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14. – 18. September 2011 - Filmfest Oldenburg

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RETROSPEKTIVE<br />

TED KOTCHEFF<br />

Lebens im Outback, ist er nach Australien,<br />

dem fremden Land schlechthin, gegangen.<br />

Und auch ihn prägt dieser kompromisslose<br />

Scharfblick, mit dem nur ein Fremder, ein<br />

Eindringling, eine ansonsten geschlossene<br />

Welt durchdringen kann. So ist dieses verstörende<br />

Porträt einer existentiellen Leere<br />

zu einem Meilenstein des australischen<br />

Kinos geworden, der eine ganze Generation<br />

von Filmemachern geprägt hat.<br />

Aus der Distanz des Fremden erwächst dank<br />

Kotcheffs unvoreingenommenem Blick eine<br />

andere Form von Nähe. Mit jeder Einstellung<br />

dringt er zum Wesen der Welt und der Menschen<br />

vor, von denen er erzählt. Diese Gabe,<br />

das Wesentliche zu erkennen, immer direkt<br />

zum Kern der Dinge vorzudringen, prägt<br />

auch »First Blood«, seinen berühmtesten<br />

Film, in dem zudem noch eine der ikonischen<br />

Figuren des Kinos der 80er Jahre das<br />

Licht der Leinwand erblickte. Aber letztlich<br />

steht auch dieser Actionfilm trotz allem quer<br />

zum damaligen Mainstream- und Genrekino.<br />

Als ewiger Außenseiter hat Kotcheff die<br />

Zerrissenheit Amerikas nach dem Vietnam-<br />

Krieg mit einer Präzision offengelegt, die bis<br />

heute einzigartig geblieben ist.<br />

Selbst bei seinen kanadischen Filmen hat<br />

sich Ted Kotcheff ganz bewusst den Blick<br />

des Fremden bewahrt. Gleich zweimal hat er<br />

Romane eines anderen begnadeten Außenseiters,<br />

des jüdischen Schriftstellers Mordecai<br />

Richler verfilmt. »The Apprenticeship<br />

of Duddy Kravitz« (1974), der den Goldenen<br />

Bären in Berlin gewonnen hat, und »Joshua<br />

Then and Now« (1985) erzählen dabei mit<br />

einer schon atemberaubenden Genauigkeit<br />

vom Leben der jüdischen Minderheit in<br />

Montreal. Sie zeigen einfach das Leben, so<br />

wie es eben ist, in all seinen oft widersprüchlichen<br />

Facetten. Mehr kann ein Filmemacher<br />

kaum leisten.<br />

Life at the Top<br />

UK 1965 | R: Ted Kotcheff |<br />

mit Laurence Harvey, Jean Simmons,<br />

Honor Blackman, Michael Craig<br />

Filmbildfundus Herbert Klemens<br />

1965 war die Blütezeit des neuen<br />

britischen Films schon vorüber. Aber<br />

seine raue Ästhetik lebte fort und erhielt<br />

mit Ted Kotcheffs Verfilmung von John<br />

Braines gleichnamigem Roman sogar<br />

noch einmal eine neue Dimension. Der von<br />

Laurence Harvey gespielte Joe Lampton<br />

hat es geschafft. Seine Ehe mit Susan,<br />

der Tochter seines Chefs, sichert ihm<br />

einen Platz ganz oben. Doch der hält<br />

zehn Jahre später nicht mehr das, was<br />

sich Joe einst von ihm versprochen hatte.<br />

Seine Ehe steckt in einer tiefen Krise.<br />

Sein Stiefvater lässt ihn immer noch<br />

spüren, dass er ein Emporkömmling ist.<br />

Außerdem plagt ihn sein Gewissen. Also<br />

flieht er schließlich aus dem Gefängnis,<br />

das er sich selbst gebaut hat. Jede Geste<br />

und jeder Blick Laurence Harveys sind<br />

erfüllt von dem Zorn eines Mannes, der<br />

droht, an den englischen Verhältnissen zu<br />

Grunde zu gehen. Die fiebrige Intensität<br />

seines Spiels und Ted Kotcheffs kühler,<br />

aber niemals urteilender Blick ergänzen<br />

sich dabei perfekt: This is England!<br />

D Fr 17.30 Cine k<br />

Retrospektive<br />

Wake in Fright<br />

AUS 1971 | R: Ted Kotcheff | mit Gary<br />

Bond, Donald Pleasence, Chips Rafferty<br />

Filmbildfundus Herbert Klemens<br />

35<br />

Für den Lehrer John Grant ist das Leben<br />

im Outback eine Qual. Er will einfach<br />

nur zurück in die Zivilisation. Doch noch<br />

läuft sein Vertrag. Also bleiben ihm nur<br />

die großen Ferien. Als es endlich so<br />

weit ist, verpasst er seinen Flug nach<br />

Sydney und strandet in einer Kleinstadt.<br />

Damit beginnen die schwärzesten sechs<br />

Tage seines Lebens. Nach und nach<br />

stürzt er immer tiefer in den Abgrund<br />

seiner eigenen Persönlichkeit.<br />

Als »Wake in Fright« in Australien ins<br />

Kino kam, reagierten Kritik und Publikum<br />

zunächst ablehnend. Ted Kotcheffs<br />

ungeschöntes Porträt einer sich dauerhaft<br />

in Alkohol und Glückspiele flüchtenden<br />

Gesellschaft war einfach zu ehrlich.<br />

Doch anders als sein Protagonist, der<br />

auf die Einheimischen herabblickt,<br />

begegnet Kotcheff allen Figuren auf<br />

Augenhöhe. Diese radikale Zeugenschaft,<br />

die den Betrachter herausfordert und<br />

ihm die Augen für die Welt öffnet, hat<br />

nicht nur den jungen Martin Scorsese<br />

enorm beeindruckt, sondern auch das<br />

australische Kino revolutioniert.<br />

D Sa 20.00 Casablanca

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