ARATE European Shotokan <strong>Karate</strong> Association organized by ESKA DKV SHOTOKAN European Shotokan-Cup ESKA <strong>2010</strong> 26.11. - 28.11.<strong>2010</strong> Koblenz, Germany
Aus einer anderen Zeit Internationales Shindo Yoshin Ryu Seminar in Dudweiler/Saar Das moderne <strong>Karate</strong> basiert auf zwei Haupteinflussquellen – dem Okinawate, also der Kampfkunst der Ryu-Kyu-Inseln und dem japanischen JiuJitsu. Der Einfluss <strong>des</strong> letzteren ist bei den heutigen <strong>Karate</strong>stilen unterschiedlich stark ausgeprägt. Im Wado- Ryu-<strong>Karate</strong> werden zum Beispiel heute noch viele der komplexen Partnerübungen aus dem mittelalterlichen Japan trainiert. JiuJistu als Stil, nicht zu verwechseln mit dem modernen JuJustu, wird in Japan und Europa kaum noch praktiziert. Warum eigentlich? Um diese Frage zu beantworten muss man sich die historische Entwicklung Japans betrachten. In Japan herrschte in früheren Zeiten nicht der Kaiser, sondern das Shogunat, welches durch die Samuraiklasse repräsentiert wurde. Erst 1867 gelang es dem Kaiser seine Macht zurückzugewinnen und die Samuraiklasse zu entmachten. Das Japan der Meji-Periode öffnete sich anschließend gegenüber der restlichen Welt und veränderte die gesellschaftliche Struktur komplett. Die Kampfkunst der Samurai war das JiuJitsu, ein subtiles System welches sowohl waffenlose Techniken wie auch den Waffengebrauch beinhaltete. Die klassischen Waffen waren das Schwert (Ken) oder der Dolch (Tanto). Ein Hauptmerkmal <strong>des</strong> Jiu- Jitsus war weiterhin die Anwendung der “inneren Kraft” anstelle der äußeren Muskulatur. Gelehrt wurde diese Kampfkunst in Schulen welche den einzelnen Clans unterstanden. Viele dieser Schulen hatten eine Tradition über Jahrhunderte hinweg. Nach dem Umbruch in Japan baute man das “elitäre Kampfsystem” unter Einbeziehung <strong>des</strong> Okinawate zu gesellschaftsfähigem Sport um. Man entfernte komplizierte und gefährliche Techniken und entwickelte ein Wettkampfsystem. Die alten Schulen verloren an Bedeutung und starben nach und nach aus. Internationales Publikum beim JiuJitsu-Seminar in Dudweiler/Saar Es gibt heute nur noch ganz wenige Schulen welche überlebten und die Kampfkunst in ihrer Reinheit über Generationen hin bewahrten. Eine dieser Schulen ist das „Takamura ha Shindo Yoshin Ryu”. Es hat interessanterweise nicht in Japan überlebt, sondern in den <strong>US</strong>A. So ist auch der Kaisho, also das legitime Stilrichtungsoberhaupt ein Amerikaner, sein Name ist Tobi Threadgill. Die Aufgabe von T. Threadgill ist es nun den Stil zu erhalten und in nächste Generationen zu tragen. Er unterrichtet dabei sehr traditionell, d.h. mit viel Focus auf technische Details und äußere Form. Es geht dabei aber nicht darum möglichst viele Mitglieder zu gewinnen, vielmehr geht es ihm darum den hohen qualitativen Standard zu wahren. Tobi Threadgill (Mitte) erklärt die Details eines Hebels zur Kontrolle <strong>des</strong> Gegners am Boden Saarland Die Abteilung <strong>Karate</strong> <strong>des</strong> ATV-Dudweiler organisierte am ersten Wochenende im November ein internationales JiuJitsu Seminar mit Sensei Threadgill. Hierzu reisten Gäste aus Spanien, Portugal, den Niederlanden und den <strong>US</strong>A an. Die 45-köpfige Gruppe bestand aus hochgraduierten <strong>Karate</strong>ka verschiedener Stilrichtungen, die ihren Horizont erweitern wollten. Sie gewannen tiefe Einblicke in eine Zeit Japans, in der das Überleben im Alltag die Kampfkünste dominierte. Der Referent nahm sich Länder viel Zeit um auf die Details der Techniken einzugehen. Zum einen demonstrierte er je<strong>des</strong> Mal die Machbarkeit einer Technik zum anderen thematisierte er die notwendigen Teilbewegungen welche in der Kombination zum Erfolg führen. Es war interessant zu erfahren wie wichtig die Optimierung der Körpermechanik ist. Kleine Veränderungen in den Winkeln oder der Position entscheiden über Erfolg oder Misserfolg. Gerade Körperachsen sind ebenfalls unerlässlich. Das Skelett sollte den Menschen aufrecht halten, nicht die Muskulatur, wie es in unserer heutigen Zeit leider oft der Fall ist. Nur wenn die Muskulatur keine Haltungsaufgaben übernehmen muss, steht sie uneingeschränkt für die Bewegung zur Verfügung. Ist sie entspannt können Techniken schnell und hart ausgeführt werden. Wenn man zusätzlich in der Lage ist, die innere Muskulatur zu steuern ergeben sich sehr effektive Bewegungsabläufe. Der Tenor liegt also darin die vorhandene Körperstruktur effektiv zu nutzen, zusätzlicher Muskelaufbau wie es in vielen Sportdisziplinen üblich ist, wirkt sich kontraproduktiv aus. Das Repertoire der Techniken und Partnerübungen ist beim JiuJitsu sehr vielseitig. Auf dem Trainingsplan stehen u.a.: Übungen zur Entwicklung der inneren Kraft, Würfe sowie Hebel in allen Varianten, Kontrollen und Fixierungen <strong>des</strong> Gegner am Boden, Entwaffnungen von Schwert und Messer, Schwerthandling und Partnerübungen mit dem Bokken (Holzschwert) etc. Man erkennt den Realitätsbezug dieses antiken Kampfsystems. Letztendlich entstand es zu einer Zeit als Gewalt allgegenwärtig war. Die Welt hat sich mittlerweile verändert. Nichts<strong>des</strong>totrotz macht es Spaß und Sinn sich mit der Thematik zu beschäftigen, da viele unserer <strong>Karate</strong>techniken verständlicher werden, und bei Bedarf auch realitätsbezogen trainiert werden können. Gunter Maier 31