Tierheimleiter<br />
Farkas Tamas das Gelände besichtigt<br />
und einen geeigneten Platz zum<br />
Bau eines Welpenhauses gefunden.<br />
Dieses Haus, ausschließlich für Welpen,<br />
soll zehn Zwinger bekommen und<br />
wird direkt hinter der jetzigen Quarantäne<br />
errichtet. Mein Kollege Karsten<br />
Die Bauarbeiten<br />
am Welpenhaus beginnen
Plücker, der ein eigenes Tierheim im<br />
ungarischen Kiskunhalas unterhält, hat<br />
mit solch einem Welpenhaus auf seinem<br />
Gelände sehr gute Erfahrungen<br />
gemacht und ermöglicht den Kleinen<br />
so einen weitgehend guten, gesunden<br />
Start ins Leben.<br />
Wie wollen Sie das Projekt Welpenhaus<br />
finanzieren?<br />
Ich muss es ganz klar sagen: Eine Finanzierung<br />
des Welpenhauses ist nur<br />
durch die Hilfe und Spenden der bmt-<br />
Mitglieder möglich und darum bitte ich<br />
an dieser Stelle herzlich!<br />
Ich baue meine Hoffnungen dabei auf<br />
alle Menschen, die ein Tier aus unseren<br />
acht bmt-Tierheimen aufgenommen<br />
haben. Und dabei noch mal auf jene,<br />
die schon einen Hund aus Pecs haben<br />
und damit dem Tierheim auf spezielle<br />
Weise verbunden sind. Wir benötigen<br />
für dieses Projekt dringend finanzielle<br />
Unterstützung, denn die Gesamtkosten<br />
belaufen sich auf ca. 20.000 Euro.<br />
Wir wollen das Welpenhaus unbedingt<br />
noch vor dem Winter fertig stellen. Eine<br />
Betonplatte wurde bereits gegossen<br />
- und nun folgt der Aufbau der Zwinger<br />
durch Karsten Plücker und ehrenamtlicher<br />
Helfer. Es entstehen aber noch<br />
weitere Kosten für die Hundehütten und<br />
Paletten, die ebenfalls für das Haus benötigt<br />
werden.<br />
Was braucht das Tierheim Pecs am<br />
nötigsten?<br />
Das Tierheim benötigt grundsätzlich<br />
Futter und "banale Dinge" wie Näpfe,<br />
Halsbänder, Leinen und Bürsten, aber<br />
keine Decken und Körbe.<br />
Wäre es hilfreich, wenn Tierärzte ehrenamtliche<br />
Arbeitseinsätze im Tierheim<br />
durchführen würden, um Hunde<br />
und Katzen zu kastrieren und medizinisch<br />
zu versorgen?<br />
Jeder ehrenamtliche Tierarzteinsatz<br />
wäre eine unschätzbar große Hilfe!<br />
Denn das Tierheim hat nur einen<br />
(vom bmt bezahlten) Tierarzt, der -<br />
auf sich gestellt - Hunde und Katzen<br />
kastriert, chippt und anderweitig medizinisch<br />
versorgt.<br />
Wie viele Tiere werden im Moment<br />
Tierheim versorgt, wie viel Personal<br />
gibt es? Vergleichen Sie bitte mit einem<br />
bmt-Tierheim, damit wir uns die<br />
Verhältnisse besser vorstellen können.<br />
Wie gesagt, der Hundebestand liegt<br />
bei fast 400 Tieren, dazu kommen<br />
zahlreiche Katzen. Im Tierheim Pecs<br />
arbeiten sechs Tierpfleger, im Einsatz<br />
sind jeweils aber immer nur drei Kräfte<br />
durch freie Tage, Urlaub oder Krankheit.<br />
25 Hunde kann ein Tierpfleger, so<br />
ist es in Deutschland grob festgelegt,<br />
pro Tag versorgen - in unserem Partnertierheim<br />
in Ungarn kümmert sich<br />
ein Pfleger um mindestens 120 Hunde,<br />
außerdem noch um die Katzen. Das<br />
sind die Verhältnisse, die wir uns kaum<br />
vorstellen können…<br />
Was bedeutet es für Sie persönlich in<br />
Ungarn zu helfen?<br />
Meine erste Fahrt, ich erwähnte es ja<br />
schon, fand 2001 statt. Ich wollte einfach<br />
nur "mitfahren" und daraus sind<br />
jetzt schon über zehn 10 Jahre des "Mitfahrens"<br />
geworden. Mein erster Besuch<br />
war ein Schock, so viele Hunde auf<br />
engstem Raum hatte ich noch nie gesehen<br />
- und sie alle hatten keine Aussicht<br />
auf ein anderes Leben!<br />
Ich habe damals eine kleine Hündin<br />
aus einer Gruppe großer Hunde gefischt.<br />
Die haben wir mitgenommen,<br />
und kurze Zeit später zog sie bei uns zu<br />
Hause ein, obwohl mein Mann und ich<br />
absolute "Schäferhundfans" sind.<br />
Lilly hatte noch neun schöne Jahre bei<br />
uns, später kamen wieder Schäferhunde<br />
Das neue Welpenhaus wird<br />
ca. 20.000 Euro kosten<br />
zu uns, u.a. der Rumäne Ben und die<br />
dreibeinige Anna aus Spanien.<br />
Mir ist es ein Herzensanliegen, im Tierheim<br />
Pecs zu helfen und die Situation<br />
der Hunde vor Ort zu verbessern, ihnen<br />
die Umstände erträglicher zu gestalten.<br />
Aber ich stehe auch dazu, dass ich gerne<br />
Hunde mit nach Deutschland nehme<br />
und ihren weiteren Weg in ein neues<br />
Zuhause verfolge. Das sind immer<br />
Glücksmomente für mich!<br />
Wie schaffen Sie die Vereinbahrung<br />
von Vollzeit-Beruf, Vorstandsamt und<br />
der Projektleitung für den Tierschutz<br />
in Ungarn?<br />
Ich mache alle drei Bereiche gerne und<br />
dann klappt es auch, zumal mein Ehemann<br />
mein Engagement im Tierschutz<br />
mit trägt und unterstützt. Dennoch<br />
könnte der Tag für mich mehr als 24<br />
Stunden haben…<br />
Was wünschen Sie sich für die Tierheimtiere<br />
in Ungarn?<br />
Entspanntere Haltungsbedingungen,<br />
keine überfüllten Zwinger, keine (tödlichen)<br />
Beißereien, Sauberkeit, genügend<br />
Futter, viele Interessenten, öffentliches<br />
Interesse für die Lage der<br />
Tierheimhunde in Ungarn - und für alle<br />
ein schönes Zuhause, nicht an der<br />
Kette, sondern mit Familienanschluss.<br />
Wie kann jeder einzelne Tierfreund<br />
helfen?<br />
Helfen kann man nachhaltig durch Patenschaften<br />
für einen Tierheimhund<br />
aus Pecs. Mit 15 Euro monatlich ist die<br />
Versorgung eines Hundes sichergestellt.<br />
Spenden sind natürlich immer<br />
wichtig; sie werden in erster Linie für<br />
das Futter benötigt.<br />
Interview: Claudia Lotz<br />
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
17
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
18<br />
Das brutale Gänsestopfen ist<br />
in Deutschland verboten<br />
Im Vorfeld der zweijährlich<br />
stattfindenden ANUGA, der<br />
weltweit führenden Ernährungsmesse,<br />
sorgte eine Ankündigung<br />
der Betreiber für Zwist:<br />
In verschiedenen Medien hatten<br />
Sprecher der Kölner Messe bekanntgegeben,<br />
ein ganz "besonderes"<br />
Erzeugnis aus dem<br />
Produktverzeichnis entfernen<br />
zu wollen: Foie gras, zu deutsch<br />
"fette Leber", soll im Warenverzeichnis<br />
der Messe nicht mehr<br />
auftauchen. Bei Angehörigen<br />
verschiedenster Tier- und Umweltschutzorganisationen<br />
stieß<br />
die Ankündigung auf große<br />
Freude, wird doch mit Foie gras<br />
vor allem Tierleid verbunden.<br />
Ein Bericht von Roman Kriebisch<br />
Vertreter der meist französischen Anbieter dieser "Delikatesse"<br />
reagierten empört, sogar auf politischer Ebene schlug der<br />
Ausschluss Wellen: Staatssekretäre verhandelten mit deutschen<br />
Diplomaten, der französische Agrarminister wandte<br />
sich in einem persönlichen Brief an seine deutsche Amtskollegin<br />
Ilse Aigner, in dem er sein Fernbleiben von der Messe<br />
androhte, werde die Entscheidung nicht zurückgenommen.<br />
Schließlich, so der französische Politiker, hingen von der<br />
Stopfleber-Branche allein in Frankreich ca. 35.000 Arbeitsplätze<br />
ab. Dabei soll Stopfleber auf der Messe gar nicht verboten<br />
werden; lediglich der Eintrag im Warenverzeichnis soll<br />
gelöscht werden - trotzdem mehr als nur ein kleiner Erfolg für<br />
Gegner der qualvollen Spezialität, wie der entstandene Aufruhr<br />
zeigt.<br />
Die Produktion von Foie gras ist in Deutschland ebenso wie<br />
in 13 anderen europäischen Staaten verboten, da sie massiv<br />
<strong>gegen</strong> das Tierschutzgesetz verstößt. Neben Ungarn und<br />
Bulgarien zählt Frankreich zu den drei Hauptproduzenten<br />
von Stopfleber, bis zu 80 % der gehandelten Foie-gras-Produkte<br />
stammen aus französischen Betrieben.<br />
Um die Fettleber zu erzeugen, werden Enten und Gänse mit<br />
Metallrohren "gestopft": Ein bis zu 50 cm langes Metallrohr<br />
wird den Tieren dabei in den Schlund gerammt und eine Mi-<br />
Auf der sc<br />
STREIT UM GÄNSESTOPFLEBER<br />
schung aus Getreide und Fett direkt in den Magen gepumpt.<br />
Die Menge erreicht dabei nicht selten die Hälfte des Körpergewichtes<br />
der Tiere, besonders der kleineren Enten. Bei Gänsen<br />
wird dieser Vorgang dreimal, teilweise sogar viermal täglich<br />
vorgenommen, bei Enten wird der gleiche Effekt schon<br />
mit zwei Stopfvorgängen erzielt, weshalb heute über 90 % der<br />
gestopften Tiere Enten sind.<br />
Da die Vögel das Fett nicht verwerten können, speichern sie<br />
es in der Leber, die nun so lange verfettet, bis diese etwa das<br />
Zehnfache ihres ursprünglichen Gewichtes und ihrer früheren<br />
Größe erreicht hat. Dieser Prozess dauert meist weniger<br />
als einen Monat. Das Tier wird nun geschlachtet, bevor es an<br />
den Folgen der brutalen Mast eingeht. Typische Verletzungen<br />
von in der Stopfmast verendeten Tieren sind durchstoßene<br />
Speiseröhren, ein verkümmerter Bewegungsapparat infolge<br />
des zu schnellen Wachstums, Atemnot durch eingedrückte<br />
Lungen, Entzündungen von Darm und Kloake.<br />
Auch die Stopfmast ist ein mittlerweile hoch technisierter<br />
Agrarsektor, der es auf modernen Farmen ermöglicht, mit<br />
nur wenigen Arbeitern viele hundert Tiere zu "betreuen". Auch<br />
der so entstehende Zeitdruck - oft bleiben nur Sekunden für<br />
das Stopfen eines Tieres - ist zusätzlich verantwortlich für ei-
hwarzen Liste<br />
FLAMMT ERNEUT AUF<br />
Jedes 10. Tier stirbt<br />
während der Mast<br />
ne Sterbensrate von bis<br />
zu 20 %, die während eines<br />
Mastvorganges mit<br />
eingeplant wird. Zudem<br />
leiden die Tiere unter<br />
enormem Stress und<br />
ständigen Schmerzen, da<br />
sie alles andere als artgerecht<br />
gehalten werden.<br />
Typische Zeichen<br />
sind etwa Kannibalismus<br />
und das Ausreißen von<br />
Federn.<br />
Zwar ist die Produktion in Deutschland verboten, der Import<br />
jedoch nicht. Foie-gras-Produkte dürfen durch die Bestimmungen<br />
zum freien Warenverkehr auch in Deutschland verkauft<br />
werden. Allein im letzten Jahr importierte Deutschland<br />
170 Tonnen Stopfleber aus Frankreich, der Verkauf boomt<br />
besonders zur Weihnachtszeit: Traditionell werden hier bis zu<br />
50 % des Jahresumsatzes erzielt. Gerade zur Adventszeit<br />
läuft derweil auch das Geschäft mit dem restlichen Körper<br />
der Tiere - als Nebenprodukt wird das Fleisch gerne verkauft,<br />
etwa als "ungarische Hafermastgans" oder Gans aus "bäuerlicher<br />
Haltung" - diese Begriffe sind nicht geschützt. Nur wer<br />
das Kleingedruckte genau studiert, findet eventuell den Hinweis:<br />
aus Stopfmast.<br />
Tierschützer streiten daher seit langem nicht nur für ein Verbot<br />
der Foie gras, sondern auch für eine deutliche Kennzeichnung<br />
von tierquälerisch erzeugten Produkten aus Stopfmast.<br />
Auch in Frankreich gibt es Tierschutzgesetze, die die<br />
Produktion der Stopfleber eigentlich verbieten müssten. Doch<br />
die französische Nationalversammlung hat die Foie gras<br />
2005 zum nationalen und gastronomischen Kulturerbe erklärt<br />
- und damit für den Tierschutz unantastbar gemacht.<br />
Frankreich ist das einzige westeuropäische Land, in dem das<br />
Stopfen - auch "Nudeln" genannt - noch nicht verboten ist.<br />
Die Franzosen sind der weltweit größte Produzent von Stopflebern;<br />
im Jahr 2005 stellten die Franzosen knapp 20.000<br />
Tonnen dieser "Delikatesse" her und verarbeiteten damit<br />
98 % der weltweit erzeugten Menge.<br />
Die Entscheidung der Kölner Messebetreiber, die Fettleber<br />
aus den Verzeichnissen zu verbannen, ist nur ein kleiner<br />
Schritt - aber er zeigt in die richtige Richtung. Dass gleichzeitig<br />
jedoch ein enormer Handlungsbedarf besteht, legen<br />
dieser Schritt und die Reaktionen darauf schonungslos offen.<br />
A KTUELL<br />
Deutsches<br />
Tierschutzbüro<br />
veröffentlicht<br />
Videodokumentation<br />
Die Dokumentation bringt Licht ins Dunkel dieser grausamen<br />
Mastform. Während das "Stopfen" in jedem anderen westeuropäischen<br />
Land aus Tierschutzgründen<br />
verboten wurde,<br />
wurde es von Frankreich zum Kulturerbe<br />
erklärt und ist somit unantastbar.<br />
Doch auch der deutschen<br />
Mastgans geht es alles andere als<br />
gut. Mehr als 1,5 Millionen von ihnen<br />
- das entspricht etwa der Einwohnerzahl<br />
von Hamburg - werden<br />
jedes Jahr unter meist<br />
qualvollen Bedingungen gehalten.<br />
Das Deutsche Tierschutzbüro<br />
zeigt den traurigen Alltag der Mastgänse, die gerade zu<br />
Sankt Martin und Weihnachten ihr Leben für einen angeblichen<br />
Gaumenschmaus lassen müssen, und wie sich Handelskonzerne<br />
aus der Verantwortung stehlen.<br />
Die DVD-Videodokumentation mit dem Titel "Gänsealltag:<br />
Gestopft - gemästet - gequält: Gans arm dran"<br />
kann für 14,99 Euro beim Deutschen Tierschutzbüro<br />
(www.tierschutz-videos.de oder Tel. 0221-20463862) bestellt<br />
werden.<br />
Die Dokumentation hat eine Länge von 20 Minuten.<br />
Fotos www.tierschutzbilder,<br />
Jan Peifer<br />
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
19
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
20<br />
T IERSCHUTZPOLITIK I<br />
"REFORM"<br />
der Gemeinsamen<br />
EU-Fischereipolitik<br />
Auch die neuste Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) der<br />
EU bringt keinen Tierschutz, keine Meeresschutzzonen, keinen Fairen<br />
Handel - sie bringt eigentlich nichts Neues.<br />
Im April 2009 hatte die EU-Kommission ein "Grünbuch" publiziert, in welchem<br />
sie erstaunlich schonungslos mit den verhehrenden Folgen der Gemeinsamen Fischereipolitik<br />
der EU (GFP) abrechnete. Das "Grünbuch" enthielt zudem Vorschläge<br />
für eine Wende und lud zu einer breiten Konsultation hierüber ein. Auch<br />
wenn diese Vorschläge nicht gerade berauschend waren, erhofften sich selbst Skeptiker, dass der ausgelöste<br />
Prozess ein paar griffige Massnahmen bringen werde.<br />
Was die EU-Kommission nun im Juli 2011 als Reformprojekt präsentiert hat, liegt weit hinter den Erwartungen<br />
zurück. Offensichtlich hatten die grossen Fischindustriellen und die von ihnen bearbeiteten Regierungen<br />
(allen voran Spanien) erfolgreich in Brüssel lobbyiert.<br />
Der Verein fair-fish hatte zum "Grünbuch" mit acht Forderungen Stellung genommen.<br />
Stellt man diese den jüngsten Vorschlägen der Kommission ent<strong>gegen</strong>,<br />
sieht das Bild besonders ernüchternd aus.<br />
1. Kein Ende der Propaganda für<br />
immer mehr Fisch<br />
Die fair-fish-Forderung 2009: Keine Unterstützung<br />
irgendwelcher Art für "Gesundheits"-Propaganda zugunsten<br />
eines hohen Fischkonsums. Omega-3-Fettsäuren lassen sich<br />
direkt dort gewinnen, wo sich die Fische selbst damit versorgen:<br />
aus Algen.<br />
Statt dessen soll die EU Bestrebungen zur Aufklärung der Verbraucher/innen<br />
über die Zusammenhänge zwischen Fischkonsum<br />
und Überfischung sowie zwischen rücksichtslosem<br />
Umgang mit Fischen und Qualitätsverlust ihres Fleischs fördern<br />
(Punkt 7).<br />
Vorschlag der EU-Kommission 2011: Das Thema<br />
wird überhaupt nicht berücksichtigt; gestärkt wird einzig die<br />
Deklarationspflicht.<br />
2. Weiterhin<br />
Förderung der<br />
nicht nachhaltigen<br />
Fischzucht<br />
fair-fish: FörderundForschungsmittel<br />
für die Aquakultur<br />
werden nur<br />
Auch im Senegal sind Fischer<br />
Opfer der industriellen Fischerei<br />
noch an Projekte und Betriebe ausgerichtet, welche erheblich<br />
weniger Wildfisch verfüttern, als sie gewinnen, und welche<br />
die Tiere nach neustem Wissensstand artgerecht halten,<br />
um das Wohl der Tiere zu fördern und Stress und Leiden so<br />
gering wie möglich zu halten (Punkt 7).<br />
EU-Kommission: Thema überhaupt nicht berücksichtigt;<br />
im Gegenteil soll Aquakultur massiv gefördert werden.
