Umbruch in Berlin? - Kreishandwerkerschaft Rhein-Westerwald
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Brennpunkt Handwerk 3/2005 Rhe<strong>in</strong>-<strong>Westerwald</strong> Seite 5<br />
1. das Arbeitsverhältnis auch per Kündigung/besonderenKündigungsschutz<br />
nicht später als durch den<br />
Aufhebungsvertrag geendet hätte,<br />
2. dem Arbeitnehmer die Kündigung<br />
klar <strong>in</strong> Aussicht gestellt war,<br />
3. die Kündigung sozial gerechtfertigt<br />
war,<br />
4. dem Arbeitnehmer bei e<strong>in</strong>er Kündigung<br />
durch den Arbeitgeber Nachteile,<br />
beispielsweise im beruflichen<br />
Fortkommen, entstanden wären.<br />
Treffen alle genannten Bed<strong>in</strong>gungen<br />
zu, tritt grundsätzlich ke<strong>in</strong>e Sperrzeit<br />
e<strong>in</strong>. Übrigens: Alle<strong>in</strong> die Tatsache, dass<br />
e<strong>in</strong>em Arbeitnehmer e<strong>in</strong>e Abf<strong>in</strong>dung<br />
gezahlt wird, bedeutet nicht automatisch,<br />
dass von der Agentur für Arbeit<br />
e<strong>in</strong>e Sperrzeit droht.<br />
Arbeitslosengeld<br />
bei Zahlungen von Abf<strong>in</strong>dungen<br />
Das Entlassungsentschädigungs-Änderungsgesetz<br />
vom 24.03.1999 sieht im<br />
neuen § 143 a SGB III bei nicht fristgerechter<br />
Beendigung des Arbeitsverhältnisses<br />
das vollständige oder teilweise<br />
Ruhen der Arbeitslosengeldzahlung<br />
bei Zahlung oder Beanspruchung<br />
e<strong>in</strong>er Abf<strong>in</strong>dung vor. Der Anspruch auf<br />
Arbeitslosengeld ruht längstens vom<br />
Ende des Arbeitsverhältnisses an bis<br />
zu dem Tage, an dem das Arbeitsverhältnis<br />
bei E<strong>in</strong>haltung der ordentlichen<br />
Kündigungsfrist geendet hätte.<br />
Ist e<strong>in</strong>e ordentliche Kündigung des<br />
Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber<br />
ausgeschlossen, so bemisst<br />
sich der Nichtzahlungszeitraum nach<br />
dem jeweiligen, <strong>in</strong>dividuell festzustellenden<br />
Auflösungstatbestand. Für<br />
langjährig beschäftigte Arbeitnehmer<br />
s<strong>in</strong>d entsprechende Freibeträge zu<br />
berücksichtigen.<br />
Wegen der komplizierten Detailregelungen<br />
sollten Sie E<strong>in</strong>zelheiten mit<br />
Ihrer Geschäftsstelle oder der Agentur<br />
für Arbeit besprechen. Ke<strong>in</strong>esfalls<br />
sollten Sie sich gegenüber<br />
e<strong>in</strong>em Arbeitnehmer h<strong>in</strong>sichtlich zu<br />
erwartender Konsequenzen aus der<br />
Zahlung e<strong>in</strong>er Abf<strong>in</strong>dung äußern.<br />
Abf<strong>in</strong>dung und Sozialversicherung<br />
Abf<strong>in</strong>dungen s<strong>in</strong>d als e<strong>in</strong>malige E<strong>in</strong>nahmen,<br />
soweit sie lohnsteuerfrei s<strong>in</strong>d, nicht<br />
dem Arbeitsentgelt zuzurechnen. Übersteigt<br />
die Abf<strong>in</strong>dung den jeweiligen Freibetrag,<br />
so ist auch der — steuerpflichtige<br />
— Betrag nicht sozialversicherungspflichtig.<br />
Werden allerd<strong>in</strong>gs mit der<br />
Abf<strong>in</strong>dung auch noch rückständige<br />
Arbeitsentgelte ausgezahlt, ist der<br />
Lohnanteil sozialversicherungspflichtig.<br />
Anfechtung<br />
des Aufhebungsvertrages<br />
E<strong>in</strong> Arbeitnehmer kann e<strong>in</strong>en Aufhebungsvertrag<br />
nur dann anfechten,<br />
wenn e<strong>in</strong> Anfechtungsgrund nach den<br />
§§ 119 und 123 BGB vorliegt. Das<br />
BAG hat am 30.09.1993 (Az.: 2 AZR<br />
268/93) klargestellt, dass e<strong>in</strong>e Anfechtung<br />
nur dann möglich ist, wenn der<br />
Arbeitnehmer bei Abschluss e<strong>in</strong>em Irrtum<br />
erlegen ist, vom Arbeitgeber arglistig<br />
getäuscht oder durch e<strong>in</strong>e widerrechtliche<br />
(Kündigungs-) Drohung zum<br />
Abschluss gedrängt wurde. Dem<br />
Arbeitnehmer steht e<strong>in</strong> Anfechtungsrecht<br />
wegen widerrechtlicher Drohung<br />
mit Kündigung jedenfalls dann nicht<br />
zu, wenn e<strong>in</strong> verständiger Arbeitgeber<br />
die Kündigung <strong>in</strong> Erwägung ziehen<br />
durfte und der Abschluss des Aufhebungsvertrages<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em längeren,<br />
ruhig und sachlich geführten Gespräch<br />
vere<strong>in</strong>bart worden ist. Zeitdruck alle<strong>in</strong><br />
rechtfertigt e<strong>in</strong>e Anfechtung nicht.<br />
Nach Auffassung des BAG hat der Arbeitnehmer<br />
