Hellwach am Steuer
Hellwach am Steuer
Hellwach am Steuer
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Bestandsaufnahme der Situation von Lastkraftwagenfahrern<br />
und Vorschläge zur Prävention von Sekundenschlaf <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong>
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Bestandsaufnahme der Situation von Lastkraftwagenfahrern<br />
und Vorschläge zur Prävention von Sekundenschlaf <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Kooperationspartner<br />
AOK Baden-Württemberg<br />
Autobahnpolizeirevier Stuttgart und Umkirch<br />
Betriebsseelsorge Heilbronn<br />
Daimler AG<br />
Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg<br />
Freiburger Forschungsstelle Arbeits- und Sozialmedizin<br />
IKK classic<br />
Innenministerium Baden-Württemberg<br />
Klinik Schillerhöhe<br />
Landesverband der Betriebskrankenkassen Baden-Württemberg<br />
MAN Nutzfahrzeuge Gruppe<br />
Meditext Dr. Antonic<br />
Medizinisches Institut für Schlafstörungen, Wendelstein Klinik<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg<br />
Polizeiseelsorge<br />
Regierungspräsidium Stuttgart und Tübingen<br />
Spedition Ihro<br />
Steinbeis-Transferzentrum Biomedizinische Optik und Funktionsprüfung (STZ)<br />
ver.di<br />
Autoren und Mitwirkende zum Zeitpunkt der Projektdurchführung<br />
Walter H. Moog, AOK Baden-Württemberg · Wolfgang Daub / Jürgen Schaaf, Autobahnpolizeirevier<br />
Stuttgart · Peter Veeser, Autobahnpolizeirevier Umkirch · Viktor Hartl, Landesverband der<br />
Betriebskrankenkassen Baden-Württemberg · Dr. Corinna Henkel-Hancok / Dr. Siegfried Rothe,<br />
Firma Daimler AG · Dr. Ernst-Ludwig Karl, Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg ·<br />
Josef Krebs, Betriebsseelsorge Heilbronn · Dr. Martina Michaelis, Freiburger Forschungsstelle<br />
Arbeits- und Sozialmedizin (FFAS) · Dr. Manfred Butz BK-DOK · Gerhard Ziegler, Innenministerium<br />
Baden-Württemberg · Kai Ihro, Spedition Ihro · Ruth Wagner / Uta Paproth-Jesinger,<br />
IKK classic · Dipl. Psych. Sabine Eller / Dr. Vera Wienhausen, Klinik Schillerhöhe · Elisabeth<br />
Frank, MAN Nutzfahrzeuge Gruppe · Werner Waldmann, Meditext Dr. Antonic · Dr. Klaus Ederle,<br />
Medizinisches Institut für Schlafstörungen, Wendelstein Klinik · Dr. Gerhard Bort / Matthias Morath<br />
/ Markus Schüller, Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-<br />
Württemberg · Rolf Tönges, Polizeiseelsorge · Dr. Christel Grüner / Dr. Peter Michael Bittighofer /<br />
Petra Edinger / Dr. Elisabeth Härtig / Gabriele Horras-Hun / Dr. Ingrid Hügle / Heinrich Netzel /<br />
Dr. Hannelore Wagner / Dr. Iris Zöllner, Landesgesundheits<strong>am</strong>t Baden-Württemberg · Hubert<br />
Walz, Regierungspräsidium Tübingen, Abteilung 6 · Prof. Dr. Barbara Wilhelm / Wilhelm Durst /<br />
Claire Hütter / Tobias Peters, Steinbeis-Transfer-Zentrum Biomedizinische Optik und<br />
Funktionsprüfung (STZ), Universitäts-Augenklinik Tübingen · Engelbert Reck, ver.di
Verteilerhinweis<br />
Diese Informationsschrift wird von der Landesregierung in Baden-Württemberg im Rahmen ihrer verfassungsmäßigen<br />
Verpflichtung zur Unterrichtung der Öffentlichkeit herausgegeben. Sie darf weder<br />
von Parteien noch von deren Kandidatinnen und Kandidaten oder Helferinnen und Helfern während<br />
eines Wahlk<strong>am</strong>pfes zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für alle Wahlen.<br />
Missbräuchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen, an Informationsständen der<br />
Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken und Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel.<br />
Untersagt ist auch die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung. Auch ohne zeitlichen Bezug<br />
zu einer bevorstehenden Wahl darf die vorliegende Druckschrift nicht so verwendet werden, dass<br />
dies als Parteinahme des Herausgebers zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden<br />
könnte. Diese Beschränkungen gelten unabhängig vom Vertriebsweg, also unabhängig davon, auf<br />
welchem Wege und in welcher Anzahl diese Informationsschrift dem Empfänger zugegangen ist.<br />
Erlaubt ist es jedoch den Parteien, diese Informationsschrift zur Unterrichtung ihrer Mitglieder zu verwenden.<br />
Nachdruck - auch auszugsweise - ist nur mit schriftlicher Erlaubnis des Ministeriums für Arbeit und<br />
Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg zulässig.<br />
Impressum<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung,<br />
F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg<br />
Schellingstr. 15 · 70174 Stuttgart<br />
Tel.: 0711 123-0 · Fax: 0711 123-3999<br />
poststelle@sm.bwl.de<br />
www.sozialministerium-bw.de<br />
April 2011<br />
2. Auflage<br />
Landesgesundheits<strong>am</strong>t Baden-Württemberg<br />
im Regierungspräsidium Stuttgart<br />
Nordbahnhofstr. 135 · 70191 Stuttgart<br />
Tel. 0711 904-35000 · Fax 0711 904-35010<br />
abteilung9@rps.bwl.de<br />
www.rp-stuttgart.de · www.gesundheits<strong>am</strong>t-bw.de<br />
Ansprechpartner:<br />
Dr. Elisabeth Härtig<br />
Tel. 0711 904-39620<br />
elisabeth.haertig@rps.bwl.de
V O R W O R T<br />
Schwere Verkehrsunfälle, an denen teilweise auch Omnibusse oder Lastkraftwagen<br />
beteiligt sind, verursachen nicht nur hohe Sachschäden, oft werden dabei auch Per-<br />
sonen schwer verletzt oder getötet. Nach solchen Unfällen stellt sich dann die Frage,<br />
wie konnte es dazu kommen.<br />
Das Landesgesundheits<strong>am</strong>t Baden-Württemberg hat diese Frage aufgegriffen und<br />
sich mit dem Thema Müdigkeit im Rahmen des Projekts „<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong>“ aus-<br />
einandergesetzt. Mit Unterstützung von Kooperationspartnern aus den unterschied-<br />
lichsten Bereichen wurde eine mögliche Ursache der Müdigkeit von Fahrern <strong>am</strong><br />
<strong>Steuer</strong> von Lastkraftwagen im Fernverkehr, untersucht. Gleichzeitig wurden praxisge-<br />
rechte Möglichkeiten zur Prävention erarbeitet.<br />
Nicht nur überlange Lenkzeiten und zu kurze Ruhezeiten oder Pausen, sondern auch<br />
die Anordnung der Parkflächen auf den Parkplätzen entlang der Autobahnen, die<br />
Einwirkung von Lärm und Temperatur auf die Fahrer insbesondere während deren<br />
Ruhezeiten, eine unausgewogene Ernährung bis hin zu Folgen mangelnder gesund-<br />
heitlicher Betreuung der Fahrer durch Hausärzte und Zahnärzte sind Faktoren, die<br />
zur Übermüdung führen können.<br />
Mit der Pupillographie wurde im Rahmen des Projektes eine Methode getestet, die<br />
einen wichtigen Beitrag leistet, um das Ausmaß der Ermüdung eines Fahrers festzu-<br />
stellen. Die bisherigen Ergebnisse sind vielversprechend, objektive Methoden zum<br />
Messen der Ermüdung zu finden. Die Resultate des Projektes sind nicht nur<br />
für Berufskraftfahrer von Interesse. Alle Teilnehmer <strong>am</strong> Straßenverkehr können von<br />
den Ergebnissen profitieren.<br />
Wir wünschen dieser Broschüre eine weite Verbreitung, d<strong>am</strong>it möglichst alle Ver-<br />
kehrsteilnehmer hellwach <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong> sitzen und allen Leserinnen und Lesern eine<br />
gute und gefahrlose Fahrt.<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung,<br />
F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
Besonderer Dank<br />
gilt Frau Medizinaldirektorin Dr. Christel Grüner,<br />
die mit außergewöhnlichem Engagement und tatkräftiger Initiative<br />
dieses Projekt angestoßen und<br />
bis zu ihrer Pensionierung begleitet und abgeschlossen hat.
Inhaltsverzeichnis<br />
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
1 Vorbemerkungen und Ziele 9<br />
2 Bestandsaufnahme 11<br />
2.1 Wachheitsgrad, Aufmerks<strong>am</strong>keit (Vigilanz) von Berufskraftfahrern 11<br />
2.1.1 Fahrerbefragungen 11<br />
2.1.2 Untersuchungen des Wachheitsgrades 12<br />
2.1.3 Ursachen von Störungen des Wachheitsgrades (Vigilanzstörungen) 13<br />
2.1.3.1 Bauliche Ursachen 14<br />
2.1.3.2 Organisatorische Ursachen 16<br />
2.1.3.3 Technische Ursachen 18<br />
2.1.3.4 Personenbezogene Ursachen 19<br />
2.1.4 Unfallgefahren und Einschlafunfälle, Erkenntnisse der Polizei 20<br />
2.2 Gesundheitliche Lage der Lastkraftwagenfahrer 21<br />
2.2.1 Lebensumstände und Umweltbelastung 21<br />
2.2.2 Stressreaktionen 21<br />
2.2.3 Metabolisches Syndrom 22<br />
2.2.4 Herz-Kreislauf-Erkrankungen 22<br />
2.2.5 Suchtverhalten 23<br />
2.2.6 Rauchen 23<br />
2.2.7 Gesundheitliche Folgen des Schlafentzugs 23<br />
2.2.8 Tumorerkrankungen 25<br />
2.2.9 Muskel-Skelett-Erkrankungen 25<br />
2.3 Erkrankungshäufungen bei Berufskraftfahrern in der<br />
Versicherungsstatistik<br />
2.3.1 Statistik der Gesetzlichen Krankenversicherungsträger 25<br />
2.3.2 Statistik der Deutschen Rentenversicherung 28<br />
2.3.3 Statistik der gewerblichen Berufsgenossenschaften (BK-DOK) 28<br />
3 Ergebnisse der Untersuchungen des Landesgesundheits<strong>am</strong>tes<br />
zur Wachheit und Aufmerks<strong>am</strong>keit (Vigilanz)<br />
von Lastkraftwagenfahrern<br />
3.1 Methoden 31<br />
3.2 Ergebnisse 31<br />
3.2.1 Arbeits- und Lebensbedingungen der Lastkraftwagenfahrer 32<br />
3.2.2 Einzeluntersuchungen 37<br />
3.2.3 Anliegen und Anregungen der Teilnehmer (Fahrer, Kontrollgruppe) unter dem<br />
Aspekt, die Gesundheit zu erhalten<br />
3.3 Schlussfolgerungen 44<br />
7<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg<br />
25<br />
31<br />
42
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
4 Prävention 46<br />
4.1 Arbeitsschutzrechtliche Grundlagen für das Fahrpersonal 46<br />
4.1.1 Arbeitsschutzrecht, Verkehrsrecht 46<br />
4.1.2 Überwachung der Sozialvorschriften 50<br />
4.1.2.1 Überwachung durch die Polizei (Straßenkontrollen) 50<br />
4.1.2.2 Überwachung durch die Gewerbeaufsichtsbehörde (Betriebskontrollen) 52<br />
4.2 Bauliche Ansätze 54<br />
4.2.1 Verbesserung der Parkraumsituation 54<br />
4.2.1.1 Aus- und Neubauprogr<strong>am</strong>me 54<br />
4.2.1.2 Durchsetzbarkeit 54<br />
4.2.1.3 Weitere Aktivitäten zur Verbesserung der Parkraumsituation 54<br />
4.2.1.4 Möglichkeiten zur Verringerung der Lärmbelastung für Lastkraftwagenfahrer,<br />
planerische Ansätze<br />
4.2.1.5 Zus<strong>am</strong>menfassung 56<br />
4.2.2 Autobahnplanung 56<br />
4.3 Organisatorische Ansätze 57<br />
4.3.1 Gesellschaftliche Ansätze 57<br />
4.3.2 Planung von Fahrzeiten, Fahrtunterbrechungen/Pausen und Ruhezeiten 57<br />
4.3.3 Eignungsuntersuchung nach der Fahrerlaubnisverordnung (FeV)<br />
und Vorsorgeuntersuchung nach dem BG-Grundsatz 25<br />
4.4 Technische Ansätze 59<br />
4.4.1 Fahrerassistenzsysteme 60<br />
4.4.2 Kabinenausstattung 60<br />
4.4.3 Vorrichtungen zum Heben und Tragen von Lasten 61<br />
4.5 Personenbezogene Ansätze 61<br />
4.5.1 Informationsk<strong>am</strong>pagnen 61<br />
4.5.1.1 Informationsveranstaltungen der Polizei 61<br />
4.5.1.2 Informationsschriften 62<br />
4.5.1.3 Fahrschulen 62<br />
4.5.2 Gesundheitsmanagement 62<br />
4.5.2.1 Ernährung 62<br />
4.5.2.2 Bewegung 64<br />
4.5.2.3 Entspannung, Stressabbau 64<br />
4.5.2.4 Schlaf 64<br />
4.5.2.5 Körperliche Gesundheit 66<br />
4.5.2.6 Betriebliche Gesundheitsförderung 66<br />
4.5.3 Rehabilitationsprogr<strong>am</strong>me, Telemedizin 66<br />
4.5.4 Unterrichtsmaterial für Fahrerschulung 67<br />
4.5.5 Anbieter von Gesundheitsförderungsprogr<strong>am</strong>men 67<br />
5 Ausblick 68<br />
6 Literatur 71<br />
7 Glossar 79<br />
8 Rechtsgrundlagen 83<br />
8<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg<br />
55<br />
58
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
1 Vorbemerkungen und Ziele<br />
Unsere Volkswirtschaft ist im Zuge der Globalisierung zwingend auf ein funktionierendes Güterverkehrssystem angewiesen.<br />
Die Logistikbranche hat mit 189 Milliarden Euro Umsatz (2006) eine hohe und wachsende volkswirtschaftliche Bedeutung 1 .<br />
Bei den Herstellungskosten für Waren machen Logistikkosten bis zu 30 % aus. Der Wert des Güteraufkommens auf der<br />
Straße hat sich mit rund 3.000 Mio. Tonnen seit 40 Jahren fast verdoppelt 2 . Die Anzahl der Transportfahrzeuge auf deutschen<br />
Straßen hat sich in den letzten 15 Jahren um ein Viertel erhöht. Bis 2030 rechnet die Europäische Union mit einem<br />
Anstieg des Güterverkehrs um 75% 3 . Sie prognostiziert nach einer Studie von Prognos AG und Progtrans AG Basel zudem<br />
eine weitere Zunahme des LKW-Verkehrs um 60% bis zum Jahre 2050 4 .<br />
Die Logistikbranche erweist sich dabei langfristig gesehen als Jobmotor. Umso wichtiger sind adäquate Arbeitsschutzmaßnahmen<br />
für die Beschäftigten, denn sichere Transporte sind von wachen, aufmerks<strong>am</strong>en sowie gesunden Fahrern abhängig.<br />
Investitionen in die Arbeitssicherheit der Fahrer sind daher wirtschaftlich sinnvolle Investitionen.<br />
Die Medien berichten oft über Verkehrsunfälle durch den sogenannten Sekundenschlaf <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong>. Je größer und schwerer<br />
die an Unfällen beteiligten Fahrzeuge sind, umso ernster können Unfallfolgen sein. Schon aus diesem Grund ist es wichtig<br />
zu vermeiden, dass LKW-Fahrer <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong> einschlafen oder durch Übermüdung unaufmerks<strong>am</strong> sind. Das Unfallrisiko dürfte<br />
in Zukunft durch den Einsatz von Mega- oder Gigalinern mit einer Länge von über 25 Meter und einem zulässigen Ges<strong>am</strong>tgewicht<br />
von 60 Tonnen erhöht werden, falls diese auch in Deutschland großflächig zugelassen würden, wie ein Gutachten<br />
der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) voraussagt 5 . Übermüdung wird als Unfallursache möglicherweise unterschätzt.<br />
2005 wurde beispielsweise in Baden-Württemberg lediglich bei 104 von 13.594 Unfällen mit LKW-Beteiligung Übermüdung<br />
als Ursache festgehalten. Da nach einem Unfall derzeit nicht mehr beweissicher ermittelt werden kann, ob der Fahrer übermüdet<br />
war, dürfte die Dunkelziffer vermutlich um ein Vielfaches höher sein. Das European Transport Safety Council machte<br />
Schläfrigkeit für etwa 20% der LKW-Unfälle verantwortlich. Für die Bedeutung von Schläfrigkeit als Unfallursache spricht<br />
auch die Tatsache, dass schwere Unfälle signifikant häufiger in den Nachtstunden auftreten, also zu einer Zeit, in der die<br />
meisten Menschen schläfrig sind (Bartl et alii 2006). Schläfrigkeit lässt sich mit Hilfe der Pupillographie nachweisen. Dabei<br />
wird die unwillkürliche Pupillenbewegungen des zu Untersuchenden vor dem Einschlafen (Pupillenunruheindex), als objektives<br />
Maß für die Schläfrigkeit, gemessen. Pupillographische Untersuchungen von Fahrern haben ergeben, dass 8% bis 25%<br />
zu schläfrig sind, um sicher weiterzufahren.<br />
Das steigende Verkehrsaufkommen auf den Straßen verlangt von den Fahrern eine permanent hohe Aufmerks<strong>am</strong>keit, Konzentration<br />
und Reaktionsbereitschaft. Dies setzt jedoch voraus, dass die Fahrer in den Nachtstunden ausreichend schlafen<br />
können und keine zu langen ununterbrochenen Lenkzeiten haben oder gar an einer Schlafstörung leiden. Fahrer mit Erkrankungen,<br />
durch die der Nachtschlaf gestört wird, wie beispielsweise schlafbezogene Atemstörungen (Schlafapnoesyndrom),<br />
sind einem fast vierfachen Unfallrisiko ausgesetzt. Aber auch bei gesunden Fahrern können Überforderungen zur Übermüdung<br />
und Schläfrigkeit führen. Untersuchungen haben ergeben, dass nach 17 Stunden Wachheit das Reaktionsvermögen<br />
eines Menschen beispielsweise genauso eingeschränkt ist, wie durch 0,8 Promille Blutalkohol (Saltzman et alii 2007). Die<br />
Gefahr, in schläfrigem Zustand einen Verkehrsunfall zu verursachen, ist doppelt so hoch wie im wachen Zustand (Gründl<br />
2005).<br />
Besonders kritisch und bisher zu wenig beachtet sind die Faktoren Schlafmangel, schlechter Schlaf und Tagesschläfrigkeit<br />
bei Lastkraftwagenfahrern im Fernverkehr. Die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten ist für Lastkraftwagenfahrer<br />
nicht immer einfach. Hierbei spielt neben Termindruck, der insbesondere durch Verkehrsstauungen auf den Straßen<br />
noch erhöht wird, das rechtzeitige Finden eines Parkplatzes an der Autobahn eine Rolle. Häufig haben Fahrer Schwierigkeiten,<br />
rechtzeitig Parkplätze an der Autobahn anzufahren, auf denen sie eine ausreichende Ruhezeit zum Schlafen einlegen<br />
können. Der Schlaf eines Fahrers in der Fahrerkabine kann jedoch auch auf Autobahnparkplätzen durch Verkehrs-<br />
oder Umgebungslärm, Vibrationen oder im Sommer durch hohe Temperaturen beeinträchtigt werden. Eine Studie zum Einfluss<br />
von Verkehrslärm auf Anwohner zeigte bereits bei einem Dauerlärmpegel von 50 dB(A) Störungen der Schlafqualität<br />
(Maschke et alii 2007). Entsprechende Werte werden auch auf Autobahnparkplätzen erreicht. Wie dies die Schlafqualität der<br />
Fahrer beeinflusst, wurde von Schlafforschern der Universität Regensburg im Auftrag der Daimler AG untersucht. Die For-<br />
1<br />
Quelle: Bundesministerium für Verkehr, Bau und Städteplanung, Mittelfristprognose der Beratergruppe Verkehr und Umwelt 2007.<br />
2 Quelle: Statistisches Bundes<strong>am</strong>t 2006<br />
3 Quelle: Kraftfahrt-Bundes<strong>am</strong>t<br />
4 Abschätzung der Güterverkehrsentwicklung bis 2050 durch das Bundesverkehrsministerium 2007<br />
5 Quelle: Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt); Auswirkung von neuen Fahrzeugkonzepten - Schlussbericht (2008)<br />
http://www.bast.de/cln_007/nn_42640/DE/Publikationen/Download-Berichte/download-berichte-node.html?__nnn=true<br />
9<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
scher stellten dabei im Schlaflabor fest, dass die Schlafqualität von LKW-Fahrern, die in einer Fahrerkabine - bei eingespieltem<br />
Verkehrslärm eines Autobahnparkplatzes - übernachteten, verringert war. Auch wenn die Fahrer <strong>am</strong> nächsten Morgen<br />
keine Anzeichen von Schläfrigkeit aufwiesen. Die Untersuchungen zeigten auch, dass nach drei Übernachtungen mit „gestörtem<br />
Schlaf“ sich bei den Fahrern erhöhte Schläfrigkeit bemerkbar machte (Popp et alii 2007, Rothe et alii 2009).<br />
Nacht- und Schichtarbeit können den Circadianrhythmus (24-Stunden-Rhythmus) und d<strong>am</strong>it den Schlaf stören und so den<br />
Wachheitsgrad von Fahrern vermindern. Um gezielt eingreifen zu können, müssen die Haupteinflussfaktoren bekannt sein<br />
und wissenschaftlich analysiert werden. Hierbei ist der Einsatz von objektiven Tests zur Erfassung von Schlafverhalten und<br />
Schläfrigkeit unabdingbar.<br />
Auf Anregung des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg haben unter der<br />
Leitung des Landesgesundheits<strong>am</strong>tes Baden-Württemberg sich mehrere baden-württembergische Institutionen mit dem<br />
Thema „<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong>“ auseinandergesetzt, um ein Zeichen gegen Sekundenschlaf <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong> zu setzen. Den verschiedenen<br />
Arbeitsgruppen innerhalb des Projektes gehörten folgende Institutionen an:<br />
� Behörden des Landes Baden-Württemberg: Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren, Innenministerium,<br />
Landesgesundheits<strong>am</strong>t Baden-Württemberg, Gewerbeaufsicht, Polizei<br />
� Forschungseinrichtungen: Steinbeis-Transferzentrum Biomedizinische Optik und Funktionsprüfung (STZ) an der<br />
Universitäts-Augenklinik Tübingen, Schlaflabor der Klinik Schillerhöhe, Schlaflabor der Wendelsteinklinik, Freiburger<br />
Forschungsstelle Arbeits- und Sozialmedizin<br />
� Mitwirkendes Transportunternehmen: Spedition Ihro<br />
� Arbeitnehmer: Gewerkschaft ver.di<br />
� Beratende Firmen: Daimler AG, Meditext Dr. Antonic, MAN Nutzfahrzeuge, Thomas Lattoflex<br />
� Kirchen (Betriebsseelsorge)<br />
� Fahrlehrerverband<br />
� Sozialversicherungsträger: AOK Baden-Württemberg, IKK classic , BKK, BG Verkehr und Deutsche Rentenversicherung<br />
Baden-Württemberg<br />
Das Projekt zielte darauf ab<br />
� eine Übersicht über die Arbeitssituation der Fahrer, die im Gütertransport tätig sind, zu erhalten sowie die Wechselwirkung<br />
von Wachheit und Gesundheit zu untersuchen;<br />
� praxisbezogene Untersuchungen auf diesem Sektor anzustoßen;<br />
� einen Beitrag zur Optimierung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu leisten.<br />
Tagesschläfrigkeit bei Berufskraftfahrern kann viele Ursachen haben. Die Lösungsansätze müssen deshalb genauso vielfältig<br />
und ganzheitlich sein, um nachhaltig wirks<strong>am</strong>e Verbesserungen zu erzielen. Dabei ist es wichtig, den Arbeitsschutz von<br />
Grund auf zu beachten. Dies bedeutet, straßenbauliche, technische und organisatorische Maßnahmen für den mobilen<br />
Arbeitsplatz „Kraftfahrzeug“ im Hinblick auf den Arbeitsschutz zu optimieren.<br />
Ein wesentlicher Beitrag zum Arbeitsschutz für Fahrer, die Personen- oder Güterbeförderungen europaweit durchführen,<br />
sind die Sozialvorschriften für das Fahrpersonal im Straßenverkehr, die in der europäischen Verordnung (EG) Nr. 561/2006<br />
und dem Europäischen Übereinkommen über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals<br />
(AETR) enthalten sind. Die Vorschriften beschränken die höchstzulässigen Lenkzeiten und schreiben Fahrtunterbrechungen<br />
(Pausen) sowie ausreichende Ruhezeiten vor. Sie gelten auch für bestimmte nichtgewerbliche Gütertransporte und sind<br />
sowohl von Fahrern, die als Arbeitnehmer tätig sind, als auch von selbstständigen Fahrern einzuhalten. Darüber hinaus ist<br />
es wichtig, dass auch das Gütertransportgewerbe ausreichend über die Gefährdungsbeurteilung beim „mobilen Arbeitsplatz“,<br />
Betriebsanweisung und arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen für Fahrer informiert und sensibilisiert ist.<br />
Gemäß Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung über die Eignung und bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen,<br />
kann beispielsweise einem Lastkraftwagenfahrer, der an Schlafstörungen mit messbarer Tagesschläfrigkeit leidet, die Eignung<br />
zum Führen eines Lastkraftwagens abgesprochen werden. Nach Behandlung der Schlafstörungen kann dem Fahrer<br />
das Lenken eines Lastkraftwagens wieder erlaubt werden, wenn regelmäßig nachgewiesen wird, dass keine Tagesschläfrigkeit<br />
vorliegt. Ein nachhaltiges verhaltenspräventiv orientiertes betriebliches Gesundheitsmanagement in der Beförderungsbranche<br />
ist infolge der mangelnden Erreichbarkeit der Fahrer besonders schwer durchführbar. Dennoch darf dieser Aspekt<br />
eines Arbeitsschutzes nach erweitertem Verständnis nicht vernachlässigt werden.<br />
Anmerkung:<br />
Nachdem die Beschäftigten im Gütertransportgewerbe überwiegend männlich sind, wird in den folgenden Texten von „Fahrern“ geredet,<br />
wobei Fahrerinnen eingeschlossen sind.<br />
10<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
2 Bestandsaufnahme<br />
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
2.1 Wachheitsgrad, Aufmerks<strong>am</strong>keit (Vigilanz) von Berufskraftfahrern<br />
2.1.1 Fahrerbefragungen<br />
Befragungen von Lastkraftwagenfahrern in verschiedenen Studien zeigen, dass<br />
� bei 30% zu lange Lenkzeiten vorliegen,<br />
� bei 20 – 40% Schläfrigkeit und Sekundenschlaf bekannt ist,<br />
� bei 4 – 26% ein Verdacht auf Schlafapnoesyndrom besteht.<br />
Lastkraftwagenfahrer arbeiten häufig im Nacht- und Schichtdienst. Sie müssen somit auch bezogen auf die biologischen<br />
Abläufe im Körper (chronobiologisch) zu ungünstigen Tageszeiten aufmerks<strong>am</strong> und reaktionsbereit sein. Die Veränderungen<br />
der Leistungsfähigkeit im Tagesablauf zeigt Abb. 1.<br />
%<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 0 2 4 6 Uhr<br />
Abb. 1: Leistungsfähigkeit im Circadianrhythmus (Griefahn 1992)<br />
Im Auftrag des Instituts für Fahrzeugsicherheit im Ges<strong>am</strong>tverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) wurden<br />
12.988 Lastkraftwagenfahrer zu ihren Arbeitsbedingungen befragt (Fastenmeier et alii 2002). Die Fahrer arbeiteten im<br />
Schnitt 62 Stunden in der Woche und fuhren dabei im Durchschnitt 45 Stunden. Über 35% der befragten Fahrer lenkten ihr<br />
Fahrzeug 50 Stunden oder länger pro Woche. 50% der Fahrer arbeiteten häufig oder meistens nachts. Die Autoren schätzten,<br />
dass ein Viertel der tödlichen Unfälle mit LKW-Beteiligung auf der Autobahn auf Übermüdung bzw. Einschlafen <strong>am</strong><br />
<strong>Steuer</strong> zurückzuführen ist.<br />
Die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Pausen und Ruhezeiten fiel den Fahrern schwer. Sie begründeten dies mit<br />
Parkplatzmangel, Staus, Termindruck sowie unzureichender Disposition und Logistik seitens der Transportunternehmen.<br />
Langjährige Fahrer, aber auch solche mit geringer Fahrpraxis, hatten mehr Probleme beim Einhalten der Ruhezeiten und<br />
Pausen als mittellang beschäftigte Fahrer (Binder et alii 2003).<br />
Bei einer Befragung (Sabagh-Ehrlich et al. 2005) gaben 38% der Lastkraftwagenfahrer in Israel an, die erlaubte Fahrzeit zu<br />
überschreiten. Unfälle waren assoziiert mit schlechter Schlafqualität und der Schwierigkeit, bei Müdigkeit einen Parkplatz für<br />
die Ruhezeiten zu finden. Finnische Fernfahrer berichteten zu 40% über schläfrigkeitsbedingte Aufmerks<strong>am</strong>keitsstörungen<br />
(Hakkanen et alii 2000). In verschiedenen Studien berichteten 20% - 47% der Befragten über Episoden von Sekundenschlaf<br />
<strong>am</strong> <strong>Steuer</strong> (Müller et alii 2006, Hakkanen et alii 2000, Mc Cartt et alii 2000, Sabagh-Ehrlich et alii 2005). Anhaltspunkte für<br />
das Vorliegen eines Schlafapnoesyndroms ergaben sich bei 4% - 26% der befragten Fernfahrer (Müller et alii 2006,<br />
Hakkanen et alii 2000, Moreno et alii 2004). Risiken für Schlafapnoe waren Rauchen, Übergewicht und Drogenmissbrauch,<br />
11<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
ein schützender Faktor war regelmäßige Bewegung (Moreno et alii 2004). Lastkraftwagenfahrer schilderten tägliche Schlafdefizite<br />
von durchschnittlich knapp einer Stunde (Müller et alii 2006). Folgende Risikofaktoren sind mit Sekundenschlaf <strong>am</strong><br />
<strong>Steuer</strong> assoziiert (Mc Cartt et alii 2000):<br />
� Tagesschläfrigkeit,<br />
� längere Schichten,<br />
� höheres Alter der Fahrer,<br />
� kurzer Nachtschlaf,<br />
� schlechte Schlafqualität während Ruhepausen an der Straße,<br />
� krankhafte Schlafstörungen und<br />
� Nachtfahrten trotz Müdigkeit.<br />
Wurde die Ruhezeit unter Einwirkung von Verkehrslärm verbracht, k<strong>am</strong> es zu Ein- und Durchschlafstörungen sowie zu einer<br />
schlechten Schlafqualität (Maschke et alii 2007, Popp et alii 2007, Rothe et alii 2009). Fahrer, die sich schläfrig fühlten,<br />
hatten signifikant mehr Verkehrsunfälle als ausgeruhte Fahrer (Leechawengwongs 2006). Ad<strong>am</strong>s-Guppy (2003) stellte eine<br />
gering signifikante Korrelation der bei den Fahrern erfragten Schläfrigkeit zur Tageszeit der Arbeit und Schichtrotation fest.<br />
Faktoren: Risikoerhöhung:<br />
Wöchentliche Arbeitszeit über 60 Stunden 1,5 fach<br />
Schlafstörung 1,5 fach<br />
Schlechte Schlafqualität 3,5 fach<br />
Anteil der Fahrten zwischen 00:00 Uhr und 06:00 Uhr über 25 % 3,6 fach<br />
Nachtschlaf kürzer als 5 Stunden 4,6 fach<br />
Schichtarbeit oder Nachtarbeit 5,5 fach<br />
Faktoren, die das Risiko müdigkeitsbedingter Verkehrsunfälle erhöhen (nach Stutts et alii 2003)<br />
2.1.2 Untersuchungen des Wachheitsgrades<br />
Unter Vigilanz versteht man den Wachheitsgrad, die Fähigkeit zur Aufmerks<strong>am</strong>keit einer Person. Untersuchungen der Vigilanz<br />
von Lastkraftwagenfahrern in verschiedenen Studien zeigen, dass<br />
� 8 – 23% auf Grund pupillographischer Untersuchungen als schläfrig eingestuft werden müssen,<br />
� 56% Schläfrigkeitsepisoden in Videoüberwachungen aufwiesen,<br />
� 20% als Folge schlafbezogener Atemstörungen eine zu geringe Sauerstoffsättigung im Blut haben,<br />
� 20 – 25% an einem Schlafapnoesyndrom leiden und eine auf das zwei- bis dreifach erhöhte Unfallneigung<br />
haben.<br />
Folgende Methoden wurden in Studien zur Prüfung der Fahrervigilanz eingesetzt:<br />
� Pupillographie: Der pupillographische Schläfrigkeitstest (PST) misst den Pupillenunruheindex (PUI) als Maß für<br />
die Tagesschläfrigkeit. Bei pupillographischen Untersuchungen von Lastkraftwagenfahrern wurde bei 8% bis 23%<br />
der Untersuchten ein auffälliger Pupillenunruheindex festgestellt (Müller et alii 2006, Wilhelm et alii 2003), bei 16%<br />
lag er im Grenzbereich (Wilhelm et alii 2003). Eine erhöhte Schläfrigkeit wurde bei längerer Schichtdauer und<br />
chronobiologisch ungünstiger Schlafzeit beobachtet. Viele Fahrer überschätzen ihre Fahrtauglichkeit. Walzl et alii<br />
(2007) untersuchten ein Jahr lang 1.180 Lastkraftwagen- und Omnibusfahrer rund um die Uhr mittels Pupillogra-<br />
12<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
phie. 30,9% hatten grenzwertige, 22,3% auffällige Messdaten. Junge Fahrer waren schläfriger als ältere Fahrer.<br />
Die ungünstigsten Pupillographiewerte wurden zwischen 01:00 Uhr und 03:00 Uhr sowie zwischen 13:00 Uhr und<br />
15:00 Uhr festgestellt.<br />
� Prüfung der Sauerstoffsättigung im Blut: Mittels einer Bestimmung des Oxygen Desaturation Index ODI, der die<br />
Zahl der Sauerstoffsättigungsabfälle je Schlafstunde misst, k<strong>am</strong>en Stoohs und Kollegen (1995) zu dem Ergebnis,<br />
dass 20% der Fahrer an schlafbezogenen Atemstörungen litten. Ein erhöhtes Körpergewicht (Body Mass Index)<br />
war hierbei ein statistisch signifikanter Risikofaktor.<br />
� Videoüberwachung: Mitler et alii untersuchten 20 Lastkraftwagenfahrer mit verschiedenen Schichtschemata mittels<br />
neurophysiologischer Methoden und per Videoüberwachung während der Fahrt. Fahrer mit 13 Stunden-<br />
Schichten schliefen im Durchschnitt nur 3,83 Stunden, Fahrer mit 10 Stunden-Schichten 5,2 Stunden <strong>am</strong> Tag. Die<br />
ideale Schlafdauer von 7,1 Stunden pro Tag wurde nicht erreicht. 56% der Fahrer hatten Episoden von Schläfrigkeit<br />
in der Videoüberwachung. Diese traten besonders in Schichten während der Nacht und in den frühen Morgenstunden<br />
auf.<br />
� Fahrsimulator: Leidag (2002) untersuchte 31 Patienten mit obstruktivem Schlafapnoesyndrom sowie eine Kontrollgruppe<br />
im Fahrsimulator vor und unter einer „CPAP-Therapie“ (Continuous Positive Airway Pressure). Bei dieser<br />
Therapie wird den Patienten während des Schlafens kontinuierlich Atemluft mit einem leichten Überdruck zugeführt.<br />
Hierdurch wird ein Kollaps der Atemwege und somit eine Behinderung der Atmung wirkungsvoll verhindert.<br />
Die Schlafapnoe-Patienten hatten gegenüber der Kontrollgruppe eine 2 bis 3-fach erhöhte Unfallneigung (besonders<br />
Auffahrunfälle). Durch die CPAP-Therapie nahmen Konzentrationsfehler und Unfallhäufigkeit deutlich ab.<br />
2.1.3 Ursachen von Störungen des Wachheitsgrades (Vigilanzstörungen)<br />
Als Ursachen für Vigilanzprobleme werden in der Literatur genannt:<br />
� Tätigkeit als Fernfahrer,<br />
� Nacht- und Schichtarbeit, längere Schichten,<br />
� Beeinträchtigung des Schlafes durch schlechte Schlafqualität,<br />
� kurzer Nachtschlaf,<br />
� behandlungsbedürftige Schlafstörungen des Fahrers.<br />
Folgende Ursachen können das Schlafverhalten und die Schlafqualität und d<strong>am</strong>it auch die Wachheit/Aufmerks<strong>am</strong>keit von<br />
Lastkraftwagenfahrern beeinflussen:<br />
� (Straßen-)Bauliche Ursachen: Durch die stetige Verkehrszunahme sind insbesondere Autobahnen und Parkplätze<br />
