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J. Lange B. Mölle J. Girona Chirurgische Proktologie 2. Auflage

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<strong>2.</strong>1 · Darmvorbereitung<br />

Kontraindikationen zur orthograden Darmreinigung<br />

bestehen bei Stenosen im Gastrointestinaltrakt, Subileus,<br />

Ileus, Verdacht auf Perforation und bekannter Unverträglichkeit<br />

gegen Bestandteile der Spüllösungen (s. dazu auch<br />

die medizinischen Fachinformationen der verschiedenen<br />

Produkte).<br />

Retrograde Applikation von Einläufen<br />

oder Klistieren<br />

Die Wirkung der retrograden Maßnahmen zur Darmreinigung<br />

beruht auf:<br />

4 dem Ausspülen von Fäzes aus dem Rektum und unteren<br />

Sigma, wobei die osmotische Wirkung hyperosmolarer<br />

Lösungen durch hygroskopischen Effekt<br />

auf die Mukosa den Spüleffekt verstärken können und<br />

4 der Auslösung einer Massenpropulsion im Sigma<br />

und eines Defäkationsreflexes durch mechanische<br />

Dehnung des Rektums.<br />

Nach regelrechter Applikation eines Klistiers und anschließender<br />

Entleerung des Darmes sind das Rektum und das<br />

untere Sigma in der Regel frei von festem Stuhl.<br />

Orale Applikation von Laxanzien<br />

Bei den pharmakologisch wirksamen Laxanzien handelt es<br />

sich heute im Wesentlichen um Anthrachinone (z. B. Senaextrakte)<br />

oder Diphenole (z. B. Bisacodyl oder Natrium-<br />

Picosulfat). In niedriger Dosierung werden sie als Abführmittel<br />

vor zahlreichen chirurgischen Eingriffen eingesetzt.<br />

In höherer Dosierung mit gleichzeitiger Zufuhr von 2–4 l<br />

Wasser oder klarer Flüssigkeit können diese Laxanzien jedoch<br />

einen der orthograden Darmspülung vergleichbaren<br />

Effekt erzielen.<br />

Anthrachinone und Diphenole wirken hydragog, indem<br />

sie die Rückresorption von Flüssigkeit aus dem Darm<br />

vermindern (antiresorptiv) und die Sekretion von Flüssigkeit<br />

in das Darmlumen steigern (sekragog). Anthrachinone<br />

haben dazu eine unmittelbar prokinetische Wirkung.<br />

Ältere Laxanzien wie Fettsäuren (z. B. Rizinusöl), die durch<br />

die Pankreaslipase in prokinetisch wirksame und mukosareizende<br />

Metabolite gewandelt werden, sollten heute<br />

nicht mehr verwendet werden.<br />

<strong>2.</strong>1.4 Systemische Auswirkungen<br />

der Darmvorbereitung<br />

Die systemischen Nebenwirkungen von retrograden Einläufen<br />

sind selten und nur gering ausgeprägt. Vegetativ<br />

vermittelte Kreislaufreaktionen sind sehr selten. Alle zur<br />

orthograden Darmspülung verwendeten Substanzen bewirken<br />

dagegen Verschiebungen im Flüssigkeits- und<br />

Elektrolythaushalt, beeinträchtigen die kardiovaskuläre<br />

Leistungsfähigkeit und führen auch zu Beschwerden für<br />

die Patienten.<br />

Elektrolyt- und Flüssigkeitshaushalt<br />

Osmotisch wirksame Präparate zur orthograden Darmspülung<br />

wirken durch den Aufbau eines osmotischen Gradienten<br />

zwischen Darmlumen und dem Blutplasma. Einerseits<br />

werden durch diese Substanzen Elektrolyte und<br />

Wasser im Darmlumen gebunden, andererseits strömen<br />

Wasser, Natrium und Kalium entlang des entstehenden<br />

osmotischen Druckgradienten aus dem Plasma in das<br />

Darmlumen ein.<br />

><br />

Verschiebungen im Elektrolyt- und Flüssigkeitshaushalt<br />

sind unvermeidliche Nebenwirkungen<br />

der orthograden Darmspülung mit osmotisch<br />

wirksamen Substanzen.<br />

Folgen der orthograden Darmspülung sind Hypokaliämie,<br />

Hyponatriämie und intravasal Hypvolämie. Diese Veränderungen<br />

können vor allem bei herzkranken Patienten zu<br />

klinisch relevanten Komplikationen wie Herzrhythmusstörungen<br />

führen. In vielen Kliniken wird daher am Abend<br />

nach Abschluss der orthograden Darmspülung regelmäßig<br />

eine Kontrolle der Blutelektrolytwerte vorgenommen, um<br />

Hypokaliämien ausgleichen zu können. Bei der Anwendung<br />

von Natriumphosphatlösungen muss zudem beachtet<br />

werden, dass auch bei Patienten mit normalen Kreatininwerten<br />

im Serum nach der Darmvorbereitung klinisch<br />

relevante Hyperphosphatämien und Hypokalziämien auftreten<br />

können.<br />

In randomisierten, kontrollierten Studien (»randomised<br />

controlled trials«, »RCT«) hatten Natriumphosphat<br />

(57%)und PEG (63%) vergleichbare Nebenwirkungsquoten<br />

auf (OR: 0,98 [0,82–1,17]; p=0,81), aber asymptomatische<br />

Hypokaliämien und Hyperphosphatämien waren<br />

bei Verwendung von Natriumphosphat häufiger. Die<br />

Quote negativer Ereignisse war für Natriumphosphat im<br />

Vergleich zu Natriumpicosulfat nicht verschieden, aber<br />

PEG (71%) hatte eine höhere Nebenwirkungsquote als<br />

Natriumpicosulfat (48%) (OR: 3,82; 95% KI: 1,60–9,15;<br />

p=0,003) [13].<br />

Die gleichzeitige Gabe von Infusionslösungen (z. B.<br />

110 ml/kg/h) für die Dauer der Darmspülung kann das<br />

Ausmaß der Elektrolyt- und Flüssigkeitsverschiebungen<br />

vermindern [9]. Die zu erwartenden Elektrolyt- und Flüssigkeitsverschiebungen<br />

während einer orthograden Darmspülung<br />

führen vor allem bei wiederholten Spülungen<br />

(z. B. 1. Spülung vor Koloskopie, <strong>2.</strong> Spülung einige Tage<br />

später vor elektiver Kolonresektion) und/oder im Zusammenwirken<br />

mit traditionellen Nüchternheitsregeln vor<br />

operativen Eingriffen (6–8 h strikte präoperative Nüchternheit)<br />

zu den genannten Störungen des Flüssigkeits-<br />

und Elektrolythaushaltes.<br />

17<br />

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