die Freiheit, e<strong>in</strong>en Vertrag<br />
abzuschließen und ihn <strong>in</strong>haltlich zu<br />
gestalten. Es obliegt daher grundsätzlich<br />
der freien Entscheidung des<br />
Arbeitnehmers, ob er an se<strong>in</strong>em<br />
Arbeitsvertrag festhalten wolle und<br />
deshalb den angebotenen Aufhebungsvertrag<br />
ablehne oder ob er sich<br />
durch gute Worte oder e<strong>in</strong> lukratives<br />
Abf<strong>in</strong>dungsangebot zum Abschluss<br />
e<strong>in</strong>es Aufhebungsvertrages bewegen<br />
lasse. An dem wirksam abgeschlossenen<br />
Aufhebungsvertrag müsse er<br />
aber nach §§ 145 ff. BGB festhalten.<br />
Aufklärungspflicht<br />
Nicht mehr ausreichend ist die Aufforderung<br />
des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer<br />
solle sich bei den entsprechenden<br />
Stellen über die f<strong>in</strong>anziellen<br />
Auswirkungen des beabsichtigten Auflösungsvertrages<br />
<strong>in</strong>formieren. Das<br />
BAG hat mit Urteil vom 17.10.2000 —<br />
3 AZR 605/99 — die Aufklärungspflicht<br />
verschärft. So muss der H<strong>in</strong>weis erfolgen,<br />
dass der Abschluss e<strong>in</strong>es Aufhebungsvertrages<br />
negative Folgen für<br />
den Anspruch auf Arbeitslosengeld<br />
sowie auf evtl. bestehende Zusatzversorgungen<br />
haben kann. Diese verstärkte<br />
Aufklärungspflicht besteht<br />
besonders dann, wenn die Initiative<br />
zum Abschluss e<strong>in</strong>es Aufhebungsvertrages<br />
vom Arbeitgeber ausgeht. Positiv<br />
ist allerd<strong>in</strong>gs, dass nach der Rechtssprechung<br />
selbst bei Verletzung der<br />
H<strong>in</strong>weispflicht der Aufhebungsvertrag<br />
nicht unwirksam wird. In Betracht kommen<br />
kann allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> Schadensersatzanspruch.<br />
E<strong>in</strong>er möglichen Schadensersatzverpflichtung<br />
können Sie<br />
jedoch entgehen, wenn Sie durch e<strong>in</strong>e<br />
entsprechende Formulierung im Aufhebungsvertrag<br />
selbst auf die Erfüllung<br />
der Aufklärungspflicht h<strong>in</strong>gewiesen<br />
haben.<br />
Fazit: Gleichwohl dürfen Arbeitnehmer<br />
nicht überrumpelt werden. Sie<br />
sollten den Arbeitnehmer auffordern,<br />
<strong>in</strong> Ruhe über den Abschluss e<strong>in</strong>es<br />
Aufhebungsvertrages nachzudenken<br />
bzw. sich Klarheit über die sozialversicherungs-<br />
und steuerrechtlichen<br />
Konsequenzen zu schaffen. Aussagen<br />
z. B. über e<strong>in</strong>e mögliche Sperrfrist<br />
beim Arbeitslosengeld sollten Sie<br />
vermeiden.<br />
Schriftformerfordernis<br />
Für die Beendigung e<strong>in</strong>es Arbeitsverhältnisses<br />
durch Aufhebungsvertrag<br />
bedarf es ab dem 01.05.2000 zur Wirksamkeit<br />
der Schriftform. E<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>vernehmliche<br />
Aufhebung, die mündlich<br />
vere<strong>in</strong>bart wurde, ist danach rechtsunwirksam.<br />
Dies hätte ggf. zufolge,<br />
dass sich, ebenso wie bei e<strong>in</strong>er Kündigung,<br />
der Arbeitnehmer möglicherweise<br />
noch nach mehreren Monaten<br />
auf das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses<br />
berufen könnte. Liegt e<strong>in</strong><br />
gerichtlich protokollierter Vergleich<br />
über die e<strong>in</strong>vernehmliche Beendigung<br />
des Arbeitsverhältnisses vor, ist der<br />
Schriftformerfordernis Genüge getan.<br />
Kommt es jedoch außerhalb e<strong>in</strong>es<br />
Arbeitsgerichtsprozesses zu e<strong>in</strong>em<br />
sogenannten Anwaltsvergleich, so<br />
muss die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses<br />
zusätzlich von beiden Vertragsparteien<br />
eigenhändig unterzeichnet<br />
werden.<br />
Steuerliche Behandlung<br />
von Abf<strong>in</strong>dungen<br />
Die Steuerfreibeträge nach § 3 Nr. 9<br />
EStG für die Zahlung von Abf<strong>in</strong>dungen<br />
für den Verlust des Arbeitsplatzes wurden<br />
mit Wirkung vom 01.01.2004 auf<br />
folgende Beträge verr<strong>in</strong>gert:<br />
7.200 EUR = Grundfreibetrag<br />
9.000 EUR = Freibetrag bei Vollendung<br />
des 50. Lebensjahres und 15<br />
Jahren Betriebszugehörigkeit<br />
11.000 EUR = Freibetrag bei Vollendung<br />
des 55. Lebensjahres und 20<br />
Jahren Betriebszugehörigkeit<br />
Bei Fragen zum Aufhebungsvertrag<br />
wenden Sie sich bitte an Ihre <strong>Kreishandwerkerschaft</strong>.