3. Europas Schiffe rauben auch künftig in Afrika<br />
fair-fish: Wenn Länder des Südens Fisch nach Europa liefern<br />
wollen, dann sollen sie den selber fangen und verarbeiten.<br />
Nur so erhalten Fischer und Arbeiterinnen dort den ihnen<br />
zustehenden Mehrwert. Und nur so wird Europa<br />
gezwungen, für die eigenen Fischgründe Sorge zu tragen.<br />
Um zu verhindern, dass überzählige europäische Schiffe unter<br />
anderer Flagge weiterhin in aussereuropäischen Fanggebieten<br />
fischen, werden die überdimensionierten Fangkapazitäten<br />
der EU reduziert. Dazu setzt die EU eine einmalige<br />
Verschrottungsprämie aus, die ausbezahlt wird, wenn das<br />
Schiff nachweislich verschrottet worden ist.<br />
EU-Kommission: Thema überhaupt nicht berücksichtigt;<br />
an Fischereiabkommen mit andern Ländern wird festgehalten,<br />
bei vager Verpflichtung der EU auf soziale und ökologische<br />
Kriterien.<br />
4. Raubbau wird fortgesetzt<br />
fair-fish: Verbot der Befischung überfischter Bestände oder<br />
gar gefährdeter Arten.<br />
EU-Kommission: Thema nicht berücksichtigt.<br />
5. Industrielle Fangmethoden bleiben erlaubt<br />
fair-fish: Fangmethoden wie Grundschleppnetze, die viel<br />
Beifang verursachen und den Lebensraum der Fische zerstören,<br />
sind zu verbieten. Die handwerkliche Fischerei mit kleinen<br />
Booten schafft mehr Arbeitsplätze als Fabrikschiffe.<br />
EU-Kommission: Thema gar nicht berücksichtigt; möglicherweise<br />
macht das geplante Verbot des Rückwurfs unerwünschter<br />
Fänge die industrielle Fischerei etwas teurer.<br />
6. Weiterhin Geld für rücksichtslose Fischereien<br />
fair-fish: Jegliche Förderung der Fischerei durch die EU<br />
wird nur noch an Betriebe ausgerichtet, welche Mindestauflagen<br />
an Tierschutz und Nachhaltigkeit erfüllen. Dabei ist die<br />
lokal verankerte artisanale Fischerei mit kleinen Booten und<br />
Geräten zu bevorzugen. Sie schafft nicht nur mehr Arbeitsplätze<br />
als die industrielle Fischerei, sondern lässt sich auch<br />
leichter so gestalten, dass sie sozial und ökologisch nachhaltig<br />
und ethisch verantwortlich geführt werden kann.<br />
EU-Kommission: Thema nicht berücksichtigt; die künftige<br />
Regionalisierung von Entscheidungen und die Möglichkeit<br />
von Fördermassnahmen für kleine Fischereien kann schonendere<br />
Fangmethoden allenfalls etwas fördern.<br />
7. Fischwohl bleibt unberücksichtigt<br />
fair-fish: Europas neue Gemeinsame Fischereipolitik berücksichtigt,<br />
dass es sich bei Fischen um leidensfähige Lebewesen<br />
handelt. Fischerei und Aquakultur werden darauf ausgerichtet,<br />
dass sie das Wohl der Tiere möglichst wenig<br />
beeinträchtigen und dass die Tiere vor der Schlachtung so<br />
kurz und wenig wie möglich leiden müssen.<br />
EU-Kommission: Thema überhaupt nicht berücksichtigt.<br />
T IERSCHUTZPOLITIK I<br />
In Deutschland wurden große Euro-Kutter gefördert<br />
und kleine selbständige Fischer verdrängt<br />
8. Nach wie vor keine Meeresschutzzonen<br />
fair-fish: Schaffung von untereinander vernetzten Meeresschutzzonen,<br />
die mindestens einem Anteil von 40% an Europas<br />
Meeresfläche entsprechen. Die Fischerei in diesen Zonen<br />
soll ausschliesslich lokalen Fischern erlaubt sein, welche extensive<br />
Methoden anwenden und Artenschutz, Schonzeiten<br />
und Fangquoten einhalten und die Überwachung ihrer Zone<br />
aktiv unterstützen. Wo Europa Fisch aus andern Kontinenten<br />
bezieht, fördert es dortige Bestrebungen zur Schaffung analoger<br />
Zonen.<br />
EU-Kommission: Thema überhaupt nicht berücksichtigt.<br />
Und das Schlimmste kommt erst noch …<br />
Über die Reform entscheidet nicht die Kommission, sondern<br />
der Rat der Fischereiminister der Mitgliedsstaaten. Dieser Rat<br />
hat bisher immer versagt, wenn es um den Schutz der Fischbestände<br />
und der Meere ging. Der bescheidene Plan der<br />
Kommission wird vom Rat mit Sicherheit noch gerupft werden.<br />
Voraussichtlich dürfte die ab 2013 schrittweise geplante<br />
Reform am Ende soviel bewirken wie ihre Vorgängerinnen:<br />
keine Entlastung für Fischbestände und marine Umwelt,<br />
weitere industrielle Aufrüstung zulasten der kleinen<br />
Fischereibetriebe,<br />
fortgesetzte Ausbeutung aussereuropäischer<br />
Meeresgebiete,<br />
vom unverminderten Leiden der gefangenen Fische<br />
ganz zu schweigen.<br />
BILLO HEINZPETER STU<strong>DER</strong><br />
gründete 2000 den Verein fair-fish,<br />
dessen Fachstelle er bis heute leitet.<br />
Der Verein ist mit Büros in der<br />
Schweiz, Deutschland und Österreich vertreten.<br />
Kontakt: billo@fair-fish.net<br />
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
21
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
22<br />
B ERUFE<br />
Mehr als ein<br />
Mehr<br />
"Sie haben es gut; Sie können den gan-<br />
Hundespazier<br />
zen Tag mit den Hunden spazieren gehen<br />
und werden dafür auch noch bezahlt!"<br />
Immer wieder werden Tierpfleger/<br />
innen mit ähnlichen Vorstellungen über<br />
ihren Berufsalltag im Tierheim konfrontiert.<br />
Dass die Tierpfleger-Ausbildung DIE AUSBILDUNG<br />
äußerst vielschichtig ist und weit über<br />
"Hundespaziergänge und Katzenku- ZUR/M TIERPFLEGER/IN<br />
scheln" hinausgeht, erklärt Tierheimleiter<br />
Stefan Kirchhoff. In der Arche Noah in<br />
Stuhr/Brinkum können junge Menschen ihren Traumberuf erlernen, außerdem im bmt-Tierheim Köln-<br />
Dellbrück, der Wau-Mau-Insel in Kassel und dem Tierheim Elisabethenhof in Reichelsheim.<br />
In den letzten 20 Jahren hat sich viel in<br />
den Tierheimen getan: Die Einrichtungen<br />
setzten die Anforderungen an artgerechte<br />
Tierhaltungen mit viel Platz,<br />
Freiläufen und Sozialkontakten um<br />
und gleichzeitig steigen die Erwartungen<br />
der Menschen, die sich mit Anfragen,<br />
Bitte um Hilfe, Information, Beratung<br />
und praktische Unterstützung an<br />
uns Tierheimmitarbeiter richten.<br />
Mittlerweile werden mehr als 25 verschiedene<br />
Haustierarten - vom Hund<br />
über den Nymphensittich bis zum Degu<br />
- in unseren Tierheimen versorgt.<br />
Ihnen allen müssen die Tierpfleger<br />
hinsichtlich Haltung, Fütterung, Vergesellschaftung<br />
und Suche nach einem<br />
geeigneten Zuhause gerecht werden.<br />
Hygienemaßnahmen, Kundenge-<br />
spräche, EDV-Kenntnisse, Vertragsabwicklungen,<br />
Arbeitsschutz, Öffentlichkeitsarbeit<br />
und rechtliche Grundlagen<br />
sind weitere Aufgaben, die Tierheimleitungen<br />
von motivierten Tierpflegern erwarten.<br />
Während sich vor Jahren Quereinsteiger<br />
durch Engagement und Weiterbildungen<br />
die nötigen Kenntnisse erwarben,<br />
stellen heute die Tierheime in der<br />
Regel nur ausgebildete Tierpfleger ein.<br />
Die/der Tierpfleger/in ist in Deutschland,<br />
Österreich und der Schweiz eine<br />
Berufsbezeichnung.<br />
Das Aufgabengebiet umfasst die fachund<br />
artgerechte Pflege, Betreuung und<br />
Zucht von Tieren in Tierheimen, Zoos,<br />
Forschungseinrichtungen und Zuchtbetrieben.<br />
Das Berufsbild umfasst drei<br />
Tätigkeitsfelder: Forschung und Klinik<br />
(Labortierpflege), Zootierpflege und<br />
seit 2003 den Bereich Tierheim- und<br />
Pensionstierpflege. Die Ausbildung<br />
dauert drei Jahre und findet im Dualen<br />
System statt - Ausbildungsbetrieb und<br />
Berufsschule teilen sich also die Ausbildung.<br />
Zu den Fächern in der Berufsschule gehören<br />
Haltung und Pflege, Zucht und<br />
Erziehung, Wirtschafts- und Sozialkunde,<br />
Deutsch, Politik und fachbezogenes<br />
Rechnen sowie Religion und Bewegungslehre.<br />
Leider haben wir nach<br />
Rückmeldungen unserer Azubis immer<br />
wieder festgestellt, dass der Unterricht<br />
in den Berufsschulen in den <strong>Bund</strong>esländern<br />
nicht gleichermaßen anspruchsvoll<br />
ist.
gang<br />
Auch Assistenz bei Tierärzten ist<br />
eine Aufgabe von Tierpflegern<br />
Die praxisnahen Fächer "Haltung und<br />
Pflege" sowie "Zucht und Erziehung"<br />
beinhalten u.a.: Gehegeeinrichtung,<br />
Krankheitslehre, Biologische Daten, Ernährung,<br />
Beschäftigung, Vergesellschaftung,<br />
Verhalten, Systematik, Hygiene<br />
und Desinfektion, Quarantänemaßnahmen,<br />
Tiertransport, Pflanzenkunde,<br />
Erziehung, Genetik, Anatomie,<br />
Ursprung, Umgang mit Tieren und Arbeitsschutzmaßnahmen.<br />
Am Ende der<br />
Lehre muss eine theoretische und praktische<br />
Abschlussprüfung bestanden<br />
werden.<br />
Der Ablauf einer<br />
praktischen Prüfung<br />
könnte so aussehen:<br />
"Desinfizieren Sie eine Tierunterkunft".<br />
Dabei müssen bis zu 20 Arbeitsschritte<br />
und Abläufe wie zum Beispiel<br />
Einwirkzeit, Mischverhältnis, Sicherheitsmaßnahmen<br />
etc. beachtet werden<br />
"Führen Sie einen Gesundheitscheck<br />
bei einem Tier durch und richten<br />
Sie eine Quarantänebox ein"<br />
"Erkennen und Erläutern Sie Krankheitsanzeichen"<br />
"Bestimmen Sie das Geschlecht des<br />
Tieres"<br />
"Was sind die anatomischen Besonderheiten<br />
dieses Tieres?"<br />
"Führen Sie Quarantänemaßnahmen<br />
durch". Zu diesem Punkt werden<br />
bis zu 40 Arbeitsschritte und diverse Erklärungen<br />
erwartet.<br />
Im Bereich Futtermittelkunde müssen<br />
die Prüflinge ca. 50 Pflanzen und Futtermittel<br />
(Saaten, Obst, Gemüse,<br />
Fleisch etc.) erkennen und beschreiben.<br />
Inhaltstoffe und Verträglichkeit des Futters<br />
sollen benannt bzw. für ein<br />
Tier zusammengestellt werden.<br />
Diese nur einzelnen Beispiele<br />
zeigen, wie anspruchsvoll die<br />
Ausbildung ist. Aber auch ein<br />
guter Abschluss macht noch<br />
keine/n gute/n Tierpfleger/in<br />
aus.<br />
Um den Beruf im Sinne der Tiere<br />
so professionell wie möglich<br />
durchzuführen, braucht man<br />
ständiges Interesse an Tieren, sehr viel<br />
Eigeninitiative und Achtsamkeit.<br />
Man muss körperlich fit und absolut<br />
unempfindlich <strong>gegen</strong> Schmutz und Gerüche<br />
sein, starke Nerven haben und<br />
ein gutes Gefühl für Tier und Mensch<br />
entwickeln, um seiner Verantwortung<br />
für beide gerecht zu werden. Wer die<br />
Ausbildung zur/zum Tierpfleger/in nur<br />
deswegen durchläuft, weil sie/er "Tiere<br />
mag" oder "mit Tieren arbeiten möchte",<br />
ist im Tierheim fehl am Platz, weil<br />
sich der Berufsalltag aus weitaus mehr<br />
Komponenten - wie der Beschäftigung<br />
mit Interessenten, Tierheimbesuchern,<br />
Spendern, Hilfesuchenden, Behörden<br />
etc. - zusammensetzt.<br />
Fotos: Stefan Kirchhoff, Azubis im Tierheim Arche Noah<br />
B ERUFE<br />
Tierpfleger müssen sich damit anfreunden,<br />
deutschlandweit nach Arbeitsplätzen<br />
zu suchen, unbezahlte Überstunden<br />
in Kauf zu nehmen, an Feiertagen<br />
zu arbeiten und trotzdem mit einem geringen<br />
Gehalt auszukommen. Doch da<br />
wir alle mit diesen "Widrigkeiten" leben,<br />
scheint der Beruf gleichzeitig mehr<br />
als nur ein Job für uns zu sein: Er ist eine<br />
Berufung, weil uns alle eines eint:<br />
Die Liebe zum Tier und der Wunsch zu<br />
helfen, wann immer ein Tier uns<br />
braucht.<br />
Hier finden Sie die Ausbildungsverordnung<br />
für Tierpfleger:<br />
http://bundesrecht.juris.de/<br />
bundesrecht/tierpflausbv2003/<br />
gesamt.pdf<br />
Suchen Sie eine Stelle<br />
als Tierpfleger/in?<br />
Das Tierheim Elisabethenhof stellt<br />
eine/n Tierpfleger/in ein.<br />
Erwartet werden:<br />
Abgeschlossene Ausbildung<br />
zur/zum Tierpfleger/in<br />
Berufserfahrung<br />
Klares Bekenntnis zum Tierschutz<br />
bzw. Tierschutzhintergrund<br />
Soziale Kompetenz, körperliche<br />
Belastbarkeit, Eigeninitiative und<br />
Bereitschaft zu Sonn- und Feier -<br />
tagsarbeit.<br />
Außerdem sucht das Tierheim Elisabethenhof<br />
Mieter für ein Haus mit<br />
Garten auf dem Tierheimgelände.<br />
Bewerbungen bitte an:<br />
Tierheim Elisabethenhof<br />
Tierheimleiter Christian Werner<br />
Siedlerstraße 2<br />
61203 Reichelsheim<br />
www.tierheim-elisabethenhof.de
Das Recht der Tiere 3/2011 DRAMA<br />
24<br />
TH KÖLN-DELLBRÜCK<br />
UM CHICA<br />
Wie eine ganze Stadt mithalf,<br />
unsere entführte Hündin wiederzufinden<br />
08. Juli 2011, 16:00 Uhr: Es sind Sommerferien und zur Öffnungszeit<br />
ist bei uns im Tierheim jede Menge los. Mit 140 Hunden<br />
und 130 Katzen sind wir wie in jedem Jahr hoffnungslos<br />
überfüllt und sehr froh, dass es so viele Tierfreunde gibt, die<br />
zu uns kommen, um einen unserer Schützlinge zu adoptieren.<br />
Im Katzenhaus findet eifriges Kennenlernen mit unseren<br />
Samtpfoten statt, und auch auf dem Hof beschnuppern sich<br />
Zwei- und Vierbeiner durch die Gitterstäbe der Zwinger. Einige<br />
Hunde gehen Probegassi, unter ihnen auch unsere elfjährige<br />
Schäferhündin Chica.<br />
Die Hündin und ihre Interessenten freuen sich auf den Spaziergang<br />
im Wald, verlassen das Tierheimgelände und dann<br />
passiert es plötzlich: Ein ungepflegter Mann mit langen Dreadlocks<br />
springt zwischen den Autos hervor, reißt Chica das Halsband<br />
ab und verschwindet mit ihr im Wald. Alles geht in Sekundenschnelle,<br />
noch bevor irgendjemand reagieren kann<br />
sind beide außer Sichtweite.<br />
Zur Vorgeschichte: Chica wurde in den<br />
letzten Monaten bereits zweimal von<br />
der Polizei sichergestellt, weil sie vom<br />
Sohn ihres Besitzers massiv misshandelt<br />
worden war. Dieser hatte sich den<br />
Hund seines gehbehinderten Vaters immer<br />
wieder ausgeliehen, wahrscheinlich<br />
um mit ihr auf der Straße zu betteln.<br />
Der erste schreckliche Vorfall<br />
ereignete sich in einer Straßenbahn:<br />
Weil Chica sich auf seinen Befehl hin<br />
nicht sofort hinlegen wollte, warf er sie<br />
zu Boden, trat ihr in die Seiten und auf<br />
den Kopf und schrie immer wieder,<br />
dass er sie hasse. Beim Aussteigen<br />
nahm er sie am Nacken und<br />
schleuderte sie <strong>gegen</strong> eine<br />
Betonwand. Beim<br />
zweiten Mal prügelte<br />
er auf offener<br />
Straße<br />
auf sie<br />
ein,<br />
weil sie zu einem anderen Hund hingelaufen<br />
war. Glücklicherweise hatten<br />
Passanten beide Male eingegriffen und<br />
den Mann angezeigt. Wir waren heilfroh,<br />
dass Chica nach diesem Martyrium<br />
seit Mitte Juli nun endlich bei uns<br />
in Sicherheit war und sich langsam einlebte<br />
- und dann passierte diese<br />
schreckliche Entführung!<br />
Aufgrund des auffälligen Äußeren war<br />
uns schnell klar, dass es sich bei dem<br />
Dieb nur um ihren Peiniger handeln<br />
konnte. Wir durften uns gar nicht ausmalen,<br />
was er Chica jetzt wieder antun<br />
könnte. Würde er an ihr seine Wut auslassen?<br />
Sie in eine andere Stadt bringen?<br />
Oder gar ganz beseitigen wollen,<br />
um uns eins "auszuwischen"? Sofort<br />
fuhren wir mit sämtlichen Autos und<br />
Fahrrädern die komplette Umgebung<br />
ab und suchten bis in den späten<br />
Abend, aber Chica und der Mann blieben<br />
wie vom Erdboden verschluckt.<br />
Am nächsten Tag musste ein Masterplan<br />
her. Alleine würden wir es nicht<br />
schaffen, die Hündin zu finden, dafür<br />
war eine Millionenstadt wie Köln einfach<br />
zu groß. Also mussten wir<br />
möglichst vielen Menschen von<br />
Chica berichten. Ganz Köln<br />
sollte wissen, dass sie entführt<br />
und in Gefahr war, alle sollten<br />
die Augen nach ihr auf-<br />
Das Martyrium für Chica ist vorbei
halten. Also gaben wir eine Presseerklärung<br />
an die Medien heraus und verbreiteten<br />
ihr Foto auf sämtlichen Internetseiten.<br />
Mit Hilfe vieler Tierfreunde war Chicas<br />
Foto auf der Internetplattform Facebook<br />
binnen kürzester Zeit hundertfach<br />
verbreitet und die Entführung in aller<br />
