Tierheimzeitung 2_2010 - Tierheim Paderborn
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<strong>Tierheim</strong> Zeitung <strong>Paderborn</strong> Ausgabe 2/<strong>2010</strong><br />
Seite 12<br />
Im Netzwerk der Jäger<br />
Ein offener Brief von Beate Rost<br />
Am Waldrand - irgendwo in Hessen - fand eine Frau einen<br />
Fuchswelpen. Regungslos lag er im hohen Gras, sein<br />
Schädel zertrümmert, seine Hinterläufe gebrochen.<br />
Als die Frau ihn leise ansprach, öffnete er seine Augen<br />
und schnappte mühsam nach Luft. Eilig zog sie ihre Jacke<br />
aus und legte das Fuchskind vorsichtig hinein.<br />
Auf dem Rückweg zum Auto brüllte ein Jäger hinter ihr her.<br />
„Was machen Sie hier? Haben Sie die Absperrung nicht<br />
gesehen?“ Sie drehte sich nicht um. Sie wusste, dass sie<br />
sich des Wilddiebstahls strafbar machte. Sie kannte das<br />
Gesetz. Aber das war ihr egal. In ihrem Arm hielt sie ein<br />
kleines Leben. Eines, das gerade erst angefangen hatte,<br />
zu leben. Und das man mutwillig zum Krüppel geschlagen<br />
hatte.<br />
Sie saß schon im Auto, als in unmittelbarer Nähe Schüsse<br />
fielen. Eine Füchsin schleppte sich mit zerfetztem Hinterlauf<br />
über die schmale Feldstraße. Die Frau sah hilflos<br />
hinter ihr her. Tränen rannen an ihrer Wange hinunter, und<br />
während ihr Weg sie erneut mitten durch die Absperrung<br />
führte, schoss ein Jäger warnend in die Luft. Im Rückspiegel<br />
konnte sie sehen, dass er wütend hinter ihrem Wagen<br />
gestikulierte. Sie ließ sich nicht ablenken. Sie musste diese<br />
Richtung einschlagen. So sparte sie wertvolle Zeit. Ein<br />
Tierarzt, den sie gut kannte, und den sie telefonisch informiert<br />
hatte, wartete bereits auf seinen Patienten.<br />
Liebe Tierschutzfreunde,<br />
diese Geschichte ist nicht erfunden. Sie ist passiert. Mitten<br />
unter uns. Mitten in Deutschland. In einem Land, von<br />
dem man sagt, es sei eines der tierfreundlichsten Länder<br />
überhaupt! Und in dem es ein Tierschutzgesetz gibt, das<br />
angeblich eines der besten der Welt sein soll. „Niemand<br />
darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden<br />
oder Schäden zufügen!“, heißt es da im ersten Abschnitt,<br />
Paragraph 1.<br />
Warum ist so etwas dann aber möglich? In einem Land,<br />
in dem Leben und Wohlbefinden der Tiere gesetzlich geschützt<br />
sind! Warum ist es möglich, dass sich eine Minderheit,<br />
die nur 0,3% der Gesamtbevölkerung ausmacht,<br />
über dieses Gesetz hinwegsetzt und sich nach Gutdünken<br />
ein eigenes Tierschutzverständnis zurechtbiegt?<br />
Wie kann es sein, dass diese Randgruppe nicht nur ungestraft,<br />
sondern sogar ganz legitim schwer bewaffnet durch<br />
unsere Wälder streift, und Jahr für Jahr Millionen von unschuldigen<br />
Tieren tötet oder zu Krüppeln schießt?<br />
Wer gibt ihnen die Macht, Moral und Ethik zu ihren Gunsten<br />
auf den Kopf zu stellen?<br />
Liebe Tierschutzfreunde, wenn wir uns diese Frage ehr-<br />
lich beantworten wollen, dann müssen wir uns eingestehen,<br />
dass wir das selbst sind. Wir selbst geben der Jägerschaft<br />
ihre Macht. Weil wir zulassen, dass sie ihre Machenschaften<br />