häufig überlastet. Staus und Parkflächenmangel sind die Folge und führen zu schwer vorausschaubaren Arbeitsabläufen<br />
und Überschreitung der Lenkzeiten. Staus führen überdies zu Monotonie und beim Fahrer zu Ermüdung<br />
und Stress. Zudem kann die Lärmbelastung, durch den 24 Stunden fließenden Straßenverkehr, bei Fahrern<br />
während ihrer Ruhezeit auf Parkplätzen zu Schlafstörungen führen.<br />
� Technische Ursachen: Beim Übernachten in der Fahrerkabine des Lastkraftwagens können eine unzureichende<br />
Lärmdämmung der Kabine sowie das Fehlen einer geeigneten Standklimaanlage die Schlafqualität beeinflussen,<br />
besonders, wenn bei hohen Außentemperaturen tagsüber geschlafen werden muss. Auch die ergonomische Qualität<br />
der Schlafstelle selbst (Aufhängung, Federung, Verstellbarkeit) kann die Schlafqualität beeinflussen.<br />
Das Fehlen von Fahrerassistenz-Systemen, ergonomische Unzulänglichkeiten und eine fehlende Klimaanlage im<br />
Fahrzeug führen zu einer stärkeren Beanspruchung des Fahrers während der Fahrt und d<strong>am</strong>it unter Umständen zu<br />
einer früheren Ermüdung.<br />
� Organisatorische Ursachen: Unzureichende Logistik und Disposition bei den Transportunternehmen oder den<br />
Kunden können zu Termindruck bei den Fahrern führen. Die Folgen sind zu lange Arbeits- und Fahrzeiten, keine<br />
oder keine ausreichend langen Unterbrechungen der Lenkzeiten (Pausen), keine ausreichenden Ruhezeiten. Dies<br />
13<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
in Verbindung mit regelmäßiger Nacht- und Schichtarbeit bringt neben einer immer höheren Belastung der Fahrer,<br />
auch Schlafentzug bei den Fahrern mit sich. Diese Faktoren führen zwangsweise zu Leistungsabfall und zu einer<br />
früheren Ermüdung.<br />
� Persönliche Ursachen: Psychische Faktoren, Stressbelastung im Straßenverkehr, soziale Nachteile durch lange<br />
Abwesenheit von zu Hause, unregelmäßige Arbeitszeiten, Schlafstörungen, Schlafmangel, Bewegungsmangel,<br />
Fehlernährung und daraus teilweise langfristig resultierende Krankheiten sowie Suchtverhalten können die Aufmerks<strong>am</strong>keit<br />
und Wachheit der Fahrer ebenfalls beeinflussen.<br />
2.1.3.1 Bauliche Ursachen<br />
Überlastung von Autobahnen und Parkplätzen<br />
Eine der wichtigsten Voraussetzungen für Mobilität, Fortschritt, Wohlstand, Wachstum und Beschäftigung in Deutschland ist<br />
ein leistungsfähiger und sicherer Verkehrsfluss auf dem ges<strong>am</strong>ten Straßennetz. Den Prognosen zufolge ist für die nächsten<br />
Jahre ein weiteres erhebliches Verkehrswachstum zu erwarten. Mit stetig ansteigenden Verkehrsmengen - auch im Bereich<br />
des Schwerverkehrs - wird das Gefahrenpotenzial schwerer Nutzfahrzeuge weiter zunehmen.<br />
Lastkraftwagenfahrer haben häufig Schwierigkeiten, für ihre Fahrzeuge Parkflächen zu finden, auf denen sie ihre Ruhezeiten<br />
verbringen können. Oft sind bei ihrer Ankunft die Parkplätze schon überbelegt und die Ausweichmöglichkeit auf Parkflächen<br />
in Industriegebieten können aufgrund der Parkzeitbegrenzung bzw. des Parkverbots für Lastkraftwagen über mehrere Stunden<br />
nicht genutzt werden. Hinzu kommt, dass kleinere Parkplätze in letzter Zeit verstärkt geschlossen worden sind.<br />
Teilweise sind die vorhandenen Standplätze für Lastkraftwagen nicht zur Erholung der Fahrer geeignet, weil der Geräuschpegel<br />
durch das Umfeld (Fahrzeugverkehr, Kühlaggregate von parkenden Kühlfahrzeugen) hoch sowie eine ausreichende<br />
Beschattung der Parkflächen – insbesondere in den Sommermonaten - nicht vorhanden ist. Teilweise sind die Parkplätze<br />
entlang der Autobahnen so überbelegt, dass außerhalb der vorgegebenen Parkflächen, beispielsweise auf dem Standstreifen<br />
der Autobahnen oder entlang der Fahrstreifen der Rastanlagen, die Fahrzeuge unerlaubt abgestellt werden. Infolge des<br />
Nachtfahrverbots in der Schweiz spitzt sich die Parkplatzsituation besonders auf dem Autobahnabschnitt Karlsruhe - Basel<br />
oft schon <strong>am</strong> späten Nachmittag zu.<br />
Verkehrsentwicklung auf den Autobahnen<br />
Die Hauptursache des Parkraummangels entlang der Autobahnen ist das Missverhältnis zwischen der stetigen allgemeinen<br />
Verkehrszunahme und der unzureichenden Erweiterung des Autobahnnetzes. Während der Ges<strong>am</strong>tverkehr auf den Autobahnen<br />
zwischen 1990 und 2005 um ca. 15 % zugenommen hat, beträgt die Zunahme im Güterverkehr ca. 50 %. Im<br />
Schwerverkehr, der auf den Rastanlagen überproportional mehr Parkraum benötigt, sind es über 90%.<br />
60000<br />
50000<br />
40000<br />
30000<br />
20000<br />
10000<br />
0<br />
1949 1960 1970 1980 1990 2000 2005 Ziel<br />
2015<br />
14<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg<br />
.<br />
6- und mehrspurig Autobahnen km KFZ pro Tag<br />
Abb. 2: Verkehrsdichte auf den Autobahnen (Kraftfahrzeuge pro Tag)<br />
(Ordinate: für „KFZ“ Anzahl, für „Autobahnen“ und „6- und mehrspurig“ Anzahl Kilometer)
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Nach Schätzungen des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung wird der Güterverkehr bis zum Jahre<br />
2050 um ca. 60 % zunehmen. Der Abbau von Handelshemmnissen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union<br />
hat zur Folge, dass die Rohmaterialien und Zwischenprodukte zu weit verteilten Produktionsstätten und die Fertigwaren von<br />
dort zu den Konsumenten transportiert werden. Teilweise erfolgen diese Transporte durch ganz Europa. Eine Übersicht über<br />
die Verkehrsentwicklung auf den Autobahnen zeigt Abb. 2<br />
Lage<br />
Die Autobahnabschnitte in Baden-Württemberg sind weitgehend Bestandteil des transeuropäischen Straßenverkehrsnetzes<br />
(Abb. 3). Wegen der geographischen Lage sind die Autobahnabschnitte als Transitstrecke in den Süden besonders stark<br />
durch den Güterverkehr belastet. Trotzdem verfügt Baden-Württemberg im Vergleich zu Nordrhein-Westfalen über weniger<br />
Autobahnabschnitte. Dies hat wiederum zur Folge, dass es - bezogen auf die Länge der Bundesfernstraßen - vergleichsweise<br />
weniger Tank- oder Rastanlagen mit großen Parkplätzen gibt. Nach dem Bundesfernstraßengesetz sind derartige Einrichtungen<br />
nur an den Autobahnen vorgesehen.<br />
Abb. 3:<br />
Autobahnverteilung in Deutschland, Lage und Netzsituation in<br />
Baden-Württemberg<br />
15<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Situation auf den Rastanlagen<br />
Am gravierendsten sind die Probleme auf den Rastanlagen an den Autobahnen. Es gibt in Baden-Württemberg (Stand:<br />
2008)<br />
� 44 bewirtschaftete Rastanlagen (mit Tankstellen, Raststätten, Motels und insges<strong>am</strong>t 1.500 LKW-Stellplätzen) und<br />
� 63 unbewirtschaftete Rastanlagen mit WC (PWC-Anlagen) mit insges<strong>am</strong>t<br />
600 LKW-Stellplätzen.<br />
Darüber hinaus gibt es noch mehrere Kleinparkflächen ohne WC, die jedoch mittelfristig durch PWC-Anlagen ersetzt werden<br />
sollen. Neben diesen Rastanlagen unmittelbar an den Autobahnabschnitten sind in Baden-Württemberg noch 15 privat<br />
betriebene Autohöfe mit ca. 1.350 LKW-Stellplätzen vorhanden. All diese Parkplätze entlang der Autobahnen sind insbesondere<br />
während den Abend- und Nachtzeiten mehr (zum Teil bis zu 200%) oder weniger überbelegt. Die Überbelegung nimmt<br />
von den bewirtschafteten Rastanlagen zu den Kleinparkflächen hin ab.<br />
Lärmbelastung auf Autobahnparkplätzen<br />
Das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg führte im April 2007 eine orientierende<br />
Lärmpegelmessung auf einem Autobahnparkplatz bei Karlsruhe durch. Die Ergebnisse sind in Kapitel 3.2.1 im Abschnitt<br />
„Lärmbelastung der Fahrer auf Parkplätzen der Bundesautobahnen (BAB)“ dargelegt.<br />
2.1.3.2 Organisatorische Ursachen<br />
In den letzten Jahren hat das produzierende Gewerbe aus wirtschaftlichen Gründen seine Fuhrparks verkleinert oder vollständig<br />
aufgegeben. Die Güter werden nun von kleineren Transportunternehmen oder von selbstständigen Einzelunternehmern<br />
übernommen. Das Transportgewerbe in Deutschland ist verhältnismäßig kleinteilig strukturiert, wie aus der Unternehmensstatistik<br />
(USTAT 10) des Bundes<strong>am</strong>tes für Güterverkehr (BAG) zu entnehmen ist. Nur 11% der Unternehmen haben<br />
mehr als 20 Fahrer (BAG 2005). Der überwiegende Teil der Unternehmen besteht aus selbstfahrenden Unternehmern mit<br />
oder ohne eigene Fahrzeuge bzw. aus Unternehmen mit bis zu fünf Fahrern.<br />
Obwohl die Logistikbranche Wachstum und Umsatzsteigerungen erzielt, ist die Gewinnsituation der Unternehmen verhalten.<br />
Dies liegt sowohl an den hohen Kraftstoffpreisen als auch an den Anforderungen, die der wachsende Konkurrenzdruck in<br />
dieser Branche mit sich bringt. Der wachsende Konkurrenzdruck ist wiederum eine Folge der Liberalisierung des europäischen<br />
Transportmarktes seit Mitte der neunziger Jahre. Zum einen hat der Verzicht auf die bis dahin staatlich festgesetzten<br />
und kontrollierten Transporttarife zu einem immensen Preisverfall geführt. Auf der anderen Seite herrscht seit der zeitgleichen<br />
Marktöffnung des europäischen Autobahntransportwesens bis in die ehemaligen Sowjetrepubliken hinein ein ruinöser<br />
Verdrängungswettbewerb. In dessen Folge kaufen sich immer mehr deutsche Unternehmen in osteuropäische Fuhrunternehmen<br />
ein, um die begehrten CEMT - Transportgenehmigungen zu erhalten (CEMT = La Conférence Européene des<br />
Ministres des Transports; Ministerrat der Europäischen Verkehrsministerkonferenz). Diese Genehmigungen berechtigen zu<br />
Beförderungen im grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr zwischen CEMT-Mitgliedsstaaten. Häufig wird Personal aus<br />
diesen Ländern zu niedrigen Löhnen und bei reduzierter sozialer Sicherung beschäftigt (Röhm und Voigt 2006, Helms et alii<br />
2003). Dieser Sachverhalt wird auch von den neuen EU-Beitrittsstaaten mit EU-Genehmigungen erfüllt (z. B. Rumänien,<br />
Bulgarien, baltische Staaten). Die Folge einer solchen Regelung ist natürlich auch, dass in den alten EU-Ländern mit kostengünstigeren<br />
Fahrern Transporte durchgeführt werden können, die wieder einen stärkeren Preisdruck auf dem Markt zur<br />
Folge haben. Eine Kontrolle von Arbeitsbedingungen der Fahrer in einem fernen osteuropäischen Staat ist schwierig zu<br />
beurteilen.<br />
Die Auftraggeber nützen oft den günstigeren Frachtpreis und interessieren sich auch nicht, unter welchen Bedingungen<br />
dieser zustande kommt. Hier wäre aus politischer Sicht eine stärkere Haftung der Auftraggeber für eingesetzte Transportunternehmer,<br />
die sich nicht an Gesetze und Vorgaben halten, sinnvoll (Organisationsverschulden). Zwar ist dies in geringem<br />
Umfang möglich, in der Praxis gibt es aber kaum Fälle, in denen der Auftraggeber (Industrie, Handel, aber auch Speditionen,<br />
die andere Transportunternehmer einsetzen) zur Verantwortung gezogen wurde. Ein bemerkenswertes Urteil des Landgerichtes<br />
Nürnberg-Fürth, mit dem zwei Spediteure wegen fahrlässiger Tötung sowie Anstiftung zum gefährlichen Eingriff in<br />
den Straßenverkehr verurteilt wurden, nachdem ihr angestellter Fahrer einen tödlichen Verkehrsunfall verursacht hatte, ist<br />
gegenwärtig noch die Ausnahme (LG Nürnberg-Fürth 2006). Insges<strong>am</strong>t haben sich durch diese Entwicklung die Arbeitsbedingungen,<br />
die Arbeitsplatzsicherheit und auch die Entlohnung der Fernfahrer seit Jahren extrem verschlechtert.<br />
Als weitere Folge dieser Entwicklung wird der Zeitrahmen für den Warentransport bei bestehenden Logistikkonzepten immer<br />
enger. Probleme werden häufig auch durch mangelnde Planung und Flexibilität im Bereich der Entladestellen geschildert.<br />
Vom Kunden wird oft zusätzlich verlangt, dass der Fahrer die gelieferte Ware entlädt. Dies führt zu erhöhten Anforderungen<br />
16<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
an die zeitliche und räumliche Flexibilität der Fahrer und d<strong>am</strong>it häufig auch zum Überschreiten von Arbeits- und Lenkzeiten<br />
zu Lasten der vorgeschriebenen Fahrtunterbrechungen, Pausen und Ruhezeiten. Wird die Zeit zum Entladen des Lastkraftwagens<br />
nicht als Arbeitszeit, sondern als Ruhezeit in das digitale Kontrollgerät eingegeben, kann diese Ordnungswidrigkeit<br />
zu einem späteren Zeitpunkt durch die Kontrollbehörde nicht mehr festgestellt werden. Die Folge ist Übermüdung mit der<br />
d<strong>am</strong>it einhergehenden Unfallgefahr (Roth et alii 2004, Müller et alii 2004). Seit April 2007 gelten die in der Verordnung (EG)<br />
Nr. 561/2006 bestimmten geänderten Lenk- und Ruhezeiten 6 .<br />
Die Transportbranche geht deshalb davon aus, dass der Konkurrenzdruck steigt und die Belastungen der Fahrer eher noch<br />
erhöht werden. Begründet wird dies mit der Veränderung der Pausenlage und kürzeren Wochenfahrzeiten gegenüber den<br />
vorherigen Regelungen. Schon jetzt wird von einer Zunahme von Geschwindigkeitsüberschreitungen und riskanten Überholmanövern<br />
berichtet, um aus beruflichen und f<strong>am</strong>iliären Gründen das Ziel möglichst früh zu erreichen 7 . Der situationsbedingte<br />
Kostendruck bei den Transportunternehmen führt oft zu terminlich und personell engerer Planung, die in der Praxis<br />
teilweise Probleme hervorruft.<br />
Einer <strong>am</strong>erikanischen Studie ist zu entnehmen, dass eine 10%ige Erhöhung der kilometerbezogenen Entlohnung zu einer<br />
34% geringeren Wahrscheinlichkeit von Verkehrsunfällen führte (Saltzman 2007). In diesem Zus<strong>am</strong>menhang ist anzumerken,<br />
dass in Deutschland Fahrer als Arbeitnehmer aus Gründen des Arbeitsschutzes und der allgemeinen Verkehrssicherheit<br />
nicht nach den zurückgelegten Fahrstrecken oder der Menge an transportierten Gütern entlohnt werden dürfen.<br />
Bei der Disposition (mengenmäßige Einteilung von Aufträgen) ergeben sich für die Transportunternehmen verschiedene<br />
Planungsunsicherheiten hinsichtlich:<br />
� der Regelmäßigkeit der Transporte,<br />
� der Kette von Transporten verschiedener Auftraggeber,<br />
� der sehr kurzfristigen Auftragserteilungen/-änderungen,<br />
� nicht kalkulierbarer Einflussfaktoren wie Staus, Witterung u. ä.,<br />
� dem LKW-Standort <strong>am</strong> Wochenende (Sonntagsfahrverbot in Deutschland).<br />
Dem gegenüber stehen Planungsnotwendigkeiten durch:<br />
� die Art der benötigten Fahrzeuge (Ladekapazität, Spezialfahrzeuge),<br />
� enge Terminvorgaben der Kunden,<br />
� vertragliche Verpflichtung gegenüber Kunden (Konventionalstrafen),<br />
� Reparatur– und Wartungstermine,<br />
� Fahrerbedürfnisse (Krankheit, Urlaub, private Termine),<br />
� gewinnorientierten Einsatz der Fahrzeuge im Verdrängungswettbewerb,<br />
� rechtliche Vorgaben (Lenk- und Ruhezeitvorschriften, Arbeitszeitgesetz).<br />
Im Rahmen der Disposition sind sowohl die Planungsunsicherheiten als auch die Planungsnotwendigkeiten ausreichend zu<br />
berücksichtigen. Die Disposition erfolgt in der Regel sehr kurzfristig. Hintergrund sind die immer kürzeren Lieferfristen von<br />
Gütern/Produkten (just in time) bedingt durch neue Marktinstrumente wie z. B. elektronische Vertragsanbahnung (Ausschreibungs-<br />
und Buchungsverfahren).<br />
6 Seit April 2007 müssen u. a. Fahrer von Lastkraftwagen täglich eine ununterbrochene Ruhezeit von neun statt bisher acht Stunden<br />
einhalten. Insges<strong>am</strong>t müssen die Fahrer pro Tag elf Stunden und innerhalb von zwei Wochen mindestens 45 Stunden <strong>am</strong> Stück pausieren.<br />
Die Lenkzeit darf grundsätzlich neun Stunden pro Tag nicht überschreiten, wobei zwei Mal in der Woche zehn Stunden <strong>am</strong> Lenkrad<br />
erlaubt sind. Auf die Woche hochgerechnet dürfen Fahrer von Lastkraftwagen maximal 56 Stunden <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong> sitzen, in zwei aufeinander<br />
folgenden Wochen höchstens 90 Stunden<br />
7 Quelle (beispielhaft): Bericht des Innenministeriums Brandenburg vom 02.1.2006: „Kontrollen im gewerblichen Güter- und Personenverkehr:<br />
immer häufiger: Schrott-Lkw und übermüdete Fahrer“<br />
ULR: http://www.brandenburg.de/sixcms/detail.php?id=243185, Seitenaufruf 01.02.2007<br />
17<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Grundlage für eine Disposition ist in erster Linie der momentane „Aufenthaltsort“ des Lastkraftwagens und die „Restfahrzeit“<br />
des Fahrers. Die Planung erfolgt nach Auftragserteilung, in der Regel ein bis drei Tage, bevor der Transport durchgeführt<br />
werden soll. Der Disponent muss bei der Planung eine Prognoseentscheidung treffen, bei der er die berufsspezifischen<br />
Unwägbarkeiten berücksichtigt. Er bucht sofort nach Auftragserteilung durch den Kunden sogenannte Verladefenster, wohl<br />
wissend, dass zu diesem Zeitpunkt noch keine detaillierte Planung möglich ist. Die Disponenten sind deshalb auch über<br />
Telefon oder Telematik (Fahrzeugortung) mit dem Fahrer bzw. dem Kunden in ständigem Kontakt. Nur so kann der Disponent<br />
auf notwendige Änderungen frühzeitig reagieren.<br />
Der Disponent ist, wie der Arbeitgeber und der Fahrer, im Rahmen der Disposition für die Einhaltung der Vorschriften über<br />
die Lenk- und Ruhezeiten, Lenkzeitunterbrechungen und sonstige Arbeitszeiten verantwortlich. Telematiksysteme, wie sie in<br />
der Regel von den LKW-Herstellern oder auch von Softwareprovidern angeboten werden, verbessern durch den Zugriff auf<br />
viele Daten im LKW (Position, Fahrerdaten, Wartungsintervalle) grundsätzlich die Disposition. Zu berücksichtigen ist jedoch,<br />
dass der Disponent bei Telematiksystemen diese Informationen nur einmal täglich erhält, so dass er auf die Kommunikation<br />
mit dem Fahrer angewiesen bleibt.<br />
Die Fahrer sind aufgrund des mobilen Arbeitsplatzes „Kraftfahrzeug“ einer Vielzahl weiterer Belastungen im Rahmen der<br />
Beförderungen ausgesetzt (Roth et alii 2004, Nolle 2005, Ellinghaus & Steinbrecher 2002, Lyons 2002, Hannertz & Tüchsen<br />
2001). Dazu gehören:<br />
� schwer einzuschätzende Straßen- und Witterungsverhältnisse, Streckenumleitungen, LKW-Fahrverbote, schlecht<br />
ausgeschildertes Ziel oder keine genauen Adressen, Konflikte mit anderen Verkehrsteilnehmern, mangelnde Ladungssicherung<br />
oder Enge auf Park- und Rastplätzen (Navigationsgeräte sind im Lastkraftwagen nur bedingt einsetzbar,<br />
da sie keine Informationen zu Brückenhöhen oder deren Tragfähigkeiten und keine für Lastkraftwagen gesperrten<br />
Strecken angeben),<br />
� Zeitdruck nicht nur durch Arbeitgeber oder Auftraggeber, sondern auch durch Verkehrsstaus und lange Wartezeiten<br />
beim Be- und Entladen sowie Verantwortung für Fahrzeug und Ladung,<br />
� Monotonie bei Fahr- und <strong>Steuer</strong>tätigkeiten,<br />
� Stress durch Termindruck, Fahrten bei Nacht und unter schlechten Wetterbedingungen, zu geringe Ruhezeiten,<br />
aggressives Fahrverhalten anderer Autofahrer, Sicherheitsbedenken und mangelnde Akzeptanz durch Arbeitgeber<br />
(Bernard et alii, 2000).<br />
Fernfahrer beginnen mit der Arbeit (dem Fahren) meist in der Nacht zum Montag, um möglichst früh <strong>am</strong> Montag an der<br />
Entladestelle anzukommen. Beim Be- und Entladen der Fahrzeuge können folgende Probleme entstehen:<br />
� unplanbare Wartezeiten (häufig eine Stunde bis vier Stunden, aber auch bis zu einem Tag),<br />
� Entladedauer nicht beeinflussbar,<br />
� vorgegebene Entladezeitfenster müssen eingehalten werden.<br />
2.1.3.3 Technische Ursachen<br />
Die technische Ausstattung von Lastkraftwagen hat sich in den letzten Jahren erheblich verbessert. Vorschriften wie die<br />
Richtlinie 85/3/EWG und die BGV D 29 haben für schwingungsgedämpfte Sitze, ergonomische Anordnung der Instrumente,<br />
Heizung und Lüftung gesorgt. Lastkraftwagen mit Schlafkabine, die im Langstreckenverkehr (mehr als 8 Stunden vom<br />
Standort entfernt) eingesetzt werden, sind aufgrund tarifvertraglicher Vereinbarungen mit Zusatzheizungen ausgerüstet.<br />
Wichtig für den Fahrer ist zusätzlich eine Ausrüstung, welche die Sicherheit in der Kabine auch bei Verkehrsunfällen und<br />
Feuer garantiert. Europäische Vorgaben für Sicherheitskonzepte und Kabinendämmung existieren noch nicht in ausreichendem<br />
Maße (Kabinensicherheit bei Verkehrsunfällen, Fahrerassistenzsysteme). Die Ausstattung der Fahrerkabine ist unter<br />
der Berücksichtigung von Wachheit und Aufmerks<strong>am</strong>keit eines Fahrers von Bedeutung. So kann der vorzeitigen Ermüdung<br />
des Fahrers durch eine entsprechende Gestaltung und Ausrüstung der Kabine vorgebeugt werden. Dazu können folgende<br />
Faktoren beitragen:<br />
Kabinenausstattung:<br />
� ausreichender Raum, besonders bei Nutzung durch mehrere Fahrer,<br />
� ausreichender Stauraum für den/die Fahrer,<br />
18<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
� gute Sicht,<br />
� Blendschutz,<br />
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
� übersichtlich gestaltete Schalter und Instrumente (wichtige Schalter und Instrumente sollten im einfachen Greifraum<br />
und im engeren Gesichtsfeld liegen.),<br />
� Klimatisierung, Lüftung und Heizung während der Fahrt,<br />
� bequeme Sitze, die ausreichend verstellbar sind.<br />
Kabinenausstattung für Übernachtungen im Lastkraftwagen:<br />
� Klimatisierung: Bei Übernachtungen in der Fahrerkabine oder mehrtägigem Aufenthalt im Lastkraftwagen, sollte<br />
neben der tarifvertraglich festgelegten Standheizung auch eine Standklimaanlage vorhanden sein. Dies ist jedoch<br />
in ca. 83% der Fahrzeuge nicht der Fall.<br />
� Lärmschutz: Wie Lärmmessungen auf Parkplätzen gezeigt haben, ist die Lärmbelastung in den Fahrerkabinen<br />
noch so hoch, dass der Lärm Schlafstörungen verursachen kann. Eine stärkere Lärmdämmung wäre notwendig.<br />
� Schlafstätte: Das Bett sollte <strong>am</strong> Kopf- und Fußende höhenverstellbar sein, eine Schieflage des Fahrzeugs ausgleichen<br />
können und eine bequeme Unterlage haben (z.B. Lattenrost). In der Regel ist die Liegefläche sehr schmal,<br />
hat nur ein Brett als Bettrost und steht bei Schräglage des Fahrzeugs ebenfalls schräg. Ein Hochstellen des Kopf-<br />
und/oder Fußendes ist nur selten möglich.<br />
Die Fahrerkabinen werden von den Herstellern mit unterschiedlichen Ausstattungen (Komfort) angeboten. Im Progr<strong>am</strong>m der<br />
Hersteller sind beispielsweise enthalten: Internetfähige Computer, Radio, Fernsehen, DVD-Player, CB-Funkgeräte, höhenverstellbare<br />
Schlafmöglichkeiten mit Lattenrost und Lageausgleich, lageverstellbare Beifahrersitze, gekühlte Sitze, Massagesitze,<br />
Klapptische, Küchenausstattung (Kühl- und Gefrierschrank, Kochfeld, Anschluss für Wassererhitzer oder Kaffeemaschine)<br />
sowie Badausstattung (Waschtisch, Dusche, Toilette). In der Praxis verfügen jedoch nur wenige Lastkraftwagen über<br />
einige der im Progr<strong>am</strong>m aufgeführten Ausstattungen.<br />
Eine Ausstattung der Fahrerkabine, die nicht nur den Grundbedürfnissen eines Fahrers entspricht, sondern gleichzeitig<br />
dessen Gesundheitsschutz und Wohlbefinden ausreichend berücksichtigt, trägt dazu bei, den immer stärker werdenden<br />
Arbeitsbelastungen <strong>am</strong> mobilen Arbeitsplatz „Kraftfahrzeug“ besser entgegenzuwirken.<br />
2.1.3.4 Personenbezogene Ursachen<br />
Lastkraftwagenfahrer im Nah- oder Fernverkehr sind für die Wirtschaft in Deutschland und Europa unverzichtbar. Die zuverlässige<br />
und verantwortungsvolle Arbeit der Fahrer im Gütertransport stellen eine schnelle Verfügbarkeit von Waren sicher.<br />
Nur dadurch kann der bisher gewohnte Lebensstil aufrecht erhalten werden.<br />
In deutlichem Missverhältnis zu der zentralen gesellschaftlichen Funktion von Berufskraftfahrern steht die Wahrnehmung und<br />
Wertschätzung ihrer Arbeit in der Öffentlichkeit. Von anderen Verkehrsteilnehmern werden Lastkraftwagen auf den Straßen<br />
häufig entweder als Hindernis beim schnellen Vorwärtskommen oder als Gefahr gesehen. In Medienberichten werden Fahrer<br />
von Lastkraftwagen oft nur bei spektakulären Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung oder nach schweren Verkehrsunfällen<br />
erwähnt, während von ihrem Alltag, in dem sie unzählige Kilometer unfallfrei zurücklegen, selten die Rede ist. Dabei<br />
ist die Entwicklung der Unfallstatistik rückläufig: während die LKW-Transportleistung um 14% stieg, reduzierte sich die Zahl<br />
der schwerverletzten und getöteten Personen im Straßenverkehr um ein Viertel.<br />
Durch die Verminderung der Löhne in den letzten Jahren liegt der tarifliche Stundenbruttolohn, umgerechnet auf die langen<br />
Arbeitszeiten, für westdeutsche Fahrer derzeit bei bis zu sieben Euro, für ostdeutsche Fahrer bei bis zu fünf Euro. Die nichttarifliche<br />
Entlohnung – insbesondere von osteuropäischen Fahrern – beträgt zum Teil weniger als die Hälfte. Oft ist in Arbeitsverträgen<br />
kein zeitlicher Rahmen festgelegt, sondern lediglich eine Lohnpauschale, was angesichts der zunehmenden<br />
zeitlichen und logistischen Anforderungen eine immer geringere Entlohnung zur Folge hat. Neuere arbeitsvertragliche Varianten<br />
sehen von einer pauschalen Entlohnung gänzlich ab. Sie sehen Löhne nach der Zahl der Abladestellen und transportierten<br />
Einheiten des Ladegutes vor (Standzeitverkürzung).<br />
Fahrer werden auf Grund ökonomischer Sachzwänge oft zur Umgehung rechtlicher Vorschriften verleitet. Hierbei riskieren<br />
sie oft nicht nur den Führerschein als Basis ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit, sondern auch ihre eigene Gesundheit und die<br />
Gesundheit Dritter. Sicherheit und Gesundheitsschutz werden im Transportgewerbe teilweise nicht als Wettbewerbsvorteil,<br />
sondern als Nachteil (Lange und Roth 2005) betrachtet. Die Arbeitsplatzunsicherheit verbunden mit langen unkalkulierbaren<br />
Arbeitszeiten und Termindruck führt dazu, dass das F<strong>am</strong>ilienleben und weitere soziale Kontakte leiden oder erst gar nicht<br />
19<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
entstehen. Auch andere Notwendigkeiten des alltäglichen Lebens wie z. B. Arzt- und Zahnarztbesuche sind nur mit Einschränkungen<br />
zu bewältigen. Es besteht die Gefahr sozialer Isolation, da vielen Fahrern auch unterwegs Gesprächspartner<br />
fehlen, mit denen sie ihre täglichen Erfahrungen teilen können. Soziale Isolation, psychische Fehlbelastungen durch lange<br />
Arbeitszeiten, Monotonie und Unfallgefahren führen ebenso wie die Verkehrssituation zum Auftreten von Berufsstress und<br />
d<strong>am</strong>it zu Schlafstörungen.<br />
Zusätzlich zu den bereits durch die Arbeitssituation vorgegebenen Belastungen ist in Zukunft durch die beschriebene Zunahme<br />
des Zeit- und Kostendrucks im Fernverkehr noch mit einer Erhöhung des beruflichen Stresses zu rechnen. Hinzu<br />
kommen neue und komplexere Anforderungen durch die zunehmende Elektronisierung der Arbeitsumgebung wie rechtsverbindliche<br />
digitale Kontrollgeräte bei neuen Lastkraftwagen, On-Board-Computer, Abwicklung von Mautgebühren etc. Dadurch<br />
werden erhöhte Anforderungen an mentale Fähigkeiten im Sinne von Informationsaufnahme, -verarbeitung und -<br />
umsetzung gestellt. Es gibt deshalb Überlegungen, in die Berufskraftfahrer-Ausbildung neue Ausbildungsinhalte wie Informationsverarbeitung,<br />
Logistik, Kenntnisse im Arbeitsschutz, neue Medien oder Mehrsprachigkeit aufzunehmen (Röhm und<br />
Voigt 2006). Bisher haben nach Lange & Roth (2005) nur zehn bis zwölf Prozent der Fahrer im Güterverkehr eine qualifizierte<br />
Berufskraftfahrerausbildung. Eine Ausbildungsverpflichtung wurde erst im Jahr 2009 eingeführt (Berufskraftfahrer-<br />
Qualifikationsgesetz (BKrFQG)).<br />
Zus<strong>am</strong>mengefasst entstehen hohe psychische und körperliche Ermüdungs- und Übermüdungserscheinungen, verursacht<br />
durch die erhöhten Konzentrationsanforderungen im Verkehr, Zeitdruck, unregelmäßige Arbeitszeiten und Probleme bei der<br />
Einhaltung der Ruhepausen, insbesondere, wenn – wie mancherorts üblich – in dieser Zeit vom Kunden auch<br />
Entladearbeiten durch den Fahrer abverlangt werden. Auch entwickeln viele Fahrer im Fernverkehr – nicht zuletzt zur Steigerung<br />
des eigenen Wertgefühls – ein nicht unerhebliches Leistungsbewusstsein, wie z.B. eine Untersuchung von Florian<br />
(1994) belegt. Als Leistungskriterien gelten Treibstoffersparnisse, geschicktes Überholen und schnelles Einfädeln in den<br />
fließenden Verkehr, geschicktes Umfahren von Staus, die Vermeidung unnötiger Wartezeiten beim Be- und Entladen und<br />
das Fahren trotz Ermüdung oder gesundheitlicher Probleme. Dies wird u.U. durch wirtschaftliche Anreize wie z. B. Standzeitverkürzungsprämien<br />
und Nachtzuschläge belohnt. Diese häufig selbstgefährdenden Arbeitsleistungen werden als Begleiterscheinung<br />
einer mythosbehafteten Berufskultur gesehen, die in Analogien wie „Kapitäne der Landstraße“, „Asphaltcowboys“<br />
oder „Highwayhelden“ zum Ausdruck kommt. Es ist zu vermuten, dass diese betont männliche Berufsehre als<br />
Basis für die subjektive Bewältigung der hohen Arbeitsanforderungen im Straßengütertransport für die tatsächliche Bewältigung<br />
der arbeitsbedingten Risiken nur begrenzt nützlich ist. Mehr noch erhöht sich das d<strong>am</strong>it verbundene Risiko für stressbedingte<br />
körperliche und psychische Erkrankungen, die häufig unentdeckt und d<strong>am</strong>it unbehandelt bleiben.<br />
2.1.4 Unfallgefahren und Einschlafunfälle, Erkenntnisse der Polizei<br />
Verkehrsunfälle mit Lastkraftwagen verursachen häufig hohe Schäden an Fahrzeug und Ladung. Häufige Unfälle führen zu<br />
Vertrauensverlust beim Kunden. Für den Fahrer oder andere Verkehrsteilnehmer können sie zum tödlichen Risiko werden<br />
oder schwere Verletzungen und Frühberentung zur Folge haben. Im Jahre 2004 gab es in Deutschland 1.284 Todesfälle und<br />
9.180 Schwerverletzte bei Verkehrsunfällen an denen Lastkraftwagen beteiligt waren. Das Allianz Zentrum für Technik (AZT)<br />
untersuchte 600 schwere Verkehrsunfälle mit LKW-Beteiligung und stellte in 24% der Fälle Auffahrunfälle durch überhöhte<br />
Geschwindigkeit oder zu geringen Abstand fest. Während sich bundesweit die Zahl getöteter PKW-Insassen verminderte,<br />
blieb die Zahl getöteter LKW-Insassen gleich (siehe auch 2.1.3.4).<br />
Bundesweit wird bei Verkehrsunfällen jeder siebte Hauptverursacher von der Polizei als „unaufmerks<strong>am</strong>“ eingestuft. Insges<strong>am</strong>t<br />
steht demnach etwa ein Drittel der Unfälle mit Übermüdung oder Unaufmerks<strong>am</strong>keit <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong> in Zus<strong>am</strong>menhang.<br />
Mangelnde Wachheit, Aufmerks<strong>am</strong>keitsdefizite und Übermüdung sind herausragende Einflussfaktoren für die Sicherheit im<br />
Straßenverkehr. Der gewerbliche Personen- und Güterverkehr nimmt hierbei aufgrund der Massenkräfte, des drohenden<br />
Schadensausmaßes und der transportbedingten Fahrzeiten eine herausragende Stellung ein.<br />
Nach Angaben des Innenministeriums Baden-Württemberg nahm die Zahl der Unfälle, bei denen Lastkraftwagen beteiligt<br />
waren, im Jahr 2006 um 6,4 % gegenüber dem Vorjahr zu. Auch blieb die Quote der dabei von den Fahrern maßgeblich<br />
verursachten Unfälle bei etwa 70 % relativ konstant. Der enorme Anstieg um 32,7 % auf 69 tödlich verletzte Personen bei<br />
von Lastkraftwagenfahrern verursachten Unfällen stellt die mit dem Schwerverkehr verbundene Unfallgefahr drastisch heraus.<br />
Insbesondere bei den Unfällen mit schweren Folgen sind Geschwindigkeits- und Abstandsverstöße die Hauptursachen.<br />