Munde. Die lokale Presse reagierte sofort<br />
mit großen Artikeln, und sogar der<br />
WDR war bei uns, um in der abendlichen<br />
"Lokalzeit" zu berichten und uns<br />
bei der Suche zu helfen. Spontan gegründete<br />
Suchtrupps fuhren in Köln alle<br />
verdächtigen Plätze ab, und auch wir<br />
selbst waren ständig mit den Autos<br />
unterwegs. Vom Hauptbahnhof bis<br />
zum Chlodwigplatz, von der Kalker<br />
Post bis zum Aldi Supermarkt in Merheim<br />
- kein Quadratmeter blieb unbeobachtet.<br />
Wir sprachen mit Kneipenwirten, KVB-<br />
Fahrern und Bäckerfrauen, der Kreis<br />
der suchenden Personen wurde stündlich<br />
größer. Ganz Köln war auf den Beinen<br />
und suchte unsere Chica. Es war<br />
rührend zu sehen und zu spüren, wie<br />
viel Unterstützung wir von allen Seiten<br />
bekamen - sogar die Kripo war im Einsatz.<br />
Die ersten 48 Stunden waren unendlich<br />
lang und leider ohne jeglichen<br />
Erfolg gekrönt. Hier und da gingen<br />
Hinweise ein, dass die beiden gesehen<br />
wurden, doch immer, wenn einer von<br />
uns dort ankam, gab es keine Spur<br />
mehr von Chica. Wir gaben die Hoffnung<br />
in keiner Weise auf, aber nach<br />
zwei erfolglosen Tagen der Suche hatten<br />
wir große Zweifel, dass sie überhaupt<br />
noch in der Stadt war.<br />
Doch dann, am Mittwochabend <strong>gegen</strong><br />
18:00 Uhr, kam der erlösende Anruf:<br />
Chica war gefunden! Eine Tierfreundin,<br />
die bei Facebook die Suche über<br />
Tage verfolgt hatte, sah die Hündin<br />
samt ihrem Peiniger in Köln Porz an einer<br />
Bushaltestelle sitzen. Sie rief ohne<br />
zu zögern die Polizei, die auch in weniger<br />
als 10 Minuten vor Ort war und<br />
zugriff. Der Tierquäler wehrte sich zunächst<br />
und war sich nicht bewusst, etwas<br />
Unrechtes getan zu haben, gab<br />
die Hündin aber schließlich frei.<br />
Er wurde festgenommen und Chica<br />
kam direkt an einen sicheren, aber geheimen<br />
Ort. Selbst wir durften aus Sicherheitsgründen<br />
nicht wissen, wo sie<br />
sich befand. Obwohl wir sie nicht in die<br />
Arme schließen konnten, war unsere<br />
Freude unermesslich. Die Nachricht,<br />
dass Chica wohlbehalten gefunden<br />
wurde, verbreitete sich wie ein Lauffeuer.<br />
Wir hatten das Gefühl, ganz Köln<br />
freute sich mit uns über Chicas Rückkehr.<br />
Wie schrieb jemand so schön auf<br />
der Tierheim-Dellbrück Facebook-Seite:<br />
"Ich glaube, es ging ein Donnergrollen<br />
durch Facebook von den ganzen<br />
Steinen, die den Menschen hier von<br />
den Herzen geplumpst sind... Gott sei<br />
Dank ist Chica in Sicherheit!"<br />
Wie sollte es aber nun mit Chica weitergehen?<br />
Nach all dem Stress wollten wir<br />
ihr ungern zumuten, wieder ins Tierheim<br />
zu müssen. Sie sollte nun endlich<br />
ein Zuhause für immer bekommen.<br />
Und endlich anfangen, ein lebenswertes,<br />
angstfreies Hundeleben zu führen.<br />
Leider waren ihre Interessenten durch<br />
TH Köln-Dellbrück<br />
Iddelsfelder Hardt, 51069 Köln<br />
Leiterin (GSt): Sylvia Bringmann<br />
Leiter (TH): Bernd Schinzel<br />
Tel. (0221) 68 49 26, Fax 68 18 48<br />
Postbank Köln, BLZ 370 100 50<br />
Konto 924 02-505<br />
www.tierheim-koeln-dellbrueck.de<br />
TH KÖLN-DELLBRÜCK<br />
das schlimme Erlebnis so eingeschüchtert,<br />
dass sie von der Adoption Abstand<br />
nahmen. Zu groß war die Angst, dass<br />
so etwas noch einmal passieren könnte.<br />
Sie haben sich schließlich für einen<br />
anderen Hund aus unserem Heim entschieden.<br />
Dank der Hilfe vieler Tierfreunde<br />
kann Chica jetzt ihr Leben genießen<br />
Aber da Märchen immer ein gutes Ende<br />
haben, ging auch Chicas Geschichte<br />
schön aus. Freunde unseres Tierheimleiters<br />
hatten tagelang um die<br />
Hündin mitgefiebert und nach ihrer<br />
Rettung sofort angeboten, sie für immer<br />
bei sich aufzunehmen. Und so<br />
konnte sie keine 48 Stunden später in<br />
ihr neues Zuhause ziehen. Sie lebt jetzt<br />
mit zwei weiteren Tierschutzhunden in<br />
einem schönen Haus mit großem Garten,<br />
und wir sind sicher, dass sie dort für<br />
immer in Frieden leben kann.<br />
Wir möchten uns an dieser Stelle noch<br />
einmal ganz herzlich bei allen Medien,<br />
der Polizei und vor allen den vielen privaten<br />
Personen bedanken, die uns bei<br />
der Suche nach Chica unterstützt haben.<br />
Ohne die vielen Hilfsaktionen hätten<br />
wir den Hund nie wieder gefunden.<br />
Unser besonderer Dank geht natürlich<br />
an die Finderin, die mutig genug war,<br />
die Polizei zu rufen und damit den<br />
Hund zu retten. Uns hat die Aktion gezeigt,<br />
dass in der Not auf Tierfreunde<br />
immer Verlass ist. Dankeschön.<br />
Besuchen Sie unsere Tierheim-Dellbrück<br />
Facebook Seite:<br />
www.facebook.com/<br />
tierheim.koeln.dellbrueck<br />
Text: Sylvia Hemmerling<br />
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
25
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
26<br />
T IERSCHUTZZENTRUM<br />
2x<br />
Ramira ist eine zutrauliche<br />
und verschmuste Wohnungskatze,<br />
doch wenn sie<br />
dem Vater zu viel wird,<br />
wirft er sie mal eben raus.<br />
Er mag keine Tiere.<br />
Eines Tages kommt Ramira zurück und ist trächtig, denn sie<br />
ist nicht kastriert. Keinem in der Familie scheint etwas aufzufallen.<br />
Plötzlich ist der Nachwuchs da. Fünf Katzenbabys<br />
bringt Ramira zur Welt. In den ersten Tagen ist alles perfekt.<br />
Die Katzenmutter kümmert sich<br />
liebevoll um ihren Nachwuchs.<br />
Eines Tages aber verschwindet<br />
sie. Sie sei angeblich aus der<br />
Wohnung gehuscht, so der<br />
Vater.<br />
Die Kleinen, erst wenige Wochen<br />
alt, schreien und wimmern<br />
vor Hunger und Kälte. Doch Ramira<br />
kommt auch am nächsten<br />
Tag nicht zurück. Das Geschrei<br />
der verlassenen Kätzchen nervt.<br />
Sie werden kurzerhand in einem<br />
Karton vor die Tür gestellt.<br />
Als die fünfzehnjährige Tochter<br />
von der Schule nach Hause kommt, ist sie entsetzt. Der Zustand<br />
der verlassenen Kätzchen hat sich drastisch verschlechtert.<br />
Die Jugendliche erkennt, dass sie hier sofort handeln<br />
muss. Sie fürchtet um das Leben der Kleinen, nimmt sie<br />
im Karton mit und versucht, an verschiedenen Stellen Hilfe zu<br />
bekommen, doch vergebens. Niemand hilft!<br />
Völlig verzweifelt und außer sich ruft bei uns an. Sofort fährt<br />
eine unserer Mitarbeiterinnen los und findet das junge Mädchen<br />
aufgelöst vor einer Tierarztpraxis. Auch dort bekam sie<br />
keine Hilfe! Die Katzenwelpen sind schon sehr schwach. Das<br />
Kleinste ist in einem Besorgnis erregenden Zustand. Zurück<br />
im Tierheim kümmern sich die Tierpfleger sofort um die Klei-<br />
Katzendrama<br />
... mit Happy<br />
End !<br />
“Du bist zeitlebens für das verantwortlich,<br />
was du dir vertraut gemacht hast.”<br />
nen. Mit Wärmelampe und Nuckelfläschchen werden sie<br />
aufgepäppelt.<br />
Dann kommt ein Anruf, die Katzenmutter ist wieder aufgetaucht<br />
und sucht nach ihren Babys. Die Jugendliche und ihre<br />
Freundin können die Mutterkatze einfangen<br />
und bringen sie zu uns. In der<br />
Zwischenzeit ist ein Mutter-Kind-Zimmer<br />
eingerichtet worden. Nun kommt der<br />
Moment der Familienzusammenführung.<br />
Alle sind gespannt! Wie wird Ramira<br />
auf ihre Jungen reagieren? Doch<br />
die Mitarbeiter des Tierheims können<br />
aufatmen! Liebevoll legt die Katzenmama<br />
die Pfoten um ihre Kleinen und<br />
schleckt sie ab. Die Welpen suchen sich<br />
sofort an der heimischen Milchbar ihren<br />
Platz und beginnen schnurrend zu saugen.<br />
Das ist vollendetes Familienglück.<br />
Doch es hätte auch ganz anders kommen<br />
können. Nur das schnelle Reagieren<br />
und das Durchhaltevermögen des jungen<br />
Mädchens haben diesen fünf Babykatzen<br />
in letzter Sekunde das Leben<br />
gerettet.<br />
Glückliches Wiedersehen:<br />
Ramira hat ihre Kleinen<br />
wieder!<br />
ANTOINE DE SAINT EXUPÉRY
Pünktlich zur Ferienzeit<br />
ereignet sich das zweite<br />
Katzendrama.<br />
Am frühen Morgen des ersten Ferientages<br />
hatte man sie vor unserem<br />
Tor abgestellt, zwei hilflose Babykatzen<br />
von ungefähr 6 Wochen. Kalt<br />
und herzlos hatte man sie zurückgelassen,<br />
in einer blauen Plastikbox,<br />
ohne Decke, ohne Futter - nur schnell weg damit! Über die<br />
Box war eine Gitterbox gestülpt, beschwert mit einem halb<br />
gefüllten BIERKASTEN.<br />
Keiner hatte sich Gedanken gemacht, ob Fuchs oder Marder<br />
auf der Suche nach einer leckeren Mahlzeit vorbeikommen<br />
könnten.<br />
Die beiden Kätzchen waren so geschockt, dass sie nicht einmal<br />
miauten, als Mitarbeiter des Tierschutzzentrums sie früh<br />
am Morgen fanden. Zum Glück waren sie wohlauf und haben<br />
gleich gefressen, als sie aus ihrem Gefängnis befreit<br />
worden waren und vorerst in eine große Box mit weichen<br />
KATZENPATEN GESUCHT!<br />
Vernachlässigung und mangelndes Verantwortungsgefühl<br />
<strong>gegen</strong>über einem Tier ist eine Form von Missbrauch, das Animal-Hoarding-Syndrom,<br />
das zwangsläufig auch zur Vernachlässigung<br />
der Tiere führt, eine andere.<br />
Aus solch einem Animal-Hoarding-Fall gestaltete sich ebenfalls<br />
ein Drama für uns. Seit dem Jahr 2006 übernahmen wir<br />
ca. 50 Katzen, die wild in einem Haus lebten. Die letzten kamen<br />
vor zwei Monaten zu uns ins Tierheim. Ihr gesundheitlicher<br />
Zustand war zum Teil so dramatisch, dass es einige<br />
nicht geschafft haben. Viele von ihnen fanden ein schönes<br />
neues Zuhause. Doch vierzehn dieser Samtpfoten leben heute<br />
noch bei uns. Ihr Verhalten und ihr Aussehen sind geprägt<br />
von ihrer Vergangenheit. Körperlich und<br />
seelisch sind sie alle mit<br />
bleibenden<br />
Decken umziehen durften.<br />
Stunden später entdeckte der Briefträger im Gebüsch, dort,<br />
wo die jungen Katzen gefunden wurden, eine erwachsene<br />
Katze, die kläglich und suchend miaute. Sie hatte ein geschwollenes<br />
Gesäuge und war sehr mager. Wir vermuteten,<br />
dass es die Mutterkatze war und setzten sie vorsichtig zu den<br />
Babykatzen, die sofort auf sie zuliefen und von ihr abgeschleckt<br />
wurden.<br />
Wir waren geschockt! Man hatte die noch säugende Mutterkatze<br />
getrennt von ihren Jungen auch ausgesetzt, ohne die<br />
Möglichkeit, zu den Babykatzen gelangen zu können.<br />
Spuren aus dieser Zeit<br />
behaftet. Es ist fraglich,<br />
ob wir auch für diese<br />
Katzen ein liebevolles<br />
Zuhause finden, da sie<br />
sehr viel Zeit brauchen,<br />
um Vertrauen zu den<br />
Menschen aufzubauen.<br />
P FULLINGEN<br />
Der Mutter weggenommen und unter einem Bierkasten eingesperrt<br />
Da ist zum Beispiel Stevie,<br />
der blinde Kater, Der blinde Stevie kommt<br />
dessen beide Augen trotz Handicap zurecht<br />
krankheitsbedingt völlig<br />
zerstört wurden. Für manche Tierheimbesucher ein schwer<br />
zu verkraftender Anblick. Doch Stevie kommt mit dieser Behinderung<br />
sehr gut zurecht. Er bewegt sich vorsichtig, mit Na-<br />
Tierschutzzentrum<br />
Pfullingen<br />
Gönninger Straße 201,<br />
72793 Pfullingen<br />
Leiter (GSt): Dr. Uwe Wagner<br />
Tel. (07121) 820 17 -0, Fax -18<br />
Leiterin (TH): Petra Zipp<br />
Tel. (07121) 820 17 20<br />
Kreissparkasse Reutlingen,<br />
BLZ 640 500 00, Kto. 75 7889<br />
www.tierschutz-bmt-bw.de<br />
STEVIE<br />
se und Schnurrhaaren alles abtastend.<br />
Stevie klettert im Katzenauslauf<br />
sogar auf die Sitzbretter des Kratzbaumes.<br />
Hinunter geht es rückwärts,<br />
langsam, aber sicher. Für Stevie und<br />
seine Katzenkumpels suchen wir nun<br />
Tierpaten, die mit ihrer Patenschaft<br />
einen Beitrag zur Versorgung und<br />
medizinischen Betreuung dieser<br />
wahrscheinlich schwer vermittelbaren<br />
aber liebenswerten Samtpfoten leisten<br />
möchten.<br />
Text und Fotos: Gabriele Rudolph<br />
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
27
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
28<br />
Alexis wird<br />
Gnadenbrotpferd des<br />
Zwei bmt-Mitglieder, die von der Notlage<br />
der alten Dame erfahren hatten,<br />
wenden sich an den bmt in Stuhr/Brinkum.<br />
Ob in diesem besonderen Fall<br />
der Verein helfen und die 26 Jahre alte<br />
Stute aufnehmen könne?<br />
Geschäftsstellenleiterin Anke Mory und<br />
Tierheimleiter Stefan Kirchhoff entscheiden<br />
schnell: Sie wollen dem Pferd<br />
eine ungewisse Zukunft ersparen - zu<br />
viele Vorfälle hatte es in der Vergangenheit<br />
bei der gut gemeinten Abgabe<br />
von Privatpferden als Beistellpferde<br />
gegeben - und der unverschuldet in<br />
Not geratenen Witwe beistehen.<br />
Die alte Dame<br />
weint vor Erleichterung,<br />
als<br />
sie hört, dass<br />
das Tierheim<br />
Arche Noah<br />
einen guten<br />
Platz für ihre<br />
geliebte Stute<br />
gefunden hat.<br />
Und so wird<br />
Tierheims<br />
WARUM TIERSCHUTZ AUCH MENSCHENSCHUTZ IST!<br />
Mit vier Jahren wird die Hannoveranerstute Alexis an ein Ehepaar in<br />
Niedersachsen verkauft und lebt dort 16 Jahre in der Gesellschaft eines<br />
weiteren Pferdes. Die Besitzer, begeisterte Reiter, gehen liebevoll<br />
mit den Pferden um und widmen Alexis noch mehr Zeit, als ihr langjähriger<br />
Weidegefährte stirbt.<br />
Weil die Rente nach dem Verlust des familieneigenen Möbelhauses in<br />
Oldenburg nicht ausreicht, nimmt der Ehemann gleich mehrere Jobs<br />
an, um das Pferd weiter gut versorgen zu können. Doch dann stirbt vor<br />
wenigen Monaten der inzwischen über 70jährige - und die mittellose<br />
Witwe ist nicht mehr in der Lage, Futter- und Tierarztrechnungen für<br />
die Stute zu begleichen. Wohin nun mit Alexis?<br />
Anke Mory und Hille Lübben<br />
im Gespräch<br />
Alexis aus ihrem beschaulichen Dörfchen<br />
nahe Oldenburg einige Kilometer<br />
weiter nach Wardenburg zu Hille und<br />
Gerold Lübben umgesiedelt.<br />
1999 war das Ehepaar mit Sohn, 27<br />
Jahre altem Kater und vielen Motorrädern<br />
auf den ehedem landwirtschaftlichen<br />
Hof gezogen, nachdem ihnen<br />
die Stadt "zu eng" geworden war. Sie<br />
suchen die Weite der niedersächsischen<br />
Landschaft und wollen auch ihren<br />
Tieren, die nach und nach zu ihnen<br />
stoßen, diese Freiheit zugestehen.<br />
Mit Pachtland hält die Familie in Hochzeiten<br />
auf über elf Hektar 23 Pferde,<br />
Zucht- und Pensionstiere, bauen die<br />
ehemaligen Kuhställe<br />
um, errichten<br />
Offenställe,<br />
ziehen Wände,<br />
setzen Dächer<br />
und sehen eines<br />
Tages fassungslos<br />
zu, wie ihr<br />
Schrank durch<br />
die morschen<br />
Holzdielen des<br />
Wohnzimmers im moorigen Untergrund<br />
versinkt…<br />
Zwar war wird auch dieses Malheur<br />
fachmännisch durch den Ehemann behoben,<br />
doch das Paar muss sich eingestehen,<br />
dass die Arbeit für zwei Personen<br />
- der Sohn ist mittlerweile<br />
ausgezogen - im Alter zu viel zu werden<br />
beginnt. Und so reduzieren Hille und<br />
Gerold Lübben die Anzahl der Pensionstiere<br />
und geben die eigene Pferdezucht<br />
auf. Als Alexis in diesem Frühsommer<br />
auf dem Transporter durch die<br />
Einfahrt rollt, spitzen nur noch vier Pferde,<br />
fünf Hunde und vier Katzen die Ohren…<br />
Eine der ersten, der den Neuankömmling<br />
am Ankunftstag taxiert, ist der rote<br />
Kater Findus, der gerade seine Hofvisite<br />
beendet hat. Hille Lübben entdeckte<br />
den wenigen Tage alten Winzling vor<br />
Jahren zwischen Pferdehufen auf dem<br />
benachbarten Gut. "Schmeiß ihn an die<br />
Wand; Petrus sammelt solche", sagte<br />
der Landwirt - eine Bemerkung, die sie<br />
bis heute nicht vergessen kann.
