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DAS RECHT DER TIERE DAS RECHT DER TIERE - Bund gegen ...

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Oktober 2011<br />

<strong>DAS</strong> <strong>RECHT</strong> <strong>DER</strong> <strong>TIERE</strong><br />

T IERSCHUTZMAGAZIN VOM B UND G EGEN M ISSBRAUCH <strong>DER</strong> T IERE E.V.<br />

BRASOV IM<br />

AUFBRUCH<br />

HOFFNUNG<br />

FÜR RUMÄNIENS<br />

STRASSENHUNDE!<br />

GUTACHTEN<br />

STELLT KLAR:<br />

TIERSCHUTZ-<br />

TRANSPORT<br />

VON AUSLANDS-<br />

HUNDEN IST KEIN<br />

HUNDEHANDEL<br />

KONSEQUENT<br />

KEINE GÄNSE-<br />

STOPFLEBER AUF<br />

ERNÄHRUNGSMESSE


Das Recht der Tiere 3/2011<br />

2<br />

I NHALT<br />

8<br />

Wendepunkt in Brasov<br />

Die Hunde brauchen jetzt unsere Hilfe!<br />

20<br />

EU-Fischereipolitik<br />

Meere vor dem Kollaps<br />

36<br />

Haben Sie einen<br />

Missstand beobachtet?<br />

So können Sie den Tieren helfen!<br />

4 IM BRENNPUNKT<br />

Ein Gutachten schafft Klarkeit:<br />

Das Verbringen Tierschutz-Hunden aus dem Ausland ist kein Tierhandel!<br />

14 UNGARN<br />

Der bmt baut ein Welpenhaus<br />

im Tierheim Pecs<br />

Impressum<br />

<strong>DAS</strong> <strong>RECHT</strong> <strong>DER</strong> <strong>TIERE</strong> Nr. 3/2011 Mitgliederzeitschrift des <strong>Bund</strong><br />

<strong>gegen</strong> Missbrauch der Tiere e. V.; Herausgeber: <strong>Bund</strong> <strong>gegen</strong> Missbrauch<br />

der Tiere e.V, Viktor-Scheffel-Str. 15, 80803 München, Deutschland, Email:<br />

mail@bmt-tierschutz.de; Redaktion: Verantwortlicher Redakteur .i.S.d.P.:<br />

Claudia Lotz, Tel.: (030) 80 58 33 -38, Fax: -39, Petra Zipp, Tel.: (07121)<br />

820 17 -0, Fax: -18; Rubrik Tierschutzpolitik Verantwortlicher Redakteur<br />

i.S.d.P.: Torsten Schmidt, Tel.: (04642) 92 24 97;<br />

Gestaltung: Stefan Lotz, Andrea Sturm;<br />

8 AUSLANDSTIERSCHUTZ<br />

Hoffnung für Straßenhunde<br />

Bürgermeister aus Brasov hält Wort<br />

18 AKTUELL<br />

Der Konflikt um das Gänsestopfen<br />

20 TIERSCHUTZPOLITIK I<br />

Keine Reform: Die Gemeinsame<br />

Fischereipolitik der EU<br />

22 bmt-INTERN<br />

Ausbildung zum Tierpfleger<br />

24<br />

bmt-GESCHÄFTSSTELLEN<br />

24 TH Köln Die Entführung von Chica<br />

26 TSZ Pfullingen Katzendramen mit Happy End<br />

28 TH Arche Noah Hilfe für bmt-Mitglied<br />

30 TH Hage Die Hundehalter-Trainerin<br />

32 Berlin Pankower Katzentafel<br />

34 Katzenhaus Lena - im Karton ausgesetzt<br />

36 LV Bayern So helfen Sie bei Missständen<br />

38 Franziskus-TH Das Schicksal zweier Hunde<br />

40 TH Elisabethenhof Kater mit Handicap<br />

42 Issum Hunderalley begeistert Gäste<br />

44 TH Kassel Veganismus - ein Lebensstil<br />

46 TIERSCHUTZPOLITIK II<br />

Putenhaltung weiter in der Kritik<br />

ANZEIGEN Markt & Service 7 und 11<br />

48 Prominente Unterstützung<br />

Tanja und Peter Maffay<br />

setzen sich für Straßenhunde<br />

in Brasov ein<br />

Druck: L.N. Schaffrath DruckMedien, Geldern;<br />

Übernahme von Artikeln, auch auszugsweise, nur mit Quellenangabe<br />

gestattet. Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier.<br />

Auflage: 44.000 Exemplare,<br />

Titel: Straßenhund in Brasov, fotografiert von Stefan Kirchhoff<br />

Verantwortlich für den Anzeigenteil: Anzeigen-Büro Udo Kraushaar,<br />

Email: bmt@anzeigen-buero.de,<br />

Tel. (0 28 45) 53 86, Fax (0 28 45) 80 69 49


AUF EIN WORT…<br />

Es liegt in unserer Hand,<br />

die Welt zu verändern …<br />

Liebe Mitglieder, liebe Tierfreunde,<br />

geht es Ihnen auch so? Manchmal möchte man den Fernseher abschalten oder alle Emails gleich<br />

löschen, wenn man wieder und wieder mit den grausamen Realitäten dieser Welt konfrontiert<br />

wird. Aber Wegschauen hilft nicht!<br />

Wir sollten dankbar sein, dass die Medien heutzutage immer häufiger berichten - über die<br />

entsetzliche Tierproduktion für Fleisch, Langstreckentransporte, die zunehmenden Tierversuche,<br />

die Zustände der Tierhaltung in Zirkussen, über Missstände in Urlaubsländern, grausame<br />

Tötungen und Misshandlungen von Streunertieren, dem trotz intensiver Aufklärung noch immer<br />

boomenden Handel mit Hundewelpen und leider vieles, vieles mehr.<br />

Der bmt schöpft alle rechtsstaatlich gegebenen Mittel aus, um Missstände anzugehen. Vielfach<br />

liegt es aber einfach in der Hand der Menschen, die Welt zu verändern. Würde keiner mehr Pelze<br />

kaufen, müssten wir über Fallenfang und Pelztierhaltung nicht mehr debattieren.<br />

Puten müssten nicht mehr leiden, wenn ihr Fleisch einfach nicht mehr gekauft würde, wenn<br />

Lebensmittel nicht immer billiger sein müssten, als sie umwelt- und tiergerecht erzeugt werden<br />

können. Zirkusse mit Wildtieren müssten schließen, wenn keiner mehr hinginge. Diese Liste ließe<br />

sich beliebig fortführen.<br />

Zurzeit bestimmen auf der einen Seite das Streben nach Profit und auf der anderen Seite der<br />

bequeme billige Konsum unser Leben. Lassen Sie uns doch wieder die wahren Werte des Lebens<br />

erkennen und auch wertschätzen.<br />

Nur mit Ihrer Unterstützung können wir helfen, herzlichen Dank dafür.<br />

Ihre<br />

Petra Zipp, bmt-Vorsitzende<br />

und Auslandstierschutzkoordinatorin<br />

E DITORIAL<br />

bmt-Vorsitzende Petra Zipp<br />

Das Recht der Tiere 3/2011<br />

3


Das Recht der Tiere 3/2011<br />

4<br />

RdT: Herr Dr. Leondarakis, warum<br />

wurde dieses Gutachten nötig?<br />

Dr. Konstantin Leondarakis: Anfang<br />

2010 hatten wir die ersten Beratungsanfragen<br />

- und mittlerweile sind es viele<br />

Mandate - mit der Problematik, dass<br />

verschiedene Behörden plötzlich von<br />

Tierschutzeinrichtungen verlangten, eine<br />

gesonderte Erlaubnis für die gewerbliche<br />

Verbringung von Hunden<br />

nach Deutschland zu beantragen.<br />

Das Vorgehen der zuständigen Veterinärbehörden<br />

war und ist dabei immer<br />

ähnlich: Es wurde von Seiten der Behörde<br />

so getan, als sei es rechtlich<br />

zwingend erforderlich, dass die jeweilige<br />

Tierschutzorganisation eine gewerbliche<br />

Erlaubnis für das Verbringen<br />

der Tiere benötige, weil sie Hunde aus<br />

dem EU-Ausland hole. Entsprechend<br />

müsste eine Erlaubnis nach § 11 Abs.1<br />

Nr.3b TierSchG für einen gewerblichen<br />

Handel mit Wirbeltieren gestellt werden.<br />

Würde diese Erlaubnis von den jeweiligen<br />

Tierschutzeinrichtungen nicht eingeholt,<br />

drohten die Veterinärämter mit<br />

ganz unterschiedlichen Folgen: Zum<br />

Beispiel mit der Entziehung bestehender<br />

Genehmigungen, einer Anordnung<br />

TIERSCHUTZ<br />

Dr. jur. Konstantin Leondarakis LL.M. ist einer der<br />

wenigen Anwälte Deutschlands, die sich auf das<br />

Tierschutzrecht spezialisiert haben. Nachdem Tierschutzorganisationen<br />

sich immer häufiger für ihren<br />

aktiven Tierschutz im Ausland rechtfertigen<br />

und vor Behörden den Vorwurf des gewerblichen<br />

Hundehandels widerlegen müssen, wandten sich<br />

der bmt, ETN (Europäischer Tier- und Naturschutz)<br />

und Tasso an den in Göttingen ansässigen Anwalt<br />

und gaben ein juristisches Gutachten zu dieser<br />

neuen Problematik in Auftrag. Das Gutachten mit<br />

dem Titel: "Die Verbringung von Hunden nach<br />

Deutschland - Tierschutz und gewerblicher Handel"<br />

wurde im August 2011 fertig gestellt.<br />

DR. KONSTANTIN LEONDARAKIS IM INTERVIEW<br />

auf Beantragung der Erlaubnis oder<br />

mit einem Bußgeld.<br />

Kamen die Tierschützer der von den<br />

Behörden geforderten "freiwilligen<br />

Beantragung" nicht nach, erließen die<br />

Behörden ganz unterschiedliche<br />

Schreiben, mal als rechtsmittelfähigen<br />

Verwaltungsakt, mal nicht oder es passierte<br />

gar nichts mehr…<br />

Insgesamt erscheint mir das Vorgehen<br />

der Behörden nicht nur rechtswidrig,<br />

sondern auch höchst bedenklich. Die<br />

der Exekutive eingeräumten rechtsstaatlichen<br />

Mittel werden bei einem<br />

derartigen Vorgehen missbraucht.<br />

RdT: Können Sie sich die Gründe für dieses<br />

Vorgehen der Behörden erklären?<br />

Dr. Leondarakis: Nein, da kann ich nur<br />

mutmaßen. Mein persönlicher Eindruck<br />

ist, dass der Auslandstierschutz in<br />

Deutschland restriktiv eingegrenzt oder<br />

gar verhindert werden soll.<br />

RdT: Haben die Forderungen der Behörden<br />

Folgen für die Tierschutzeinrichtungen?<br />

Dr. Leondarakis: Der Druck, den die<br />

Behörden ausüben, scheint ernorm.<br />

Tierschutzorganisationen, Tierheime<br />

oder Ti<br />

und alle weiteren Betroffenen fühlen<br />

sich nach meinem Eindruck sehr unsicher<br />

und wissen nicht, ob und wie es<br />

mit ihrer Tierschutzarbeit weitergeht.<br />

Die Behörden verlangen die Beantragung<br />

einer Erlaubnis für den gewerblichen<br />

Handel mit Tieren nach § 11<br />

Abs.1 Ziffer 3b) TierSchG - aber diese<br />

Erlaubnis entspricht überhaupt nicht<br />

der Realität vor Ort, was den Behörden<br />

auch bekannt sein muss.<br />

RdT: Sie halten das amtliche Vorgehen<br />

in dieser Angelegenheit für rechtswidrig.<br />

Welche Begründungen liefern die<br />

Behörden selbst?<br />

Dr. Leondarakis: Mir wurde bislang<br />

keine schlüssige, nachvollziehbare Begründung<br />

vorgelegt, was nach meiner<br />

Auffassung rechtmäßig <strong>gegen</strong>wärtig ja<br />

auch gar nicht möglich ist.<br />

Ich vermute aber aufgrund der mir vorliegenden<br />

behördlichen Ausführungen,<br />

dass eine Begründung unter der EG-<br />

Verordnung Nr. 388/2010 erfolgt. Sie<br />

schreibt vor, dass im Falle eines Transports<br />

von fünf oder mehr Tieren innerhalb<br />

der EU die Voraussetzungen über<br />

das Verbringen von Tieren zu Handelszwecken<br />

Anwendung finden.