Zu Beginn des Jahres 2007 ist die Zahl der LKW-Unfälle erneut gestiegen. Dies ist zus<strong>am</strong>men mit der nach wie vor hohen<br />
Zahl der bei Verkehrskontrollen zu beanstandenden Lastkraftwagen eine bedenkliche Entwicklung.<br />
Die Statistik der AOK Deutschland weist für Lastkraftwagenfahrer ein erhöhtes Risiko für Unfälle/Vergiftungen (14,8% zu<br />
8,8%) auf. Dieses erhöhte Unfallrisiko erklärt sich nicht allein durch den berufsbedingt längeren Aufenthalt auf Straßen.<br />
20<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Ursächlich können auch die erhöhte Schläfrigkeit bei Nachtfahrten oder durch Schlafstörungen, Stressbelastung, Termindruck<br />
und akute Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein. 2006 untersuchten Evers und Auerbach die Entstehung schwerer LKW-<br />
Unfälle auf Autobahnen. Übermüdung wurde in knapp 20 % der schweren Verkehrsunfälle bei Berufskraftfahrern als Hauptunfallursache<br />
eingestuft. Aronson et alii (1999) berichteten, dass auch kanadische Lastkraftwagenfahrer ein erhöhtes Risiko<br />
hatten, an Autounfällen zu sterben.<br />
Neben Verkehrsunfällen können auch Arbeitsunfälle beim Be- und Entladen oder eine Vernachlässigung der Ladungssicherung,<br />
die später zu Unfällen im Straßenverkehr führt, Folge von Tagesschläfrigkeit, Stress und Termindruck sein. Unfälle<br />
beim Be- und Entladen stellen bekanntermaßen den Schwerpunkt des Unfallgeschehens bei Lastkraftwagenfahrern dar.<br />
2.2 Gesundheitliche Lage der Lastkraftwagenfahrer<br />
2.2.1 Lebensumstände und Umweltbelastung<br />
Als Folge der Arbeitsbelastungen, aber auch der lebensstilbezogenen Risikofaktoren (Ernährung, Rauchen, langes Sitzen<br />
und Bewegungsmangel etc.) sind bestimmte Erkrankungen im Vergleich zu anderen Berufsgruppen erhöht (Übersicht bei<br />
Apostolopoulos et alii 2010, Literaturübersicht über die Thematik siehe Michaelis 2008). Hinzu kommt, dass viele Fahrer<br />
nicht ausreichend betriebsärztlich versorgt werden. So gaben im Rahmen einer ärztlichen Befragung von 256 deutschen<br />
Fernfahrern nur 20% an, schon jemals betriebsärztlich betreut worden zu sein (Müller et alii 2005).<br />
Bei einer Konferenz über Arbeitssicherheit und Gesundheit von Lastkraftwagenfahrern in den USA (Saltzman et alii 2007)<br />
wurden Zahlen zur Lebenserwartung von Lastkraftwagenfahrern in den USA vorgestellt. Danach hatten selbständige Fahrer<br />
eine Lebenserwartung von 55,7 Jahren, angestellte Fahrer von 63 Jahren. Die normale Lebenserwartung liegt in den USA<br />
für Männer bei mindestens 69,2 Jahren 8 . Quinlan (2001) berichtete bei dieser Konferenz über eine dreifach erhöhte Selbstmordrate<br />
bei australischen Lastkraftwagenfahrern, wobei die meisten dieser Fahrer im Verlauf des letzten halben Jahres vor<br />
dem Selbstmord Beziehungsverluste oder finanzielle Notlagen erlitten hatten.<br />
Lastkraftwagenfahrer leiden besonders häufig an folgenden Krankheiten oder Symptomenkomplexen:<br />
� Metabolisches Syndrom,<br />
� Herz-Kreislauf-Erkrankungen,<br />
� Schlafapnoe,<br />
� Tumore der Atemwege und des Dickdarms, multiples Myelom,<br />
� Bandscheibenschäden,<br />
� nicht-alkoholbedingte Leberzirrhose.<br />
2.2.2 Stressreaktionen<br />
Lastkraftwagenfahrer sind, wie oben ausgeführt, verschiedensten Stressoren ausgesetzt. Stressreaktionen kommen deshalb<br />
bei ihnen besonders unter Zusatzbelastungen häufig vor. Vivoli et alii stellten bei Fahrern erhöhte Adrenalinausschüttungen<br />
(Laborpar<strong>am</strong>eter für Stressreaktionen) besonders in schwierigen Verkehrssituationen und bei schlechtem Wetter fest. Dauerstress<br />
kann unter anderem zu Gewichtszunahme und Schlafstörungen, langfristig auch zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />
führen. Bültmann et alii stellten fest, dass in einer Kohortenstudie Lastkraftwagenfahrer in einer holländischen Studie von<br />
allen Berufsgruppen die geringste Stressreaktionen zeigten. Dies entspricht den statistischen Ergebnissen der Krankenkassen,<br />
wider-spricht aber den Ergebnissen von Vivoli und auch den Ergebnissen unserer Studie. Eine mögliche Erklärung wäre<br />
8 Centers for Disease Control and Prevention (CDC): "Deaths: Preliminary Data for 2003." News release<br />
(http://www.webmd.com/20050228/us-life-expectancy-best-ever-says-cdc).<br />
21<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
wohl der festgestellte ausgeprägte Selektionseffekt. Möglicherweise scheiden stressempfindliche Fahrer eher aus dem Beruf<br />
aus.<br />
2.2.3 Metabolisches Syndrom<br />
Als metabolisches Syndrom bezeichnet man eine Kombination von Symptomen, die das Risiko von ischämischen Herzerkrankungen<br />
erhöht. Die International Diabetes Federation 9 definierte das metabolische Syndrom als eine Kombination von:<br />
� Adipositas,<br />
� Diabetes mellitus,<br />
� Fettstoffwechselstörung,<br />
� Bluthochdruck.<br />
Gleichartige Symptome werden auch als Folge des veränderten hormonellen Gleichgewichtes bei Stressreaktionen gesehen.<br />
Symptome aus dem Umfeld des metabolischen Syndroms findet man bei Lastkraftwagenfahrern gehäuft:<br />
� Adipositas: Ein häufiges Vorkommen von Übergewicht bei Lastkraftwagenfahrern wurde in mehreren Studien<br />
festgestellt (Belkic et alii 1994, Hedberg et alii 1993, Korelitz et alii 1993, Muth et alii 2003, Rather et alii 1981).<br />
49,5% der selbständigen Fahrer in den USA waren adipös (Saltzman et alii 2007). In einer umfangreichen Analyse<br />
von arbeitsmedizinischen Untersuchungsergebnissen war Adipositas (nichtendokrine Fettsucht) mit einem relativen<br />
Risiko von 1,4 eines der höchsten Risiken für Berufskraftfahrer in den Nachuntersuchungsdaten von Enderlein<br />
et alii 1998. Übergewicht ist ein Risikofaktor für Schlafstörungen, Hypertonie und Herz-Kreislauf-Erkrankungen und<br />
führt zu hohen Kosten durch Behandlung und Arbeitsausfälle (Østbye et alii 2007).<br />
� Diabetes mellitus: Aronson et alii berichteten 1999, dass kanadische Lastkraftwagenfahrer ein erhöhtes Risiko<br />
hatten, an Diabetes zu sterben.<br />
� Bluthochdruck: In mehreren Studien wurde bei Lastkraftwagenfahrern ein signifikant erhöhtes Risiko (16% bis<br />
38,9% der untersuchten Fahrer) festgestellt, an einer Hypertonie (Bluthochdruck) zu erkranken. Die Hypertonie war<br />
mit der Dauer der Tätigkeit als Fahrer, Stress, erhöhtem Alkoholkonsum und erhöhtem BMI korreliert (Korelitz et<br />
alii 1993, Koda et alii 2000, Ragland et alii 1997, Stoohs et alii 1995).<br />
Ein Risiko für Hypertonie stellt nach zahlreichen Verkehrslärmstudien auch die Höhe und Dauer der Lärmeinwirkung<br />
während der Ruhezeit dar. Schon bei einem nächtlichen äquivalenten Dauerschallpegel ab 50 dB(A) ist die<br />
Hypertonierate erhöht (Maschke et alii 2007, Bjork et alii 2006, Bluhm et alii 2007).<br />
2.2.4 Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />
Übergewicht, Hypertonie und Stressbelastung bei den Fahrern können langfristig Herzinfarkte und Schlaganfälle und d<strong>am</strong>it<br />
lange Fehlzeiten und Frühverrentung nach sich ziehen. Deutsche Lastkraftwagenfahrer haben laut Arbeitsunfähigkeits-<br />
Statistik der AOK ein statistisch signifikant erhöhtes Risiko (9,9% zu 6,8%) für Herz-Kreislauf-Erkrankungen 10 . Auch in verschiedenen<br />
Studien, insbesondere umfangreichen Registerdatenanalysen mit Bevölkerungsbezug, wird dieses Risiko deutlich<br />
(Neri et alii 2005, Aronson et alii 1999, Hannerz et alii 2001). Tritt ein Herzinfarkt oder Schlaganfall <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong> auf, so<br />
sind schwere Unfälle die Folge.<br />
In veröffentlichten Studien wurde ein erhöhtes Risiko für Schlaganfälle bei Fahrern festgestellt (Tuchsen et alii 2006, Aronson<br />
et alii 1999 und Hannerz et alii 2001). Andere Studien stellten ein erhöhtes Risiko von Lastkraftwagenfahrern für Herzinfarkte<br />
fest. Betroffen waren vor allem Fernfahrer sowie Fahrer im Nahverkehr mit Bluthochdruck und hohem Konsum von<br />
Tabakprodukten (Malinauskiene 2003, Bigert et alii 2003, Gustavsson et alii 1996, Robinson et alii 2005).<br />
9 Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Metabolisches_Syndrom<br />
10 Quelle: AOK-Landesverband Baden-Württemberg<br />
22<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
2.2.5 Suchtverhalten<br />
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Deutsche Untersuchungen zum Suchtverhalten von Lastkraftwagenfahrern fehlen. Die Polizei in Baden-Württemberg stellte<br />
bei 13.594 Unfällen mit LKW-Beteiligung im Jahr 2005 in 171 Fällen Alkohol und in 18 Fällen andere berauschende Mittel als<br />
Ursache fest. Bei Interviews im Rahmen des Projekts „<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong>“ gaben Lastkraftwagenfahrer an, dass sie versuchen,<br />
Müdigkeitsprobleme oder Stresssituationen mit Hilfe von legalen Drogen zu bewältigen. Um besser einschlafen zu<br />
können und zu entspannen, wird insbesondere bei großer Hitze und fehlender Standklimaanlage, oft ein Bier, seltener andere<br />
alkoholische Getränke, vor dem Einschlafen konsumiert. Um die Müdigkeit zu überwinden, gaben die Fahrer an, Wachmacher<br />
wie Koffein (meist Kaffee) und seltener Energy Drinks (Getränke mit anregender Wirkung auf den Organismus) zu<br />
sich zu nehmen.<br />
Untersuchungen in den USA erbrachten folgende Ergebnisse: 1.079 Fahrer von Sattelzügen wurden auf die Einnahme von<br />
Drogen untersucht. Nach einem Eingangstest auf Anzeichen von Drogeneinnahme wurden 1,6% der Fahrer wegen Fahren<br />
unter Drogeneinfluss belangt. Zusätzlich wurden auf freiwilliger Basis 822 Urinproben anonym untersucht. In 21 % der Fälle<br />
konnten Drogen, einschließlich legaler Drogen, in 7% mehr als eine Droge nachgewiesen werden. Nach Kaffee und Nikotin<br />
wurden <strong>am</strong> häufigsten wachmachende Drogen wie Meth<strong>am</strong>phet<strong>am</strong>ine, Amphet<strong>am</strong>ine, Phentermine,<br />
Ephedrin/Pseudoephedrin und Kokain (9,5%) verwendet. In 4,3% der Fälle fand man Cannabinoide und Marihuana-<br />
Abbauprodukte. Bei 1,3% der Fahrer konnte Alkohol nachgewiesen werden (Couper et alii 2002).<br />
Bei 168 tödlich verunglückten Lastkraftwagenfahrern konnte in 67% der Fälle eine oder mehrere Drogen im Blut nachgewiesen<br />
werden, in 33% Alkohol oder psychoaktive Drogen. In 8% fand man Kokainderivate bzw. Benzoylecgonin (Stoff der auf<br />
Drogenkonsum hinweist), in 7% Phenylpropanol<strong>am</strong>in, Ephedrin oder Pseudoephedrin. In 50 von 56 Fällen mit Nachweis von<br />
Alkohol oder psychoaktiven Substanzen waren diese beim Unfallgeschehen mitursächlich (Crouch et alii 1993).<br />
2.2.6 Rauchen<br />
Rauchen verschlechtert die Konzentrationsfähigkeit und die sensomotorischen Leistungen (Lacho et alii 1980). Tabakrauch<br />
verursacht durch seine krebserzeugende Wirkung verstärkt Lungenkarzinome (Hansen et alii 1998) und erhöht das Risiko für<br />
Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Arbeitstättenverordnung verbietet die Exposition von Arbeitnehmern gegenüber Passivrauch.<br />
Aus diesem Grunde darf in Fahrzeugkabinen nur dann geraucht werden, wenn diese nicht von anderen Personen<br />
genutzt werden.<br />
Jain und Smith stellten fest, dass 67 % der Fernfahrer in den USA angaben, dass sie rauchten, während nur 44% der Büroangestellten<br />
in Transportunternehmen rauchten. Korelitz et alii bestätigten dies 1993 ebenfalls. (54% Raucher bei Fahrern im<br />
Vergleich zu 30% Rauchern in der <strong>am</strong>erikanischen Bevölkerung). In China rauchten 49% der Berufskraftfahrer. In Dänemark<br />
lag die Raucherquote der Berufskraftfahrer im Durchschnitt der Arbeitnehmer (Jain et alii 2006, L<strong>am</strong> et alii 2002, Hansen et<br />
alii 1998). In zwei weiteren skandinavischen Studien (Hedberg et alii 1993, Belkic et alii 1994) waren Lastkraftwagenfahrer<br />
überdurchschnittlich oft Raucher. Eine deutsche Studie (Muth et alii 2003) ergab, dass zwei Drittel der Lastkraftwagenfahrer<br />
rauchten.<br />
2.2.7 Gesundheitliche Folgen des Schlafentzugs<br />
Experimentelle Studien zeigen, dass Schlafmangel u. a.:<br />
� zu einer Senkung der Immunabwehr,<br />
� einem erhöhten Tumorrisiko,<br />
� zu Übergewicht, Diabetes und Hypertonie,<br />
� zu verminderten Aufmerks<strong>am</strong>keits- und Gedächtnisleistungen führt.<br />
Bei Lastkraftwagenfahrern bestehen häufig Schlafdefizite oder Schlafstörungen. Schlaf gehört neben Essen und Trinken zu<br />
den Grundbedürfnissen des Menschen (Abb. 4). Er ist die Regenerationsphase unseres Körpers.<br />
23<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Abb. 4:<br />
Bedürfnispyr<strong>am</strong>ide nach Abrah<strong>am</strong> Harold Maslow<br />
Es gibt bislang keine wissenschaftlich gesicherte Theorie, welche Funktion der Schlaf physiologisch erfüllt. Eine Reihe von<br />
Veränderungen beim Stoffwechsel und von Körperfunktionen außerhalb des zentralen Nervensystems können beobachtet<br />
werden. Langdauernde Eingriffe in Schlafrhythmus, Schlafmenge und Schlafqualität können die Gesundheit des Menschen<br />
schädigen. Chronischer Schlafmangel führt demnach zu:<br />
� Abwehrschwäche (Everson 1993, Nelson 2004),<br />
� erhöhtem Tumorrisiko durch Verminderung des Schlafhormons Melatonin (Straif et alii 2007),<br />
� Übergewicht und Diabetes (Penev 2007, Knutson et alii 2007, Spiegel et alii 2005),<br />
� Hypertonie (Cappuccio et alii 2007),<br />
Selbstverwirklichung<br />
Ichbedürfnisse:<br />
Anerkennung/Geltung<br />
Soziale Bedürfnisse<br />
Freundschaft, Liebe, Gruppenzugehörigkeit<br />
Sicherheitsbedürfnisse<br />
Materielle und berufliche Sicherheit (Wohnen, Arbeit)<br />
Grundbedürfnisse:<br />
Essen, Trinken, Schlafen<br />
� Funktionsstörungen des Zentralnervensystems wie verminderte Aufmerks<strong>am</strong>keit, verschlechtertes Kurzzeitgedächtnis,<br />
verschlechterte Auffassungsgabe, depressive Grundstimmung (Banks 2007),<br />
� Karoshi–Syndrom (frühzeitiger überraschender Tod nach Überarbeitung mit extremem Schlafmangel).<br />
Das Schlafapnoe-Syndrom ist durch Atemstillstände (Apnoen) während des Schlafs gekennzeichnet und vor allem durch<br />
eine ausgeprägte Tagesschläfrigkeit bis hin zum Sekundenschlaf charakterisiert. Stoohs et alii stellten 1995 fest, dass insbesondere<br />
Fahrer mit erhöhtem Body Mass Index (20% der Fahrer) <strong>am</strong> Schlafapnoesyndrom mit Verminderung des Sauerstoffsättigungsindex<br />
litten. Weskott stellte 2005 fest, dass 4,9% einer von ihm untersuchten Gruppe von 1.800 Bus- bzw.<br />
Schwebebahnfahrern sowie Beschäftigten in Leitwarten der Stadt Wuppertal an einem Schlafapnoesyndrom litten. Die Behandlung<br />
des Schlafapnoesyndroms führte zu einer wesentlichen Verringerung der Fahrdienstuntauglichkeitszeiten. Eller et<br />
alii (persönliche Mitteilung) stellten bei 20 – 25% der Lastkraftwagenfahrer eines Gütertransportunternehmens ein Schlafapnoe-Syndrom<br />
fest.<br />
24<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
2.2.8 Tumorerkrankungen<br />
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Zahlreiche Studien berichten über ein signifikant erhöhtes Lungenkrebsrisiko bei Lastkraftwagenfahrern. Auch erhöhte Risiken<br />
für Kehlkopfkrebs, Colontumoren und multiple Myelome werden diskutiert (Järvholm et alii 2003, Steenland et alii 1998,<br />
Boffetta et alii 1988, Guberan et alii 1992, Brüske-Hohlfeld et alii 1999, Hansen et alii 1998, Pfluger et alii 1994, Aronson et<br />
alii 1999, Hannerz et alii 2001). Als ursächlich werden die Belastung mit Dieselruß oder polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen<br />
im Verkehr und der Tabakkonsum gesehen (siehe Kapitel 2.2.6). Jakobsson et alii wiesen 1997 erhöhte Lungenkrebsraten<br />
nur bei Fahrern in städtischen Gebieten in Schweden, nicht aber bei Fahrern auf dem Land nach. Straif et alii<br />
berichteten 2007 über ein erhöhtes Tumorrisiko bei Nacht- und Schichtarbeit – möglicherweise durch einen Melatoninmangel<br />
(Schernh<strong>am</strong>mer et alii 2003). Aronson et alii (1999) berichteten, dass kanadische Lastkraftwagenfahrer ein erhöhtes Risiko<br />
hatten, an Darm-, Kehlkopf- und Lungenkrebs, Diabetes mellitus, kardialer oder- zerebraler Minderdurchblutung, Leberzirrhose<br />
und Autounfällen zu sterben.<br />
2.2.9 Muskel- und Skelett-Erkrankungen<br />
Lastkraftwagenfahrer klagen über ein vermehrtes Auftreten von Nacken- und Rückenschmerzen sowie Schmerzen im Bereich<br />
der Schulter. 50% der Lastkraftwagenfahrer berichteten über Schmerzen im Lendenwirbelsäulenbereich (Magnusson et<br />
alii 1996). Diese Schmerzen sind mit häufigem und schwerem Heben und Tragen sowie Vibrationsbelastung korreliert. Piazzi<br />
et alii (1991) sowie Kelsey (1975) stellten bei Lastkraftwagenfahrern gegenüber der Normalbevölkerung signifikante Häufungen<br />
von Bandscheibenvorfällen und Funktionseinschränkungen im Hals- und Lendenwirbelsäulenbereich fest. Eine Analyse<br />
in Dänemark stellte fest, dass Lastkraftwagenfahrer häufiger als normale Arbeitnehmer wegen Bandscheibenvorfällen und<br />
Verletzungen im Rückenbereich ins Krankenhaus k<strong>am</strong>en (Hannerz et alii 2001).<br />
Belastungen durch Ganzkörpervibrationen wurden in den letzten Jahren stark vermindert, sie können aber in älteren Fahrzeugen<br />
oder bei Fahren auf unebenem Gelände (z. B. auf Baustellen) noch eine Rolle spielen (Schwarze et alii, 1998, Fischer<br />
et alii 2001). Beim Be- und Entladen besteht die Möglichkeit von Belastungen durch Heben und Tragen von Lasten<br />
durch mangelndes Transportgerät.<br />
2.3 Erkrankungshäufungen bei Berufskraftfahrern in der<br />
Versicherungsstatistik<br />
Versicherungsstatistiken geben wertvolle Hinweise auf das Krankheitsgeschehen. Sie haben den Vorteil, dass ein großes<br />
Beschäftigtenkollektiv statistisch einheitlich erfasst wird. Nachteile liegen darin, dass Fehldiagnosen nicht überprüft werden<br />
können. Selbständige werden nur erfasst, wenn sie freiwillig versichert sind. Krankenversicherungen werten die Diagnosen<br />
in Arbeitsunfähigkeitsbescheini-gungen aus. Die Rentenversicherung wertet Diagnosen von Patienten aus, bei denen Rehabilitationsmaßnahmen<br />
durchgeführt wurden. Die Unfallversicherungen werten angezeigte und anerkannte Berufskrankheiten,<br />
Arbeits- und Wegeunfälle aus. Bei diesen beschreibenden Statistiken sind schon wegen des großen Kollektivs Datenschutz<br />
und Anonymität gewährleistet. Die Statistiken zeigen zwar nicht die Ursachen von Erkrankungen auf, können aber als Ausgangspunkt<br />
für weitere Untersuchungen dienen.<br />
2.3.1 Statistik der Gesetzlichen Krankenversicherungsträger<br />
Die Statistiken sind nach den üblichen Diagnosegruppen erhoben und beziehen sich auf die Berufskraftfahrer. Die Abb. 5<br />
zeigt, dass der Prozentsatz der arbeitsunfähigen Fahrer im Durchschnitt höher liegt als der Prozentsatz bei der Ges<strong>am</strong>tzahl<br />
der Versicherten.<br />
25<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
6%<br />
5%<br />
4%<br />
3%<br />
2%<br />
1%<br />
0%<br />
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
AOK IKK<br />
Fahrer alle Versicherten<br />
Abb. 5:<br />
Krankenstand in Prozent<br />
Die folgenden Tabellen stellen den Anteil der Fälle von Arbeitsunfähigkeit bei Berufskraftfahrern (Tabb. 6 - 9) und bei dem<br />
Durchschnitt aller Versicherten sowie die Anzahl der Arbeitsunfähigkeitstage (Tabb. 10 - 13) gegenüber. Bei Erkrankungen<br />
des Muskel-Skelett-Systems, des Herz-Kreislauf-Systems und bei Unfällen liegen sowohl bei den Fällen von Arbeitsunfähigkeit<br />
als auch bei den Arbeitsunfähigkeitstagen die Werte bei den Fahrern höher. Psychische Erkrankungen und Verhaltensstörungen<br />
finden sich bei Fahrern hingegen seltener und die Dauer der Arbeitsunfähigkeit ist bei dieser Diagnosegruppe<br />
geringer.<br />
26<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
50%<br />
40%<br />
30%<br />
20%<br />
10%<br />
0%<br />
20%<br />
15%<br />
10%<br />
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Prozentuale Anteile der Arbeitsunfähigkeit (AU) für bestimmte Erkra nkungen<br />
AU-Fälle AU-Tage<br />
AOK BKK IKK<br />
Fahrer alle Versicherten<br />
Abb. 6:<br />
Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems<br />
5%<br />
0%<br />
AOK BKK IKK<br />
Fahrer alle Versicherten<br />
Abb. 7:<br />
Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere<br />
Folgen äußerer Ursachen<br />
5%<br />
4%<br />
3%<br />
2%<br />
1%<br />
0%<br />
AOK BKK IKK<br />
Fahrer alle Versicherten<br />
Abb. 8:<br />
psychische Erkrankungen und Verhaltensstörungen<br />
8%<br />
6%<br />
4%<br />
2%<br />
0%<br />
AOK BKK IKK<br />
Fahrer alle Versicherten<br />
Abb. 9:<br />
Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems<br />
27<br />
35%<br />
30%<br />
25%<br />
20%<br />
15%<br />
10%<br />
5%<br />
0%<br />
AOK BKK IKK<br />
Fahrer alle Versicherten<br />
Abb. 10<br />
Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg<br />
25%<br />
20%<br />
15%<br />
10%<br />
5%<br />
0%<br />
AOK BKK IKK<br />
Fahrer alle Versicherten<br />
Abb. 11:<br />
Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere<br />
Folgen äußerer Ursachen<br />
10%<br />
5%<br />
0%<br />
AOK BKK IKK<br />
Fahrer alle Versicherten<br />
Abb. 12:<br />
psychische Erkrankungen und Verhaltensstörungen<br />
15%<br />
10%<br />
5%<br />
0%<br />
AOK BKK IKK<br />
Fahrer alle Versicherten<br />
Abb. 13:<br />
Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
2.3.2 Statistik der Deutschen Rentenversicherung<br />
Die Deutsche Rentenversicherung ist der größte Leistungsträger für die Durchführung von Rehabilitationsmaßnahmen. Im<br />
Jahre 2005 wurden bundesweit 804.000 medizinische Reh<strong>am</strong>aßnahmen abgeschlossen, wobei die Deutsche Rentenversicherung<br />
Baden-Württemberg knapp 60.000 medizinische Heilverfahren durchführte (Abb. 14). Berufskraftfahrer waren hierunter<br />
mit 2,2 % vertreten.<br />
Prozent<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
MSE HKE PsE Sucht SWE<br />
28<br />
MSE Muskel-Skelett-<br />
Erkrankungen<br />
HKE Herz-Kreislauf-<br />
Erkrankungen<br />
PsE psychische<br />
Erkrankungen<br />
SWE Stoffwechsel-<br />
Erkrankungen<br />
Fahrer<br />
alle Versicherten<br />
Abb. 14:<br />
Verteilung der ersten Entlassungsdiagnose bei im Jahre 2005 durchgeführten Medizinischen<br />
Reha-Leistungen bei Erwerbstätigen<br />
Die Gruppe der Berufskraftfahrer zeigt d<strong>am</strong>it neben dem Bewegungsapparat eine besondere Belastung bei der Erkrankungsgruppe<br />
des sogenannten Metabolischen Syndroms und eine erhebliche Bedeuts<strong>am</strong>keit der Suchterkrankungen. Als<br />
Metabolisches Syndrom wird eine Kombination der Diagnosen Adipositas, Diabetes, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörung<br />
bezeichnet. Zus<strong>am</strong>men bilden sie ein hohes Risikopotential für schwerwiegende Herz-Kreislauf- und Gefäßerkrankungen.<br />
Die genannten Risikofaktoren werden bei Berufskraftfahrern verschärft durch Bewegungsmangel, starkes Rauchen<br />
(Nikotinabusus), Arbeitsstress und diverse psychosoziale Belastungsfaktoren.<br />
2.3.3 Statistik der gewerblichen Berufsgenossenschaften (BK-DOK)<br />
Berufskrankheiten sind bei Lastkraftwagenfahrern eher selten, wie die beiliegende Dokumentation aus der BK-DOK der<br />
gewerblichen Berufsgenossenschaften zeigt. Einen Zus<strong>am</strong>menhang mit dem Lenken sowie Be- und Entladen eines Lastkraftwagens<br />
ergibt sich nur für die Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule, die überwiegend durch Heben und Tragen von<br />
Lasten, seltener durch Vibration bedingt sind. Inwieweit die Erkrankungen durch chemische Schädigungen mit der Be- und<br />
Entladung von Lastkraftwagen, mit Reinigungstätigkeiten oder mit früheren Tätigkeiten der Fahrer zus<strong>am</strong>menhängen, geht<br />
aus der Statistik nicht hervor. Die Lärmschwerhörigkeiten gehen wohl überwiegend auf frühere Expositionen der Fahrer, z.B.<br />
auf die Tätigkeit in Steinbrüchen zurück. Hauterkrankungen könnten sich durch Feuchtarbeit und Chemikalienkontakt bei<br />
Wartung und Reinigung der Lastkraftwagen, durch andere gleichzeitig durchgeführte Tätigkeiten oder frühere Tätigkeiten der<br />
Fahrer und Ekzeme, die früher nur gelegentlich auftraten, im Lauf der Zeit jedoch als dauerhaft entwickelt haben (Abb. 15).<br />
Im Gegensatz dazu wurden 2005 bei den gewerblichen Berufsgenossenschaften 34.584 Arbeitsunfälle gemeldet. 88 der<br />
Arbeitsunfälle verliefen tödlich.<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
Anzahl<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Lärm Asbest Haut LWS Astma Chemikalien sonstige<br />
Berufskrankheiten<br />
Abb. 15:<br />
Angezeigte Berufskrankheiten bei Fahrern schwerer Lastkraftwagen 2003 - 2005 (BK-DOK)<br />
In der Tabelle 1 sind die möglichen Gefahrenquellen für Berufskraftfahrer zus<strong>am</strong>mengestellt. Die Gefahren sind unterschiedlich<br />
und hängen von den jeweiligen Arbeits- und Umfeldbedingungen ab. Einigen Gefahrenquellen sind die Berufskraftfahrer<br />
regelmäßig ausgesetzt (z.B. Dieselabgase, Stress), andere kommen nur unter bestimmten Umständen vor (z.B. Bioaerosole<br />
oder Belastungen durch bestimmtes Transportgut). Durch technische Verbesserungen sind früher in höherem Maße vorhandene<br />
Belastungen heute geringer geworden (z.B. Ganzkörpervibration).<br />
29<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Gefahren Quelle Exposition Folgen Autor<br />
Chemische Belastungen<br />
Gefahrstoffe Bodenkont<strong>am</strong>ination Transport von Erdaushub<br />
Gefahrstoffe Transportgut; z. B. staubende<br />
oder flüssige Chemikalien,<br />
offenes Transportgut<br />
wie Steine,<br />
PAK (Polycyclische<br />
aromatische<br />
Kohlenwasserstoffe)<br />
Splitt, Flüssigzement u. ä.,<br />
Abfälle, Wertstoffe<br />
Be- und Entladen,<br />
Reinigung<br />
Dieselabgase Erhöhte Messwerte<br />
in LKW-Kabinen bei<br />
Fahrt in Innenstadt<br />
Bioaerosole Tiertransporte, Transport von<br />
landwirtschaftlichen Produkten,<br />
organischen Abfällen<br />
Biologische Belastungen<br />
30<br />
Kopfschmerzen, Übelkeit<br />
z. B. bei Lösemittelexposition<br />
z. B. Asbestose, Silikose,<br />
Hautveränderungen<br />
(Flüssigzement)<br />
Kopfschmerzen, Übelkeit<br />
(Tanklastwagen)<br />
Lungencarcinome?<br />
Multiple Myelome?<br />
Be- und Entladen Organic dust toxic syndrome<br />
(ODTS)<br />
Mucous membrane irritation<br />
syndrome (MMI),<br />
Asthma<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg<br />
Arbeitsgruppe<br />
Arbeitsgruppe,<br />
Saltzmann 2007,<br />
Guillemin et alii<br />
Arbeitsgruppe<br />
Ornithoseerreger Geflügeltransporte Be- und Entladen zusätzlich Ornithose Robert Koch-<br />
Ungünstige<br />
Sichtverhältnisse<br />
Körperhaltung ungünstig gestaltete Fahrzeugkabine<br />
Körperhaltung Ungünstig gestaltete Verladeeinrichtungen<br />
Physikalische Belastungen<br />
Institut<br />
Tageszeit, Klima vorzeitige Ermüdung Arbeitsgruppe<br />
Ganzkörpervibration LKW auf unebenem Gelände<br />
(Baustellen), ältere Fahrzeuge<br />
Heben und Tragen von<br />
Lasten<br />
Tank- und Zementwagen:<br />
Be- und<br />
Entladung, Reinigung<br />
Ladegut Be- und Entladen<br />
ohne oder mit ungeeignetenTransportgeräten<br />
vorzeitige Ermüdung Arbeitsgruppe<br />
Muskelschmerzen Arbeitsgruppe<br />
Bandscheibenschäden Arbeitsgruppe<br />
Bandscheibenschäden Arbeitsgruppe<br />
Langes Sitzen Bandscheibenschäden Arbeitsgruppe<br />
Bewegungsmangel und<br />
Fehlernährung<br />
Psychische Fehlbelastung<br />
Monotonie Lange Fahr- und<br />
Wartezeiten, Stau<br />
Stressbelastung Polizeikontrollen,<br />
Auseinandersetzungen<br />
im Straßenverkehr,<br />
Überfälle,<br />
Vereins<strong>am</strong>ung<br />
Adipositas Arbeitsgruppe<br />
Vorzeitige Ermüdung Arbeitsgruppe<br />
Hypertonie, Diabetes<br />
verstärkt, Adipositas usw.<br />
Tabelle 1:<br />
Belastung und Beanspruchung von Lastkraftwagenfahrern<br />
Arbeitsgruppe
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
3 Ergebnisse der Untersuchungen des<br />
Landesgesundheits<strong>am</strong>tes zur Wachheit und<br />
Aufmerks<strong>am</strong>keit (Vigilanz) von Lastkraftwagenfahrern<br />
Das Landesgesundheits<strong>am</strong>t Baden-Württemberg (LGA) im Regierungspräsidium Stuttgart wurde vom Ministerium für Arbeit<br />
und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren beauftragt, Tagesschläfrigkeit und Schlafverhalten von Lastkraftwagenfahrern zu<br />
untersuchen. Die Studie wurde zus<strong>am</strong>men mit dem Landrats<strong>am</strong>t Böblingen, dem Steinbeis-Transferzentrum Biomedizinische<br />
Optik <strong>am</strong> Department für Augenheilkunde an der Universität Tübingen, dem Autobahnpolizeirevier Stuttgart der Polizeidirektion<br />
Böblingen und der Bereitschaftspolizei Böblingen durchgeführt.<br />
3.1 Methoden<br />
Im Rahmen routinemäßiger Verkehrskontrollen durch die Polizei wurden auf der Rastanlage „Sindelfinger Wald“ an der<br />
Autobahn A 8 / A 81 Lastkraftwagenfahrer angesprochen und gebeten, auf freiwilliger Basis an dieser Studie zur Wachheit<br />
und Aufmerks<strong>am</strong>keit von Lastkraftwagenfahrern teilzunehmen. Die Polizei wählte für die Untersuchungen nur Lastkraftwagen<br />
mit deutschen oder österreichischen Kennzeichen aus dem fließenden Verkehr aus, um deutschsprachige Fahrer zu<br />
erfassen. Die Lastkraftwagenfahrer (Fahrergruppe) wurden in der Zeit von Januar 2008 bis März 2008 jeweils donnerstags<br />
zwischen 04:00 und 10:00 Uhr bzw. zwischen 10:00 und 16:00 Uhr untersucht. Behördenvertreter ohne Nacht- und Schichtarbeit<br />
(Kontrollgruppe) wurde in der Zeit von Mai 2008 bis Dezember 2008 an verschiedenen Wochentagen untersucht.<br />
136 Lastkraftwagenfahrer und eine -fahrerin im Alter von 21 bis 65 Jahren (Durchschnittsalter: 42,9 Jahre) nahmen an der<br />
Studie teil. Dies entsprach ca. 50% der angesprochenen Fahrer. In vergleichbaren Studien nahmen etwa 25% der auf Parkplätzen<br />
an der Autobahn angesprochenen Fahrer teil. Die Behördenvertreter in der Kontrollgruppe nahmen ebenfalls freiwillig<br />
an der Studie teil. Die an dieser Studie beteiligten Personen wurden anhand eines Fragebogens zu ihren Arbeits- und<br />
Lebensbedingungen sowie ihren gesundheitlichen Beschwerden befragt. Zwei weitere Fragebögen enthielten Fragen zum<br />
Thema „Schläfrigkeit“ (Epworth Sleepiness Scale und Stanford Sleepiness Scale).<br />
Die Fahrzeitaufzeichnungen der vergangenen fünf Tage eines jeden Fahrers wurden für die Studie ebenfalls erfasst. Zusätzlich<br />
wurden Untersuchungen zur Wachheit und Aufmerks<strong>am</strong>keit der einzelnen Fahrer zum Zeitpunkt der Befragung mittels<br />
Pupillometer F2D (Fit for Duty) der Firma Amtech Pupilknowlogy durchgeführt. Desweiteren wurde jeweils der Body Mass<br />
Index (BMI) ermittelt sowie der Blutdruck gemessen.<br />
3.2 Ergebnisse<br />
Die Berufstätigkeit der Fahrer betrug zwischen einem und fünfundvierzig Jahren. Unter Berücksichtigung der Teilnehmerzahl<br />
an der Studie entspricht dies einem Durchschnitt von ca. 18 Berufsjahren. 47,7% der Fahrer arbeiten in mittelgroßen Betrieben<br />
mit 21 bis 100 Beschäftigten. 26,5% der Fahrer arbeiten in größeren Betrieben (mehr als 100 Beschäftigte). Weitere<br />
25,8% sind in Kleinbetrieben (weniger als 21 Beschäftigte) beschäftigt. 90% der Fahrer waren in Gütertransportbetrieben<br />
tätig. 129 Fahrer (97%) waren abhängig beschäftigt (Arbeitnehmer). 62% führten neben der Fahrertätigkeit noch Ladetätigkeiten<br />
durch. Alle Fahrer waren krankenversichert, ca. 60% bei einer AOK, ca. 33% in einer anderen gesetzlichen Krankenversicherung.<br />