"Mir haben die Tiere das Leben gerettet",<br />
sagt Hille Lübben, die vor<br />
Jahren an Krebs erkrankte und<br />
sich von ihren Pferden, Hunden<br />
und Katzen durch diese schwere<br />
Zeit ziehen ließ, wie sie es nennt.<br />
"Jetzt bin ich an der Reihe, euch zu<br />
helfen", verspricht sie nach ihrer<br />
Genesung den vierbeinigen<br />
Freunden und nimmt die ersten<br />
Notfälle aus dem Tierschutz auf,<br />
darunter auch die Labradorhündin<br />
Lena aus der Arche Noah.<br />
Hille Lübben unterstützt das Tierheimteam<br />
in Stuhr/Brinkum fortan<br />
bei Veranstaltungen, verkauft am<br />
Tag der Offenen Tür das "Brot für<br />
die Katz" und wird Pflegestelle der<br />
Arche Noah und der bmt-Geschäftsstelle<br />
in Berlin. Sie bietet<br />
dem bmt die Möglichkeit, einige<br />
Pferde und Esel auf ihren weitläufigen<br />
Weiden mit ganzjähriger Offenstallhaltung<br />
zu betreuen.<br />
Für ihre vorbildliche Pferdehaltung<br />
ist die Tierfreundin von der LAG<br />
(Laufstall-Arbeits-Gemeinschaft)<br />
ausgezeichnet worden, sie selbst verfügt neben der heilpädagogischen<br />
Ausbildung am Pferd über den VFD-Sachkundenachweis<br />
in der Pferdehaltung<br />
und hat<br />
Weiterbildungen<br />
in Verladetraining,Longierabzeichen,BasispassPferdekunde<br />
und Erster<br />
Hilfe am Pferd<br />
Alexis (rechts) teilt sich<br />
mit Chieftaine eine Weide<br />
absolviert.<br />
Außerdem hat<br />
sie den Führerschein<br />
Klasse 4.<br />
Alexis ist nun das erste Gnadenbrotpferd des bmt, das von<br />
den umfangreichen Kenntnissen der "Pflegemama" profitiert.<br />
Und so horcht Hille Lübben denn auch sofort auf, als<br />
die Hannoveranerstute in den feucht-schwülen Tagen im<br />
August zu husten beginnt. Eine chronische Dämpfigkeit mit<br />
Belastung des Herzens diagnostiziert der Tierarzt, ein<br />
Atemwegsleiden, das schon bei den ehemaligen Besitzern<br />
aufgetreten war.<br />
Hille Lübben informiert die alte Dame über den erneuten<br />
Ausbruch der Erkrankung - und die Pferdefreundin stattet<br />
ihrer Stute einen zusätzlichen Besuch ab.<br />
T IERHEIM A RCHE N OAH<br />
Einmal pro Woche fährt sie nach Wardenburg, um den<br />
Kontakt zu Alexis nicht abreißen zu lassen, sie zu striegeln<br />
und zu liebkosen. Sobald die Stute die Stimme der alten<br />
Dame hört, stellt sie die Ohren auf und kommt an das Gatter<br />
- so laut wiehernd, dass Hille Lübben die freudige Begrüßung<br />
bis ins geschlossene Haus hinein hört.<br />
Wir würden uns<br />
sehr freuen, wenn<br />
Sie das Tierheim<br />
Arche Noah bei<br />
den Unterhaltskosten<br />
für Alexis mit<br />
einer Patenschaft<br />
unterstützen könnten.<br />
Patenschaften<br />
(ab 15 Euro monatlich)<br />
sind eine wich- "Schmeiß ihn an die Wand …"<br />
tige Hilfe bei der geretteter Kater Findus<br />
Versorgung der<br />
Gnadenbrottiere. Insgesamt betreut der bmt über 160 gerettete<br />
Tiere auf ausgesuchten Pflegestellen und zahlt dafür<br />
ca. 20.000 Euro Unterhalt im Monat. Dank vieler Paten<br />
kann der bmt - als eine der ganz wenigen<br />
Tierschutzorganisationen in Deutschland - neben dem<br />
Unterhalt der Tierheime auch noch die Versorgung von<br />
Gnadenbrottieren sicherstellen. Helfen Sie uns weiter dabei?<br />
Für die (künftigen) Paten von Alexis veranstaltet das Tierheim<br />
Arche noch in diesem Jahr einen Ausflug auf den<br />
Lübben-Hof mit Picknick und nettem Beisammensein.<br />
GSt u. TH "Arche Noah"<br />
Rodendamm 10, 28816 Stuhr/Brinkum<br />
Leiterin (GSt): Anke Mory<br />
Tel. (0170) 632 52 40<br />
Leiter (TH): Stefan Kirchhoff<br />
Tel. (0421) 890171, Fax 80 90 553<br />
Kreissparkasse Syke,<br />
BLZ 291 517 00, Kto. 113 000 29 57<br />
ww.tierheim-arche-noah.de<br />
Text und Fotos: Claudia Lotz<br />
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
29
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
30<br />
Die Hundehalter-<br />
Trainerin<br />
Jeden Montag um 10.00 Uhr kommt Diana Meier ins Tierheim. Seit fast<br />
drei Jahren arbeitet sie mit den Hunden, ihren Besitzern und mit Menschen,<br />
die sich mit dem Gedanken tragen, einen Tierheimhund bei sich<br />
aufzunehmen. "Ich bezeichne mich nicht als Hundetrainerin", erklärt<br />
die 35jährige, "sondern als Trainerin der Hundehalter. Denn ein Hund<br />
bleibt immer ein Hund - die Menschen verstehen ihn nur falsch!"<br />
Basco war so ein Fall. Er saß alleine im<br />
Zwinger, ging Mensch und Hund an<br />
und gebärdete sich so unberechenbar,<br />
dass sich kaum ein Tierheimmitarbeiter<br />
in seine Nähe wagte. "Wollen Sie mit<br />
Schutzanzug zu ihm gehen?", wurde<br />
Diana Meier gefragt, doch sie lehnte<br />
ab. Wie kann ich eine Kommunikation<br />
aufbauen, fragte sich die Trainerin,<br />
wenn ich dem Hund bis zur Unkenntlichkeit<br />
verkleidet <strong>gegen</strong>über stehe?<br />
Also betrat sie wie selbstverständlich<br />
seinen Zwinger und setzte sich auf die<br />
Hundehütte. Sie redete mit ihm, sah,<br />
wie er die Ohren spitzte, den Kopf zu<br />
ihr wandte und schließlich auf sie zukam.<br />
Diana Meier nahm Basco, den<br />
viele Wochen niemand mehr angefasst<br />
hatte, an die Leine und begann mit ihm<br />
zu arbeiten.<br />
"Sehr häufig klappt es mit der Verständigung<br />
zwischen Mensch und Hund<br />
nicht", erläutert sie am Beispiel des Tierheimhundes<br />
Basco, "weil der Hund<br />
missverstanden wird und der Mensch<br />
ihm daraufhin "merkwürdig" (verkrampfte,<br />
abwehrende Haltung, drohende<br />
Gesten etc.) <strong>gegen</strong>übertritt - ein<br />
Kreislauf, der sich hochschaukelt und<br />
dann nur noch durch professionelle<br />
Hilfe durchbrochen werden kann."<br />
Diana Meier hat ihre Ausbildung bei<br />
Canis Kynos fast abgeschlossen, Seminare<br />
und Workshops bei bekannten<br />
Hundetrainern und Kynologen (u.a.<br />
Ein Hund<br />
bleibt ein Hund !<br />
Günther Bloch) besucht und an der<br />
Welpenausbildung bei Gabriele Niepel<br />
teilgenommen. Ihr Traum ist eine Hundepension<br />
im Südbrookmerland, in der<br />
sie als Trainerin auch mit schwierigen -<br />
oder besser unverstandenen - Hunden<br />
arbeiten kann.<br />
"Die meisten Probleme zwischen Hunden<br />
und ihren Haltern", erklärt die gebürtige<br />
Berlinerin, "entstehen zu Hause,<br />
wirken sich dann aber draußen, in der<br />
alltäglichen Begegnung mit Menschen<br />
und Artgenossen, aus." Eine der Hauptursachen<br />
für spätere Verhaltensauffälligkeiten<br />
von adoptierten Tierheimhunden<br />
liegt nach ihrer Einschätzung an<br />
der gefühlsbetonten Zuwendung der<br />
neuen Besitzer. "Der arme Hund, er hat<br />
so Schreckliches erlebt; jetzt soll er es<br />
endlich gut haben", hört die Trainerin<br />
immer wieder und erlebt Menschen,<br />
die jede erdenkliche Rücksicht auf den<br />
vermeintlich bedauernswerten Hausgenossen<br />
nehmen.<br />
Da gibt es die ängstlichen Hunde, denen<br />
ihre Halter Schutz- und Fluchträume<br />
im Haus zugestehen, akzeptieren,<br />
dass sie nur nachts fressen und den Tag<br />
zusammengekauert unter Möbeln verbringen.<br />
Oder andere Besitzer, deren<br />
Hunde tyrannisch Betten, Sofas und<br />
Plätze besetzen, die einst den Menschen<br />
vorbehalten waren oder sein<br />
sollten, die Besucher nicht ins Haus<br />
lassen oder beim Spaziergang Jogger<br />
und Artgenossen<br />
das<br />
Fürchten<br />
lehren.<br />
"Lassen Sie<br />
ihn links liegen,<br />
nehmen Sie<br />
ihm die Wichtigkeit<br />
und seien Sie<br />
ihm ein sicherer,<br />
souveräner Partner,<br />
der die Führung<br />
in seinem Leben<br />
übernimmt", rät<br />
die Trainerin. Wenn das<br />
Zusammenspiel zwischen<br />
Zwei- und Vierbeiner<br />
gar nicht mehr<br />
klappt, nimmt sie einige<br />
Kandidaten auch schon<br />
mal nach Hause in ihr<br />
Rudel auf. Dort lässt sie<br />
die Neuzugänge mit<br />
einem Maulkorb laufen,<br />
der die Kontaktaufnahme<br />
zu Hunden und arteigene<br />
Verhaltensweisen weiter zulässt.<br />
Manchen Hunden hat sie auf diese<br />
Weise das Tierheim erspart - anderen<br />
die Fahrkarte in ein neues Leben ermöglicht.<br />
Da gab es den Welsh-Terrier,<br />
der die Familie so massiv bedrohte,<br />
dass sie ihn ins Tierheim Hage brachten.<br />
Diana Meier bot dem verzweifelten<br />
Ehepaar an, den kleinen Rüden 14 Ta-
ge aufzunehmen und in ihre Familie mit<br />
Hunden, Kindern, Meerschweinchen und<br />
einer Norwegerstute zu integrieren. Der<br />
renitente Terrier konnte sich mit seinem<br />
Maulkorb zwar seinen Artgenossen<br />
<strong>gegen</strong>über verständigen, trinken und<br />
schnüffeln, aber eben nicht beißen.<br />
Die Trainerin nutzte seine "Wehrlosigkeit",<br />
um ihn zu klopfen, zu streicheln, zu<br />
massieren. "Zwangs-Grooming nennt<br />
man das, wenn ein Hund sich die Berührungen<br />
<strong>gegen</strong> seinen Willen gefallen lassen<br />
muss", erklärt die Wahl-Ostfriesin<br />
und präsentiert den erstaunten Eltern<br />
und ihren Kindern zwei Wochen später<br />
einen ausgeglichenen, freundlichen<br />
Hausgenossen. "Die sind heute ein perfektes<br />
Team", sagt sie, "genauso wie<br />
Merlin und seine Familie."<br />
Merlin ist ein über 40 Kilo schwerer<br />
Bouviermischling, der aus schlechten<br />
Haltungsbedingungen befreit<br />
und ins Tierheim gebracht wurde.<br />
Fast zwei Jahre hatte der Rüde<br />
mit einem Neufundländermix,<br />
zwei Erwachsenen<br />
und einem sechsjährigen<br />
Jungen in<br />
50 Quadratmetern<br />
gelebt -<br />
ohne ein einziges<br />
Mal<br />
vor die<br />
Tür<br />
Geschäftsstelle Norden<br />
Nordbuscherweg 17, 26553 Dornum<br />
Leiter: Dieter Kuhn,<br />
und Ursula Sottmeier<br />
Tel. (04933) 99 28 24, Fax 99 28 26<br />
Tierheim Hage<br />
Hagermarscher Str. 11, 26524 Hage<br />
Tel. (04938) 4 25, Fax 91 49 90<br />
Raiffeisen-Volksbank<br />
Fresenae.G.Norden, BLZ 283 615 92<br />
Konto 6302020300<br />
www.tierheim-hage.de<br />
getreten zu sein. "Merlin kannte nichts",<br />
erinnert sich seine Besitzerin Brigitt Hedlefs<br />
(s. rechts und unten), "keinen Baum,<br />
keine Straße, er hob nicht mal das Bein,<br />
um zu markieren."<br />
Dementsprechend schwierig wurde das<br />
Zusammenleben schon nach kurzer Zeit.<br />
Konnte die Mutter dreier Kinder ihm noch<br />
in der ersten Nacht probeweise den Knochen<br />
fortnehmen, verstärkte sich mit zunehmender<br />
Sicherheit, die ihm seine<br />
neue Familie bot, sein dominantes Verhalten<br />
<strong>gegen</strong> Menschen und Artgenossen.<br />
Ein falscher Blick eines Rüden und er<br />
drohte mit Kehlbiss, Fremde wurden mit<br />
Argwohn betrachtet, im Haus an die Wand<br />
gestellt, Räder, Jogger und Menschen (und<br />
Gegenstände) in Bewegung vertrieben.<br />
"Setzen Sie ihm ganz eng gefasste Grenzen",<br />
riet Diana Meier gleich zu Beginn<br />
der gemeinsamen Arbeit, "innerhalb derer<br />
er sich bewegen muss - das wird ihm<br />
Sicherheit geben." Und Familie Hedlefs<br />
lernt auch, dass ihr Hund wie die übrigen<br />
Tierheimkandidaten keine "Sonderbehandlung"<br />
braucht, nur weil er eine unerfreuliche<br />
Vergangenheit hinter sich hat.<br />
"Ohne Frau Meier hätte ich aufgegeben",<br />
sagt Brigitt Hedlefs rückblickend. Heute<br />
kann sie mit ihrem bärenstarken Bouvierrüden<br />
durch die Fußgängerzone in<br />
Esens gehen, ohne Vorfälle befürchten<br />
zu müssen. Merlin - durch ein Kopfhalti<br />
fixiert - hat im Laufe des intensiven Trainings<br />
seine Grenzen akzeptiert und ist<br />
nun bereit, sich in der souveränen Führung<br />
seiner ihm körperlich weit unterlegenen<br />
Bezugsperson zu fügen.<br />
Bitte unterstützen Sie<br />
dieses wichtige Projekt!<br />
Geschäftsstellenleiter Dieter Kuhn würde<br />
Diana Meier gerne öfter in Anspruch nehmen,<br />
weil die Tierheimhunde von dem<br />
Training profitieren und Konflikte zwischen<br />
Hundehaltern und ihren Vierbeinern (oft<br />
schon im Vorfeld) entschärft werden können.<br />
Die Trainerin arbeitet im Tierheim für<br />
einen ermäßigten Stundensatz.<br />
Ihre Spenden würden dazu beitragen,<br />
dass Diana Meier öfter mit den Hunden<br />
arbeiten könnte und damit deren Vermittlungschancen<br />
erhöht. Gerne können<br />
Sie auch eine "Patenschaft" für das Projekt<br />
übernehmen. Je mehr Menschen das<br />
Projekt mit regelmäßigen, monatlichen<br />
Beiträgen fördern, desto sicherer sein<br />
Fortbestand.<br />
Die Hundehalter-Trainerin<br />
können Sie übrigens auf<br />
unserem Tag der Offenen Tür<br />
am 9. Oktober kennen lernen.<br />
Bitte kommen Sie zahlreich, wir freuen<br />
uns auf Ihren Besuch und haben ein<br />
schönes Programm nebst Verpflegung<br />
für Sie vorbereitet. Kontakt zu Diana<br />
Meier bitte über das Tierheim Hage auf-<br />
nehmen.<br />
T IERHEIM H AGE<br />
Text: Claudia Lotz<br />
Fotos: Ursula Sottmeier<br />
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
31
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
32<br />
ROSWITHA SIMDORN UND IHR LEBENSWERK<br />
Pankower ankower<br />
Katzentafel<br />
Als Roswitha Simdorn in den 70iger<br />
Jahren mit ihrem Gatten, einem Kameramann,<br />
nach Pankow zieht, erfährt<br />
sie schnell, worüber Nachbarn und Anwohner<br />
sich gemeinschaftlich erregen:<br />
Ca. 60 bis 70 Katzen leben im Schlosspark<br />
des nördlichen Bezirks von Berlin<br />
und durchstreifen auf der Suche nach<br />
Nahrung auch die Gärten der Wohnanlage<br />
in der Bleicheroder Straße.<br />
Niemand scheint sich verantwortlich für<br />
die hungrigen, oft kranken und verletzten<br />
und ständig trächtigen Tiere zu fühlen<br />
- bis auf eine betagte Nachbarin.<br />
Sie hat feste Futterplätze für die Katzenrudel<br />
aufgebaut und bittet eines Tages<br />
Roswitha Simdorn, deren Mann oft<br />
im Ausland unterwegs ist, um Unterstützung<br />
bei der Arbeit, die ihr aufgrund<br />
des Alters immer schwerer fällt.<br />
Und so wird Roswitha Simdorn "Katzenfütterin"<br />
und erlebt nicht nur, wie<br />
zeit- und kostenintensiv die tägliche<br />
Versorgung der bedürftigen Tiere ist,<br />
sondern auch wie enorm belastend die<br />
aggressiv anmutende Ablehnung der<br />
Gesellschaft.<br />
"Sie füttern diese elenden Viecher?" Sätze<br />
wie diesen hat sie inzwischen ihr hal-<br />
Gleich Mitternacht. Roswitha<br />
Simdorn schaut auf die Uhr und<br />
sieht sie im Geiste vor sich: Junge,<br />
alte, behinderte, schwarze,<br />
bunte, getigerte und rote Katzen,<br />
die in ihren schützenden<br />
Verstecken auf die erste Mahlzeit<br />
des Tages warten. Die<br />
68jährige versorgt die herrenlosen<br />
Katzen aus Pankow.<br />
Nacht für Nacht, Sommer und<br />
Winter, bei jeder Witterung …<br />
Aber nicht nur das: Seit über drei Jahrzehnten kümmert sie sich auch weitgehend<br />
alleine um die Geburtenkontrolle, den Impf- und Gesundheitszustand ihrer wilden<br />
Schützlinge - eine emotional belastende, kräftezehrende und nicht zuletzt finanziell<br />
auf Dauer untragbare Aufgabe, die dem Gemeinwohl zugute<br />
kommt und dennoch von den wenigsten Menschen geschätzt wird.<br />
Roswitha Simdorn versorgt<br />
auch Katzen in ihrer Wohnung<br />
