Ausgabe Dezember 2012 / Januar 2013 ...hier klicken - Ev.-luth ...
Ausgabe Dezember 2012 / Januar 2013 ...hier klicken - Ev.-luth ...
Ausgabe Dezember 2012 / Januar 2013 ...hier klicken - Ev.-luth ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Andacht<br />
Hebräer 13,14: „Wir haben <strong>hier</strong> keine bleibende Stadt,<br />
sondern die zukünftige suchen wir“<br />
Dies Wort gehört zu den Texten in der<br />
Bibel, die ich heute ganz anders lese als<br />
noch vor 20 Jahren. Das Wort ist mir sozusagen<br />
näher auf den Pelz gerückt. Die<br />
zukünftige Stadt, das andere Land jenseits<br />
der Todesgrenze, das ist mir jetzt näher<br />
als noch vor einem Jahr. Mir ist klar: „Ich<br />
bin ein Gast auf Erden…“ (Lied 529) Paul<br />
Gerhard hat als 60-jähriger dies Lied gedichtet<br />
als einer, der müde geworden war<br />
auf seinem Weg. Nein, so müde bin ich eigentlich<br />
noch nicht. Ich wohne noch gerne<br />
auf diesem schönen Stern – aber das <strong>hier</strong><br />
ist definitiv nicht meine Bleibe. Das weiß<br />
ich. Hier bin ich nur Gast, auch wenn ich<br />
gerne <strong>hier</strong> zu Gast bin.<br />
Neugierig bin ich von Natur aus. Schon<br />
manches Mal haben wir uns – sehr zum<br />
Leidwesen meiner Frau – festgefahren<br />
oder verfahren, wenn ich einfach so losgefahren<br />
bin, um eine Landschaft zu sehen<br />
und mich daran zu freuen. Wie viele schöne<br />
Ecken hat unser Land! Das andere Land<br />
aber, die zukünftige Stadt – wie die wohl<br />
aussieht? Ich habe keine Ahnung, wie ich<br />
mir die andere Stadt vorstellen kann. In<br />
der Kapelle des Henriettenstiftes in Hannover<br />
ist die zukünftige Stadt in einem<br />
großen Wandgemälde dargestellt. Sie ist<br />
so gemalt, dass ich jedes Mal, wenn ich<br />
bei unseren Synodentagungen davor saß,<br />
gedacht habe: Da möchte ich nicht hin! So<br />
stelle ich mir das ganz und gar nicht vor.<br />
Aber wie stelle ich es mir vor?<br />
Immer nur Halleluja?<br />
Mir ist deutlich: Je konkreter ich mir<br />
das alles ausmale, desto mehr Probleme<br />
habe ich, mich auf die andere Stadt zu<br />
freuen, mich gar nach ihr zu sehnen. Alles,<br />
was ich mir nur vorstellen kann, finde ich<br />
auf Dauer gestellt – einfach nur langweilig!<br />
Immer nur singen? Immer nur großes<br />
Kino? Immer nur ausruhen? Immer nur<br />
Halleluja? Immer nur … ? Ludwig Thoma<br />
hat das mit seiner kleinen Geschichte vom<br />
Jahreslosung <strong>2013</strong> - Motiv: Angelika Litzkendorf<br />
– Aquarell, Vertrieb www.jahreslosungen.com<br />
Münchner im Himmel satirisch auf den<br />
Punkt gebracht: Aloisius hat keine Lust<br />
auf den Himmel und ringt sich ärgerlich<br />
ein Halleluja nach dem anderen ab,<br />
„Unverständig“ nennt Paulus Leute, die<br />
sich solche Gedanken machen, wie ich sie<br />
eben angedeutet habe. „Du Narr!“ übersetzt<br />
Luther (1. Korinther 15, 36) – und<br />
das war schon zu Luthers Zeiten kein<br />
Kompliment. Die zukünftige Stadt, das<br />
Land auf der anderen Seite der Grenze,<br />
das ist und bleibt eine „terra incognita“,<br />
ein unbekanntes Land, ja, es bleibt ein unvorstellbares<br />
Land. So hat es mein Lehrer<br />
Helmut Thielicke beschrieben am Ende<br />
seiner Biographie („Zu Gast auf einem<br />
schönen Stern“ S. 443). Erst wenn wir da<br />
sind, werden wir es wissen.<br />
Ihr werdet erwartet<br />
Aber so ganz fremd werden wir dennoch<br />
nicht sein in dem anderen Land.<br />
Warum nicht? Weil dies Land denselben<br />
www.kirche-sittensen.de / www.punktsieben.de / www.tensing-sittensen.de<br />
Herrn hat, denselben, der diese immer<br />
noch wunderschöne Erde geschaffen hat,<br />
der sich Blumen ausgedacht hat und Tiere<br />
und die Musik und unsere Kinder und…<br />
und der uns den Erlöser gesandt hat. Und<br />
dieser Erlöser hat Sündern gesagt: „In<br />
dem neuen Zuhause werdet ihr erwartet.“<br />
(Lukas 15, 20) Der Tod wird kein Hinderungsgrund<br />
sein: „Wo mein Haupt durch<br />
ist gangen, da nimmt er mich auch mit.“<br />
(Lied 112,6) Das ist und bleibt die Freude<br />
unseres Glaubens. Der, der diese wunderschöne<br />
Welt erschuf, der wird auch auf der<br />
anderen Seite sein, und der wird nicht unfähig<br />
sein, sich Herrliches auszudenken.<br />
Noch einmal: Hier auf dieser Erde ist<br />
unsere Bleibe nicht. Darum ist es wohl<br />
richtig, sich nicht allzu viel mit den Dingen<br />
des „Diesseits“ zu beschweren, sondern<br />
die Dinge, wenn es Zeit ist, getrost<br />
loszulassen. Eine kleine Geschichte bringt<br />
es so auf den Punkt:<br />
Ein Tourist macht Station in einem<br />
Kloster. Er wird freundlich aufgenommen<br />
und man bietet ihm eine Mönchszelle als<br />
Schlafquartier an. Darin stehen nur ein<br />
Bett und ein Stuhl. In der Tür fragt der<br />
Tourist erstaunt: „Wo sind denn Ihre Möbel?“<br />
„Wo sind denn Ihre?“ erwidert der<br />
Mönch. Verwirrt antwortet der Tourist:<br />
„Ich bin ja nur auf der Durchreise.“ Der<br />
Bruder lächelt: „Wir auch!“ (Hans-Wilhelm<br />
Hastedt)<br />
Hans-Wilhelm Hastedt,<br />
seit knapp 10<br />
Jahren Pensionär in<br />
seinem Heimatort Sittensen,<br />
vorher Pastor<br />
in Hoya/Weser und<br />
Superintendent im<br />
Kirchenkreis Bremervörde-Zeven