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Bergische Münzen und Geldsorten in alten Rechnungsbüchern Die ...

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Sammlerecke<br />

Berichte <strong>und</strong> Informationen für Sammler<br />

Max Morsches<br />

<strong>Bergische</strong> <strong>Münzen</strong> <strong>und</strong> <strong>Geldsorten</strong> <strong>in</strong> <strong>alten</strong> <strong>Rechnungsbüchern</strong><br />

<strong>Die</strong> Bensberger Herrenpachtliste von 1669<br />

<strong>Die</strong> älteste für die Freiheit Bensberg<br />

erh<strong>alten</strong>e Liste der jährlichen Pachten, die<br />

an den Herzog von Berg abzuführen<br />

waren, stammt aus dem Jahr 1669. <strong>Die</strong><br />

dort genannten Beträge g<strong>alten</strong> bis 1779,<br />

also über h<strong>und</strong>ert Jahre. Wie lange sie<br />

schon vorher gegolten haben, wird weiter<br />

unten diskutiert.<br />

<strong>Die</strong> <strong>in</strong> der Herrenpachtliste verwandten<br />

Münze<strong>in</strong>heiten <strong>und</strong> Abkürzungen s<strong>in</strong>d<br />

dem Fachmann zwar vertraut, vielen<br />

<strong>in</strong>teressierten Heimatfre<strong>und</strong>en aber nahezu<br />

unverständlich. Ähnliches gilt für die<br />

Angaben <strong>in</strong> den Kellnereirechnungen.<br />

Das s<strong>in</strong>d die jährlichen Auflistungen der<br />

E<strong>in</strong>nahmen <strong>und</strong> Ausgaben des Kellners,<br />

d.h. des herzoglichen F<strong>in</strong>anzverwalters,<br />

für jedes der <strong>Bergische</strong>n Ämter.<br />

<strong>Die</strong> größte benutzte E<strong>in</strong>heit wird mit Mr<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong>em Kr<strong>in</strong>gel abgekürzt. Es handelt<br />

sich um die Bezeichnung für Mark bzw.<br />

Radermark. <strong>Die</strong> mittlere E<strong>in</strong>heit wird<br />

durch e<strong>in</strong> ß angedeutet <strong>und</strong> steht für Schill<strong>in</strong>g<br />

bzw. Raderschill<strong>in</strong>g. Das Kle<strong>in</strong>geld<br />

ist mit den <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em Schlenker<br />

abgekürzt <strong>und</strong> bedeutet Denar.<br />

Aus der Herrenpachtliste <strong>und</strong> den Kellnereirechnungen<br />

geht hervor:<br />

1 Radermark = 12 Raderschill<strong>in</strong>ge<br />

= 144 Denare<br />

<strong>Die</strong>se Gelde<strong>in</strong>heiten waren bei der Aufstellung<br />

der Herrenpachtliste 1669 nicht<br />

mehr im Umlauf. Damals zahlte man im<br />

<strong>Bergische</strong>n Land mit Taler, Albus <strong>und</strong><br />

Heller.<br />

<strong>Die</strong> <strong>alten</strong> Münzangaben stellten also Verrechnungse<strong>in</strong>heiten<br />

dar, die bei Fälligkeit<br />

der Abgabe <strong>in</strong> die laufende Münze umgerechnet<br />

werden mußten.<br />

E<strong>in</strong> Schlüssel für das Verständnis des<br />

komplizierten Geldsystems liegt im rhe<strong>in</strong>ischen<br />

Albus, zunächst Weißpfennig<br />

genannt.<br />

Der Weißpfennig wurde 1372 im Münzvertrag<br />

der Erzbistümer Trier <strong>und</strong> Köln<br />

e<strong>in</strong>geführt. Er löste die etwa gleich<br />

großen, aber etwas schwereren Turnosen<br />

ab, die e<strong>in</strong>en ähnlichen Vorderseitenstempel<br />

hatten. <strong>Die</strong> Weißpfennige kamen <strong>in</strong><br />

großen Mengen <strong>in</strong> den Umlauf, zunächst<br />

<strong>in</strong> Köln <strong>und</strong> Trier, bald auch im Herzogtum<br />

Jülich <strong>und</strong> etwa ab 1377 <strong>in</strong> Berg, des-<br />

Oben: Weißpfennig mit dem Bildnis Herzog<br />

Adolfs IX. aus der Zeit von 1419 bis<br />

1423, Prägeort Mülheim<br />

Unten: Weißpfennig nach der Vere<strong>in</strong>igung<br />

von Jülich <strong>und</strong> Berg 1423 mit Brustbild<br />

des Königs Sigism<strong>und</strong><br />

sen Graf Wilhelm II. von Jülich 1380 die<br />

Herzogswürde erhielt.<br />

<strong>Die</strong> halben Weißpfennige hießen Schill<strong>in</strong>ge.<br />