bes Leben gehört, Beschimpfungen<br />
und Androhungen bis hin zu körperlicher<br />
Gewalt durchgestanden. "Die<br />
Menschen lassen sich so leicht beeinflussen",<br />
sagt sie bedauernd, "von den<br />
Medien, den Vorurteilen über Tiere. Da<br />
wird auf Tauben, Katzen und Igel geschimpft<br />
(und geschossen), sie mit Ratten<br />
verglichen, die dezimiert werden<br />
müssten, weil sie Krankheiten übertrügen<br />
und "Schmarotzer" seien."<br />
Doch die so geschmähten Tiere sind<br />
die Folge eines zutiefst verantwortungslosen<br />
Umgangs mit Lebewesen.<br />
"Keine Katze da draußen", sagt die engagierte<br />
Tierfreundin, "hat sich ihr elendes<br />
Leben auf der Straße ausgesucht,<br />
den Hunger, die bohrende Kälte des<br />
Winters, den ständigen Nachwuchs..."<br />
Und so packt Roswitha Simdorn (s. Bild<br />
S. 32) jede Nacht wieder Näpfe, Wasserflaschen,<br />
Stroh in ihr Wägelchen<br />
und läuft zu Fuß die sieben Futterstellen<br />
ab. Das Gehen fällt ihr immer schwerer,<br />
Herz, Lunge und Gelenke haben im<br />
Laufe der Jahre gelitten. 60 Dosen verfüttert<br />
die alte Dame im Schnitt und<br />
kündigt sich vor ihrer Ankunft an den<br />
Futterplätzen mit mehrfachem Hüsteln<br />
an. Dann kommen die Katzen aus ihren<br />
Verstecken gesaust und stürzen sich auf<br />
die Schälchen, die sie erst nach 24.00<br />
Uhr bekommen können, weil dann die<br />
Hundebesitzer aus Pankow ihren letzten<br />
Rundgang beendet haben.<br />
Während ihre Schützlinge fressen, taxiert<br />
Roswitha Simdorn die Tiere genau,<br />
schätzt ihren Gesundheitszustand
ein und organisiert schon<br />
im Geiste die nächste Fangaktion,<br />
wenn sie einen Neuzugang<br />
entdeckt hat. Dass<br />
die Population in Pankow<br />
seit Jahren rückläufig ist,<br />
verdankt der Bezirk einzig<br />
ihrer engagierten Arbeit.<br />
Hunderte Katzen hat sie kastrieren<br />
und medizinisch<br />
versorgen lassen, für einige<br />
Katzenwelpen sogar ein<br />
neues Zuhause gefunden -<br />
und doch gibt es keine<br />
Unterstützung, weder materiell<br />
noch immaterieller Art.<br />
Die ersten Jahre konnte sie<br />
ihre praktische Tierschutzarbeit<br />
noch aus Ersparnissen,<br />
später aus Darlehen finanzieren,<br />
doch mittlerweile ist<br />
die nicht mehr gesunde<br />
Frau kaum noch in der Lage,<br />
für ihren eigenen Lebensunterhaltaufzukommen.<br />
In ihrer Not wandte sie<br />
sich 2001 an die Stadträtin<br />
Ines Sager, die nachts mit<br />
ihr die Futterstellen ablief<br />
und von ihrem Engagement fasziniert war. Medien berichteten<br />
über die "Pankower Katzentafel" von Roswitha Simdorn<br />
und ihre Hoffnung auf eine Unterstützung wuchs.<br />
"Wenn die Leute feststellten, wie anstrengend diese Art des<br />
Tierschutzes, das regelmäßige Versorgen vor Ort, ist, sind<br />
sie fortgeblieben." Die engagierte Tierfreundin sagt das<br />
nicht ganz ohne Bitterkeit - sie, die sich seit mehr als 30<br />
Jahren <strong>gegen</strong> den Widerstand ihrer Umgebung für in Not<br />
geratene Katzen eingesetzt hat, kann nicht verstehen, dass<br />
Hilfe für Schwächere so schnell aufkündbar ist...<br />
Geschäftsstelle Berlin<br />
Sauerbruchstraße 11, 14109 Berlin<br />
Leiterin (GSt): Claudia Lotz<br />
(030) 80 58 33 -38, Fax -39<br />
claudia.lotz@bmt-tierschutz.de<br />
Postbank Berlin,<br />
BLZ 100 100 10, Konto 9603-107<br />
www.tierschutz-bmt-berlin.de<br />
Allerdings gilt das<br />
nicht grundsätzlich:<br />
Zwei Frauen<br />
unterstützen sie,<br />
wie und wo sie<br />
können. Gisela<br />
Brandhorst fährt<br />
eingefangene Katzen<br />
zum Tierarzt<br />
und immer häufiger<br />
Roswitha Simdorn<br />
auch in der<br />
Nacht zu ihren Futtertouren,<br />
weil sie<br />
die beschwerlichen<br />
Wege mit ihrem<br />
Rolli kaum noch<br />
bewältigen kann.<br />
Dann spenden Sie für Futter, Kastrationen,<br />
Benzin. Wichtig wären monatliche<br />
Festbeträge, um besser kalkulieren<br />
zu können<br />
Schenken Sie einen gebrauchten<br />
PC/Laptop und/oder helfen Sie beim<br />
Aufbau und Betreuung einer homepage<br />
"Pankower Katzentafel"<br />
Stellen Sie ein altes Auto zur Verfügung,<br />
um Tierarzt- und Einkaufsfahr-<br />
Eine andere Nachbarin kümmert sich neben ihrem Beruf<br />
ebenfalls sehr, kauft ein, macht Behördengänge und vieles<br />
mehr, was die Pankowerin körperlich nicht mehr schafft.<br />
Die größte Angst von Roswitha Simdorn ist durch Krankheit<br />
auszufallen. Als sie vor mehreren Jahren eine Operation<br />
durchführen lassen musste, erbat sie einen kleinen<br />
Aufschub - diese 24 Sunden nutzte sie, um eine Kraft zu finden,<br />
die sich <strong>gegen</strong> Entgelt um die tägliche Versorgung der<br />
Schlossparkkatzen auch tatsächlich zuverlässig kümmerte.<br />
"Der einzige Tierschutzverein", sagt sie, "der mir geholfen<br />
hat und noch hilft, ist der bmt, er ist mir fast etwas heilig."<br />
Während andere Menschen in ihrem Alter vom Reisen oder<br />
geruhsamen Lebensabend träumen, hat Roswitha Simdorn<br />
ganz andere Wünsche: Ein altes Fahrrad mit drei Rädern<br />
und einer Tragfläche, damit ihre nächtliche Arbeit ein wenig<br />
leichter wird.<br />
"Armut", sagt sie, "macht unflexibel und würdelos, aber ich<br />
würde mich immer wieder für die Tiere entscheiden. Die<br />
Gesellschaft entscheidet über das Äußere, aber es ist nicht<br />
wichtig, wie man aussieht, sondern ob man etwas tut im<br />
Leben."<br />
Möchten Sie helfen, dass Roswitha Simdorn<br />
ihre großartige Arbeit fortsetzen kann?<br />
GST B ERLIN<br />
Sigrid Ebert unterstützt<br />
Gisela Simdorn,<br />
wann immer sie kann<br />
Text: Claudia Lotz<br />
ten (Futter etc.) durchzuführen<br />
Wichtig außerdem: Unterstützung<br />
durch sehr zuverlässige Menschen, die<br />
die Versorgung der Katzen mit übernehmen.<br />
Spenden bitte unter dem Stichwort<br />
"Pankower Katzentafel" auf das Konto<br />
der bmt-Gst Berlin<br />
Pankower Katzentafel:<br />
030/23 13 46 79<br />
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
33
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
34<br />
Lena<br />
- im Karton<br />
ausgesetzt<br />
Katzenfreunde und Tierschützer wissen schon lange: Auch vermeintliche<br />
Glückskatzen werden vom Schicksal nicht anders behandelt als<br />
ein- oder zweifarbige Tiere. Und Lena, die dreifarbige Schönheit, hat<br />
sogar noch besonderes Pech. Denn sie scheint den Vertrauensbruch,<br />
den Menschen ihr zufügten, schwer zu verwinden. In einem verschlossenen<br />
Karton wurde die scheinbar schon ältere Katze vor dem Katzenhaus<br />
ausgesetzt - ohne Mitleid, ohne Skrupel, ohne Erbarmen mit<br />
einem Tier, das in sein dunkles, stickiges Gefängnis gesperrt Todesängste<br />
ausstehen muss. Was sich sonst noch ereignete, berichten<br />
Gabrielle Missalla und Katzenhaus-Mitarbeiterin Silvia Koch.<br />
Lena ist nun schon einige Wochen bei<br />
uns und noch immer völlig verstört.<br />
Dennoch haben wir den Eindruck, dass<br />
Lena eigentlich eine zahme Katze war,<br />
bis sie in den Karton gesteckt wurde.<br />
Nun ist ihr Vertrauen in den Menschen<br />
zerstört, und sie muss Tierarztbesuche<br />
über sich ergehen lassen, die wir ihr<br />
vielleicht ersparen könnten, wenn wir<br />
etwas mehr über ihre Vergangenheit in<br />
Erfahrung bringen könnten: Gab es Infektionen,<br />
Verletzungen, ist sie geimpft,<br />
kastriert? Zumindest scheint es so, als<br />
ob Lena nicht mehr die allerjüngste ist,<br />
denn sie hat nur noch wenige Zähne.<br />
Platzprobleme sind um diese Jahreszeit<br />
traurige Normalität im Katzenhaus.<br />
Auch dieses Jahr strandeten wieder viele<br />
unerwünschte Katzenkinder bei uns;<br />
leider abermals zahlreiche mutterlose<br />
Katzenwelpen, die wir mühsam mit der<br />
Flasche großzuziehen versuchen.<br />
Darunter viele, die an Katzenschnupfen<br />
erkrankt sind.<br />
Doch so schlimm diese Krankheit<br />
gerade für junge Katzen ist,<br />
so häufig gibt es auch die positiven<br />
Nachrichten von Katzen,<br />
die die Infektion überstanden haben<br />
und wieder völlig gesund geworden<br />
sind.<br />
So kam zum Beispiel Ende Juni Max,<br />
ein kleiner schwarzer Kater, als Fundtier<br />
zu uns ins Katzenhaus. Zunächst dachten<br />
wir, dass wir ihn einschläfern lassen<br />
müssten, weil er dem Tod näher schien<br />
als dem Leben. Er hatte eine Körpertemperatur<br />
von nur noch 35º C - bei<br />
jungen Katzen ist eine Temperatur von<br />
38 - 39,5º C normal. Seine vereiterten<br />
Augen wirkten wie zugewachsen…<br />
Die Tierärztin trennte behutsam die verklebten<br />
Augenlieder auseinander. Max<br />
bekam die nächsten 14 Tage alle zwei<br />
MAX<br />
Stunden Augentropfen, damit die Lider<br />
zumindest einen Spalt breit geöffnet<br />
blieben. Zusätzlich gab es Antibiotika,<br />
er wurde entwurmt und <strong>gegen</strong> weitere<br />
Parasiten behandelt.<br />
Die Therapie schlug an und schon<br />
sechs Wochen später (s. Bilder) hatte<br />
sich der kleine Kater erholt. Solche Erfolgsgeschichten<br />
lassen uns alle Rückschläge,<br />
die wir ja auch mit unseren<br />
Schützlingen erleben, vergessen. Auch<br />
Polly ist so ein Fall:<br />
Polly kam im August 2010 mit ca. drei<br />
Wochen zu uns ins Katzenhaus. Sie und<br />
ihre vier Geschwister hatten schweren<br />
Katzenschnupfen und mussten über<br />
Wochen täglich zum Tierarzt. Polly hatte<br />
es dabei am schlimmsten erwischt.<br />
Jeden Tag mussten ihr die Lider "aufgeschnitten"<br />
werden, damit der Eiter<br />
ablaufen konnte, und alle zwei Stunden<br />
gesalbt und getropft werden. Ich<br />
(Silvia Koch) habe Polly und zwei Geschwister<br />
mit nach Hause genommen<br />
und gepflegt. Während ihre Brüder<br />
völlig gesund wurden und vermittelt<br />
werden konnten, blieb die kleine Patientin<br />
trotz aller Bemühungen fast<br />
Der kleine Patient ist wieder gesund geworden
BUBI<br />
LENA<br />
blind; keiner interessierte sich für sie. Also entschieden wir<br />
uns, sie zu behalten. Jeden Weg im Haus hat sie sich erhorcht<br />
und erschnüffelt.<br />
Im Februar haben wir sie kastrieren lassen und<br />
gleichzeitig die Nickhäute beider Augen noch<br />
einmal öffnen lassen. Seitdem hat sie ihre Sehkraft<br />
(zu 90%) wiedererlangt. Sie spielt im Garten,<br />
fängt alles, was fliegt, krabbelt und umsorgt<br />
liebevoll jedes Katzenbaby, das ich in<br />
Pflege habe. Wir würden sie für nichts auf der<br />
Welt mehr hergeben.<br />
Aber wir haben auch traurige Nachrichten:<br />
Bubi und Olga sind tot. Beide teilten<br />
dasselbe Schicksal: Sie wurden als<br />
junge, scheue Katzen bei uns abgegeben<br />
und sind nie richtig zahm geworden.<br />
Dennoch glauben wir, dass sie ein gutes<br />
Leben bei uns verbringen konnten. Möglich<br />
wird das unter anderem durch Ihre<br />
Patenschaften und Spenden - herzlichen<br />
Dank für Ihre Unterstützung!<br />
Bubi lebte über 14 Jahre im Katzenhaus.<br />
Er kam als scheues Fundtier, und bis zu<br />
seinem Tod hatte man nur dann eine<br />
Chance an ihn heranzukommen, wenn<br />
leckere Dinge zum Fressen winkten.<br />
Doch vielleicht fiel Bubi gerade durch<br />
seine Distanziertheit <strong>gegen</strong>über Menschen auf. Er legte dabei<br />
eine gewisse<br />
Würde an den Tag …<br />
Mitte des Jahres kündigte<br />
sich an, dass<br />
mit Bubi etwas nicht stimmte.<br />
Der Verdacht lag nahe, dass<br />
dies etwas mit seinem stolzen<br />
Alter von 15 Jahren zu tun hat-<br />
te und so war es auch. Trotz intensiver tierärztlicher<br />
Behandlung verschlechterte sich Bubis Zustand;<br />
im Juli starb er dann an multiplem<br />
Organversagen.<br />
Olga war erst 8 Jahre alt, als sie starb und bei ihr<br />
gab es keinerlei Vorzeichen. Sie hatte plötzlich eines<br />
Morgens starke motorische Störungen. Es<br />
war kaum mit anzusehen, wie sie zu laufen versuchte,<br />
immer wieder hinfiel, weil sie ihre Bewegungsabläufe<br />
nicht mehr koordinieren konnte.<br />
Die Tierärztin diagnostizierte einen Schlaganfall;<br />
manche Katzen sterben daran und andere erholen<br />
sich. Olgas Zustand verschlechterte<br />
OLGA<br />
K ATZENHAUS L UTTERTAL<br />
sich jedoch innerhalb weniger Tage, so starb sie Ende August.<br />
Olga hinterlässt Kater Moritz, der wirklich um sie trauert. Zwischen<br />
Olga und Moritz hatte sich eine tiefe Katzenfreundschaft<br />
entwickelt. Oft lagen sie gemeinsam im Körbchen, und<br />
wenn beide wach waren, strichen sie sich häufig <strong>gegen</strong>seitig<br />
um die Beine. Fast konnte man den Eindruck haben, sie würden<br />
sich durch dieses Umeinanderstreichen die <strong>gegen</strong>seitige<br />
Zuneigung immer wieder aufs Neue versichern. Moritz ist untröstlich,<br />
und wir versuchen unser Bestes, um ihn ein wenig<br />
aufzumuntern. Wenn Sie uns dabei unterstützen möchten,<br />
sind Sie herzlich eingeladen, zu unseren Öffnungszeiten bei<br />
uns vorbeizuschauen.<br />
Uns erreichen immer wieder Anfragen, in denen uns Hilfe angeboten<br />
wird. Die vielleicht einfachste, angenehmste und<br />
doch sehr, sehr wichtige Hilfe ist: Katzen streicheln, mit Katzen<br />
spielen, Katzen beschmusen. Mancher Leser dieser Zeilen<br />
wird sich über diese Aussage wundern, doch neben dem<br />
trauernden Moritz warten im Katzenhaus viele Katzenseelen,<br />
die sich nach menschlicher Nähe und Zuneigung sehnen.<br />
Daneben sind gerade Bubi und Olga Beispiele dafür, wie gering<br />
die Vermittlungschancen von scheuen Katzen sind. Auch<br />
in diesem Sommer sind bei uns wieder junge Katzen gestrandet,<br />
die sich kaum anfassen lassen. Um daran etwas zu<br />
ändern, muss man Zeit mitbringen, sich in die Zimmer bzw.<br />
Ausläufe setzen, die Kleinen mit Spielen und Futter locken<br />
und ihnen zeigen, dass die Nähe des Menschen auch angenehm<br />
sein kann.<br />
Auch hierzu laden wir Sie herzlich ein. Damit all die kleinen<br />
scheuen Kätzchen bald zahm werden und schnell neues Zuhause<br />
- vielleicht sogar bei Ihnen - finden.<br />
"Katzenhaus Luttertal"<br />
Luttertal 79, 37075 Göttingen<br />
Leiterin (GSt): Gabriele Missalla<br />
(06678) 91 85 67<br />
Leiterin (TH): Monika Bossmann<br />
Tel. (0551) 2 28 32<br />
Postbank Hannover,<br />
BLZ 250 100 30, Konto 732 223 06<br />
www.katzenhaus-luttertal.de<br />
POLLY<br />
Polly, schwer krank, kann<br />
heute wieder sehen<br />
Fotos: Monika Bossmann,<br />
Silvia und Heiko Koch<br />
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
35
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
36<br />
Fast unmittelbar nach<br />
dem Gespräch mit der<br />
Tierfreundin erreicht uns<br />
die nächste erschütternde<br />
Meldung über einen Bauernhof,<br />
auf dem katastrophale Zustände<br />
herrschen sollen. Drei<br />
Pferde werden dort völlig isoliert<br />
auf engstem Raum in einem muffigen,<br />
dunklen Verschlag ohne jedwede<br />
Bewegungsmöglichkeit gehalten.<br />
Ihre Tränken sind meist leer, Futter ist<br />
Mangelware und an frische Luft gar<br />
nicht zu denken. Obwohl bereits ein<br />
Tierarzt den extrem schlechten Zustand<br />