Die übrigen Fahrer hatten private oder ausländische Krankenversicherungen (Abb. 16).<br />
31<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Abb. 16:<br />
Art der Krankenversicherung der Fahrer<br />
3.2.1 Arbeits- und Lebensbedingungen der Lastkraftwagenfahrer<br />
Ausstattung der Lastkraftwagen<br />
71% der Lastkraftwagen waren weniger als fünf Jahre alt. Davon verfügten 91% über eine Klimaanlage und 94% über eine<br />
Standheizung. 17,5% der Lastkraftwagen waren mit einer Standklimaanlage ausgestattet.<br />
Arbeits- und Lenkzeiten<br />
8% der Fahrer gaben an, dass sie weniger als 40 Stunden pro Woche arbeiten. 80% der Fahrer arbeiten 40 bis 60 Stunden<br />
pro Woche und 12% der Fahrer mehr als 60 Stunden pro Woche. 21% der Fahrer gaben an, die gesetzlich höchstzulässigen<br />
Lenkzeiten oder Wochenarbeitszeiten zu überschreiten.<br />
Ruhezeiten<br />
Prozent<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
AOK EKK IKK Private BKK ausl.<br />
Versich.<br />
32% der Fahrer können in der Regel ihre Ruhezeiten täglich zu Hause einlegen. 68% der Fahrer verbringen diese sowohl zu<br />
Hause als auch im Lastkraftwagen. Dabei verbringen die meisten Fahrer 5-mal pro Woche ihre Ruhezeit im Lastkraftwagen;<br />
seltener werden vier bzw. zwei Ruhezeiten pro Woche in der Fahrerkabine verbracht. Fahrer, die in ihren Lastkraftwagen die<br />
Ruhezeiten verbringen, wurden gefragt, wodurch sie sich gestört fühlten. Mehrfachnennungen waren hierbei möglich.<br />
Am stärksten fühlten sich die Fahrer durch den Parkplatzmangel oder durch ungünstig angelegte Parkflächen innerhalb der<br />
Parkplätze gestört. Dies war dann der Fall, wenn die Fahrerkabine des Lastkraftwagens zur Autobahn zeigte und daraus<br />
eine Lärmbelastung resultierte. An zweiter Stelle nannten die Fahrer die Wärme an heißen Sommertagen bei fehlender<br />
Standklimaanlage. Eine Lärmbelastung durch den Verkehrslärm, die Kühlaggregate der parkenden Kühllastwagen oder<br />
durch lärmende Menschen wurde an dritter Stelle genannt. An vierter Stelle wurde die Nacht- und Schichtarbeit angeführt.<br />
Schichtarbeit wurde <strong>am</strong> häufigsten von Fahrern angegeben, die auch bei der Pupillographie als schläfrig eingestuft wurden.<br />
Die meisten Fahrer hatten ihre letzte Ruhezeit auf Autobahnparkplätzen verbracht. Ein geringer Teil der Fahrer verbrachte<br />
die Nacht auf Parkflächen in Industriegebieten. Nur 10% der Fahrer waren auf Parkflächen von Autohöfen. Über Lärmbelastungen<br />
klagten überwiegend Fahrer, die auf Parkplätzen mit Parkflächen standen, bei denen die Fahrerkabine zur Fahrbahn<br />
hin ausgerichtet war.<br />
32<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
Prozent<br />
Prozent<br />
Prozent<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
45<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
LKW Hotel/ Kaserne<br />
1-1,9 2-2,9 3-3,9 4-4,9 5-5,9 6-6,9 7<br />
Tage/Woche<br />
Abb. 17:<br />
Häufigkeit der Übernachtung außer Haus<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9<br />
Abb. 18:<br />
Störfaktoren bei Übernachtung<br />
1 1a 1b 2 2a<br />
Pausen-Standort<br />
Abb. 19:<br />
Standort des LKW bei der letzten Ruhepause<br />
33<br />
1 Parkplatzmangel<br />
2 falsch angelegte Parkplätze<br />
3 Hitze<br />
4 Verkehrslärm<br />
5 laufende Kühlaggregate<br />
6 lärmende Menschen<br />
7 Nacht- und Schichtarbeit<br />
8 Kälte<br />
9 sonstiges<br />
Pausen-Standort<br />
1 Autobahnparkplatz<br />
1a Kabine zur Fahrbahn<br />
1b Kabine weg von<br />
Fahrbahn<br />
2 außerhalb Autobahn<br />
2a Autohof<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
Prozent<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
1a 1b 2a 2b<br />
Übernachtungs-Standort<br />
Abb. 20:<br />
Standort des LKW bei der letzten Ruhezeit<br />
Lärmbelastung der Fahrer auf Parkplätzen der Bundesautobahnen (BAB)<br />
34<br />
Übernachtungs-Standort<br />
1 Autobahnparkplatz<br />
1a Kabine zur Fahrbahn<br />
1b Kabine weg von<br />
Fahrbahn<br />
2 außerhalb Autobahn<br />
2a Autohof<br />
2b anderer Parkplatz<br />
Das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren führte <strong>am</strong> 26. April 2007 um die Mittagszeit auf einer<br />
Parkfläche der Autobahnraststätte „Bruchsal“ an der BAB 5 in Richtung Mannheim und <strong>am</strong> Nachmittag auf einer Parkfläche<br />
in Richtung Karlsruhe jeweils orientierende Lärmmessungen durch. Der Belag der Autobahn besteht in diesem Bereich aus<br />
Beton mit erneuerten Fugen. Die Witterungsbedingungen waren sommerlich (keine Bewölkung, trocken). Der leichte Wind<br />
beeinflusste die Messergebnisse nicht. Der zur Messung eingesetzte Schallpegelmesser (Typ 118, Klasse 1 der Firma<br />
Norsonik) ermöglichte die Messung der relevanten Lärmmessgrößen (Mittelungspegel, Maximalpegel, Taktmaximalpegel,<br />
Peak). Bezüglich der Definitionen dieser Messgrößen wird auf die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA-Lärm)<br />
verwiesen. Für die Messwerte wurde jeweils die A-Bewertung zu Grunde gelegt. Auf den Messabschlag von 3 dB gemäß Nr.<br />
6.9 TA-Lärm wurde verzichtet. Da nach Aussagen der während der Messung anwesenden Lastkraftwagenfahrer und der<br />
Verkehrspolizei der Geräuschpegel in den Nachtstunden unwesentlich abweicht, wurde auf eine zusätzliche Messung in den<br />
Nachtstunden verzichtet (22.00 Uhr bis 06.00 Uhr). Lediglich zwischen 01:00 Uhr und 05:00 Uhr sinkt der Geräuschpegel<br />
aufgrund des geringeren Fahrzeugverkehrs.<br />
Die Parkflächen, auf denen die Fahrzeuge für die Messung abgestellt waren, lagen ca. 15 Meter von der Fahrbahn der Autobahn<br />
entfernt. Die Messungen ergaben folgendes Ergebnis: Der Außenlärm <strong>am</strong> Fahrzeug hatte einen Mittelungspegel von<br />
75 dB(A) und Spitzen von bis zu 100 dB(A). Zeigte die Fahrerkabine zur Autobahn, wurden in der Kabine bei geschlossenen<br />
Fenstern ein Mittelungspegel von 52 dB(A) und Spitzen von 89 dB(A) festgestellt. War das Fahrzeug so aufgestellt, dass die<br />
Fahrerkabine von der Autobahn abgewandt war und die Fenster geschlossen, wurden Mittelungspegel von 41 dB(A) und<br />
Spitzen von 67 dB(A) ermittelt.<br />
Die Messungen haben gezeigt, dass die Positionierung der Fahrzeuge auf den Parkflächen eine Differenz des Mittelungspegels<br />
von ca. 10 dB(A) ergibt. Dies entspricht einer absoluten Pegelreduzierung von ca. 90% (eine Reduzierung um 3 dB<br />
entspricht einer Halbierung des Schalldrucks, um 10 dB einer Halbierung des Lärmeindrucks). Nachdem viele Lastkraftwagen<br />
über keine Standklimaanlage verfügen, sind viele Fahrer insbesondere an warmen Tagen gezwungen, während der<br />
Ruhezeiten die Fenster der Fahrerkabine zu öffnen. Bei geöffnetem Fenster erhöht sich der Lärmpegel um 10 dB(A) bis 20<br />
dB(A).<br />
Mittelungspegel<br />
(dB(A))<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg<br />
Spitzenwerte<br />
(dB(A))<br />
Parkfläche 75 100<br />
LKW-Kabine (Parkrichtung zur Autobahn) 52 89<br />
LKW-Kabine (Parkrichtung von der Autobahn weg) 41 67<br />
Tabelle 2:<br />
Orientierende Lärmmessungen
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Maßnahmen der Fahrer zur Aufrechterhaltung der Fahrtüchtigkeit<br />
Die meisten Fahrer gaben an, auf ausreichenden Schlaf und Pausen zu achten sowie koffeinhaltige Getränke zu sich zu<br />
nehmen, um fahrtüchtig zu bleiben. Viele Fahrer wenden sich jedoch auch unsicher wirks<strong>am</strong>en Methoden (z. B. Frischluft,<br />
Radio/Musik hören, Bewegung) zu, die insbesondere dazu dienen sollen, monotone Situationen zu unterbrechen (Abb. 21).<br />
Prozent<br />
Prozent<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10<br />
Vorgehen<br />
Abb. 21:<br />
Vorgehen bei Schläfrigkeit<br />
ESS >9 ESS3 SSS
Prozent<br />
16<br />
14<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
WS HK BH SW<br />
Krankheitsgruppen<br />
Abb. 23:<br />
Erkrankungen in der An<strong>am</strong>nese<br />
36<br />
Krankheitsgruppen<br />
WS Erkrankungen der<br />
Wirbelsäule<br />
HK Herz-Kreislauf-<br />
Erkrankungen<br />
BH Bluthochdruck-<br />
Krankheit<br />
SW Stoffwechsel-<br />
Krankheiten<br />
LKW-Fahrer<br />
Kontrollgruppe<br />
8% der Fahrer berichteten über eine gesicherte Schlafapnoe. Bei weiteren 14% der Fahrer liegt eine fragliche Schlafapnoe<br />
vor. Von der Kontrollgruppe gaben im Rahmen der An<strong>am</strong>nese 15%, an einer gesicherten Schlafapnoe zu leiden, weitere<br />
20,6% berichteten über entsprechende, noch nicht abgeklärte Symptome (Abb. 24). Diese Angaben entsprechen nicht der<br />
Tatsache, dass Lastkraftwagenfahrer wesentlich häufiger einen Body Mass Index von mehr als 30 haben, was ein klassischer<br />
Par<strong>am</strong>eter ist, der auf eine Schlafapnoe hindeuten kann. 27% aus der Fahrergruppe und 16% aus der Kontrollgruppe<br />
gaben an, schon einmal <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong> eingeschlafen zu sein.<br />
Genussmittel<br />
Prozent<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
vorhanden fraglich keine<br />
Abb. 24:<br />
Schlafapnoe in der An<strong>am</strong>nese<br />
LKW-Fahrer<br />
Kontrollgruppe<br />
60,3% der Lastkraftwagenfahrer gaben an, gelegentlich Alkohol zu trinken, davon 28,2% nach Arbeitsende und 16,8% an<br />
den Wochenenden. Von der Kontrollgruppe trinken 41% gelegentlich Alkohol, davon 47,7% nach Arbeitsende und 9,1% an<br />
den Wochenenden. 77,1% der Lastkraftwagenfahrer tranken Kaffee, oft in größeren Mengen bis zu 2 Liter pro Tag. 72,9%<br />
der Kontrollgruppe tranken Kaffee. 3,1% der Fahrer tranken andere koffeinhaltige Getränke (Kontrollgruppe 0%), 3,1%<br />
Guarana-haltige Getränke (Kontrollgruppe 0,9%). 2,3% gaben die Anwendung von Schmerzmitteln an (Kontrollgruppe<br />
0,9%), 0,8% die Anwendung von Amphet<strong>am</strong>inen (Kontrollgruppe 0%).<br />
Vor Beginn der pupillographischen Untersuchung hatten 64,1% der Lastkraftwagenfahrer angegeben, in den vergangenen<br />
acht Stunden geraucht zu haben. Bei den Personen der Kontrollgruppe waren es 16%.<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
3.2.2 Einzeluntersuchungen<br />
Blutdruck<br />
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Organisationsbedingt konnte die Blutdruckmessung bei den Fahrern erst direkt nach der Polizeikontrolle und der Fahrt über<br />
eine fünfspurige Autobahnstrecke durchgeführt werden. Aus diesem Grund ist nicht auszuschließen, dass die bei den Fahrern<br />
gemessenen Blutdruckwerte möglicherweise nicht nur durch einen generell zu hohen Blutdruck (Hypertonie) sondern<br />
situationsbedingt erhöht waren. Außerdem konnten unter „Feldbedingungen“ nicht die notwendigen Voraussetzungen zur<br />
Blutdruckmessung (Pickering 2005) optimal erfüllt werden.<br />
Bei der Messung hatten 74% der Fahrer Blutdruckwerte, die den systolischen Normalwert von 130 mmHg (oberer Blutdruckwert))<br />
und/oder den diastolischen Normalwert von 90 mmHg (unterer Blutdruckwert) überschritten. Davon gaben nur<br />
11,1% der Fahrer bei der An<strong>am</strong>nese an, dass bei ihnen eine Hypertonie bekannt sei (Kontrollgruppe 7,3%). Aus o. g. Gründen<br />
dürften die Blutdruckwerte nicht verwertbar sein. Auf die Bestimmung der Blutdruckwerte der Kontrollgruppe wurde<br />
deshalb verzichtet.<br />
Body Mass Index (BMI)<br />
37% der Lastkraftwagenfahrer und 9,7% der Kontrollgruppe hatten einen Body Mass Index über 30.<br />
Wachheitsgrad/Aufmerks<strong>am</strong>keit<br />
Als Wachheitsindikator wurde der Pupillenunruheindex bestimmt. Der Pupillographie-Rechner berechnete daraus die Einstufung<br />
der Probanden (Testpersonen) in die Kategorien wach (grün), kontrollbedürftig (gelb) und schläfrig (rot). Sobald fünf der<br />
acht Messfelder auswertbar waren, wurde der mittlere PUI manuell nachberechnet und die Kategorisierung neu vorgenommen.<br />
Wenn Probanden während der Messung einschliefen, wurde die Kategorie rot zugeteilt (Abb. 25).<br />
Bei der Messung der Tagesschläfrigkeit wurden 6,5 % der LKW-Fahrer als „schläfrig“ (einschlafgefährdet; roter Bereich)<br />
eingestuft, 19,5 % als „kontrollbedürftig“ (gelber Bereich) und 74 % als „wach“ (grüner Bereich). In der Kontrollgruppe lagen<br />
die Anteile bei 17,6 %, 12,7 % und 69,6 %.Vor der pupillographischen Untersuchung hatten die Fahrer zuletzt zwischen 1<br />
und 12 Stunden, im Schnitt 7,2 Stunden, geschlafen, die Personen der Kontrollgruppe zwischen 3,5 Stunden und 8 Stunden,<br />
im Durchschnitt 6,2 Stunden. 3,2% der Fahrer und 2% der Personen aus der Kontrollgruppe schliefen bei der Messung ein.<br />
Prozent<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
vorhanden fraglich keine<br />
Abb. 25:<br />
Ergebnisse des pupillographischen Schläfrigkeitstestes<br />
37<br />
LKW-Fahrer<br />
Kontrollgruppe<br />
Bei Ergebnissen im gelben oder roten Bereich wurde den betroffenen Fahrern geraten, einen angebotenen Kaffee zu trinken<br />
und dann nur 10 bis 15 Minuten zu schlafen, um Tiefschlafphasen mit danach folgender Schläfrigkeit zu vermeiden. Die<br />
meisten Fahrer tranken zwar den Kaffee, legten aber keine Pause ein, da sie unter Zeitdruck standen.<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Einfluss der Lebens- und Arbeitsbedingungen auf den Wachheitsgrad<br />
Fahrer, die angaben, unter Lärmbelastung ihre Ruhezeit genommen zu haben, waren stärker einschlafgefährdet als Fahrer,<br />
die nicht lärmbelastet übernachtet hatten (Abb. 26). Personen aus der Kontrollgruppe, die berichteten, unter Lärmeinfluss<br />
übernachtet zu haben, wurden im Test nur zu 55,6 % als wach eingestuft. Fahrer, die angaben, die Lenk- und Ruhezeiten<br />
nicht einzuhalten oder die zulässige Wochenarbeitszeit zu überschreiten, waren stärker einschlafgefährdet als Fahrer, die<br />
berichteten, dass sie sich an die gesetzlichen Vorgaben hielten (Abb. 27).<br />
Prozent<br />
Prozent<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
0<br />
Lärm kein Lärm<br />
Abb. 26:<br />
Faktor „Übernachtung unter Lärmeinfluss“<br />
Verstoß Einhaltung<br />
Abb. 27:<br />
Faktor „Lenkzeiten“ / „zulässige Wochenarbeitszeit“<br />
38<br />
Pupillographie-Ergebnis<br />
bei LKW-Fahrern<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg<br />
schläfrig,<br />
kontrollbedürftig<br />
wach<br />
Pupillographie-Ergebnis<br />
bei LKW-Fahrern<br />
schläfrig,<br />
kontrollbedürftig<br />
28,7 % der Kontrollgruppe überschritten ihre erlaubte Arbeitszeit an mindestens einem Wochentag. Davon waren 79,3%<br />
wach und 20,7% schläfrig oder kontrollbedürftig.<br />
Auswertung der Schaublätter oder der Ausdrucke des digitalen Kontrollgerätes bei Lastkraftwagenfahrern<br />
Die Auswertung der Ausdrucke der digitalen Kontrollgeräte erwies sich als deutlich schwieriger als die Auswertung der<br />
Schaublätter. Oft ließ es sich schwer entscheiden, wie Zeiten eingestuft werden sollten. Viele Fahrer hatten alle Zeiten außerhalb<br />
der Lenkzeiten als Ruhezeit eingestellt. Hierbei fiel auf, dass teilweise nur sehr kurze Ruhezeiten im Wechsel mit<br />
Lenkzeiten auftraten, wobei hier der Verdacht auf Ladetätigkeiten oder Fahren im Stau bestand. Andere Fahrer hatten generell<br />
auf Bereitschaft oder Arbeitszeit umgestellt, wobei dann auch offensichtliche Ruhepausen falsch aufgezeichnet waren.<br />
Eine Auswertung hinsichtlich der Länge der Arbeitszeit und der Aufmerks<strong>am</strong>keit/Wachheit wurde deshalb nicht vorgenommen.<br />
wach
Prozent<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Nachtarbeit keine Nachtarbeit<br />
Abb. 28:<br />
Faktor „Nachtarbeit in den letzten drei Tagen“<br />
39<br />
Pupillographie-Ergebnis<br />
bei LKW-Fahrern<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg<br />
schläfrig,<br />
kontrollbedürftig<br />
Fahrer, die in den vergangenen drei Tagen überwiegend in der Nachtzeit gearbeitet hatten, wurden mit Fahrern, die überwiegend<br />
bei Tage tätig waren, verglichen (Abb. 28). Das Ergebnis zeigte, dass Fahrer, die in den vergangenen drei Tagen<br />
überwiegend Nachtarbeit geleistet hatten, schläfriger waren, als Fahrer, die überwiegend <strong>am</strong> Tage gearbeitet hatten (Abb.<br />
28). Nach einem Tag „Nachtarbeit“ konnte jedoch noch kein wesentlicher Unterschied festgestellt werden.<br />
Prozent<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
30 Jahre<br />
Abb. 29:<br />
Faktor „Berufserfahrung“<br />
wach<br />
Pupillographie-Ergebnis<br />
bei LKW-Fahrern<br />
schläfrig,<br />
kontrollbedürftig<br />
Um herauszufinden, ob es während des Berufslebens zu einer Selektion von Lastkraftwagenfahrern kommt, die gegenüber<br />
Nacht- und Schichtarbeit sowie langen Arbeitszeiten relativ unempfindlich sind, wurde die Wachheit/Aufmerks<strong>am</strong>keit von<br />
Fahrern unterschiedlichen Lebensalters und unterschiedlich langer Berufserfahrung verglichen. Fahrer mit über 30 Jahren<br />
Berufserfahrung waren deutlich weniger schläfrig, als Fahrer mit geringerer Berufserfahrung (Abb. 29). Das gleiche gilt für<br />
ältere Fahrer im Vergleich mit jüngeren Fahrern (Abb. 30). Über ähnliche Ergebnisse berichteten Walzl et alii (2007). Bei<br />
genauer Durchsicht der Dateien stellte sich auch heraus, dass ältere Fahrer ihre Ruhezeiten nach Möglichkeit nicht in Lärmbereichen<br />
verbringen und die vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten einhielten.<br />
wach
Prozent<br />
Prozent<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
50 Jahre<br />
Abb. 30:<br />
Faktor „Lebensalter“<br />
50 Jahre<br />
Abb. 31:<br />
Faktor „Lebensalter“: Anteil der als wach eingestuften Personen<br />
40<br />
Pupillographie-Ergebnis<br />
bei LKW-Fahrern<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg<br />
schläfrig,<br />
kontrollbedürftig<br />
wach<br />
Pupillographie-Ergebnisse<br />
LKW-Fahrer<br />
Kontrollgruppe<br />
Vergleicht man die Resultate mit den Ergebnissen der Kontrollgruppe, so lässt sich nicht feststellen, dass dort der Anteil der<br />
„wachen Personen“ mit steigendem Alter zunimmt (Abb. 31). Das Ergebnis deutet also auf eine berufsbedingte Selektion,<br />
zumindest bei den untersuchten Lastkraftwagenfahrern, hin (Healthy Worker-Effekt). Da Müller et alii (2004) im Bereich der<br />
gleichen Raststätte bei abweichender Fahrerselektion ähnliche Vigilanzraten nachwies, kann man wohl eher von einem<br />
allgemeinen Healthy Worker-Effekt ausgehen.<br />
Prozent<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
bis 7h Schlaf mehr als 7 h Schlaf<br />
Abb. 32:<br />
Faktor „Schlafdauer in der letzten Nacht“:<br />
Anteil der als wach eingestuften Personen<br />
Pupillographie-Ergebnisse<br />
LKW-Fahrer<br />
Kontrollgruppe
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Vergleicht man die Angaben zur Dauer der letzten Schlafperiode, so stellt man bei den Personen der Kontrollgruppe ein<br />
hierfür typisches Ergebnis fest (Abb. 32). Wer zu wenig geschlafen hatte, wurde <strong>am</strong> nächsten Tag eher etwas schläfriger<br />
eingestuft. Bei Lastkraftwagenfahrern fällt ein umgekehrtes Ergebnis auf. Dies könnte entweder auf fehlerhafte Angaben der<br />
Fahrer oder auf Schlafstörungen qualitativer Art hindeuten.<br />
Prozent<br />
Prozent<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
schläfrig/kontrollbed. wach<br />
Abb. 33:<br />
Einfluss des Kaffeegenusses auf die Schläfrigkeit<br />
schläfrig/kontrollbed. wach<br />
Abb. 34:<br />
Einfluss des Rauchens auf die Schläfrigkeit<br />
41<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg<br />
Pupillographie-Ergebnisse<br />
LKW-Fahrer mit Kaffee<br />
LKW-Fahrer<br />
ohne Kaffee<br />
Kontrollgruppe<br />
mit Kaffee<br />
Kontrollgruppe<br />
ohne Kaffee<br />
Pupillographie-Ergebnisse<br />
LKW-Fahrer Raucher<br />
LKW-Fahrer<br />
Nichtraucher<br />
Kontrollgruppe<br />
Raucher<br />
Kontrollgruppe<br />
Nichtraucher<br />
Fahrer, die in den vergangenen vier Stunden vor dem Test Kaffee getrunken hatten, waren weniger schläfrig (Abb. 33). Bei<br />
den Lastkraftwagenfahrern war der Koffeineinfluss wohl deshalb stärker, weil verhältnismäßig mehr Kaffee getrunken wurde.<br />
Rauchen hatte keinen erkennbaren Einfluss (Abb. 34).<br />
Ernährungsgewohnheiten<br />
Die Fahrer und die Personen aus der Kontrollgruppe wurden gefragt, wo sie ihre Mahlzeiten einnehmen, Mehrfachnennungen<br />
waren möglich. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Lastkraftwagenfahrer ihre Mahlzeiten in der Regel im Fahrzeug<br />
einnehmen, die Mitglieder der Kontrollgruppe dagegen zu Hause (Abb. 35). Lastkraftwagenfahrer nehmen ihre Nahrungsmittel<br />
weitgehend von zu Hause mit. Bevorzugt werden dabei Lebensmittel, die sich im Fahrzeug lange halten, wie Brot, Wurstkonserven,<br />
Obst (Äpfel) und Gemüse. Zusätzlich werden in Raststätten oder an Imbissständen Gerichte wie Bratwurst,<br />
Schnitzel u. ä. verzehrt.
Prozent<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
AP Wo Ka Re Im<br />
Ort der Essenseinnahme<br />
Abb. 35:<br />
Ort der Essenseinnahme<br />
42<br />
Ort der Essenseinnahme<br />
AP Arbeitsplatz<br />
Wo Wohnung<br />
Ka Kantine<br />
Re Restaurant<br />
Im Imbiss<br />
LKW-Fahrer<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg<br />
Kontrollgruppe<br />
Die Personen der Kontrollgruppe nehmen die Hauptmahlzeiten in der Regel zu Hause ein und verzehren <strong>am</strong> Arbeitsplatz<br />
eher mit Käse/Wurst belegte Brote/Brötchen, Marmelade, Obst und Müsli.<br />
Prozent<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Sport kein Sport<br />
Abb. 36:<br />
Sportaktivitäten<br />
Sportaktivitäten<br />
LKW-Fahrer<br />
Kontrollgruppe<br />
Nicht alle Fahrer bzw. Personen aus der Kontrollgruppe machten zeitliche Angaben zu sportlichen Aktivitäten. Von den<br />
Personen, die sportlich aktiv sind und Angaben hierzu machten, waren Fahrer im Durchschnitt 0,02 Stunden wöchentlich und<br />
Personen aus der Kontrollgruppe durchschnittlich 3,78 Stunden wöchentlich sportlich aktiv (Abb. 36). Die Fahrer begründeten<br />
die geringen Aktivitäten mit fehlender Zeit bzw. Gelegenheiten für Sport.<br />
3.2.3 Anliegen und Anregungen der Teilnehmer (Fahrer, Kontrollgruppe) unter dem Aspekt,<br />
die Gesundheit zu erhalten<br />
Fragen zur Gesundheitsförderung<br />
Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Verkehrsunfälle treten bei Lastkraftwagenfahrern häufiger auf als bei der übrigen Bevölkerung.<br />
Eine gezielte Gesundheitsförderung bietet sich deshalb an. Die Fahrer wurden daher nach ihren Lebensgewohnheiten<br />
sowie nach ihren Wünschen zur Gesundheitsförderung befragt. Da insbesondere Fernfahrer meist unterwegs sind und über<br />
wenig Freizeit verfügen, ist es schwierig, Termine für eine ausreichende Gesundheitsförderung im Betrieb zu finden, abgesehen<br />
von den jährlich stattfindenden Fortbildungstagen, an denen auch Gesundheitsthemen vermittelt werden könnten. Für<br />
selbständige Fahrer entfällt diese Möglichkeit. Die Vermittlung von Gesundheitsthemen im Rahmen der Fahrerausbildung ist
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
zwar sinnvoll, wird jedoch im Lauf des Berufslebens mit hoher Wahrscheinlichkeit in Vergessenheit geraten. Aus diesem<br />
Grund wäre wünschenswert, wenn in regelmäßigen Abständen entsprechende Angebote den Fahrern unterbreitet werden<br />
würden und sie die Möglichkeit bekämen, diese auch zu nutzen. Die Fahrer wurden deshalb gefragt, wie sie sich eine solche<br />
Förderung vorstellen könnten und wer sie durchführen sollte.<br />
Angaben der Lastwagenfahrer geordnet nach Priorität<br />
Anliegen % Anliegen %<br />
1. mehr Zeit 25,4 11. Abnehmen 3,0<br />
2. regelmäßigere Arbeitszeiten 25,4 12. Einkaufsmöglichkeit an der Autobahn 3,0<br />
3. mehr Sport 14,9 13. Gesündere Ernährung 2,2<br />
4. Raucherentwöhnung 9,7 14. mehr Pausen 1,5<br />
5. mehr Parkplätze 8,2 15. Einhalten der Lenk- u. Ruhezeiten 1,5<br />
6. Parkplätze mit Lärmschutz 6,7 16. ruhiger Schlaf 1,5<br />
7. mehr Zeit für Arztbesuche 5,9 17. Nachtfahrverbot 1,5<br />
8. Stressabbau 5,9 18. frühere Rente 1,5<br />
9. mehr Zeit zu Hause 4,5 19. höheres Einkommen 1,5<br />
10. bezahlbares Essen 4,4<br />
Weitere Anregungen/Äußerungen der Fahrer: Weniger Staus, Fahrradverleih, Fitnessraum an Raststätten, Sportgeräte im<br />
Fahrzeug, Bandscheibensitze im Auto, die Erlaubnis, auch kurze Zeit auf dem Standstreifen zum Schlafen anzuhalten, anderer<br />
Job, Standklimaanlage, regelmäßiges Essen, mehr Obst, weniger Kaffee, bessere Ausstattung des Fahrzeugs, gründlichere<br />
Verkehrskontrollen, Rückenschulkurse, Yoga, Aktiverholung als Kur, saubere Sanitäranlagen für Fahrer auf den Rastanlagen<br />
bzw. Parkplätzen.<br />
Angaben der Personen aus der Kontrollgruppe geordnet nach Priorität<br />
% %<br />
1. mehr Sport, Bewegung 38,3 7. bessere medizin. Versorgung 5,6<br />
2. bessere Ernährung 7,5 8. Gewichtsabnahme 4,7<br />
3. mehr Zeit / Freizeit 7,5 9. Raucherentwöhnung 1,9<br />
4. besserer Schlaf, mehr Ruhe 7,5 10. mehr Urlaub 1,9<br />
5. weniger Stress / Stressabbau 6,5 11. mehr Aufenthalt im Freien 1,9<br />
6. besseres Raumklima, Sonnen-<br />
schutz, weniger Lärm <strong>am</strong> Arbeitsplatz<br />
5,6 12. kürzere Fahrzeiten zum Arbeitsplatz 1,9<br />
Weitere Anregungen aus der Kontrollgruppe: Bessere Angebote zu Sport und Ernährung/Gewichtsabnahme und Verbesserungen<br />
der Arbeitsplatzsituation durch den Arbeitgeber.<br />
43<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
Informationsfluss zu Gesundheitsthemen<br />
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Die Teilnehmer der Studie „<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong>“ wurden auch zum Thema „Informationen über Gesundheitsthemen“ befragt.<br />
Als Informanten wurden „Betrieb“, „Radio“ und „Homepage“ angeboten. Für die Lastkraftwagenfahrer waren besonders<br />
Radio, Betrieb, Krankenkasse und Homepages wichtige Informationsquellen. Dass die Informationen durch den Hausarzt,<br />
per Telefon oder über den Betriebsarzt erfolgen soll, wurde im Fragebogen zwar nicht als Antwort angeboten, jedoch von<br />
den Fahrern genannt. Einige Fahrer berichteten über telefonische Betreuungsprogr<strong>am</strong>me von Schweizer Krankenkassen.<br />
Die Teilnehmer der Kontrollgruppe, die auf ein gutes Gesundheitsförderungsangebot im Betrieb zurückgreifen konnten,<br />
gaben überwiegend als Informationsquelle den Betrieb sowie Homepage/Intranet an. Darüber hinaus waren Informationen<br />
aus allen Medien von Bedeutung (Abb. 37).<br />
Prozent<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Radio<br />
Betrieb<br />
3.3 Schlussfolgerungen<br />
Abb. 37: mögliche Informationsquellen für Gesundheitsthemen<br />
Nur die Hälfte der angesprochenen Fahrer war zur Mitarbeit im Projekt „<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong>“ bereit. Dies ist zwar mehr als in<br />
den meisten anderen Studien in diesem Bereich (meist etwa 25% Teilnahme). Dennoch ist davon auszugehen, dass hauptsächlich<br />
angestellte Fahrer aus Groß- und Mittelbetrieben erfasst wurden. Stärker belastete Fahrer (Selbständige, Angestellte<br />
aus Kleinbetrieben) waren kaum vertreten.<br />
Da die im Rahmen des Pilotprojektes untersuchte Gruppe zu klein war, konnten keine statistischen Signifikanzen aufgezeigt<br />
werden. Dennoch konnten Tendenzen festgestellt werden, die mit der angeführten Literatur gut übereinstimmen. Lastkraftwagenfahrer<br />
bestätigten bei der Befragung die gleichen gesundheitlichen Probleme, die auch in der Literatur und in den<br />
Statistiken von Kranken- und Rentenkassen beschrieben wurden. Es handelt sich durchweg um Krankheitsbilder, die bei<br />
andauerndem Stress gehäuft vorkommen. Etwa 40% der Fahrer waren deutlich übergewichtig. Eine bessere ärztliche Betreuung<br />
und Gesundheitsförderung ist notwendig. Verbesserungsmöglichkeiten wurden mit den Fahrern diskutiert.<br />
Das Projekt Docstop 11 hat Möglichkeiten geschaffen, die ärztliche Akutversorgung beispielsweise von Lastkraftwagenfahrern<br />
zu verbessern. Es sollte auf die zahnärztliche Akutversorgung ausgedehnt werden. Aber auch eine präventive arbeitsmedizinische<br />
Diagnostik im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen (z. B. im Rahmen eines betrieblichen Gesundheitsmanage-<br />
11 Docstop ist eine „Initiative zur medizinischen Unterwegsversorgung von Berufskraftfahrern/-innen“. Der Verein hat eine Website mit der<br />
Adresse: http://www.docstoponline.eu.<br />
Krankenkasse<br />
LKW-Fahrer Kontrollgruppe<br />
Homepage<br />
Hausarzt<br />
44<br />
Telefon<br />
Betriebsarzt<br />
Fernsehen<br />
Zeitungen<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg<br />
sonstige Medien
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
ments) und regelmäßige ärztliche Betreuung chronisch Kranker mit Bluthochdruck, Diabetes und entzündlichen oder funktionellen<br />
Erkrankungen des Bewegungsapparats (muskuloskelettalen Erkrankungen) sollte angestrebt werden. Aktionen zur<br />
Gesundheitsförderung könnten an die jährlichen Fahrerschulungen angekoppelt werden und bei Bedarf per elektronischer<br />
Post oder Telefon weitergeführt werden. Themen wären beispielsweise Ernährung, Bewegung, Stressabbau, gesunder<br />
Schlaf, Erkennen und Prävention von Schläfrigkeit sowie Raucherentwöhnung. Wenn der Betriebsarzt keine Untersuchungen<br />
auf Fahr- und <strong>Steuer</strong>tätigkeit oder nach der Fahrerlaubnisverordnung durchführen würde, ließe sich das Vertrauensverhältnis<br />
zu den Fahrern verbessern.<br />
Bei den Messungen zum Wachheitsgrad bzw. zur Aufmerks<strong>am</strong>keit fiel auf, dass lediglich ca. 7% der Fahrer im roten Bereich,<br />
also nicht mehr verkehrstüchtig waren. Es liegt jedoch nahe, dass die Fahrer sowohl durch den fahrtechnisch schwierigen<br />
Autobahnabschnitt als auch durch die vorangegangene Verkehrskontrolle durch die Polizei, unter Stress standen. Dadurch<br />
wurde der Wachheitsgrad möglicherweise kurzfristig erhöht. Durch diese vorangegangene Aktivierung eines Teils des vegetativen<br />
Nervensystems (Sympathikusaktivierung) lässt sich auch erklären, warum mehrere Fahrer während der Messung<br />
zwar im „grünen Bereich“ waren, jedoch unvermittelt während des Tests selbst eingeschlafen sind. Müller et alii (2006) hatten<br />
bei einer Untersuchung von Lastkraftwagenfahrern, die auf dem Parkplatz der gleichen Rastanlage angesprochen wurden,<br />
ähnliche Wachheitswerte (8% im roten Bereich) gemessen.<br />
Projiziert man jedoch diesen geringen Wert von 7% (bzw. von 8%) auf die durchschnittliche tägliche Verkehrsmenge des<br />
Schwerlastverkehrs beispielsweise <strong>am</strong> Autobahnkreuz Stuttgart im Jahr 2009, so ergibt sich bei einer durchschnittlichen<br />
werkstäglichen Verkehrsmenge von fast 24 000 LKW statistisch gesehen ein Potential von ca.1 700 (bzw. 1 900) LKW-<br />
Fahrern pro Werktag, welche an diesem Ort übermüdet und nicht mehr verkehrssicher unterwegs sind.<br />
Zu berücksichtigen ist, dass die Messungen freiwillig waren und tagsüber, bei niedrigen Außentemperaturen, durchgeführt<br />
wurden. Man kann vermuten, dass bei Messungen unter anderen Voraussetzungen – wie z.B. pupillographische Messungen<br />
an einem heißen Sommertag oder auf einem Parkplatz an einem monotonen Autobahnabschnitt, der vom Fahrer angefahren<br />
wird, um eine Ruhezeit/Pause einzulegen oder flächendeckende Messungen oder Messungen an anderen Wochentagen<br />
oder Nachtmessungen – mehr Fahrer im „roten Bereich“ liegen würden.<br />
Die Teilnehmer aus der Kontrollgruppe wurden überwiegend als „schläfriger“ eingestuft als die Fahrer. Hierfür gibt es verschiedene<br />
Gründe. Durch die regelmäßige Eignungsuntersuchung der Fahrer gab es im Fahrerkollektiv weniger Beschäftigte<br />