Von den bergischen Schill<strong>in</strong>gen Wilhelms<br />

II. s<strong>in</strong>d nur wenige erh<strong>alten</strong>,<br />

während die Weißpfennige, die größten<br />

Silbermünzen der damaligen Zeit, recht<br />

häufig im Handel vorkommen. Vielleicht<br />

waren die Schill<strong>in</strong>ge damals aber ebenso<br />

bedeutend <strong>und</strong> häufig wie die Weißpfennige.<br />

Dafür könnte der „Kaufschill<strong>in</strong>g"<br />

sprechen, wie man das beim Kaufvertrag<br />

vere<strong>in</strong>barte Geld nannte.<br />

<strong>Bergische</strong> Pfennige des 14. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

wurden Denare genannt. Von ihnen g<strong>in</strong>gen<br />

24 auf e<strong>in</strong>en Weißpfennig, <strong>in</strong> Köln<br />

<strong>und</strong> Trier allerd<strong>in</strong>gs nur von 1372 bis<br />

1385. Dann wurden Doppelpfennige e<strong>in</strong>geführt,<br />

die sogenannten Heller. Anderswo<br />

<strong>und</strong> nach 1500 auch <strong>in</strong> Köln <strong>und</strong><br />

Jülich-Berg zählten umgekehrt zwei Heller<br />

e<strong>in</strong>en Pfennig. Wann die bergischen<br />

Denare mit der üblichen Verzögerung<br />

durch den Heller abgelöst wurden, etwa<br />

nach 1385, ist nicht genau feststellbar.<br />

Noss führt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Werk über die Mün-<br />

31<br />

zen von Berg <strong>und</strong> Jülich-Berg e<strong>in</strong>en Heller<br />

aus der Regierungszeit Wilhelms II.<br />

(+ 1408) an.<br />

Ganze <strong>und</strong> halbe Weißpfennige, die alle<br />

<strong>und</strong>atiert s<strong>in</strong>d, wurden noch unter Herzog<br />

Wilhelm IV. (1475-1511) geprägt. Nach<br />

fast dreißigjährigem Intermezzo mit sog.<br />

„Bauschen" traten Jülich <strong>und</strong> Berg 1511<br />

dem Münzvere<strong>in</strong> der vier rhe<strong>in</strong>ischen<br />

Kurfürstentümer Ma<strong>in</strong>z, Trier, Pfalz <strong>und</strong><br />

Köln bei. Es wurden Schill<strong>in</strong>ge <strong>und</strong> Albus<br />

(etwas kle<strong>in</strong>er als früher) e<strong>in</strong>geführt, die<br />

auf der Rückseite e<strong>in</strong>en Schild mit den<br />

Wappen der vier Kurländer hatten, wobei<br />

sich das Ma<strong>in</strong>zer Rad oben l<strong>in</strong>ks befand.<br />

Deshalb hat man ab 1567, als neue Albusmünzen<br />

e<strong>in</strong>geführt wurden, die <strong>alten</strong> mit<br />

„Raderalbus" bezeichnet.<br />

Taler von Herzog Wilhelm V. (1529-92)<br />

mit Bildnis des Herzogs <strong>und</strong> großem<br />

Wappen, geprägt um 1550 (die Münzabbildungen<br />

zu diesem Beitrag stellte<br />

fre<strong>und</strong>licherweise die Geldgeschichtliche<br />

Sammlung der Kreissparkasse<br />

Köln zur Verfügung)


32<br />

Ab 1567 galt:<br />

2 Albus (neu) = 1 Raderalbus (alt)<br />

Der Beitritt zum Münzvere<strong>in</strong> 1511 brachte<br />

weitere Neuerungen. <strong>Die</strong> Buchführung<br />

<strong>in</strong> den anderen Münzsorten war nicht<br />

mehr erlaubt <strong>und</strong> wurde schwer bestraft.<br />

Seitdem wird man <strong>in</strong> den Kellnereirechnungen<br />

„Mark" <strong>und</strong> „Schill<strong>in</strong>g" durch<br />

durch das entsprechende Radergeld<br />

ersetzt haben.<br />

Nun zur Mark. Der Ausdruck „Mark" war<br />

nicht als Gelde<strong>in</strong>heit geläufig, sondern als<br />

Mengene<strong>in</strong>heit für Silber. E<strong>in</strong>e Mark<br />

waren etwa 234 Gramm Silber. Seit dem<br />

14. Jahrh<strong>und</strong>ert gab es auch e<strong>in</strong>en Geldwert<br />

Mark.<br />

Ab 1372 galt <strong>in</strong> Köln:<br />

1 Mark = 6 Weißpfennige<br />

= 12 Schill<strong>in</strong>ge<br />

= 144 Denare<br />

Dabei war die Mark nur e<strong>in</strong>e rechnerische<br />

Größe, ke<strong>in</strong>e Münze: e<strong>in</strong> Dutzend Schill<strong>in</strong>ge.<br />