der Pferde attestiert hat und den verwahrlosten<br />
und abgemagerten Tieren,<br />
die aufgrund dieser miserablen Haltungsbedingungen<br />
bereits schwere<br />
Lungenschäden davongetragen haben,<br />
kaum noch eine Überlebenschance<br />
einräumt, geben sich die Besitzer<br />
uneinsichtig.<br />
Der Hof, auf dem außerdem noch<br />
Hühner und Schweine unter ähnlich<br />
schlimmen Verhältnissen in fensterlosen,<br />
finsteren Stallungen untergebracht<br />
sind, wird von einem älteren Ehepaar<br />
bewirtschaftet, das mit einer artgerechten<br />
Versorgung und Pflege ihrer Tiere<br />
ganz offensichtlich vollkommen überfordert<br />
ist.<br />
Doch auch dies sollte nicht die letzte<br />
Haben Sie einen<br />
aufwühlende Nachricht über<br />
eine Tiermisshandlung an<br />
diesem Morgen bleiben.<br />
Gleich mehrere Meldungen<br />
bezüglich einer misshandelten<br />
Gans in der<br />
Münchner Innenstadt erreichen<br />
wenige Stunden später<br />
unsere Geschäftsstelle. Ein Fall,<br />
der uns besonders berührt und uns<br />
mittlerweile seit fast vier Monaten be-<br />
schäftigt.<br />
Alle drei, voneinanderunabhängige,<br />
Augenzeugen<br />
schildern uns entsetzt,<br />
einen Mann<br />
in der Münchner<br />
Innenstadt beobachtet<br />
zu haben,<br />
der eine geschundene,<br />
völlig verwahrloste Gans mit abgebrochenen<br />
Federn und kahlen Stellen<br />
zur Belustigung der Touristen zur<br />
Schau stellt. Transportiert wird die Gans<br />
auf dem Gepäckträger seines Fahrrads.<br />
Alle drei Zeugen berichten zudem<br />
übereinstimmend, dass ein vernünftiges<br />
Gespräch mit dem Besitzer des Tieres<br />
nicht möglich ist, dieser sogar äußerst<br />
verwirrt und aggressiv auf<br />
persönliche Ansprache reagiert.<br />
Und es folgen noch zwei weitere Anru-<br />
MISS<br />
IHRE SCHNELLE REAKTION KANN<br />
Kaum im Geschäftsstellenbüro angekommen, klingelt<br />
das Telefon. Eine junge Frau aus München informiert<br />
uns, dass in ihrer Nachbarschaft eine Schäferhündin<br />
Tag und Nacht in einem Zwinger eingesperrt<br />
ist. Sie hat keinerlei Auslauf und wird so gut wie nie<br />
ausgeführt. Dementsprechend ist der Zwinger der<br />
Hündin permanent verdreckt, so dass sie sich kaum<br />
noch bewegt, um nicht ständig in den eigenen Kot zu<br />
treten. Das Tier wird nicht regelmäßig gefüttert, hat<br />
kein frisches Trinkwasser zur Verfügung und ist auch<br />
sozial völlig isoliert.<br />
Geschäftsstelle Bayern<br />
Viktor-Scheffel-Straße 15,<br />
80803 München<br />
Leiterin (GSt): Elvira Schiöberg<br />
Tel. (089) 38 39 52-13, Fax -23<br />
Postbank München,<br />
BLZ 700 100 80, Kto. 142 20-802<br />
fe von entsetzten Tierfreunden, die angeben,<br />
dass es sich inzwischen um zwei<br />
verstörte Gänse handelt, denen beiden<br />
vor Publikum gewaltsam die Federn<br />
ausgerissen werden, nur um die Leute<br />
in der Stadt zu unterhalten.<br />
ANZEIGE BEI DEN BEHÖRDEN MIT OFT<br />
ÜBERRASCHENDEM ERGEBNIS<br />
Wir haben in allen Fällen sofort das jeweils<br />
zuständige Veterinäramt einge-<br />
schaltet und um unverzügliche<br />
Kontrollen gebeten.<br />
Die Ergebnisse fielen<br />
allerdings sehr<br />
unterschiedlich aus.<br />
Im Falle der Schäferhündin<br />
im Zwinger<br />
wurde die Tierhaltung<br />
beanstandet, und es wurden dem<br />
Tierhalter konkrete Auflagen erteilt<br />
(sprich Verbesserungsmaßnahmen angeordnet),<br />
die er innerhalb einer angemessenen<br />
Frist zu erfüllen hat. Das war<br />
dem Hundebesitzer allerdings zu viel<br />
Aufwand; so hat er sich dann einverstanden<br />
erklärt, die Schäferhündin an<br />
eines unserer Tierheime abzugeben.<br />
Mittlerweile ist die Hündin gut vermittelt<br />
worden.<br />
Auch der Bauernhof des älteren Ehe-<br />
www.bmt-bayern.de
STAND beobachtet?<br />
<strong>TIERE</strong>N <strong>DAS</strong> LEBEN RETTEN:<br />
paares wurde vom Veterinäramt überprüft,<br />
wobei tierschutzrechtliche Verstöße<br />
<strong>gegen</strong> geltende Verordnungen und<br />
Gesetze festgestellt wurden, die so gravierend<br />
waren, dass eine sofortige Beschlagnahmung<br />
eingeleitet wurde.<br />
Auch in diesem Fall eine Entscheidung<br />
zum Wohl der Tiere, die inzwischen auf<br />
verschiedenen Gnadenhöfen des bmt<br />
einen ruhigen Lebensabend verbringen<br />
können.<br />
Doch manchmal bringt auch eine enge<br />
Zusammenarbeit mit den Behörden<br />
kein befriedigendes Ergebnis - so im<br />
Fall der misshandelten Gans in der<br />
Münchner Innenstadt. Der Sachverhalt<br />
war dem zuständigen Amtsveterinär<br />
bereits lange vor unseren Meldungen<br />
bekannt, und es wurden seitens des Veterinäramtes<br />
wohl auch mehrere Kontrollen<br />
durchgeführt. Das Problem dabei<br />
war leider, dass der Besitzer eine<br />
behördliche Genehmigung für die Haltung<br />
von drei Gänsen hat, die es ihm<br />
sogar erlaubt, diese vor Publikum gewerbsmäßig<br />
zur Schau zu stellen.<br />
Da auch der Gesundheitszustand der<br />
Gans von einer Tierklinik für "gut"<br />
("nicht krank") befunden wurde und die<br />
Gans angeblich nur auf dem Weg vom<br />
Stall in die Stadt in dem Fahrradkorb<br />
transportiert wird, gab es keine hinreichenden<br />
Verstöße, die eine sofortige<br />
Beschlagnahmung des Tieres seitens<br />
des Veterinäramtes gerechtfertigt hätte.<br />
Und so steht der Rentner, der die Beachtung<br />
des Publikums braucht, auch<br />
weiterhin mit der bemitleidenswerten<br />
Gans in der Münchner Innenstadt. Weil<br />
dem Veterinäramt in diesem Fall bedauerlicherweise<br />
die Hände gebunden<br />
zu sein scheinen, besteht die einzige<br />
Möglichkeit darin, dem Mann kein<br />
Geld für die vermeintliche Versorgung<br />
seiner Gänse zu geben und ihn zu ig-<br />
Text: Tanja Pöch<br />
norieren. Denn nur dann bleibt zu hoffen,<br />
dass diese Art von Geschäft für ihn<br />
uninteressant wird und er mit diesem<br />
würdelosen Schauspiel auf Kosten seiner<br />
Tiere aufhört.<br />
VERDACHT AUF VERSTOß GEGEN <strong>DAS</strong><br />
TIERSCHUTZGESETZ?<br />
SO KÖNNEN SIE HELFEN!<br />
Grundsätzlich gilt: Nach dem Tierschutzgesetz<br />
müssen Tiere artgerecht<br />
gehalten und gepflegt werden und dürfen<br />
nicht gequält, ausgesetzt oder getötet<br />
werden. Für den Vollzug des Tierschutzgesetzes<br />
sind die Behörden<br />
zuständig; das Veterinäramt ist verpflichtet,<br />
allen Anzeigen von Missständen<br />
in der Tierhaltung nachzugehen<br />
und die gesetzlichen Mindestanforderungen<br />
an eine artgerechte Tierhaltung<br />
durchzusetzen.<br />
Deshalb informieren Sie in einem Tierschutzfall<br />
bitte schnellstmöglich das regional<br />
zuständige Veterinäramt, denn<br />
im Gegensatz zu Privatpersonen oder<br />
Tierschutzorganisationen hat das Veterinäramt<br />
weit reichende Befugnisse,<br />
um den Tieren schnell und kurzfristig<br />
helfen zu können. Das Betreten von<br />
fremden Grundstücken, das Erteilen<br />
von Auflagen für den betroffenen Tierhalter,<br />
das Ausstellen von Tierhaltungsverboten<br />
sowie die Beschlagnahmung<br />
von Tieren bleibt rechtlich allein der Veterinärbehörde<br />
vorbehalten.<br />
Sollte es sich um einen akuten Notfall<br />
handeln (Gefahr im Verzug), können<br />
Sie sich natürlich auch an jede Polizeidienststelle<br />
wenden, in schwerwiegenden<br />
Fällen eine Strafanzeige bei der<br />
Staatsanwaltschaft stellen.<br />
Voraussetzung für das Handeln der Behörde<br />
ist eine Schilderung des Sachverhalts,<br />
am besten in schriftlicher Form.<br />
Lucy (links) und Lisa (2. Fall) wurden<br />
nach ihrer Beschlagnahmung vom bmt aufgenommen<br />
G ST B AYERN<br />
Wichtig ist es dabei, Ihre Angaben<br />
durch schriftliche Zeugenaussagen, Fotos,<br />
tierärztliche Bescheinigungen etc.<br />
zu belegen.<br />
Die Unterlagen senden Sie an das regional<br />
zuständige Veterinäramt mit der<br />
Bitte um Überprüfung der jeweiligen<br />
Tierhaltung. Da die persönlichen Daten<br />
des Meldenden dem Datenschutz<br />
unterliegen und grundsätzlich vertraulich<br />
behandelt werden, sollte man bereit<br />
sein, seinen Namen und seine Anschrift<br />
zu nennen. Außerdem dienen<br />
diese Informationen der Glaubhaftigkeit<br />
der Anzeige, die dann von den Behörden<br />
auch eher mit der angebrachten<br />
Ernsthaftigkeit verfolgt werden wird.<br />
Eine anonyme Anzeige verzögert die<br />
Kontrolle und gefährdet die Hilfe für<br />
das Tier.<br />
Bitte schauen Sie nicht weg - helfen Sie<br />
den Tieren!<br />
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
37
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
38<br />
F RANZISKUS-TIERHEIM<br />
Wenn es den Menschen schlecht geht, leiden<br />
auch ihre Tiere. Das ist eine Wahrheit, mit<br />
der wir bei unserer Arbeit im Tierheim täglich<br />
konfrontiert werden. Die Tiere haben<br />
keine Wahl - das Schicksal ihrer Menschen<br />
ist immer auch ihr Schicksal. Mit allen damit<br />
verbundenen Konsequenzen. Besonders<br />
tragisch ist das, wenn es Menschen trifft, die<br />
alles für ihr Tier tun würden. So wie bei Familie<br />
Karius aus Hamburg.<br />
Auch Tiere<br />
Der Tag beginnt wie jeder andere: Frau<br />
Karius hat gerade den Morgenspaziergang<br />
mit ihren Hunden Bonnie und<br />
Mucki beendet. Sie schenkt sich eine<br />
Tasse Kaffee ein, während die Katze<br />
schnurrend um ihre Beine streicht. Die<br />
vier sind ein eingespieltes Team; Bonnie<br />
ist zu diesem Zeitpunkt bereits zwölf<br />
Jahre alt, Mucki zehn, und die Katze<br />
Mausi hat gesegnete 19 Lenze auf dem<br />
Buckel.<br />
KIA<br />
Wie jeden Morgen bekommen erst die<br />
schwarzen Mischlinge ihre Leckerchen,<br />
dann greift sie nach dem blauen Näpfchen<br />
und dem Dosenöffner, um der<br />
Katze ihr Frühstück zu geben. Ob es in<br />
diesem Moment geschehen ist, kann -<br />
außer Bonnie, Mucki und Mausi - niemand<br />
genau sagen. Als ihr Herrchen<br />
nach Hause kommt, liegt seine Frau jedenfalls<br />
leblos auf dem kalten Küchen-<br />
haben ein<br />
Schicksal<br />
boden. Mit Blaulicht wird sie ins Krankenhaus<br />
gebracht, die Diagnose ist<br />
niederschmetternd - Schlaganfall!<br />
Und es soll nicht der letzte gewesen<br />
sein - insgesamt erleidet Frau Karius<br />
kurz nacheinander sieben Schlaganfälle.<br />
Innerhalb weniger Stunden wird aus<br />
der freundlichen, lebenslustigen Frau<br />
ein Pflegefall. Zwei Jahre nach diesem<br />
Schicksalstag hat sich ihr Zustand weiter<br />
verschlechtert, das Gehirn ist irreparabel<br />
geschädigt. Sie ist vollständig<br />
gelähmt und kann nur noch einen Finger<br />
und ihre Zehen bewegen. Ohne<br />
die Hilfe ihres Mannes Gerhard, der<br />
sich rund um die Uhr um sie kümmert,<br />
müsste sie in ein Pflegeheim.<br />
Die Versorgung seiner Frau ist für ihn<br />
Schwerstarbeit, die mental wie körperlich<br />
extrem anstrengt. Dazu kommt die<br />
drückende Enge in der 50 qm kleinen<br />
Zweizimmerwohnung. Doch eine größere<br />
zu bekommen, scheitert ausge-
echnet an den<br />
Lieblingen seiner<br />
Frau: Mit<br />
zwei Hunden<br />
und einer Katze<br />
eine behindertengerechte<br />
Wohnung zu<br />
finden, ist aussichtslos.<br />
Fünf Mal hätten<br />
sie schon umziehen<br />
können -<br />
allerdings ohne<br />
die Haustiere.<br />
Doch ein Leben<br />
ohne seine vierbeinigenSchicksalsgenossen<br />
konnte sich<br />
Herr Karius bisher<br />
nicht vorstellen.Allerdings<br />
bleibt ihm<br />
immer weniger<br />
Zeit für die Versorgung<br />
der<br />
Tiere übrig.<br />
Wenn einer der<br />
häufigen Arztbesuche<br />
ansteht, ist er den gesamten<br />
Tag unterwegs. Und auf den<br />
kurzen Spaziergängen mit den Hunden<br />
macht er sich Sorgen, dass während<br />
seiner Abwesenheit Zuhause etwas<br />
passieren könnte. Dazu drücken ihn finanzielle<br />
Sorgen: Weil er nicht arbeiten<br />
gehen kann, hat die Familie kein Einkommen.<br />
Auch nach zahllosen Behördengängen<br />
hat sich die Situation nicht gebessert; es<br />
Franziskus-Tierheim<br />
Geschäftsstelle Hamburg<br />
Lokstedter Grenzstr. 7, 22527 Hamburg<br />
Leiter: Frank Weber<br />
Tel. GSt (040) 55 49 28 - 34, Fax -32<br />
Tel. Tierheim (040) 55 49 28 37<br />
Haspa, BLZ 200 505 50,<br />
Konto 1049220799<br />
www.franziskustierheim.de<br />
bleiben gerade mal 600 Euro zum Leben<br />
für alle übrig. Und davon müssen<br />
noch Pflegeprodukte und Windeln für<br />
seine bewegungsunfähige Frau finanziert<br />
werden. Zu allem Überfluss gibt es<br />
auch noch Probleme mit den Nachbarn:<br />
Bonnie und Mucki langweilen<br />
sich natürlich und schlagen bei jedem<br />
Geräusch im Treppenhaus an und toben<br />
lautstark durch die Wohnung.<br />
Zwei lange Jahre kämpft Gerhard Karius<br />
für den Erhalt seiner kleinen Familie,<br />
dann ist er am Ende seiner Kräfte.<br />
Er meldet sich im Franziskus Tierheim<br />
und bittet darum, die Tiere aufzunehmen.<br />
Die Situation ist auch für uns nicht<br />
einfach. Mittlerweile sind Bonnie und<br />
Mucki 14 und 12 Jahre, Mausi sogar<br />
Manchmal muss man<br />
dem Glück auf die<br />
Sprünge helfen …<br />
21 Jahre alt, und die Vermittlungschancen<br />
damit verschwindend gering.<br />
Gerade sehr alte Tiere, die ein gutes<br />
Zuhause hatten, leiden im Tierheim extrem.<br />
Der kleine Mucki hat ein ziemlich<br />
großes, hässliches Geschwür direkt am<br />
After, eine Operation ist dringend notwendig,<br />
damit überhaupt eine Vermittlungschance<br />
besteht. In seinem fortgeschrittenen<br />
Alter und an dieser Stelle ist<br />
das nicht ganz ungefährlich. Wir machen<br />
uns Sorgen um die beiden, und<br />
die sind leider auch begründet.<br />
Zunächst versuchen wir, die Tiere von<br />
Zuhause aus zu vermitteln, doch ohne<br />
F RANZISKUS-TIERHEIM<br />
Erfolg. Zumindest gelingt es uns überraschend<br />
schnell, einen Platz für die 21<br />
jährige Katze Mausi bei sehr netten jungen<br />
Leuten zu finden. Doch für die beiden<br />
alten Hunde haben wir lange keine<br />
Anfragen. Schließlich findet sich<br />
doch noch eine sehr nette Interessentin<br />
bei uns ein. Sie hatte eine kleine ältere<br />
Pinschermixhündin aus dem Franziskus<br />
Tierheim, die vor kurzem verstorben ist.<br />
Nach einem Spaziergang mit Mucki ist<br />
sie so begeistert, dass sie ihn am liebsten<br />
sofort mit nach Hause nehmen<br />
möchte.<br />
Das wäre auch für uns<br />
ein Glücksfall, doch<br />
wir haben die Rechnung<br />
ohne seine<br />
Freundin Bonnie gemacht.<br />
Sie jammert ihrem<br />
vierbeinigen Freund<br />
hinterher, als ob ohne<br />
ihn die Welt für sie<br />
untergehen würde.<br />
Und ihre Welt ist ja tatsächlich<br />
vor einigen<br />
Tagen erst untergegangen.<br />
Doch die Interessentin kann<br />
nur einem Hund ein Zuhause bieten,<br />
bei zwei Hunden spielt - das kennen wir<br />
schon - der Vermieter nicht mit. Schweren<br />
Herzens sagen wir der Interessentin<br />
ab, Hunde die so aneinander hängen<br />
kann man nicht trennen. Entweder<br />
beide oder keinen!<br />
Und so warten Mucki und Bonnie immer<br />
noch auf ein gutes neues Zuhause,<br />
in dem sie zusammen ihren Lebensabend<br />