mit chronischen Erkrankungen, die zu einem eingeschränkten Wachheitsgrad bzw. Aufmerks<strong>am</strong>keit führten, als im Kontrollkollektiv.<br />
Die Untersuchung der Kontrollgruppe fand während der warmen Jahreszeit in nicht klimatisierten Räumen statt.<br />
Darüber hinaus hatten die Teilnehmer der Kontrollgruppe teilweise erhebliche Schlafdefizite, waren zuvor nicht - wie die<br />
Fahrer - in einer Polizeikontrolle gewesen und hatten weniger Kaffee zu sich genommen.<br />
Die untersuchten Fahrer nannten zahlreiche Ursachen für Schläfrigkeit <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong>. Am ehesten ließen sich der Einfluss von<br />
Lärmbelastung bei der vorangegangenen Übernachtung und der Einfluss der Überschreitung der Lenkzeiten und Wochenarbeitszeiten<br />
auf die Wachheit und Aufmerks<strong>am</strong>keit feststellen, wobei die Ergebnisse nicht signifikant sind.<br />
Offenbar kommt es vermutlich im Laufe des Berufslebens zu einer Selektion von Fahrern, die geringere Probleme mit Nacht-<br />
und Schichtarbeit haben oder die eher darauf achten, die vorgeschriebenen Lenk- und Arbeitszeiten einzuhalten und bestrebt<br />
sind, ihre Ruhezeiten ohne Lärmbelastung zu verbringen (sogenannter Healthy Worker-Effekt).<br />
45<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
4 Prävention<br />
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
4.1 Arbeitsschutzrechtliche Grundlagen für das Fahrpersonal<br />
4.1.1 Arbeitsschutzrecht, Verkehrsrecht<br />
Wie für alle Betriebe gelten auch für Gütertransportunternehmen die allgemeinen Arbeitsschutzgesetze 12 . Die Arbeitsschutzgesetzgebung<br />
basiert auf europäischem Recht. Diese Regelungen sind Mindestbedingungen, die von allen Mitgliedsstaaten<br />
eingehalten werden müssen. Nationale Vorschriften können über das europäische Recht hinausgehen. Nachfolgend sind<br />
auszugsweise einige Vorschriften aufgeführt:<br />
� Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und<br />
des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (Arbeitsschutzgesetz – ArbSchG)<br />
Das Arbeitsschutzgesetz regelt die Grundpflichten des Arbeitgebers im Arbeitsschutz wie z. B. das Erstellen einer<br />
Gefährdungsbeurteilung, von Betriebsanweisungen, Schutzmaßnahmen, die Information der Arbeitnehmer zum<br />
Arbeitsschutz und die Pflicht zur Verbesserung des Arbeitsschutzes.<br />
� Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen<br />
bei der Arbeit (PSA-Benutzungs-verordnung – PSA-BV)<br />
Die Verordnung enthält Anforderungen an die persönlichen Schutzausrüstungen (z. B. Handschuhe, Atemschutz,<br />
Arbeitsschuhe).<br />
� Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der manuellen Handhabung von Lasten bei der<br />
Arbeit (Lastenhandhabungsverordnung – LasthandhabV)<br />
Die Verordnung enthält Grundlagen für das Heben und Tragen von Lasten.<br />
� Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch Lärm und Vibrationen (Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutz-Verordnung<br />
– LärmVibrationsArbSchV)<br />
Die Verordnung enthält Bestimmungen zum Schutz vor Lärm und Vibrationen.<br />
� Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Bereitstellung von Arbeitsmitteln und deren<br />
Benutzung bei der Arbeit, über Sicherheit beim Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen und über die<br />
Organisationen des betrieblichen Arbeitsschutzes (Betriebssicherheits-Verordnung – BetrSichV)<br />
Die Verordnung enthält Anforderungen an die Betriebssicherheit.<br />
� Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit (Arbeitssicherheitsgesetz<br />
– ASiG)<br />
Das Arbeitssicherheitsgesetz regelt die Betreuung der Arbeitnehmer durch Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Betriebsärzte<br />
und Sicherheitsbeauftragte sowie die Grundstruktur der Arbeitssicherheit im Betrieb. Es verankert die<br />
Tätigkeit des Arbeitsschutzausschusses. Für Kleinbetriebe enthält es verschiedene Ausnahmeregelungen. Die zuständigen<br />
Berufsgenossenschaften entscheiden über Einsatzzeiten der Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit.<br />
Sie können vom Arbeitssicherheitsgesetz abweichende Betreuungsmodelle, wie zum Beispiel Arbeitgebermodelle<br />
anbieten, bei denen der Arbeitgeber nach entsprechender Schulung die Funktion von Betriebsarzt und<br />
Sicherheitsingenieur übernimmt und parallel dazu von Fachleuten Rat einholen kann.<br />
12 Die hier auszugsweise aufgeführten staatlichen Vorschriften sind im Internet unter<br />
http://www.gaa.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/16050/ hinterlegt.<br />
46<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
� Gesetz zum Schutze der erwerbstätigen Mutter (Mutterschutzgesetz – MuSchG)<br />
Auf Grund der Mutterschutzgesetzgebung dürfen Lastkraftwagenfahrerinnen während einer Schwangerschaft<br />
grundsätzlich nicht mit Fahrtätigkeiten weiterbeschäftigt werden. Dieses Verbot greift, wenn diese Beschäftigung<br />
schwerpunktmäßig bzw. an mehr als vier Stunden an Werktagen ausgeübt wird. Werdende Mütter dürfen keinen<br />
Vibrationen und Erschütterungen ausgesetzt werden. Dies bedeutet, dass Fahrten insbesondere auf Baustellen<br />
oder unebenen Fahrbahnen nicht zulässig sind. Darüber hinaus dürfen sie nicht in der Nachtzeit oder an Sonn-<br />
und Feiertagen beschäftigt werden. Akkord- oder Schichtarbeit sind verboten, ebenso Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr.<br />
Die werdende Mutter darf regelmäßig nicht mehr als 5 kg heben und tragen, gelegentlich nicht mehr als 10 kg. Sie<br />
darf keine Alleinarbeiten verrichten. Die Verordnung zum Schutze der Mütter <strong>am</strong> Arbeitsplatz schreibt zusätzlich<br />
eine Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes von Frauen im gebärfähigen Alter vor.<br />
In der Regel muss der Arbeitgeber die Fahrerin anderweitig im Betrieb beschäftigen oder von der Arbeit freistellen.<br />
Sie bekommt Ihren bisherigen Lohn und Zulagen weiter. Der Arbeitgeber hat die Schwangerschaft seiner Mitarbeiterinnen<br />
der zuständigen Gewerbeaufsicht/Arbeitsschutzbehörde schriftlich mitzuteilen. In Baden-Württemberg<br />
sind dies die Regierungspräsidien. Jeweils zuständig ist das Regierungspräsidium, in dessen Aufsichtsbezirk der<br />
Unternehmenssitz ist.<br />
Der Arbeitgeber kann nach dem sogenannten U2-Verfahren bei der gesetzlichen Krankenkasse der Arbeitnehmerin<br />
beantragen, ihm die entstehenden Lohnkosten zu ersetzen. Es wird empfohlen, dem Antrag an die Krankenkasse<br />
eine Kopie der Mitteilung über die Schwangerschaft der Fahrerin an die zuständige Gewerbeaufsichtsbehörde<br />
beizufügen.<br />
� Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter (Gefahrgutbeförderungsgesetz – GGBefG)<br />
Hier finden sich Grundsätze für die Gefahrgutbeförderung.<br />
� Verordnung über die Beförderung gefährlicher Güter (GGVS)<br />
Hier finden sich Grundsätze für die Gefahrgutbeförderung.<br />
� Sozialvorschriften für das Fahrpersonal im Straßenverkehr<br />
Die Sozialvorschriften enthalten u. a. Regelungen zu Lenk- und Ruhezeiten, Fahrtunterbrechungen (Pausen). Sie<br />
gelten für Fahrerinnen/Fahrer, unabhängig, ob sie Selbstständige oder in einem Unternehmen angestellt sind:<br />
- Europäisches Übereinkommen über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten<br />
Fahrpersonals (AETR); die Bestimmungen gelten in allen Staaten, die dieser Vereinbarung beigetreten<br />
sind.<br />
- Verordnung (EG) Nr. 561/2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr;<br />
Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr; die Bestimmungen der beiden<br />
Verordnungen gelten unmittelbar in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union.<br />
- Gesetz über das Fahrpersonal von Kraftfahrzeugen und Straßenbahnen (Fahrpersonalgesetz -<br />
FPersG); die Bestimmungen gelten ausschließlich in Deutschland.<br />
- Verordnung zur Durchführung des Fahrpersonalgesetzes (Fahrpersonalverordnung - FPersV); die Bestimmungen<br />
gelten ausschließlich in Deutschland<br />
� Arbeitszeitgesetz (ArbZG)<br />
Regelt u. a. die werktägliche Arbeitszeit, die Ruhezeit und die Pausen von Arbeitnehmern, spezielle Regelungen<br />
für Arbeitnehmer als Fahrer sind zusätzlich in § 21 a ArbZG enthalten.<br />
� Gesetz über die Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güterkraft-<br />
oder Personenverkehr (Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetz – BKrFQG)<br />
Enthält u. a. Bestimmungen zum Mindestalter, zur Qualifikation, Aus- und Weiterbildung eines Kraftfahrers.<br />
� Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO)<br />
Regelt u. a. Ausrüstungspflicht eines Fahrzeugs mit einem Fahrtschreiber/ Kontrollgerät - §57 a StVZO<br />
47<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
Informationen zum Arbeitsschutz<br />
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Auskünfte zu den Arbeitsschutzrechtbestimmungen erteilen in Baden Württemberg die für die Gewerbeaufsicht zuständigen<br />
Stellen in den Stadtverwaltungen der Stadtkreise (Baden-Baden, Freiburg i. Br., Heidelberg, Heilbronn, Karlsruhe, Mannheim,<br />
Pforzheim, Stuttgart und Ulm) sowie in den Landratsämtern der Landkreise.<br />
Berufsgenossenschaftliches Regelwerk<br />
Im Folgenden ist eine auszugsweise Aufstellung der Vorschriften aufgeführt 13 ,<br />
� Berufsgenossenschaftliche Vorschriften:<br />
- BGV A1 Grundsätze der Prävention<br />
- BGV A2 Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit (jetzt DGUV-Vorschrift 2)<br />
- BGV A3 Elektrische Anlagen und Betriebsmittel<br />
- BGV A4 Arbeitsmedizinische Vorsorge (wird aufgehoben)<br />
- BGV C 27 Müllbeseitigung<br />
- BGV D 29 Fahrzeuge<br />
� Berufsgenossenschaftliche Regeln:<br />
- BGR A1 Grundsätze der Prävention<br />
- BGR A3 Arbeiten unter Spannung an elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln<br />
- BGR 117-2 Behälter, Silos und enge Räume; Teil 2: Umgang mit transportablen Silos<br />
- BGR 127 Deponien<br />
- BGR 128 Kont<strong>am</strong>inierte Bereiche<br />
- BGR 136 Richtlinien für Liegeplätze in Führerhäusern und Ruheräumen von Fahrzeugen<br />
- BGR 147 Regeln für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit an Tankstellen<br />
- BGR 157 Fahrzeug-Instandhaltung<br />
- BGR 186 Austauschbare Kipp- und Absetzbehälter<br />
- BGR 189 Benutzung von Schutzkleidung<br />
- BGR 190 Benutzung von Atemschutzgeräten<br />
- BGR 191 Benutzung von Fuß- und Knieschutz<br />
- BGR 192 Benutzung von Augen- und Gesichtsschutz<br />
- BGR 193 Benutzung von Kopfschutz<br />
- BGR 194 Einsatz von Gehörschützern<br />
- BGR 195 Benutzung von Schutzhandschuhen<br />
- BGR 233 Ladebrücken und fahrbare R<strong>am</strong>pen<br />
- BGR 234 Lagereinrichtungen und Lagergeräte<br />
- BGR 237 Sicherheitsregeln für Hydraulik-Schlauchleitungen<br />
- BGR 238-1 Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten in der Abfallwirtschaft<br />
13 Diese sowie weitere Vorschriften stehen unter http://bgf.vur.jedermann.de zur Verfügung<br />
48<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
- BGR 500 Betreiben von Arbeitsmitteln<br />
� Berufsgenossenschaftliche Informationen:<br />
- BGI 503 Anleitung zur ersten Hilfe<br />
- BGI 504-20 Lärm<br />
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
- BGI 504-25 Fahr-, <strong>Steuer</strong>- und Überwachungstätigkeiten<br />
- BGI 515 Persönliche Schutzausrüstungen<br />
- BGI 520 Ladebrücken<br />
- BGI 534 Arbeiten in engen Räumen<br />
- BGI 550 Fahrzeug - Instandhaltung<br />
- BGI 560 Arbeitssicherheit durch vorbeugenden Brandschutz<br />
- BGI 564 Tätigkeit mit Gefahrstoffen<br />
- BGI 578 Sicherheit durch Betriebsanweisungen<br />
- BGI 581 Fahrerkabinen mit Anlagen zur Atemluftversorgung auf<br />
Erdbaumaschinen<br />
- BGI 582 Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Transport- und<br />
Lagerarbeiten<br />
- BGI 590 Sichere Beförderung von Flüssiggasflaschen auf der Straße<br />
- BGI 599 Sicheres Kuppeln von Fahrzeugen<br />
- BGI 610 Sicherer Betrieb von LKW-Ladekranen<br />
- BGI 649 Ladungssicherung auf Fahrzeugen<br />
- BGI 665 Abbrucharbeiten<br />
- BGI Muster-Betriebsanweisung für den Betrieb von Fahrzeugbehältern für körnige oder staubförmige<br />
Güter<br />
- BGI 673 Empfehlungen zur Benutzung von Gehörschützern durch Fahrzeugführer bei der Teilnahme<br />
<strong>am</strong> öffentlichen Straßenverkehr<br />
- BGI 689 Fahrzeughebebühnen<br />
- BGI 800 Sicherungsmaßnahmen bei Pannen-/Unfallhilfe, Bergungs- und Abschlepparbeit<br />
- BGI 857 Sicherer Betrieb von Tankfahrzeugen für Mineralölprodukte<br />
- BGI 884 Sichere Reifenmontage<br />
- BGI 5004 Sicherer Einsatz von Absetzkippern<br />
- BGI 5005 Sicherer Einsatz von Abroll- und Abgleitkippern<br />
- BGI 5010 Worauf Sie beim Transport kont<strong>am</strong>inierter Materialien achten sollen<br />
- BGI 5017 Ladeeinrichtungen für Fahrzeugbatterien<br />
- BGI 5025 Fahrzeugaufbereitung<br />
- BGI 5042 Sicheres Arbeiten mit Fahrzeugen an Lader<strong>am</strong>pen<br />
- BGI 5064 Nur nicht umkippen!<br />
- BGI 7005 Gesund und fit im Kleinbetrieb<br />
49<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
4.1.2 Überwachung der Sozialvorschriften<br />
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Um die Arbeitssicherheit der Fahrer zu verbessern, die Personen- oder Güterbeförderungen sowohl europaweit als auch<br />
innerhalb Deutschlands durchführen, wurden die Sozialvorschriften erlassen. Die Überwachung der Lenk- und Ruhezeiten,<br />
Fahrtunterbrechungen (Tab. 3) und der Arbeitszeiten der Fahrer erfolgt sowohl auf der Straße als auch in Betrieben, die<br />
Personen- oder Güterbeförderungen durchführen.<br />
In Baden-Württemberg wird die Einhaltung der Sozialvorschriften und der Verkehrssicherheit im Rahmen von Straßenkontrollen<br />
durch die Verkehrs- und Autobahnpolizei sowie durch das Bundes<strong>am</strong>t für Güterverkehr (BAG) überprüft. Dabei festgestellte<br />
Zuwiderhandlungen gegen die Sozialvorschriften werden an die für die Ahndung von Verstößen gegen das Fahrpersonalrecht<br />
und gleichzeitig für den Betriebssitz des Unternehmens zuständige Arbeitsschutzbehörde in den einzelnen<br />
Bundesländern gemeldet. In Baden-Württemberg sind dies die Gewerbeaufsichtsbehörden in den Landratsämtern und kreisfreien<br />
Städten 14 .<br />
Lenkzeiten Stunden Fahrtunterbrechungen Minuten<br />
täglich 9 nach 4,5 Stunden Lenkdauer 45<br />
zweimal pro Woche 10 Aufteilung innerhalb Lenkdauer:<br />
wöchentlich 56 1. Pause 15<br />
Doppelwoche 90 2. Pause 30<br />
tägliche Ruhezeiten Stunden wöchentliche Ruhezeiten Stunden<br />
24 Stunden-Zeitraum 11 wöchentlich 45<br />
Tab. 3<br />
Lenkzeiten, Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten<br />
gemäß den Sozialvorschriften für das Fahrpersonal<br />
Die Gewerbeaufsichtsbehörden in Baden-Württemberg prüfen im Rahmen von Betriebskontrollen, ob die Verkehrsunternehmen,<br />
Disponenten und die Mitglieder des Fahrpersonals entsprechend ihrem Aufgaben- und Verantwortungsbereich die<br />
Sozialvorschriften hinreichend beachten.<br />
4.1.2.1 Überwachung durch die Polizei (Verkehrskontrollen)<br />
Allgemeine Verkehrslage<br />
Die Polizei ist für die Überwachung der Verkehrssicherheit zuständig. Verkehrssicherheit umfasst begrifflich den Schutz vor<br />
Unfallgefahren und Maßnahmen zur Reduzierung der Unfallfolgen im Straßenverkehr. Die Vermeidung von Unfallrisiken<br />
sowie die Minderung von unfallbedingten Verletzungs- und Schadensfolgen haben deshalb gesellschaftlich und politisch<br />
hohe Priorität. Häufig unterschätzt werden dabei die durch Unfälle verursachten Beeinträchtigungen für einen leichten und<br />
effizienten Verkehrsfluss im Straßennetz. Obwohl die Anzahl der im Straßenverkehr Getöteten seit dem Jahre 1970 um 75 %<br />
zurückgegangen ist, wobei im gleichen Zeitraum Fahrleistung und Anzahl der Fahrzeuge auf Deutschlands Straßen etwa um<br />
das Dreifache anstiegen, bleibt die Verkehrssicherheitsarbeit weiterhin eine herausragende ges<strong>am</strong>tgesellschaftliche Aufgabe.<br />
Um das hohe Gut der Verkehrssicherheit herauszustellen, hat die Bundesregierung 15 ein Maßnahmebündel verabschiedet,<br />
welches unter anderem die durch den Betrieb schwerer Nutzfahrzeuge verursachten Verkehrsgefahren mindern und die<br />
Sicherheit auf Landstraßen erhöhen soll. Orientierung und Maßstab ist hierbei das 3. Europäische Aktionsprogr<strong>am</strong>m zur<br />
Straßenverkehrssicherheit, das eine Halbierung der im Straßenverkehr Getöteten auf Gemeinschaftsebene bis 2010 anstrebt.<br />
14 Eine Übersicht über die Arbeitsschutzbehörden in den einzelnen Bundesländern ist auf der Homepage des Bundes<strong>am</strong>tes für Güterverkehr<br />
hinterlegt: http://www.bag.bund.de/cae/servlet/contentblob/11650/publicationFile/3291/Adressen_Genehmigungsbehoerden.pdf<br />
15 Deutscher Bundestag Drucksache 16/2100 16. Wahlperiode 28. 06. 2006<br />
50<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
2006 wurden in Baden-Württemberg 122.651 Lastkraftwagen kontrolliert. Fast jedes dritte Fahrzeug war auffällig. 6.800<br />
Lastkraftwagen wurden wegen technischer Mängel beanstandet, 15.899-mal wurden Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeiten<br />
registriert. 3.598-mal musste die Weiterfahrt auf Grund von Verkehrunsicherheit oder Übermüdung durch mangelnde Ruhezeit<br />
oder zu lange Lenkzeit untersagt werden. Bisher gibt es noch kein gerichtsfestes Verfahren, mit dem Übermüdung sicher<br />
festgestellt werden kann.<br />
Unfalllage in Baden-Württemberg<br />
Nach Angaben des Innenministeriums Baden-Württemberg ist die Zahl der LKW-Unfälle zu Beginn des Jahres 2007 erneut<br />
gestiegen. Dies ist zus<strong>am</strong>men mit der nach wie vor hohen Zahl der bei Verkehrskontrollen zu beanstandenden Lkw eine<br />
bedenkliche Entwicklung. So nahm die Zahl der Unfälle, bei denen Lastkraftwagen beteiligt waren, im Jahr 2006 um 6,4%<br />
gegenüber dem Vorjahr zu. Auch blieb die Quote der dabei von den Lastkraftwagenfahrern maßgeblich verursachten Unfälle<br />
bei etwa 70% relativ konstant. Der enorme Anstieg um 32,7% auf 69 tödlich verletzte Personen bei von Lastkraftwagenfahrern<br />
verursachten Unfällen stellt die mit dem Schwerverkehr verbundene Unfallgefahr drastisch heraus. Insbesondere bei<br />
den Unfällen mit schweren Folgen sind Geschwindigkeits- und Abstandsverstöße Hauptursachen.<br />
Zwar überwiegen bei den Beanstandungen des LKW-Verkehrs nach wie vor Verstöße gegen die Lenk- und Ruhezeiten.<br />
Dennoch bleibt die konkrete Unfallursache bei manchem schweren Verkehrsunfall im Dunkeln. Sehr häufig hat eine Verkettung<br />
mehrerer ungünstiger Faktoren den Verkehrsunfall ausgelöst. Erfahrungen, Auswertungen und aus Ermittlungsverfahren<br />
im Bereich des Schwerverkehrs gewonnene Erkenntnisse der Polizei führen zum Schluss, dass in zahlreichen Fällen<br />
Aufmerks<strong>am</strong>keitsdefizite die Unfallursachen dominieren oder den negativen Unfallverlauf bzw. das Schadensausmaß wesentlich<br />
beeinträchtigt haben.<br />
Erkenntnisse aus der polizeilichen Ermittlungsarbeit<br />
� Abkommen von der Fahrbahn nach rechts<br />
Massive Spurzeichnungen auf unbefestigten Randstreifen oder gegen Leiteinrichtungen der Fahrbahnen sind untrügliche<br />
Zeugnisse von plötzlich ausgelösten Korrekturmanövern. Im Rahmen von Kontrollgesprächen und Anhörungen<br />
beschreiben Lastkraftwagenfahrer regelmäßig das Phänomen, dass bei nachlassender Konzentration und<br />
eingeschränkter Wachheit das Lenkrad des Fahrzeugs gerade auf monotonen oder verkehrsarmen Strecken leicht<br />
nach rechts gedreht und somit auf den Seitenstreifen gefahren wird. Entweder durch den Anstoß an der Leiteinrichtung<br />
oder beim Einfahren in weichen Untergrund wird die Aufmerks<strong>am</strong>keit schlagartig geweckt und dabei eine<br />
oft unkoordinierte, ruckartige Lenkbewegung ausgeführt. Derselbe Effekt tritt ein, wenn die Fahrbahn nicht mehr<br />
gerade verläuft.<br />
� Abkommen von der Fahrbahn nach links; Fahrstreifenwechsel<br />
Mehrere Fahrzeuge fahren mit annähernd gleicher Geschwindigkeit auf einem Fahrstreifen. Der Einsatz des Tempomats<br />
ist bei Schwerverkehrsfahrzeugen beliebt und gerade auf langen Fahrstrecken eine Erleichterung. Wird<br />
aufgrund unterschiedlicher Ladungsgewichte oder Leistungsstärken innerhalb der Fahrzeugkolonne ein Lastkraftwagen<br />
langs<strong>am</strong>er, reagiert ein nachfolgender Fahrer möglicherweise zu spät oder falsch. Nach der Situationsbeschreibung<br />
von Fahrern wird sozusagen in letzter Sekunde vor dem Aufprall die Abstandsunterschreitung bemerkt<br />
und das Lenkrad in diesen Fällen - bei mehrspurigen Fahrbahnen - ruckartig nach links gerissen. Diese Ausweichbewegung<br />
werten beobachtende Verkehrsteilnehmer meist als „klassisches“ Überholmanöver. Fahren zu diesem<br />
Zeitpunkt Fahrzeuge auf einem parallelen Fahrstreifen, sind folgenschwere seitliche Kollisionen unausweichlich.<br />
� Auffahren auf Stauende<br />
Unfälle mit regelmäßig schwersten Folgen ergeben sich beim ungebremsten Auffahren auf ein Stauende. Auswertungen<br />
der Geschwindigkeitsaufzeichnungen lassen hierbei in den meisten Fällen bis zum Aufprall keinerlei Geschwindigkeitsreduzierung<br />
erkennen. Insbesondere bei hohen Fahrgeschwindigkeiten und guten Sichtverhältnissen<br />
können hier nur kurz anhaltende Aufmerks<strong>am</strong>keitsdefizite - also der klassische „Sekundenschlaf“ - nahezu<br />
ausgeschlossen werden. In diesen Fällen ist von massiven Wachheitsdefiziten auszugehen. In weiteren von Fahrern<br />
geschilderten Fällen kommt es im Kolonnenverkehr aufgrund minimaler Geschwindigkeitsdifferenzen, bei<br />
nachlassender Aufmerks<strong>am</strong>keit, zu leichten Auffahrunfällen. Unmittelbar nach dem Kontakt zum vorausfahrenden<br />
Fahrzeug wird der Fahrer wach, korrigiert, bremst und spricht meistens per Funk den vorausfahrenden Geschädigten<br />
an. Derartige “Fahrzeugkontakte“ bleiben in aller Regel vom vorausfahrenden Geschädigten auch nicht unbemerkt,<br />
so dass zur Schadensregulierung die nächste Haltemöglichkeit aufgesucht, aber meistens nicht die Polizei<br />
zur Unfallaufnahme hinzugezogen wird.<br />
51<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
� Manipulation der Kontrollgeräte<br />
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Zur sicheren Überwachung der gesetzlich vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten, der Fahrtunterbrechungen/Pausen<br />
und Arbeitszeiten müssen grundsätzlich in gewerblich genutzten Fahrzeugen, die zum Gütertransport<br />
bestimmt sind und deren zulässige Höchstmasse mehr als 3,5 Tonnen beträgt bzw. bei Fahrzeugen zur Personenbeförderung<br />
mit mehr als acht Fahrgastplätzen Kontrollgeräte eingebaut und verwendet werden. Diese Kontrollgeräte<br />
unterliegen Überwachungs- und Bedienungspflichten durch Fahrer und Unternehmer als auch der Kontrolle<br />
diverser Behörden. Gewerblich genutzte Fahrzeuge, die grundsätzlich zum Gütertransport bestimmt sind und deren<br />
zulässige Höchstmasse mehr als 2,8 Tonnen und nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, unterliegen zwar auch<br />
den Sozialvorschriften, jedoch kann auf den Einbau und die Benutzung eines Kontrollgerätes verzichtet werden,<br />
wenn der Fahrer die o.g. Zeiten handschriftlich aufzeichnet.<br />
Wenn die vorgegebenen Ruhezeit- und Pausenkontingente unterschritten oder die Lenkzeit überschritten wird,<br />
steigt bei weiterer Teilnahme <strong>am</strong> Straßenverkehr das Unfallrisiko an. Unter den in § 2 Straßenverkehrsgesetz genannten<br />
persönlichen Voraussetzungen zur Teilnahme <strong>am</strong> Straßenverkehr ist eine ausreichende geistige und körperliche<br />
Leistungsfähigkeit Voraussetzung. Sie ist bei Unterschreiten der geforderten Ruhezeiten möglicherweise<br />
eingeschränkt.<br />
Körperliche Mängel, die die Fähigkeit, ein Fahrzeug sicher zu führen, ausschließen, führen zu einem Verlust der<br />
Eignung für den Straßenverkehr für die Dauer des Mangels. Eine durch die Arbeitsdauer oder Arbeitsbelastung<br />
bedingte Müdigkeit kann durch Ersatzhandlungen, Medik<strong>am</strong>ente oder etwa technisch unterstützende Fahrzeugeinrichtungen<br />
nicht wirks<strong>am</strong> aufgehoben und somit dieser Mangel nicht beseitigt werden. Wird gegen die gesetzlich<br />
festgelegten Mindest- oder Höchstmaße der Sozialvorschriften verstoßen, steigt mit dem Ausmaß des Fehlverhaltens<br />
auch das konkrete Unfallrisiko. Neben bußgeldrechtlichen Sanktionen hat der Fahrer die Untersagung seiner<br />
Weiterfahrt zu erwarten. Gerade bei den zahlreichen just in time-Verkehren stellt dies für Fahrer und Unternehmer<br />
ein wesentliches Betriebsrisiko dar. Ist der Lastkraftwagen zur Optimierung der Logistik nur Teil einer komplexen<br />
Transportkette, kann ein Ausfall terminliche Verzögerungen und dadurch erhebliche betriebliche Nachteile (Konventionalstrafen/Auftragsverlust<br />
etc.) auslösen. Die Ursachen von Termindruck und Terminknappheit können unter<br />
anderem in der Disposition, den verschärften Wettbewerbsbedingungen, den unzureichenden Durchflussleistungen<br />
der Straßen aufgrund starker Verkehrsbelastung oder Staus, sowie in technischen Defekten liegen.<br />
Steht der optimalen Ausnutzung gegebener Rahmenbedingungen die Beachtung der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften<br />
im Wege, versuchen manche Fahrer und ggf. Unternehmer den Interessenkonflikt zum Nachteil der Verkehrssicherheit<br />
zu lösen. Entweder werden bei entsprechender Kontrolle ein Bußgeld und der polizeilich verfügte<br />
Zwangsstopp riskiert oder nach Möglichkeiten gesucht, die Aufzeichnungstechnik der Kontrollgeräte zu beeinflussen.<br />
Zwar sind zur Verbesserung der Manipulationssicherheit und Optimierung der Datenerfassung und -nutzung seit<br />
dem 01.05.2006 in alle Neufahrzeuge, die erstmals zum Straßenverkehr zugelassen werden und unter den Anwendungsbereich<br />
der fahrpersonalrechtlichen Vorschriften fallen, digitale Kontrollgeräte einzubauen. Derzeit verfügt<br />
jedoch noch der Großteil der bereits im Verkehr befindlichen Fahrzeuge über die herkömmliche Aufzeichnungstechnik,<br />
die für die unterschiedlichsten Fälschungstechniken und -handlungen anfällig ist.<br />
� Fazit<br />
Mangelnde Wachheit, Aufmerks<strong>am</strong>keitsdefizite und Übermüdung sind herausragende Risikofaktoren für die Sicherheit<br />
im Straßenverkehr. Der Personen- und Güterverkehr nimmt hierbei wegen der Massenkräfte, des drohenden<br />
Schadensausmaßes und der transportbedingten Fahrzeiten eine herausragende Stellung ein.<br />
4.1.2.2 Überwachung durch die Gewerbeaufsichtsbehörde (Betriebskontrollen)<br />
Die Gewerbeaufsichtsbehörden in den Landratsämtern und kreisfreien Städten über-prüfen u. a., ob die Entlohnung des<br />
Fahrpersonal abhängig von der zurückgelegten Strecke und/oder der Menge der beförderten Gütern ist und diese Zahlungen<br />
ggf. geeignet sind, die Sicherheit im Straßenverkehr zu gefährden und/oder gegen Regelungen der Sozialvorschriften zu<br />
verstoßen. Durch stichprobenweise Auswertungen der fahrerbezogenen Kontrollgeräteaufzeichnungen (z. B. Schaublätter,<br />
Ausdrucke digitaler Daten) bzw. Hand-Aufschriebe über einen längeren Zeitraum kontrollieren die Bediensteten der Gewerbeaufsicht,<br />
ob die Betriebe die Arbeit bzw. die Arbeitseinsätze der Fahrer so organisieren, dass die Bestimmungen über<br />
Lenk- und Ruhezeiten bzw. Fahrtunterbrechungen und Pausen sowie sonstige Arbeiten eingehalten werden können und ob<br />
das Fahrpersonal sich an die Regelungen der Sozialvorschriften hält. Neben den Kontrollen informiert die Gewerbeaufsicht<br />
52<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
auch die Arbeitgeber und Arbeitnehmer (z. B. Disponenten und Fahrpersonal) über die Vorschriften des Fahrpersonalrechts<br />
und gibt Hinweise zur richtigen Anwendung 16 .<br />
Betriebskontrollen in Omnibus- und Gütertransportbetrieben<br />
Im Jahr 2008 haben die 44 zuständigen Gewerbeaufsichtsbehörden in Baden-Württemberg im Rahmen von Betriebskontrollen<br />
insges<strong>am</strong>t 96 Omnibusunternehmen und 914 Gütertransportbetriebe überprüft. Dabei sind mehr als 250.000 Fahrtage<br />
von mehr als 4.000 Fahrerinnen/Fahrern ausgewertet worden. Die Kontrollen brachten folgendes Ergebnis:<br />
Kontrollen Personenverkehr Güterverkehr<br />
Überprüfte Betriebe<br />
Beanstandete Betriebe<br />
Überprüfte Fahrerinnen/Fahrer<br />
davon von Verstößen betroffen<br />
53<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg<br />
96<br />
60<br />
688<br />
153<br />
914<br />
612<br />
3.645<br />
1.828<br />
Festgestellte Verstöße Personenverkehr Güterverkehr<br />
Verstöße gegen Formvorschriften *<br />
Zulässige Lenkzeiten überschritten<br />
Fahrtunterbrechungen nicht eingehalten<br />
Ruhezeiten nicht eingehalten<br />
403<br />
116<br />
344<br />
270<br />
22.495<br />
12.346<br />
17.806<br />
12.362<br />
* Mängel beim Benutzen des Kontrollgeräts; fehlende bzw. unvollständige Fahrnachweise<br />
Das Ergebnis der Betriebskontrollen zeigte, dass insbesondere in den Güterverkehrsbetrieben das Fahrpersonal die zulässigen<br />
Lenkzeiten überschreitet und die Mindestruhezeiten nicht ausreichend einhält. Die hohe Anzahl an Formverstößen, wie<br />
beispielsweise das nicht ordnungsgemäße Betreiben des Kontrollgeräts, lässt die Vermutung zu, dass hierdurch versucht<br />
wird, Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeitvorschriften zu verbergen. Nachdem die Disposition der Arbeitseinsätze des Fahrpersonals<br />
durch die Betriebe verstärkt telefonisch erfolgt, werden den Bediensteten der Gewerbeaufsicht in der Regel keine<br />
aussagefähigen Dispositionsunterlagen vorgelegt. Verstöße, die zwar vom Fahrpersonal begangen worden sind, aber aufgrund<br />
einer unzureichenden Disposition nicht vermeidbar gewesen sind, können somit nur in Einzelfällen und mit einem<br />
erheblichen Auswertungsaufwand hinsichtlich der Aufzeichnungen (z. B. Schaublätter/Ausdrucke digitaler Daten) den Betrieben<br />
nachgewiesen werden. Auch bei der Überprüfung der Omnibusbetriebe wurden Verstöße gegen die Sozialvorschriften<br />
festgestellt. Dennoch war im Vergleich zu den Güterverkehrsbetrieben der Anteil an Feststellungen, bezogen auf die überprüften<br />
Betriebe bzw. das Fahrpersonal, gering.<br />
Ordnungswidrigkeitenverfahren im Fahrpersonalrecht im Jahr 2008<br />
Die Bußgeldstellen der Gewerbeaufsichtsbehörden in den Landratsämtern und kreisfreien Städten haben aufgrund der im<br />
Jahr 2008 übermittelten Meldungen und Anzeigen der Polizei, des Bundes<strong>am</strong>tes für Güterverkehr und der Gewerbeaufsichtsbehörden<br />
folgende Maßnahmen durch Verwaltungsverfahren getroffen:<br />
Maßnahmen Personenverkehr Güterverkehr<br />
Verwarnungen<br />
Bußgeldverfahren *<br />
15<br />
128<br />
1.209<br />
13.447<br />
* In Bußgeldverfahren gegen Unternehmer oder Disponenten werden regelmäßig mehrere Arbeitnehmer berücksichtigt,<br />
die z. B. aufgrund unzureichender Disposition gegen die Sozialvorschriften verstoßen haben.<br />
16 Hierzu hat das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg eine Informationsbroschüre<br />
„Sozialvorschriften für das Fahrpersonal im Straßenverkehr“ herausgegeben. Die Kurzinformation kann bei den Gewerbeaufsichtsbehörden<br />
angefordert oder direkt vom Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg, Postfach 10<br />
34 43, 70029 Stuttgart bezogen werden. Darüber hinaus steht sie unter<br />
http://www.sozialministerium-bw.de/de/Fahrpersonalrecht/84754.html zum Herunterladen zur Verfügung.
