S. 9 - Berliner MieterGemeinschaft eV
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»Safe to be afraid...«<br />
Eine skandinavische Studie zur<br />
Videoüberwachung von Frauen<br />
Das Gespräch führte Volker Eick<br />
Hille Kaskela, Helsinki<br />
Foto: Privat<br />
Mit von Videokameras überwachten<br />
Bussen, Bahnen und<br />
Trams verspricht sich die <strong>Berliner</strong><br />
BVG Einsparungen in Millionenhöhe<br />
und ihren Fahrgästen<br />
mehr Sicherheit. Eine Vorstellung,<br />
der auch in skandinavischen<br />
Ländern seit Jahren<br />
angehangen wird, ohne dass es<br />
dafür hinreichend empirische<br />
Belege gibt. Auch über die Herren<br />
hinter der Kamera, deren<br />
Anwendungsinteressen und<br />
Speichergepflogenheiten weiß<br />
man nichts. Ebenso fehlt es an<br />
einer gesellschaftspolitischen<br />
Diskussion. Hille Koskela, Sozialgeographin<br />
in Finnland, arbeitet<br />
seit Jahren zum Thema<br />
„Sicherheitsgefühl und Videoüberwachung<br />
von Frauen“. Sie<br />
lehrt und forscht derzeit am<br />
Fachbereich Geographie der<br />
Universität von Helsinki.<br />
Sie konzentrieren Ihre<br />
Untersuchung auf Finnland<br />
(Helsinki) und Schottland<br />
(Edinburgh). Warum?<br />
Ich habe mit Interviews in Helsinki<br />
angefangen, auch weil es<br />
meine Heimatstadt ist. Der<br />
Schwerpunkt lag auf der Angst<br />
von Frauen, aber ich habe dann<br />
die Diskussion über Videoüberwachung<br />
in Untersuchung integriert.<br />
In Schottland gibt es eine<br />
Reihe qualitativer Untersuchungen<br />
zum Thema Angst, aber<br />
kein Material über den Zusammenhang<br />
von Angst und<br />
Videoüberwachung. Daraufhin<br />
Zwei Dinge haben mich vor<br />
allem interessiert: Mehr über die<br />
(vermeintliche) Angst von Frauen<br />
im öffentlichen Raum zu<br />
erfahren und herauszufinden, in<br />
welchem Verhältnis diese Angst<br />
zur Videoüberwachung steht.<br />
Überwachung ist ja grundsätzlich<br />
eine höchst widersprüchliche<br />
Angelegenheit in diesem<br />
Zusammenhang. Auf der einen<br />
Können Sie einige Daten<br />
über die Effekte des<br />
Einsatzes von CCTV<br />
(closed circuit television),<br />
also geschlossenen Videoüberwachungskreisläufen<br />
in<br />
den von Ihnen untersuchten<br />
Städten nennen?<br />
Ich habe mich bei meiner Untersuchung<br />
auf die Einstellung von<br />
Frauen zur Überwachung konzentriert,<br />
weniger auf Kriminalitätsraten.<br />
Aber alle Studien zu<br />
Kriminalität und Überwachung,<br />
die ich in Großbritannien zu diesem<br />
Komplex gelesen habe,<br />
zeigen eindeutig, dass je länger<br />
der Zeitabschnitt des Einsatzes<br />
und je größer das Gebiet des<br />
Einsatzes von Videokameras<br />
ist, desto weniger Erfolge lassen<br />
sich mit dieser Form der Überwachung<br />
erzielen. Sie funktioniert<br />
nur, wenn sie auf eng<br />
begrenzte Gebiete für kurze<br />
Zeitabstände konzentriert wird.<br />
In Finnland gibt es dazu bisher<br />
keine Untersuchung.<br />
Welche Art von rechtlicher<br />
Regulierung gibt es beim<br />
Einsatz von Videotechnologien<br />
in Finnland?<br />
Überwachung wird bei uns in<br />
öffentlichen Räumen de facto<br />
überhaupt nicht reguliert. Zwar<br />
Überwachungsraum in der Metrostation Kaisameniu, Helsinki. Der „schwarze Mittelstreifen“ besteht<br />
aus getöntem Glas, das einseitig transparent ist. Das dahinter platzierte Wachpersonal sieht die Passanten,<br />
die aber nicht die Überwacher.<br />
Foto: Hille Kaskela, Helsinki<br />
habe ich mich entschieden,<br />
Interviews auch mit schottischen<br />
Frauen zu machen. Wie<br />
in Finnland, sind auch in GroßbritannienÜberwachungskameras<br />
sehr präsent, aber hier<br />
hat es bisher so gut wie keine<br />
Untersuchungen dazu gegeben.<br />
Seite werden Videokameras ja<br />
angeblich installiert, um ein besseres<br />
Gefühl von Sicherheit und<br />
Schutz zu vermitteln, auf der<br />
anderen Seite können sie<br />
genauso gut als Anzeichen von<br />
Gefahr und Bedrohung gelesen<br />
werden und damit das Gefühl<br />
von Angst noch verstärken.<br />
ist der häusliche Bereich, also<br />
der Privatraum, geschützt. Aber<br />
in den Städten kann jeder Überwachungskameras<br />
installieren<br />
– egal aus welchem Grund. So<br />
braucht man in Helsinki zwar<br />
eine Erlaubnis, um Gitarre auf<br />
der Straße spielen zu dürfen<br />
oder irgendwelchen Kleinkram<br />
ME 278/2000 9