verbringen können. Sie<br />
brauchen jemanden, der Zeit für sie hat<br />
und sich um sie kümmert, weil sich ihr<br />
Herrchen um ihr Frauchen kümmern<br />
muss. Das ist ihr Schicksal. Und wir<br />
werden alles in unserer Macht Stehende<br />
tun, dass es sich wieder zum Guten<br />
wendet.<br />
Text: Frank Weber<br />
Fotos: dogma tv und Franziskus-Tierheim<br />
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
39
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
40<br />
U MWELT<br />
Kater<br />
"Er schnurrt wie ein Außenbordmotor", sagt Christian<br />
Werner lächelnd, "sobald Sie seinen Raum betreten".<br />
Der gesundheitlich angeschlagene Kater hat es<br />
dem Tierheimleiter besonders angetan.<br />
Nicht nur, dass der ca. neun Jahre alte<br />
Ruben die Welt nur noch durch ein<br />
Auge sieht; er hat zugleich (medikamentös<br />
gut eingestellte)<br />
Epilepsie, Diabetes<br />
und ist FIV-positiv - eine<br />
Diagnose, die trotz Aufklärung<br />
noch immer viele<br />
Interessenten abschreckt.<br />
RUBEN<br />
Dabei bedeutet die Diagnose FIV-positiv<br />
nicht, dass die vierbeinigen Patienten<br />
eine sehr viel kürzere Lebenserwartung<br />
haben - im Gegenteil: Viele<br />
FIV-Katzen können bei gutem Wohlbefinden<br />
ein recht hohes Alter erreichen.<br />
Wichtig ist nur, dass die Tiere ihre Infektion<br />
nicht auf andere Katzen übertragen,<br />
daher dürfen sie nicht in Haushalte<br />
mit gesunden Samtpfötchen<br />
vermittelt werden und entsprechend<br />
auch keinen Freigang erhalten.<br />
Der Vergesellschaftung zweier FIV-positiver<br />
Katzen steht jedoch nichts im Wege,<br />
wobei sich Ruben - vor die Wahl gestellt<br />
- wohl eindeutig für einen<br />
zweibeinigen Freund entscheiden würde.<br />
"Ruben", beschreibt der Tierheimleiter<br />
das Verhalten des anhänglichen<br />
Fundkaters, "ist von Menschen total begeistert."<br />
Er liebt jede Form von Zuwendung<br />
wie Streicheln oder Bürsten und<br />
lässt selbst den kleinen Piks für die notwendige<br />
Insulinration mit stoischer Ruhe<br />
über sich ergehen.<br />
"Ich bewundere diesen kleinen Kerl",<br />
sagt Christian Werner, der im November<br />
vier Jahre den Elisabethenhof leitet.<br />
"Er hat fast alles an gesundheitlichen<br />
Einschränkungen "mitgenommen" und<br />
sich dennoch sein lebensfrohes Wesen<br />
bewahrt. Wenn ich einen Wunsch hätte,<br />
würde ich Ruben die "richtigen Menschen"<br />
vorbeischicken, die ihm ein warmes,<br />
liebevolles Zuhause bieten<br />
können."<br />
Anfang des Jahres schien das Glück<br />
schon greifbar, als eine Krankenschwester<br />
großes Interesse an Ruben zeigte<br />
und ihn zu sich holen wollte. Dann veränderten<br />
sich unerwartet ihre beruflichen<br />
Anforderungen, sie konnte die<br />
geforderte Reisetätigkeit nicht mit der<br />
Betreuung des Katers vereinbaren - für<br />
das Tierheimteam ein schwarzer Tag.<br />
"Wir waren wirklich bitter enttäuscht",<br />
so Christian Werner.<br />
Der 35jährige ist ein Quereinsteiger,<br />
wie so viele hauptamtliche arbeitende<br />
Tierfreunde. Der gelernte Lagerist ent-<br />
mit klei<br />
schied sich vor Jahren, seine Liebe zum<br />
Tier zum Beruf zu machen, holte die<br />
Ausbildung zum Heim- und Pensionstierpfleger<br />
nach, arbeitete u.a. im Tierheim<br />
Frankfurt und übernahm 2008<br />
die Tierheimleitung für den bmt in Reichelsheim.<br />
Sein Arbeitstag beginnt um 8.00 Uhr<br />
und endet kaum vor 18.30 Uhr. "Ich bin<br />
mein eigener Ersatzmann", umreißt er<br />
humorvoll seinen vielseitigen Tätigkeitsbereich.<br />
Wenn jemand in der Tierversorgung<br />
fehlt, greift er genauso<br />
zu Gummistiefeln<br />
und Putzzeug wie zum Hörer,<br />
wenn das Telefon nicht<br />
stillsteht, berät, informiert,<br />
erklärt und hört zu.<br />
"Verantwortung <strong>gegen</strong>über<br />
den uns anvertrauten Tieren<br />
ist immer auch Verantwortung<br />
<strong>gegen</strong>über Menschen",<br />
sagt der Tierheimleiter und<br />
beschreibt folgenden Fall:<br />
Um Dabo zu halten,<br />
braucht man viel Kraft
nen Handicaps<br />
WARUM RUBEN DRINGEND EIN ZUHAUSE BRAUCHT:<br />
Dabo, eine über 70 cm Stockmaß große<br />
Leonberger-Mixhündin, wurde im<br />
Juni 2010 von ihrer älteren Besitzerin<br />
ins Tierheim zurückgebracht. Sie sei<br />
körperlich der Hündin nicht gewachsen,<br />
begründet sie die Abgabe. Bis vor<br />
kurzem hatte ihr Sohn Dabo die nötige<br />
Bewegung verschafft, doch nun sei er<br />
beruflich gebunden und sie mit der<br />
Haltung und Betreuung der großrahmigen<br />
Hündin überfordert.<br />
Der Tierheimleiter nimmt Dabo, die im<br />
Januar 2006 als Fundhund aufgenommen<br />
und einen Monat später an die ältere<br />
Dame und ihren Sohn vermittelt<br />
wurde, wieder auf. "Das war richtig von<br />
ihr", sagt er, "jeder weitere Tag, an dem<br />
sie mit der Hündin auf die Straße gegangen<br />
wäre, hätte ein nicht einschätzbares<br />
Risiko bedeutet."<br />
Denn Dabo ist nicht grundsätzlich sozialverträglich.<br />
Die Hündin lehnt Geschlechtsgenossinnen<br />
ab und muss<br />
umsichtig an andere Hunde herangeführt<br />
werden. Dann kann aus der ersten<br />
Begegnung durchaus ein harmonisches<br />
Spiel werden. Für Dabo sucht<br />
das Tierheim eine Familie (mit Kindern<br />
mindestens ab zwölf), die Erfahrung in<br />
der Hundehaltung hat und körperlich<br />
stabil ist. "Letzter Punkt", sagt Christian<br />
Werner, "ist wirklich wichtig: Ich bin 190<br />
cm groß, 35 Jahre, wiege 90 kg und<br />
halte sie trotzdem nur mit Mühe."<br />
Finden sich ihre passenden Gegenüber,<br />
steht einer schönen Freundschaft nichts<br />
im Wege:<br />
SUNNY<br />
Darbo hört gut, kann Stunden alleine<br />
bleiben, mag junge Hunde und vor allem<br />
ihre Menschen, denen sie am liebsten<br />
vor Zuneigung auf den Schoß klettern<br />
würde…wären da nicht schon<br />
wieder diese störenden Größenunterschiede.<br />
Sunny und Susa da<strong>gegen</strong> dürften<br />
kaum Zuwendung genossen haben.<br />
Sie wurden vom Veterinäramt aus einem<br />
Missstand sichergestellt und waren<br />
anfänglich sehr zurückhaltend.<br />
Inzwischen lassen sie nicht nur menschlichen<br />
Kontakt zu, sie beginnen ihn<br />
auch mehr und mehr zu schätzen. Beide<br />
Tiere sind wie Ruben FIV-positiv und<br />
teilen nur deswegen nicht den Raum<br />
mit ihm, weil der Kater aufgrund seiner<br />
Zuckerkrankheit über den Tag verteilt<br />
fressen muss. Sunny leidet unter Durchfall,<br />
möglicherweise könnte sich die<br />
Darmirritation im neuen Zuhause aber<br />
geben. "Solche Spontanheilungen",<br />
sagt Christian Werner, "haben wir<br />
schon öfter erlebt. Das zeigt immer<br />
wieder, wie wichtig ein stabiles Umfeld<br />
und eigene Bezugspersonen für das<br />
seelische und körperliche Wohlbefunden<br />
von Tieren ist".<br />
Diese vier Tiere sind nur einige Kandidaten<br />
aus dem Elisabethenhof.<br />
Weil die<br />
Vermittlung in die-<br />
TH ELISABETHENHOF<br />
sem Jahr schleppender als in den Vorjahren<br />
lief, sitzen manche Vierbeiner<br />
Monate und Jahre, bis sie ein neues Zuhause<br />
finden. Für fast alle Tiere wäre<br />
die lange Verweildauer im Tierheim eine<br />
noch höhere Belastung, wenn da<br />
SUSA<br />
nicht die vielen Ehrenamtlichen wären,<br />
die mit "ihren Hunden" spazieren gehen<br />
und mit den Katzen spielen würden.<br />
"An dieser Stelle möchte ich mich ganz<br />
herzlich für die Unterstützung unserer<br />
Ehrenamtlichen bedanken, gerade<br />
auch für den Einsatz beim jährlichen<br />
Tag der Offenen Tür", sagt Christian<br />
Werner. Mit Hilfe von Ehrenamtlichen<br />
würde der Tierheimleiter gerne eine Jugendtierschutzgruppe<br />
ins Leben rufen -<br />
wenn Sie also Freude am Umgang mit<br />
Kindern und Jugendlichen haben und<br />
ihnen den Schutz von Tieren nahe bringen<br />
und Projekte erarbeiten wollen,<br />
sprechen Sie mit Christian Werner.<br />
Text: Claudia Lotz<br />
Fotos: Christian Werner<br />
Tierheim Elisabethenhof<br />
Geschäftsstelle Hessen<br />
Siedlerstraße 2, 61203 Reichelsheim<br />
Tel. (06035) 96 11 11<br />
Leiter (TH): Christian Werner<br />
Tel. (06035) 59 16, Fax 96 11 18<br />
Frankfurter Sparkasse,<br />
BLZ 500 502 01, Konto 5975<br />
www.tierheim-elisabethenhof.de<br />
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
41
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
42<br />
G ST I SSUM<br />
Über6<br />
Über<br />
Die Hunderallye, von der Geschäftsstelle<br />
Issum und der Hundeschule am Schürmannsgraben<br />
ausgerichtet, ist eine seit<br />
Jahren stattfindende Veranstaltung und<br />
beliebter Treffpunkt für Menschen, die<br />
einen Hund vom bmt aufgenommen haben.<br />
So trifft Geschäftsstellenleiterin<br />
Dagmar Weist immer wieder auf vierbeinige<br />
Bekannte, die sich bei ihren<br />
neuen Besitzern gut entwickelt haben<br />
und nun voller Tatendrang die sechs<br />
Stationen des Parcours angehen...<br />
Dagmar Weist hatte Punkt 10.00 Uhr<br />
zur Rallye eingeladen. Auch Petrus hatte<br />
sich diesen Termin offensichtlich notiert:<br />
Ebenso pünktlich ging<br />
der erste Schauer nieder.<br />
Schade - war die Rallye<br />
doch mit viel Herzblut ausgerichtet<br />
worden. Schnell<br />
mussten noch ein paar vorsichtshalber<br />
mitgebrachte<br />
Planen über die Sitzgruppen<br />
gespannt und die Stände<br />
<strong>gegen</strong> den Wetterumschwung<br />
gesichert werden.<br />
Viele "alte Bekannte" besuchten<br />
die Rallye - Zweiund<br />
Vierbeiner, die durch<br />
Vermittlung des bmt zueinander<br />
gefunden hatten und<br />
GROSSE HUN<strong>DER</strong>ALLYE<br />
BEGEISTERT TEILNEHMER<br />
ihre Teamfähigkeit nun unter Beweis<br />
stellen wollten. Emsig wurden die Aufgaben<br />
angegangen, unerschrocken<br />
und ausdauernd<br />
kämpften<br />
sechs Beine<br />
auf einemherrlich<br />
mitten<br />
durch den<br />
Wald führenden<br />
Parcours<br />
um Punkte<br />
und Ehre.<br />
Da konnte<br />
auch ein<br />
Nette Begegnungen am<br />
Rande<br />
Stationen<br />
zum Sieg<br />
zweiter ergiebiger<br />
Schauer den aktiven Teilnehmern die<br />
Laune nicht vermiesen.<br />
Wer hat bloß diese Aufgaben ersonnen?<br />
mag mancher Hundebesitzer<br />
(und vielleicht auch sein vierbeiniger<br />
Gefährte gedacht haben), als das<br />
Team Hund und Mensch die verschiedenen<br />
Stationen angingen. Geschick,<br />
schnelle Auffassungsgabe, Trittsicherheit,<br />
Mut und Wendigkeit waren bei allen<br />
Prüfungsabschnitten gefragt.<br />
An der ersten Station "Eierlauf" kriegte<br />
Frauchen bzw. Herrchen einen Löffel in<br />
die Hand, auf den ein Ball gelegt wurde.<br />
Die Hundeleine lose über den<br />
Unterarm gelegt, musste das Hunde-<br />
Mensch-Team zehn Meter überwinden,<br />
ohne dass Leine, Hund oder Ball verloren<br />
gingen.
Pfötchendrücken für<br />
Frauchen und Herrchen<br />
Bei den "Fliegenden Teppichen" musste<br />
Hund auf einer Matte sitzen, während<br />
sein Mensch eine zweite Matte davor<br />
legte. Dann sollte der Hund auf diese<br />
Siegerehrung mit Dagmar<br />
Weist (ganz links)<br />
zweite Matte wechseln, während der<br />
Zweibeiner die erste Matte um den<br />
Hund herum wieder nach vorne legt,<br />
damit der schlaue Hund dann diese<br />
Matte erneut besetzte. Und das alles<br />
sechs Mal hintereinander. Und der<br />
Hund durfte die Matte nur zum Wechseln<br />
verlassen…<br />
Das alte "Hütchenspiel" - Älteren noch<br />
bekannt mit "Salvatore" aus dem TV -<br />
erlebte seine Wiederbelebung an der<br />
dritten Station: Von drei umgestülpten<br />
Bechern, unter einem von ihnen ein<br />
Leckerli versteckt, musste die Spürnase<br />
das richtige "Hütchen" erkennen.<br />
Next Stop Slalom: Sechs stehende Stangen<br />
mussten, wie im Ski-Slalom-Abfahrtslauf,<br />
möglichst schnell umrundet<br />
werden. Die fünfte Aufgabe war die "Löwennummer":<br />
Der Vierbeiner musste<br />
durch einen Hula-Hoop-Reifen springen<br />
- der war hier natürlich feuerfrei.<br />
Mit der sechsten Aufgabe war der Hund<br />
dann schon fast fertig: Pfötchen geben!<br />
Hier gab es fast immer die volle Punktezahl.<br />
Und die letzte Aufgabe musste<br />
das andere Ende der Leine alleine bewältigen:<br />
Für Frauchen und/oder Herrchen<br />
gab es - ähnlich einem Scrabble-<br />
Spiel - einige Buchstaben, aus denen<br />
dann möglichst lange Wörter gebildet<br />
werden sollten. Hund konnte seinem<br />
Besitzer nur die Pfötchen drücken.<br />
Etwas über zwei Dutzend Hund-<br />
Mensch-Mannschaften machten sich<br />
über diesen schwierigen Parcours. Souveräner<br />
Sieger wurden "Suna" und Frau<br />
Kuhlmann, die sich riesig freute: "Klasse,<br />
dass unsere langjährige Beschäftigung<br />
auf dem Hundeplatz belohnt<br />
wird!"<br />
Für "Suna" und "Lucky" (Besitzer<br />
Familie Nolden) auf dem -<br />
zweiten Siegertreppchen-Platz<br />
gab's je einen Gutschein für ein<br />
Tierportrait bei der Künstlerin<br />
Inge Mostowy aus Geldern.<br />
Den dritten Preis erkämpfte<br />
sich "Tom" mit Familie Scholl,<br />
Trostpreise gab's für "Cookie"<br />
und seine Familie Haubruck<br />
und für "Lila" mit Familie Sylt.<br />
Nach der Arbeit wartete das Vergnügen:<br />
Eine Riesen Auswahl an Kuchen,<br />
Snacks, Kaffee, kühlenden Getränke<br />
für Frauchen, Herrchen und Hund, ein<br />
gut bestückter Flohmarkt und viel Zeit<br />
Geschäftsstelle Issum<br />
Drosselweg 15, 47661 Issum<br />
Leiterin: Dagmar Weist<br />
Tel. (02835) 44 46 97, Fax (02835) -99<br />
Sparkasse am Niederrhein,<br />
BLZ 354 500 00,<br />
Konto 111 500 2063<br />
www.bmt-nrw.de<br />
G ST I SSUM<br />
JOSHUA<br />
Diese beiden suchen ein<br />
neues Zuhause!<br />
Joshua (9) ist ein umkomplizierter<br />
Hund, mag Artgenossen und Katzen,<br />
hört sehr gut und fährt gerne Auto.<br />
Peti (3) wurde aus Zeitmangel abgegeben<br />
und zeigt noch Verlustängste.<br />
Er ist ein sehr bewegungsfreudiger<br />
und anhänglicher Hund.<br />
PETI<br />
für Hunde-Gespräche machten die<br />
Rallye rund. Und Petrus hatte dann<br />
doch noch ein Herz für Hunde: Nach<br />
elf Uhr blieb's schauerfrei.<br />
Geschäftsstellenleiterin Dagmar Weist<br />
stellte noch zwei Hunde vor, die in liebevolle<br />
und hundefreundliche Familien<br />
vermittelt werden wollen: Peti liebt Katzen<br />
(!) und Joshua ist eine ausgemachte<br />
Schmusebacke - aber vielleicht stecken<br />
noch ganz andere Qualitäten in den<br />
beiden und sie kämpfen im nächsten<br />
Jahr um das Siegertreppchen der Hunderallye<br />
2012? Lassen wir uns überraschen!<br />
Text und Fotos: Udo Kraushaar<br />
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
43
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
44<br />
Die Gründe, vegan zu leben, sind so vielfältig<br />
wie die Menschen, sagt Alex Siepmann. Der<br />
Besitzer des zweibeinigen Hundes Uli (RdT<br />
4/2010) hat sich vor 18 Jahren für den veganen<br />
Ernährungsstil entschieden.<br />
Dass der Veganismus mehr ist als der Verzicht<br />
auf Fleisch-, Ei- und Milchprodukte - nämlich<br />
ein Lebensstil - erklärt er im folgenden Text.<br />