In den Kellnereirechnungen tauchen bis<br />

1779 auch „Rhe<strong>in</strong>ische Gulden" auf. <strong>Die</strong>se<br />

Goldmünzen wurden 1372 im schon<br />

zitierten Münzvertrag zwischen Trier <strong>und</strong><br />

Köln „geboren" <strong>und</strong> <strong>in</strong> Jülich-Berg bis<br />

1609 geprägt.<br />

Doppelangaben <strong>in</strong> den Kellnereirechnungen,<br />

e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> Goldgulden <strong>und</strong> e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong><br />

Mark, erlauben die Berechnung des<br />

Umrechnungskurses:<br />

1 Goldgulden = 3 Mark, 5 Schill<strong>in</strong>ge<br />

= 41 Schill<strong>in</strong>ge<br />

<strong>Die</strong>ser Kurs läßt sich wieder zeitlich e<strong>in</strong>ordnen.<br />

Es g<strong>alten</strong> folgende Umrechnungskurse:<br />

Zeit Schill<strong>in</strong>ge<br />

pro Goldgulden<br />

ab 1372 37<br />

ab 1385 40<br />

1409-17 41<br />

um 1430 42<br />

ab 1477 48<br />

1511-67 52 <strong>und</strong> mehr<br />

Goldgulden von 1501 mit dem Hüftbild<br />

des Hl. Hubertus, des Landespatrons,<br />

Prägeort Mülheim<br />

Auszug aus der Kellnereirechnung des Amtes Porz für die Zeit von August 1744 bis Juli<br />

1745 (Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Jülich-Berg R Amt Porz, Nr. 2, Bl. 7r)<br />

„E<strong>in</strong> rhe<strong>in</strong>ischer gulden ... 20 1/2 radermarck, E<strong>in</strong> rader Marck ... 6 raderalbus usw."<br />

<strong>Bergische</strong> Schill<strong>in</strong>ge hatten um 1400<br />

nicht immer denselben Kurs wie die kölnischen.<br />

Sie konnten jedoch nicht wesentlich<br />

<strong>und</strong> vor allem nicht lange davon<br />

abweichen. Sie waren eher etwas ger<strong>in</strong>ger<br />

im Wert als umgekehrt.<br />

<strong>Die</strong> oben errechneten Kurse führen <strong>in</strong> die<br />

Regierungszeit von Wilhelm II. (Herzog<br />

1380-1408) oder Adolf IX. (1408-1439).<br />

Schlußfolgerung<br />

<strong>Die</strong> Gelde<strong>in</strong>heiten der Herrenpachtliste<br />

führen <strong>in</strong>s 14. Jahrh<strong>und</strong>ert zurück. Sie<br />

waren <strong>in</strong> Trier <strong>und</strong> Köln nur von 1372 bis<br />

1385 Zahlungsmittel, <strong>in</strong> Berg von etwa<br />

1377 bis zum Ende des Jahrh<strong>und</strong>erts.<br />

Das läßt Folgerungen auf das Alter der<br />

Freiheit Bensberg <strong>und</strong> die E<strong>in</strong>führung der<br />

Herrenpacht zu. <strong>Die</strong> Freiheit Bensberg ist<br />

erstmals durch e<strong>in</strong>e Quelle von 1413<br />

belegt. Kluxen vermutet, sie sei älter <strong>und</strong><br />

Adolf IX. habe nur die Privilegien<br />

bestätigt <strong>und</strong> vergrößert. Anlaß dürfte die<br />

Ause<strong>in</strong>andersetzung zwischen Herzog<br />

Wilhelm II. <strong>und</strong> se<strong>in</strong>em Sohn Adolf IX.<br />

gewesen se<strong>in</strong>, <strong>in</strong> deren Gefolge Dorf <strong>und</strong><br />

Burg Bensberg durch die Grafen von<br />

He<strong>in</strong>sberg <strong>und</strong> Sayn 1406 gebrandschatzt<br />

<strong>und</strong> nach deren Niederlage 1407 wieder<br />

aufgebaut wurde.<br />

Um dieselbe Zeit wurde auch die Messerschleiferbruderschaft<br />

<strong>in</strong> Gladbach vom<br />

Herzog bestätigt. Beide Akte s<strong>in</strong>d vor<br />

dem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> der verheerenden Pestepedemien<br />

des 14. Jahrh<strong>und</strong>erts zu sehen,<br />

durch die e<strong>in</strong>e Neuordnung des Wirtschaftslebens<br />

<strong>in</strong> Berg notwendig geworden<br />

war.<br />

l<strong>in</strong>ks: Turnose Graf Wilhelms II. (1360-1408), ohne Prägeort<br />

rechts: Wappenturnose (Weißpfennig) aus derselben Zeit mit Angabe des Münzortes<br />

Mülheim (MONETA MOLM)

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