4.2 Bauliche Ansätze<br />
4.2.1. Verbesserung der Parkraumsituation<br />
4.2.1.1 Aus- und Neubauprogr<strong>am</strong>me<br />
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Angesichts der prekären Situation vor allem auf den Parkplätzen der Tank- und Rastanlagen hat der Bund im Jahr 1995 ein<br />
Finanzierungsprogr<strong>am</strong>m in Höhe von 500 Mio. DM mit einer Laufzeit von 10 Jahren aufgelegt. Aus diesem Progr<strong>am</strong>m hat<br />
Baden-Württemberg allein knapp 80 Mio. DM (40 Mio. Euro) erhalten und d<strong>am</strong>it die Parkplätze von insges<strong>am</strong>t 10 Tank- und<br />
Rastanlagen umfassend ausgebaut. Im Jahre 2004 hat der Bund erneut ein Finanzierungsprogr<strong>am</strong>m in Höhe von 250 Mio.<br />
Euro, ebenfalls auf 10 Jahre aufgelegt. Auf der Basis dieses Progr<strong>am</strong>ms hat das Land ein zweites Ausbauprogr<strong>am</strong>m mit<br />
insges<strong>am</strong>t 17 Aus- und 2 Neubaumaßnahmen von Rastanlagen und einem Volumen von über 60 Mio. Euro begonnen. Mit<br />
einem weiteren Progr<strong>am</strong>m sollen bundesweit die Parkplätze an Autobahnen verdoppelt werden. Derzeit realisiert die Straßenbauverwaltung<br />
die Projekte dieses Progr<strong>am</strong>ms, wobei es verschiedene Faktoren gibt, die die Realisierung erschweren.<br />
Es liegt nicht an den finanziellen Mitteln. Diese Mittel stellt der Bund seit über 10 Jahren im erforderlichen Umfang bereit.<br />
Zum einen sind die Abstimmungsprozesse mit der Tank & Rast, der Betreibergesellschaft der Tankstellen, Raststätten und<br />
Motels schwierig und teilweise zeitaufwändig. Beim umfassenden Ausbau der Rastanlagen muss die Tank & Rast häufig ihre<br />
Betriebe an anderer Stelle des Standortes neu bauen. Sie tat sich in den letzten Jahren jedoch teilweise schwer, die notwendigen<br />
Investitionen rechtzeitig zu tätigen. Zum anderen zwischen Bund und Land, denn die Planungen sind sehr komplex<br />
und bedürfen einer intensiven und mehrstufigen Abstimmung.<br />
4.2.1.2 Durchsetzbarkeit<br />
Der Aus- und Neubau von Rastanlagen ist immer mit dem Bau großer LKW-Parkbereiche verbunden. Wenn ein derartiges<br />
Projekt bekannt wird, regt sich in der Regel sofort der Widerstand von Bürgern benachbarter Wohngebiete, z.B. wegen<br />
vermuteten Lärmbeeinträchtigungen oder wegen befürchteter Zunahme der Kriminalität, aber auch der Widerstand der Natur-<br />
und Umweltschutzverbände, z.B. wegen der Versiegelung der Landschaft. In Planfeststellungsverfahren gibt es in der<br />
Regel Einsprüche und Verzögerungen durch langjährige Gerichtsverfahren (aktuelles Beispiel: Die Straßenbauverwaltung<br />
plant schon seit Jahrzehnten den Bau einer Tank- und Rastanlage im südlichen Bereich der A 96. Sie hat dann den Planfeststellungsbeschluss<br />
für den Bau der Rastanlage „Argental“ bei Wangen erwirkt. Der Verwaltungsgerichtshof hat auf Grund<br />
einer Klage des BUND den ges<strong>am</strong>ten Planfeststellungsbeschluss außer Kraft gesetzt mit der Folge, dass die Straßenbauverwaltung<br />
im südlichen Bereich der A 96, soweit Rastanlagen betroffen sind, wieder von vorne beginnen muss).<br />
4.2.1.3 Weitere Aktivitäten zur Verbesserung der Parkraumsituation<br />
� Pilotprojekt zum telematisch gesteuerten LKW-Parken auf Tank- und Rastanlagen<br />
Auf der Rastanlage „Montabaur“ an der Autobahn A 3 hat die Straßenbauverwaltung (SBV) Rheinland-Pfalz in Abstimmung<br />
mit dem Bund ein Pilotprojekt zum telematisch gesteuerten LKW-Parken realisiert. Dabei wurde die Aufgliederung<br />
des LKW-Parkraums so verändert, dass sich die Lastkraftwagen hintereinander, entsprechend ihrer Abfahrtszeit<br />
aufstellen können. Lastkraftwagen mit Kühlaggregaten und Busse werden jeweils in getrennte Parkspuren<br />
eingewiesen. Die Zuweisung der jeweiligen Parkfläche erfolgt durch ein komplexes Software-System in Verbindung<br />
mit in den Stellflächen eingelassenen Sensoren. Die Parkvorgänge müssen rund um die Uhr von ein bis<br />
zwei Personen überwacht werden. Der vom Bund angeforderte Abschlussbericht über dieses Pilotprojekt liegt<br />
noch nicht vor. Sobald dies erfolgt ist, wird sich auch die SBV Baden-Württemberg mit den Realisierungsmöglichkeiten<br />
eines derartigen Projektes in Baden-Württemberg befassen.<br />
� Umwidmung von Parkplätzen<br />
Parkplätze für Personenwagen auf Autobahnrastanlagen sollten nachts mindestens teilweise für Lastkraftwagen<br />
verfügbar gemacht werden. Auch die Errichtung von Parkhäusern für Personenwagen würde die Autobahnparkplätze<br />
entlasten und weitere Parkflächen für Lastkraftwagen freimachen.<br />
54<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
� Einrichtung von Verkehrsleitsystemen<br />
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Mittelfristig ist auch daran gedacht, Leitsysteme zur <strong>Steuer</strong>ung des LKW-Parkverkehrs einzurichten. Solange jedoch<br />
noch flächendeckend entlang der Transit-Achsen eine derart starke Überbelegung der Parkplätze besteht,<br />
sieht der Bund noch keinen Ansatz für den Einsatz derartiger Systeme.<br />
� Aktivitäten der Autohofbetreiber<br />
Parallel zu den Rastanlagen der Autobahn hat sich im Einzugsbereich der Autobahnen das System der Autohöfe<br />
mit ihren großen LKW-Parkplätzen entwickelt. Autohöfe sind eine sinnvolle Ergänzung unseres Rastanlagensystems<br />
an der Autobahn. Allerdings verlangen die Autohofbetreiber zwischenzeitlich Entgelte, was zu einer teilweisen<br />
Zurückverlagerung der Lastkraftwagen auf die Rastanlagen an der Autobahn führt. Mit der fehlenden Mineralölsteuer-Harmonisierung<br />
auf EU-Ebene und den d<strong>am</strong>it verbundenen Umsatzrückgängen und Einkunftseinbußen<br />
wird es in Zukunft kaum noch reizvoll sein, weitere Autohöfe zu bauen.<br />
Seitens des Verbandes der Autohöfe (VEDA) bestehen mittlerweile Überlegungen, auf dem Gelände vorhandener<br />
Autohöfe kurzfristig zusätzliche LKW-Parkplätze zu schaffen, die von dritter Seite (nach den Vorstellungen des<br />
VEDA vom Bund) finanziert werden sollen. Diesem Vorschlag liegt folgende Überlegung zu Grunde: Wegen der<br />
günstigeren Baurechtssituation bei der Errichtung von Autohöfen (Realisierung auf der Basis von Vorhabens- bzw.<br />
Erschließungsplänen von Gemeinden) sind Autohofbetreiber in der Lage, schneller zusätzlichen Parkraum für<br />
Lastkraftwagen zu schaffen. Im Gegensatz dazu sind bei der Erweiterung oder beim Neubau von Rastanlagen an<br />
der Autobahn teilweise sehr zeitaufwändige Planfeststellungsverfahren notwendig. Der VEDA hat diesen Vorschlag<br />
dem Bund vorgetragen.<br />
Lastkraftwagenfahrer berichten, dass entlang der italienischen Autobahnen viele kleinere Parkplätze für zwei bis<br />
drei Lastkraftwagen eingerichtet wurden, dabei sind die Parkflächen von der Einfahrspur weg – oft hinter einem<br />
Lärmschutzwall - auf einer zweiten Spur parallel zur Autobahn eingerichtet.<br />
� Parkplätze mit Discountgeschäften an der Autobahn<br />
Lastkraftwagenfahrer haben angeregt, Parkplätze mit rund um die Uhr geöffneten Discountgeschäften an der Autobahn<br />
einzurichten. Die Fahrer könnten preisgünstig einkaufen und dort ihre Ruhezeit verbringen.<br />
� Parkplätze in Industrie- und Gewerbegebieten<br />
Durch die just in time-Lieferungen können Betriebe ihre Lagerflächen reduzieren bzw. wird das Lager der Betriebe<br />
auf die Straße (den Lastkraftwagen) verlegt. In diesem Zus<strong>am</strong>menhang sollte geprüft werden, ob in Bebauungsplänen<br />
von Industrie- und Gewerbegebieten eine entsprechende Anzahl von LKW-Parkplätzen ausgewiesen werden<br />
kann. Betreiber von Parkplätzen in Autobahnnähe könnten gebeten werden, nachts leer stehende Parkplätze<br />
für die Übernachtung von Lastkraftwagenfahrern zur Verfügung zu stellen. Zumindest sollte darüber nachgedacht<br />
werden, ob Parkmöglichkeiten für Lastkraftwagen in Industrie- und Gewerbegebieten grundsätzlich zugelassen<br />
werden können.<br />
4.2.1.4 Möglichkeiten zur Verringerung der Lärmbelastung für Lastkraftwagenfahrer,<br />
planerische Ansätze<br />
� Ausrichtung der Parkflächen für Lastkraftwagen<br />
Das Land Baden-Württemberg versucht, die Stellplätze für Lastkraftwagen zur Fläche hin, das heißt von der Autobahn<br />
abgewandt, auszurichten, Wenn die dazu notwendige Fläche vorhanden ist (Beispiel: Rastanlage Baden-<br />
Baden).<br />
� Ausrichtung der Fahrerkabinen von der Autobahn weg<br />
Die meisten Parkflächen für Lastkraftwagen werden über eine sogenannte Doppelharfe angefahren. Dadurch können<br />
beim einmaligen Durchfahren alle Parkstände erfasst werden (Beispiel: Rastanlage „Im Hegau - Ostseite“).<br />
Diese Lösung benötigt auch die geringste Fläche. Wo es flächenmäßig möglich ist, versucht das Land, die Parkstände<br />
so anzuordnen, dass die Fahrerkabinen von der Autobahn abgewandt sind (Beispiel „Kraichgau“: Wegen<br />
der räumlichen Beengtheit auf der Nordseite sollen alle Parkflächen auf der Südseite angeordnet werden). Geplant<br />
war für diesen Parkplatz die Lösung mit der Doppelharfe. Im Hinblick auf die Belange der Lastkraftwagenfahrer<br />
55<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
wurde die Planung jedoch überarbeitet, so dass es zumindest bei den drei autobahnnahen Parkreihen möglich ist,<br />
das Fahrzeug mit der Fahrerkabine abgewandt von der Autobahn zu parken.<br />
� Lärmschutzmaßnahmen zwischen Autobahnen und Rastanlagen<br />
Rastanlagen sind rechtlich gesehen Bestandteil der Autobahn und müssen deshalb grundsätzlich nicht mit einem<br />
entsprechenden Schutz gegen den Verkehrslärm der Autobahnen versehen werden. Wie die Lärmmessungen des<br />
Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg jedoch gezeigt haben (siehe<br />
Kapitel 3.2.1), wären entsprechende Maßnahmen im Bereich der Parkanlagen für Lastkraftwagen notwendig.<br />
Erst in letzter Zeit wurde es vom Bund ermöglicht, Lärmschutzeinrichtungen zwischen Autobahn und Rastanlage<br />
auf Kosten des Bundes zu realisieren. Zusätzlich versucht das Land teilweise, durch Geländemodellierung oder<br />
auch durch Anordnung von „Sichtschutzwällen“ einen gewissen Lärmschutz für die Nutzer der Rastanlage, insbesondere<br />
der Parkplätze zu erreichen.<br />
� Gesetzesänderungen<br />
Da die Fahrer von Lastkraftwagen mangels Alternativen auf die Autobahnparkplätze als Übernachtungsmöglichkeit<br />
angewiesen sind, muss die Situation dort verbessert werden. Der Bund sollte sich im Interesse der Verkehrssicherheit<br />
und des legitimen Anspruchs der Lastkraftwagenfahrer auf einen ausreichenden Lärmschutz während der<br />
Ruhezeiten (Grundrecht auf Gesundheit und körperliche Unversehrtheit) zu einer Gesetzesänderung entschließen.<br />
Ziel muss ein ausreichender Lärmschutz für Lastkraftwagenfahrer während ihrer Ruhe- und Pausenzeiten sein.<br />
Stromanschlüsse für Kühlfahrzeuge<br />
Der Lärm, der von den Kühlaggregaten der Kühlfahrzeuge ausgeht, wirkt sich nicht nur nachteilig auf benachbarte<br />
Wohngebiete, sondern auch auf die Nutzer der Rastanlage selbst aus. Das Land hat bei einigen Rastanlagen spezielle<br />
Stromanschlüsse für Kühllastkraftwagen eingerichtet. Aufgrund der Kosten werden die Anschlüsse jedoch<br />
sehr selten genutzt. Die Bereitstellung von gesonderten Parkflächen für Kühllastkraftwagen und Viehtransporte<br />
würde durch eine räumliche Trennung die Lärmbelastung für andere Fahrer reduzieren.<br />
4.2.1.5 Zus<strong>am</strong>menfassung<br />
� Der Straßengüterverkehr nimmt - nicht zuletzt durch die Erweiterung der Europäischen Union - zu.<br />
� Der stetigen Zunahme des Güterkraftverkehrsaufkommens wurde bisher nur unzureichend Rechnung getragen. Es<br />
fehlen auf den Autobahnen gegenwärtig ausreichend geeignete Park- und Rastanlagen, auf denen die Fahrer unter<br />
sicheren, hygienischen und möglichst lärmarmen Bedingungen ihre Pausen- und Ruhezeiten verbringen können.<br />
� Die Straßenbauverwaltungen von Bund und Ländern unternehmen erhebliche finanzielle und personelle Anstrengungen,<br />
um das Kapazitätsproblem zumindest einigermaßen zu verbessern. Dies geschieht durch die Realisierung<br />
von Projekten im Rahmen von Aus- bzw. Neubauprogr<strong>am</strong>men und den Einsatz neuer Technologien. So soll die<br />
Zahl der Parkplätze für Lastkraftwagen an den Autobahnen in Baden-Württemberg in den nächsten Jahren verdoppelt<br />
werden.<br />
� Gleichzeitig wird versucht, durch planerische Ansätze den Belangen der Lastkraftwagenfahrer gerecht zu werden.<br />
� Um den zunehmenden Schwierigkeiten zu begegnen, müssen Straßenbauverwaltung, Transportgewerbe und<br />
Wirtschaft intensiv zus<strong>am</strong>menarbeiten.<br />
4.2.2 Autobahnplanung<br />
Bereits die Erhaltung der bestehenden Bundesautobahnen und Bundesstraßen erfordert hohe weitere Investitionen. Der<br />
Bundesverkehrswegeplan geht davon aus, dass 1.500 km Fahrstreifen auf Autobahnen und mindestens 3.700 km Fahrbahnen<br />
der Bundesstraßen dringend erhaltungsbedürftig sind. 40% der Fahrbahndecken im Bundesgebiet müssten in den<br />
kommenden zehn Jahren erneuert werden. Ebenso sind 15% der Bauwerke wie z. B. Brücken renovierungsbedürftig. Baden-Württemberg<br />
ist dabei überdurchschnittlich betroffen. Der Autobahnausbau im Land muss weiter vorangetrieben wer-<br />
56<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
den. Hohe Finanzierungsaufwendungen werden deshalb in den nächsten Jahren notwendig sein, um die Situation auf den<br />
Fernstraßen im Land zu verbessern.<br />
4.3 Organisatorische Ansätze<br />
4.3.1 Gesellschaftliche Ansätze<br />
Angesichts der beschriebenen Markt- und Verkehrsentwicklungen, den zunehmenden Belastungen und den daraus resultierenden<br />
gesundheitlichen und finanziellen Folgen für viele Fahrer einschließlich der bestehenden Defizite im Bereich der<br />
Arbeitssicherheit (siehe Kapitel 3.1) und Arbeitsmedizin ist das Ergreifen verschiedener Maßnahmen dringend erforderlich.<br />
Dazu gehört<br />
� die Situation der Fahrer ist stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken,<br />
� die Präventionsbemühungen um Gesundheit und Sicherheit auf allen Ebenen sind zu verstärken,<br />
� die Leistungen des Transportberufes im gesellschaftlichen Gefügemuss mehr Wertschätzung erfahren,<br />
� arbeitsbedingte organisatorischer Belastungen, die zu einer Herabsetzung der Aufmerks<strong>am</strong>keit von Lastkraftwagenfahrer<br />
beitragen, müssen systematisch erfasst und abgebaut werden,<br />
� die logistischen Planungsinstrumente der Fuhrunternehmen müssen untersucht und optimiert werden,<br />
� die gesetzlichen Regelungen zur Verminderung arbeitsplatz- und berufsspezifischer Risikofaktoren der Fahrer sind<br />
zu überprüfen und zu verbessern.<br />
4.3.2 Planung von Fahrzeiten, Fahrtunterbrechungen/Pausen und Ruhezeiten<br />
Wichtig für Organisationsverbesserungen im Betrieb ist der Aufbau einer guten betrieblichen Kommunikation, um Abläufe<br />
reibungsloser zu gestalten und das Betriebsklima zu verbessern. Ansätze hierzu sind regelmäßige Mitarbeitergespräche,<br />
Qualitätszirkel und/oder Gesundheitszirkel.<br />
Telematiksysteme zur Flottenplanung, die dem Disponenten Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer, Standort der Lastkraftwagen<br />
und Wartungsintervalle der Fahrzeuge anzeigen, gibt es schon auf dem Markt. Ebenso sollten spezielle Navigationssysteme<br />
für Lastkraftwagen entwickelt werden, die z.B. Brückenhöhen, Brückentragfähigkeiten, Fahrverbote für Lastkraftwagen,<br />
Umweltzonen und Rastmöglichkeiten - auch in Industriegebieten - anzeigen.<br />
Die Entwicklung und der Einsatz geeigneter Softwaresysteme für die Disposition wie auch für die Fahrtplanung des Lastkraftwagenfahrers<br />
- auch in Kombination mit vorhandenen Mautüberwachungssystemen - wird in der Zukunft sicher noch<br />
weiter vorangetrieben werden. Um dem Fahrer eine Vorausplanung seiner Lenk- und Ruhezeiten zu erleichtern, wäre auch<br />
eine Belegungsanzeige von LKW- Parkanlagen auf der Autobahn wichtig. .<br />
Die Fahrer haben, entsprechend den gesetzlichen Vorgaben, folgende Pflichten:<br />
� Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten,<br />
� Mitführen von Schaublättern und/oder Fahrerkarte,<br />
� Abgabe nicht mehr mitführungspflichtiger Nachweise beim Unternehmer,<br />
� Sorge für einwandfreies Funktionieren und ordnungsgemäße Benutzung des Kontrollgerätes und ggf. der Fahrerkarte,<br />
� Aufbewahren von Belegen zu Sanktionen bis zur Verjährung,<br />
� Mitteilung mehrerer Beschäftigungsverhältnisse.<br />
57<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
Die Unternehmer haben folgende Pflichten:<br />
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
� Überwachung des Fahrpersonals und Unterbinden von Zuwiderhandlungen,<br />
� ordnungsgemäße Fahrerdisposition, bei der auch Stauzeiten u. ä. einkalkuliert sind,<br />
� Aushändigen einer ausreichenden Anzahl zum Kontrollgerät zugelassener Schaublätter,<br />
� Bereitstellen von Papier zum Ausdruck beim digitalen Kontrollgerät,<br />
� Aufbewahren von Schaublättern und Ausdrucken, Datendownload und Datenspeicherung inklusive Sicherungskopie<br />
für 1 Jahr, ggf. länger,<br />
� Erteilen von Auskünften und Vorlage von Unterlagen auf Verlangen der Behörde,<br />
� Schulung von Fahrern und Disponenten,<br />
� Erstellen von Gefährdungsbeurteilungen nach Arbeitsschutzgesetz und von Betriebsanweisungen, Belehrung der<br />
Fahrer über Gesundheitsgefahren und deren Vermeidung.<br />
4.3.3 Eignungsuntersuchung nach der Fahrerlaubnisverordnung (FeV)<br />
und Vorsorgeuntersuchung nach dem BG-Grundsatz 25<br />
In § 11 der Fahrerlaubnisverordnung wird ausgeführt, dass Bewerber um eine Fahrerlaubnis die notwendigen körperlichen<br />
und geistigen Anforderungen erfüllen müssen. Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis für Lastkraftwagen<br />
müssen zur Feststellung ihrer Eignung einen Nachweis nach Anlage 5 zur Fahrerlaubnisverordnung vorlegen.<br />
Dazu müssen sie durch körperliche Untersuchung feststellen lassen, ob Erkrankungen vorliegen, die Eignung oder bedingte<br />
Eignung zum Führen eines Lastkraftwagens ausschließen. Lastkraftwagenfahrer müssen alle fünf Jahre einen Nachweis<br />
gemäß dem Muster der Anlage 5 der FeV über die Vorsorgeuntersuchung vorlegen, um die Fahrerlaubnis zu erhalten oder<br />
verlängern zu lassen. Fahrer von Kleinlastern werden nach einer Erstuntersuchung erst im Lebensalter von 50 und 60 Jahren<br />
nachuntersucht.<br />
In der Regel werden folgende Untersuchungen durchgeführt:<br />
- An<strong>am</strong>nese: Körperbehinderungen, Gehör, Schlafstörungen, Diabetes, Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Asthma,<br />
Adipositas, Medik<strong>am</strong>enten- und Drogenan<strong>am</strong>nese, neurologische und psychiatrische An<strong>am</strong>nese.<br />
- Untersuchung: Körpergröße, Gewicht, Blutdruck, Puls, Zucker und Eiweiß im Urin, Flüstersprache, Sehtest mit<br />
Beurteilung der zentralen Tagessehschärfe und der Blendempfindlichkeit durch eine Sehteststelle, bei Mängeln ein<br />
augenfachärztliches Gutachten.<br />
Stellt sich der Verdacht auf Schlafstörungen, so können weitere Untersuchungen gemacht werden, z.B.<br />
- Tagesschläfrigkeit: ESS ( Epworth Sleepiness Scale) und SSS ( Stanford Sleepiness Scale)<br />
- Beurteilung der Schlafqualität: PSQI (Pittsburgh Sleep Quality Index)<br />
- Beurteilung des Tagesbefindens und der Wahrscheinlichkeit von Schlafatemstörungen: Flemons-<br />
Fragebogen, Schlaftagebuch (Tag-Nacht-Protokoll) zur Beurteilung des Schlafeintrittes, der Schlafeffizienz,<br />
der Aufwachereignisse und des Befindens-Screening auf Schlafapnoe.<br />
Fragebögen geben Hinweise auf Schlafstörungen, sind aber manipulierbar. Zur Beurteilung einer Tagesschläfrigkeit<br />
werden deshalb folgende Tests erwogen:<br />
- Corporal-Test (Vistec), Pupillographie (PST) und Fahrsimulator. Bei Verdacht auf Schlafstörungen ist eine<br />
polysomnographische Untersuchung im Schlaflabor notwendig. Bei Schlafstörungen mit Tagesschläfrigkeit<br />
führt eine Behandlung in den meisten Fällen zu einer Verbesserung des Wachheitszustandes.<br />
Eine Liste von Funktionsstörungen, welche die Fahreignung beeinflussen, findet sich in der Anlage 4 der FeV. Neu hinzu<br />
gekommen sind hierbei Schlafstörungen mit messbarer Tagesschläfrigkeit, die unbehandelt die Eignung zum Führen eines<br />
58<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Lastkraftwagens verhindern. Nach Behandlung von Schlafstörungen kann der Fahrer geeignet sein, einen Lastkraftwagen zu<br />
führen, wenn regelmäßig nachgewiesen wird, dass keine Tagesschläfrigkeit vorliegt.<br />
Eine Nichteignung oder beschränkte Eignung wird bescheinigt bei<br />
- dauernder oder wahrscheinlich progressiver Leistungsminderung,<br />
- erhöhtem Risiko eines plötzlichen Leistungsverlustes oder Ablenkung der Aufmerks<strong>am</strong>keit,<br />
- mangelndem Sehvermögen,<br />
- Schwerhörigkeit,<br />
- Bewegungsbehinderungen,<br />
- Krankheiten des Nervensystems, des Rückenmarks und der neuromuskulären Peripherie, Parkinson, kreislaufabhängige<br />
ZNS-Störungen, Hirnschäden, -verletzungen, -operationen, Anfallsleiden,<br />
- psychischen Störungen, organischen Psychosen, chronischen hirnorganischen Psychosyndromen, Demenz,<br />
Intelligenzstörungen, affektiven und schizophrenen Psychosen,<br />
- Alkohol- und Betäubungsmittelmißbrauch,<br />
- Herz- und Gefäßkrankheiten, Herzrhythmusstörungen, hoher/niedriger Blutdruck, Hypotonie, Herzinsuffizienz,<br />
Angina pectoris, peripheren Gefäßkrankheiten,<br />
- Diabetes mellitus,<br />
- Nierenkrankheiten,<br />
- Organtransplantationen,<br />
- Schlafapnoe,<br />
- Lungen- und Bronchialerkrankungen.<br />
Dem Fahrer wird eine Bescheinigung über das Untersuchungsergebnis mitgegeben.<br />
Zusätzlich können Lastkraftwagenfahrer nach dem berufsgenossenschaftlichen Grundsatz für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen<br />
G 25 (Fahr-, <strong>Steuer</strong>- und Überwachungstätigkeiten) arbeitsmedizinisch untersucht werden. Die Untersuchung<br />
ist für Arbeitgeber und Arbeitnehmer freiwillig. Bei dieser Screeninguntersuchung mit vorgegebenem Inhalt werden<br />
nur visuell erkenn- und messbare gesundheitliche Einschränkungen erfasst, die zu einer Einschränkung der Fahrtüchtigkeit<br />
führen.<br />
Außerdem muss geprüft werden, ob Untersuchungen nach der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge erforderlich<br />
sind. Zusätzlich wäre es sinnvoll, Vorsorgeuntersuchungen entsprechend der Leitlinie Nacht- und Schichtarbeit anzubieten 17<br />
und zusätzlich auf muskuloskelettale Erkrankungen zu untersuchen. Die Arbeitnehmer sollten über die bestehenden Probleme<br />
und Abhilfemaßnahmen im Rahmen eines betrieblichen Gesundheitsmanagements beraten werden.<br />
4.4 Technische Ansätze<br />
Lastkraftwagenfahrer werden durch die Technisierung der großen Nutzfahrzeuge, z.B. durch Servosysteme, Speed Controll<br />
oder Automatikgetriebe körperlich entlastet (Florian 1993). Schwingungsbelastungen der Wirbelsäule haben sich durch<br />
verbesserte Fahrwerke und gut ausgebaute Straßen in den letzten Jahren verringert (Fischer et alii 2006). Eine deutliche<br />
Verbesserung des Unfallschutzes verspricht man sich in Zukunft von neuentwickelten Fahrerassistenzsystemen.<br />
17 Die Leitlinie ist unter der Adresse http://www-dgaum.med.uni-rostock.de/leitlinien/nacht_schicht.htm im Internet zu finden.<br />
59<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
4.4.1 Fahrerassistenzsysteme<br />
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Der technische Unfallschutz hat sich seit langem im Arbeitsschutz bewährt, weil er von der Mitwirkung des Arbeitnehmers<br />
unabhängig ist. Der Gedanke liegt deshalb nahe, durch Sekundenschlaf und Unaufmerks<strong>am</strong>keit bedingte Unfälle technisch<br />
mit Hilfe von selbständig eingreifenden Fahrerassistenzsystemen zu verhindern. Fahrerassistenzsysteme können allerdings<br />
Gesundheitsschäden durch Stress oder mangelnden und gestörten Schlaf nicht beeinflussen. Sie lösen also nur einen Teil<br />
des Problems.<br />
Alle n<strong>am</strong>haften Nutzfahrzeughersteller haben Fahrerassistenz- bzw. Sicherheitssysteme entwickelt, welche die Aufgabe<br />
haben, Unfälle zu vermeiden oder zumindest die Unfallfolgen zu minimieren. Fahrerassistenzsysteme unterstützen (informieren<br />
und warnen) in allen gefährlichen Situationen und greifen teilweise sogar in die Fahrdyn<strong>am</strong>ik ein. Viele dieser Systeme,<br />
wie z. B. das Antiblockiersystem ABS, die Anfahrschlupfregelung ASR, das Elektrische Stabilitätsprogr<strong>am</strong>m ESP, der<br />
Bremsassistent BAS, der Abstandsregeltempomat AST, der Notbremsassistent, der Spurverlasswarner, der<br />
Aufmerks<strong>am</strong>keitserkenner, der Totwinkelassistent sind in den heutigen modernen Nutzfahrzeugen in Serie oder als Sonderausstattung<br />
erhältlich. Weitere, wie der Nachtsichtassistent, der adaptive Fernlichtassistent, der Ausweichassistent und viele<br />
mehr werden momentan in der Automobilindustrie weiterentwickelt und erprobt.<br />
Da die Ausgestaltungen dieser Systeme, vor allem aber auch die Bedienung sowie die Mensch-Maschine-Schnittstelle,<br />
herstellerabhängig sind, würde es den Rahmen dieses Berichts sprengen, noch mehr in die Tiefe zu gehen. Nähere Angaben<br />
findet man auf den Homepages der Wikipedia und BG Verkehr 18 . Das Allianz Zentrum für Technik stellte fest, dass<br />
abstandsgeregelte Tempomaten insges<strong>am</strong>t etwa 24%, auf Autobahnen 70% der schweren LKW-Unfälle verhindern könnten.<br />
Zurzeit bestehen nach Fahrerangaben sowie der Literatur (Wikipedia 2009, BGF 2009) teilweise noch folgende Probleme bei<br />
Bremsassistenten und Spurhalteassistenzsystemen:<br />
� Bei eingestelltem vorgeschriebenem Sicherheitsabstand kann die akustische Warnung, die das Gerät abgibt, den<br />
Fahrer stören, ohne dass er sie selbst durch seine Fahrweise verhindern kann, wenn z. B. andere Verkehrsteilnehmer<br />
vor ihm einscheren oder beim Spurhalteassistenten geparkte Autos in der Stadt stören.<br />
� Abstandsregelungstempomaten bremsen bisher nur bei sich bewegenden Hindernissen selbsttätig ab. Bei stehendem<br />
Hindernis muss der Fahrer abbremsen.<br />
Lösungen dafür sind hier schon vorhanden bzw. entwickelt worden. Da bisher nur 6% der Lastkraftwagen über fortgeschrittene<br />
Assistenzsysteme verfügen 19 , wäre es wünschenswert, wenn der Einbau geeigneter Sicherheitssysteme zum Schutze<br />
der Fahrer vor Unfällen für Lastkraftwagen vorgeschrieben würde, die auf Straßen in der Europäischen Union fahren. Sinnvoll<br />
sind auch unterstützende EDV-Angebote, wie z. B. Homepages mit Informationen über Parkplätze, Informationen über<br />
notwendige Ruhepausen etc. Telematiksysteme können durch Anzeige der Parkplatzbelegung die Suche nach einem Parkplatz<br />
erleichtern.<br />
4.4.2 Kabinenausstattung<br />
Die Fahrerkabine muss dem LKW-Fahrer oft für längere Zeit das Zuhause ersetzen. Vielfach ist sie mit Kühlschrank, Tiefkühlfach,<br />
Kochmöglichkeit, Computer, Fax und Telefon ausgestattet. Eine persönliche Einrichtung erhöht die Möglichkeit,<br />
sich in der Kabine wohl zu fühlen. Eine Klimaanlage verhindert Schläfrigkeit durch hohe Kabinentemperaturen. Fahrer berichten<br />
oft, dass der Kühlschrank zu klein dimensioniert ist, um Vorräte für eine Woche aufzunehmen. Angesichts der für die<br />
Fahrer oft zu teuren Einkaufsmöglichkeiten und Einkehrmöglichkeiten während der Fahrt sind sie so auf Lebensmittel angewiesen,<br />
die außerhalb des Kühlschranks gelagert werden können. Größer dimensionierte Kühlschränke/Tiefkühlschränke<br />
und Mikrowelle würden die Ernährungssituation der Fahrer verbessern und es auch ermöglichen, z. B. warme Mahlzeiten im<br />
LKW einzunehmen. Die Schlafqualität in der Kabine ist von folgenden Faktoren abhängig:<br />
18 Bei Wikipedia gibt es Informationen unter derAdresse http://de.wikipedia.org/wiki/Fahrerassistenzsystem.<br />
Die Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft (BG Verkehr, früher BGF) Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und<br />
Entsorgung (BGL) e.V. und die KRAVAG (R+V Versicherungsgruppe) unterhalten eine gemeins<strong>am</strong>e homepage http://www.fahrerassistenz-systeme.de<br />
mit aktuellen Informationen über Fahrerassistenzsysteme.<br />
19 Quelle: http://www.spiegel.de Ausgabe vom 11.9.2007<br />
60<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
� Standklimatisierung der Ges<strong>am</strong>tkabine oder im Schlafbereich,<br />
� Standheizung,<br />
� Lärmdämmung,<br />
� Lichtschutz,<br />
� Stabilität der Kabine gegen Vibrationen,<br />
� Elektrischer Betrieb von Kälteaggregaten statt Betrieb durch Verbrennungsmotor auf dem Parkplatz,<br />
� optimale Schwingungseigenschaften und Aufhängung des Bettes,<br />
� Lattenrost statt Brett als Schlafunterlage,<br />
� Verstellbarer Kopf- und Fußteil des Bettes,<br />
� Sicherheit des LKW vor Einbruch.<br />
Während Standheizungen für LKW tarifvertraglich für Fernfahrer vorgeschrieben sind, ist dies für Standklimaanlagen noch<br />
nicht der Fall. Fahrer berichten häufig über Schlafstörungen im Sommer, wenn <strong>am</strong> Tag bei hohen Außentemperaturen übernachtet<br />
werden muss. Das Öffnen des Fensters erhöht die Lärmbelastung und die Überfallgefahr. Hier sollte eine Standklimatisierung<br />
vorgeschrieben werden.<br />
4.4.3 Vorrichtungen zum Heben und Tragen von Lasten<br />
Hebebühnen, Kräne, Ameisen, Sackkarren und Stapellader erleichtern den Transport von Waren und entlasten die Wirbelsäule.<br />
Gemäß Lastenhandhabungsverordnung muss ihr Einsatz geprüft und wenn nötig verwirklicht werden.<br />
4.5 Personenbezogene Ansätze<br />
4.5.1 Informationsk<strong>am</strong>pagnen<br />
4.5.1.1 Informationsveranstaltungen der Polizei<br />
Die körperliche Leistungsfähigkeit als zwingende Voraussetzung zum sicheren Führen eines Kraftfahrzeugs ist unterschiedlichsten<br />
Einflüssen ausgesetzt. Die bisherigen Möglichkeiten, die tatsächliche und momentane personale Leistungsfähigkeit<br />
zu optimieren, sind begrenzt. Zur Verringerung des müdigkeitsbedingten Sicherheitsrisikos setzt die Polizei deshalb vorrangig<br />
auf Information und Aufklärung.<br />
Mit der Aktion „Gib Acht im Verkehr“ und der darin eingebetteten Sicherheitspartnerschaft mit Verbänden des badenwürttembergischen<br />
Verkehrsgewerbes wurde eine Informationsplattform mit dem Ziel der wirks<strong>am</strong>en Unfallbekämpfung<br />
geschaffen. Die Polizei bietet, unterstützt von zahlreichen Trägern der gesellschaftlichen Verkehrssicherheitsarbeit wie<br />
BADS, ADAC, Landesverkehrswacht, TÜV oder DEKRA, DocStop und Landesgesundheits<strong>am</strong>t im Rahmen von Trucker-<br />
Treffs, Messen, dem jährlichen Landes-Tag der Verkehrssicherheit, Sicherheitstagen und anderen, der Zielgruppe offensiv<br />
das erforderliche Hintergrundwissen, insbesondere zur Müdigkeitsproblematik, an. Hierzu werden unter anderem überregionale<br />
und örtlich initiierte Präventionsaktionen auf Fernreiserouten, an Landstraßen, in Firmenarealen oder an Rastplätzen<br />
angeboten. Solange jedoch eindeutige und gerichtsfeste Indikatoren zur Feststellung des Wachheits- oder Müdigkeitsgrades<br />
fehlen, sind die Belange der Verkehrssicherheit umso mehr der individuellen Sorgfaltspflicht und persönlichen Einschätzung<br />
der Kraftfahrer als auch der Unternehmer überantwortet.<br />
61<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
4.5.1.2 Informationsschriften<br />
Die Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft (BG Verkehr) bietet Informationen zur Gesundheitsförderung<br />
für LKW-Fahrer und Busfahrer an. Das Landesgesundheits<strong>am</strong>t Baden-Württemberg im Regierungspräsidium Stuttgart bietet<br />
Flyer zur Vigilanz, Ernährung und Hypertonie an. Geplant sind gemeins<strong>am</strong>e Flyer mit der Innungskrankenkasse zur Ernährung.<br />
Das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren bietet eine Broschüre zu den Sozialvorschriften<br />
für das Fahrpersonal im Straßenverkehr als Kurzinformation für Kraftfahrer an.<br />
4.5.1.3 Fahrschulen<br />
Im Rahmen der Berufskraftfahrerausbildung und der Weiterbildung von Fahrern im Betrieb werden ebenfalls Informationen<br />
zum Thema angeboten.<br />
4.5.2 Gesundheitsmanagement<br />
Der demographische Wandel trifft möglicherweise Speditionen frühzeitig, da dort oft Hauptschulabgänger beschäftigt werden.<br />