erhandel?<br />

Es würde mich allerdings wundern,<br />

wenn die Behörden fälschlicherweise<br />

nur diese Verordnung als Rechtsgrundlage<br />

angesehen hätten. Denn es ist für<br />

jeden Laien einleuchtend, dass man<br />

keinen gewerblichen Tierhandel betreibt<br />

(und daher auch nicht die entsprechende<br />

Erlaubnis nach § 11<br />

TierSchG benötigt), nur weil man für einen<br />

Transport ab fünf Tieren zusätzliche<br />

Voraussetzungen erfüllen muss.<br />

Scheinbar tun aber genau dies die Behörden.<br />

Sie behandeln die Tierschutzorganisationen<br />

so, als ginge es ihnen<br />

bei dem Verbringen der Tiere um einen<br />

ausschließlich gewerblichen Zweck.<br />

Das entspricht nicht Sinn und Zweck<br />

der europäischen Verordnung und vor<br />

allem nicht der Realität.<br />

RdT: Sie führen aus, dass die europäische<br />

Verordnung Nr. 388/2010 von<br />

den Behörden fehlerhaft verstanden und<br />

angewendet wird. Welchen Sinn hat die<br />

EU-Verordnung denn überhaupt?<br />

Dr. Leondarakis: Im Wesentlichen geht<br />

es darum, den Seuchenschutz einzuhalten<br />

und die Verbreitung von Seuchen<br />

durch die (erlaubnisfreie) Einfuhr<br />

von Tieren zu verhindern. Gleichfalls<br />

soll der betrügerische Handel mit Tieren<br />

- der also nur unter dem Deckmantel<br />

des Tierschutzes erfolgt - unterbunden<br />

werden.<br />

In keinem Fall kann die<br />

Verordnung so verstanden<br />

werden, dass grundsätzlich<br />

ein gewerblicher<br />

Handel vorliegt, wenn<br />

fünf und mehr Tiere in<br />

einen anderen Mitgliedsstaat<br />

der EU transportiert<br />

werden. Es ist mir wirklich<br />

ein Rätsel, wie die<br />

Behörden ernsthaft auf diese Auslegung<br />

kommen und vehement daran<br />

festhalten!<br />

Mein Rat wäre, dass die Behörden<br />

wesentlich kooperativer mit den<br />

Tierschutzeinrichtungen zusammen<br />

arbeiten sollten. Denn natürlich gibt<br />

es auch beim Auslandstierschutz,<br />

wie in allen anderen Tätigkeitsbereichen,<br />

Missbrauch. Ein sehr ernstzunehmendes<br />

Tierschutzproblem ist<br />

der profitbetriebene, rechtswidrige<br />

Welpenhandel (besonders aus Osteuropa),<br />

der in den letzten Jahren<br />

erheblich zugenommen hat.<br />

Politik und Verwaltung haben dieses<br />

Problem bislang weitgehend ignoriert<br />

und versuchen scheinbar jetzt mit<br />

dem erschreckend undifferenzierten<br />

und rechtswidrigen Vorgehen mit der<br />

"Rasenmähermethode" die Versäumnisse<br />

der Vergangenheit aufzuholen.<br />

Dabei ist die Unterscheidung zwischen<br />

einer tatsächlichen Tierschutzeinrichtung<br />

und vermeintlichen Tierschutzeinrichtungen<br />

ganz einfach: Erstere holen<br />

Mischlinge aller Altersgruppen, oft unabhängig<br />

vom Gesundheitszustand<br />

und Geschlecht nach Deutschland, um<br />

ihnen die Chance auf ein neues Zuhause<br />

zu bieten. Letztere sind ausschließlich<br />

an Welpen und Junghunden<br />

interessiert, mit denen sich Profit machen<br />

lässt - dass den Behörden hier eine<br />

Unterscheidung nicht möglich sein<br />

soll, ist unglaubwürdig und erweckt<br />

den Anschein grober Fahrlässigkeit<br />

oder gar bedingten Vorsatzes.<br />

RdT: An welche rechtlichen Vorgaben<br />

müssen sich Tierschützer halten, wenn<br />

sie Hunde aus dem Ausland holen?<br />

Dr. Leondarakis: Das Verbringen von<br />

Tieren ist durch internationale und na-<br />

I M B RENNPUNKT<br />

Wie können Sie helfen?<br />

Durch Patenschaften<br />

(ab 15 Euro im Monat)<br />

Aufnahme eines Straßenhundes<br />

aus unseren Tierheimen<br />

Mit Spenden<br />

Infos unter:<br />

www.bmt-auslandstierschutz.de<br />

tionale Vorgaben geregelt. Die einschlägigen<br />

internationalen Regelungen<br />

sind mit den auf nationaler Ebene geltenden<br />

Rechtsnormen (Gesetzen, Verordnungen,<br />

Satzungen) verzahnt.<br />

RdT: Beginnen wir mit dem internationalen<br />

Recht. Welche Unterscheidungen<br />

macht das europäische Regelwerk bei<br />

dem Transport von Tieren?<br />

Dr. Leondarakis: Es wird zwischen dem<br />

Verbringen von Tieren zu Handelszwecken<br />

und zu Nichthandelszwecken<br />

unterschieden. Weiter trennen die europäischen<br />

Regelungen noch einmal<br />

bei dem Transport zu Nichthandelszwecken<br />

nach der Anzahl der Tiere,<br />

nämlich, wenn es mehr als fünf sind.<br />

RdT: Bitte erklären Sie uns: Wann<br />

liegt ein "Verbringen zu Nichthandelszwecken"<br />

vor und welche Voraussetzungen<br />

sind dabei zu erfüllen?<br />

Dr. Leondarakis: Zur ersten Frage: In<br />

der EG-Verordnung (EG) Nr. 998/<br />

2003 wird der Begriff "Heimtier" definiert.<br />

Sie regelt auch die Voraussetzun-<br />

Das Recht der Tiere 3/2011<br />

5


Das Recht der Tiere 3/2011<br />

6<br />

DR. KONSTANTIN LEONDARAKIS IM INTERVIEW<br />

gen für das Verbringen zu Nichthandelszwecken.<br />

Ein Heimtier im Sinne der<br />

Verordnung ist ein Tier, das nicht dazu<br />

bestimmt ist, Gegenstand eines Verkaufs<br />

oder einer Eigentumsübertragung<br />

zu sein. In dem Fall liegt ein Verbringen<br />

zu Nichthandelszwecken vor,<br />

so dass keine Erlaubnis erforderlich ist.<br />

Wer einen solchen nicht gewerblichen<br />

Transport durchführen möchte, muss<br />

laut EG-Verordnung die Hunde mit einem<br />

elektronischen Kennzeichen, einem<br />

Transponder, versehen und für jedes<br />

Tier einen gültigen Heimtierausweis<br />

(mit der Bestätigung der gültigen<br />

Tollwutimpfung) dabei haben.<br />

RdT: … und wenn die Zahl der transportierten<br />

Tiere fünf übersteigt?<br />

Dr. Leondarakis: Die EG-Verordnung<br />

Nr. 388/2010 besagt, dass in diesem<br />

Fall die Voraussetzungen für ein Verbringen<br />

zu Handelszwecken anwendbar<br />

seien. Diese wiederum werden<br />

durch die europäische Richtlinie<br />

92/65/EWG bestimmt, die durch die<br />

Binnenmarkt-Tierseuchenschutzverordnung<br />

in das nationale Recht umgesetzt<br />

worden ist. Kurz zusammengefasst:<br />

Das Verbringen von mehr als fünf Tieren<br />

ist natürlich ebenfalls ohne eine<br />

Genehmigung möglich, wenn auch die<br />

weiteren Voraussetzungen vorliegen.<br />

Das sind einerseits die oben genannten<br />

Bedingungen für einen nicht gewerblichen<br />

Tiertransport. Die Tiere müssen<br />

weiter frei von sichtbaren Krankheitszeichen<br />

und transportfähig sein. Dafür<br />

ist eine Untersuchung notwendig, die<br />

mindestens 24 Stunden vor dem Transport<br />

durchgeführt und im jeweiligen<br />

Heimtierausweis dokumentiert werden<br />

muss. Außerdem kommen noch weitere<br />

formelle Voraussetzungen der<br />

Binnenmarkt-Tierseuchenschutzverordnung<br />

und gegebenenfalls Anforderungen<br />

an einen Transport nach der Tierschutztransportverordnung<br />

dazu.<br />

Welpen dürfen ohne Impfung verbracht<br />

werden, wenn sie vom Muttertier<br />

begleitet werden oder eine schriftliche<br />

Erklärung des Verfügungsberechtigten<br />

vorliegt. Diese muss bestätigen, dass<br />

der Welpe ausschließlich am Ort seiner<br />

Geburt gehalten wurde und nicht mit<br />

wild lebenden Tieren in Berührung gekommen<br />

ist.<br />

RdT: Welchen Stellenwert hat nun das<br />

deutsche Tierschutzgesetz inmitten dieser<br />

europäischen Voraussetzungen?<br />

Dr. Leondarakis: Das Tierschutzgesetz<br />

verlangt unter anderem für das Halten<br />

von Tieren in einem Tierheim oder einer<br />

ähnlichen Einrichtung eine Erlaubnis<br />

nach § 11 Abs.1 Nr.2 TierSchG.<br />

Weiter schreibt diese Norm auch eine<br />

Erlaubnis für den gewerbsmäßigen<br />

Handel mit Wirbeltieren nach § 11<br />

Abs.1 Nr.3b) TierSchG vor.<br />

Die Frage ist nun, ob die Tierheime, die<br />

Hunde aus dem EU-Ausland vermitteln,<br />

eine Erlaubnis gemäß des §11<br />

Abs. 1 Nr. 3b) für einen gewerblichen<br />

Handel benötigen? Das gilt besonders<br />

dann, wenn mehr als fünf Hunde nach<br />

Deutschland eingeführt werden und<br />

damit wiederum die Anforderungen für<br />

ein Verbringen zu Handelszwecken Anwendung<br />

finden.<br />

Es muss also geklärt werden, ob und<br />

wann bei den Tierschutzeinrichtungen<br />

ein gewerblicher Handel vorliegt. Dies<br />

ist nur dann zu bejahen, wenn die Tierschutzeinrichtungen<br />

Hunde mit einer<br />

Gewinnerzielungsabsicht vermitteln<br />

würden.<br />

RdT: Bei Tiervermittlungen erheben die<br />

Tierheime eine Schutzgebühr. Kann<br />

dieser Umstand schon dazu beitragen,<br />

dass gewerblicher Handel unterstellt<br />

wird?<br />

Dr. Leondarakis: Hier sind wir an einem<br />

äußerst wichtigen Punkt angekommen.<br />

Die Tierheime mögen zwar<br />

eine Schutzgebühr bei erfolgreicher<br />

Vermittlung erhalten. Aber die Gebühr<br />

ist so niedrig, dass damit nach meiner<br />

Einschätzung keine Gewinne erzielt<br />

werden können. Auf Seiten der Tierheime<br />

und Tierschutzorganisationen besteht<br />

demnach keine Gewinnerzielungsabsicht,<br />

ja gar nicht einmal die<br />

Möglichkeit der Gewinnerzielung. Das<br />

ist sogar für jeden Außenstehenden<br />

oder Laien auch sofort erkennbar.<br />

Denn der durchschnittlichen "Schutzgebühr"<br />

von ca. 200-250 Euro stehen erhebliche<br />

Ausgaben <strong>gegen</strong>über: Der<br />

Transport nach und in Deutschland, die<br />

oben genannten medizinischen Voraussetzungen<br />

und weitere kostenintensive<br />

Faktoren, wie Operationen, Kastrations-<br />

und medizinische Versorgungskosten,<br />

Medikamente und Futter.<br />

Da kann man keinen Gewinn erzielen,<br />

im Gegenteil.<br />

RdT: Bitte noch einmal abschließend:<br />

Was bedeutet Ihr Gutachten konkret für<br />

Tierschutzorganisationen, die im Ausland<br />

tätig sind?<br />

Dr. Leondarakis: Nach meinen Erkenntnissen<br />

benötigen Tierschutzeinrichtungen<br />

keine Erlaubnis nach § 11<br />

Abs. 1 Nr. 3b) TierSchG, weil sie mit<br />

der Verbringung von Hunden nach<br />

Deutschland auch keinem gewerbsmäßigen<br />

Handel nachgehen.<br />

Bekommen Tierschutzorganisationen<br />

rechtswidrig eine solche Pflicht auferlegt,<br />

sollten sie ihre Rechtsschutzmöglichkeiten<br />

ausschöpfen, also Widerspruch<br />

einlegen oder Klage erheben.<br />

Da die Behörden dabei unterschiedlich<br />

vorgehen, würde ich dringend empfehlen,<br />

einen Anwalt zu konsultieren.<br />

Abschließend kann ich dazu ermutigend<br />

sagen, dass wir bislang in keinem<br />

Gerichtsverfahren unterlegen waren.<br />

Gleichzeitig gibt es zu dieser Problematik<br />

noch keine höchstrichterliche<br />

Rechtssprechung, so dass ich weiter<br />

von einem rechtswidrigen Verhalten einiger<br />

Behörden bis zu einer höchstrichterlichen<br />

Klärung ausgehe.<br />

Herr Dr. Leondarakis, wir bedanken<br />

uns für das Gespräch.<br />

Interview: Claudia Lotz


Das Recht der Tiere 3/2011<br />

7


Das Recht der Tiere 3/2011<br />

8<br />

T ITELTHEMA<br />

Der grausamen<br />

Tötungsstation<br />

für immer<br />

entkommen!<br />

Hundeleben auf den Straßen<br />

Rumäniens


<strong>DAS</strong> TÖTEN<br />

Zu den größten Erfolgen im praktischen Auslandstierschutz<br />

des bmt gehört sicherlich diese Nachricht:<br />

Ende Dezember wird in Brasov die berüchtigte Tötungsstation<br />

Stupin, in der Zehntausende Hunde ihr<br />

Leben ließen, geschlossen. Zahlreiche Gespräche von<br />

Cristina Lapis (Millions of friends) mit regionalen Politikern<br />

- oft unterstützt durch die Auslandskoordinatorin<br />

und bmt-Vorsitzende Petra Zipp - Aufrufe und<br />

Appelle an die Bevölkerung und Behörden haben dazu<br />

geführt, dass der Bürgermeister von Brasov sich<br />

klar von den grausigen Praktiken <strong>gegen</strong> Straßen-<br />

Das bmt-Team trifft in der<br />

städtischen Tötungsanlage ein<br />

Seit elf Jahren arbeite ich für den bmt,<br />

habe zwei Jahre an einem Streunerprojekt<br />

in Italien für Günther Bloch mitgearbeitet<br />

- aber "echte" Straßenhunde<br />

habe ich zum ersten Mal in Rumänien<br />

gesehen.<br />

So begegnen uns auf dem Weg vom<br />

Flughafen Bukarest nach Brasov zahlreiche<br />

Hunde an der befahrenen Stra-<br />

ße. Mir fällt mir auf, dass es überwiegend<br />

einzelne Hunde in relativ gutem<br />

Zustand sind und keine verwahrlosten<br />

Rudel, die die Gegend unsicher machen.<br />

Allerdings wird dieser vordergründig<br />

positive Eindruck immer wieder<br />

von toten Hunden auf der Straße<br />

zunichte gemacht.<br />

Am nächsten Tag fahren wir direkt nach<br />

Stupin, zum städtischen Hundelager,<br />

das für unzählige Lebewesen zur Endstation<br />

ihres Lebens wurde. Trotz der<br />

mir bekannten Umstände rechne ich<br />

mit einem einigermaßen intakten Gebäude,<br />

aber diese schrecklichen Haltungsbedingungen<br />

hatte ich selbst in<br />

Rumänien nicht erwartet.<br />

T ITELTHEMA<br />

Im rumänischen Brasov<br />

wird das städtische Hundelager<br />

Stupin endlich geschlossen<br />

HAT EIN ENDE !<br />

hunde der vergangenen Jahre distanziert hat und öffentlich<br />

eine humane Lösung des Streunerproblems<br />

befürwortet.<br />

Doch so wunderbar die Nachricht, so schwierig die Logistik:<br />

Denn in der Tötungsstation sitzen mehr als 329<br />

Hunde, manche krank, verletzt, die meisten hochgradig<br />

verängstigt. Viele Hündinnen führen Welpen<br />

mit sich - und sie alle müssen in wenigen Tagen ins<br />

Tierheim Brasov überführt werden, um von dort (auch<br />

nach Deutschland) vermittelt zu werden.<br />

Im August trafen sich Petra Zipp, Philip McCreight (Tasso) und Stefan<br />

Kirchhoff (bmt-Tierheimleiter Stuhr) mit den rumänischen Tierschützern<br />

um Cristina Lapis in Brasov, um die weiteren Schritte zu besprechen.<br />

Stefan Kirchhoff schildert Ihnen die Eindrücke der fünftägigen Fahrt.<br />

In einer abrisswürdigen ehemaligen<br />

Schweinemastanstalt werden zurzeit<br />

329 Hunde gehalten. Zu Höchstzeiten<br />

waren dort über 350. Es gibt kein<br />

künstliches Licht, im Winter keine Heizung;<br />

einige Hunde sitzen ausschließlich<br />

im dunklen Innenbereich. Die Maschen<br />

der Gitter sind so groß, dass sich<br />

die Hunde durch die Gitter beißen und<br />

selbst tödlich verletzen können. Der Boden<br />

gleicht einem betonierten Kiesfeld.<br />

Selbst wenn man wollte, könnte man<br />

hier nicht für hygienische Verhältnisse<br />

sorgen. Viele Hunde liegen in Urinpfützen,<br />

der Geruch in den Verschlägen<br />

nach Blut, Ausscheidungen und Todesfurcht<br />

ist kaum zu ertragen.<br />

Das Recht der Tiere 3/2011<br />

9


Das Recht der Tiere 3/2011<br />

10<br />

T ITELTHEMA<br />

In der Vergangenheit kam es vor, dass<br />

die einzige Wasserpumpe defekt war,<br />

dann gab es natürlich auch kein Wasser<br />

für die Hunde, die Restbestände in<br />

den Trinknäpfen waren grün und faulig.<br />

Am Wochenende blieben die Tiere<br />

grundsätzlich unversorgt. Um die Gruppenstruktur,<br />

die wichtigste Voraussetzung<br />

zur Haltung mehrerer Hunde in einem<br />

Zwinger, kümmerte sich niemand<br />

- und so wurden täglich über viele Jahre<br />

hinweg Hunde jämmerlich von ihren<br />

Artgenossen zu Tode gebissen.<br />

Ich erlebe bei meinem ersten Besuch<br />

hier die "guten Zeiten", das heißt, es<br />

gibt trockene Körbchen, Eimer mit frischem<br />

Wasser und Trockenfutter aus<br />

sauberen Fressnäpfen. Dafür sorgen<br />

die Mitarbeiter des Tierheims Brasov,<br />

unter der Leitung von Millions of<br />

friends, und Ehrenamtliche einer kleinen<br />

Tierschutzorganisation vor Ort.<br />

Meine Aufgabe ist es, an diesem Tag<br />

die Hunde zu fotografieren und zu katalogisieren.<br />

Mehrere Stunden fotografierte<br />

ich im Innenbereich und obwohl<br />

mittlerweile auch für eine bessere<br />

Be- und Entlüftung gesorgt ist, stinkt es<br />

erbärmlich. Fast alle Hunde schauen<br />

misstrauisch und einige geraten in Panik,<br />

weil sie von mir, einem Mann, mit<br />

einer Kamera fixiert werden. Ich mache<br />

meine Arbeit so schnell wie möglich,<br />

um die Tiere nicht noch mehr zu<br />

stressen.<br />

Die Luft, die Atmosphäre aus Furcht<br />

und Aggression sind so unerträglich im<br />

Inneren der Anlage, dass ich mich geradezu<br />

auf das Fotografieren vor den<br />

Außen-Zwingern freue. Doch diese Erleichterung<br />

vergeht schnell, als ich erfahre,<br />

dass manche Hunde bereits seit<br />

über einem Jahr hier ausharren. Kaum<br />

ein Hund läuft noch freudig auf mich<br />

zu, um ein wenig Zuwendung zu bekommen.<br />

Die Blicke - voller Trauer<br />

und Hoffnungslosigkeit -<br />

erfassen mich zutiefst.<br />

Sie werden mich auch<br />

die kommenden<br />

Tage nicht loslassen.<br />

Dieser gerettete Hund wartet<br />

jetzt im Tierheim Brasov<br />

auf die richtigen Menschen<br />

Den Nachmittag verbringen wir im<br />

Tierheim Brasov, das gemessen an<br />

dem eben Erlebten geradezu gute Haltungsbedingungen<br />

bietet. Viele Hunde,<br />

die in Stupin scheu und ängstlich reagiert<br />

haben, blühen hier wieder auf. Allein<br />

ihre Blicke gehen nicht mehr ins<br />

Leere, in der Hoffnung nicht beachtet<br />

und verschont zu werden. Sie freuen<br />

sich oder schlagen an, weil ich fremd<br />

bin, diese Tiere verhalten sich wieder<br />

wie Hunde, die leben möchten.<br />

Natürlich sind trotz allem noch scheue<br />

oder zurückhaltende Hunde dabei.<br />

Diese ehemaligen Straßenhunde wollen<br />

sehr wohl etwas mit uns Menschen<br />

zu tun haben. Die Behauptung, Hunde<br />

aus dem Ausland seien nicht (mehr) integrierbar,<br />

bestätigt sich definitiv nicht.<br />

Verblüffend viele Hunde leben hier in<br />

Brasov mit ihrer Familie im Haushalt,<br />

und die Besitzer gehen auch mit ihnen<br />

spazieren. Das erklärt, warum wir in<br />

unseren bmt-Tierheimen Hunde aus<br />

Rumänien so gut vermitteln können - es<br />

sind oft ursprünglich gut sozialisierte<br />

Tiere, die aus verschiedenen Gründen<br />

(soziale Not der Besitzer, Krankheit, Tod,<br />

ungewollter Nachwuchs unkastrierter<br />

Tiere) plötzlich ein Leben auf der Straße<br />

führen mussten und später zum Opfer<br />

von Hundefängern wurden.<br />

Allerdings fällt mir auf, dass<br />

die Hundehaltung generell lockerer gesehen<br />

wird. Viele Hunde haben jederzeit<br />

die Möglichkeit, das Grundstück zu<br />

verlassen, und entsprechend sieht man<br />

auch in den Städten (vermutlich unkastrierte)<br />

Hunde völlig unbeaufsichtigt<br />

durch die Straßen laufen.<br />

Ich merke nach den fünf Tagen in Brasov,<br />

dass man nichts "über einen Kamm<br />

scheren" kann. Die Strassenhundproblematiken<br />

in den jeweiligen Ländern<br />

können sehr unterschiedlich sein, und<br />

daraus müssen dann auch unterschiedliche<br />

Lösungen resultieren. Kein<br />

Mensch, keine Behörde oder Organisation<br />

kann das Problem der über Jahrzehnte<br />

hinweg entstandenen Überpopulation<br />

der Hunde alleine bewältigen.<br />

Tierschützer, Hundebesitzer und Politiker<br />

müssen eng zusammenarbeiten,<br />

wenn es eine befriedigende und dauerhafte<br />

Lösung geben soll. Um so viel<br />

Menschen wie möglich zu überzeugen,<br />

braucht es Zeit und diplomatisches Geschick.<br />

Und plötzlich weiß ich: Unsere<br />

Bemühungen werden fruchten, und es<br />

wird die Zeit kommen, in der kein Hund<br />

mehr um sein Leben fürchten muss.<br />

Gut, dass wir hier sind.<br />

Cristina Lapis, Petra Zipp und<br />

Philip McCreight bereiten die<br />

Fütterung in Stupin vor


Das Recht der Tiere 3/2011<br />

11


Das Recht der Tiere 3/2011<br />

12<br />

R UMÄNIEN<br />

BRASOV IM AUFBRUCH<br />

BÜRGERMEISTER GEORGE SCRIPCARU HÄLT WORT!<br />

Die bmt-Vorsitzende Petra Zipp hat oft einen verzweifelten<br />

Kampf in Rumänien geführt: Hoffnung<br />

wechselte mit niederschmetternden Nachrichten über<br />

erneute Tötungsaktionen von Straßenhunden, Politiker<br />

machten das Schicksal der herrenlosen Tiere zum<br />

Keinen Krieg mehr <strong>gegen</strong> Straßenhunde<br />

in Brasov - wir können es kaum<br />

glauben.<br />

Während im rumänischen Parlament<br />

derzeit weiter und wieder über die<br />

Wiedereinführung der Tötung von Straßenhunden<br />

diskutiert wird, überträgt<br />

der Bürgermeister einer der größten rumänischen<br />

Städte endlich die Verantwortung<br />

für die Straßenhunde auf eine<br />

Tierschutzorganisation, auf Millions of<br />

friends von Cristina Lapis und indirekt<br />

auch auf den bmt, weil wir unsere Partner<br />

in dieser hoffnungsvollen, zukunftsweisenden<br />

Situation mit allen<br />

Kräften unterstützen werden. Wir bauen<br />

dabei ganz fest auf Ihre Hilfe!<br />

Was soll in Brasov mit den Hunden<br />

geschehen?<br />

George Scripcaru akzeptiert im Stadtkern<br />

kein Wiederaussetzen von ka-<br />

strierten Hunden, was auf Grund des<br />

starken Verkehrs für Mensch und Tier<br />

tatsächlich auch zu gefährlich wäre. Er<br />

ist aber willens, alles Notwendige zu<br />

unternehmen, um das Hundeproblem<br />

in seiner Stadt human zu lösen.<br />

Schließlich hat er selbst zwei Hunde,<br />

die er jetzt kastrieren ließ.<br />

Dementsprechend hat der Stadtrat Brasov<br />

eine Verordnung verabschiedet,<br />

nach der alle Besitzerhunde mit Mikrochip<br />

zu kennzeichnen,<br />

zu registrieren<br />

und zu<br />

kastrieren sind.<br />

Wer sein Tier<br />

nicht kastrieren<br />

möchte, muss in<br />

Zukunft Hundesteuer<br />

zahlen - eine<br />

wirksame "Abschreckung"<br />

für<br />

die Hundehalter,<br />

Spielball ihrer Interessen. Doch nun wird es mit dem<br />

Bürgermeister von Brasov einen wirklichen Aufbruch<br />

geben.<br />

Petra Zipp fasst für Sie die aktuelle Entwicklung in der<br />

ehemaligen Kronstadt Brasov zusammen.<br />

Diese Junghunde werden ein<br />

besseres Leben haben als Generationen vor ihnen<br />

ihre Tiere weiter unkastriert auf die<br />

Straße zu schicken.<br />

Die Hundefänger, nun arbeitslos geworden,<br />

gehen ab sofort von Haustür<br />

zu Haustür, um die Hunde zu erfassen.<br />

Das Ziel: Den Zustrom von Hunden auf<br />

die Straße zu stoppen und die aufgefundenen<br />

Hunde dank Chip und Registrierung<br />

schnell als Besitzer- oder Straßenhund<br />

zu identifizieren.<br />

Cristina Lapis hat mit Unterstützung des<br />

bmt zugesagt, dass<br />

ihr Verein die Hunde<br />

bedürftiger Tierbesitzer<br />

kostenfrei kastrieren<br />

und chippen<br />

wird. Das Tasso-<br />

Haustierregister stellt<br />

dabei sein rumänisches<br />

Register und<br />

sein jahrelanges<br />

Knowhow zur Verfügung.


So erfreulich die jüngsten Ereignisse,<br />

so gewaltig die Aufgabe, der sich die<br />

Tierschützer aus Brasov in den kommenden<br />

Wochen stellen müssen:<br />

1. Sie müssen (ohne zusätzliche Hilfe)<br />

schnellstmöglich die 329 Hunde aus<br />

der städtischen Anlage übernehmen,<br />

ihre medizinische Versorgung und Kastration<br />

sicherstellen und die Integration<br />

der fremden Hunde in das ohnehin<br />

schon volle Tierheim Brasov<br />

bewerkstelligen.<br />

2. Alle aufgefundenen Tiere kommen<br />

nun direkt ins Tierheim Brasov. Allerdings<br />

werden es nicht wie zuvor wahllos<br />

eingefangene Besitzer- und Straßenhunde<br />

sein, sondern - aufgrund<br />

obiger Anordnungen - tatsächlich herrenlose<br />

Hunde. Ein Tierheimmitarbeiter<br />

wird den Ablauf kontrollieren.<br />

3. Es werden dringend weitere erfahrene<br />

Tierärzte benötigt: Im Tierheim<br />

Brasov arbeiten nur zwei Tiermediziner,<br />

die schon bei der jetzigen Besatzungs-<br />

Sie können jetzt sehr viel für die Straßenhunde<br />

tun<br />

Spenden Sie für die tierärztliche Betreuung<br />

und für Kastrationen<br />

Übernehmen Sie eine Patenschaft<br />

für das Tierheim Brasov (Personal,<br />

Futter, Umbauten, neue Gehege etc.)<br />

Bieten Sie Ihre Unterstützung vor<br />

Ort an, wenn Sie ein OP-erfahrener<br />

Tierarzt sind und unter einfachsten Bedingungen<br />

arbeiten können<br />

dichte mit Operationen, Kastrationen<br />

und sonstiger medizinischer Versorgung<br />

hart an ihrem Limit arbeiten.<br />

Millions of friends, unter Vorsitz von<br />

Cristina Lapis, hat eine Übergangsfrist<br />

von fünf Monaten, in denen sie beweisen<br />

muss, dass ihr Verein in der Lage<br />

ist, sich um die Hunde in der Stadt zu<br />

kümmern. Erst danach wird ein dauerhafter<br />

Vertrag (ab dem 1. Januar 2012)<br />

ausgehandelt.<br />

Jetzt müssen wir, die wir Cristina Lapis<br />

Ende des Jahres wird in dieser Anlage<br />

kein Hund mehr leiden müssen<br />

A USLANDSTIERSCHUTZ<br />

bei ihren Anstrengungen unterstützen,<br />

beweisen, dass wir es schaffen. Geht<br />

nicht, gibt es nicht! Geht nicht akzeptiert<br />

kein Tierschützer! Wir müssen diese<br />

einmalige Chance im Sinne der<br />

Hunde ergreifen. Wenn es dem Tierschutz<br />

in Brasov gelingt, die Hunde von<br />

der Straße zu holen, wird die Stadt Vorbildcharakter<br />

für andere rumänische<br />

Städte und Gemeinden bekommen,<br />

das ist unsere Hoffnung.<br />

Doch nach wie vor ist auch Wachsamkeit<br />

angebracht, denn die Hundefängermafia<br />

spekuliert nun auf die Städte<br />

im Umland. Sie erinnern sich sicher an<br />

frühere Berichte von uns, in denen von<br />

Kopfgeldern pro gefangenem Hund<br />

die Rede war und die Profiteure in den<br />

Städten und Gemeinden saßen. Erst<br />

wenn wir die Situation in Brasov beherrschen<br />

und die Tötungsanlage Stupin<br />

leer (und endlich funktionslos geworden)<br />

ist, können wir weiter<br />

vorgehen.<br />

Text: Petra Zipp<br />

Fotos: Stefan Kirchhoff (Seite 4-13)<br />

Wie können Sie in der aktuellen Situation helfen?<br />

Adoptieren Sie einen rumänischen Hund aus unseren<br />

bmt-Tierheimen, der dann wieder Platz für einen weiteren<br />

Vierbeiner macht<br />

Machen Sie Werbung für unser Projekt. Wenn es gelingt,<br />

wird es Modellcharakter haben für ein Rumänien, das derzeit<br />

noch über Tötungen diskutiert.<br />

Die Zukunft der Straßenhunde liegt erstmalig in<br />

unseren Händen. Lassen Sie uns diese Chance<br />

nicht entgehen. Für ein Rumänien, in dem nicht<br />

mehr gelitten und gestorben wird.<br />

bmt-SPENDENKONTO AUSLAND<br />

Stichwort: Rumänien oder Ungarn<br />

Frankfurter Sparkasse<br />

Konto 847 275<br />

BLZ 500 502 01<br />

IBAN DE 795005 0201 0000847275<br />

SWIFT BIC HELADEF 1822<br />

13


Das Recht der Tiere 3/2011<br />

14<br />

A USLANDSTIERSCHUTZ<br />

EIN<br />

<strong>DAS</strong> WELPENHAUS WIRD CA. 20.000 EURO KOSTEN<br />

Sie können unsere Tierschutzarbeit in Ungarn unterstützen,<br />

indem Sie<br />

eine projektbezogene Spende für das zukünftige<br />

Welpenhaus leisten<br />

einen Hund aus dem Tierheim Pecs adoptieren<br />

eine Patenschaft für einen Hund übernehmen<br />

und damit seine Versorgung sichern<br />

(ab 15 Euro monatlich)<br />

den Tierheimtierarzt ehrenamtlich bei seiner<br />

Arbeit (Kastrationen etc.) durch kurzfristige<br />

Aufenthalte in Pecs unterstützen.<br />

Infos zum Tierschutz in Pecs erhalten Sie bei:<br />

Karin Stumpf, Tierheim Köln-Dellbrück<br />

Am Heiligenhäuschen 2, 50859 Köln<br />

Telefon privat: 0221/950 51 - 55, Fax privat: - 57<br />

eMail: karinstumpf@net<br />

Spendenkonto: siehe Kasten auf seite 13 unten.<br />

W<br />

ELP<br />

FÜR<br />

Karin Stumpf ist Vorstandsmitglied und verantwortlich<br />

für das bmt-Auslandsprojekt in Pecs.<br />

Seit 10 Jahren fährt die Assistentin der Geschäftsführung<br />

von KölnKongress an Wochenenden<br />

und freien Tagen in das im Süden Ungarns<br />

gelegene Tierheim, um die befreundeten<br />

RdT: Wie lange engagiert sich der bmt in Ungarn,<br />

und wie sieht seine Hilfe aus?<br />

Der bmt engagiert sich seit 1996 in Pecs, in erster Linie<br />

durch finanzielle Hilfe.<br />

Von unserer festen monatlichen Zahlung in Höhe von<br />

4500 Euro werden Tierarzt, Medikamente, Futter und<br />

auch ein Tierpfleger finanziert. Zusätzlich übernimmt<br />

der bmt die Kosten für die Mikrochips, denn in Ungarn<br />

besteht seit einiger Zeit die Pflicht, Tierheimhunde zu<br />

chippen. Züchter bzw. Zuchthunde unterliegen dieser<br />

Pflicht übrigens nicht.<br />

Mehrere bmt-Mitarbeiter und ich fahren regelmäßig ins<br />

Pecser Tierheim, damit wir uns immer wieder ein genaues<br />

Bild von der Situation vor Ort machen können.<br />

Bei jeder Tour nehmen wir Hilfsgüter in Form von Futter,<br />

Käfigen und Arbeitsmaterialien wie Werkzeug und<br />

Reinigungsmittel etc. mit.<br />

Auf dem Rückweg nach Deutschland begleiten uns<br />

Hunde, die wir dann über unsere Tierheime in liebevolle<br />

Hände vermitteln. Die Auswahl der Kandidaten<br />

fällt uns jedes Mal ungeheuer schwer; wir gehen nach<br />

Vermittlungschance und Gesundheitszustand. Wenn wir<br />

erkennen, dass bestimmte Verletzungen oder Erkrankungen<br />

im Pecser Tierheim nicht versorgt werden können,<br />

nehmen wir diese Patienten mit und lassen sie von<br />

unseren Tierärzten medizinisch versorgen.<br />

In erster Linie kommen Hündinnen und "kompatible"<br />

Familienhunde mit uns nach Deutschland, die sehr gute<br />

Aussichten auf eine Vermittlung haben. In unseren<br />

deutschen Tierheimen sitzen hauptsächlich Rüden,<br />

großrahmige, oft schlecht sozialisierte Tiere, für die wir<br />

meist schwer neue Besitzer finden.


ENHAUS<br />

<strong>DAS</strong> TIERHEIM IN PECS !<br />

Tierschützer mit Hilfslieferungen zu unterstützen -<br />

und Vermittlungskandidaten mit nach Deutschland<br />

zu nehmen. "Mein erster Besuch 2001 war ein Schock",<br />

erinnert sich die 52jährige noch heute, "so viele<br />

Hunde auf engstem Raum hatte ich noch nie gesehen."<br />

Die Kölnerin erklärt, welche Fortschritte das<br />

Insofern schließen die - in der Regel äußerst<br />

verträglichen und anpassungsfähigen<br />

- Ungarnhunde diese "Versorgungslücke".<br />

In diesem Zusammenhang möchte ich<br />

noch mal betonen: Kein ungarischer<br />

Hund nimmt einem heimischen Hund<br />

einen Platz im Tierheim weg - und unser<br />

Engagement im Ausland heißt<br />

nicht, dass wir an Notfällen in Deutschland<br />

vorbeisehen. Wer Tierschutz leistet,<br />

weiß, dass Tierschutz nicht an den<br />

Grenzen endet und nicht enden darf,<br />

weil jedes leidende Lebewesen unseren<br />

Schutz und unsere Hilfe verdient.<br />

Selbstverständlich wissen wir vom bmt,<br />

dass wir nicht überall auf der Welt helfen<br />

können, daher haben wir unser<br />

Auslandsengagement auf wenige, von<br />

uns stetig begleitete Projekte in Ungarn<br />

und Rumänien beschränkt.<br />

Hat Ungarn Fortschritte in Sachen<br />

Tierschutz erzielt? Was konnten Sie<br />

beobachten?<br />

Ich selber war 2001 das erste Mal im<br />

Tierheim in Pecs. Seit dieser Zeit haben<br />

sich einige Umstände in der Tierhaltung<br />

verändert, vielleicht sogar<br />

verbessert, aber bei weitem nicht genug,<br />

um von zufriedenstellenden Bedingungen<br />

sprechen zu können.<br />

Vor zehn Jahren lagen fast alle Hun-<br />

de, die wir auf unserer Fahrt durch Ungarn<br />

sehen konnten, ausschließlich an<br />

der Kette - und das seit Welpenalter!<br />

Dass Hunde als "Alarmanlage" fungieren<br />

und funktionieren müssen, ist auch<br />

heute noch so, aber mittlerweile laufen<br />

bereits viele Hunde frei in den umzäunten<br />

Gärten herum. Und in der<br />

Stadt werden immer mehr kleine Hunde,<br />

die in Familie und in Wohnung gehalten<br />

werden, an der Leine spazieren<br />

geführt - vor einem Jahrzehnt ein undenkbares<br />

Bild!<br />

Dieses langsame Umdenken hinsichtlich<br />

eines weniger funktionalen Umgangs<br />

mit dem Tier lässt sich auch an<br />

den Vermittlungszahlen des Tierheims<br />

ablesen. Während vor Jahren kaum ein<br />

Tierheimhund jemals einen Interessenten<br />

im eigenen Land gefunden hätte,<br />

werden heute bis zu 1000 Hunde im<br />

Jahr aus dem Tierheim aufgenommen.<br />

Großen Anteil an dieser Entwicklung<br />

hat der Träger des Pecser Tierheims,<br />

der ungarische Misina Tier- und Natur-<br />

U NGARN<br />

Interview mit Karin Stumpf<br />

ungarische Tierheim in 10 Jahren gemacht hat und<br />

wo nach wie vor dringender Handlungsbedarf besteht.<br />

Das derzeit größte Problem: Die hohe Anzahl<br />

von Welpen und Junghunden. Lesen Sie, wie Karin<br />

Stumpf und Tierheimleiter Karsten Plücker aus Kassel<br />

die Unterbringung für Welpen verbessern wollen.<br />

schutzverein. Er hat durch Aufklärung<br />

und Information viel dazu beigetragen,<br />

dass sich das Verhältnis der Ungarn zu<br />

ihren Haustieren stetig verbessert hat.<br />

Schwerpunkt im Tierheim ist der Kinder-<br />

und Jugendtierschutz. Diesen halte<br />

ich für einen ganz wichtigen Tätigkeitsbereich,<br />

der unsere Unterstützung<br />

verdient. Denn die Lebensbedingungen<br />

für Tiere werden sich - wie bei uns<br />

auch - nur dann nachhaltig verbessern<br />

können, wenn Aufklärung schon unter<br />

den Jüngsten betrieben wird.<br />

So organisiert Misina mehrfach im Jahr<br />

Veranstaltungen und Führungen durch<br />

das Tierheim für Schüler aller Altersgruppen.<br />

In Sommercamps lernen Kinder<br />

den artgerechten Umgang mit<br />

Hunden und anderen Tieren. Neben<br />

Hunden und Katzen versorgt das Tierheim<br />

in Pecs Schafe, Ziegen, Esel, Pferde,<br />

Kleintiere und Vögel und kümmert<br />

sich um verletzte oder kranke Wildtiere<br />

- für Schulklassen ein optimaler Anschauungsunterricht.<br />

Darüber hinaus<br />

gibt es Reitunterricht und für Privatpersonen<br />

bzw. künftige Hundehalter eine<br />

Hundeschule.<br />

Was fiel Ihnen bei Ihrem Besuch im<br />

Sommer 2011 auf? Mit welchen Problemen<br />

hat das Tierheim Pecs im Augenblick<br />

besonders zu kämpfen?<br />

Das Recht der Tiere 3/2011<br />

15


Das Recht der Tiere 3/2011<br />

16<br />

T ITELTHEMA<br />

Es gibt mehrere problematische Umstände:<br />

Seit kurzem verlangt das ungarische<br />

Tierschutzgesetz, dass ein im<br />

Tierheim aufgenommener Hund erst<br />

nach 14 Tagen die Tollwutimpfung bekommen<br />

darf und dann noch einmal<br />

drei Wochen Frist vergehen müssen, bis<br />

er vermittelt werden kann. Für das Tierheim<br />

eine zusätzliche Belastung, denn<br />

nun müssen mindestens fünf Wochen<br />

verstreichen, bevor überhaupt an eine<br />

Vermittlung gedacht werden kann.<br />

Für die Hundefänger hin<strong>gegen</strong> eine<br />

Kostenersparnis: Sie brauchen innerhalb<br />

der 14tägigen Frist, die die aufgegriffenen<br />

Hunde in den Hundefängeranlagen<br />

verbringen müssen, nicht<br />

mehr zu impfen. Nach diesen zwei Wochen<br />

dürfen die Hunde legal, wenn sich<br />

kein Besitzer gemeldet hat, getötet werden<br />

- die Hundefänger haben also in<br />

jedem Fall die Impfausgaben gespart.<br />

Zurück zum Tierheim: Es ist augenblicklich<br />

mit 350 bis 400 Hunden besetzt,<br />

viele Tiere werden krank und verletzt<br />

gefunden oder abgegeben. Fast 80%<br />

der Hunde sind Rüden - Sie können<br />

sich vorstellen, wie explosiv die Stimmung<br />

in den mit fünf bis sieben Tieren<br />

übervollen Zwingern ist. Und das nächste<br />

Problem ist die hohe Anzahl an Welpen<br />

und Junghunden…<br />

Warum gibt es plötzlich so viele Welpen<br />

im Tierheim, und wo kommen die<br />

Kleinen her? Werden sie mutterlos<br />

aufgefunden, als vollständiger Wurf<br />

ausgesetzt oder die hochträchtige<br />

Hündin einfach abgeschoben?<br />

Alle Fälle hatten wir schon: Meist kommen<br />

die Hündinnen mit ihren Welpen<br />

über den Hundefänger, Privatleute<br />

oder werden ausgesetzt. Oft finden<br />

Passanten die Hundebabys im Wald,<br />

Feld oder an der Straße oder Mitarbeiter<br />

den Karton vor dem Tierheimtor.<br />

Viele Welpen sind - zu früh von der<br />

Mutter getrennt - geschwächt, krank,<br />

dehydriert und stark unterernährt. Bei<br />

unserem Besuch im Juli haben wir über<br />

70 Welpen im Alter von vier bis zwölf<br />

Wochen gezählt.<br />

Die Sterberate unter den Kleinen ist<br />

hoch - aber auch deswegen, weil das<br />

Tierheimteam aus Platzmangel die<br />

Welpen mit kranken und verletzten<br />

Hunden gemeinsam unterbringt.<br />

Monatliche Kosten des Tierheims Pecs (Stand: September 2011)<br />

In Deutschland werden bei einer Vermittlung Schutzgebühren erhoben,<br />

das Tierheim Pecs kann bei Vermittlung nur um freiwillige Spenden bitten!<br />

Ft.<br />

Löhne aller Mitarbeiter 2.340.000<br />

Futterkosten Hunde 400.000<br />

Futterkosten andere Tiere 600.000<br />

Strom 420.000<br />

Tierarzt (Gehalt u. Medikamente) 550.000<br />

Wasser eigener Brunnen *<br />

Abwasser 70<br />

ca. in Euro<br />

8.070<br />

1.400<br />

2.070<br />

1.500<br />

1.900<br />

* Problem sind große Trockenperioden. Das Tierheim hat sich bei der Kommune<br />

daher um die Förderung für einen Ökosee (Kosten 67.000.000 Ft) beworben<br />

-*<br />

345<br />

Durch die notorische Überbelegung<br />

der Innen- und Außenboxen ist eine<br />

Säuberung der Zwinger mit Hochdruckreiniger<br />

leider nur möglich, während<br />

die Welpen im Zwinger sind. Dies ist eine<br />

fürchterliche Situation für die ohnehin<br />

geschwächten Tiere, außerdem ist<br />

so eine intensive Reinigung kaum<br />

möglich.<br />

Zu der Flut von Welpen im Tierheim<br />

tragen übrigens die Wochenmärkte<br />

bei, auf denen u.a. auch Hunde verkauft<br />

werden. Von Händlern und Privatleuten,<br />

die die unverkauften Tiere<br />

nicht mehr behalten wollen und einfach<br />

Welpen im Kaninchenkäfig:<br />

Horrender Platzmangel im TH Pecs<br />

ihrem Schicksal überlassen.<br />

Wie ist die Nachfrage nach Welpen<br />

und Junghunden aus dem Tierheim?<br />

Wie schon ausgeführt, hat sich die Vermittlungsquote<br />

auf relativ hohem Niveau<br />

eingependelt, das gilt besonders<br />

auch für Junghunde und Welpen. Absolut<br />

chancenlos sind jedoch alte und<br />

kranke Hunde, das ist völlig anders als<br />

in Deutschland. Bei uns gibt es viele<br />

Tierfreunde, die gerade alten und/oder<br />

kranken Hunden noch schöne Jahre<br />

bieten möchten und voller Freude erleben,<br />

dass der Hund mit der vermeintlich<br />

kurzen Lebenserwartung noch mal<br />

alle Kräfte mobilisiert…<br />

Sie waren mit Tierheimleiter Karsten<br />

Plücker unterwegs, der in Kiskunhalas<br />

selbst ein Tierheim unterhält. Herr<br />

Plücker hat, wie Sie, viele Jahre Erfahrung<br />

im Tierschutz in Ungarn gesammelt<br />

- und so war für Sie beide das<br />

Wichtigste, das vorrangigste Problem<br />

im Tierheim Pecs anzugehen und für<br />

die Welpen bessere Unterbringungsmöglichkeiten<br />

zu schaffen. Was genau<br />

haben Sie sich überlegt?<br />

Um die hohe Sterberate unter den Welpen<br />

zu minimieren, müssen sie dringend<br />

von den erkrankten, erwachsenen<br />

Tieren getrennt werden. Das heißt:<br />

Oberste Priorität muss eine separate<br />

Unterbringung der Kleinen haben. Als<br />

wir im Juli im Tierheim waren, teilten<br />

sich unzählige Welpen einen Raum,<br />

andere waren aus Platzmangel in Kaninchenställen<br />

untergebracht, um sie<br />

zumindest so separieren zu können.<br />

Wir haben dann mit dem Tierheimleiter<br />

Farkas Tamas das Gelände besichtigt<br />

und einen geeigneten Platz zum<br />

Bau eines Welpenhauses gefunden.<br />

Dieses Haus, ausschließlich für Welpen,<br />

soll zehn Zwinger bekommen und<br />

wird direkt hinter der jetzigen Quarantäne<br />

errichtet. Mein Kollege Karsten<br />

Die Bauarbeiten<br />

am Welpenhaus beginnen


Plücker, der ein eigenes Tierheim im<br />

ungarischen Kiskunhalas unterhält, hat<br />

mit solch einem Welpenhaus auf seinem<br />

Gelände sehr gute Erfahrungen<br />

gemacht und ermöglicht den Kleinen<br />

so einen weitgehend guten, gesunden<br />

Start ins Leben.<br />

Wie wollen Sie das Projekt Welpenhaus<br />

finanzieren?<br />

Ich muss es ganz klar sagen: Eine Finanzierung<br />

des Welpenhauses ist nur<br />

durch die Hilfe und Spenden der bmt-<br />

Mitglieder möglich und darum bitte ich<br />

an dieser Stelle herzlich!<br />

Ich baue meine Hoffnungen dabei auf<br />

alle Menschen, die ein Tier aus unseren<br />

acht bmt-Tierheimen aufgenommen<br />

haben. Und dabei noch mal auf jene,<br />

die schon einen Hund aus Pecs haben<br />

und damit dem Tierheim auf spezielle<br />

Weise verbunden sind. Wir benötigen<br />

für dieses Projekt dringend finanzielle<br />

Unterstützung, denn die Gesamtkosten<br />

belaufen sich auf ca. 20.000 Euro.<br />

Wir wollen das Welpenhaus unbedingt<br />

noch vor dem Winter fertig stellen. Eine<br />

Betonplatte wurde bereits gegossen<br />

- und nun folgt der Aufbau der Zwinger<br />

durch Karsten Plücker und ehrenamtlicher<br />

Helfer. Es entstehen aber noch<br />

weitere Kosten für die Hundehütten und<br />

Paletten, die ebenfalls für das Haus benötigt<br />

werden.<br />

Was braucht das Tierheim Pecs am<br />

nötigsten?<br />

Das Tierheim benötigt grundsätzlich<br />

Futter und "banale Dinge" wie Näpfe,<br />

Halsbänder, Leinen und Bürsten, aber<br />

keine Decken und Körbe.<br />

Wäre es hilfreich, wenn Tierärzte ehrenamtliche<br />

Arbeitseinsätze im Tierheim<br />

durchführen würden, um Hunde<br />

und Katzen zu kastrieren und medizinisch<br />

zu versorgen?<br />

Jeder ehrenamtliche Tierarzteinsatz<br />

wäre eine unschätzbar große Hilfe!<br />

Denn das Tierheim hat nur einen<br />

(vom bmt bezahlten) Tierarzt, der -<br />

auf sich gestellt - Hunde und Katzen<br />

kastriert, chippt und anderweitig medizinisch<br />

versorgt.<br />

Wie viele Tiere werden im Moment<br />

Tierheim versorgt, wie viel Personal<br />

gibt es? Vergleichen Sie bitte mit einem<br />

bmt-Tierheim, damit wir uns die<br />

Verhältnisse besser vorstellen können.<br />

Wie gesagt, der Hundebestand liegt<br />

bei fast 400 Tieren, dazu kommen<br />

zahlreiche Katzen. Im Tierheim Pecs<br />

arbeiten sechs Tierpfleger, im Einsatz<br />

sind jeweils aber immer nur drei Kräfte<br />

durch freie Tage, Urlaub oder Krankheit.<br />

25 Hunde kann ein Tierpfleger, so<br />

ist es in Deutschland grob festgelegt,<br />

pro Tag versorgen - in unserem Partnertierheim<br />

in Ungarn kümmert sich<br />

ein Pfleger um mindestens 120 Hunde,<br />

außerdem noch um die Katzen. Das<br />

sind die Verhältnisse, die wir uns kaum<br />

vorstellen können…<br />

Was bedeutet es für Sie persönlich in<br />

Ungarn zu helfen?<br />

Meine erste Fahrt, ich erwähnte es ja<br />

schon, fand 2001 statt. Ich wollte einfach<br />

nur "mitfahren" und daraus sind<br />

jetzt schon über zehn 10 Jahre des "Mitfahrens"<br />

geworden. Mein erster Besuch<br />

war ein Schock, so viele Hunde auf<br />

engstem Raum hatte ich noch nie gesehen<br />

- und sie alle hatten keine Aussicht<br />

auf ein anderes Leben!<br />

Ich habe damals eine kleine Hündin<br />

aus einer Gruppe großer Hunde gefischt.<br />

Die haben wir mitgenommen,<br />

und kurze Zeit später zog sie bei uns zu<br />

Hause ein, obwohl mein Mann und ich<br />

absolute "Schäferhundfans" sind.<br />

Lilly hatte noch neun schöne Jahre bei<br />

uns, später kamen wieder Schäferhunde<br />

Das neue Welpenhaus wird<br />

ca. 20.000 Euro kosten<br />

zu uns, u.a. der Rumäne Ben und die<br />

dreibeinige Anna aus Spanien.<br />

Mir ist es ein Herzensanliegen, im Tierheim<br />

Pecs zu helfen und die Situation<br />

der Hunde vor Ort zu verbessern, ihnen<br />

die Umstände erträglicher zu gestalten.<br />

Aber ich stehe auch dazu, dass ich gerne<br />

Hunde mit nach Deutschland nehme<br />

und ihren weiteren Weg in ein neues<br />

Zuhause verfolge. Das sind immer<br />

Glücksmomente für mich!<br />

Wie schaffen Sie die Vereinbahrung<br />

von Vollzeit-Beruf, Vorstandsamt und<br />

der Projektleitung für den Tierschutz<br />

in Ungarn?<br />

Ich mache alle drei Bereiche gerne und<br />

dann klappt es auch, zumal mein Ehemann<br />

mein Engagement im Tierschutz<br />

mit trägt und unterstützt. Dennoch<br />

könnte der Tag für mich mehr als 24<br />

Stunden haben…<br />

Was wünschen Sie sich für die Tierheimtiere<br />

in Ungarn?<br />

Entspanntere Haltungsbedingungen,<br />

keine überfüllten Zwinger, keine (tödlichen)<br />

Beißereien, Sauberkeit, genügend<br />

Futter, viele Interessenten, öffentliches<br />

Interesse für die Lage der<br />

Tierheimhunde in Ungarn - und für alle<br />

ein schönes Zuhause, nicht an der<br />

Kette, sondern mit Familienanschluss.<br />

Wie kann jeder einzelne Tierfreund<br />

helfen?<br />

Helfen kann man nachhaltig durch Patenschaften<br />

für einen Tierheimhund<br />

aus Pecs. Mit 15 Euro monatlich ist die<br />

Versorgung eines Hundes sichergestellt.<br />

Spenden sind natürlich immer<br />

wichtig; sie werden in erster Linie für<br />

das Futter benötigt.<br />

Interview: Claudia Lotz<br />

Das Recht der Tiere 3/2011<br />

17


Das Recht der Tiere 3/2011<br />

18<br />

Das brutale Gänsestopfen ist<br />

in Deutschland verboten<br />

Im Vorfeld der zweijährlich<br />

stattfindenden ANUGA, der<br />

weltweit führenden Ernährungsmesse,<br />

sorgte eine Ankündigung<br />

der Betreiber für Zwist:<br />

In verschiedenen Medien hatten<br />

Sprecher der Kölner Messe bekanntgegeben,<br />

ein ganz "besonderes"<br />

Erzeugnis aus dem<br />

Produktverzeichnis entfernen<br />

zu wollen: Foie gras, zu deutsch<br />

"fette Leber", soll im Warenverzeichnis<br />

der Messe nicht mehr<br />

auftauchen. Bei Angehörigen<br />

verschiedenster Tier- und Umweltschutzorganisationen<br />

stieß<br />

die Ankündigung auf große<br />

Freude, wird doch mit Foie gras<br />

vor allem Tierleid verbunden.<br />

Ein Bericht von Roman Kriebisch<br />

Vertreter der meist französischen Anbieter dieser "Delikatesse"<br />

reagierten empört, sogar auf politischer Ebene schlug der<br />

Ausschluss Wellen: Staatssekretäre verhandelten mit deutschen<br />

Diplomaten, der französische Agrarminister wandte<br />

sich in einem persönlichen Brief an seine deutsche Amtskollegin<br />

Ilse Aigner, in dem er sein Fernbleiben von der Messe<br />

androhte, werde die Entscheidung nicht zurückgenommen.<br />

Schließlich, so der französische Politiker, hingen von der<br />

Stopfleber-Branche allein in Frankreich ca. 35.000 Arbeitsplätze<br />

ab. Dabei soll Stopfleber auf der Messe gar nicht verboten<br />

werden; lediglich der Eintrag im Warenverzeichnis soll<br />

gelöscht werden - trotzdem mehr als nur ein kleiner Erfolg für<br />

Gegner der qualvollen Spezialität, wie der entstandene Aufruhr<br />

zeigt.<br />

Die Produktion von Foie gras ist in Deutschland ebenso wie<br />

in 13 anderen europäischen Staaten verboten, da sie massiv<br />

<strong>gegen</strong> das Tierschutzgesetz verstößt. Neben Ungarn und<br />

Bulgarien zählt Frankreich zu den drei Hauptproduzenten<br />

von Stopfleber, bis zu 80 % der gehandelten Foie-gras-Produkte<br />

stammen aus französischen Betrieben.<br />

Um die Fettleber zu erzeugen, werden Enten und Gänse mit<br />

Metallrohren "gestopft": Ein bis zu 50 cm langes Metallrohr<br />

wird den Tieren dabei in den Schlund gerammt und eine Mi-<br />

Auf der sc<br />

STREIT UM GÄNSESTOPFLEBER<br />

schung aus Getreide und Fett direkt in den Magen gepumpt.<br />

Die Menge erreicht dabei nicht selten die Hälfte des Körpergewichtes<br />

der Tiere, besonders der kleineren Enten. Bei Gänsen<br />

wird dieser Vorgang dreimal, teilweise sogar viermal täglich<br />

vorgenommen, bei Enten wird der gleiche Effekt schon<br />

mit zwei Stopfvorgängen erzielt, weshalb heute über 90 % der<br />

gestopften Tiere Enten sind.<br />

Da die Vögel das Fett nicht verwerten können, speichern sie<br />

es in der Leber, die nun so lange verfettet, bis diese etwa das<br />

Zehnfache ihres ursprünglichen Gewichtes und ihrer früheren<br />

Größe erreicht hat. Dieser Prozess dauert meist weniger<br />

als einen Monat. Das Tier wird nun geschlachtet, bevor es an<br />

den Folgen der brutalen Mast eingeht. Typische Verletzungen<br />

von in der Stopfmast verendeten Tieren sind durchstoßene<br />

Speiseröhren, ein verkümmerter Bewegungsapparat infolge<br />

des zu schnellen Wachstums, Atemnot durch eingedrückte<br />

Lungen, Entzündungen von Darm und Kloake.<br />

Auch die Stopfmast ist ein mittlerweile hoch technisierter<br />

Agrarsektor, der es auf modernen Farmen ermöglicht, mit<br />

nur wenigen Arbeitern viele hundert Tiere zu "betreuen". Auch<br />

der so entstehende Zeitdruck - oft bleiben nur Sekunden für<br />

das Stopfen eines Tieres - ist zusätzlich verantwortlich für ei-


hwarzen Liste<br />

FLAMMT ERNEUT AUF<br />

Jedes 10. Tier stirbt<br />

während der Mast<br />

ne Sterbensrate von bis<br />

zu 20 %, die während eines<br />

Mastvorganges mit<br />

eingeplant wird. Zudem<br />

leiden die Tiere unter<br />

enormem Stress und<br />

ständigen Schmerzen, da<br />

sie alles andere als artgerecht<br />

gehalten werden.<br />

Typische Zeichen<br />

sind etwa Kannibalismus<br />

und das Ausreißen von<br />

Federn.<br />

Zwar ist die Produktion in Deutschland verboten, der Import<br />

jedoch nicht. Foie-gras-Produkte dürfen durch die Bestimmungen<br />

zum freien Warenverkehr auch in Deutschland verkauft<br />

werden. Allein im letzten Jahr importierte Deutschland<br />

170 Tonnen Stopfleber aus Frankreich, der Verkauf boomt<br />

besonders zur Weihnachtszeit: Traditionell werden hier bis zu<br />

50 % des Jahresumsatzes erzielt. Gerade zur Adventszeit<br />

läuft derweil auch das Geschäft mit dem restlichen Körper<br />

der Tiere - als Nebenprodukt wird das Fleisch gerne verkauft,<br />

etwa als "ungarische Hafermastgans" oder Gans aus "bäuerlicher<br />

Haltung" - diese Begriffe sind nicht geschützt. Nur wer<br />

das Kleingedruckte genau studiert, findet eventuell den Hinweis:<br />

aus Stopfmast.<br />

Tierschützer streiten daher seit langem nicht nur für ein Verbot<br />

der Foie gras, sondern auch für eine deutliche Kennzeichnung<br />

von tierquälerisch erzeugten Produkten aus Stopfmast.<br />

Auch in Frankreich gibt es Tierschutzgesetze, die die<br />

Produktion der Stopfleber eigentlich verbieten müssten. Doch<br />

die französische Nationalversammlung hat die Foie gras<br />

2005 zum nationalen und gastronomischen Kulturerbe erklärt<br />

- und damit für den Tierschutz unantastbar gemacht.<br />

Frankreich ist das einzige westeuropäische Land, in dem das<br />

Stopfen - auch "Nudeln" genannt - noch nicht verboten ist.<br />

Die Franzosen sind der weltweit größte Produzent von Stopflebern;<br />

im Jahr 2005 stellten die Franzosen knapp 20.000<br />

Tonnen dieser "Delikatesse" her und verarbeiteten damit<br />

98 % der weltweit erzeugten Menge.<br />

Die Entscheidung der Kölner Messebetreiber, die Fettleber<br />

aus den Verzeichnissen zu verbannen, ist nur ein kleiner<br />

Schritt - aber er zeigt in die richtige Richtung. Dass gleichzeitig<br />

jedoch ein enormer Handlungsbedarf besteht, legen<br />

dieser Schritt und die Reaktionen darauf schonungslos offen.<br />

A KTUELL<br />

Deutsches<br />

Tierschutzbüro<br />

veröffentlicht<br />

Videodokumentation<br />

Die Dokumentation bringt Licht ins Dunkel dieser grausamen<br />

Mastform. Während das "Stopfen" in jedem anderen westeuropäischen<br />

Land aus Tierschutzgründen<br />

verboten wurde,<br />

wurde es von Frankreich zum Kulturerbe<br />

erklärt und ist somit unantastbar.<br />

Doch auch der deutschen<br />

Mastgans geht es alles andere als<br />

gut. Mehr als 1,5 Millionen von ihnen<br />

- das entspricht etwa der Einwohnerzahl<br />

von Hamburg - werden<br />

jedes Jahr unter meist<br />

qualvollen Bedingungen gehalten.<br />

Das Deutsche Tierschutzbüro<br />

zeigt den traurigen Alltag der Mastgänse, die gerade zu<br />

Sankt Martin und Weihnachten ihr Leben für einen angeblichen<br />

Gaumenschmaus lassen müssen, und wie sich Handelskonzerne<br />

aus der Verantwortung stehlen.<br />

Die DVD-Videodokumentation mit dem Titel "Gänsealltag:<br />

Gestopft - gemästet - gequält: Gans arm dran"<br />

kann für 14,99 Euro beim Deutschen Tierschutzbüro<br />

(www.tierschutz-videos.de oder Tel. 0221-20463862) bestellt<br />

werden.<br />

Die Dokumentation hat eine Länge von 20 Minuten.<br />

Fotos www.tierschutzbilder,<br />

Jan Peifer<br />

Das Recht der Tiere 3/2011<br />

19


Das Recht der Tiere 3/2011<br />

20<br />

T IERSCHUTZPOLITIK I<br />

"REFORM"<br />

der Gemeinsamen<br />

EU-Fischereipolitik<br />

Auch die neuste Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) der<br />

EU bringt keinen Tierschutz, keine Meeresschutzzonen, keinen Fairen<br />

Handel - sie bringt eigentlich nichts Neues.<br />

Im April 2009 hatte die EU-Kommission ein "Grünbuch" publiziert, in welchem<br />

sie erstaunlich schonungslos mit den verhehrenden Folgen der Gemeinsamen Fischereipolitik<br />

der EU (GFP) abrechnete. Das "Grünbuch" enthielt zudem Vorschläge<br />

für eine Wende und lud zu einer breiten Konsultation hierüber ein. Auch<br />

wenn diese Vorschläge nicht gerade berauschend waren, erhofften sich selbst Skeptiker, dass der ausgelöste<br />

Prozess ein paar griffige Massnahmen bringen werde.<br />

Was die EU-Kommission nun im Juli 2011 als Reformprojekt präsentiert hat, liegt weit hinter den Erwartungen<br />

zurück. Offensichtlich hatten die grossen Fischindustriellen und die von ihnen bearbeiteten Regierungen<br />

(allen voran Spanien) erfolgreich in Brüssel lobbyiert.<br />

Der Verein fair-fish hatte zum "Grünbuch" mit acht Forderungen Stellung genommen.<br />

Stellt man diese den jüngsten Vorschlägen der Kommission ent<strong>gegen</strong>,<br />

sieht das Bild besonders ernüchternd aus.<br />

1. Kein Ende der Propaganda für<br />

immer mehr Fisch<br />

Die fair-fish-Forderung 2009: Keine Unterstützung<br />

irgendwelcher Art für "Gesundheits"-Propaganda zugunsten<br />

eines hohen Fischkonsums. Omega-3-Fettsäuren lassen sich<br />

direkt dort gewinnen, wo sich die Fische selbst damit versorgen:<br />

aus Algen.<br />

Statt dessen soll die EU Bestrebungen zur Aufklärung der Verbraucher/innen<br />

über die Zusammenhänge zwischen Fischkonsum<br />

und Überfischung sowie zwischen rücksichtslosem<br />

Umgang mit Fischen und Qualitätsverlust ihres Fleischs fördern<br />

(Punkt 7).<br />

Vorschlag der EU-Kommission 2011: Das Thema<br />

wird überhaupt nicht berücksichtigt; gestärkt wird einzig die<br />

Deklarationspflicht.<br />

2. Weiterhin<br />

Förderung der<br />

nicht nachhaltigen<br />

Fischzucht<br />

fair-fish: FörderundForschungsmittel<br />

für die Aquakultur<br />

werden nur<br />

Auch im Senegal sind Fischer<br />

Opfer der industriellen Fischerei<br />

noch an Projekte und Betriebe ausgerichtet, welche erheblich<br />

weniger Wildfisch verfüttern, als sie gewinnen, und welche<br />

die Tiere nach neustem Wissensstand artgerecht halten,<br />

um das Wohl der Tiere zu fördern und Stress und Leiden so<br />

gering wie möglich zu halten (Punkt 7).<br />

EU-Kommission: Thema überhaupt nicht berücksichtigt;<br />

im Gegenteil soll Aquakultur massiv gefördert werden.


3. Europas Schiffe rauben auch künftig in Afrika<br />

fair-fish: Wenn Länder des Südens Fisch nach Europa liefern<br />

wollen, dann sollen sie den selber fangen und verarbeiten.<br />

Nur so erhalten Fischer und Arbeiterinnen dort den ihnen<br />

zustehenden Mehrwert. Und nur so wird Europa<br />

gezwungen, für die eigenen Fischgründe Sorge zu tragen.<br />

Um zu verhindern, dass überzählige europäische Schiffe unter<br />

anderer Flagge weiterhin in aussereuropäischen Fanggebieten<br />

fischen, werden die überdimensionierten Fangkapazitäten<br />

der EU reduziert. Dazu setzt die EU eine einmalige<br />

Verschrottungsprämie aus, die ausbezahlt wird, wenn das<br />

Schiff nachweislich verschrottet worden ist.<br />

EU-Kommission: Thema überhaupt nicht berücksichtigt;<br />

an Fischereiabkommen mit andern Ländern wird festgehalten,<br />

bei vager Verpflichtung der EU auf soziale und ökologische<br />

Kriterien.<br />

4. Raubbau wird fortgesetzt<br />

fair-fish: Verbot der Befischung überfischter Bestände oder<br />

gar gefährdeter Arten.<br />

EU-Kommission: Thema nicht berücksichtigt.<br />

5. Industrielle Fangmethoden bleiben erlaubt<br />

fair-fish: Fangmethoden wie Grundschleppnetze, die viel<br />

Beifang verursachen und den Lebensraum der Fische zerstören,<br />

sind zu verbieten. Die handwerkliche Fischerei mit kleinen<br />

Booten schafft mehr Arbeitsplätze als Fabrikschiffe.<br />

EU-Kommission: Thema gar nicht berücksichtigt; möglicherweise<br />

macht das geplante Verbot des Rückwurfs unerwünschter<br />

Fänge die industrielle Fischerei etwas teurer.<br />

6. Weiterhin Geld für rücksichtslose Fischereien<br />

fair-fish: Jegliche Förderung der Fischerei durch die EU<br />

wird nur noch an Betriebe ausgerichtet, welche Mindestauflagen<br />

an Tierschutz und Nachhaltigkeit erfüllen. Dabei ist die<br />

lokal verankerte artisanale Fischerei mit kleinen Booten und<br />

Geräten zu bevorzugen. Sie schafft nicht nur mehr Arbeitsplätze<br />

als die industrielle Fischerei, sondern lässt sich auch<br />

leichter so gestalten, dass sie sozial und ökologisch nachhaltig<br />

und ethisch verantwortlich geführt werden kann.<br />

EU-Kommission: Thema nicht berücksichtigt; die künftige<br />

Regionalisierung von Entscheidungen und die Möglichkeit<br />

von Fördermassnahmen für kleine Fischereien kann schonendere<br />

Fangmethoden allenfalls etwas fördern.<br />

7. Fischwohl bleibt unberücksichtigt<br />

fair-fish: Europas neue Gemeinsame Fischereipolitik berücksichtigt,<br />

dass es sich bei Fischen um leidensfähige Lebewesen<br />

handelt. Fischerei und Aquakultur werden darauf ausgerichtet,<br />

dass sie das Wohl der Tiere möglichst wenig<br />

beeinträchtigen und dass die Tiere vor der Schlachtung so<br />

kurz und wenig wie möglich leiden müssen.<br />

EU-Kommission: Thema überhaupt nicht berücksichtigt.<br />

T IERSCHUTZPOLITIK I<br />

In Deutschland wurden große Euro-Kutter gefördert<br />

und kleine selbständige Fischer verdrängt<br />

8. Nach wie vor keine Meeresschutzzonen<br />

fair-fish: Schaffung von untereinander vernetzten Meeresschutzzonen,<br />

die mindestens einem Anteil von 40% an Europas<br />

Meeresfläche entsprechen. Die Fischerei in diesen Zonen<br />

soll ausschliesslich lokalen Fischern erlaubt sein, welche extensive<br />

Methoden anwenden und Artenschutz, Schonzeiten<br />

und Fangquoten einhalten und die Überwachung ihrer Zone<br />

aktiv unterstützen. Wo Europa Fisch aus andern Kontinenten<br />

bezieht, fördert es dortige Bestrebungen zur Schaffung analoger<br />

Zonen.<br />

EU-Kommission: Thema überhaupt nicht berücksichtigt.<br />

Und das Schlimmste kommt erst noch …<br />

Über die Reform entscheidet nicht die Kommission, sondern<br />

der Rat der Fischereiminister der Mitgliedsstaaten. Dieser Rat<br />

hat bisher immer versagt, wenn es um den Schutz der Fischbestände<br />

und der Meere ging. Der bescheidene Plan der<br />

Kommission wird vom Rat mit Sicherheit noch gerupft werden.<br />

Voraussichtlich dürfte die ab 2013 schrittweise geplante<br />

Reform am Ende soviel bewirken wie ihre Vorgängerinnen:<br />

keine Entlastung für Fischbestände und marine Umwelt,<br />

weitere industrielle Aufrüstung zulasten der kleinen<br />

Fischereibetriebe,<br />

fortgesetzte Ausbeutung aussereuropäischer<br />

Meeresgebiete,<br />

vom unverminderten Leiden der gefangenen Fische<br />

ganz zu schweigen.<br />

BILLO HEINZPETER STU<strong>DER</strong><br />

gründete 2000 den Verein fair-fish,<br />

dessen Fachstelle er bis heute leitet.<br />

Der Verein ist mit Büros in der<br />

Schweiz, Deutschland und Österreich vertreten.<br />

Kontakt: billo@fair-fish.net<br />

Das Recht der Tiere 3/2011<br />

21


Das Recht der Tiere 3/2011<br />

22<br />

B ERUFE<br />

Mehr als ein<br />

Mehr<br />

"Sie haben es gut; Sie können den gan-<br />

Hundespazier<br />

zen Tag mit den Hunden spazieren gehen<br />

und werden dafür auch noch bezahlt!"<br />

Immer wieder werden Tierpfleger/<br />

innen mit ähnlichen Vorstellungen über<br />

ihren Berufsalltag im Tierheim konfrontiert.<br />

Dass die Tierpfleger-Ausbildung DIE AUSBILDUNG<br />

äußerst vielschichtig ist und weit über<br />

"Hundespaziergänge und Katzenku- ZUR/M TIERPFLEGER/IN<br />

scheln" hinausgeht, erklärt Tierheimleiter<br />

Stefan Kirchhoff. In der Arche Noah in<br />

Stuhr/Brinkum können junge Menschen ihren Traumberuf erlernen, außerdem im bmt-Tierheim Köln-<br />

Dellbrück, der Wau-Mau-Insel in Kassel und dem Tierheim Elisabethenhof in Reichelsheim.<br />

In den letzten 20 Jahren hat sich viel in<br />

den Tierheimen getan: Die Einrichtungen<br />

setzten die Anforderungen an artgerechte<br />

Tierhaltungen mit viel Platz,<br />

Freiläufen und Sozialkontakten um<br />

und gleichzeitig steigen die Erwartungen<br />

der Menschen, die sich mit Anfragen,<br />

Bitte um Hilfe, Information, Beratung<br />

und praktische Unterstützung an<br />

uns Tierheimmitarbeiter richten.<br />

Mittlerweile werden mehr als 25 verschiedene<br />

Haustierarten - vom Hund<br />

über den Nymphensittich bis zum Degu<br />

- in unseren Tierheimen versorgt.<br />

Ihnen allen müssen die Tierpfleger<br />

hinsichtlich Haltung, Fütterung, Vergesellschaftung<br />

und Suche nach einem<br />

geeigneten Zuhause gerecht werden.<br />

Hygienemaßnahmen, Kundenge-<br />

spräche, EDV-Kenntnisse, Vertragsabwicklungen,<br />

Arbeitsschutz, Öffentlichkeitsarbeit<br />

und rechtliche Grundlagen<br />

sind weitere Aufgaben, die Tierheimleitungen<br />

von motivierten Tierpflegern erwarten.<br />

Während sich vor Jahren Quereinsteiger<br />

durch Engagement und Weiterbildungen<br />

die nötigen Kenntnisse erwarben,<br />

stellen heute die Tierheime in der<br />

Regel nur ausgebildete Tierpfleger ein.<br />

Die/der Tierpfleger/in ist in Deutschland,<br />

Österreich und der Schweiz eine<br />

Berufsbezeichnung.<br />

Das Aufgabengebiet umfasst die fachund<br />

artgerechte Pflege, Betreuung und<br />

Zucht von Tieren in Tierheimen, Zoos,<br />

Forschungseinrichtungen und Zuchtbetrieben.<br />

Das Berufsbild umfasst drei<br />

Tätigkeitsfelder: Forschung und Klinik<br />

(Labortierpflege), Zootierpflege und<br />

seit 2003 den Bereich Tierheim- und<br />

Pensionstierpflege. Die Ausbildung<br />

dauert drei Jahre und findet im Dualen<br />

System statt - Ausbildungsbetrieb und<br />

Berufsschule teilen sich also die Ausbildung.<br />

Zu den Fächern in der Berufsschule gehören<br />

Haltung und Pflege, Zucht und<br />

Erziehung, Wirtschafts- und Sozialkunde,<br />

Deutsch, Politik und fachbezogenes<br />

Rechnen sowie Religion und Bewegungslehre.<br />

Leider haben wir nach<br />

Rückmeldungen unserer Azubis immer<br />

wieder festgestellt, dass der Unterricht<br />

in den Berufsschulen in den <strong>Bund</strong>esländern<br />

nicht gleichermaßen anspruchsvoll<br />

ist.


gang<br />

Auch Assistenz bei Tierärzten ist<br />

eine Aufgabe von Tierpflegern<br />

Die praxisnahen Fächer "Haltung und<br />

Pflege" sowie "Zucht und Erziehung"<br />

beinhalten u.a.: Gehegeeinrichtung,<br />

Krankheitslehre, Biologische Daten, Ernährung,<br />

Beschäftigung, Vergesellschaftung,<br />

Verhalten, Systematik, Hygiene<br />

und Desinfektion, Quarantänemaßnahmen,<br />

Tiertransport, Pflanzenkunde,<br />

Erziehung, Genetik, Anatomie,<br />

Ursprung, Umgang mit Tieren und Arbeitsschutzmaßnahmen.<br />

Am Ende der<br />

Lehre muss eine theoretische und praktische<br />

Abschlussprüfung bestanden<br />

werden.<br />

Der Ablauf einer<br />

praktischen Prüfung<br />

könnte so aussehen:<br />

"Desinfizieren Sie eine Tierunterkunft".<br />

Dabei müssen bis zu 20 Arbeitsschritte<br />

und Abläufe wie zum Beispiel<br />

Einwirkzeit, Mischverhältnis, Sicherheitsmaßnahmen<br />

etc. beachtet werden<br />

"Führen Sie einen Gesundheitscheck<br />

bei einem Tier durch und richten<br />

Sie eine Quarantänebox ein"<br />

"Erkennen und Erläutern Sie Krankheitsanzeichen"<br />

"Bestimmen Sie das Geschlecht des<br />

Tieres"<br />

"Was sind die anatomischen Besonderheiten<br />

dieses Tieres?"<br />

"Führen Sie Quarantänemaßnahmen<br />

durch". Zu diesem Punkt werden<br />

bis zu 40 Arbeitsschritte und diverse Erklärungen<br />

erwartet.<br />

Im Bereich Futtermittelkunde müssen<br />

die Prüflinge ca. 50 Pflanzen und Futtermittel<br />

(Saaten, Obst, Gemüse,<br />

Fleisch etc.) erkennen und beschreiben.<br />

Inhaltstoffe und Verträglichkeit des Futters<br />

sollen benannt bzw. für ein<br />

Tier zusammengestellt werden.<br />

Diese nur einzelnen Beispiele<br />

zeigen, wie anspruchsvoll die<br />

Ausbildung ist. Aber auch ein<br />

guter Abschluss macht noch<br />

keine/n gute/n Tierpfleger/in<br />

aus.<br />

Um den Beruf im Sinne der Tiere<br />

so professionell wie möglich<br />

durchzuführen, braucht man<br />

ständiges Interesse an Tieren, sehr viel<br />

Eigeninitiative und Achtsamkeit.<br />

Man muss körperlich fit und absolut<br />

unempfindlich <strong>gegen</strong> Schmutz und Gerüche<br />

sein, starke Nerven haben und<br />

ein gutes Gefühl für Tier und Mensch<br />

entwickeln, um seiner Verantwortung<br />

für beide gerecht zu werden. Wer die<br />

Ausbildung zur/zum Tierpfleger/in nur<br />

deswegen durchläuft, weil sie/er "Tiere<br />

mag" oder "mit Tieren arbeiten möchte",<br />

ist im Tierheim fehl am Platz, weil<br />

sich der Berufsalltag aus weitaus mehr<br />

Komponenten - wie der Beschäftigung<br />

mit Interessenten, Tierheimbesuchern,<br />

Spendern, Hilfesuchenden, Behörden<br />

etc. - zusammensetzt.<br />

Fotos: Stefan Kirchhoff, Azubis im Tierheim Arche Noah<br />

B ERUFE<br />

Tierpfleger müssen sich damit anfreunden,<br />

deutschlandweit nach Arbeitsplätzen<br />

zu suchen, unbezahlte Überstunden<br />

in Kauf zu nehmen, an Feiertagen<br />

zu arbeiten und trotzdem mit einem geringen<br />

Gehalt auszukommen. Doch da<br />

wir alle mit diesen "Widrigkeiten" leben,<br />

scheint der Beruf gleichzeitig mehr<br />

als nur ein Job für uns zu sein: Er ist eine<br />

Berufung, weil uns alle eines eint:<br />

Die Liebe zum Tier und der Wunsch zu<br />

helfen, wann immer ein Tier uns<br />

braucht.<br />

Hier finden Sie die Ausbildungsverordnung<br />

für Tierpfleger:<br />

http://bundesrecht.juris.de/<br />

bundesrecht/tierpflausbv2003/<br />

gesamt.pdf<br />

Suchen Sie eine Stelle<br />

als Tierpfleger/in?<br />

Das Tierheim Elisabethenhof stellt<br />

eine/n Tierpfleger/in ein.<br />

Erwartet werden:<br />

Abgeschlossene Ausbildung<br />

zur/zum Tierpfleger/in<br />

Berufserfahrung<br />

Klares Bekenntnis zum Tierschutz<br />

bzw. Tierschutzhintergrund<br />

Soziale Kompetenz, körperliche<br />

Belastbarkeit, Eigeninitiative und<br />

Bereitschaft zu Sonn- und Feier -<br />

tagsarbeit.<br />

Außerdem sucht das Tierheim Elisabethenhof<br />

Mieter für ein Haus mit<br />

Garten auf dem Tierheimgelände.<br />

Bewerbungen bitte an:<br />

Tierheim Elisabethenhof<br />

Tierheimleiter Christian Werner<br />

Siedlerstraße 2<br />

61203 Reichelsheim<br />

www.tierheim-elisabethenhof.de


Das Recht der Tiere 3/2011 DRAMA<br />

24<br />

TH KÖLN-DELLBRÜCK<br />

UM CHICA<br />

Wie eine ganze Stadt mithalf,<br />

unsere entführte Hündin wiederzufinden<br />

08. Juli 2011, 16:00 Uhr: Es sind Sommerferien und zur Öffnungszeit<br />

ist bei uns im Tierheim jede Menge los. Mit 140 Hunden<br />

und 130 Katzen sind wir wie in jedem Jahr hoffnungslos<br />

überfüllt und sehr froh, dass es so viele Tierfreunde gibt, die<br />

zu uns kommen, um einen unserer Schützlinge zu adoptieren.<br />

Im Katzenhaus findet eifriges Kennenlernen mit unseren<br />

Samtpfoten statt, und auch auf dem Hof beschnuppern sich<br />

Zwei- und Vierbeiner durch die Gitterstäbe der Zwinger. Einige<br />

Hunde gehen Probegassi, unter ihnen auch unsere elfjährige<br />

Schäferhündin Chica.<br />

Die Hündin und ihre Interessenten freuen sich auf den Spaziergang<br />

im Wald, verlassen das Tierheimgelände und dann<br />

passiert es plötzlich: Ein ungepflegter Mann mit langen Dreadlocks<br />

springt zwischen den Autos hervor, reißt Chica das Halsband<br />

ab und verschwindet mit ihr im Wald. Alles geht in Sekundenschnelle,<br />

noch bevor irgendjemand reagieren kann<br />

sind beide außer Sichtweite.<br />

Zur Vorgeschichte: Chica wurde in den<br />

letzten Monaten bereits zweimal von<br />

der Polizei sichergestellt, weil sie vom<br />

Sohn ihres Besitzers massiv misshandelt<br />

worden war. Dieser hatte sich den<br />

Hund seines gehbehinderten Vaters immer<br />

wieder ausgeliehen, wahrscheinlich<br />

um mit ihr auf der Straße zu betteln.<br />

Der erste schreckliche Vorfall<br />

ereignete sich in einer Straßenbahn:<br />

Weil Chica sich auf seinen Befehl hin<br />

nicht sofort hinlegen wollte, warf er sie<br />

zu Boden, trat ihr in die Seiten und auf<br />

den Kopf und schrie immer wieder,<br />

dass er sie hasse. Beim Aussteigen<br />

nahm er sie am Nacken und<br />

schleuderte sie <strong>gegen</strong> eine<br />

Betonwand. Beim<br />

zweiten Mal prügelte<br />

er auf offener<br />

Straße<br />

auf sie<br />

ein,<br />

weil sie zu einem anderen Hund hingelaufen<br />

war. Glücklicherweise hatten<br />

Passanten beide Male eingegriffen und<br />

den Mann angezeigt. Wir waren heilfroh,<br />

dass Chica nach diesem Martyrium<br />

seit Mitte Juli nun endlich bei uns<br />

in Sicherheit war und sich langsam einlebte<br />

- und dann passierte diese<br />

schreckliche Entführung!<br />

Aufgrund des auffälligen Äußeren war<br />

uns schnell klar, dass es sich bei dem<br />

Dieb nur um ihren Peiniger handeln<br />

konnte. Wir durften uns gar nicht ausmalen,<br />

was er Chica jetzt wieder antun<br />

könnte. Würde er an ihr seine Wut auslassen?<br />

Sie in eine andere Stadt bringen?<br />

Oder gar ganz beseitigen wollen,<br />

um uns eins "auszuwischen"? Sofort<br />

fuhren wir mit sämtlichen Autos und<br />

Fahrrädern die komplette Umgebung<br />

ab und suchten bis in den späten<br />

Abend, aber Chica und der Mann blieben<br />

wie vom Erdboden verschluckt.<br />

Am nächsten Tag musste ein Masterplan<br />

her. Alleine würden wir es nicht<br />

schaffen, die Hündin zu finden, dafür<br />

war eine Millionenstadt wie Köln einfach<br />

zu groß. Also mussten wir<br />

möglichst vielen Menschen von<br />

Chica berichten. Ganz Köln<br />

sollte wissen, dass sie entführt<br />

und in Gefahr war, alle sollten<br />

die Augen nach ihr auf-<br />

Das Martyrium für Chica ist vorbei


halten. Also gaben wir eine Presseerklärung<br />

an die Medien heraus und verbreiteten<br />

ihr Foto auf sämtlichen Internetseiten.<br />

Mit Hilfe vieler Tierfreunde war Chicas<br />

Foto auf der Internetplattform Facebook<br />

binnen kürzester Zeit hundertfach<br />

verbreitet und die Entführung in aller<br />

Munde. Die lokale Presse reagierte sofort<br />

mit großen Artikeln, und sogar der<br />

WDR war bei uns, um in der abendlichen<br />

"Lokalzeit" zu berichten und uns<br />

bei der Suche zu helfen. Spontan gegründete<br />

Suchtrupps fuhren in Köln alle<br />

verdächtigen Plätze ab, und auch wir<br />

selbst waren ständig mit den Autos<br />

unterwegs. Vom Hauptbahnhof bis<br />

zum Chlodwigplatz, von der Kalker<br />

Post bis zum Aldi Supermarkt in Merheim<br />

- kein Quadratmeter blieb unbeobachtet.<br />

Wir sprachen mit Kneipenwirten, KVB-<br />

Fahrern und Bäckerfrauen, der Kreis<br />

der suchenden Personen wurde stündlich<br />

größer. Ganz Köln war auf den Beinen<br />

und suchte unsere Chica. Es war<br />

rührend zu sehen und zu spüren, wie<br />

viel Unterstützung wir von allen Seiten<br />

bekamen - sogar die Kripo war im Einsatz.<br />

Die ersten 48 Stunden waren unendlich<br />

lang und leider ohne jeglichen<br />

Erfolg gekrönt. Hier und da gingen<br />

Hinweise ein, dass die beiden gesehen<br />

wurden, doch immer, wenn einer von<br />

uns dort ankam, gab es keine Spur<br />

mehr von Chica. Wir gaben die Hoffnung<br />

in keiner Weise auf, aber nach<br />

zwei erfolglosen Tagen der Suche hatten<br />

wir große Zweifel, dass sie überhaupt<br />

noch in der Stadt war.<br />

Doch dann, am Mittwochabend <strong>gegen</strong><br />

18:00 Uhr, kam der erlösende Anruf:<br />

Chica war gefunden! Eine Tierfreundin,<br />

die bei Facebook die Suche über<br />

Tage verfolgt hatte, sah die Hündin<br />

samt ihrem Peiniger in Köln Porz an einer<br />

Bushaltestelle sitzen. Sie rief ohne<br />

zu zögern die Polizei, die auch in weniger<br />

als 10 Minuten vor Ort war und<br />

zugriff. Der Tierquäler wehrte sich zunächst<br />

und war sich nicht bewusst, etwas<br />

Unrechtes getan zu haben, gab<br />

die Hündin aber schließlich frei.<br />

Er wurde festgenommen und Chica<br />

kam direkt an einen sicheren, aber geheimen<br />

Ort. Selbst wir durften aus Sicherheitsgründen<br />

nicht wissen, wo sie<br />

sich befand. Obwohl wir sie nicht in die<br />

Arme schließen konnten, war unsere<br />

Freude unermesslich. Die Nachricht,<br />

dass Chica wohlbehalten gefunden<br />

wurde, verbreitete sich wie ein Lauffeuer.<br />

Wir hatten das Gefühl, ganz Köln<br />

freute sich mit uns über Chicas Rückkehr.<br />

Wie schrieb jemand so schön auf<br />

der Tierheim-Dellbrück Facebook-Seite:<br />

"Ich glaube, es ging ein Donnergrollen<br />

durch Facebook von den ganzen<br />

Steinen, die den Menschen hier von<br />

den Herzen geplumpst sind... Gott sei<br />

Dank ist Chica in Sicherheit!"<br />

Wie sollte es aber nun mit Chica weitergehen?<br />

Nach all dem Stress wollten wir<br />

ihr ungern zumuten, wieder ins Tierheim<br />

zu müssen. Sie sollte nun endlich<br />

ein Zuhause für immer bekommen.<br />

Und endlich anfangen, ein lebenswertes,<br />

angstfreies Hundeleben zu führen.<br />

Leider waren ihre Interessenten durch<br />

TH Köln-Dellbrück<br />

Iddelsfelder Hardt, 51069 Köln<br />

Leiterin (GSt): Sylvia Bringmann<br />

Leiter (TH): Bernd Schinzel<br />

Tel. (0221) 68 49 26, Fax 68 18 48<br />

Postbank Köln, BLZ 370 100 50<br />

Konto 924 02-505<br />

www.tierheim-koeln-dellbrueck.de<br />

TH KÖLN-DELLBRÜCK<br />

das schlimme Erlebnis so eingeschüchtert,<br />

dass sie von der Adoption Abstand<br />

nahmen. Zu groß war die Angst, dass<br />

so etwas noch einmal passieren könnte.<br />

Sie haben sich schließlich für einen<br />

anderen Hund aus unserem Heim entschieden.<br />

Dank der Hilfe vieler Tierfreunde<br />

kann Chica jetzt ihr Leben genießen<br />

Aber da Märchen immer ein gutes Ende<br />

haben, ging auch Chicas Geschichte<br />

schön aus. Freunde unseres Tierheimleiters<br />

hatten tagelang um die<br />

Hündin mitgefiebert und nach ihrer<br />

Rettung sofort angeboten, sie für immer<br />

bei sich aufzunehmen. Und so<br />

konnte sie keine 48 Stunden später in<br />

ihr neues Zuhause ziehen. Sie lebt jetzt<br />

mit zwei weiteren Tierschutzhunden in<br />

einem schönen Haus mit großem Garten,<br />

und wir sind sicher, dass sie dort für<br />

immer in Frieden leben kann.<br />

Wir möchten uns an dieser Stelle noch<br />

einmal ganz herzlich bei allen Medien,<br />

der Polizei und vor allen den vielen privaten<br />

Personen bedanken, die uns bei<br />

der Suche nach Chica unterstützt haben.<br />

Ohne die vielen Hilfsaktionen hätten<br />

wir den Hund nie wieder gefunden.<br />

Unser besonderer Dank geht natürlich<br />

an die Finderin, die mutig genug war,<br />

die Polizei zu rufen und damit den<br />

Hund zu retten. Uns hat die Aktion gezeigt,<br />

dass in der Not auf Tierfreunde<br />

immer Verlass ist. Dankeschön.<br />

Besuchen Sie unsere Tierheim-Dellbrück<br />

Facebook Seite:<br />

www.facebook.com/<br />

tierheim.koeln.dellbrueck<br />

Text: Sylvia Hemmerling<br />

Das Recht der Tiere 3/2011<br />

25


Das Recht der Tiere 3/2011<br />

26<br />

T IERSCHUTZZENTRUM<br />

2x<br />

Ramira ist eine zutrauliche<br />

und verschmuste Wohnungskatze,<br />

doch wenn sie<br />

dem Vater zu viel wird,<br />

wirft er sie mal eben raus.<br />

Er mag keine Tiere.<br />

Eines Tages kommt Ramira zurück und ist trächtig, denn sie<br />

ist nicht kastriert. Keinem in der Familie scheint etwas aufzufallen.<br />

Plötzlich ist der Nachwuchs da. Fünf Katzenbabys<br />

bringt Ramira zur Welt. In den ersten Tagen ist alles perfekt.<br />

Die Katzenmutter kümmert sich<br />

liebevoll um ihren Nachwuchs.<br />

Eines Tages aber verschwindet<br />

sie. Sie sei angeblich aus der<br />

Wohnung gehuscht, so der<br />

Vater.<br />

Die Kleinen, erst wenige Wochen<br />

alt, schreien und wimmern<br />

vor Hunger und Kälte. Doch Ramira<br />

kommt auch am nächsten<br />

Tag nicht zurück. Das Geschrei<br />

der verlassenen Kätzchen nervt.<br />

Sie werden kurzerhand in einem<br />

Karton vor die Tür gestellt.<br />

Als die fünfzehnjährige Tochter<br />

von der Schule nach Hause kommt, ist sie entsetzt. Der Zustand<br />

der verlassenen Kätzchen hat sich drastisch verschlechtert.<br />

Die Jugendliche erkennt, dass sie hier sofort handeln<br />

muss. Sie fürchtet um das Leben der Kleinen, nimmt sie<br />

im Karton mit und versucht, an verschiedenen Stellen Hilfe zu<br />

bekommen, doch vergebens. Niemand hilft!<br />

Völlig verzweifelt und außer sich ruft bei uns an. Sofort fährt<br />

eine unserer Mitarbeiterinnen los und findet das junge Mädchen<br />

aufgelöst vor einer Tierarztpraxis. Auch dort bekam sie<br />

keine Hilfe! Die Katzenwelpen sind schon sehr schwach. Das<br />

Kleinste ist in einem Besorgnis erregenden Zustand. Zurück<br />

im Tierheim kümmern sich die Tierpfleger sofort um die Klei-<br />

Katzendrama<br />

... mit Happy<br />

End !<br />

“Du bist zeitlebens für das verantwortlich,<br />

was du dir vertraut gemacht hast.”<br />

nen. Mit Wärmelampe und Nuckelfläschchen werden sie<br />

aufgepäppelt.<br />

Dann kommt ein Anruf, die Katzenmutter ist wieder aufgetaucht<br />

und sucht nach ihren Babys. Die Jugendliche und ihre<br />

Freundin können die Mutterkatze einfangen<br />

und bringen sie zu uns. In der<br />

Zwischenzeit ist ein Mutter-Kind-Zimmer<br />

eingerichtet worden. Nun kommt der<br />

Moment der Familienzusammenführung.<br />

Alle sind gespannt! Wie wird Ramira<br />

auf ihre Jungen reagieren? Doch<br />

die Mitarbeiter des Tierheims können<br />

aufatmen! Liebevoll legt die Katzenmama<br />

die Pfoten um ihre Kleinen und<br />

schleckt sie ab. Die Welpen suchen sich<br />

sofort an der heimischen Milchbar ihren<br />

Platz und beginnen schnurrend zu saugen.<br />

Das ist vollendetes Familienglück.<br />

Doch es hätte auch ganz anders kommen<br />

können. Nur das schnelle Reagieren<br />

und das Durchhaltevermögen des jungen<br />

Mädchens haben diesen fünf Babykatzen<br />

in letzter Sekunde das Leben<br />

gerettet.<br />

Glückliches Wiedersehen:<br />

Ramira hat ihre Kleinen<br />

wieder!<br />

ANTOINE DE SAINT EXUPÉRY


Pünktlich zur Ferienzeit<br />

ereignet sich das zweite<br />

Katzendrama.<br />

Am frühen Morgen des ersten Ferientages<br />

hatte man sie vor unserem<br />

Tor abgestellt, zwei hilflose Babykatzen<br />

von ungefähr 6 Wochen. Kalt<br />

und herzlos hatte man sie zurückgelassen,<br />

in einer blauen Plastikbox,<br />

ohne Decke, ohne Futter - nur schnell weg damit! Über die<br />

Box war eine Gitterbox gestülpt, beschwert mit einem halb<br />

gefüllten BIERKASTEN.<br />

Keiner hatte sich Gedanken gemacht, ob Fuchs oder Marder<br />

auf der Suche nach einer leckeren Mahlzeit vorbeikommen<br />

könnten.<br />

Die beiden Kätzchen waren so geschockt, dass sie nicht einmal<br />

miauten, als Mitarbeiter des Tierschutzzentrums sie früh<br />

am Morgen fanden. Zum Glück waren sie wohlauf und haben<br />

gleich gefressen, als sie aus ihrem Gefängnis befreit<br />

worden waren und vorerst in eine große Box mit weichen<br />

KATZENPATEN GESUCHT!<br />

Vernachlässigung und mangelndes Verantwortungsgefühl<br />

<strong>gegen</strong>über einem Tier ist eine Form von Missbrauch, das Animal-Hoarding-Syndrom,<br />

das zwangsläufig auch zur Vernachlässigung<br />

der Tiere führt, eine andere.<br />

Aus solch einem Animal-Hoarding-Fall gestaltete sich ebenfalls<br />

ein Drama für uns. Seit dem Jahr 2006 übernahmen wir<br />

ca. 50 Katzen, die wild in einem Haus lebten. Die letzten kamen<br />

vor zwei Monaten zu uns ins Tierheim. Ihr gesundheitlicher<br />

Zustand war zum Teil so dramatisch, dass es einige<br />

nicht geschafft haben. Viele von ihnen fanden ein schönes<br />

neues Zuhause. Doch vierzehn dieser Samtpfoten leben heute<br />

noch bei uns. Ihr Verhalten und ihr Aussehen sind geprägt<br />

von ihrer Vergangenheit. Körperlich und<br />

seelisch sind sie alle mit<br />

bleibenden<br />

Decken umziehen durften.<br />

Stunden später entdeckte der Briefträger im Gebüsch, dort,<br />

wo die jungen Katzen gefunden wurden, eine erwachsene<br />

Katze, die kläglich und suchend miaute. Sie hatte ein geschwollenes<br />

Gesäuge und war sehr mager. Wir vermuteten,<br />

dass es die Mutterkatze war und setzten sie vorsichtig zu den<br />

Babykatzen, die sofort auf sie zuliefen und von ihr abgeschleckt<br />

wurden.<br />

Wir waren geschockt! Man hatte die noch säugende Mutterkatze<br />

getrennt von ihren Jungen auch ausgesetzt, ohne die<br />

Möglichkeit, zu den Babykatzen gelangen zu können.<br />

Spuren aus dieser Zeit<br />

behaftet. Es ist fraglich,<br />

ob wir auch für diese<br />

Katzen ein liebevolles<br />

Zuhause finden, da sie<br />

sehr viel Zeit brauchen,<br />

um Vertrauen zu den<br />

Menschen aufzubauen.<br />

P FULLINGEN<br />

Der Mutter weggenommen und unter einem Bierkasten eingesperrt<br />

Da ist zum Beispiel Stevie,<br />

der blinde Kater, Der blinde Stevie kommt<br />

dessen beide Augen trotz Handicap zurecht<br />

krankheitsbedingt völlig<br />

zerstört wurden. Für manche Tierheimbesucher ein schwer<br />

zu verkraftender Anblick. Doch Stevie kommt mit dieser Behinderung<br />

sehr gut zurecht. Er bewegt sich vorsichtig, mit Na-<br />

Tierschutzzentrum<br />

Pfullingen<br />

Gönninger Straße 201,<br />

72793 Pfullingen<br />

Leiter (GSt): Dr. Uwe Wagner<br />

Tel. (07121) 820 17 -0, Fax -18<br />

Leiterin (TH): Petra Zipp<br />

Tel. (07121) 820 17 20<br />

Kreissparkasse Reutlingen,<br />

BLZ 640 500 00, Kto. 75 7889<br />

www.tierschutz-bmt-bw.de<br />

STEVIE<br />

se und Schnurrhaaren alles abtastend.<br />

Stevie klettert im Katzenauslauf<br />

sogar auf die Sitzbretter des Kratzbaumes.<br />

Hinunter geht es rückwärts,<br />

langsam, aber sicher. Für Stevie und<br />

seine Katzenkumpels suchen wir nun<br />

Tierpaten, die mit ihrer Patenschaft<br />

einen Beitrag zur Versorgung und<br />

medizinischen Betreuung dieser<br />

wahrscheinlich schwer vermittelbaren<br />

aber liebenswerten Samtpfoten leisten<br />

möchten.<br />

Text und Fotos: Gabriele Rudolph<br />

Das Recht der Tiere 3/2011<br />

27


Das Recht der Tiere 3/2011<br />

28<br />

Alexis wird<br />

Gnadenbrotpferd des<br />

Zwei bmt-Mitglieder, die von der Notlage<br />

der alten Dame erfahren hatten,<br />

wenden sich an den bmt in Stuhr/Brinkum.<br />

Ob in diesem besonderen Fall<br />

der Verein helfen und die 26 Jahre alte<br />

Stute aufnehmen könne?<br />

Geschäftsstellenleiterin Anke Mory und<br />

Tierheimleiter Stefan Kirchhoff entscheiden<br />

schnell: Sie wollen dem Pferd<br />

eine ungewisse Zukunft ersparen - zu<br />

viele Vorfälle hatte es in der Vergangenheit<br />

bei der gut gemeinten Abgabe<br />

von Privatpferden als Beistellpferde<br />

gegeben - und der unverschuldet in<br />

Not geratenen Witwe beistehen.<br />

Die alte Dame<br />

weint vor Erleichterung,<br />

als<br />

sie hört, dass<br />

das Tierheim<br />

Arche Noah<br />

einen guten<br />

Platz für ihre<br />

geliebte Stute<br />

gefunden hat.<br />

Und so wird<br />

Tierheims<br />

WARUM TIERSCHUTZ AUCH MENSCHENSCHUTZ IST!<br />

Mit vier Jahren wird die Hannoveranerstute Alexis an ein Ehepaar in<br />

Niedersachsen verkauft und lebt dort 16 Jahre in der Gesellschaft eines<br />

weiteren Pferdes. Die Besitzer, begeisterte Reiter, gehen liebevoll<br />

mit den Pferden um und widmen Alexis noch mehr Zeit, als ihr langjähriger<br />

Weidegefährte stirbt.<br />

Weil die Rente nach dem Verlust des familieneigenen Möbelhauses in<br />

Oldenburg nicht ausreicht, nimmt der Ehemann gleich mehrere Jobs<br />

an, um das Pferd weiter gut versorgen zu können. Doch dann stirbt vor<br />

wenigen Monaten der inzwischen über 70jährige - und die mittellose<br />

Witwe ist nicht mehr in der Lage, Futter- und Tierarztrechnungen für<br />

die Stute zu begleichen. Wohin nun mit Alexis?<br />

Anke Mory und Hille Lübben<br />

im Gespräch<br />

Alexis aus ihrem beschaulichen Dörfchen<br />

nahe Oldenburg einige Kilometer<br />

weiter nach Wardenburg zu Hille und<br />

Gerold Lübben umgesiedelt.<br />

1999 war das Ehepaar mit Sohn, 27<br />

Jahre altem Kater und vielen Motorrädern<br />

auf den ehedem landwirtschaftlichen<br />

Hof gezogen, nachdem ihnen<br />

die Stadt "zu eng" geworden war. Sie<br />

suchen die Weite der niedersächsischen<br />

Landschaft und wollen auch ihren<br />

Tieren, die nach und nach zu ihnen<br />

stoßen, diese Freiheit zugestehen.<br />

Mit Pachtland hält die Familie in Hochzeiten<br />

auf über elf Hektar 23 Pferde,<br />

Zucht- und Pensionstiere, bauen die<br />

ehemaligen Kuhställe<br />

um, errichten<br />

Offenställe,<br />

ziehen Wände,<br />

setzen Dächer<br />

und sehen eines<br />

Tages fassungslos<br />

zu, wie ihr<br />

Schrank durch<br />

die morschen<br />

Holzdielen des<br />

Wohnzimmers im moorigen Untergrund<br />

versinkt…<br />

Zwar war wird auch dieses Malheur<br />

fachmännisch durch den Ehemann behoben,<br />

doch das Paar muss sich eingestehen,<br />

dass die Arbeit für zwei Personen<br />

- der Sohn ist mittlerweile<br />

ausgezogen - im Alter zu viel zu werden<br />

beginnt. Und so reduzieren Hille und<br />

Gerold Lübben die Anzahl der Pensionstiere<br />

und geben die eigene Pferdezucht<br />

auf. Als Alexis in diesem Frühsommer<br />

auf dem Transporter durch die<br />

Einfahrt rollt, spitzen nur noch vier Pferde,<br />

fünf Hunde und vier Katzen die Ohren…<br />

Eine der ersten, der den Neuankömmling<br />

am Ankunftstag taxiert, ist der rote<br />

Kater Findus, der gerade seine Hofvisite<br />

beendet hat. Hille Lübben entdeckte<br />

den wenigen Tage alten Winzling vor<br />

Jahren zwischen Pferdehufen auf dem<br />

benachbarten Gut. "Schmeiß ihn an die<br />

Wand; Petrus sammelt solche", sagte<br />

der Landwirt - eine Bemerkung, die sie<br />

bis heute nicht vergessen kann.


"Mir haben die Tiere das Leben gerettet",<br />

sagt Hille Lübben, die vor<br />

Jahren an Krebs erkrankte und<br />

sich von ihren Pferden, Hunden<br />

und Katzen durch diese schwere<br />

Zeit ziehen ließ, wie sie es nennt.<br />

"Jetzt bin ich an der Reihe, euch zu<br />

helfen", verspricht sie nach ihrer<br />

Genesung den vierbeinigen<br />

Freunden und nimmt die ersten<br />

Notfälle aus dem Tierschutz auf,<br />

darunter auch die Labradorhündin<br />

Lena aus der Arche Noah.<br />

Hille Lübben unterstützt das Tierheimteam<br />

in Stuhr/Brinkum fortan<br />

bei Veranstaltungen, verkauft am<br />

Tag der Offenen Tür das "Brot für<br />

die Katz" und wird Pflegestelle der<br />

Arche Noah und der bmt-Geschäftsstelle<br />

in Berlin. Sie bietet<br />

dem bmt die Möglichkeit, einige<br />

Pferde und Esel auf ihren weitläufigen<br />

Weiden mit ganzjähriger Offenstallhaltung<br />

zu betreuen.<br />

Für ihre vorbildliche Pferdehaltung<br />

ist die Tierfreundin von der LAG<br />

(Laufstall-Arbeits-Gemeinschaft)<br />

ausgezeichnet worden, sie selbst verfügt neben der heilpädagogischen<br />

Ausbildung am Pferd über den VFD-Sachkundenachweis<br />

in der Pferdehaltung<br />

und hat<br />

Weiterbildungen<br />

in Verladetraining,Longierabzeichen,BasispassPferdekunde<br />

und Erster<br />

Hilfe am Pferd<br />

Alexis (rechts) teilt sich<br />

mit Chieftaine eine Weide<br />

absolviert.<br />

Außerdem hat<br />

sie den Führerschein<br />

Klasse 4.<br />

Alexis ist nun das erste Gnadenbrotpferd des bmt, das von<br />

den umfangreichen Kenntnissen der "Pflegemama" profitiert.<br />

Und so horcht Hille Lübben denn auch sofort auf, als<br />

die Hannoveranerstute in den feucht-schwülen Tagen im<br />

August zu husten beginnt. Eine chronische Dämpfigkeit mit<br />

Belastung des Herzens diagnostiziert der Tierarzt, ein<br />

Atemwegsleiden, das schon bei den ehemaligen Besitzern<br />

aufgetreten war.<br />

Hille Lübben informiert die alte Dame über den erneuten<br />

Ausbruch der Erkrankung - und die Pferdefreundin stattet<br />

ihrer Stute einen zusätzlichen Besuch ab.<br />

T IERHEIM A RCHE N OAH<br />

Einmal pro Woche fährt sie nach Wardenburg, um den<br />

Kontakt zu Alexis nicht abreißen zu lassen, sie zu striegeln<br />

und zu liebkosen. Sobald die Stute die Stimme der alten<br />

Dame hört, stellt sie die Ohren auf und kommt an das Gatter<br />

- so laut wiehernd, dass Hille Lübben die freudige Begrüßung<br />

bis ins geschlossene Haus hinein hört.<br />

Wir würden uns<br />

sehr freuen, wenn<br />

Sie das Tierheim<br />

Arche Noah bei<br />

den Unterhaltskosten<br />

für Alexis mit<br />

einer Patenschaft<br />

unterstützen könnten.<br />

Patenschaften<br />

(ab 15 Euro monatlich)<br />

sind eine wich- "Schmeiß ihn an die Wand …"<br />

tige Hilfe bei der geretteter Kater Findus<br />

Versorgung der<br />

Gnadenbrottiere. Insgesamt betreut der bmt über 160 gerettete<br />

Tiere auf ausgesuchten Pflegestellen und zahlt dafür<br />

ca. 20.000 Euro Unterhalt im Monat. Dank vieler Paten<br />

kann der bmt - als eine der ganz wenigen<br />

Tierschutzorganisationen in Deutschland - neben dem<br />

Unterhalt der Tierheime auch noch die Versorgung von<br />

Gnadenbrottieren sicherstellen. Helfen Sie uns weiter dabei?<br />

Für die (künftigen) Paten von Alexis veranstaltet das Tierheim<br />

Arche noch in diesem Jahr einen Ausflug auf den<br />

Lübben-Hof mit Picknick und nettem Beisammensein.<br />

GSt u. TH "Arche Noah"<br />

Rodendamm 10, 28816 Stuhr/Brinkum<br />

Leiterin (GSt): Anke Mory<br />

Tel. (0170) 632 52 40<br />

Leiter (TH): Stefan Kirchhoff<br />

Tel. (0421) 890171, Fax 80 90 553<br />

Kreissparkasse Syke,<br />

BLZ 291 517 00, Kto. 113 000 29 57<br />

ww.tierheim-arche-noah.de<br />

Text und Fotos: Claudia Lotz<br />

Das Recht der Tiere 3/2011<br />

29


Das Recht der Tiere 3/2011<br />

30<br />

Die Hundehalter-<br />

Trainerin<br />

Jeden Montag um 10.00 Uhr kommt Diana Meier ins Tierheim. Seit fast<br />

drei Jahren arbeitet sie mit den Hunden, ihren Besitzern und mit Menschen,<br />

die sich mit dem Gedanken tragen, einen Tierheimhund bei sich<br />

aufzunehmen. "Ich bezeichne mich nicht als Hundetrainerin", erklärt<br />

die 35jährige, "sondern als Trainerin der Hundehalter. Denn ein Hund<br />

bleibt immer ein Hund - die Menschen verstehen ihn nur falsch!"<br />

Basco war so ein Fall. Er saß alleine im<br />

Zwinger, ging Mensch und Hund an<br />

und gebärdete sich so unberechenbar,<br />

dass sich kaum ein Tierheimmitarbeiter<br />

in seine Nähe wagte. "Wollen Sie mit<br />

Schutzanzug zu ihm gehen?", wurde<br />

Diana Meier gefragt, doch sie lehnte<br />

ab. Wie kann ich eine Kommunikation<br />

aufbauen, fragte sich die Trainerin,<br />

wenn ich dem Hund bis zur Unkenntlichkeit<br />

verkleidet <strong>gegen</strong>über stehe?<br />

Also betrat sie wie selbstverständlich<br />

seinen Zwinger und setzte sich auf die<br />

Hundehütte. Sie redete mit ihm, sah,<br />

wie er die Ohren spitzte, den Kopf zu<br />

ihr wandte und schließlich auf sie zukam.<br />

Diana Meier nahm Basco, den<br />

viele Wochen niemand mehr angefasst<br />

hatte, an die Leine und begann mit ihm<br />

zu arbeiten.<br />

"Sehr häufig klappt es mit der Verständigung<br />

zwischen Mensch und Hund<br />

nicht", erläutert sie am Beispiel des Tierheimhundes<br />

Basco, "weil der Hund<br />

missverstanden wird und der Mensch<br />

ihm daraufhin "merkwürdig" (verkrampfte,<br />

abwehrende Haltung, drohende<br />

Gesten etc.) <strong>gegen</strong>übertritt - ein<br />

Kreislauf, der sich hochschaukelt und<br />

dann nur noch durch professionelle<br />

Hilfe durchbrochen werden kann."<br />

Diana Meier hat ihre Ausbildung bei<br />

Canis Kynos fast abgeschlossen, Seminare<br />

und Workshops bei bekannten<br />

Hundetrainern und Kynologen (u.a.<br />

Ein Hund<br />

bleibt ein Hund !<br />

Günther Bloch) besucht und an der<br />

Welpenausbildung bei Gabriele Niepel<br />

teilgenommen. Ihr Traum ist eine Hundepension<br />

im Südbrookmerland, in der<br />

sie als Trainerin auch mit schwierigen -<br />

oder besser unverstandenen - Hunden<br />

arbeiten kann.<br />

"Die meisten Probleme zwischen Hunden<br />

und ihren Haltern", erklärt die gebürtige<br />

Berlinerin, "entstehen zu Hause,<br />

wirken sich dann aber draußen, in der<br />

alltäglichen Begegnung mit Menschen<br />

und Artgenossen, aus." Eine der Hauptursachen<br />

für spätere Verhaltensauffälligkeiten<br />

von adoptierten Tierheimhunden<br />

liegt nach ihrer Einschätzung an<br />

der gefühlsbetonten Zuwendung der<br />

neuen Besitzer. "Der arme Hund, er hat<br />

so Schreckliches erlebt; jetzt soll er es<br />

endlich gut haben", hört die Trainerin<br />

immer wieder und erlebt Menschen,<br />

die jede erdenkliche Rücksicht auf den<br />

vermeintlich bedauernswerten Hausgenossen<br />

nehmen.<br />

Da gibt es die ängstlichen Hunde, denen<br />

ihre Halter Schutz- und Fluchträume<br />

im Haus zugestehen, akzeptieren,<br />

dass sie nur nachts fressen und den Tag<br />

zusammengekauert unter Möbeln verbringen.<br />

Oder andere Besitzer, deren<br />

Hunde tyrannisch Betten, Sofas und<br />

Plätze besetzen, die einst den Menschen<br />

vorbehalten waren oder sein<br />

sollten, die Besucher nicht ins Haus<br />

lassen oder beim Spaziergang Jogger<br />

und Artgenossen<br />

das<br />

Fürchten<br />

lehren.<br />

"Lassen Sie<br />

ihn links liegen,<br />

nehmen Sie<br />

ihm die Wichtigkeit<br />

und seien Sie<br />

ihm ein sicherer,<br />

souveräner Partner,<br />

der die Führung<br />

in seinem Leben<br />

übernimmt", rät<br />

die Trainerin. Wenn das<br />

Zusammenspiel zwischen<br />

Zwei- und Vierbeiner<br />

gar nicht mehr<br />

klappt, nimmt sie einige<br />

Kandidaten auch schon<br />

mal nach Hause in ihr<br />

Rudel auf. Dort lässt sie<br />

die Neuzugänge mit<br />

einem Maulkorb laufen,<br />

der die Kontaktaufnahme<br />

zu Hunden und arteigene<br />

Verhaltensweisen weiter zulässt.<br />

Manchen Hunden hat sie auf diese<br />

Weise das Tierheim erspart - anderen<br />

die Fahrkarte in ein neues Leben ermöglicht.<br />

Da gab es den Welsh-Terrier,<br />

der die Familie so massiv bedrohte,<br />

dass sie ihn ins Tierheim Hage brachten.<br />

Diana Meier bot dem verzweifelten<br />

Ehepaar an, den kleinen Rüden 14 Ta-


ge aufzunehmen und in ihre Familie mit<br />

Hunden, Kindern, Meerschweinchen und<br />

einer Norwegerstute zu integrieren. Der<br />

renitente Terrier konnte sich mit seinem<br />

Maulkorb zwar seinen Artgenossen<br />

<strong>gegen</strong>über verständigen, trinken und<br />

schnüffeln, aber eben nicht beißen.<br />

Die Trainerin nutzte seine "Wehrlosigkeit",<br />

um ihn zu klopfen, zu streicheln, zu<br />

massieren. "Zwangs-Grooming nennt<br />

man das, wenn ein Hund sich die Berührungen<br />

<strong>gegen</strong> seinen Willen gefallen lassen<br />

muss", erklärt die Wahl-Ostfriesin<br />

und präsentiert den erstaunten Eltern<br />

und ihren Kindern zwei Wochen später<br />

einen ausgeglichenen, freundlichen<br />

Hausgenossen. "Die sind heute ein perfektes<br />

Team", sagt sie, "genauso wie<br />

Merlin und seine Familie."<br />

Merlin ist ein über 40 Kilo schwerer<br />

Bouviermischling, der aus schlechten<br />

Haltungsbedingungen befreit<br />

und ins Tierheim gebracht wurde.<br />

Fast zwei Jahre hatte der Rüde<br />

mit einem Neufundländermix,<br />

zwei Erwachsenen<br />

und einem sechsjährigen<br />

Jungen in<br />

50 Quadratmetern<br />

gelebt -<br />

ohne ein einziges<br />

Mal<br />

vor die<br />

Tür<br />

Geschäftsstelle Norden<br />

Nordbuscherweg 17, 26553 Dornum<br />

Leiter: Dieter Kuhn,<br />

und Ursula Sottmeier<br />

Tel. (04933) 99 28 24, Fax 99 28 26<br />

Tierheim Hage<br />

Hagermarscher Str. 11, 26524 Hage<br />

Tel. (04938) 4 25, Fax 91 49 90<br />

Raiffeisen-Volksbank<br />

Fresenae.G.Norden, BLZ 283 615 92<br />

Konto 6302020300<br />

www.tierheim-hage.de<br />

getreten zu sein. "Merlin kannte nichts",<br />

erinnert sich seine Besitzerin Brigitt Hedlefs<br />

(s. rechts und unten), "keinen Baum,<br />

keine Straße, er hob nicht mal das Bein,<br />

um zu markieren."<br />

Dementsprechend schwierig wurde das<br />

Zusammenleben schon nach kurzer Zeit.<br />

Konnte die Mutter dreier Kinder ihm noch<br />

in der ersten Nacht probeweise den Knochen<br />

fortnehmen, verstärkte sich mit zunehmender<br />

Sicherheit, die ihm seine<br />

neue Familie bot, sein dominantes Verhalten<br />

<strong>gegen</strong> Menschen und Artgenossen.<br />

Ein falscher Blick eines Rüden und er<br />

drohte mit Kehlbiss, Fremde wurden mit<br />

Argwohn betrachtet, im Haus an die Wand<br />

gestellt, Räder, Jogger und Menschen (und<br />

Gegenstände) in Bewegung vertrieben.<br />

"Setzen Sie ihm ganz eng gefasste Grenzen",<br />

riet Diana Meier gleich zu Beginn<br />

der gemeinsamen Arbeit, "innerhalb derer<br />

er sich bewegen muss - das wird ihm<br />

Sicherheit geben." Und Familie Hedlefs<br />

lernt auch, dass ihr Hund wie die übrigen<br />

Tierheimkandidaten keine "Sonderbehandlung"<br />

braucht, nur weil er eine unerfreuliche<br />

Vergangenheit hinter sich hat.<br />

"Ohne Frau Meier hätte ich aufgegeben",<br />

sagt Brigitt Hedlefs rückblickend. Heute<br />

kann sie mit ihrem bärenstarken Bouvierrüden<br />

durch die Fußgängerzone in<br />

Esens gehen, ohne Vorfälle befürchten<br />

zu müssen. Merlin - durch ein Kopfhalti<br />

fixiert - hat im Laufe des intensiven Trainings<br />

seine Grenzen akzeptiert und ist<br />

nun bereit, sich in der souveränen Führung<br />

seiner ihm körperlich weit unterlegenen<br />

Bezugsperson zu fügen.<br />

Bitte unterstützen Sie<br />

dieses wichtige Projekt!<br />

Geschäftsstellenleiter Dieter Kuhn würde<br />

Diana Meier gerne öfter in Anspruch nehmen,<br />

weil die Tierheimhunde von dem<br />

Training profitieren und Konflikte zwischen<br />

Hundehaltern und ihren Vierbeinern (oft<br />

schon im Vorfeld) entschärft werden können.<br />

Die Trainerin arbeitet im Tierheim für<br />

einen ermäßigten Stundensatz.<br />

Ihre Spenden würden dazu beitragen,<br />

dass Diana Meier öfter mit den Hunden<br />

arbeiten könnte und damit deren Vermittlungschancen<br />

erhöht. Gerne können<br />

Sie auch eine "Patenschaft" für das Projekt<br />

übernehmen. Je mehr Menschen das<br />

Projekt mit regelmäßigen, monatlichen<br />

Beiträgen fördern, desto sicherer sein<br />

Fortbestand.<br />

Die Hundehalter-Trainerin<br />

können Sie übrigens auf<br />

unserem Tag der Offenen Tür<br />

am 9. Oktober kennen lernen.<br />

Bitte kommen Sie zahlreich, wir freuen<br />

uns auf Ihren Besuch und haben ein<br />

schönes Programm nebst Verpflegung<br />

für Sie vorbereitet. Kontakt zu Diana<br />

Meier bitte über das Tierheim Hage auf-<br />

nehmen.<br />

T IERHEIM H AGE<br />

Text: Claudia Lotz<br />

Fotos: Ursula Sottmeier<br />

Das Recht der Tiere 3/2011<br />

31


Das Recht der Tiere 3/2011<br />

32<br />

ROSWITHA SIMDORN UND IHR LEBENSWERK<br />

Pankower ankower<br />

Katzentafel<br />

Als Roswitha Simdorn in den 70iger<br />

Jahren mit ihrem Gatten, einem Kameramann,<br />

nach Pankow zieht, erfährt<br />

sie schnell, worüber Nachbarn und Anwohner<br />

sich gemeinschaftlich erregen:<br />

Ca. 60 bis 70 Katzen leben im Schlosspark<br />

des nördlichen Bezirks von Berlin<br />

und durchstreifen auf der Suche nach<br />

Nahrung auch die Gärten der Wohnanlage<br />

in der Bleicheroder Straße.<br />

Niemand scheint sich verantwortlich für<br />

die hungrigen, oft kranken und verletzten<br />

und ständig trächtigen Tiere zu fühlen<br />

- bis auf eine betagte Nachbarin.<br />

Sie hat feste Futterplätze für die Katzenrudel<br />

aufgebaut und bittet eines Tages<br />

Roswitha Simdorn, deren Mann oft<br />

im Ausland unterwegs ist, um Unterstützung<br />

bei der Arbeit, die ihr aufgrund<br />

des Alters immer schwerer fällt.<br />

Und so wird Roswitha Simdorn "Katzenfütterin"<br />

und erlebt nicht nur, wie<br />

zeit- und kostenintensiv die tägliche<br />

Versorgung der bedürftigen Tiere ist,<br />

sondern auch wie enorm belastend die<br />

aggressiv anmutende Ablehnung der<br />

Gesellschaft.<br />

"Sie füttern diese elenden Viecher?" Sätze<br />

wie diesen hat sie inzwischen ihr hal-<br />

Gleich Mitternacht. Roswitha<br />

Simdorn schaut auf die Uhr und<br />

sieht sie im Geiste vor sich: Junge,<br />

alte, behinderte, schwarze,<br />

bunte, getigerte und rote Katzen,<br />

die in ihren schützenden<br />

Verstecken auf die erste Mahlzeit<br />

des Tages warten. Die<br />

68jährige versorgt die herrenlosen<br />

Katzen aus Pankow.<br />

Nacht für Nacht, Sommer und<br />

Winter, bei jeder Witterung …<br />

Aber nicht nur das: Seit über drei Jahrzehnten kümmert sie sich auch weitgehend<br />

alleine um die Geburtenkontrolle, den Impf- und Gesundheitszustand ihrer wilden<br />

Schützlinge - eine emotional belastende, kräftezehrende und nicht zuletzt finanziell<br />

auf Dauer untragbare Aufgabe, die dem Gemeinwohl zugute<br />

kommt und dennoch von den wenigsten Menschen geschätzt wird.<br />

Roswitha Simdorn versorgt<br />

auch Katzen in ihrer Wohnung<br />

bes Leben gehört, Beschimpfungen<br />

und Androhungen bis hin zu körperlicher<br />

Gewalt durchgestanden. "Die<br />

Menschen lassen sich so leicht beeinflussen",<br />

sagt sie bedauernd, "von den<br />

Medien, den Vorurteilen über Tiere. Da<br />

wird auf Tauben, Katzen und Igel geschimpft<br />

(und geschossen), sie mit Ratten<br />

verglichen, die dezimiert werden<br />

müssten, weil sie Krankheiten übertrügen<br />

und "Schmarotzer" seien."<br />

Doch die so geschmähten Tiere sind<br />

die Folge eines zutiefst verantwortungslosen<br />

Umgangs mit Lebewesen.<br />

"Keine Katze da draußen", sagt die engagierte<br />

Tierfreundin, "hat sich ihr elendes<br />

Leben auf der Straße ausgesucht,<br />

den Hunger, die bohrende Kälte des<br />

Winters, den ständigen Nachwuchs..."<br />

Und so packt Roswitha Simdorn (s. Bild<br />

S. 32) jede Nacht wieder Näpfe, Wasserflaschen,<br />

Stroh in ihr Wägelchen<br />

und läuft zu Fuß die sieben Futterstellen<br />

ab. Das Gehen fällt ihr immer schwerer,<br />

Herz, Lunge und Gelenke haben im<br />

Laufe der Jahre gelitten. 60 Dosen verfüttert<br />

die alte Dame im Schnitt und<br />

kündigt sich vor ihrer Ankunft an den<br />

Futterplätzen mit mehrfachem Hüsteln<br />

an. Dann kommen die Katzen aus ihren<br />

Verstecken gesaust und stürzen sich auf<br />

die Schälchen, die sie erst nach 24.00<br />

Uhr bekommen können, weil dann die<br />

Hundebesitzer aus Pankow ihren letzten<br />

Rundgang beendet haben.<br />

Während ihre Schützlinge fressen, taxiert<br />

Roswitha Simdorn die Tiere genau,<br />

schätzt ihren Gesundheitszustand


ein und organisiert schon<br />

im Geiste die nächste Fangaktion,<br />

wenn sie einen Neuzugang<br />

entdeckt hat. Dass<br />

die Population in Pankow<br />

seit Jahren rückläufig ist,<br />

verdankt der Bezirk einzig<br />

ihrer engagierten Arbeit.<br />

Hunderte Katzen hat sie kastrieren<br />

und medizinisch<br />

versorgen lassen, für einige<br />

Katzenwelpen sogar ein<br />

neues Zuhause gefunden -<br />

und doch gibt es keine<br />

Unterstützung, weder materiell<br />

noch immaterieller Art.<br />

Die ersten Jahre konnte sie<br />

ihre praktische Tierschutzarbeit<br />

noch aus Ersparnissen,<br />

später aus Darlehen finanzieren,<br />

doch mittlerweile ist<br />

die nicht mehr gesunde<br />

Frau kaum noch in der Lage,<br />

für ihren eigenen Lebensunterhaltaufzukommen.<br />

In ihrer Not wandte sie<br />

sich 2001 an die Stadträtin<br />

Ines Sager, die nachts mit<br />

ihr die Futterstellen ablief<br />

und von ihrem Engagement fasziniert war. Medien berichteten<br />

über die "Pankower Katzentafel" von Roswitha Simdorn<br />

und ihre Hoffnung auf eine Unterstützung wuchs.<br />

"Wenn die Leute feststellten, wie anstrengend diese Art des<br />

Tierschutzes, das regelmäßige Versorgen vor Ort, ist, sind<br />

sie fortgeblieben." Die engagierte Tierfreundin sagt das<br />

nicht ganz ohne Bitterkeit - sie, die sich seit mehr als 30<br />

Jahren <strong>gegen</strong> den Widerstand ihrer Umgebung für in Not<br />

geratene Katzen eingesetzt hat, kann nicht verstehen, dass<br />

Hilfe für Schwächere so schnell aufkündbar ist...<br />

Geschäftsstelle Berlin<br />

Sauerbruchstraße 11, 14109 Berlin<br />

Leiterin (GSt): Claudia Lotz<br />

(030) 80 58 33 -38, Fax -39<br />

claudia.lotz@bmt-tierschutz.de<br />

Postbank Berlin,<br />

BLZ 100 100 10, Konto 9603-107<br />

www.tierschutz-bmt-berlin.de<br />

Allerdings gilt das<br />

nicht grundsätzlich:<br />

Zwei Frauen<br />

unterstützen sie,<br />

wie und wo sie<br />

können. Gisela<br />

Brandhorst fährt<br />

eingefangene Katzen<br />

zum Tierarzt<br />

und immer häufiger<br />

Roswitha Simdorn<br />

auch in der<br />

Nacht zu ihren Futtertouren,<br />

weil sie<br />

die beschwerlichen<br />

Wege mit ihrem<br />

Rolli kaum noch<br />

bewältigen kann.<br />

Dann spenden Sie für Futter, Kastrationen,<br />

Benzin. Wichtig wären monatliche<br />

Festbeträge, um besser kalkulieren<br />

zu können<br />

Schenken Sie einen gebrauchten<br />

PC/Laptop und/oder helfen Sie beim<br />

Aufbau und Betreuung einer homepage<br />

"Pankower Katzentafel"<br />

Stellen Sie ein altes Auto zur Verfügung,<br />

um Tierarzt- und Einkaufsfahr-<br />

Eine andere Nachbarin kümmert sich neben ihrem Beruf<br />

ebenfalls sehr, kauft ein, macht Behördengänge und vieles<br />

mehr, was die Pankowerin körperlich nicht mehr schafft.<br />

Die größte Angst von Roswitha Simdorn ist durch Krankheit<br />

auszufallen. Als sie vor mehreren Jahren eine Operation<br />

durchführen lassen musste, erbat sie einen kleinen<br />

Aufschub - diese 24 Sunden nutzte sie, um eine Kraft zu finden,<br />

die sich <strong>gegen</strong> Entgelt um die tägliche Versorgung der<br />

Schlossparkkatzen auch tatsächlich zuverlässig kümmerte.<br />

"Der einzige Tierschutzverein", sagt sie, "der mir geholfen<br />

hat und noch hilft, ist der bmt, er ist mir fast etwas heilig."<br />

Während andere Menschen in ihrem Alter vom Reisen oder<br />

geruhsamen Lebensabend träumen, hat Roswitha Simdorn<br />

ganz andere Wünsche: Ein altes Fahrrad mit drei Rädern<br />

und einer Tragfläche, damit ihre nächtliche Arbeit ein wenig<br />

leichter wird.<br />

"Armut", sagt sie, "macht unflexibel und würdelos, aber ich<br />

würde mich immer wieder für die Tiere entscheiden. Die<br />

Gesellschaft entscheidet über das Äußere, aber es ist nicht<br />

wichtig, wie man aussieht, sondern ob man etwas tut im<br />

Leben."<br />

Möchten Sie helfen, dass Roswitha Simdorn<br />

ihre großartige Arbeit fortsetzen kann?<br />

GST B ERLIN<br />

Sigrid Ebert unterstützt<br />

Gisela Simdorn,<br />

wann immer sie kann<br />

Text: Claudia Lotz<br />

ten (Futter etc.) durchzuführen<br />

Wichtig außerdem: Unterstützung<br />

durch sehr zuverlässige Menschen, die<br />

die Versorgung der Katzen mit übernehmen.<br />

Spenden bitte unter dem Stichwort<br />

"Pankower Katzentafel" auf das Konto<br />

der bmt-Gst Berlin<br />

Pankower Katzentafel:<br />

030/23 13 46 79<br />

Das Recht der Tiere 3/2011<br />

33


Das Recht der Tiere 3/2011<br />

34<br />

Lena<br />

- im Karton<br />

ausgesetzt<br />

Katzenfreunde und Tierschützer wissen schon lange: Auch vermeintliche<br />

Glückskatzen werden vom Schicksal nicht anders behandelt als<br />

ein- oder zweifarbige Tiere. Und Lena, die dreifarbige Schönheit, hat<br />

sogar noch besonderes Pech. Denn sie scheint den Vertrauensbruch,<br />

den Menschen ihr zufügten, schwer zu verwinden. In einem verschlossenen<br />

Karton wurde die scheinbar schon ältere Katze vor dem Katzenhaus<br />

ausgesetzt - ohne Mitleid, ohne Skrupel, ohne Erbarmen mit<br />

einem Tier, das in sein dunkles, stickiges Gefängnis gesperrt Todesängste<br />

ausstehen muss. Was sich sonst noch ereignete, berichten<br />

Gabrielle Missalla und Katzenhaus-Mitarbeiterin Silvia Koch.<br />

Lena ist nun schon einige Wochen bei<br />

uns und noch immer völlig verstört.<br />

Dennoch haben wir den Eindruck, dass<br />

Lena eigentlich eine zahme Katze war,<br />

bis sie in den Karton gesteckt wurde.<br />

Nun ist ihr Vertrauen in den Menschen<br />

zerstört, und sie muss Tierarztbesuche<br />

über sich ergehen lassen, die wir ihr<br />

vielleicht ersparen könnten, wenn wir<br />

etwas mehr über ihre Vergangenheit in<br />

Erfahrung bringen könnten: Gab es Infektionen,<br />

Verletzungen, ist sie geimpft,<br />

kastriert? Zumindest scheint es so, als<br />

ob Lena nicht mehr die allerjüngste ist,<br />

denn sie hat nur noch wenige Zähne.<br />

Platzprobleme sind um diese Jahreszeit<br />

traurige Normalität im Katzenhaus.<br />

Auch dieses Jahr strandeten wieder viele<br />

unerwünschte Katzenkinder bei uns;<br />

leider abermals zahlreiche mutterlose<br />

Katzenwelpen, die wir mühsam mit der<br />

Flasche großzuziehen versuchen.<br />

Darunter viele, die an Katzenschnupfen<br />

erkrankt sind.<br />

Doch so schlimm diese Krankheit<br />

gerade für junge Katzen ist,<br />

so häufig gibt es auch die positiven<br />

Nachrichten von Katzen,<br />

die die Infektion überstanden haben<br />

und wieder völlig gesund geworden<br />

sind.<br />

So kam zum Beispiel Ende Juni Max,<br />

ein kleiner schwarzer Kater, als Fundtier<br />

zu uns ins Katzenhaus. Zunächst dachten<br />

wir, dass wir ihn einschläfern lassen<br />

müssten, weil er dem Tod näher schien<br />

als dem Leben. Er hatte eine Körpertemperatur<br />

von nur noch 35º C - bei<br />

jungen Katzen ist eine Temperatur von<br />

38 - 39,5º C normal. Seine vereiterten<br />

Augen wirkten wie zugewachsen…<br />

Die Tierärztin trennte behutsam die verklebten<br />

Augenlieder auseinander. Max<br />

bekam die nächsten 14 Tage alle zwei<br />

MAX<br />

Stunden Augentropfen, damit die Lider<br />

zumindest einen Spalt breit geöffnet<br />

blieben. Zusätzlich gab es Antibiotika,<br />

er wurde entwurmt und <strong>gegen</strong> weitere<br />

Parasiten behandelt.<br />

Die Therapie schlug an und schon<br />

sechs Wochen später (s. Bilder) hatte<br />

sich der kleine Kater erholt. Solche Erfolgsgeschichten<br />

lassen uns alle Rückschläge,<br />

die wir ja auch mit unseren<br />

Schützlingen erleben, vergessen. Auch<br />

Polly ist so ein Fall:<br />

Polly kam im August 2010 mit ca. drei<br />

Wochen zu uns ins Katzenhaus. Sie und<br />

ihre vier Geschwister hatten schweren<br />

Katzenschnupfen und mussten über<br />

Wochen täglich zum Tierarzt. Polly hatte<br />

es dabei am schlimmsten erwischt.<br />

Jeden Tag mussten ihr die Lider "aufgeschnitten"<br />

werden, damit der Eiter<br />

ablaufen konnte, und alle zwei Stunden<br />

gesalbt und getropft werden. Ich<br />

(Silvia Koch) habe Polly und zwei Geschwister<br />

mit nach Hause genommen<br />

und gepflegt. Während ihre Brüder<br />

völlig gesund wurden und vermittelt<br />

werden konnten, blieb die kleine Patientin<br />

trotz aller Bemühungen fast<br />

Der kleine Patient ist wieder gesund geworden


BUBI<br />

LENA<br />

blind; keiner interessierte sich für sie. Also entschieden wir<br />

uns, sie zu behalten. Jeden Weg im Haus hat sie sich erhorcht<br />

und erschnüffelt.<br />

Im Februar haben wir sie kastrieren lassen und<br />

gleichzeitig die Nickhäute beider Augen noch<br />

einmal öffnen lassen. Seitdem hat sie ihre Sehkraft<br />

(zu 90%) wiedererlangt. Sie spielt im Garten,<br />

fängt alles, was fliegt, krabbelt und umsorgt<br />

liebevoll jedes Katzenbaby, das ich in<br />

Pflege habe. Wir würden sie für nichts auf der<br />

Welt mehr hergeben.<br />

Aber wir haben auch traurige Nachrichten:<br />

Bubi und Olga sind tot. Beide teilten<br />

dasselbe Schicksal: Sie wurden als<br />

junge, scheue Katzen bei uns abgegeben<br />

und sind nie richtig zahm geworden.<br />

Dennoch glauben wir, dass sie ein gutes<br />

Leben bei uns verbringen konnten. Möglich<br />

wird das unter anderem durch Ihre<br />

Patenschaften und Spenden - herzlichen<br />

Dank für Ihre Unterstützung!<br />

Bubi lebte über 14 Jahre im Katzenhaus.<br />

Er kam als scheues Fundtier, und bis zu<br />

seinem Tod hatte man nur dann eine<br />

Chance an ihn heranzukommen, wenn<br />

leckere Dinge zum Fressen winkten.<br />

Doch vielleicht fiel Bubi gerade durch<br />

seine Distanziertheit <strong>gegen</strong>über Menschen auf. Er legte dabei<br />

eine gewisse<br />

Würde an den Tag …<br />

Mitte des Jahres kündigte<br />

sich an, dass<br />

mit Bubi etwas nicht stimmte.<br />

Der Verdacht lag nahe, dass<br />

dies etwas mit seinem stolzen<br />

Alter von 15 Jahren zu tun hat-<br />

te und so war es auch. Trotz intensiver tierärztlicher<br />

Behandlung verschlechterte sich Bubis Zustand;<br />

im Juli starb er dann an multiplem<br />

Organversagen.<br />

Olga war erst 8 Jahre alt, als sie starb und bei ihr<br />

gab es keinerlei Vorzeichen. Sie hatte plötzlich eines<br />

Morgens starke motorische Störungen. Es<br />

war kaum mit anzusehen, wie sie zu laufen versuchte,<br />

immer wieder hinfiel, weil sie ihre Bewegungsabläufe<br />

nicht mehr koordinieren konnte.<br />

Die Tierärztin diagnostizierte einen Schlaganfall;<br />

manche Katzen sterben daran und andere erholen<br />

sich. Olgas Zustand verschlechterte<br />

OLGA<br />

K ATZENHAUS L UTTERTAL<br />

sich jedoch innerhalb weniger Tage, so starb sie Ende August.<br />

Olga hinterlässt Kater Moritz, der wirklich um sie trauert. Zwischen<br />

Olga und Moritz hatte sich eine tiefe Katzenfreundschaft<br />

entwickelt. Oft lagen sie gemeinsam im Körbchen, und<br />

wenn beide wach waren, strichen sie sich häufig <strong>gegen</strong>seitig<br />

um die Beine. Fast konnte man den Eindruck haben, sie würden<br />

sich durch dieses Umeinanderstreichen die <strong>gegen</strong>seitige<br />

Zuneigung immer wieder aufs Neue versichern. Moritz ist untröstlich,<br />

und wir versuchen unser Bestes, um ihn ein wenig<br />

aufzumuntern. Wenn Sie uns dabei unterstützen möchten,<br />

sind Sie herzlich eingeladen, zu unseren Öffnungszeiten bei<br />

uns vorbeizuschauen.<br />

Uns erreichen immer wieder Anfragen, in denen uns Hilfe angeboten<br />

wird. Die vielleicht einfachste, angenehmste und<br />

doch sehr, sehr wichtige Hilfe ist: Katzen streicheln, mit Katzen<br />

spielen, Katzen beschmusen. Mancher Leser dieser Zeilen<br />

wird sich über diese Aussage wundern, doch neben dem<br />

trauernden Moritz warten im Katzenhaus viele Katzenseelen,<br />

die sich nach menschlicher Nähe und Zuneigung sehnen.<br />

Daneben sind gerade Bubi und Olga Beispiele dafür, wie gering<br />

die Vermittlungschancen von scheuen Katzen sind. Auch<br />

in diesem Sommer sind bei uns wieder junge Katzen gestrandet,<br />

die sich kaum anfassen lassen. Um daran etwas zu<br />

ändern, muss man Zeit mitbringen, sich in die Zimmer bzw.<br />

Ausläufe setzen, die Kleinen mit Spielen und Futter locken<br />

und ihnen zeigen, dass die Nähe des Menschen auch angenehm<br />

sein kann.<br />

Auch hierzu laden wir Sie herzlich ein. Damit all die kleinen<br />

scheuen Kätzchen bald zahm werden und schnell neues Zuhause<br />

- vielleicht sogar bei Ihnen - finden.<br />

"Katzenhaus Luttertal"<br />

Luttertal 79, 37075 Göttingen<br />

Leiterin (GSt): Gabriele Missalla<br />

(06678) 91 85 67<br />

Leiterin (TH): Monika Bossmann<br />

Tel. (0551) 2 28 32<br />

Postbank Hannover,<br />

BLZ 250 100 30, Konto 732 223 06<br />

www.katzenhaus-luttertal.de<br />

POLLY<br />

Polly, schwer krank, kann<br />

heute wieder sehen<br />

Fotos: Monika Bossmann,<br />

Silvia und Heiko Koch<br />

Das Recht der Tiere 3/2011<br />

35


Das Recht der Tiere 3/2011<br />

36<br />

Fast unmittelbar nach<br />

dem Gespräch mit der<br />

Tierfreundin erreicht uns<br />

die nächste erschütternde<br />

Meldung über einen Bauernhof,<br />

auf dem katastrophale Zustände<br />

herrschen sollen. Drei<br />

Pferde werden dort völlig isoliert<br />

auf engstem Raum in einem muffigen,<br />

dunklen Verschlag ohne jedwede<br />

Bewegungsmöglichkeit gehalten.<br />

Ihre Tränken sind meist leer, Futter ist<br />

Mangelware und an frische Luft gar<br />

nicht zu denken. Obwohl bereits ein<br />

Tierarzt den extrem schlechten Zustand<br />

der Pferde attestiert hat und den verwahrlosten<br />

und abgemagerten Tieren,<br />

die aufgrund dieser miserablen Haltungsbedingungen<br />

bereits schwere<br />

Lungenschäden davongetragen haben,<br />

kaum noch eine Überlebenschance<br />

einräumt, geben sich die Besitzer<br />

uneinsichtig.<br />

Der Hof, auf dem außerdem noch<br />

Hühner und Schweine unter ähnlich<br />

schlimmen Verhältnissen in fensterlosen,<br />

finsteren Stallungen untergebracht<br />

sind, wird von einem älteren Ehepaar<br />

bewirtschaftet, das mit einer artgerechten<br />

Versorgung und Pflege ihrer Tiere<br />

ganz offensichtlich vollkommen überfordert<br />

ist.<br />

Doch auch dies sollte nicht die letzte<br />

Haben Sie einen<br />

aufwühlende Nachricht über<br />

eine Tiermisshandlung an<br />

diesem Morgen bleiben.<br />

Gleich mehrere Meldungen<br />

bezüglich einer misshandelten<br />

Gans in der<br />

Münchner Innenstadt erreichen<br />

wenige Stunden später<br />

unsere Geschäftsstelle. Ein Fall,<br />

der uns besonders berührt und uns<br />

mittlerweile seit fast vier Monaten be-<br />

schäftigt.<br />

Alle drei, voneinanderunabhängige,<br />

Augenzeugen<br />

schildern uns entsetzt,<br />

einen Mann<br />

in der Münchner<br />

Innenstadt beobachtet<br />

zu haben,<br />

der eine geschundene,<br />

völlig verwahrloste Gans mit abgebrochenen<br />

Federn und kahlen Stellen<br />

zur Belustigung der Touristen zur<br />

Schau stellt. Transportiert wird die Gans<br />

auf dem Gepäckträger seines Fahrrads.<br />

Alle drei Zeugen berichten zudem<br />

übereinstimmend, dass ein vernünftiges<br />

Gespräch mit dem Besitzer des Tieres<br />

nicht möglich ist, dieser sogar äußerst<br />

verwirrt und aggressiv auf<br />

persönliche Ansprache reagiert.<br />

Und es folgen noch zwei weitere Anru-<br />

MISS<br />

IHRE SCHNELLE REAKTION KANN<br />

Kaum im Geschäftsstellenbüro angekommen, klingelt<br />

das Telefon. Eine junge Frau aus München informiert<br />

uns, dass in ihrer Nachbarschaft eine Schäferhündin<br />

Tag und Nacht in einem Zwinger eingesperrt<br />

ist. Sie hat keinerlei Auslauf und wird so gut wie nie<br />

ausgeführt. Dementsprechend ist der Zwinger der<br />

Hündin permanent verdreckt, so dass sie sich kaum<br />

noch bewegt, um nicht ständig in den eigenen Kot zu<br />

treten. Das Tier wird nicht regelmäßig gefüttert, hat<br />

kein frisches Trinkwasser zur Verfügung und ist auch<br />

sozial völlig isoliert.<br />

Geschäftsstelle Bayern<br />

Viktor-Scheffel-Straße 15,<br />

80803 München<br />

Leiterin (GSt): Elvira Schiöberg<br />

Tel. (089) 38 39 52-13, Fax -23<br />

Postbank München,<br />

BLZ 700 100 80, Kto. 142 20-802<br />

fe von entsetzten Tierfreunden, die angeben,<br />

dass es sich inzwischen um zwei<br />

verstörte Gänse handelt, denen beiden<br />

vor Publikum gewaltsam die Federn<br />

ausgerissen werden, nur um die Leute<br />

in der Stadt zu unterhalten.<br />

ANZEIGE BEI DEN BEHÖRDEN MIT OFT<br />

ÜBERRASCHENDEM ERGEBNIS<br />

Wir haben in allen Fällen sofort das jeweils<br />

zuständige Veterinäramt einge-<br />

schaltet und um unverzügliche<br />

Kontrollen gebeten.<br />

Die Ergebnisse fielen<br />

allerdings sehr<br />

unterschiedlich aus.<br />

Im Falle der Schäferhündin<br />

im Zwinger<br />

wurde die Tierhaltung<br />

beanstandet, und es wurden dem<br />

Tierhalter konkrete Auflagen erteilt<br />

(sprich Verbesserungsmaßnahmen angeordnet),<br />

die er innerhalb einer angemessenen<br />

Frist zu erfüllen hat. Das war<br />

dem Hundebesitzer allerdings zu viel<br />

Aufwand; so hat er sich dann einverstanden<br />

erklärt, die Schäferhündin an<br />

eines unserer Tierheime abzugeben.<br />

Mittlerweile ist die Hündin gut vermittelt<br />

worden.<br />

Auch der Bauernhof des älteren Ehe-<br />

www.bmt-bayern.de


STAND beobachtet?<br />

<strong>TIERE</strong>N <strong>DAS</strong> LEBEN RETTEN:<br />

paares wurde vom Veterinäramt überprüft,<br />

wobei tierschutzrechtliche Verstöße<br />

<strong>gegen</strong> geltende Verordnungen und<br />

Gesetze festgestellt wurden, die so gravierend<br />

waren, dass eine sofortige Beschlagnahmung<br />

eingeleitet wurde.<br />

Auch in diesem Fall eine Entscheidung<br />

zum Wohl der Tiere, die inzwischen auf<br />

verschiedenen Gnadenhöfen des bmt<br />

einen ruhigen Lebensabend verbringen<br />

können.<br />

Doch manchmal bringt auch eine enge<br />

Zusammenarbeit mit den Behörden<br />

kein befriedigendes Ergebnis - so im<br />

Fall der misshandelten Gans in der<br />

Münchner Innenstadt. Der Sachverhalt<br />

war dem zuständigen Amtsveterinär<br />

bereits lange vor unseren Meldungen<br />

bekannt, und es wurden seitens des Veterinäramtes<br />

wohl auch mehrere Kontrollen<br />

durchgeführt. Das Problem dabei<br />

war leider, dass der Besitzer eine<br />

behördliche Genehmigung für die Haltung<br />

von drei Gänsen hat, die es ihm<br />

sogar erlaubt, diese vor Publikum gewerbsmäßig<br />

zur Schau zu stellen.<br />

Da auch der Gesundheitszustand der<br />

Gans von einer Tierklinik für "gut"<br />

("nicht krank") befunden wurde und die<br />

Gans angeblich nur auf dem Weg vom<br />

Stall in die Stadt in dem Fahrradkorb<br />

transportiert wird, gab es keine hinreichenden<br />

Verstöße, die eine sofortige<br />

Beschlagnahmung des Tieres seitens<br />

des Veterinäramtes gerechtfertigt hätte.<br />

Und so steht der Rentner, der die Beachtung<br />

des Publikums braucht, auch<br />

weiterhin mit der bemitleidenswerten<br />

Gans in der Münchner Innenstadt. Weil<br />

dem Veterinäramt in diesem Fall bedauerlicherweise<br />

die Hände gebunden<br />

zu sein scheinen, besteht die einzige<br />

Möglichkeit darin, dem Mann kein<br />

Geld für die vermeintliche Versorgung<br />

seiner Gänse zu geben und ihn zu ig-<br />

Text: Tanja Pöch<br />

norieren. Denn nur dann bleibt zu hoffen,<br />

dass diese Art von Geschäft für ihn<br />

uninteressant wird und er mit diesem<br />

würdelosen Schauspiel auf Kosten seiner<br />

Tiere aufhört.<br />

VERDACHT AUF VERSTOß GEGEN <strong>DAS</strong><br />

TIERSCHUTZGESETZ?<br />

SO KÖNNEN SIE HELFEN!<br />

Grundsätzlich gilt: Nach dem Tierschutzgesetz<br />

müssen Tiere artgerecht<br />

gehalten und gepflegt werden und dürfen<br />

nicht gequält, ausgesetzt oder getötet<br />

werden. Für den Vollzug des Tierschutzgesetzes<br />

sind die Behörden<br />

zuständig; das Veterinäramt ist verpflichtet,<br />

allen Anzeigen von Missständen<br />

in der Tierhaltung nachzugehen<br />

und die gesetzlichen Mindestanforderungen<br />

an eine artgerechte Tierhaltung<br />

durchzusetzen.<br />

Deshalb informieren Sie in einem Tierschutzfall<br />

bitte schnellstmöglich das regional<br />

zuständige Veterinäramt, denn<br />

im Gegensatz zu Privatpersonen oder<br />

Tierschutzorganisationen hat das Veterinäramt<br />

weit reichende Befugnisse,<br />

um den Tieren schnell und kurzfristig<br />

helfen zu können. Das Betreten von<br />

fremden Grundstücken, das Erteilen<br />

von Auflagen für den betroffenen Tierhalter,<br />

das Ausstellen von Tierhaltungsverboten<br />

sowie die Beschlagnahmung<br />

von Tieren bleibt rechtlich allein der Veterinärbehörde<br />

vorbehalten.<br />

Sollte es sich um einen akuten Notfall<br />

handeln (Gefahr im Verzug), können<br />

Sie sich natürlich auch an jede Polizeidienststelle<br />

wenden, in schwerwiegenden<br />

Fällen eine Strafanzeige bei der<br />

Staatsanwaltschaft stellen.<br />

Voraussetzung für das Handeln der Behörde<br />

ist eine Schilderung des Sachverhalts,<br />

am besten in schriftlicher Form.<br />

Lucy (links) und Lisa (2. Fall) wurden<br />

nach ihrer Beschlagnahmung vom bmt aufgenommen<br />

G ST B AYERN<br />

Wichtig ist es dabei, Ihre Angaben<br />

durch schriftliche Zeugenaussagen, Fotos,<br />

tierärztliche Bescheinigungen etc.<br />

zu belegen.<br />

Die Unterlagen senden Sie an das regional<br />

zuständige Veterinäramt mit der<br />

Bitte um Überprüfung der jeweiligen<br />

Tierhaltung. Da die persönlichen Daten<br />

des Meldenden dem Datenschutz<br />

unterliegen und grundsätzlich vertraulich<br />

behandelt werden, sollte man bereit<br />

sein, seinen Namen und seine Anschrift<br />

zu nennen. Außerdem dienen<br />

diese Informationen der Glaubhaftigkeit<br />

der Anzeige, die dann von den Behörden<br />

auch eher mit der angebrachten<br />

Ernsthaftigkeit verfolgt werden wird.<br />

Eine anonyme Anzeige verzögert die<br />

Kontrolle und gefährdet die Hilfe für<br />

das Tier.<br />

Bitte schauen Sie nicht weg - helfen Sie<br />

den Tieren!<br />

Das Recht der Tiere 3/2011<br />

37


Das Recht der Tiere 3/2011<br />

38<br />

F RANZISKUS-TIERHEIM<br />

Wenn es den Menschen schlecht geht, leiden<br />

auch ihre Tiere. Das ist eine Wahrheit, mit<br />

der wir bei unserer Arbeit im Tierheim täglich<br />

konfrontiert werden. Die Tiere haben<br />

keine Wahl - das Schicksal ihrer Menschen<br />

ist immer auch ihr Schicksal. Mit allen damit<br />

verbundenen Konsequenzen. Besonders<br />

tragisch ist das, wenn es Menschen trifft, die<br />

alles für ihr Tier tun würden. So wie bei Familie<br />

Karius aus Hamburg.<br />

Auch Tiere<br />

Der Tag beginnt wie jeder andere: Frau<br />

Karius hat gerade den Morgenspaziergang<br />

mit ihren Hunden Bonnie und<br />

Mucki beendet. Sie schenkt sich eine<br />

Tasse Kaffee ein, während die Katze<br />

schnurrend um ihre Beine streicht. Die<br />

vier sind ein eingespieltes Team; Bonnie<br />

ist zu diesem Zeitpunkt bereits zwölf<br />

Jahre alt, Mucki zehn, und die Katze<br />

Mausi hat gesegnete 19 Lenze auf dem<br />

Buckel.<br />

KIA<br />

Wie jeden Morgen bekommen erst die<br />

schwarzen Mischlinge ihre Leckerchen,<br />

dann greift sie nach dem blauen Näpfchen<br />

und dem Dosenöffner, um der<br />

Katze ihr Frühstück zu geben. Ob es in<br />

diesem Moment geschehen ist, kann -<br />

außer Bonnie, Mucki und Mausi - niemand<br />

genau sagen. Als ihr Herrchen<br />

nach Hause kommt, liegt seine Frau jedenfalls<br />

leblos auf dem kalten Küchen-<br />

haben ein<br />

Schicksal<br />

boden. Mit Blaulicht wird sie ins Krankenhaus<br />

gebracht, die Diagnose ist<br />

niederschmetternd - Schlaganfall!<br />

Und es soll nicht der letzte gewesen<br />

sein - insgesamt erleidet Frau Karius<br />

kurz nacheinander sieben Schlaganfälle.<br />

Innerhalb weniger Stunden wird aus<br />

der freundlichen, lebenslustigen Frau<br />

ein Pflegefall. Zwei Jahre nach diesem<br />

Schicksalstag hat sich ihr Zustand weiter<br />

verschlechtert, das Gehirn ist irreparabel<br />

geschädigt. Sie ist vollständig<br />

gelähmt und kann nur noch einen Finger<br />

und ihre Zehen bewegen. Ohne<br />

die Hilfe ihres Mannes Gerhard, der<br />

sich rund um die Uhr um sie kümmert,<br />

müsste sie in ein Pflegeheim.<br />

Die Versorgung seiner Frau ist für ihn<br />

Schwerstarbeit, die mental wie körperlich<br />

extrem anstrengt. Dazu kommt die<br />

drückende Enge in der 50 qm kleinen<br />

Zweizimmerwohnung. Doch eine größere<br />

zu bekommen, scheitert ausge-


echnet an den<br />

Lieblingen seiner<br />

Frau: Mit<br />

zwei Hunden<br />

und einer Katze<br />

eine behindertengerechte<br />

Wohnung zu<br />

finden, ist aussichtslos.<br />

Fünf Mal hätten<br />

sie schon umziehen<br />

können -<br />

allerdings ohne<br />

die Haustiere.<br />

Doch ein Leben<br />

ohne seine vierbeinigenSchicksalsgenossen<br />

konnte sich<br />

Herr Karius bisher<br />

nicht vorstellen.Allerdings<br />

bleibt ihm<br />

immer weniger<br />

Zeit für die Versorgung<br />

der<br />

Tiere übrig.<br />

Wenn einer der<br />

häufigen Arztbesuche<br />

ansteht, ist er den gesamten<br />

Tag unterwegs. Und auf den<br />

kurzen Spaziergängen mit den Hunden<br />

macht er sich Sorgen, dass während<br />

seiner Abwesenheit Zuhause etwas<br />

passieren könnte. Dazu drücken ihn finanzielle<br />

Sorgen: Weil er nicht arbeiten<br />

gehen kann, hat die Familie kein Einkommen.<br />

Auch nach zahllosen Behördengängen<br />

hat sich die Situation nicht gebessert; es<br />

Franziskus-Tierheim<br />

Geschäftsstelle Hamburg<br />

Lokstedter Grenzstr. 7, 22527 Hamburg<br />

Leiter: Frank Weber<br />

Tel. GSt (040) 55 49 28 - 34, Fax -32<br />

Tel. Tierheim (040) 55 49 28 37<br />

Haspa, BLZ 200 505 50,<br />

Konto 1049220799<br />

www.franziskustierheim.de<br />

bleiben gerade mal 600 Euro zum Leben<br />

für alle übrig. Und davon müssen<br />

noch Pflegeprodukte und Windeln für<br />

seine bewegungsunfähige Frau finanziert<br />

werden. Zu allem Überfluss gibt es<br />

auch noch Probleme mit den Nachbarn:<br />

Bonnie und Mucki langweilen<br />

sich natürlich und schlagen bei jedem<br />

Geräusch im Treppenhaus an und toben<br />

lautstark durch die Wohnung.<br />

Zwei lange Jahre kämpft Gerhard Karius<br />

für den Erhalt seiner kleinen Familie,<br />

dann ist er am Ende seiner Kräfte.<br />

Er meldet sich im Franziskus Tierheim<br />

und bittet darum, die Tiere aufzunehmen.<br />

Die Situation ist auch für uns nicht<br />

einfach. Mittlerweile sind Bonnie und<br />

Mucki 14 und 12 Jahre, Mausi sogar<br />

Manchmal muss man<br />

dem Glück auf die<br />

Sprünge helfen …<br />

21 Jahre alt, und die Vermittlungschancen<br />

damit verschwindend gering.<br />

Gerade sehr alte Tiere, die ein gutes<br />

Zuhause hatten, leiden im Tierheim extrem.<br />

Der kleine Mucki hat ein ziemlich<br />

großes, hässliches Geschwür direkt am<br />

After, eine Operation ist dringend notwendig,<br />

damit überhaupt eine Vermittlungschance<br />

besteht. In seinem fortgeschrittenen<br />

Alter und an dieser Stelle ist<br />

das nicht ganz ungefährlich. Wir machen<br />

uns Sorgen um die beiden, und<br />

die sind leider auch begründet.<br />

Zunächst versuchen wir, die Tiere von<br />

Zuhause aus zu vermitteln, doch ohne<br />

F RANZISKUS-TIERHEIM<br />

Erfolg. Zumindest gelingt es uns überraschend<br />

schnell, einen Platz für die 21<br />

jährige Katze Mausi bei sehr netten jungen<br />

Leuten zu finden. Doch für die beiden<br />

alten Hunde haben wir lange keine<br />

Anfragen. Schließlich findet sich<br />

doch noch eine sehr nette Interessentin<br />

bei uns ein. Sie hatte eine kleine ältere<br />

Pinschermixhündin aus dem Franziskus<br />

Tierheim, die vor kurzem verstorben ist.<br />

Nach einem Spaziergang mit Mucki ist<br />

sie so begeistert, dass sie ihn am liebsten<br />

sofort mit nach Hause nehmen<br />

möchte.<br />

Das wäre auch für uns<br />

ein Glücksfall, doch<br />

wir haben die Rechnung<br />

ohne seine<br />

Freundin Bonnie gemacht.<br />

Sie jammert ihrem<br />

vierbeinigen Freund<br />

hinterher, als ob ohne<br />

ihn die Welt für sie<br />

untergehen würde.<br />

Und ihre Welt ist ja tatsächlich<br />

vor einigen<br />

Tagen erst untergegangen.<br />

Doch die Interessentin kann<br />

nur einem Hund ein Zuhause bieten,<br />

bei zwei Hunden spielt - das kennen wir<br />

schon - der Vermieter nicht mit. Schweren<br />

Herzens sagen wir der Interessentin<br />

ab, Hunde die so aneinander hängen<br />

kann man nicht trennen. Entweder<br />

beide oder keinen!<br />

Und so warten Mucki und Bonnie immer<br />

noch auf ein gutes neues Zuhause,<br />

in dem sie zusammen ihren Lebensabend<br />

verbringen können. Sie<br />

brauchen jemanden, der Zeit für sie hat<br />

und sich um sie kümmert, weil sich ihr<br />

Herrchen um ihr Frauchen kümmern<br />

muss. Das ist ihr Schicksal. Und wir<br />

werden alles in unserer Macht Stehende<br />

tun, dass es sich wieder zum Guten<br />

wendet.<br />

Text: Frank Weber<br />

Fotos: dogma tv und Franziskus-Tierheim<br />

Das Recht der Tiere 3/2011<br />

39


Das Recht der Tiere 3/2011<br />

40<br />

U MWELT<br />

Kater<br />

"Er schnurrt wie ein Außenbordmotor", sagt Christian<br />

Werner lächelnd, "sobald Sie seinen Raum betreten".<br />

Der gesundheitlich angeschlagene Kater hat es<br />

dem Tierheimleiter besonders angetan.<br />

Nicht nur, dass der ca. neun Jahre alte<br />

Ruben die Welt nur noch durch ein<br />

Auge sieht; er hat zugleich (medikamentös<br />

gut eingestellte)<br />

Epilepsie, Diabetes<br />

und ist FIV-positiv - eine<br />

Diagnose, die trotz Aufklärung<br />

noch immer viele<br />

Interessenten abschreckt.<br />

RUBEN<br />

Dabei bedeutet die Diagnose FIV-positiv<br />

nicht, dass die vierbeinigen Patienten<br />

eine sehr viel kürzere Lebenserwartung<br />

haben - im Gegenteil: Viele<br />

FIV-Katzen können bei gutem Wohlbefinden<br />

ein recht hohes Alter erreichen.<br />

Wichtig ist nur, dass die Tiere ihre Infektion<br />

nicht auf andere Katzen übertragen,<br />

daher dürfen sie nicht in Haushalte<br />

mit gesunden Samtpfötchen<br />

vermittelt werden und entsprechend<br />

auch keinen Freigang erhalten.<br />

Der Vergesellschaftung zweier FIV-positiver<br />

Katzen steht jedoch nichts im Wege,<br />

wobei sich Ruben - vor die Wahl gestellt<br />

- wohl eindeutig für einen<br />

zweibeinigen Freund entscheiden würde.<br />

"Ruben", beschreibt der Tierheimleiter<br />

das Verhalten des anhänglichen<br />

Fundkaters, "ist von Menschen total begeistert."<br />

Er liebt jede Form von Zuwendung<br />

wie Streicheln oder Bürsten und<br />

lässt selbst den kleinen Piks für die notwendige<br />

Insulinration mit stoischer Ruhe<br />

über sich ergehen.<br />

"Ich bewundere diesen kleinen Kerl",<br />

sagt Christian Werner, der im November<br />

vier Jahre den Elisabethenhof leitet.<br />

"Er hat fast alles an gesundheitlichen<br />

Einschränkungen "mitgenommen" und<br />

sich dennoch sein lebensfrohes Wesen<br />

bewahrt. Wenn ich einen Wunsch hätte,<br />

würde ich Ruben die "richtigen Menschen"<br />

vorbeischicken, die ihm ein warmes,<br />

liebevolles Zuhause bieten<br />

können."<br />

Anfang des Jahres schien das Glück<br />

schon greifbar, als eine Krankenschwester<br />

großes Interesse an Ruben zeigte<br />

und ihn zu sich holen wollte. Dann veränderten<br />

sich unerwartet ihre beruflichen<br />

Anforderungen, sie konnte die<br />

geforderte Reisetätigkeit nicht mit der<br />

Betreuung des Katers vereinbaren - für<br />

das Tierheimteam ein schwarzer Tag.<br />

"Wir waren wirklich bitter enttäuscht",<br />

so Christian Werner.<br />

Der 35jährige ist ein Quereinsteiger,<br />

wie so viele hauptamtliche arbeitende<br />

Tierfreunde. Der gelernte Lagerist ent-<br />

mit klei<br />

schied sich vor Jahren, seine Liebe zum<br />

Tier zum Beruf zu machen, holte die<br />

Ausbildung zum Heim- und Pensionstierpfleger<br />

nach, arbeitete u.a. im Tierheim<br />

Frankfurt und übernahm 2008<br />

die Tierheimleitung für den bmt in Reichelsheim.<br />

Sein Arbeitstag beginnt um 8.00 Uhr<br />

und endet kaum vor 18.30 Uhr. "Ich bin<br />

mein eigener Ersatzmann", umreißt er<br />

humorvoll seinen vielseitigen Tätigkeitsbereich.<br />

Wenn jemand in der Tierversorgung<br />

fehlt, greift er genauso<br />

zu Gummistiefeln<br />

und Putzzeug wie zum Hörer,<br />

wenn das Telefon nicht<br />

stillsteht, berät, informiert,<br />

erklärt und hört zu.<br />

"Verantwortung <strong>gegen</strong>über<br />

den uns anvertrauten Tieren<br />

ist immer auch Verantwortung<br />

<strong>gegen</strong>über Menschen",<br />

sagt der Tierheimleiter und<br />

beschreibt folgenden Fall:<br />

Um Dabo zu halten,<br />

braucht man viel Kraft


nen Handicaps<br />

WARUM RUBEN DRINGEND EIN ZUHAUSE BRAUCHT:<br />

Dabo, eine über 70 cm Stockmaß große<br />

Leonberger-Mixhündin, wurde im<br />

Juni 2010 von ihrer älteren Besitzerin<br />

ins Tierheim zurückgebracht. Sie sei<br />

körperlich der Hündin nicht gewachsen,<br />

begründet sie die Abgabe. Bis vor<br />

kurzem hatte ihr Sohn Dabo die nötige<br />

Bewegung verschafft, doch nun sei er<br />

beruflich gebunden und sie mit der<br />

Haltung und Betreuung der großrahmigen<br />

Hündin überfordert.<br />

Der Tierheimleiter nimmt Dabo, die im<br />

Januar 2006 als Fundhund aufgenommen<br />

und einen Monat später an die ältere<br />

Dame und ihren Sohn vermittelt<br />

wurde, wieder auf. "Das war richtig von<br />

ihr", sagt er, "jeder weitere Tag, an dem<br />

sie mit der Hündin auf die Straße gegangen<br />

wäre, hätte ein nicht einschätzbares<br />

Risiko bedeutet."<br />

Denn Dabo ist nicht grundsätzlich sozialverträglich.<br />

Die Hündin lehnt Geschlechtsgenossinnen<br />

ab und muss<br />

umsichtig an andere Hunde herangeführt<br />

werden. Dann kann aus der ersten<br />

Begegnung durchaus ein harmonisches<br />

Spiel werden. Für Dabo sucht<br />

das Tierheim eine Familie (mit Kindern<br />

mindestens ab zwölf), die Erfahrung in<br />

der Hundehaltung hat und körperlich<br />

stabil ist. "Letzter Punkt", sagt Christian<br />

Werner, "ist wirklich wichtig: Ich bin 190<br />

cm groß, 35 Jahre, wiege 90 kg und<br />

halte sie trotzdem nur mit Mühe."<br />

Finden sich ihre passenden Gegenüber,<br />

steht einer schönen Freundschaft nichts<br />

im Wege:<br />

SUNNY<br />

Darbo hört gut, kann Stunden alleine<br />

bleiben, mag junge Hunde und vor allem<br />

ihre Menschen, denen sie am liebsten<br />

vor Zuneigung auf den Schoß klettern<br />

würde…wären da nicht schon<br />

wieder diese störenden Größenunterschiede.<br />

Sunny und Susa da<strong>gegen</strong> dürften<br />

kaum Zuwendung genossen haben.<br />

Sie wurden vom Veterinäramt aus einem<br />

Missstand sichergestellt und waren<br />

anfänglich sehr zurückhaltend.<br />

Inzwischen lassen sie nicht nur menschlichen<br />

Kontakt zu, sie beginnen ihn<br />

auch mehr und mehr zu schätzen. Beide<br />

Tiere sind wie Ruben FIV-positiv und<br />

teilen nur deswegen nicht den Raum<br />

mit ihm, weil der Kater aufgrund seiner<br />

Zuckerkrankheit über den Tag verteilt<br />

fressen muss. Sunny leidet unter Durchfall,<br />

möglicherweise könnte sich die<br />

Darmirritation im neuen Zuhause aber<br />

geben. "Solche Spontanheilungen",<br />

sagt Christian Werner, "haben wir<br />

schon öfter erlebt. Das zeigt immer<br />

wieder, wie wichtig ein stabiles Umfeld<br />

und eigene Bezugspersonen für das<br />

seelische und körperliche Wohlbefunden<br />

von Tieren ist".<br />

Diese vier Tiere sind nur einige Kandidaten<br />

aus dem Elisabethenhof.<br />

Weil die<br />

Vermittlung in die-<br />

TH ELISABETHENHOF<br />

sem Jahr schleppender als in den Vorjahren<br />

lief, sitzen manche Vierbeiner<br />

Monate und Jahre, bis sie ein neues Zuhause<br />

finden. Für fast alle Tiere wäre<br />

die lange Verweildauer im Tierheim eine<br />

noch höhere Belastung, wenn da<br />

SUSA<br />

nicht die vielen Ehrenamtlichen wären,<br />

die mit "ihren Hunden" spazieren gehen<br />

und mit den Katzen spielen würden.<br />

"An dieser Stelle möchte ich mich ganz<br />

herzlich für die Unterstützung unserer<br />

Ehrenamtlichen bedanken, gerade<br />

auch für den Einsatz beim jährlichen<br />

Tag der Offenen Tür", sagt Christian<br />

Werner. Mit Hilfe von Ehrenamtlichen<br />

würde der Tierheimleiter gerne eine Jugendtierschutzgruppe<br />

ins Leben rufen -<br />

wenn Sie also Freude am Umgang mit<br />

Kindern und Jugendlichen haben und<br />

ihnen den Schutz von Tieren nahe bringen<br />

und Projekte erarbeiten wollen,<br />

sprechen Sie mit Christian Werner.<br />

Text: Claudia Lotz<br />

Fotos: Christian Werner<br />

Tierheim Elisabethenhof<br />

Geschäftsstelle Hessen<br />

Siedlerstraße 2, 61203 Reichelsheim<br />

Tel. (06035) 96 11 11<br />

Leiter (TH): Christian Werner<br />

Tel. (06035) 59 16, Fax 96 11 18<br />

Frankfurter Sparkasse,<br />

BLZ 500 502 01, Konto 5975<br />

www.tierheim-elisabethenhof.de<br />

Das Recht der Tiere 3/2011<br />

41


Das Recht der Tiere 3/2011<br />

42<br />

G ST I SSUM<br />

Über6<br />

Über<br />

Die Hunderallye, von der Geschäftsstelle<br />

Issum und der Hundeschule am Schürmannsgraben<br />

ausgerichtet, ist eine seit<br />

Jahren stattfindende Veranstaltung und<br />

beliebter Treffpunkt für Menschen, die<br />

einen Hund vom bmt aufgenommen haben.<br />

So trifft Geschäftsstellenleiterin<br />

Dagmar Weist immer wieder auf vierbeinige<br />

Bekannte, die sich bei ihren<br />

neuen Besitzern gut entwickelt haben<br />

und nun voller Tatendrang die sechs<br />

Stationen des Parcours angehen...<br />

Dagmar Weist hatte Punkt 10.00 Uhr<br />

zur Rallye eingeladen. Auch Petrus hatte<br />

sich diesen Termin offensichtlich notiert:<br />

Ebenso pünktlich ging<br />

der erste Schauer nieder.<br />

Schade - war die Rallye<br />

doch mit viel Herzblut ausgerichtet<br />

worden. Schnell<br />

mussten noch ein paar vorsichtshalber<br />

mitgebrachte<br />

Planen über die Sitzgruppen<br />

gespannt und die Stände<br />

<strong>gegen</strong> den Wetterumschwung<br />

gesichert werden.<br />

Viele "alte Bekannte" besuchten<br />

die Rallye - Zweiund<br />

Vierbeiner, die durch<br />

Vermittlung des bmt zueinander<br />

gefunden hatten und<br />

GROSSE HUN<strong>DER</strong>ALLYE<br />

BEGEISTERT TEILNEHMER<br />

ihre Teamfähigkeit nun unter Beweis<br />

stellen wollten. Emsig wurden die Aufgaben<br />

angegangen, unerschrocken<br />

und ausdauernd<br />

kämpften<br />

sechs Beine<br />

auf einemherrlich<br />

mitten<br />

durch den<br />

Wald führenden<br />

Parcours<br />

um Punkte<br />

und Ehre.<br />

Da konnte<br />

auch ein<br />

Nette Begegnungen am<br />

Rande<br />

Stationen<br />

zum Sieg<br />

zweiter ergiebiger<br />

Schauer den aktiven Teilnehmern die<br />

Laune nicht vermiesen.<br />

Wer hat bloß diese Aufgaben ersonnen?<br />

mag mancher Hundebesitzer<br />

(und vielleicht auch sein vierbeiniger<br />

Gefährte gedacht haben), als das<br />

Team Hund und Mensch die verschiedenen<br />

Stationen angingen. Geschick,<br />

schnelle Auffassungsgabe, Trittsicherheit,<br />

Mut und Wendigkeit waren bei allen<br />

Prüfungsabschnitten gefragt.<br />

An der ersten Station "Eierlauf" kriegte<br />

Frauchen bzw. Herrchen einen Löffel in<br />

die Hand, auf den ein Ball gelegt wurde.<br />

Die Hundeleine lose über den<br />

Unterarm gelegt, musste das Hunde-<br />

Mensch-Team zehn Meter überwinden,<br />

ohne dass Leine, Hund oder Ball verloren<br />

gingen.