der Bevölkerung pharisäerhaft darstellen.<br />
Weil wir zulassen, dass ein ökologisches Verbrechen, ein<br />
blutiges Hobby vor der Öffentlichkeit vertuscht und verharmlost<br />
wird.<br />
Wir wissen doch alle längst, dass es den im Tierschutzgesetz<br />
geforderten „vernünftigen“ Grund für das Töten von<br />
Tieren in Wald und Flur nicht gibt. Jäger wollen töten. Sie<br />
müssen es nicht. Die Jagd ist nicht notwendig. Wissenschaftliche<br />
Erkenntnisse belegen seit langem, dass die<br />
heutige Jagd nichts weiter als das abartige Vergnügen einer<br />
Minderheit ist. Die Jagd hat keinen Nutzen für die Allgemeinheit.<br />
Sie zerstört unsere Natur und kostet jährlich 5<br />
Millionen Tieren ihr Leben. Darunter 300.000 Hauskatzen<br />
und 40.000 Hunde. Und trotzdem, obwohl wir das wissen,<br />
nehmen wir es ganz bewusst hin, dass Jäger aus reinem<br />
Freizeitvergnügen Tiere auf das Übelste misshandeln und<br />
töten.<br />
Ich frage mich, warum geht nicht endlich ein emotionaler<br />
Aufschrei durch unser Land? Warum stehen wir schweigend<br />
daneben, während die Jägerschaft mit unwahren<br />
Behauptungen – ganz bewusst allen wissenschaftlichen<br />
Fakten zum Trotz – bei der Bevölkerung den Eindruck erweckt,<br />
das Jagen und Töten sei eine wichtige und unverzichtbare<br />
Tätigkeit?<br />
Liebe Tierschutzfreunde, seitdem mein Buch „Jankers<br />
Versprechen“ erschienen ist, wissen Sie alle, dass ich<br />
mich offen gegen die Jagd ausspreche. Alle Tiere, auch<br />
die, die frei und unabhängig von uns Menschen leben,<br />
sind unsere Mitgeschöpfe, die von uns geachtet und geschützt<br />
werden müssen. Wir dürfen unsere Tierwelt nicht<br />
in eine „Zwei-Klassen- Gesellschaft“ einteilen, in der die<br />
einen geliebt und umsorgt, und die anderen schutzlos den<br />
perfiden Gelüsten dieser Tierschinder überlassen werden.<br />
Wenn wir von uns behaupten, wir seien Tierschützer, dann<br />
darf sich dieser Tierschutz nicht nur auf Hunde und Katzen<br />
beziehen. Ein Tierschützer zu sein bedeutet mehr. Es<br />
bedeutet, Mitgefühl und Verantwortung allen Tieren gegenüber<br />
zu zeigen.<br />
Ich weiß nicht, ob Sie sich schon einmal eingehend über<br />
die Not unserer Mitgeschöpfe in Wald und Flur informiert<br />
haben, die ihnen durch die Jägerschaft zugefügt wird? Ob<br />
Sie wissen, auf welche barbarische Art und Weise Jäger<br />
töten?<br />
Nach wie vor ist die Fallenjagd mit Fangeisen oder Schlagfallen<br />
eine gängige Art, vor allem Füchse und Marder auf<br />
brutale Weise zu töten. Aber auch unzählige Hauskatzen<br />
finden so ein grausames Ende. Hasen werden durch<br />
Schrotladungen hingerichtet. Ihre Schmerzensschreie<br />
gehen durch Mark und Bein. Rehe und Wildschweine<br />
werden durch Expansionsgeschosse „niedergestreckt“,<br />
die aus den schwer verwundeten Tieren Blut und Eingeweide<br />
herausschlagen, damit sie auf der Flucht Spuren<br />
für die Nachsuche hinterlassen. Jagdhunde werden in<br />
sogenannten Schliefanlagen an lebenden Füchsen zur<br />
Baujagd ausgebildet. Diese Schliefanlagen bestehen aus<br />
einem System von Betonröhren, durch das der Hund den