S. 9 - Berliner MieterGemeinschaft eV
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der liberalen Marktwirtschaft<br />
Nachher: Wohnungen stehen zum Verkauf<br />
angesprochen, entgegnen Bauarbeiter:<br />
„Hier wohnt doch keener<br />
mehr.“ Eine noch bewohnte<br />
Wohnung wird auf Veranlassung<br />
der Eigentümer in Anwesenheit<br />
der Polizei geöffnet,<br />
„weil dem Mieter etwas zugestoßen<br />
sein könne“. Anschließend<br />
strömen Kaufinteressenten<br />
durch die derart begehbar<br />
gemachte Wohnung.<br />
Eine Mieterin erlebt im Keller eine<br />
Überraschung. Dort gab es<br />
auf einmal Tageslicht. Der Wohnung<br />
darüber fehlt nämlich der<br />
Fußboden, dem Keller die<br />
Decke. MieterInnen berichten:<br />
„....Wasserabläufe werden gekappt<br />
und über ein Dränagerohr<br />
einfach über die Grünfläche im<br />
Hof laufen gelassen, der Hauseingang<br />
ist nicht ausreichend<br />
abgesichert, Baucontainer stehen<br />
direkt vor dem Hauseingang,<br />
Wasser wird ohne Ankündigung<br />
gesperrt ...und ...und<br />
...und.“<br />
Und: Der Leerstand steigert<br />
sich.<br />
Am 6.1.2000 erscheinen im<br />
Hausflur Zettel auf denen der<br />
neue Architekt, Herrn Peter<br />
Klimberg, mitteilt, dass nun mit<br />
der Sanierung und Modernisierung<br />
begonnen wird.<br />
Die Situation im Hause ist unverändert<br />
nur die Kontakte der<br />
MieterInnen zur Bauaufsicht,<br />
der Polizei und der Senatsverwaltung<br />
für Umweltschutz haben<br />
sich intensiviert.<br />
Da wird im Februar diesen Jahres<br />
dem Bezirksamt Kreuzberg<br />
starker Schwammbefall in dem<br />
Hause mitgeteilt. In einem<br />
Schreiben des Gutachters an<br />
die Eigentümer heißt es:<br />
„Mit dem Schreiben vom<br />
27.01.2000 haben wir konkret<br />
auf die Bereiche verwiesen, in<br />
denen bisher nach Freilegungsarbeiten<br />
ein Befall durch den<br />
Echten Hausschwamm festgestellt<br />
wurde. Dies betrifft bisher<br />
insbesondere: Dachgeschoss<br />
Quergebäude Whg. 23 (Balkonbereich),<br />
Whg. 24 (Balkonbereich),<br />
Whg. 25 (Badbereich)<br />
und Vorderhaus Whg. 5 (Erkerbereich).<br />
Entsprechend des voranschreitenden<br />
Bautenstandes<br />
musste festgestellt werden,<br />
dass auch im Erdgeschoss<br />
Whg. 2 im gesamten Fußbodenbereich<br />
ein Befall durch den<br />
Echten Hausschwamm zu verzeichnen<br />
ist.<br />
Aufgrund der Vielzahl der<br />
Schadbereiche durch den Echten<br />
Hausschwamm (Wachstum<br />
erfolgt u.a. auch versteckt im<br />
Mauerwerk) besteht der dringende<br />
Verdacht, dass die unterschiedlichen<br />
Schadbereiche<br />
zusammengewachsen sind,<br />
bzw. noch weitere Befallsbereiche<br />
durch den Echten Hausschwamm<br />
im Gebäude vorhanden<br />
sind. Aus o.g. Gründen<br />
empfehlen wir Ihnen die Aufnahme<br />
der Fußböden in den<br />
Nassbereichen (Küche, Bad)<br />
sowie der Fußböden im Außenwandbereich.<br />
Da solche Maßnahmen<br />
aus unserer Sicht im<br />
bewohnten Zustand unzumutbar<br />
sind (Demontage aller Sanitärausstattungen<br />
in Küche<br />
und Bad!), empfehlen wir einen<br />
Freizug der bewohnten Wohnungen.<br />
Eine Aussage zum Umfang der<br />
Arbeiten kann erst nach Freile-<br />
gung der typischen Schadbereiche<br />
getroffen werden.“<br />
Herr Maaßen (Miteigentümer)<br />
hatte am 28.2.00 Gelegenheit<br />
dem Kreuzberger Bauausschuss<br />
die Lage darzustellen.<br />
Es könne nicht garantiert werden,<br />
dass der Schwamm nicht<br />
bereits auf die Nachbarhäuser<br />
übergegriffen habe, es müsse<br />
dringend gehandelt werden,<br />
meinte er. MieterInnen – auch<br />
nicht die letzten acht – könnten<br />
unmöglich weiter in diesem<br />
Hause wohnen. Gesundheitsgefahr<br />
sei zwar noch nicht festgestellt,<br />
könne zukünftig aber<br />
nicht ausgeschlossen werden.<br />
Zeit für ein Fazit:<br />
Leerstände wurden seit 1994 in<br />
diesem Hause produziert. Die<br />
MieterInnen haben dem Bauaufsichtsamt<br />
seit Jahren davon<br />
Mitteilung gemacht. Maßnah-<br />
men, die zur Veränderung geführt<br />
hätten, sind offenbar nicht<br />
getroffen worden. Zu vermuten<br />
ist, dass angesichts der treuherzigen<br />
Bekundungen der Eigentümer<br />
modernisieren zu<br />
wollen, der Leerstand geduldet<br />
wurde. Tatsächlich aber wurde<br />
lediglich ein Programm zur MieterInnenvertreibungabgewickelt.<br />
Das Gutachten über den<br />
Schwammbefall wird nicht vorgelegt.<br />
Sollte sein Inhalt<br />
tatsächlich so dramatisch wie<br />
dargestellt sein, dann ist vor allem<br />
zu fragen, ob die Ursache<br />
für den Schwamm nicht die jahrelangen<br />
Leerstände sind.<br />
Rechtzeitige Eingriffe des Bezirksamtes,<br />
wie sie die MieterInnen<br />
immer wieder gefordert<br />
haben – hätten dann nicht nur<br />
die Vertreibung der MieterInnen,<br />
sondern auch die Ausbreitung<br />
des Schwamms verhindern<br />
können.<br />
Doch das alles ist kein Grund,<br />
die Wohnungen nicht mehr zum<br />
Verkauf anzubieten. Jetzt erst<br />
recht. Und so kann die Fa. Krebs<br />
weiterhin schwelgen:<br />
„Nahezu alle Wünsche nach<br />
Größe zwischen 50 und 190 m 2<br />
sind erfüllbar. Deckenstuck, geschliffene<br />
Dielen und Parkettböden<br />
lassen das historische<br />
Wohnambiente in neuem<br />
Glanz erscheinen. Die feingeschliffenen<br />
Glattputzwände und<br />
die Downlights in Küchen, Fluren<br />
und Bäder sind Zeugnis modernen<br />
Bauens in alten Häusern.“<br />
Bezugsfrei, selbstverständlich!<br />
AG Umwandlung<br />
ME 278/2000 17<br />
Immobilienverwertungsbeilage