Um Fahrer an den Betrieb zu binden und länger gesund zu erhalten, bietet sich ein betriebliches Gesundheitsmanagement<br />
mit dem Ziel an, die Fahrer gesund zu halten und nach Erkrankungen so gut wie möglich wieder in den Betrieb einzugliedern.<br />
Angesichts der vorhandenen Gesundheitsrisiken kann eine betriebliche Gesundheitsförderung für die Fahrer langdauernde<br />
schwere Erkrankungen vermindern (Literaturübersicht bei Michaelis 2008). Auf Grund der bekannten Risiken sollte<br />
die Förderung folgende Bereiche umfassen:<br />
4.5.2.1 Ernährung<br />
Nach der Studie des LGA essen Fernfahrer überwiegend an ihrem Arbeitsplatz - dem Lastkraftwagen - und selten zu Hause.<br />
Oftmals gibt es dann nur morgens und abends geregelte Mahlzeiten, während zwischendurch auf Süßigkeiten zurückgegriffen<br />
wird. Bei Fernfahrern entfällt auch unter der Woche das Essen zu Hause. Es wird meistens an Tankstellen oder Imbissbuden<br />
gekauft und anschließend <strong>am</strong> Arbeitsplatz (also im Lastkraftwagen) verzehrt. Dies führt zu einer unregelmäßigen und<br />
unausgewogenen Ernährung. Fernfahrer nehmen vor allem zu viel Eiweiß, jedoch kaum Vit<strong>am</strong>ine oder Ballaststoffe auf.<br />
Zudem sind die aufgenommenen kohlenhydrat- und fetthaltigen Nahrungsmittel von schlechter Qualität. Fastfood und Fertigprodukte<br />
sind sehr beliebt. Die Folge ist, dass mehr als 40% der LKW-Fahrer einen deutlich erhöhten BMI haben. D<strong>am</strong>it<br />
steigt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Fettstoffwechselstörungen, Gicht, degenerative Erkrankungen<br />
des Muskel- und Skelettsystems, Karzinome, Nierensteine oder Fettleber. Auch kann es bei Übergewicht vermehrt zum<br />
Schlafapnoe-Syndrom kommen.<br />
Ein Umdenken bei den Fahrern ist also notwendig. Die Krankenkassen bieten vielfältiges Informationsmaterial zu diesem<br />
Thema an und beteiligen sich gerne an Gesundheitstagen in den Firmen. Kraftfahrer müssen lernen, sich gesund zu ernähren.<br />
Eine Ernährungsumstellung bedeutet Vorplanung bei Einkauf und Vorratshaltung. Eine gesunde Ernährung mit viel Obst<br />
und Gemüse und wenig Fett bietet sich an. Zusätzlich sollten Fahrer ausreichend (täglich mindestens 1,5 l) Flüssigkeit zu<br />
sich nehmen. Die Getränke sollten hierbei zucker- und alkoholfrei sein. Wichtig sind auch Informationen über kalorienarme<br />
Gerichte in Gaststätten. Auch das Personal von Autohöfen und auf Raststätten sollte im Hinblick auf eine gesunde Ernährung<br />
sensibilisiert und geschult werden. In Rastanlagen wird z.B. häufig ein „Fernfahrerteller“ angeboten, der eine große<br />
Portion Fleisch, viel Fett, aber wenig Vit<strong>am</strong>ine enthält. Am Tag sollten in den Ruhepausen mindestens drei geregelte Mahlzeiten<br />
eingenommen werden. Informationen über Zwischenmahlzeiten („snacks“) sollten angeboten werden.<br />
Ernährung „on the road“<br />
Um die Energieversorgung während des Tages sollte man sich genau so gut kümmern wie um das Fahrzeug. Denn eine<br />
ausgewogene Ernährung hält nicht nur fit, sondern erhöht auch die Leistung und die Konzentration, welche bei Berufskraftfahrern<br />
im Straßenverkehr besonders gefragt sind. Doch die meisten LKW-Fahrer sind wegen falscher Ernährung übergewichtig.<br />
Das ideale Lunchpaket<br />
Das bewährte Lunchpaket sowie zwischendurch ein bis zwei Mahlzeiten und ab und zu etwas Bewegung während der Pausen<br />
ist wichtig. Besonders für die Fahrtüchtigkeit ist eine kontinuierliche Versorgung des Organismus mit Nährstoffen wichtig.<br />
62<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Es wird davon abgeraten, ohne Frühstück loszufahren und es empfiehlt sich, die warme Mahlzeit erst nach Feierabend<br />
einzunehmen. So wirkt sich die Schläfrigkeit nach einem gehaltreichen Mittagessen nicht auf die Fahrtüchtigkeit aus. Obst<br />
und vor allem Gemüse sind die gesünderen Muntermacher als Kaffee oder Süßigkeiten (auch süße Getränke). Weil Süßigkeiten<br />
den Blutzuckerspiegel schnell in die Höhe steigen und dann auch wieder schnell abfallen lassen, sind sie als Zwischenmahlzeiten<br />
nicht geeignet. Als Durstlöscher sollten nur ungesüßter Tee, Saftschorlen und Mineralwasser getrunken<br />
werden.<br />
Beispieltag für einen Lastkraftwagenfahrer:<br />
Frühstück:<br />
- 1 Schale Müsli (Haferflocken, Cornflakes, 1 Banane, Milch)<br />
- 1 Scheibe Roggenbrot mit einer dicken Scheibe Bierschinken<br />
- Tee oder Orangensaft<br />
1. Zwischenmahlzeit:<br />
- 150 g Fruchtjoghurt<br />
- 1 Handvoll Studentenfutter<br />
- Mineralwasser<br />
Mittagessen:<br />
- 2 Scheiben Schwarzbrot mit dünn Margarine oder Butter bestrichen<br />
- 40 g Gouda und 30 g gekochter Schinken<br />
- 1 Salatblatt<br />
- 4 Tomaten<br />
- ½ Liter Saftschorle<br />
2. Zwischenmahlzeit:<br />
- Frischkäse light<br />
- Möhren-, Gurken-, Radieschensticks zum Eintunken in den Frischkäse<br />
- Mineralwasser<br />
Abendessen:<br />
- 1 Portion Salat<br />
- 1 Portion Reis mit Putengeschnetzeltem<br />
- 1 Eis<br />
- Mineralwasser<br />
Unt e r w e g s k a n n m itg e n o m m e n wer d e n<br />
Proviant:<br />
- 2-3 l Mineralwasser<br />
- 1 Flasche Saft<br />
- Obst der Saison (z.B.: Apfel, Banane, Birne, Pfirsich, Aprikosen, Kirschen, Mandarinen)<br />
- Gemüsesticks, schon <strong>am</strong> Abend vorbereitet (z.B.: Möhren, Gurken, Tomaten, Kohlrabi, Paprika, Radieschen)<br />
- Vollkorn-, Schwarz- oder Roggenbrot<br />
- Studentenfutter<br />
63<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
- Müsliriegel<br />
- Trockenobst<br />
- eine kleine Dose mit Müsli<br />
Proviant im Kühlschrank:<br />
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
- Frischkäse (zum Eintunken der Gemüsesticks)<br />
- Frucht- oder Naturjoghurt<br />
- Käse (z.B.: Gouda, Maasd<strong>am</strong>er, Emmentaler, Leerd<strong>am</strong>er, Grünländer)<br />
- Wurst (z.B.: Putenschinken, Bierschinken, Lachsschinken, gekochter Schinken, geräucherter Schinken<br />
ohne Fettrand, Geflügelwurst, Sülzwurst, Corned Beef, Sal<strong>am</strong>i)<br />
4.5.2.2 Bewegung<br />
Optimal sind 30 Minuten Bewegung mindestens 3-mal wöchentlich (z. B. Walking, Gymnastik, Krafttraining, Fahrradfahren).<br />
Es wäre günstig, im Lastkraftwagen entsprechende Geräte mitzuführen. Einzelne Fahrer haben heute schon ihre Trainingsgeräte<br />
in der Fahrerkabine dabei. Ein im Lastkraftwagen mitgeführtes Fahrrad würde den Fahrer beim Übernachten auf<br />
Parkplätzen flexibler machen und gleichzeitig als Trainingsgerät dienen. Man könnte auch über einen Fahrradverleih an<br />
Raststätten und Autohöfen nachdenken.<br />
Bei Befragungen geben Lastkraftwagenfahrer häufig an, abends zu müde zu sein, um noch Sport zu treiben. Bekanntlich<br />
erschwert abendlicher Sport das Einschlafen. Man könnte also daran denken, den Sport in der 45-minütigen Mittagspause<br />
oder <strong>am</strong> Wochenende zu betreiben. Hier bleibt allerdings wenig Zeit für Sport, da Lastkraftwagenfahrer oft nur während der<br />
Wochenenden Zeit für die F<strong>am</strong>ilie, für Einkäufe, Arztbesuche und zur Lösung privater Probleme haben. Gütertransportunternehmen<br />
könnten z. B. Fitnessräume oder verbilligte Sportstudiotarife anbieten. Eventuell sollten Schulungen als Kurmaßnahmen<br />
für übergewichtige Fahrer angeboten werden.<br />
4.5.2.3 Entspannung, Stressabbau<br />
Pausen erhalten die Leistungsfähigkeit und bauen Stress ab. Neben den vorgeschriebenen Pausen ist es deshalb sinnvoll,<br />
mehrere Kurzpausen einzulegen. Das Einüben von progressiver Muskelentspannung nach Jacobsen, von Yoga, Chi Gong<br />
oder von autogenem Training, aber auch das Üben von kurzzeitigen Stressabbaumethoden kann hilfreich sein. Auch das<br />
Nutzen von Massagesesseln in Fahrzeugen oder in der Raststätte oder von Whirlpools in der Raststätte fördert abends die<br />
Entspannung und verbessert das Einschlafen. Hilfreich könnte das Einüben von konfliktabbauenden Techniken sein, um<br />
Konflikte im Straßenverkehr zu entschärfen. Wichtig ist eine gute Kommunikation im Betrieb zum Abbau von innerbetrieblichen<br />
Störfaktoren oder Konflikten. Nacht- und Schichtarbeit sollten abgebaut oder optimiert werden.<br />
4.5.2.4 Schlaf<br />
Fahrer müssen lernen, zu erkennen, wenn sie schläfrig sind. Mit Hilfe des Vergleichs von Tests zur Eigeneinschätzung wie<br />
dem SSS und objektiven Tests wie der Pupillographie kann der Fahrer lernen, seine Wachheit besser einzuschätzen. Schläfrigkeit<br />
und Müdigkeit kündigen sich durch folgende Symptome an (siehe auch: Fragebogen: „Parents against tired trucks,<br />
Arizona 20 “):<br />
� Gähnen<br />
� Muskelschmerzen<br />
� Augenbrennen<br />
� undeutliches Sehen<br />
� verstärkte Blendung durch entgegenkommende Fahrzeuge<br />
20 “Parents against tired trucks” und “The Citizens for Reliable and Safe Highways (CRASH) Foundation” bilden eine „Truck Safety<br />
Coalition“ und sind mit einer gemeins<strong>am</strong>en homepage zu finden unter http://www.patt.org/ .:<br />
64<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
� Augen fallen zu<br />
� Hin- und Herrücken auf dem Sitz<br />
� zu dichtes Auffahren auf vorausfahrende Fahrzeuge<br />
� Bremsen ohne Grund<br />
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
� Abkommen von der Spur (auf Rand- oder Mittelstreifen)<br />
� ruckartige Lenkbewegungen<br />
� häufiges Verschalten<br />
� Unaufmerks<strong>am</strong>keit<br />
� Blinker oder Fernlicht werden nicht ausgeschaltet<br />
� Fahrzeuge werden übersehen<br />
� Geschwindigkeit wird unregelmäßig<br />
� Öffnen des Fensters<br />
� Lautstellen des Radios<br />
� Häufiger Genuss von Kaffee, Zigaretten und Energy Drinks zum Wachbleiben<br />
� Orientierungsschwierigkeiten (Verfahren)<br />
Bei Auftreten dieser Symptome sollte der Fahrer unmittelbar eine Pause einlegen. Gegen Müdigkeit und Schläfrigkeit hilft nur<br />
Schlaf. Man sollte sich deshalb hinlegen, um 10 bis 20 Minuten zu schlafen (Wecker stellen, um Tiefschlafphasen zu vermeiden,<br />
nach denen man zunächst noch schläfriger wäre). Einen Kaffee oder Energy Drink trinkt man <strong>am</strong> besten kurz vor<br />
oder nach dem Kurzschlaf. Auf diese Weise gelingt es meist, noch etwa zwei weitere Stunden wach zu bleiben. Natürlich<br />
kann dieses Vorgehen nicht mehrmals wiederholt werden und wirkt nicht bei allen Fahrern gleich.<br />
Bei Nachtfahrten zwischen 23:00 und 6:00 Uhr kann eine zusätzliche Pause von 30 Minuten zum Schlafen bei Müdigkeit<br />
(Powernapping) den Wachheitsgrad deutlich steigern, wie Untersuchungen bei Krankenschwestern im Nachtdienst gezeigt<br />
haben. Der Schlaf sollte in einer solchen Pause aber nicht länger dauern. Es wäre auch überlegenswert, zu diesen Zeiten<br />
nur Lastkraftwagen fahren zu lassen, die mit Fahrerassistenzsystemen gegen Unfälle durch Sekundenschlaf ausgerüstet<br />
sind.<br />
Um dauerhafte Übermüdung zu vermeiden, müssen die vorgegebenen Pausen und Ruhezeiten eingehalten werden. Der<br />
Mensch benötigt in der Regel mindestens sechs bis acht Stunden Schlaf pro Tag. Man sollte dafür sorgen, dass man während<br />
der Ruhezeiten genügend schläft. Dazu sollte der Schlafplatz ruhig sein. Dies findet man eher, wenn man von der<br />
Autobahn entfernt übernachtet. Die Fahrzeugkabine sollte vor dem Schlaf ausreichend gelüftet und gut temperiert werden.<br />
Alkohol ist kein Schlafmittel. Er erleichtert nach einer Anregungsphase zwar durch Ermüdung das Einschlafen. Es kommt<br />
danach aber zu einer Störung der Schlafqualität, weil beim Abklingen des Alkoholspiegels wieder die anregende Wirkung<br />
einsetzt. Außerdem braucht der Abbau des Alkohols durch den Stoffwechsel Zeit, sodass unter Umständen auch der <strong>am</strong><br />
nächsten Morgen noch vorhandene Alkoholspiegel im Blut eine sichere Weiterfahrt nicht erlaubt. Bei Lärmbelastung in der<br />
Ruhepause helfen Gehörschutz-Stöpsel. Wenn Fahrer Medik<strong>am</strong>ente einnehmen müssen, sollten sie darauf achten, dass<br />
diese keine Müdigkeit verursachen, wie dies z. B. Beruhigungsmittel, Schlafmittel und Antihist<strong>am</strong>inika (Mittel gegen Allergien)<br />
tun. Man muss also immer den Beipackzettel der Medik<strong>am</strong>ente lesen, bzw. behandelnde Ärzte und Zahnärzte darauf<br />
hinweisen, dass man Berufskraftfahrer ist.<br />
Wichtig ist es auch, dass man <strong>am</strong> Wochenende längere Heimfahrten nicht in übermüdetem Zustand antritt. Auch bei längerer<br />
Fahrt zur Arbeit sollte man vor Schichtbeginn eine ausreichende Ruhezeit einhalten. Unfälle durch Sekundenschlaf sind<br />
sonst vorprogr<strong>am</strong>miert. Fahrer sollten auf die Symptome von Schlafstörungen wie z. B. Schnarchen und Atemaussetzer<br />
beim Schlafapnoesyndrom hingewiesen werden. Bei Verdacht auf Schlafstörungen sollte darauf hingewirkt werden, dass<br />
eine Diagnostik im Schlaflabor und wenn nötig eine Behandlung durchgeführt wird.<br />
65<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Bei der Schichtplanung sollten Nachtschichten, insbesondere zwischen Mitternacht und 6 Uhr morgens, wenn irgend möglich,<br />
vermieden werden. Man sollte versuchen, mit Hilfe der Arbeitsunterbrechung nach 4,5 Stunden, die für 3 Stunden möglich<br />
ist, wenn nach weiteren 4,5 Stunden eine 9-stündige Pause erfolgt, nach Nachtschichten wieder in die Tagesschicht zu<br />
kommen. Fahrer sollten insbesondere auch auf gesundheitliche Folgen eines chronischen Schlafmangels hingewiesen<br />
werden.<br />
4.5.2.5 Körperliche Gesundheit<br />
� Blutdruck: Regelmäßige Blutdruckmessungen sollten vom Betrieb angeboten werden, um auftretende Hypertonien<br />
rechtzeitig behandeln zu können. Eine Behandlung des Bluthochdrucks ist notwendig um rechtzeitig den besonderen<br />
Risiken wie Schlaganfall oder Herzinfarkt sowie Spätfolgen wie Herzmuskelschwäche und Nierenversagen<br />
entgegen zu wirken. Allerdings führen manche Bluthochdruckmittel zu erhöhter Schläfrigkeit.<br />
� Blutzucker: Sinnvoll ist ein regelmäßiges Blutzuckerscreening im Betrieb, da diabetische Stoffwechsellagen bei<br />
Fahrern häufiger als in der Normalbevölkerung beobachtet werden. Hier muss ggf. eine Therapie eingeleitet werden.<br />
� Heben und Tragen von Lasten: Um Lasten mit geringster möglicher Wirbelsäulenbelastung zu befördern, bietet<br />
sich eine Schulung im Betrieb mit Rückenschule, Üben des Einsatzes von Hilfsmitteln und des optimalen Hebens<br />
von Gegenständen an.<br />
� Suchtprävention: Bei der Prävention von Gesundheitsgefahren darf die Suchtprävention nicht vergessen werden.<br />
Wichtig ist hier die Prävention von Alkohol- und Nikotinmissbrauch, aber auch vom Missbrauch mit Wachmachern<br />
und dem exzessiven Genuss von Kaffee und Energy Drinks. Neben der Information der Fahrer sollten gegebenenfalls<br />
auch Betriebsvereinbarungen getroffen und Kurse zum Suchtabbau angeboten werden.<br />
� Zahnmedizinische Vorsorge: Um Zahnschäden zu vermeiden, sollte den Fahrern empfohlen werden, sich nach<br />
dem Essen die Zähne zu putzen. Mindestens einmal jährlich und selbstverständlich bei Zahnschmerzen sollte ein<br />
Zahnarzt aufgesucht werden.<br />
4.5.2.6 Betriebliche Gesundheitsförderung<br />
Betriebliche Veranstaltungen zur Gesundheitsförderung sollten mindestens jährlich wiederholt werden, um Nachhaltigkeit zu<br />
gewährleisten. Weitere Ansatzpunkte für die betriebliche Gesundheitsförderung könnten z. B. sein: Gesundheitsförderung<br />
zum Abrufen bei Wochenendaufenthalten auf Rastplätzen mit Übernachtungsmöglichkeiten außerhalb der Fahrerkabine,<br />
Gesundheitstage, Gesundheitszirkel, E-Mails an die Fahrer über die Gesundheitsförderung oder über Angebot von geeigneter<br />
Tiefkühlkost und Rezepte zu Gerichten, schriftliche oder telefonische Informationen an die Fahrer über entsprechende<br />
Angebote der Berufsgenossenschaft, Rentenversicherung oder Krankenkasse. Dabei ist wichtig, dass Informationen zum<br />
Arbeitsschutz, zu Gesundheitsgefahren und zur Gesundheitsförderung in die Ausbildung und Weiterbildung von Berufskraftfahrern<br />
einfließen.<br />
Besteht die Möglichkeit nicht, Gesundheitstage im Betrieb durchzuführen, sollte von diesen Betrieben für den Fahrer ein<br />
Anreiz geschaffen werden, den Hausarzt und Hauszahnarzt mindestens einmal jährlich aufzusuchen. Dies wäre z. B. mit<br />
einer Prämie oder einem zu diesem Zweck gewährten zusätzlichen Urlaubstag zu erreichen.<br />
4.5.3 Rehabilitationsprogr<strong>am</strong>me, Telemedizin<br />
Präventivmedizinisch lohnt sich eine arbeitsmedizinische Vorsorge nicht nur im Rahmen der Untersuchungen nach dem BG-<br />
Grundsatz 25, sondern auch bei der Prävention und Behandlung von Herzkreislauferkrankungen, Übergewicht, Schlafstörungen,<br />
Rauchen und anderen Suchterkrankungen, Wirbelsäulenschäden u. ä. Unter Umständen sollten auch Rehabilitationsmaßnahmen<br />
geprüft werden, um Verhaltensänderungen zu erreichen. Wichtig ist eine Organisation der medizinischen<br />
und zahnmedizinischen Versorgung während der Fahrten.<br />
Alternativ wäre auch an eine telemedizinische Versorgung chronisch kranker Lastwagenfahrer zu denken. Wenn man bei der<br />
Gesundheitsförderung oder bei Untersuchungen durch den Betriebsarzt festgestellt hat, dass Fahrer an Übergewicht, Hypertonie<br />
oder Diabetes leiden, könnten sie dann täglich z. B. Gewicht, Blutdruck oder Blutzucker messen und an die betreuende<br />
66<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
medizinische Stelle (z.B. Fachklinik) melden. Der betreuende Arzt nimmt dann mit dem Fahrer zur weiteren Therapieplanung<br />
Kontakt auf. Man könnte in dieses Progr<strong>am</strong>m auch Elemente der Gesundheitsförderung einbauen, z. B. Bewegungsübungen<br />
zum Abrufen, Einkaufslisten und Rezepte für eine optimale Ernährung, Anleitungen zum Stressabbau und Motivation zur<br />
Gesundheitsförderung. Fahrer mit Bandscheibenschäden sollten geeignete Sitze für ihr Fahrzeug erhalten.<br />
4.5.4 Unterrichtsmaterial für Fahrerschulung<br />
Unterrichtsmaterial für die Fahrerschulung im Arbeitsschutz und der Gesundheitsförderung wird von den unten genannten<br />
Institutionen angeboten.<br />
4.5.5 Anbieter von Gesundheitsförderungsprogr<strong>am</strong>men<br />
Spezielle Gesundheitsförderprojekte für Lastkraftwagenfahrer und Hinweise für betriebliches Gesundheitsmanagement bei<br />
Speditionen gibt es bei folgenden Institutionen:<br />
� Verwaltungs-Berufsgenossenschaft<br />
Deelbögenk<strong>am</strong>p 4, 22297 H<strong>am</strong>burg<br />
Telefon: 040 5146-0, Telefax: 040 5146-2146<br />
http://www.vbg.de<br />
E-Mail: HV.H<strong>am</strong>burg@vbg.de<br />
(Entstanden durch Fusion der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft mit der Berufsgenossenschaft der Straßen-, U-<br />
Bahnen und Eisenbahnen ab 01.01.2010. Weiterer Vorläufer: Berufsgenossenschaft der ker<strong>am</strong>ischen und Glas-<br />
Industrie)<br />
� Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft<br />
Ottenser Hauptstraße 54, 22765 H<strong>am</strong>burg<br />
Telefon: 040 3980-0, Telefax: 040 3980-1666<br />
http://www.bg-verkehr.de<br />
E-Mail: info@bg-verkehr.de<br />
(Entstanden durch Fusion der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen und der See-Berufsgenossenschaft<br />
ab 01.01.2010)<br />
� Projektpartner der "Initiative betriebliches Gesundheitsmanagement in Baden-Württemberg". Ansprechpartner<br />
ist das Referat 45 (Gewerbeaufsicht, medizinischer und sozialer Arbeitsschutz) des Ministeriums für Arbeit und<br />
Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren:<br />
Unterstützung für Gesundheitsförderungsmaßnahmen findet man darüber hinaus bei den zuständigen Versicherungen und<br />
Behörden, bei Berufsverbänden sowie bei kommerziellen Anbietern.<br />
67<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
5 Ausblick<br />
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Qualitätszirkel erarbeiten für ihren Betrieb Verbesserungsvorschläge, bei denen zus<strong>am</strong>mengefasst wird, welche die Gesundheit<br />
der Fahrer berührenden Probleme im Betrieb bestehen und wie man sie abbauen kann. Dieser Leitfaden, der von<br />
Fachleuten verschiedener Fachrichtungen erarbeitet wurde, hat Vorschläge mit einem multikausalen Ansatz zus<strong>am</strong>mengestellt,<br />
wie die Berufs- und Gesundheitssituation der Lastkraftwagenfahrer und die Situation der Speditionen verbessert werden<br />
kann. Es wäre gut für die Infrastruktur, aber auch die Verkehrssicherheit und die Gesundheit der Lastkraftwagenfahrer,<br />
wenn in den nächsten Jahren möglichst viel davon umgesetzt werden könnte.<br />
Wer kann Verbesserungen der Situation herbeiführen?<br />
Gesetzgebung:<br />
� Stärkere Verlagerung von Transitverkehr auf die Bahn,<br />
� Schaffung einer rechtlichen Basis für die Ausstattung der Autobahn mit ausreichenden Langzeitrastplätzen für<br />
Lastkraftwagenfahrer,<br />
� Schaffung einer rechtlichen Basis für Lärmschutz an Rastplätzen,<br />
� Festlegung von Normen für die Ausstattung von Rastplätzen (Lärmreduktion durch Parken der Lastkraftwagen von<br />
der Autobahn entfernt, Ausrichtung der Fahrerkabine von der Autobahn weg, eigene Stellplätze mit Stromanschluss<br />
und Wasseranschluss für Kühlfahrzeuge und Tiertransporter, Festlegung einer Infrastrukturausstattung der<br />
Parkplätze mit WC-Anlage, Waschgelegenheit, Kiosk , Einkaufsmöglichkeit),<br />
� Festlegung der Einrichtung von Rastplätzen in Industrie- und Gewerbegebieten,<br />
� Regulierung von Parkverboten in Industrie- und Gewerbegebieten,<br />
� Vorgabe der Ausstattung der Lastkraftwagen mit Fahrerassistenzsystemen, Lärmdämmung, Klimatisierung bei der<br />
Fahrt und im Stand,<br />
� Verbesserung der Vorschriften zur Unfallsicherheit der Fahrzeugkabinen,<br />
� Verbot von Nachtfahrten zwischen 23:00 und 6:00 Uhr für Lastkraftwagen ohne unfallverhindernde Fahrerassistenzsysteme,<br />
� Ausgleich der höheren Belastung und Unfallgefährdung durch Nachtarbeit gegenüber Tagarbeit z. B. durch zusätzliche<br />
Pausen, kürzere Arbeitszeit,<br />
� Vorgaben für eine automatische Erfassung von Ladetätigkeiten durch den digitalen Tachographen.<br />
Planung von Autobahnen und Rastplätzen:<br />
� Vermehrte Schaffung von Rastplätzen für LKW-Fahrer. Evtl. Unterbringung von mehr Lastkraftwagen auf den vorhandenen<br />
Parkplätzen durch Verwendung intelligenter Parkplatzverteilungssysteme oder durch nächtliche Umwidmung<br />
von PKW-Parkplätzen als LKW-Parkplätze,<br />
� Sanitäreinrichtungen und Lärmschutz für Rastplätze,<br />
� Bereitstellung von Infrastruktureinrichtungen im Rastplatzumfeld, z.B. Discounter an der Autobahn,<br />
� Leitsystem für Rastplatz-suchende LKW,<br />
� Anbringen von Fahrbahnmarkierungen mit akustischer oder haptischer Warnfunktion an Stellen mit erhöhter Unfallgefahr,<br />
68<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
� erhöhte Personalbereitstellung für Autobahnplanung.<br />
Kontrollbehörden:<br />
� Erhöhte Personalbereitstellung für verstärkte Kontrollen von Lenk- und Ruhezeiten, Ladungssicherung, evtl. auch<br />
Kontrollen auf Drogenabusus auf der Autobahn und autobahnähnlich ausgebauten Bundesstraßen,<br />
� erhöhte Personalbereitstellung für verstärkte Kontrollen von Speditionen,<br />
� Installation von gerichtsfesten Vigilanzprüfungen,<br />
� verstärkte Prävention (Information für Fahrer und Speditionen).<br />
Versicherungen:<br />
� Angebot von Progr<strong>am</strong>men zur Gesundheitsförderung,<br />
� Angebot von Informations- und Schulungsmaterial,<br />
� finanzielle Entlastung gesundheitsfördernder Betriebe,<br />
� Angebot telemedizinischer Betreuung.<br />
Speditionen:<br />
Fahrer:<br />
� Bildung von Frachtzentren zur Reduzierung von Fernfahrten,<br />
� realistische Disposition von Fahrten,<br />
� Kontrolle der Einhaltung von Lenk- und Ruhezeiten,<br />
� Information der Arbeitnehmer über Gesundheitsgefahren und ihre Prävention,<br />
� Verwendung von Fahrerassistenzsystemen,<br />
� Verwendung von Lastkraftwagen mit Klimaanlage, die auch im Stand betrieben werden kann,<br />
� betriebliches Gesundheitsmanagement und Gesundheitsförderung,<br />
� verbesserte Kommunikation im Betrieb,<br />
� Qualitätszirkel / Gesundheitszirkel,<br />
� betriebsärztliche / sicherheitstechnische Versorgung,<br />
� Weiterbildung der Fahrer, auch in Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung.<br />
� Nutzen von Informationen über Gesundheitsgefahren,<br />
� Einhalten von Lenk- und Ruhezeiten,<br />
� Teilnahme an Gesundheitsförderprogr<strong>am</strong>men,<br />
� Teilnahme an Aus- und Weiterbildung,<br />
69<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
� Ladungssicherung,<br />
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
� rechtzeitiges Aufsuchen von Ärzten/Zahnärzten bei Beschwerden,<br />
� rechtzeitige Behandlung von Erkrankungen,<br />
� Nutzung von Fahrerassistenzsystemen.<br />
Fahrzeughersteller:<br />
� Entwicklung von praxisgeeigneten Fahrerassistenzsystemen und Angebot zu erschwinglichen Preisen,<br />
� Entwicklung von LKW-geeigneten Navigationssystemen,<br />
� Verbesserung der Unfallsicherheit der Kabinen,<br />
� verbesserte Ausstattung der Fahrerkabinen (Klimatisierung, Lärmschutz, Unfallschutz, Toilette, Waschgelegenheit,<br />
ausreichend großer Kühlschrank, Gefrierschrank, Mikrowelle, Sportgeräte usw.).<br />
70<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
6 Literatur<br />
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
1. Ad<strong>am</strong>s-Guppy J, Guppy A (2003)<br />
Truck drivers fatigue risk assessment and management: a multinational survey<br />
Ergonomics 46 (8), 763 - 779<br />
2. Apostolopoulos Y, Sönmez S, Shattell MM, Belzer M (2010)<br />
Worksite-Induced Morbidities Among Truck Drivers in the United States<br />
AAOHN Journal 58 (7), 285 - 296<br />
3. Aronson KJ, Howe GR, Carpenter M, Fair ME (1999)<br />
Surveillance of potential associations between occupations and causes of death in Canada, 1965 – 91<br />
Occup Environ Med, Vol .56(4), 265 – 260<br />
4. BAG – Bundes<strong>am</strong>t für Güterverkehr (2003)<br />
Struktur der Unternehmen des gewerblichen Güterkraftverkehrs und des Werkverkehrs (USTAT10, Stand November<br />
2003). ULR: www.bag.bund.de<br />
5. Bartl G, Hager B (2006)<br />
Unfallursachenanalyse bei PKW-Lenkern<br />
Institut Gute Fahrt, Lassallestraße 46, A-1020 Wien<br />
6. Belkic K; Savic C; Theorell T; Rakic L; Ercegovac D, Djordjevic,M., (1994)<br />
Mechanisms of cardiac risk <strong>am</strong>ong professional drivers<br />
Scand J Work Environ Health 20 (2), 73-86<br />
7. Bernard TM, Bouck LH, Young W S (2000)<br />
Stress factors experienced by female commercial drivers in the transportation industry<br />
Professional Safety, Journal of the American Society of Safety Engineers 20-26<br />
http://0-www.cdc.gov.mill1.sjlibrary.org/elcosh/docs/d0300/d000391/d000391.html<br />
8. Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen (BGF) , Berufsverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung<br />
( BGL), KRAVAG (2009)<br />
Fahrerassistenzsysteme. Aufruf 8/2009<br />
http://www.fahrer-assistenz-systeme.de/2008/index.php?id=16<br />
9. Bigert C, Klerdal K, H<strong>am</strong>mar N, Hallquist J, Gustavsson P (2004)<br />
Time trends in the incidence of myocardial infarction <strong>am</strong>ong professional drivers in Stockholm 1977 – 96<br />
Occup Environ Med 61 (12) : 987 – 991<br />
10. Binder R, Weeß HG, Schürmann T et al (2003).<br />
Anteil erhöhter Schläfrigkeitswerte bei Kraftfahrern und deren Ursache: Ergebnisse zweier Feldstudien<br />
Kongressbericht 2003 der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin e.V. 161<br />
11. Bjork J, Ardo J, Stroh E, Lovkvist H, Ostergren PO, Albin M (2006)<br />
Road traffic noise in southern Sweden and its relation to annoyance, disturbance of daily activities and health<br />
Scand J Work Environ Health 32 (5): 392 – 401<br />
12. Bluhm G, Berglind N, Nordling E, Rosenlund M (2007)<br />
Road traffic noise and hypertension<br />
Occup Environ Med 64 (2) ; 122-126<br />
13. Boffetta P, Stellman SD, Garfinkel L (1988)<br />
Diesel exhaust exposure and mortality <strong>am</strong>ong males in the American Cancer Society prospective study<br />
Am J Ind Med 14(4): 403 – 415<br />
14. Boffetta P, Harris RE, Wynder EL (1989)<br />
Diesel exhaust exposure and lung cancer risk<br />
Exp Pathol 37 (1-4):32-38<br />
71<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
15. Brüske-Hohlfeld I, Möhner M, Ahrens W, Pohlabeln H, Heinrich J, Kreuzer M. Jöckel KH, Wichmann HE (1999)<br />
Lung cancer risk in male workers occupationally exposed to diesel motor emissions in Germany.<br />
Am J Ind Med 26 (4): 405 – 414<br />
16. Brüske-Hohlfeld I, Möhner M, Pohlabeln H, Ahrens W, Bolm-Audorff U, Kreienbrock L, Kreuzer M, Jahn I,<br />
Wichmann HE, Jöckel KH (2000)<br />
Occupational lung cancer risk für men in Germany: results from a pooled case-control study<br />
Am J Epidemiol 151(4), 384-395<br />
17. Bültmann U, Kant I, van Amelsvoort L, van den Brandt PA, Kasl SV (2001)<br />
Differences in Fatigue and Psychological Distress Across Occupations: Results From The Maastricht Cohort Study of<br />
Fatigue at Work.<br />
J Occ Environ Med 43(11), 976-983<br />
18. Bundesanstalt für Straßenwesen (BAST)<br />
http://www.allianz-pro-schiene.de/deutsch/Bundesregierung-Erhebliche-Belastungen.html<br />
19. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Städteplanung<br />
http://www.bmvbs.de/Anlage/original_1046533/Masterplan-Gueterverkehr-und-Logistik.pdf<br />
http://www.bmvbs.de/dokumente/-,302.999442/Artikel/dokument.htm<br />
20. Cappuccio FP, Stranges S, Kandala NB, Miller MA, Taggart FM, Kumari M,<br />
Ferrie JE, Shipley MJ, Brunner EJ, Marmot MG (2007)<br />
Gender-Specific Associations of Short Sleep Duration With Prevalent and Incident Hypertension - The Whitehall II<br />
Study<br />
Hypertension 50, 693 - 700<br />
21. Couper FJ, Pemberton M, Jarvis A, Hughes M, Logan BK (2002)<br />
Prevalence of drug use in commercial tractor-trailer drivers<br />
J Forenscic Sci 47 (3), 562 - 567<br />
22. Crouch DJ, Birky MM, Gust SW, Rollins DEM, Walsh JM, Moulden J V, Quinlan KE, Beckel RW (1993)<br />
The prevalence of drugs and alcohol in fatally injured truck drivers<br />
J Forensic Sci 38 (6), 1342 - 1353<br />
23. Cui R, Tanigawa T, Sakurai S, Y<strong>am</strong>agishi K, Iso H (2006)<br />
Relationships between sleep-disordered breathing and blood pressure and excessive daytime sleepiness <strong>am</strong>ong<br />
truck drivers<br />
Hypertension Research 29 (8): 605 – 610<br />
24. Ellinghaus D, Steinbrecher J, (2002)<br />
Lkw im Straßenverkehr – Eine Untersuchung über die Beziehungen zwischen LKW- und PKW-Fahrern<br />
UNIROYAL-Verkehrsuntersuchung, Band 27, 251 Seiten<br />
ULR: http://www.contionline.com/generator/www/de/en/uniroyal/automobile/themes/05_downloads/02_traffic_studies/verkehrsuntersuchung<br />
en_en.html<br />
25. European Transport Safety Council (2001)<br />
The role of driver fatigue in commercial road transport crashes. Brüssel, 2001<br />
http://www.etsc.be/documents/drivfatigue.pdf<br />
26. Evers C, Auerbach K (2006)<br />
Übermüdung als Ursache schwerer Lkw-Unfälle<br />
ZSchr Verkehrssich 52 (2), 67 - 70<br />
27. Everson CA (1993)<br />
Sustained sleep deprivation impairs host defense.<br />
Am J Physiol (Regul Integr Comp Physiol) 265, R1148 - R1154<br />
28. Fastenmeier W, Gwehenberger J, Finsterer H (2002)<br />
LKW-Fahrer-Befragung. Ein Beitrag zur Analyse des Unfallgeschehens<br />
Institut für Fahrzeugsicherheit, München, Ges<strong>am</strong>tverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV)<br />
http://www.gdv.de/downloads/GDV-Studie%20Abschlussbericht.pdf<br />
72<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
29. Fischer S, Göres B, Gondek K-H, Sayn D (2001)<br />
Vibrationseinwirkung an Kraftfahrer-Arbeitsplätzen auf Nutzfahrzeugen und Kraftomnibussen im öffentlichen Straßenverkehr<br />
(Kennzahl 220 220)<br />
in: BGIA Handbuch Sicherheit und Gesundheitsschutz <strong>am</strong> Arbeitsplatz, 39.Lief VII/2001<br />
http://www.bgia-handbuchdigital.de/220220<br />
30. Fischer S, Göres B, Gondek KH, Sayn D (2006)<br />
Schwingungseinwirkung an Fahrerarbeitsplätzen von Kraftomnibussen<br />
BGIA-Report 10/2006<br />
Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften - Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitsschutz<br />
(BGIA), Sankt Augustin<br />
31. Florian M (1993)<br />
“Highway-Helden” in Not. Arbeits- und Berufsrisiken von Fernfahrern zwischen Mythos und Realität.<br />
Edition Sigma, Berlin<br />
32. Griefahn B (1992)<br />
Arbeitsmedizin<br />
Ferdinand Enke-Verlag, Stuttgart<br />
33. Gründl M (2005)<br />
Fehler und Fehlverhalten als Ursache von Verkehrsunfällen und Konsequenzen für das Unfallvermeidungspotential.<br />
Inauguraldissertation , Universität Regensburg 2005<br />
34. Guberan E, Usel M, Raymond L, Bolay J, Fioretta G, Puissant J (1992)<br />
Increased risk for lung cancer and for cancer of the gastrointestinal tract <strong>am</strong>ong Geneva professional drivers<br />
Br J Ind Med 49 (5), 337 – 344<br />
35. Gustavsson P, Alfredsson L, Brunnberg H, H<strong>am</strong>mar N, Jakobsson R, Reuterwall C, Ostlin P (1996)<br />
Myocardial infarction <strong>am</strong>ong male bus, taxi, and lorry drivers in middle Sweden<br />
Occup Environ Med 53 (4), 235 – 240<br />
36. Hakkanen H, Sumala H (2000)<br />
Sleepiness at work <strong>am</strong>ong commercial truck drivers<br />
Sleep 23 (1), 49-57<br />
37. Hannerz H, Tuchsen F (2001)<br />
Hospital admissions <strong>am</strong>ong male drivers in Denmark<br />
Occup Environ Med 58 (4), 253 – 260<br />
38. Hansen J, Raaschou-Nielsen O, Olsen JH (1998)<br />
Increased risk of lung cancer <strong>am</strong>ong different types of professional drivers in Denmark. Occup Environ Med 55 (2),<br />
115 – 118<br />
39. Hedberg GE, Jacobsson KA, Janlert U, Langendoen S (1993)<br />
Risk indicators of ischemic-heart disease <strong>am</strong>ong male professional drivers in Sweden Scand J Work Environ Health<br />
19, 326 – 333<br />
40. Helms M, Grotian J, Rommerskirchen S, Schumacher I (2003)<br />
Quantifizierung der Nicht-Einhaltung von Sozial- und Sicherheitsvorschriften auf der Straße und ihre Auswirkungen<br />
auf den Wettbewerb zwischen Straße und Schiene im Güterverkehr.<br />
Prognos Basel<br />
http://www.db.de/site/shared/de/dateianhaenge/positionspapiere/prognos__studie__kurzfassung___20jan__2003.pdf,<br />
41. Järvholm B, Silverman D (2003)<br />
Lung cancer in heavy equipment operators and truck drivers with diesel exhaust exposure in the construction industry<br />
Occup Environ Med 60 (7), 516 – 520<br />
42. Jakobsson R, Gustavsson P, Lundberg I (1997)<br />
Increased risk of lung cancer <strong>am</strong>ong male professional drivers in urban but not rural areas of Sweden<br />
Occup Environ Med 54 (3), 189 – 193<br />
73<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
43. Jain NB, Hart J E, Smith TJ, Garshick E, Laden F (2006)<br />
Smoking behaviour in trucking industry workers<br />
Am J Ind Med 49 (12), 1013 – 1020<br />
44. Jakovljevic B, Belojevic G, Paunovic K, Stojanov V (2006)<br />
Road traffic noise and sleep disturbances in an urban population: cross-sectional study Croat Med J 47 (1), 125 - 133<br />
45. Jarvis A, Logan BK, Couper FJ, Hughes M, Pemberton M (2002)<br />
Prevalence of Drug Use in Commercial Tractor-Trailor Drivers<br />
J Forensic Sci 47 (3), 562 - 567<br />
46. Johns M W (1991)<br />
A new method for measuring daytime sleepiness: The Epworth Sleepiness Scale<br />
Sleep 14, 540 – 545<br />
47. Kelsey J L (1975)<br />
An epidemiological study of the relationship between occupations and acute herniated lumbar intervertebral discs<br />
Int J Epidemiol 4 (3), 197 – 205<br />
48. Knutson KL, Spiegel K, Penev P, Van Cauter E (2007)<br />
The metabolic consequences of sleep deprivation<br />
Sleep Med Rev 11 (3),163 - 178<br />
49. Koda S, Yasuda N, Sugihara Y, Ohara H, Udo H, Otani T, Hisashige A, Ogawa T, Aoy<strong>am</strong>a H (2000)<br />
Analyses of work-relatedness of health problems <strong>am</strong>ong truck drivers by questionnaire survey<br />
Sangyo Eiseigaku Zasshi 42 (1), 6 - 16<br />
50. Korelitz JJ, Fernandez AA, Uyeda VJ, Spivey GH, Browdy BL, Schmidt RT (1993)<br />
Health habits and risk factors <strong>am</strong>ong truck drivers visiting a health booth during a trucker trade show<br />
Am J Health Promot 8 (2), 117 - 123<br />
51. Kraftfahrt-Bundes<strong>am</strong>t, Flensburg<br />
http://www.kba.de/<br />
52. Lacho L, Kohavec M (1980)<br />
Caffeine and smoking-induces changes in behavior of car drivers<br />
Soud Lek 25 (2), 22 - 27<br />
53. L<strong>am</strong> T H, Jiang CQ, Ho SY, Zhang W S, Liu WW, He JM (2002)<br />
Smoking and mortality in 81344 drivers in Guangzhou, China<br />
Occup Environ Med 59 (2), 135 – 138<br />
54. Landgericht Nürnberg-Fürth (2003)<br />
Urteil vom 08.02. 2006 - 2Ns 915 Js 1447 10/2003<br />
55. Lange J, Roth J (2005)<br />
Sicherheits- und Gesundheitsschutzdefizite im Speditionsgewerbe<br />
Wirtschaftsverlag NW 2005, Bremerhaven (Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin,<br />
Fb 1056)<br />
56. Leechawengwongs M, Leechawengwongs E, Sukying C, Udomsubpayakul U (2006)<br />
Role of drowsy driving in traffic accidents: a questionnaire survey of Thai commercial bus/truck drivers<br />
J Med Assoc Thai 89 (11), 1845 - 1850<br />
57. Leidag M (2002)<br />
Vergleich von neuropsychologischen Defiziten und Ergebnissen einer Fahrsimulationsuntersuchung bei Patienten mit<br />
obstruktivem Schlafapnoesyndrom vor und unter CPAP-Therapie<br />
Dissertation Ruhr-Universität Bochum (2002)<br />
58. Lyons J (2002)<br />
Factors contributing to low back pain <strong>am</strong>ong professional drivers: A review of current literature and possible ergonomic<br />
controls<br />
Work 19 (1), 95 - 102.<br />
74<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
59. Madea B, Musshoff F, Berghaus MG (Herausgeber; 2007)<br />
Verkehrsmedizin Deutscher Ärzte-Verlag, Köln (2007)<br />
60. Magnusson M L, Pope MH , Wilder DG, Areskoug B (1996)<br />
Are occupational drivers at an increased risk for developing musculoskeletal disorders?<br />
Spine 21 (6), 710 – 717<br />
61. Malinauskiene V (2003)<br />
Truck driving and risk of myocardial infarction<br />
Przegl Lek, 60 Suppl 6, 89 – 90<br />
62. Maschke C, Hecht K (2007)<br />
Schlaf und Lärm<br />
Praktische Arbeitsmedizin 7, 12 – 19<br />
63. Mc Cartt AT, Rohrbaugh J W, H<strong>am</strong>mer MC, Fuller SZ (2000)<br />
Factors associated with falling asleep at the wheel, <strong>am</strong>ong long distance truck drivers Accid Annal Prev 32 (4), 493 -<br />
504<br />
64. Michaelis M (2008)<br />
Gesundheitsschutz und Gesundheitsförderung von Berufskraftfahrern<br />
Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Dortmund<br />
(Forschungsbericht F2038) http://www.baua.de/cln_135/de/Publikationen/Fachbeitraege/F2038.html<br />
65. Mitler MM, Miller JC, Lipsitz JJ, Walsh JK, Wylie CD (1997)<br />
The sleep of long-haul drivers<br />
N Engl J Med 337 (11), 755 - 761<br />
66. Moreno CR, Carvalho FH, Lorenzi C, Matuzaki LS, Precotti P, Bighetti P, Louzada FM, Lorenzi-Filho G (2004)<br />
High risk for obstructive sleep apnea in truck drivers estimated by the Berlin questionnaire: prevalence and associated<br />
factors<br />
Chronobiol Int 21 (6), 871 - 879<br />
67. Müller LD, Brehme U, Drysch K, Schmahl FW, Dietz K (2004)<br />
Schlafverhalten und Schläfrigkeit bei LKW-Fernfahrern. Fragebogenerhebung und pupillographische Untersuchungen.<br />
In: Baumgartner E, Stork J (Hrsg): Verhandl Dtsch Ges Arbeitsmed Umweltmed 44 Athesia-Tyrolia Druck, Innsbruck<br />
276 - 280<br />
68. Müller LD, Drysch K, Brehme U et al (2005)<br />
Gesundheitliches Risikoprofil von LKW-Fernfahrern.<br />
In: Brüning T, Harth V, Zaghow M (Hrsg.): Verhandl Dtsch Ges Arbeitsmed Umweltmed 45 Gentner-Verlag, Stuttgart<br />
(CD-ROM)<br />
69. Müller LD, Drysch K, Brehme U, Dietz, K (2006)<br />
Schlafverhalten und Schläfrigkeit bei LKW-Fernfahrern<br />
Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 41 (10), 464 - 474<br />
70. Muth T, Knauf-Hübel D, Majery N, Rizki M, Galetke W, Borsch-Galetke E (2003)<br />
Screening des Schlaf-Apnoe-Syndroms bei Berufskraftfahrern.<br />
In: Scheuch K, Haufe E (Hrsg): Verhandl Dtsch Ges Arbeitsmed Umweltmed 43. Rindt-Druck, Fulda<br />
71. Nelson RJ (2004)<br />
Seasonal immune function and sickness responses<br />
Trends Immunol 25 (4) 187 - 192<br />
72. Neri M, Soares W L, Soares C (2005)<br />
Health conditions in the cargo and passenger road transportation industry: a study based on the Brazilian National<br />
S<strong>am</strong>ple Household Survey<br />
Cad Saude Publica 21 (4), 1107 – 1123<br />
75<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
73. Nolle T (2005)<br />
Mobile Berufe – eine Untersuchung der Arbeitsbedingungen und der Ernährung im Hinblick auf die Gesundheit.<br />
Dissertation, Universität Dortmund, Fachbereich Philosophie 2005.<br />
ULR: http://hdl.handle.net/2003/21830<br />
74. Østbye T, Dement JM, Krause KM (2007)<br />
Obesity and Workers‟ Compensation. Results From the Duke Health and Safety Surveillance System<br />
Arch Intern Med 167, 766 - 773<br />
75. Penev P (2007)<br />
Sleep deprivation and energy metabolism: To sleep, perchance to eat?<br />
Curr Opin Endocrinol Diabetes Obes 14, 374 - 381<br />
76. Pfluger D.H, Minder CE (1994)<br />
A mortality study of lung cancer <strong>am</strong>ong swiss professional drivers: accounting for the smoking related fraction by a<br />
multivariate approach<br />
Soz Präventivmed 39 (6), 372 – 378<br />
77. Piazzi A, Bollino G, Mattioli S (1991)<br />
Spinal pathology in self-employed truck drivers<br />
Med Lav 82 (2), 122 - 130<br />
78. Pickering TG (2005)<br />
Measurement of Blood Pressure In and Out of the Office<br />
J Clin Hypertens 7 (2), 123 - 129<br />
79. Popp R, Fischer P, Geisler J, Zulley G, Hajak G (2007)<br />
Wie wirkt sich Verkehrslärm auf den Nachtschlaf von LKW-Fahrern aus?<br />
15. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin<br />
Somnologie Suppl 1, S 046<br />
80. Quinlan, M. (2001).<br />
Report of inquiry into safety in the long haul trucking industry. Sydney, Australia:<br />
Motor Accident Authority of New South Wales.<br />
81. Ragland DR, Greiner BA, Holman BL, Fisher JM (1997)<br />
Hypertension and years of driving in transit vehicle operators<br />
Scand J Soc Med 25 (4), 271 – 279<br />
82. Rather RJ, Warriner S, Johnson D (1981)<br />
From beltline to steering wheel: the vanishing space. An informal study of persistent weight gain of truck drivers<br />
S D J Med 34 (3), 21 - 24<br />
83. Robinson CF, Burnett CA (2005)<br />
Truck Drivers and Heart Disease in the United States, 1979 –1990<br />
Am J Ind Med 47 (2), 113 – 119<br />
84. Röhm U, Voigt W (2006)<br />
Tatort Autobahn. Kriminelle Machenschaften im Speditionswesen<br />
C<strong>am</strong>pus Verlag, Frankfurt/M<br />
85. Roth JJ, Schygulla M, Dürholt H, Nachreiner F, Pankonin C (2004)<br />
Betriebs- und Arbeitszeiten beim Gütertransport und bei der Personenbeförderung<br />
Wirtschaftsverlag NW, Bremerhaven<br />
(Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Fb 1033)<br />
86. Rothe S, Jellentrup N, Lüttgen J (2008)<br />
Befragung von 250 LKW-Fahrern zu Symptomen und Gegenmaßnahmen bei Müdigkeit<br />
bisher unveröffentlichte Befragung, Daimler AG, Stuttgart<br />
87. Rothe S, Popp R, Zulley J, Hajak G (2009)<br />
Störung des Schlafs und der Leistungsfähigkeit von LKW-Fahrern durch Störgeräusche und nächtlichen Verkehrslärm<br />
bisher unveröffentlichte Studie, Daimler AG, Stuttgart<br />
76<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
88. Saltzman GM, Belzer MH (2007)<br />
Truck driver occupational safety and health.<br />
2003 conference report and selective literature review.<br />
Dept Health Human Services (NIOSH) Publication No. 2007-120,<br />
NIOSH Publications Dissemination, 4676 Columbia Parkway, Cincinnati, OH, 45226-1998, 116 Seiten<br />
89. Sabbagh-Ehrlich S, Friedman L, Richer EB (2005)<br />
Working conditions and fatigue in professional truck drivers at Israeli ports<br />
Inj Prev 11 (2), 110 – 114<br />
90. Schernh<strong>am</strong>mer E, Laden F, Speizer FE, Willett WC, Hunter DJ, Kawachi I, Fuchs CS, Colditz GA (2003)<br />
Night shift and risk of colorectal cancer in the Nurses„ Health Study<br />
J Natl Cancer Inst 95 (11), 825 - 828<br />
91. Schwarze S, Notbohm G, Hartung E, Dupuis H (1998)<br />
Ganzkörperschwingungen auf die Lendenwirbelsäule<br />
Arbeitsmed, Sozialmed, Umweltmed 33 (10), 429 - 442<br />
92. Spiegel K, Knutson K, Leproult R, Tasali E, Van Cauter E (2005)<br />
Sleep loss: a novel risk factor for insulin resistance and Type 2 diabetes<br />
J Appl Physiol 99 (5),2008 – 2019<br />
93. Statistisches Bundes<strong>am</strong>t (2006)<br />
http://www.bgl-ev.de/images/daten/verkehr/gueteraufkommen.pdf<br />
94. Steenland K, Deddens J, Stayner L (1998)<br />
Diesel exhaust and lung cancer in the trucking industry: exposure-response analyses and risk assessment<br />
Am J Ind Med 34 (3), 220 - 228<br />
95. Stoohs R A, Bingh<strong>am</strong> LA, Itoi A, Guilleminault C, Dement WC (1995)<br />
Sleep and sleep-disordered breathing in commercial long-haul truck drivers<br />
Chest 107 (5), 1275 – 1282<br />
96. Straif K, Baan R, Grosse Y, Secretan B, El Ghissassi F, Bouvard V, Altieri A, Benbrahim-Tallaa L, Cogliano V<br />
(2007)<br />
Carcinogenicity of shift-work, painting and fire-fighting<br />
Lancet Oncology 8, 1065 - 1066<br />
97. Stutts JC, Wikins JW, Scott-Osberg J, Vaughn BV (2003)<br />
Driver risk factors for sleep related crashes.<br />
Accid Anal Prev 35, 321 - 331<br />
98. Tuchsen F, Hannerz H, Roepstorff C, Krause N (2006)<br />
Stroke <strong>am</strong>ong male professional drivers in Denmark 1994 – 2003<br />
Occup Environ Med 63 (7), 456 – 460<br />
99. Walzl M, Hagen R, Prummer K (2007)<br />
Pupillographische Untersuchungen auf Schläfrigkeit bei Berufskraftfahrern<br />
Zbl Arbeitsmed 57 349 - 364<br />
100. Weskott M (2005)<br />
Management der Schlafapnoe bei Beschäftigten eines Verkehrs- und Versorgungsunternehmens <strong>am</strong> Beispiel der<br />
Wuppertaler Stadtwerke AG<br />
Regionalforum Arbeitsmedizin Region Stuttgart, Böblingen, 27.-28.Februar 2005<br />
http://www.vdbw.de/de/fortbildung/Tagungsreader_Boeblingen_-_neu.pdf<br />
101. Weeß HG, Binder R, Grellner W, Lüdtke H, Wilhelm B, Steinberg R (2001)<br />
Verkehrsgefährdung infolge Schläfrigkeit <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong> – eine Untersuchung auf einer deutschen Autobahn<br />
Somnologie 5(Suppl 2), 58<br />
102. Weil De Vega C, Durst W, Otto G Wilhelm B (2005)<br />
Sleepy on the highway – a roadside study<br />
Sleep Medicine 6, 193<br />
77<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
103. Wilhelm B, Weeß HG, Lütke H<br />
Todmüde <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong> - Pupillographie entlarvt Schläfrigkeit.<br />
http://www.stz-biomed.de/deggendorf.pdf<br />
104. Wilhelm B, Weeß HG, Binder R (2003)<br />
Objektive Erfassung von Tagesschläfrigkeit bei deutschen Autofahrern<br />
Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 38 (3) V15, 122<br />
105. Wilhelm B, Brummund T, Durst W, Otto G (2007)<br />
Objektivierung von Tagesschläfrigkeit bei 50- bis 65- jährigen Beschäftigten im Verwaltungsbereich<br />
Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 42 (3) 102<br />
106. Zulley J, Crönlein T, Hell W, Langwieder K (1995)<br />
Einschlafen <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong>: Hauptursache schwerer Verkehrsunfälle<br />
Wien Med Wschr 145 (17/18), 473<br />
78<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
7 Glossar<br />
Abusus Missbrauch<br />
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Adipositas Fettleibigkeit, Fettsucht. Nach WHO-Definition liegt eine Adipositas ab einem Körpermasseindex<br />
(BMI) von 30 kg/m² vor. Es werden drei Schweregrade (< 30, < 35 und < 40) unterschieden.<br />
Adrenalin Ein in Stresssituationen ausgeschüttetes Hormon des Nebennierenmarks. Als Stresshormon<br />
vermittelt Adrenalin eine Steigerung der Herzfrequenz, einen Anstieg des Blutdrucks, eine Erweiterung<br />
der Bronchiolen, eine schnelle Bereitstellung von Energiereserven durch Fettabbau<br />
(Lipolyse) sowie die Freisetzung und Biosynthese von Glucose. Es reguliert ebenso die Durchblutung<br />
(Zentralisierung) und die Magen-Darm-Tätigkeit (Hemmung). Im Zentralnervensystem<br />
kommt Adrenalin als Neurotransmitter in adrenergenen Neuronen (Nervenzellen) vor.<br />
Amphet<strong>am</strong>in Synthetische stimulierende Droge. Es ist ein indirektes Sympathomimetikum und hat somit eine<br />
anregende Wirkung auf das Zentralnervensystem. Aufgrund seiner stimulierenden und euphorisierenden<br />
Wirkung wird Amphet<strong>am</strong>in als Rauschmittel eingesetzt. Der Handel und Besitz von<br />
Amphet<strong>am</strong>in ohne Erlaubnis ist in den meisten europäischen Ländern, u.a. in Deutschland<br />
strafbar. Illegal wird es meist unter den N<strong>am</strong>en Speed und Pep angeboten.<br />
An<strong>am</strong>nese Im Arzt-Patientengespräch erfragte medizinische Vorgeschichte.<br />
Angina<br />
pectoris<br />
Engegefühl und Schmerzen in der Brust bei Patienten mit einer Arteriosklerose der Herzkranzgefäße<br />
(Koronare Herzkrankheit = KHK). Sie geht mit einer Minderversorgung des Herzmuskels<br />
mit Sauerstoff oder einem gesteigerten Sauerstoffbedarf des Herzens einher.<br />
Arbeitszeit Zeit vom Beginn bis Ende der Arbeit, wobei Pausen abgezogen werden. Die Dauer der Arbeitszeit<br />
ist im Arbeitszeitgesetz geregelt.<br />
Asbestose Krankheit der Lunge und gehört zu den so genannten Pneumokoniosen (Staublungenkrankheiten).<br />
Sie entsteht durch eingeatmeten Staub von Asbest, dessen Verwendung EU-weit seit 2005<br />
verboten ist. Asbest kann die folgenden Erkrankungen verursachen: Fibrose, Lungenkrebs oder<br />
Kehlkopfkrebs und Lungenfellkrebs (Mesotheliom). Asbeste sind natürlich vorkommende faserförmige<br />
Minerale und bis in die neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts sehr häufig in Handwerk<br />
und Industrie angewendet worden, weil es besondere Eigenschaften besitzt: große Zugfestigkeit,<br />
Hitze- und Säurebeständigkeit, hervorragendes Isolationsvermögen und textile<br />
Verarbeitbarkeit bei niedrigen Kosten.<br />
Asthma Eine chronische, entzündliche Erkrankung der Atemwege mit dauerhaft bestehender Überempfindlichkeit.<br />
AU Arbeitsunfähigkeit. Die Meldung einer Arbeitsunfähigkeit bei der gesetzlichen Krankenkasse ist<br />
für sozialversicherungspflichtig Beschäftigte dabei spätestens ab dem vierten Krankheitstag<br />
gesetzlich vorgeschrieben.<br />
BAB Bundesautobahn<br />
Bandscheibenprolaps Teile der Bandscheibe treten in den Wirbelkanal vor und drücken auf das im Wirbelkanal liegende<br />
Rückenmark bzw. Nervengewebe. Die Ursache liegt oft in einer Überlastung nach Vorschädigung<br />
der Bandscheiben. Ein Bandscheibenvorfall kann aber auch ohne erkennbaren äußeren<br />
Anlass auftreten.<br />
Bioaerosol Luftgemisch mit Staubteilchen biologischer Herkunft.<br />
BMI Body Mass Index, ist eine Maßzahl für die Bewertung des Körpergewichts eines Menschen;<br />
Berechnung: Körpergewicht (in kg) / Körpergröße (in m) 2 .<br />
Carcinom Auch Karzinom, solider bösartiger Tumor (volkstümlich „Krebs“)<br />
CEMT European Conference of Ministers of Transport, erteilt Genehmigungen für Fahrten in der CEMT<br />
angehörende Länder (OECD, Süd- und Osteuropa).<br />
79<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Circadianrhythmus „Innere Uhr“, die den Schlaf-Wach-Rhythmus des Menschen steuert.<br />
Cortison Von der Nebennierenrinde gebildetes Hormon. Es hat im Stoffwechsel vor allem Effekte auf den<br />
Kohlenhydrathaushalt, den Fettstoffwechsel und den Proteinumsatz im Sinne einer Energiebereitstellung.<br />
Bei pharmakologischer Anwendung wirkt es entzündungshemmend und immunsuppressiv.<br />
CPAP-Therapie Continuous Positive Airway Pressure, Therapie dient zur Behandlung vorübergehender Atemstillstände<br />
während des Schlafens, der sog. Schlafapnoe.<br />
dB(A) Dezibel A; eine Maßeinheit für den Schallpegel. Eine Erhöhung um 3 Dezibel bedeutet eine<br />
Verdoppelung des Schallpegels, eine Erhöhung um 10 Dezibel entspricht einer Verzehnfachung<br />
des Schallpegels und einer Verdoppelung des empfundenen Schalleindrucks („doppelt so laut“).<br />
Diabetes mellitus Zuckerkrankheit durch Insulinmangel oder verminderte Insulinwirkung<br />
Digitaler Tachograph Gerät zur digitalen Aufzeichnung von Lenk- und Ruhezeiten sowie Arbeitszeit in Fahrzeugen.<br />
Disposition Eine besondere Anfälligkeit für die Ausbildung von Krankheiten<br />
Doppelharfe Straße, von der nach rechts und links Parkplätze angefahren werden<br />
Energy Drinks Bezeichnung für Getränke, die eine anregende Wirkung auf den Organismus haben sollen<br />
(meist mit Coffein oder Guarana).<br />
Episode Vorübergehendes Ereignis<br />
Epworth Sleepiness<br />
Scale<br />
Fragebogen mit wenigen und sehr kurzen Fragen zur Abschätzung chronischer Tagesschläfrigkeit.<br />
Er wurde 1991 von Dr. Murray JONES vom Epworth Hospital in Melbourne (Australien)<br />
entwickelt.<br />
Ergonomie Wissenschaft von der Gesetzmäßigkeit menschlicher Arbeit. Sie hat die Schaffung geeigneter<br />
Ausführungsbedingungen für die Arbeit und die Nutzung technischer Einrichtungen und Werkzeuge<br />
zum Ziel, wobei der menschgerechten Gestaltung des Arbeitsplatzes eine besondere<br />
Bedeutung zukommt.<br />
et alii und weitere Autoren.<br />
Fahrer-assistenzsysteme<br />
Elektronische Zusatzeinrichtungen in Kraftfahrzeugen zur Unterstützung des Fahrers in bestimmten<br />
Fahrsituationen. Hierbei stehen oft Sicherheitsaspekte, aber auch die Steigerung des<br />
Fahrkomforts im Vordergrund.<br />
Fahrsimulatoren Vorrichtungen, die dem Benutzer die gleichen Eindrücke vermitteln, wie sie beim Fahren eines<br />
Kraftfahrzeugs entstehen. Sie können u.a. zum Fahrtsicherheitstraining und als Reaktionstests<br />
eingesetzt werden.<br />
Gigaliner Lange LKW-Kombination mit bis zu 25,25 m Fahrzeuglänge und bis zu 60 t Ges<strong>am</strong>tgewicht.<br />
Gegenwärtig nicht für den Straßenverkehr zugelassen.<br />
Globalisierung Weltweite Verflechtung der Wirtschaft<br />
Guaraná Aus dem Amazonasgebiet st<strong>am</strong>mende Lianenart. Ihre Früchte mit den bitter schmeckenden<br />
Kernen zeichnen sich durch hohen Koffeingehalt (ca. 4 - 8% in der Trockenmasse) aus.<br />
Guaraná besitzt die stimulierende Wirkung des Kaffees.<br />
Hypertonie Bluthochdruck. Der normale Druck liegt bei 120/80 mmHg. Von Bluthochdruck (auch Hypertonus<br />
genannt) spricht man, wenn der Druck in den Arterien krankhaft auf einen systolischen Wert von<br />
über 140 mmHg und einen diastolischen Wert über 90 mmHg gesteigert ist.<br />
Investition Anlage von Kapital<br />
just in time Rechtzeitig. Just-in-time-Lieferung bedeutet, dass die Lieferung genau zum vorgesehenen Zeitpunkt<br />
eintrifft, wenn sie zur Weiterverarbeitung benötigt wird. D<strong>am</strong>it können Einsparungen in der<br />
Lagerhaltung erzielt werden. Wenn die Lieferzeit nicht eingehalten werden kann, kann es zu<br />
Produktionsverzögerungen mit wirtschaftlichem Schaden kommen.<br />
80<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Karoshi-Syndrom Plötzlicher Tod wegen chronischer Übermüdung und Überarbeitung. Soll in Japan als Berufskrankheit<br />
anerkannt sein.<br />
Kommunikation Verständigung<br />
Kont<strong>am</strong>ination Verunreinigung (insbesondere durch mikrobielle Keime)<br />
Krankenstand Anteil der arbeitsunfähigen Beschäftigten vom Ges<strong>am</strong>tbestand der Beschäftigten (in Prozent).<br />
Laborpar<strong>am</strong>eter Par<strong>am</strong>eter ist eine charakterisierende Eigenschaft, eine Messgröße. Unter Laborpar<strong>am</strong>eter<br />
versteht man meistens die Konzentration oder Aktivität einer Substanz, eines Substrates oder<br />
eines Enzyms in Körperflüssigkeiten, welche im Allgemeinen auf einen Referenzwert bezogen<br />
wird („Normalwert“).<br />
Leberzirrhose Endstadium chronischer Lebererkrankungen mit bindegewebiger Veränderung der Leber. Dieses<br />
Stadium gilt als irreversibel. Zu den häufigsten Ursachen zählen der Alkoholmissbrauch und<br />
die chronische Virushepatitis.<br />
Lenkzeit Zeitspanne, in der ein Fahrzeug gelenkt wird.<br />
Logistik Planung, Gestaltung, Abwicklung und Kontrolle des Material- und Güterflusses zwischen Lieferant<br />
und Kunden.<br />
Melatonin Hormon, welches in der Zirbeldrüse (Epiphyse, zum Zwischenhirn gehörig) aus Serotonin (einer<br />
der Botenstoffe im Zentralnervensystem) synthetisiert wird und in die <strong>Steuer</strong>ung des Tag-Nacht-<br />
Rhythmus eingreift.<br />
Metabolisches Syndrom Das gemeins<strong>am</strong>e Auftreten von Bluthochdruck, Übergewicht und Fettstoffwechselstörungen,<br />
verbunden mit einer Insulinresistenz. Jede dieser Erkrankungen stellt schon für sich ein Risiko<br />
für Gefäßerkrankungen dar. In Kombination erhöht sich das Risiko für Gefäßerkrankungen<br />
überadditiv. Folgen können z.B. Gefäßverschlüsse, Schlaganfall und Herzinfarkt sein.<br />
Mobilität Beweglichkeit<br />
Monotonie Einförmigkeit, Reizarmut. Führt zur Unterforderung<br />
Mucus Membrane<br />
Irritation<br />
Reizung von Haut und Schleimhäuten durch Bioaerosole<br />
Multifaktoriell Aus vielen Faktoren bestehend. Multifaktoriell verursacht heißt, dass mehrere Ursachen <strong>am</strong><br />
zustande kommen eines Ergebnisses beteiligt sind.<br />
Multiples Myelom (auch Plasmozytom) Krebserkrankung des Knochenmarks mit bösartiger Vermehrung von Zellen,<br />
die Antikörper (Immunglobuline) produzieren. Es kommt zu einer Überproduktion von identischen<br />
Immunglobulinen.<br />
Navigationsgerät Gerät zur Richtungseinweisung und Orientierung im Verkehr<br />
on-board-Computer Rechner im LKW<br />
Organic Dust Toxic<br />
Syndrome<br />
(ODTS) Reizung durch Bioaerosole von Haut und Schleimhäuten. Als Folge können Asthma,<br />
Lungenentzündung, vermehrte Müdigkeit auftreten.<br />
Ornithose Durch Chl<strong>am</strong>ydien hervorgerufene, von Vögeln übertragene Krankheit (Papageienkrankheit).<br />
Parkinson-Syndrom Degenerative Erkrankung des Zentralnervensystems mit Veränderungen im Bewegungsablauf<br />
(Verlangs<strong>am</strong>ung, Fallneigung), Muskelstarre und grobschlägigem Tremor (Schüttellähmung).<br />
Polyzyklische<br />
aromatische<br />
Kohlenwasserstoffe<br />
Prävention Vorbeugung<br />
(PAK) Vielfältige Stoffgruppe von organischen Verbindungen, die sich aus Benzolringen zus<strong>am</strong>mensetzt.<br />
Bekannte Vertreter sind Naphthalin oder Benzo-a-pyren. Viele PAK sind krebserzeugend.<br />
Psychose Psychische Erkrankung (Geisteskrankheit), die mit einer Veränderung des Erlebens des Individuums<br />
einhergeht.<br />
81<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Pupillenunruheindex (PUI) Maß für autonome Pupillenbewegungen kurz vor dem Einschlafen und d<strong>am</strong>it für Schläfrigkeit.<br />
Der PUI wird mit der Pupillographie gemessen und aufgezeichnet.<br />
PWC-Anlagen Parkplatz-Anlagen mit Toiletten (WC).<br />
Rehabilitation Wiederherstellung (der Gesundheit), Wiedereingliederung (z.B. in den Arbeitsprozess). Alle<br />
Maßnahmen zur Vorbeugung, Linderung und Beseitigung von gesundheitlichen Störungen.<br />
Ruhezeit Zeit für längere Ruheperiode<br />
Sauerstoffsättigung Anteil des mit Sauerstoff beladenen Hämoglobins (roter Blutfarbstoff) vom ges<strong>am</strong>ten Blutfarbstoff.<br />
Schläfrigkeit Verminderte Wachheit mit Reduktion der zentralnervösen Aktivierung. Folgen davon können<br />
Aufmerks<strong>am</strong>keitsstörung, Einschlafneigung insbesondere bei Monotonie, Sekundenschlaf oder<br />
gar Einschlafattacken sein.<br />
Schlafapnoe-Syndrom Erkrankung mit Episoden von starkem Schnarchen und vermehrten Atemstillständen im Schlaf.<br />
Schlafqualität Ein qualitativ guter Schlaf beinhaltet neben oberflächlichem Schlaf Tiefschlafphasen und REM<br />
(rapid eye movement) – Phasen.<br />
Schlaganfall Zugrundegehen von Hirngewebe durch Blutungen oder Minderdurchblutung.<br />
Sekundenschlaf Kurzdauernde Schlafepisode<br />
Signifikanz Statistische Bedeuts<strong>am</strong>keit in statistischen Testverfahren.<br />
Silikose Lungenerkrankung mit Verminderung der Gasaustauschfläche in den Lungenbläschen durch<br />
silikogene quarzhaltige Feinstäube. Sie geht mit Knötchenbildung in der Lunge und zunehmender<br />
Atemnot einher. Die Gefahr der Entstehung von Lungenkrebs und Tuberkulose ist erhöht.<br />
Stanford Sleepiness<br />
Scale<br />
Fragebogen zur Abschätzung der momentanen Schläfrigkeit.<br />
Stress Belastungsfaktor (auch Stressor) oder Reaktion auf eine psychische Belastung (auch Stressreaktion).<br />
Bei der Stressreaktion werden die Stresshormone Adrenalin, Noradrenalin und Cortison<br />
freigesetzt. Die Stressreaktion soll Angriff oder Flucht in Gefahrensituationen ermöglichen.<br />
Chronische Stressreaktionen können zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Rückenschmerzen,<br />
Adipositas, verstärktem Diabetes, verstärkter Gicht, Schäden im ZNS und Störung der Immunabwehr<br />
führen.<br />
Telematik Messwertübertragung über längere Strecken<br />
Telemedizin Medizinische Betreuung über Telefon und Intranet<br />
Verhaltens-prävention Maßnahmen zur Vermeidung von gesundheitsgefährlichem Verhalten<br />
Vibration Erschütterung<br />
Vigilanz Wachheit, Aufmerks<strong>am</strong>keit<br />
82<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg
8 Rechtsgrundlagen<br />
<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />
Die hier aufgeführten gesetzlichen Regelungen finden Sie im Internet unter<br />
http://www.gewerbeaufsicht.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/16504/ .<br />
� Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parl<strong>am</strong>ents und Rates vom 15. März 2006 zur Harmonisierung<br />
bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 3821/85 und<br />
(EG) Nr. 2135/98 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates; (Amtsblatt der EG<br />
Nr. L 102 S. 1 vom 11.04.2006)<br />
� Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr<br />
(Amtsblatt der EG Nr. L 370, S.8 vom 31.12.1985) zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 561/2006 vom<br />
15.03.2006 (Amtsblatt der EG Nr. L 102 S. 1 vom 11.04.2006)<br />
� Europäisches Übereinkommen über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals<br />
(AETR) (BGBl. II 1985 S. 890) mit Änderungen vom 01.02.1991 und 05.02.1993, die für die Bundesrepublik<br />
Deutschland nach Artikel 23 Abs. 6 AETR <strong>am</strong> 24.04.1992 und <strong>am</strong> 28.02.1995 in Kraft getreten sind (BGBl. II<br />
1997 S. 1550)<br />
� Gesetz über das Fahrpersonal von Kraftfahrzeugen und Straßenbahnen (Fahrpersonalgesetz – FPersG) in<br />
der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 1987 (BGBl. I S. 640), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes<br />
vom 31.7.2010 (BGBl. I S. 1057)<br />
� Verordnung zur Durchführung des Fahrpersonalgesetzes (Fahrpersonalverordnung – FPersV) vom 27. Juni<br />
2005 (BGBl. I S. 1882), zuletzt geändert durch die Verordnung vom 22.01.2008 (BGBl. I S. 54)<br />
� Gesetz über die Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güterkraft-<br />
oder Personenverkehr (Berufskraftfahrer-Qualifikationsgesetz – BKrFQG) vom 14. August 2006 (BGBl. I<br />
S. 1958)<br />
� Straßenverkehrsgesetz (StVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom<br />
05. März 2003 (BGBl. I S. 310, 919), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S.<br />
2507)<br />
� Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) vom 16. November 1970 (BGBl. I S. 1565) zuletzt geändert durch Artikel 1 der<br />
Verordnung vom 05. August 2009 (BGBl. I S. 2631)<br />
� Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV) vom<br />
18. August 1998 (BGBl. I S. 2214), zuletzt geändert durch Artikel 3 der Verordnung vom 05. August 2009 (BGBl. I<br />
S. 2631)<br />
� Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. September 1988<br />
(BGBl. I S. 1793), zuletzt geändert durch Verordnung vom 21.04.2009 (BGBl. I S. 872)<br />
� Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr (BOKraft) vom 21. Juni 1975<br />
(BGBl. I S. 1573), zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 8. November 2007 (BGBl. I S. 2569)<br />
� Arbeitszeitgesetz (ArbZG) vom 6. Juni 1994 (BGBl. I S. 1170, 1171), zuletzt geändert durch Artikel 229 der Verordnung<br />
vom 31.10. 2006 (BGBl. I S. 2407)<br />
� Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes – Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung<br />
zum Schutz gegen Lärm -TA Lärm) vom 28. August 1998 (GMBl. Nr. 26/1998 S. 503)<br />
83<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg