19.01.2013 Aufrufe

Tierheimzeitung 2_2010 - Tierheim Paderborn

Tierheimzeitung 2_2010 - Tierheim Paderborn

Tierheimzeitung 2_2010 - Tierheim Paderborn

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Tierheim</strong> Zeitung <strong>Paderborn</strong> Ausgabe 2/<strong>2010</strong><br />

Seite 10<br />

Geschichten aus dem Leserkreis<br />

zusammengestellt von Beate Rost<br />

Auch in der zweiten Ausgabe unserer diesjährigen <strong>Tierheim</strong>-Zeitungen<br />

möchten wir Ihnen wieder eine der Geschichten<br />

vorstellen, die Sie, liebe Leserinnen und Leser,<br />

erlebt, aufgeschrieben und mir im Laufe unserer gemeinsamen<br />

„Bücher-Jahre“ zugeschickt haben.<br />

Eine sehr zu Herzen gehende Erzählung erreichte mich<br />

im September 2008 von Frau Dr. Gisela Maintz aus<br />

Buchholz, einer langjährigen und treuen Leserin meiner<br />

Bücher, mit diesen Zeilen:<br />

Liebe Frau Rost,<br />

zu Ihrem neuen Buch möchte ich Ihnen herzlich gratulieren.<br />

Es hat mich wieder sehr berührt und aufgerüttelt.<br />

Die Geschichte von Frau Schumann, die um ihren Hund<br />

Paul trauert und dabei belächelt wird, ist mir besonders<br />

nah gegangen. Warum - können Sie in beiliegender Geschichte<br />

lesen. (…):<br />

Gespräche mit meinem verstorbenen Hund<br />

von Dr. Gisela Maintz<br />

Hast du dich gerührt? War da ein Geräusch? Ich<br />

strecke meine Hand unter der Decke hervor und versuche,<br />

dich zu berühren. Allmählich werde ich wach, schaue auf<br />

die Leuchtziffern des Weckers. – 2 Uhr 18 - , mitten in der<br />

Nacht. Licht brauche ich nicht zu machen, taste mich so<br />

ins Bad. Du lebst nicht mehr! Vor ein paar Tagen hast du<br />

dich still unter einen Busch in die Sonne gelegt, hast die<br />

Pfoten von dir gestreckt und bist eingeschlafen. Einfach<br />

so! – Als ich dich streicheln wollte, warst du noch warm<br />

und weich, deine sanften braunen Augen waren offen,<br />

aber dein Herz schlug nicht mehr und dein keuchender,<br />

schneller Atem war verstummt. Kleine Jessy!- Elf Jahre<br />

hast du uns soviel Freude gemacht, du warst wie unser<br />

viertes Kind, und für unsere Enkel der beste Spielgefährte,<br />

den man sich vorstellen kann.<br />

Du warst nie krank, jedenfalls nicht ernsthaft, du<br />

liebe Mischlingshündin aus Schäferhund und irgendwas,<br />

warst eher klein und zierlich, aber lebhaft und verspielt und<br />

wachsam. Ja, sehr wachsam! So leicht traute sich keiner<br />

aufs Grundstück. Aber wen du in dein Herz geschlossen<br />

hattest, dem brachtest du Knabbel, lange Tannenzapfen,<br />

Stöckchen, Tennisbälle und Kienäpfel. Du wurdest nicht<br />

müde! Keiner konnte deinem auffordernden Blick widerstehen.<br />

Ich taste mich im Halbdunkel zurück ins Schlafzimmer,<br />

bin noch gewohnt, auf dich acht zu geben, der du<br />

meist wie ein Bettvorleger lang gestreckt vor meiner Bettseite<br />

lagst. Wenn du gelegentlich – aus welchem Grund<br />

auch immer, Tiere sind sehr sensibel – vor Herrchens Sei-<br />

te schliefst - spürte ich eine Spur Eifersucht und rief dich<br />

leise zu mir. Dann begabst du dich aus Gerechtigkeit ans<br />

Fußende.<br />

Mir rinnen Tränen die Wange herunter. Ich muss<br />

versuchen zu schlafen, kuschele mich eng an meinen<br />

Mann und spüre den Trost seiner Umarmung.<br />

Wir haben dich im Garten begraben, dir deinen<br />

Pfotenteppich mitgegeben, einen Tennisball, Knabbel,<br />

ein Stöckchen und Kastanien. Dein Grab haben wir mit<br />

leuchtenden Chrysanthemen bepflanzt und mit Steinen<br />

umlegt. Jeden Tag besuchen wir dich, auch Elke, unsere<br />

Nachbarin, die dich so liebte.<br />

In den ersten Tagen nach deinem Tod bin ich trotzdem<br />

morgens ein Stück in Erinnerung an dich gegangen,<br />

unseren gemeinsamen Weg bis zu dem kleinen Wäldchen<br />

oder sogar bis zum Feld, um einmal die Sonne zu sehen<br />

und tief Luft zu holen. Dein Grab besuche ich danach – mit<br />

der Zeitung aus dem Briefkasten, die wir sonst gemeinsam<br />

geholt haben. Oft ertappe ich mich dabei, dass ich<br />

die Leine im Windfang suche oder im Wirtschaftsraum<br />

dein Frühstück bereiten will. Nein, wegwerfen konnte ich<br />

deine Leine und deinen Napf nicht. Zwar sind wir zu alt,<br />

um uns einen neuen Hund anzuschaffen, und außerdem,<br />

so ein süßes Tier wie dich gibt es nicht noch einmal.<br />

Wir trösten uns damit, dass du im Hundehimmel<br />

bist. Bianca meint, du triffst da deine Vorgängerin Wanja,<br />

die dir so ähnlich war, dass Elke und ich immer meinten,<br />

du seiest die Reinkarnation von ihr- und deinen, ein paar<br />

Monate vor dir verstorbenen, Hundefreund Sam. Dann<br />

spielt ihr zusammen und stellt fest, dass ihr im selben<br />

Haus bzw. im Nachbarhaus in derselben Straße gelebt<br />

habt. Das ist irgendwie tröstlich.<br />

Wenn ich deine früheren Hundebekannten treffe,<br />

werde ich ganz traurig. Ich muss immer erklären, was mit<br />

dir ist. Ich kann es doch selber kaum fassen. Als wir von<br />

der Tierärztin erfuhren, dass du einen bösartigen Herztumor<br />

mit Herzbeutelerguss habest, konnten und wollten wir<br />

das nicht glauben. Nach einer Cortisonspritze und Antibiotika<br />

hattest du dich so erstaunlich gut erholt, dass wir<br />

inständig hofften, die Tierärztin hätte sich geirrt. Ich hatte<br />

zwar selbst im Ultraschall alles sehen können, aber ich<br />

wollte die Diagnose nicht glauben. Und du auch nicht. Du<br />

wolltest uns kein Leid zufügen, kämpftest wie eine Löwin,<br />

machtest noch drei Wochen schöne Spaziergänge mit uns<br />

und wolltest spielen – uns zuliebe! Noch am Tage vor deinem<br />

Tod zeigtest du mir deinen Lebenswillen, liefst über<br />

die Wiese und schnüffeltest nach Mäusen.<br />

Abends standest du vor dem Küchenfach mit dem<br />

Brot, stupstest mit der Schnauze dagegen, deinen Anteil<br />

Knäckebrot einfordernd. Glücklich zogst du mit der knackenden<br />

Beute davon. Am liebsten aber nahmst du die<br />

Stückchen aus der kleinen Hand der Enkel.<br />

Ich glaube, Rehe gehen sonntags zur Schule.<br />

Letzten Sonntag ging ich morgens Richtung Feld in Gedanken<br />

bei dir. Da schaute aus dem Waldweg vorsichtig<br />

ein Reh hervor, wandte den Kopf nach links, dann nach<br />

rechts, witterte nach oben und sprang dann über den<br />

Klecker Weg. Gleich folgte sein Kitz: Schaute nach links,<br />

dann nach rechts, witterte gen Himmel und sprang der<br />

Mutter hinterher, ganz wie Erstklässler den Schulweg lernen.<br />

Komisch, Rehe hast du nie gejagt, immer respektiert,

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!