Jedes Jahr 1 Lehrling - Lokal-Nachrichten
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13 Fragen an Elisabeth Härdi, Gesangsausbildnerin an der Musikschule Muri-Gümligen:<br />
«Singen ist Kraft pur»<br />
«Im Gesangsunterricht geben wir dieser Kraft eine sinnvolle Form», ist Elisabeth Härdi überzeugt. Sie war mitverantwortlich für das grossartige Singspiel<br />
zu Weihnachten «Die Kinder von Bethlehem», interpretiert in der Kirche Muri vom Kammerorchester und dem Kinder- und Jugendchor der Musikschule<br />
Muri-Gümligen. Der 1957 geborene Bezirkskantor von Schwäbisch Hall, Kurt Enssle, hat es komponiert.<br />
LoNa: Wie sind Sie auf Kurt Enssle gekommen?<br />
Elisabeth Härdi: Wir verbrachten Wochen damit,<br />
ihn ausfindig zu machen. Es ist schwierig, ein Stück<br />
zu finden, das zu uns passt. Einerseits muss es einen<br />
klassischen Hintergrund haben und andererseits auch<br />
Leuten gefallen, die sich im Pop-Jazzbereich zuhause<br />
fühlen. Zudem sollte es für den Chor und das<br />
Kammerorchester der Musikschule zu bewältigen<br />
sein und genügend Übungsanreize bieten.<br />
LoNa: Wie motivierten Sie den Kinder- und Jugendchor<br />
zu einer solch aussergewöhnlichen Darbietung?<br />
E.H.: Bei der Arbeit schaue ich, wer mir gegenüber<br />
steht. Ich gebe mir Mühe, hinzuschauen und zu<br />
hören. Ich gehöre zu den Menschen, die gerne Grenzen<br />
ausschöpfen. Meine Erfahrungen zeigen, dass<br />
die Freude dort entsteht, wo Qualität vorhanden ist.<br />
Freude und Qualität hängen oft zusammen. Freude<br />
an Präzision, Freude, zur gleichen Zeit am gleichen<br />
Ort zu sein.<br />
LoNa: Wie lange haben Sie für die «Kinder von<br />
Bethlehem» geprobt?<br />
E.H.: Der erste Testlauf mit dem Kinderchor fand<br />
bereits nach den Sommerferien statt. Ich bin immer<br />
wieder erstaunt, wie gut die Kinder Neues aufnehmen.<br />
Allerdings führte das frühe Datum zu Reklamationen<br />
der Kinder, sich bereits im Herbst mit<br />
Weihnachten zu beschäftigen. Der effektive Start des<br />
Stücks ging im Oktober los. Die Mitwirkenden des<br />
Kammerorchesters erarbeiteten die Noten mit ihren<br />
Lehrern und in den wöchentlichen Orchesterproben<br />
mit Stephan Senn.<br />
LoNa: Findet jedes <strong>Jahr</strong> ein Adventskonzert in der<br />
Kirche Muri statt?<br />
E.H.: Das Adventskonzert mit dem Kammerorchester<br />
findet jedes <strong>Jahr</strong> statt. Seit einigen <strong>Jahr</strong>en ist es<br />
zur Tradition geworden, dass Stephan Senn alle zwei<br />
<strong>Jahr</strong>e ein Werk mit Chor aufführt.<br />
LoNa: Besteht der Kinder- und Jugendchor nur aus<br />
Mädchen?<br />
E.H.: Drei männliche Jugendliche sangen mit. Meiner<br />
Erfahrung nach ist es eine Tatsache, dass im<br />
Die Jugendlichen der Musikschule konzertierten in der Kirche Muri.<br />
Fuss ballklub mehr männliche und im Gesangsklub<br />
mehr weibliche Personen aktiv sind. Ich verstehe<br />
mich als Trainerin des Gesangklubs. Im Fussballklub<br />
gibt es weibliche Mitglieder und im Gesangklub sind<br />
männliche willkommen.<br />
LoNa: Auffallend am Adventskonzert war, dass bei<br />
den Streichern vor allem junge Frauen Geige spielten,<br />
während das Cello von jungen Männern bedient<br />
wurde. Gibt es geschlechtsspezifische Instrumente?<br />
E.H.: Diese Frage zu beantworten wäre ein spannendes<br />
und weitläufiges Gebiet. Die Verteilung im<br />
Orchester kann ich nicht als exemplarisch bezeichnen,<br />
da zum Beispiel das Cello oft und gerne auch<br />
von Mädchen erlernt wird.<br />
LoNa: Warum interessieren sich die meisten Jugendlichen<br />
nicht für klassische Musik?<br />
E.H.: Es kommt auf das Instrument an. Der Gesang<br />
sollte ein Instrument für den freien Ausdruck sein.<br />
Viele Jugendliche verbinden Klassik mit strengen<br />
Formen. Klassik ist jedoch nicht in erster Linie<br />
strenge Form. Ich vergleiche Klassik oftmals mit der<br />
Natur in Verbindung mit dem Kosmos, dem Stirbund<br />
Werdeprinzip, in dem wir nicht das letzte Wort<br />
haben, sondern uns in eine grössere Form einfügen.<br />
Meine Erfahrung zeigt, dass die Jugendlichen empfindlich<br />
reagieren, wenn man ihnen Formen aufzwingt.<br />
LoNa: Hängt das Intreresse für klassische Musik<br />
vom Elternhaus ab?<br />
E.H.: Kinder, die aus einem musikalischen Haus<br />
kommen, haben es anfangs einfacher, sich in der<br />
Sprache der Musik zurecht zu finden. Ich hatte auch<br />
schon Schülerinnen und Schüler, die aus einem klassikfremden<br />
Elternhaus kamen und es in der Klassik<br />
weit brachten. Letztlich ist es das Interesse, der Eifer,<br />
an etwas dran zu bleiben, die einen Schüler und eine<br />
Schülerin weiterbringen.<br />
LoNa: Wie viele Ihrer SchülerInnen hören nach Abschluss<br />
der Schule mit dem Musikunterricht auf?<br />
E.H.: Musik ist eine Art Prägung, die einen ein Leben<br />
lang begleitet und die man jederzeit neu fortführen<br />
kann.<br />
Elisabeth Härdi und Stephan Senn. Bilder: DSC<br />
LoNa: Erkennen Sie überdurchschnittliche Gesangs -<br />
talente?<br />
E.H.: Ausserordentliche Stimmtalente gibt es mehr,<br />
als man denkt. Dieses Talent macht fünf Prozent der<br />
Karriere aus, die restlichen fünfundneunzig Prozent<br />
bestehen in Arbeit, unverwüstlichem Interesse und<br />
Durchsetzungsvermögen.<br />
LoNa: Ist es heute schwierig, eine Musikerkarriere<br />
anzustreben?<br />
E.H.: Schon zu meiner Zeit sagte man, es gebe viel<br />
zu viele Sängerinnen und Sänger und «du brauchst<br />
es gar nicht zu versuchen». Zum Glück erreichte<br />
diese Aussage mein Bewusstsein nicht, sonst wäre<br />
ich nie Sängerin und Musikerin geworden. Wenn jemand<br />
wirklich Musiker werden will und soll, wird er<br />
es auch. Es ist gut, es zu wollen, es ist besser, es zu<br />
vermögen. Ideal ist, wenn diese beiden Grundsteine<br />
zusammen harmonieren.<br />
LoNa: Treten Sie als Solistin an Konzerten auf?<br />
E.H.: Ja, ich habe das Glück, das zu machen, was<br />
mir gefällt und was mir meine Zeit erlaubt. Meine<br />
Arbeit als Ausbildnerin erfüllt mich sehr.<br />
Am Sonntag, dem 13. Januar, singt Elisabeth Härdi<br />
(Mezzosopran) im Barocksaal der Villa Mettlen, um<br />
17.00 Uhr, Lieder von Wolfgang Amadeus Mozart.<br />
Marianne Knecht (Violine), Madeleine Bärtschi<br />
(Viola), Stephan Senn (Violoncello), Sandor Török<br />
(Kontrabass) und Orestius Chrysomalis (Klavier) interpretieren<br />
Franz Schuberts Forellenquintett (Siehe<br />
auch Inserat in dieser Ausgabe).<br />
DSC<br />
Konzert in der Villa Mettlen – Mozart-Lieder und<br />
Schuberts Forellenquintett. Bild: zVg