"Willst du einen Kaffee?" - "Ja, gern!" - "Mit Milch und<br />
Zucker?" - "Nur mit Zucker, ich trinke keine Milch" - "Keine<br />
Milch, bist du Veganer???" - "Ja."<br />
Immer wieder taucht das Wort "vegan" in den Medien<br />
auf. Berichte über Menschen, die "Veganer/innen" sind<br />
bzw. "vegan" leben. Aber auch im Alltag finden sich<br />
diese Worte auf Lebensmittelverpackungen, nicht nur<br />
im Bio-Laden, sondern zunehmend auch auf Produkten<br />
großer Handelsketten. Augenscheinlich dreht es<br />
sich hier um das Thema Ernährung…<br />
Aber wo ist denn jetzt der Unterschied zwischen der vegetarischen<br />
und der veganen Lebensweise? An diesem<br />
Punkt wird es auch schon schwierig, sich umgangssprachlich<br />
mit diesem Thema auseinanderzusetzen.<br />
Der Vegetarier oder die Vegetarierin verzichtet<br />
in der Regel auf den Konsum von Fleisch, einige<br />
auf das Verzehren von Fisch, essen aber Eier und<br />
Milchprodukte.<br />
Was aber macht der Veganer anders? Vegan leben<br />
bedeutet, bewusst auf jegliche tierischen Produkte zu<br />
verzichten. Eine Ernährung ohne Fleisch, Eier, Milch<br />
und Käse, Kleidung ohne Wolle oder Leder, Kosmetik<br />
ohne tierische Fette und Bestandteile. Neben dem Verzehr<br />
getöteter Tiere wird eben auch die Nutzung von<br />
Tieren für die Erzeugung oben genannter Produkte abgelehnt.<br />
Hierin unterscheiden sich die vegan lebenden<br />
Menschen in ihrer Haltung von den Vegetariern.<br />
Sie sehen Tiere eben nicht als "Lieferanten" von Fleisch<br />
oder als "Produzenten"<br />
für Milch<br />
oder Eier. Tiere<br />
sind empfindsame,<br />
lebende Individuen,<br />
welche<br />
das Recht auf<br />
Unversehrtheit<br />
und ein artge-<br />
RdT-Leser kennen Alex Siepmann und<br />
die Geschichte seines zweibeinigen<br />
Hundes Uli aus Heft 4/2010<br />
(
Tier-)<br />
rechtes Leben haben. Es geht eben nicht nur um die Frage, ob<br />
ein Tier zum Verzehr getötet wird, es geht auch um die Beteiligung<br />
des Konsumenten an den Grausamkeiten der Massentierhaltung<br />
zur Herstellung von tierischen Produkten.<br />
Es gibt keinen Unterschied zwischen Nutz- und Haustieren.<br />
Tierliebe oder das Eingeständnis von Tierrechten ist jedoch<br />
nur ein Motiv, vegan zu leben. Ich möchte hier nicht weiter<br />
auf die verschiedensten Gründe für ein tierleidfreies Leben<br />
eingehen, da diese so vielfältig wie auch individuell sind.<br />
Vegan lebende Menschen praktizieren in der Regel neben<br />
dem Tierschutz durch Ernährung auch praktischen Tier- und<br />
Umweltschutz. Sie<br />
versuchen, weitgehend<br />
ethisch und<br />
moralisch fair zu<br />
handeln. Eine vegane<br />
Lebensweise<br />
beinhaltet die kritischeAuseinandersetzung<br />
mit dem eigenen<br />
Konsum und<br />
Handeln. Veganismus<br />
ist eine Lebenseinstellung,<br />
die<br />
versucht, über den Tellerrand des Alltags zu schauen.<br />
Sind Veganer/inner Exoten, Außenseiter oder Extremisten?<br />
Nun, so vielfältig, wie die Gründe, vegan zu leben, so vielfältig<br />
sind auch die Menschen. Ich möchte einfach mal drei<br />
Prominente nennen, die vegan leben, den Musiker Bryan<br />
Adams, Schauspieler Woody Harrelson und Tennisspielerin<br />
Martina Navratilova. Wie exotisch oder extrem sind sie?<br />
" Na, ohne Fleisch könnte ich leben, aber vegan?" Ich lebe<br />
seit über 18 Jahren vegan. Damals habe<br />
ich auch mit dem Verzicht auf Fleisch angefangen.<br />
In der Auseinandersetzung mit<br />
der landwirtschaftlichen oder besser gesagt<br />
industriellen Tierhaltung war es unumgänglich<br />
geworden, auch andere tierische<br />
Produkte zu meiden. Mit dem Wissen<br />
über die Zustände in Legebatterien (mitt-<br />
lerweile auf nicht minder tierverachtende<br />
Haltungsformen<br />
umgestellt) und Milchbetrieben<br />
war es für mich nur konsequent,<br />
mich vegan zu ernähren.<br />
Es wurde ein stetiger Prozess,<br />
mit wachsender Information,<br />
sich angemessen zu<br />
verhalten.<br />
Auch nach dieser langen Zeit<br />
gilt es, viele alltägliche Dinge zu<br />
hinterfragen. Ist es<br />
sinnvoll, einen Öko-<br />
TH WAU-MAU-INSEL<br />
Liebe<br />
GEHT DURCH DEN MAGEN<br />
oder: was heißt eigentlich vegan?<br />
stromanbieter zu wählen, der Biogasanlagen fördert,<br />
die wiederum mit Gülle aus der Massentierhaltung<br />
betrieben werden? Wie ernähre ich<br />
meine Hunde und Katzen? Was bedeutet Fair-Trade,<br />
wenn ich beim Discounter kaufe?<br />
Vegan leben bedeutet für mich, zu hinterfragen<br />
und bewusst zu entscheiden. Auch wenn die Antworten<br />
leider oft nur Kompromisse sein können.<br />
Dieser Text soll niemanden bekehren, vegan zu<br />
leben. Er soll ein Gedankenanstoß sein, sich mit<br />
seinen Ess- und Lebensgewohnheiten auseinanderzusetzen.<br />
Und beim Einkaufen einfach mal einen Blick<br />
auf die Zutatenliste zu werfen. Vielleicht müssen es nicht die<br />
Eiernudeln sein? Statt dem Milcheis mal ein Sorbet. Beim<br />
nächsten Schuhkauf einmal auf das Etikett zu schauen? In der<br />
Drogerie eine pflanzliche Seife ohne tierische Fette einzukaufen.<br />
Für mich heißt vegan leben, nicht zu verzichten, sondern Alternativen<br />
zu entdecken.<br />
GSt u. TH "Wau-Mau-Insel"<br />
Schenkebier Stanne 20, 34128 Kassel<br />
Leiterin (GSt): Petra Hollstein<br />
Leiter (TH): Karsten Plücker<br />
Tel. (0561) 86 15 680, Fax 86 15 681<br />
Kasseler Sparkasse,<br />
BLZ 520 503 53,<br />
Konto 70 700<br />
www.wau-mau-insel.de<br />
ULI<br />
Ich kann und möchte jeden einladen,<br />
diese Alternativen für sich zu entdecken.<br />
Weitere Infos:<br />
www.vegane-gesellschaft.org<br />
Text: Alex Siepmann<br />
Fotos: Sara Meißner<br />
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
45
Das Recht der Tiere 3/2011<br />
46<br />
T IERSCHUTZPOLITIK<br />
Die Putenhaltung steht seit Jahren<br />
in der Kritik der Tierschutzverbände.<br />
Tatsächlich gibt es<br />
kaum eine vergleichbare Haltung<br />
im Nutztierbereich, die mit<br />
so viel Tierleid verbunden ist.<br />
II<br />
IERSCHUTZPOLITIK II<br />
Puten<br />
TRAURIGES FAZIT NACH ZEHN JAHREN<br />
Gerade die einseitige Zucht<br />
auf extrem rasch wachsende<br />
Tiere mit der deutlichen Betonung<br />
auf die Brustmuskulatur<br />
hat dazu geführt, dass<br />
sich am Ende der Mast die<br />
Tiere kaum mehr auf den<br />
Beinen halten können.<br />
Schmerzhafte Fußballenentzündungen,<br />
Beinschwächen,<br />
Brustblasenverletzungen und Verhaltensstörungen sind die<br />
Folgen. Damit sich die Puten bei den hohen Besatzdichten<br />
nicht <strong>gegen</strong>seitig verletzen, werden die Schnäbel schon im<br />
Kükenalter weggelasert, wodurch die Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme<br />
stark behindert wird.<br />
Trotz der seit Jahren bekannten Missstände werden die Puten<br />
vom Gesetzgeber im Stich gelassen. Denn neben den allgemeinen<br />
Regelungen des Tierschutzgesetzes und der Tierschutznutztierhaltungsverordnung<br />
existieren bislang keinerlei<br />
rechtlichen Anforderungen an die Haltung. Auch europäische<br />
Vorgaben beschränken sich lediglich auf Empfehlungen<br />
des Europarates.<br />
Unter der Federführung des <strong>Bund</strong>eslandwirtschaftsministeriums<br />
(BMELV) wurden 1999 "<strong>Bund</strong>eseinheitliche Eckwerte für<br />
eine freiwillige Vereinbarung zur Haltung von Jungmasthühnern<br />
(Broiler, Masthähnchen) und Mastputen" erarbeitet, die<br />
von Vertretern der Länder, des damaligen Bündnisses Tierschutz<br />
(bmt, <strong>Bund</strong>esverband Tierschutz, Deutscher Tierschutzbund)<br />
der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz und<br />
der Putenwirtschaft unterzeichnet wurden.<br />
Doch zehn Jahre später ist das Fazit der Tierschutzverbände<br />
ernüchternd. Erfahrungen aus den Ländern und aktuelle wissenschaftliche<br />
Untersuchungen bestätigen, dass die o.g.<br />
eklatanten tierschutzrelevanten Defizite in der Putenhaltung<br />
noch immer bestehen - und hinsichtlich der maximalen Besatzdichten<br />
von den Putenzüchtern nicht selten sogar unterlaufen<br />
werden!<br />
leiden weiter<br />
Angesichts der kastrastrophalen Zustände in der Putenhaltung<br />
und vor dem Hintergrund, dass die "Freiwilligen Vereinbarungen"<br />
eine regelmäßige Überprüfung der Anforderungen<br />
vorsehen, hat der Verband Deutscher Putenerzeuger<br />
e.V. nun zu umfangreichen Beratungen eingeladen.<br />
Die erste Sitzung fand im März 2011 in Berlin statt. Teilnehmer<br />
waren Vertreter aus dem BMELV, der Wissenschaft, der<br />
Putenwirtschaft und drei Tierschutzorganisationen (bmt, BVT,<br />
ProVieh in Vertretung für den<br />
DTB), außerdem die Tierärztliche<br />
Vereinigung für<br />
Tierschutz und die Tierschutzreferenten<br />
der Länder.<br />
Es wurden drei Unterarbeitsgruppen<br />
zu<br />
folgenden Themen<br />
gebildet:<br />
1. UAG Haltungsbedingungen;<br />
Vorsitz: Prof. Hartung, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover;<br />
von Tierschutzseite: Dr. Jörg Styrie (<strong>Bund</strong>esverband<br />
Tierschutz).<br />
2. UAG Tiergesundheit/Fitness/Verhalten;<br />
Vorsitz: Prof. Hafez, Freie Universität Berlin; von Tierschutzseite:<br />
Stefan Johnigk (ProVieh).<br />
3. UAG Tierbetreuung/Kontrolle;<br />
Vorsitz: Prof. Anderson; Fachhochschule Osnabrück; von<br />
Tierschutzseite: Torsten Schmidt (bmt), Sylvia Heesen, Tierärztliche<br />
Vereinigung für Tierschutz.<br />
Ob schlussendlich eine konsensfähige Vereinbarung getroffen<br />
werden kann, ist aufgrund der sehr kontroversen Diskussionen<br />
noch offen. Aus Sicht der Tierschutzverbände wären<br />
hierzu substanzielle Verbesserungen im Bereich Tierschutz<br />
notwendig, die behördlich überprüfbar sein müssen und bei<br />
Nichteinhaltung auch geahndet werden.<br />
Text: Torsten Schmidt<br />
Fotos: Deutsches Tierschutzbüro
10 Geschäftsstellen , 8 Tierheime und ein Tierschutzzentrum<br />
Geschäftsstelle Norden Franziskus-Tierheim<br />
Nordbuscherweg 17, 26553 Dornum<br />
Tel. (04933) 99 28 24, Fax 99 28 26<br />
Tierheim Hage<br />
Hagermarscher Str. 11, 26524 Hage<br />
Tel. (04938) 4 25, Fax 91 49 90<br />
Raiffeisen-Volksbank<br />
Fresenae.G.Norden, BLZ 283 615 92<br />
Konto 6302020300<br />
www.tierheim-hage.de<br />
GSt u. TH "Arche Noah"<br />
Rodendamm 10, 28816 Stuhr/Brinkum<br />
GSt.: Tel. (0170) 632 52 40<br />
Tierheim: Tel. (0421) 890171,<br />
Fax 80 90 553<br />
Kreissparkasse Syke,<br />
BLZ 291 517 00, Kto. 113 000 29 57<br />
ww.tierheim-arche-noah.de<br />
Geschäftsstelle Issum<br />
Drosselweg 15, 47661 Issum<br />
Tel. (02835) 44 46 97, Fax 44 46 99<br />
Sparkasse am Niederrhein,<br />
BLZ 354 500 00,<br />
Konto 111 500 2063<br />
www.bmt-nrw.de<br />
TH Köln-Dellbrück<br />
Iddelsfelder Hardt, 51069 Köln<br />
Tel. (0221) 68 49 26, Fax 68 18 48<br />
Postbank Köln, BLZ 370 100 50<br />
Konto 924 02-505<br />
www.tierheim-koeln-dellbrueck.de<br />
Tierschutzzentrum<br />
Pfullingen<br />
Gönninger Straße 201,<br />
72793 Pfullingen<br />
GSt: Tel. (07121) 820 17 -0, Fax -18<br />
Tierheim: Tel. (07121) 820 17 20<br />
Kreissparkasse Reutlingen,<br />
BLZ 640 500 00, Kto. 75 7889<br />
www.tierschutz-bmt-bw.de<br />
GSt Issum<br />
Geschäftsstelle Hamburg<br />
Lokstedter Grenzstr. 7, 22527 Hamburg<br />
Tel. GSt (040) 55 49 28 - 34, Fax -32<br />
Tel. Tierheim (040) 55 49 28 37<br />
Haspa, BLZ 200 505 50,<br />
Konto 1049220799<br />
www.franziskustierheim.de<br />
TH Hage/<br />
GSt Norden<br />
TH Köln<br />
www.bmt-tierschutz.de<br />
Tierschutzzentrum<br />
Pfullingen<br />
VORSTAND<br />
TH Arche Noah<br />
TH Elisabethenhof<br />
Franziskus-TH, Hamburg<br />
Katzenhaus, TH<br />
TH Wau-Mau-Insel<br />
GSt Bayern<br />
Vorsitzende: Petra Zipp<br />
Tierschutzzentrum Pfullingen<br />
Gönninger Straße 201, 72793 Pfullingen<br />
Tel. (07121) 820 17 -23, Fax 820 17 -18<br />
Stellv. Vorsitzender: Bernd Stephan<br />
Kaiser-Friedrich-Promenade 82<br />
61348 Bad Homburg<br />
Tel. (06172) 138 80 26, Fax 23 691<br />
Weiteres Vorstandsmitglied: Karin Stumpf<br />
Am Heiligenhäuschen 2, 50859 Köln,<br />
Tel. (0221) 950 51 55, Fax 950 51 57<br />
GSt Berlin<br />
<strong>DER</strong> bmt<br />
Geschäftsstelle Berlin<br />
Sauerbruchstraße 11, 14109 Berlin<br />
Tel. (030) 80 58 33 -38, Fax -39<br />
Postbank Berlin,<br />
BLZ 100 100 10,<br />
Konto 9603-107<br />
www.tierschutz-bmt-berlin.de<br />
"Katzenhaus Luttertal"<br />
Luttertal 79, 37075 Göttingen<br />
GSt.: Tel. (06678) 91 85 67<br />
Tierheim: Tel. (0551) 2 28 32<br />
Postbank Hannover,<br />
BLZ 250 100 30, Konto 732 223 06<br />
www.katzenhaus-luttertal.de<br />
GSt u. TH "Wau-Mau-Insel"<br />
Schenkebier Stanne 20, 34128 Kassel<br />
Tel. (0561) 86 15 680, Fax 86 15 681<br />
Kasseler Sparkasse,<br />
BLZ 520 503 53,<br />
Konto 70 700<br />
www.wau-mau-insel.de<br />
Tierheim Elisabethenhof<br />
Geschäftsstelle Hessen<br />
Siedlerstraße 2, 61203 Reichelsheim<br />
GSt.: Tel. (06035) 96 11 11<br />
Tierheim: Tel. (06035) 59 16,<br />
Fax (06035) 96 11 18<br />
Frankfurter Sparkasse,<br />
BLZ 500 502 01, Konto 5975<br />
www.tierheim-elisabethenhof.de<br />
Geschäftsstelle Bayern<br />
Viktor-Scheffel-Straße 15,<br />
80803 München<br />
Tel. (089) 38 39 52-13, Fax -23<br />
Postbank München,<br />
BLZ 700 100 80, Kto. 142 20-802<br />
www.bmt-bayern.de<br />
Das Recht der Tiere 2/2011<br />
47
„Das Recht der Tiere“ – Postvertriebsstück B 13769 – Entgelt bezahlt<br />
<strong>Bund</strong> <strong>gegen</strong> Missbrauch der Tiere e.V.<br />
Als gemeinnützig und besonders förderungswürdig anerkannt<br />
Beiträge und Spenden sind steuerlich absetzbar<br />
Hauptgeschäftsstelle: D-80803 München , Viktor-Scheffel-Str.15<br />
www.bmt-tierschutz.de<br />
Tanja und Peter Maffay haben ein Herz<br />
für die Straßenhunde in Brasov !<br />
Tanja und Peter Maffay informieren sich bei Cristina Lapis<br />
(Millions of friends, links) über das Schicksal der rumänischen Straßenhunde<br />
Peter Maffay hat im Juli<br />
2011 das "Fundatia Tabaluga"<br />
in Siebenbürgen eröffnet<br />
und damit das dritte Refugium<br />
für traumatisierte<br />
Kinder in Europa.<br />
Peter Maffay, 1949 im rumänischen<br />
Brasov geboren,<br />
setzt sich mit seiner gleichnamigen<br />
Stiftung international<br />
für die Schwächsten<br />
in der Gesellschaft ein. Neben<br />
den Kindern sind das<br />
für ihn auch die Tiere, besonders<br />
jedoch die der Willkür<br />
der Menschen ausgesetzten<br />
Straßenhunde in<br />
seiner ehemaligen Heimat.<br />
Mit seiner Frau Tanja informierte<br />
er sich vor Ort in Brasov<br />
über die Arbeit von Cristina<br />
Lapis (Millions of<br />
friends, im Bild links) und<br />
des bmt.<br />
Peter eter Maffay begrüßt die Entscheidung der Stadt Brasov, Brasov,<br />
auf Tötungen in Zukunft<br />
zu verzichten und in Zusammenarbeit mit dem Tierschutz das Straßenhundproblem<br />
Straßenhundproblem<br />
human anzugehen. Tanja Tanja<br />
und Peter Peter<br />
Maffay bitten alle Tierfreunde um Unterstützung,<br />
Unterstützung<br />
damit dieses Projekt gelingen wird.<br />
ÜBERREICHT VON: