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Tiergestützte Therapie: Die geschichtliche Entwicklung - Freiburger ...

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dung darüber, welche Tiere man einsetzte,<br />

[beruhte] häufig weniger auf gezielten Überle-<br />

gungen hinsichtlich einer Passung zwischen<br />

Tier und dem Klienten oder Patienten, bei wel-<br />

chem das Tier zum Einsatz kommen sollte,<br />

sondern vielmehr auf räumlichen, organisato-<br />

rischen, finanziellen und/ oder personellen Ge-<br />

gebenheiten“ (Niepel 1998; S.60).<br />

Zudem fehlen einige weitere Voraussetzungen<br />

für die Akzeptanz wirkungsvoller tiergestütz-<br />

ter Intervention wie ein überdisziplinäres<br />

Grundverständnis, eine konzeptionelle Fun-<br />

dierung, die strukturelle Verankerung des Be-<br />

reichs und die Erprobung und Evidenzbasie-<br />

rung von Interventionen (Saumweber 2009).<br />

Obwohl einige Versuche unternommen wur-<br />

den, wenigsten einen Teil dieser Mängel zu<br />

beseitigen (Schwarzkopf & Olbrich 2008; Ver-<br />

nooij & Schneider 2008; Otterstedt 2007;<br />

Saumweber 2009), haben diese Versuche nur<br />

begrenzt Eingang in die Praxis gefunden. <strong>Die</strong><br />

aktuelle Praxis ist der Theorie weit voraus, was<br />

dazu führt, dass der therapeutische Einsatz<br />

von Tieren nicht empirisch fundiert ist.<br />

Dadurch werden in der Praxis Tiere häufig als<br />

„Wundermittel“ angesehen, jedoch muss kon-<br />

statiert werden, dass die Möglichkeiten und<br />

Chancen wie auch die allgemeine Wirksamkeit<br />

von vielen sehr enthusiastischen Praktikern<br />

wahrscheinlich überschätzt wird. Zudem wer-<br />

den positive Wirkungen, welche durch Heim-<br />

tiere im täglichen Kontakt mit ihren Bezugs-<br />

personen entfalten, unkritisch auf die spezielle<br />

Situation der tiergestützten <strong>Therapie</strong> übertra-<br />

gen (Wohlfarth, Mutschler & Bitzer, in Vorb.).<br />

Ein weiterer Aspekt ist festzuhalten. In den<br />

Anfangsjahren der tiergestützten <strong>Therapie</strong><br />

wurden Tiere noch häufig funktionalisiert und<br />

instrumentalisiert. Sie wurden gleichsam als<br />

Pille oder <strong>Therapie</strong>material betrachtet. Erst<br />

© <strong>Freiburger</strong> Institut für tiergestützte <strong>Therapie</strong><br />

<strong>Tiergestützte</strong> <strong>Therapie</strong>: <strong>Die</strong> <strong>geschichtliche</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />

nach und nach setzte sich sowohl bei Prakti-<br />

kern wie Wissenschaftlern die Erkenntnis<br />

durch, dass Tiere in der <strong>Therapie</strong> als Partner<br />

angesehen werden müssen und nicht als<br />

Werkzeug, das nur ausgebeutet wird (Zamir,<br />

2006).<br />

Auch heute gilt, dass trotz aller Versuche im-<br />

mer noch keine ausreichende empirische Basis<br />

und praktische Grundlage für tiergestützte<br />

<strong>Therapie</strong> geschaffen wurde: „Zum einen<br />

herrscht ein Mangel an klar durchstrukturier-<br />

ten Arbeitskonzepten, in denen das Fachwis-<br />

sen verschiedenster Professionen gebündelt<br />

wird zu eindeutigen Handlungsanleitungen für<br />

den Einsatz von Tieren/Hunden in den je spezi-<br />

fischen Institutionen mit je spezifischen Klien-<br />

tel. Zum anderen [werden] ethische und tier-<br />

schutzrechtliche Fragen nicht nur nicht beant-<br />

wortet, sondern meist erst gar nicht gestellt“<br />

(Niepel 1998; S.71).<br />

Noch fehlt also ein umfassendes Qualitätsma-<br />

nagement, welches tierethische Überlegungen<br />

berücksichtigt (Wohlfarth, Mutschler & Bitzer,<br />

2011).<br />

Trotz aller Erfolge muss abschließend festge-<br />

halten werden, „insgesamt dominieren im<br />

deutschen Sprachraum gegenwärtig noch im-<br />

mer die individuellen Handlungsansätze, mit<br />

der Konsequenz mangelnder Informationswei-<br />

tergabe, mangelnden fachlichen Austausch,<br />

mangelnder Bündelung von Ressourcen und<br />

Potentialen, in der Folge auch einer entspre-<br />

chend geringen politischen Durchsetzungs-<br />

kraft. Erst in jüngerer Zeit gibt es gemeinsame<br />

Symposien, die den fachlichen Austausch in<br />

Gang setzen wollen” (Beetz, 2000; S.9).<br />

Und dies ist heute im Jahr 2011 nicht anders<br />

als im Jahr 2000 als Andrea Beetz dieses<br />

Statement formulierte.

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