Pfötchendrücken für<br />

Frauchen und Herrchen<br />

Bei den "Fliegenden Teppichen" musste<br />

Hund auf einer Matte sitzen, während<br />

sein Mensch eine zweite Matte davor<br />

legte. Dann sollte der Hund auf diese<br />

Siegerehrung mit Dagmar<br />

Weist (ganz links)<br />

zweite Matte wechseln, während der<br />

Zweibeiner die erste Matte um den<br />

Hund herum wieder nach vorne legt,<br />

damit der schlaue Hund dann diese<br />

Matte erneut besetzte. Und das alles<br />

sechs Mal hintereinander. Und der<br />

Hund durfte die Matte nur zum Wechseln<br />

verlassen…<br />

Das alte "Hütchenspiel" - Älteren noch<br />

bekannt mit "Salvatore" aus dem TV -<br />

erlebte seine Wiederbelebung an der<br />

dritten Station: Von drei umgestülpten<br />

Bechern, unter einem von ihnen ein<br />

Leckerli versteckt, musste die Spürnase<br />

das richtige "Hütchen" erkennen.<br />

Next Stop Slalom: Sechs stehende Stangen<br />

mussten, wie im Ski-Slalom-Abfahrtslauf,<br />

möglichst schnell umrundet<br />

werden. Die fünfte Aufgabe war die "Löwennummer":<br />

Der Vierbeiner musste<br />

durch einen Hula-Hoop-Reifen springen<br />

- der war hier natürlich feuerfrei.<br />

Mit der sechsten Aufgabe war der Hund<br />

dann schon fast fertig: Pfötchen geben!<br />

Hier gab es fast immer die volle Punktezahl.<br />

Und die letzte Aufgabe musste<br />

das andere Ende der Leine alleine bewältigen:<br />

Für Frauchen und/oder Herrchen<br />

gab es - ähnlich einem Scrabble-<br />

Spiel - einige Buchstaben, aus denen<br />

dann möglichst lange Wörter gebildet<br />

werden sollten. Hund konnte seinem<br />

Besitzer nur die Pfötchen drücken.<br />

Etwas über zwei Dutzend Hund-<br />

Mensch-Mannschaften machten sich<br />

über diesen schwierigen Parcours. Souveräner<br />

Sieger wurden "Suna" und Frau<br />

Kuhlmann, die sich riesig freute: "Klasse,<br />

dass unsere langjährige Beschäftigung<br />

auf dem Hundeplatz belohnt<br />

wird!"<br />

Für "Suna" und "Lucky" (Besitzer<br />

Familie Nolden) auf dem -<br />

zweiten Siegertreppchen-Platz<br />

gab's je einen Gutschein für ein<br />

Tierportrait bei der Künstlerin<br />

Inge Mostowy aus Geldern.<br />

Den dritten Preis erkämpfte<br />

sich "Tom" mit Familie Scholl,<br />

Trostpreise gab's für "Cookie"<br />

und seine Familie Haubruck<br />

und für "Lila" mit Familie Sylt.<br />

Nach der Arbeit wartete das Vergnügen:<br />

Eine Riesen Auswahl an Kuchen,<br />

Snacks, Kaffee, kühlenden Getränke<br />

für Frauchen, Herrchen und Hund, ein<br />

gut bestückter Flohmarkt und viel Zeit<br />

Geschäftsstelle Issum<br />

Drosselweg 15, 47661 Issum<br />

Leiterin: Dagmar Weist<br />

Tel. (02835) 44 46 97, Fax (02835) -99<br />

Sparkasse am Niederrhein,<br />

BLZ 354 500 00,<br />

Konto 111 500 2063<br />

www.bmt-nrw.de<br />

G ST I SSUM<br />

JOSHUA<br />

Diese beiden suchen ein<br />

neues Zuhause!<br />

Joshua (9) ist ein umkomplizierter<br />

Hund, mag Artgenossen und Katzen,<br />

hört sehr gut und fährt gerne Auto.<br />

Peti (3) wurde aus Zeitmangel abgegeben<br />

und zeigt noch Verlustängste.<br />

Er ist ein sehr bewegungsfreudiger<br />

und anhänglicher Hund.<br />

PETI<br />

für Hunde-Gespräche machten die<br />

Rallye rund. Und Petrus hatte dann<br />

doch noch ein Herz für Hunde: Nach<br />

elf Uhr blieb's schauerfrei.<br />

Geschäftsstellenleiterin Dagmar Weist<br />

stellte noch zwei Hunde vor, die in liebevolle<br />

und hundefreundliche Familien<br />

vermittelt werden wollen: Peti liebt Katzen<br />

(!) und Joshua ist eine ausgemachte<br />

Schmusebacke - aber vielleicht stecken<br />

noch ganz andere Qualitäten in den<br />

beiden und sie kämpfen im nächsten<br />

Jahr um das Siegertreppchen der Hunderallye<br />

2012? Lassen wir uns überraschen!<br />

Text und Fotos: Udo Kraushaar<br />

Das Recht der Tiere 3/2011<br />

43


Das Recht der Tiere 3/2011<br />

44<br />

Die Gründe, vegan zu leben, sind so vielfältig<br />

wie die Menschen, sagt Alex Siepmann. Der<br />

Besitzer des zweibeinigen Hundes Uli (RdT<br />

4/2010) hat sich vor 18 Jahren für den veganen<br />

Ernährungsstil entschieden.<br />

Dass der Veganismus mehr ist als der Verzicht<br />

auf Fleisch-, Ei- und Milchprodukte - nämlich<br />

ein Lebensstil - erklärt er im folgenden Text.<br />

"Willst du einen Kaffee?" - "Ja, gern!" - "Mit Milch und<br />

Zucker?" - "Nur mit Zucker, ich trinke keine Milch" - "Keine<br />

Milch, bist du Veganer???" - "Ja."<br />

Immer wieder taucht das Wort "vegan" in den Medien<br />

auf. Berichte über Menschen, die "Veganer/innen" sind<br />

bzw. "vegan" leben. Aber auch im Alltag finden sich<br />

diese Worte auf Lebensmittelverpackungen, nicht nur<br />

im Bio-Laden, sondern zunehmend auch auf Produkten<br />

großer Handelsketten. Augenscheinlich dreht es<br />

sich hier um das Thema Ernährung…<br />

Aber wo ist denn jetzt der Unterschied zwischen der vegetarischen<br />

und der veganen Lebensweise? An diesem<br />

Punkt wird es auch schon schwierig, sich umgangssprachlich<br />

mit diesem Thema auseinanderzusetzen.<br />

Der Vegetarier oder die Vegetarierin verzichtet<br />

in der Regel auf den Konsum von Fleisch, einige<br />

auf das Verzehren von Fisch, essen aber Eier und<br />

Milchprodukte.<br />

Was aber macht der Veganer anders? Vegan leben<br />

bedeutet, bewusst auf jegliche tierischen Produkte zu<br />

verzichten. Eine Ernährung ohne Fleisch, Eier, Milch<br />

und Käse, Kleidung ohne Wolle oder Leder, Kosmetik<br />

ohne tierische Fette und Bestandteile. Neben dem Verzehr<br />

getöteter Tiere wird eben auch die Nutzung von<br />

Tieren für die Erzeugung oben genannter Produkte abgelehnt.<br />

Hierin unterscheiden sich die vegan lebenden<br />

Menschen in ihrer Haltung von den Vegetariern.<br />

Sie sehen Tiere eben nicht als "Lieferanten" von Fleisch<br />

oder als "Produzenten"<br />

für Milch<br />

oder Eier. Tiere<br />

sind empfindsame,<br />

lebende Individuen,<br />

welche<br />

das Recht auf<br />

Unversehrtheit<br />

und ein artge-<br />

RdT-Leser kennen Alex Siepmann und<br />

die Geschichte seines zweibeinigen<br />

Hundes Uli aus Heft 4/2010<br />

(


Tier-)<br />

rechtes Leben haben. Es geht eben nicht nur um die Frage, ob<br />

ein Tier zum Verzehr getötet wird, es geht auch um die Beteiligung<br />

des Konsumenten an den Grausamkeiten der Massentierhaltung<br />

zur Herstellung von tierischen Produkten.<br />

Es gibt keinen Unterschied zwischen Nutz- und Haustieren.<br />

Tierliebe oder das Eingeständnis von Tierrechten ist jedoch<br />

nur ein Motiv, vegan zu leben. Ich möchte hier nicht weiter<br />

auf die verschiedensten Gründe für ein tierleidfreies Leben<br />

eingehen, da diese so vielfältig wie auch individuell sind.<br />

Vegan lebende Menschen praktizieren in der Regel neben<br />

dem Tierschutz durch Ernährung auch praktischen Tier- und<br />

Umweltschutz. Sie<br />

versuchen, weitgehend<br />

ethisch und<br />

moralisch fair zu<br />

handeln. Eine vegane<br />

Lebensweise<br />

beinhaltet die kritischeAuseinandersetzung<br />

mit dem eigenen<br />

Konsum und<br />

Handeln. Veganismus<br />

ist eine Lebenseinstellung,<br />

die<br />

versucht, über den Tellerrand des Alltags zu schauen.<br />

Sind Veganer/inner Exoten, Außenseiter oder Extremisten?<br />

Nun, so vielfältig, wie die Gründe, vegan zu leben, so vielfältig<br />

sind auch die Menschen. Ich möchte einfach mal drei<br />

Prominente nennen, die vegan leben, den Musiker Bryan<br />

Adams, Schauspieler Woody Harrelson und Tennisspielerin<br />

Martina Navratilova. Wie exotisch oder extrem sind sie?<br />

" Na, ohne Fleisch könnte ich leben, aber vegan?" Ich lebe<br />

seit über 18 Jahren vegan. Damals habe<br />

ich auch mit dem Verzicht auf Fleisch angefangen.<br />

In der Auseinandersetzung mit<br />

der landwirtschaftlichen oder besser gesagt<br />

industriellen Tierhaltung war es unumgänglich<br />

geworden, auch andere tierische<br />

Produkte zu meiden. Mit dem Wissen<br />

über die Zustände in Legebatterien (mitt-<br />

lerweile auf nicht minder tierverachtende<br />

Haltungsformen<br />

umgestellt) und Milchbetrieben<br />

war es für mich nur konsequent,<br />

mich vegan zu ernähren.<br />

Es wurde ein stetiger Prozess,<br />

mit wachsender Information,<br />

sich angemessen zu<br />

verhalten.<br />

Auch nach dieser langen Zeit<br />

gilt es, viele alltägliche Dinge zu<br />

hinterfragen. Ist es<br />

sinnvoll, einen Öko-<br />

TH WAU-MAU-INSEL<br />

Liebe<br />

GEHT DURCH DEN MAGEN<br />

oder: was heißt eigentlich vegan?<br />

stromanbieter zu wählen, der Biogasanlagen fördert,<br />

die wiederum mit Gülle aus der Massentierhaltung<br />

betrieben werden? Wie ernähre ich<br />

meine Hunde und Katzen? Was bedeutet Fair-Trade,<br />

wenn ich beim Discounter kaufe?<br />

Vegan leben bedeutet für mich, zu hinterfragen<br />

und bewusst zu entscheiden. Auch wenn die Antworten<br />

leider oft nur Kompromisse sein können.<br />

Dieser Text soll niemanden bekehren, vegan zu<br />

leben. Er soll ein Gedankenanstoß sein, sich mit<br />

seinen Ess- und Lebensgewohnheiten auseinanderzusetzen.<br />

Und beim Einkaufen einfach mal einen Blick<br />

auf die Zutatenliste zu werfen. Vielleicht müssen es nicht die<br />

Eiernudeln sein? Statt dem Milcheis mal ein Sorbet. Beim<br />

nächsten Schuhkauf einmal auf das Etikett zu schauen? In der<br />

Drogerie eine pflanzliche Seife ohne tierische Fette einzukaufen.<br />

Für mich heißt vegan leben, nicht zu verzichten, sondern Alternativen<br />

zu entdecken.<br />

GSt u. TH "Wau-Mau-Insel"<br />

Schenkebier Stanne 20, 34128 Kassel<br />

Leiterin (GSt): Petra Hollstein<br />

Leiter (TH): Karsten Plücker<br />

Tel. (0561) 86 15 680, Fax 86 15 681<br />

Kasseler Sparkasse,<br />

BLZ 520 503 53,<br />

Konto 70 700<br />

www.wau-mau-insel.de<br />

ULI<br />

Ich kann und möchte jeden einladen,<br />

diese Alternativen für sich zu entdecken.<br />

Weitere Infos:<br />

www.vegane-gesellschaft.org<br />

Text: Alex Siepmann<br />

Fotos: Sara Meißner<br />

Das Recht der Tiere 3/2011<br />

45


Das Recht der Tiere 3/2011<br />

46<br />

T IERSCHUTZPOLITIK<br />

Die Putenhaltung steht seit Jahren<br />

in der Kritik der Tierschutzverbände.<br />

Tatsächlich gibt es<br />

kaum eine vergleichbare Haltung<br />

im Nutztierbereich, die mit<br />

so viel Tierleid verbunden ist.<br />

II<br />

IERSCHUTZPOLITIK II<br />

Puten<br />

TRAURIGES FAZIT NACH ZEHN JAHREN<br />

Gerade die einseitige Zucht<br />

auf extrem rasch wachsende<br />

Tiere mit der deutlichen Betonung<br />

auf die Brustmuskulatur<br />

hat dazu geführt, dass<br />

sich am Ende der Mast die<br />

Tiere kaum mehr auf den<br />

Beinen halten können.<br />

Schmerzhafte Fußballenentzündungen,<br />

Beinschwächen,<br />

Brustblasenverletzungen und Verhaltensstörungen sind die<br />

Folgen. Damit sich die Puten bei den hohen Besatzdichten<br />

nicht <strong>gegen</strong>seitig verletzen, werden die Schnäbel schon im<br />

Kükenalter weggelasert, wodurch die Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme<br />

stark behindert wird.<br />

Trotz der seit Jahren bekannten Missstände werden die Puten<br />

vom Gesetzgeber im Stich gelassen. Denn neben den allgemeinen<br />

Regelungen des Tierschutzgesetzes und der Tierschutznutztierhaltungsverordnung<br />

existieren bislang keinerlei<br />

rechtlichen Anforderungen an die Haltung. Auch europäische<br />

Vorgaben beschränken sich lediglich auf Empfehlungen<br />

des Europarates.<br />

Unter der Federführung des <strong>Bund</strong>eslandwirtschaftsministeriums<br />

(BMELV) wurden 1999 "<strong>Bund</strong>eseinheitliche Eckwerte für<br />

eine freiwillige Vereinbarung zur Haltung von Jungmasthühnern<br />

(Broiler, Masthähnchen) und Mastputen" erarbeitet, die<br />

von Vertretern der Länder, des damaligen Bündnisses Tierschutz<br />

(bmt, <strong>Bund</strong>esverband Tierschutz, Deutscher Tierschutzbund)<br />

der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz und<br />

der Putenwirtschaft unterzeichnet wurden.<br />

Doch zehn Jahre später ist das Fazit der Tierschutzverbände<br />

ernüchternd. Erfahrungen aus den Ländern und aktuelle wissenschaftliche<br />

Untersuchungen bestätigen, dass die o.g.<br />

eklatanten tierschutzrelevanten Defizite in der Putenhaltung<br />

noch immer bestehen - und hinsichtlich der maximalen Besatzdichten<br />

von den Putenzüchtern nicht selten sogar unterlaufen<br />

werden!<br />

leiden weiter<br />

Angesichts der kastrastrophalen Zustände in der Putenhaltung<br />

und vor dem Hintergrund, dass die "Freiwilligen Vereinbarungen"<br />

eine regelmäßige Überprüfung der Anforderungen<br />

vorsehen, hat der Verband Deutscher Putenerzeuger<br />

e.V. nun zu umfangreichen Beratungen eingeladen.<br />

Die erste Sitzung fand im März 2011 in Berlin statt. Teilnehmer<br />

waren Vertreter aus dem BMELV, der Wissenschaft, der<br />

Putenwirtschaft und drei Tierschutzorganisationen (bmt, BVT,<br />

ProVieh in Vertretung für den<br />

DTB), außerdem die Tierärztliche<br />

Vereinigung für<br />

Tierschutz und die Tierschutzreferenten<br />

der Länder.<br />

Es wurden drei Unterarbeitsgruppen<br />

zu<br />

folgenden Themen<br />

gebildet:<br />

1. UAG Haltungsbedingungen;<br />

Vorsitz: Prof. Hartung, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover;<br />

von Tierschutzseite: Dr. Jörg Styrie (<strong>Bund</strong>esverband<br />

Tierschutz).<br />

2. UAG Tiergesundheit/Fitness/Verhalten;<br />

Vorsitz: Prof. Hafez, Freie Universität Berlin; von Tierschutzseite:<br />

Stefan Johnigk (ProVieh).<br />

3. UAG Tierbetreuung/Kontrolle;<br />

Vorsitz: Prof. Anderson; Fachhochschule Osnabrück; von<br />

Tierschutzseite: Torsten Schmidt (bmt), Sylvia Heesen, Tierärztliche<br />

Vereinigung für Tierschutz.<br />

Ob schlussendlich eine konsensfähige Vereinbarung getroffen<br />

werden kann, ist aufgrund der sehr kontroversen Diskussionen<br />

noch offen. Aus Sicht der Tierschutzverbände wären<br />

hierzu substanzielle Verbesserungen im Bereich Tierschutz<br />

notwendig, die behördlich überprüfbar sein müssen und bei<br />

Nichteinhaltung auch geahndet werden.<br />

Text: Torsten Schmidt<br />

Fotos: Deutsches Tierschutzbüro


10 Geschäftsstellen , 8 Tierheime und ein Tierschutzzentrum<br />

Geschäftsstelle Norden Franziskus-Tierheim<br />

Nordbuscherweg 17, 26553 Dornum<br />

Tel. (04933) 99 28 24, Fax 99 28 26<br />

Tierheim Hage<br />

Hagermarscher Str. 11, 26524 Hage<br />

Tel. (04938) 4 25, Fax 91 49 90<br />

Raiffeisen-Volksbank<br />

Fresenae.G.Norden, BLZ 283 615 92<br />

Konto 6302020300<br />

www.tierheim-hage.de<br />

GSt u. TH "Arche Noah"<br />

Rodendamm 10, 28816 Stuhr/Brinkum<br />

GSt.: Tel. (0170) 632 52 40<br />

Tierheim: Tel. (0421) 890171,<br />

Fax 80 90 553<br />

Kreissparkasse Syke,<br />

BLZ 291 517 00, Kto. 113 000 29 57<br />

ww.tierheim-arche-noah.de<br />

Geschäftsstelle Issum<br />

Drosselweg 15, 47661 Issum<br />

Tel. (02835) 44 46 97, Fax 44 46 99<br />

Sparkasse am Niederrhein,<br />

BLZ 354 500 00,<br />

Konto 111 500 2063<br />

www.bmt-nrw.de<br />

TH Köln-Dellbrück<br />

Iddelsfelder Hardt, 51069 Köln<br />

Tel. (0221) 68 49 26, Fax 68 18 48<br />

Postbank Köln, BLZ 370 100 50<br />

Konto 924 02-505<br />

www.tierheim-koeln-dellbrueck.de<br />

Tierschutzzentrum<br />

Pfullingen<br />

Gönninger Straße 201,<br />

72793 Pfullingen<br />

GSt: Tel. (07121) 820 17 -0, Fax -18<br />

Tierheim: Tel. (07121) 820 17 20<br />

Kreissparkasse Reutlingen,<br />

BLZ 640 500 00, Kto. 75 7889<br />

www.tierschutz-bmt-bw.de<br />

GSt Issum<br />

Geschäftsstelle Hamburg<br />

Lokstedter Grenzstr. 7, 22527 Hamburg<br />

Tel. GSt (040) 55 49 28 - 34, Fax -32<br />

Tel. Tierheim (040) 55 49 28 37<br />

Haspa, BLZ 200 505 50,<br />

Konto 1049220799<br />

www.franziskustierheim.de<br />

TH Hage/<br />

GSt Norden<br />

TH Köln<br />

www.bmt-tierschutz.de<br />

Tierschutzzentrum<br />

Pfullingen<br />

VORSTAND<br />

TH Arche Noah<br />

TH Elisabethenhof<br />

Franziskus-TH, Hamburg<br />

Katzenhaus, TH<br />

TH Wau-Mau-Insel<br />

GSt Bayern<br />

Vorsitzende: Petra Zipp<br />

Tierschutzzentrum Pfullingen<br />

Gönninger Straße 201, 72793 Pfullingen<br />

Tel. (07121) 820 17 -23, Fax 820 17 -18<br />

Stellv. Vorsitzender: Bernd Stephan<br />

Kaiser-Friedrich-Promenade 82<br />

61348 Bad Homburg<br />

Tel. (06172) 138 80 26, Fax 23 691<br />

Weiteres Vorstandsmitglied: Karin Stumpf<br />

Am Heiligenhäuschen 2, 50859 Köln,<br />

Tel. (0221) 950 51 55, Fax 950 51 57<br />

GSt Berlin<br />

<strong>DER</strong> bmt<br />

Geschäftsstelle Berlin<br />

Sauerbruchstraße 11, 14109 Berlin<br />

Tel. (030) 80 58 33 -38, Fax -39<br />

Postbank Berlin,<br />

BLZ 100 100 10,<br />

Konto 9603-107<br />

www.tierschutz-bmt-berlin.de<br />

"Katzenhaus Luttertal"<br />

Luttertal 79, 37075 Göttingen<br />

GSt.: Tel. (06678) 91 85 67<br />

Tierheim: Tel. (0551) 2 28 32<br />

Postbank Hannover,<br />

BLZ 250 100 30, Konto 732 223 06<br />

www.katzenhaus-luttertal.de<br />

GSt u. TH "Wau-Mau-Insel"<br />

Schenkebier Stanne 20, 34128 Kassel<br />

Tel. (0561) 86 15 680, Fax 86 15 681<br />

Kasseler Sparkasse,<br />

BLZ 520 503 53,<br />

Konto 70 700<br />

www.wau-mau-insel.de<br />

Tierheim Elisabethenhof<br />

Geschäftsstelle Hessen<br />

Siedlerstraße 2, 61203 Reichelsheim<br />

GSt.: Tel. (06035) 96 11 11<br />

Tierheim: Tel. (06035) 59 16,<br />

Fax (06035) 96 11 18<br />

Frankfurter Sparkasse,<br />

BLZ 500 502 01, Konto 5975<br />

www.tierheim-elisabethenhof.de<br />

Geschäftsstelle Bayern<br />

Viktor-Scheffel-Straße 15,<br />

80803 München<br />

Tel. (089) 38 39 52-13, Fax -23<br />

Postbank München,<br />

BLZ 700 100 80, Kto. 142 20-802<br />

www.bmt-bayern.de<br />

Das Recht der Tiere 2/2011<br />

47


„Das Recht der Tiere“ – Postvertriebsstück B 13769 – Entgelt bezahlt<br />

<strong>Bund</strong> <strong>gegen</strong> Missbrauch der Tiere e.V.<br />

Als gemeinnützig und besonders förderungswürdig anerkannt<br />

Beiträge und Spenden sind steuerlich absetzbar<br />

Hauptgeschäftsstelle: D-80803 München , Viktor-Scheffel-Str.15<br />

www.bmt-tierschutz.de<br />

Tanja und Peter Maffay haben ein Herz<br />

für die Straßenhunde in Brasov !<br />

Tanja und Peter Maffay informieren sich bei Cristina Lapis<br />

(Millions of friends, links) über das Schicksal der rumänischen Straßenhunde<br />

Peter Maffay hat im Juli<br />

2011 das "Fundatia Tabaluga"<br />

in Siebenbürgen eröffnet<br />

und damit das dritte Refugium<br />

für traumatisierte<br />

Kinder in Europa.<br />

Peter Maffay, 1949 im rumänischen<br />

Brasov geboren,<br />

setzt sich mit seiner gleichnamigen<br />

Stiftung international<br />

für die Schwächsten<br />

in der Gesellschaft ein. Neben<br />

den Kindern sind das<br />

für ihn auch die Tiere, besonders<br />

jedoch die der Willkür<br />

der Menschen ausgesetzten<br />

Straßenhunde in<br />

seiner ehemaligen Heimat.<br />

Mit seiner Frau Tanja informierte<br />

er sich vor Ort in Brasov<br />

über die Arbeit von Cristina<br />

Lapis (Millions of<br />

friends, im Bild links) und<br />

des bmt.<br />

Peter eter Maffay begrüßt die Entscheidung der Stadt Brasov, Brasov,<br />

auf Tötungen in Zukunft<br />

zu verzichten und in Zusammenarbeit mit dem Tierschutz das Straßenhundproblem<br />

Straßenhundproblem<br />

human anzugehen. Tanja Tanja<br />

und Peter Peter<br />

Maffay bitten alle Tierfreunde um Unterstützung,<br />

Unterstützung<br />

damit dieses Projekt gelingen wird.<br />

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