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Revoluzzer Münchner wehren sich Veteran Martin Löwenberg ... - Biss

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BÜRGER IN SOZIALEN SCHWIERIGKEITEN 1,80 O, davon 0,90 O für den Verkäufer<br />

NEU: BISS im Netz unter<br />

www.biss-magazin.de<br />

ISSN 0948-3470<br />

Protest!<br />

<strong>Revoluzzer</strong> <strong>Münchner</strong> <strong>wehren</strong> <strong>sich</strong><br />

<strong>Veteran</strong> <strong>Martin</strong> <strong>Löwenberg</strong> bekämpft Nazis<br />

Plage Touristen nerven Keto von Waberer<br />

Juni 2010


Nachhaltige Entwicklung liegt Quebec am<br />

Herzen – den Straßenzeitungen auch<br />

Im Mai 2010 fand die 15. Jahreskonferenz<br />

der Straßenzeitungen in<br />

Melbourne statt. Diese Veranstaltung,<br />

organisiert vom Internationalen<br />

Straßenzeitungsnetzwerk (INSP),<br />

bot Delegierten verschiedenster<br />

Länder und Kontinente die Möglichkeit,<br />

Erfahrungen auszutauschen und<br />

Projekte zur Unterstützung wohnungsloser<br />

Menschen zu entwickeln.<br />

INSP repräsentiert mehr als 100<br />

Straßenzeitungen aus nahezu 40<br />

Ländern. Zusammen erreichen die<br />

im INSP organisierten Magazine<br />

pro Ausgabe zehn Millionen Leser.<br />

In den vergangenen Jahren half die<br />

weltweite Straßenzeitungsbewegung<br />

250000 Wohnungslosen und<br />

Armen mit ihrem Beschäftigungsangebot<br />

des Zeitungsverkaufs bei<br />

deren gesellschaftlicher Reintegration.<br />

Straßenzeitungen steigern das<br />

Selbstwertgefühl und verhelfen sozial<br />

Benachteiligten, die vom regulären<br />

Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind,<br />

zu neuer Unabhängigkeit.<br />

Tourism Quebec fördert ebenfalls<br />

nachhaltige Entwicklung und setzt<br />

<strong>sich</strong> für verantwortlichen Tourismus<br />

ein. Deshalb hat Tourism Quebec<br />

als erste Organisation die INSP-<br />

Konferenz durch eine Anzeigenkampagne<br />

in verschiedenen Straßenzeitungen<br />

weltweit unterstützt. Diese<br />

Anzeigenkampagne belegt, dass<br />

INSP aufgrund der Reputation seiner<br />

Magazine sowie seiner anspruchsvollen<br />

und interessierten Leserschaft<br />

Anzeigenkunden von internationalem<br />

Format gewinnen kann.<br />

INSP dankt Tourism Quebec und<br />

den Leserinnen und Lesern der Straßenzeitungen<br />

weltweit für ihre Hilfe<br />

bei der Steigerung der Lebensqualität<br />

von Menschen in sozialen Schwierigkeiten.<br />

Solidarität sollte Teil unserer<br />

gesellschaftlichen Reise sein.<br />

Ihnen allen in diesem Sinne eine gute<br />

Reise – und bis bald in Quebec!<br />

Serge Lareault<br />

Publisher of „L’Itinéraire“, Montréal<br />

Chairperson of INSP – Vorsitzender INSP


intern<br />

Hotel BISS und die<br />

Dinosaurier<br />

2012, bei der Eröffnung von Hotel BISS (s. S. 23), werden unsere schmucken<br />

Auszubildenden mit großen Augen in der ersten Reihe sitzen. Inmitten<br />

von unseren herausragenden Unterstützern, dem ehemaligen Ministerpräsidenten<br />

Dr. Günther Beckstein (CSU), Altoberbürgermeister Dr. Hans-<br />

Jochen Vogel (SPD), dem Landtagsabgeordneten Thomas Mütze (Grüne),<br />

Spendern, Sponsoren und natürlich meiner Mutter und den Bewohnern der<br />

altengerechten Wohnungen im separaten Flügel des Hotels.<br />

„Liebe Auszubildende“, werde ich in meiner Festrede sagen, „dass die<br />

Vision von Hotel BISS Wirklichkeit wurde, ist das Ergebnis eines beispiellosen<br />

Engagements von Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt und<br />

dieses Landes. Über alle Parteigrenzen hinweg und mit unerschütterlichem<br />

Vertrauen haben sie viele Jahre das Projekt mit Geld, Zeit und<br />

Professionalität unterstützt. Nur deshalb verwandelte <strong>sich</strong> die dunkelste<br />

Stunde in der Geschichte von Hotel BISS, der 6. Mai 2010, zu einem Tag<br />

der Hoffnung und des neuen Aufschwungs. Am 6. Mai hatte die CSU/<br />

FDP-Mehrheit im Haushaltsausschuss des Bayerischen Landtags unsere<br />

Petition abgelehnt, sodass wir das alte Gefängnis Am Neudeck nicht<br />

durch Freihandkauf erwerben konnten, sondern in ein Bieterverfahren<br />

mussten. Ab 7. Mai 2010, so werde ich sagen, hat eine großartige Unterstützungswelle<br />

von Menschen begonnen, die wie wir empört waren,<br />

dass gerade die Regierungsparteien dieses Leuchtturmprojekt verhindern<br />

wollten. Wo doch in Bayern bekanntermaßen junge Menschen aus einfachen<br />

und erst recht aus benachteiligten Verhältnissen deutschlandweit<br />

die schlechtesten Bildungschancen haben.<br />

„Liebe Auszubildende“, werde ich am Ende sagen, „wir, die Alten, haben<br />

gemeinsam mit dem ganzen BISS-Netzwerk Hotel BISS für euch erkämpft:<br />

Wir haben im Sommer 2010 Infostände in der Stadt aufgestellt,<br />

Kleinbürgschaften gezeichnet und Spenden gesammelt. Es brauchte unseren<br />

ganzen Einsatz, aber ihr seid es uns wert gewesen. Dass Hotel BISS<br />

existiert, ist der Beweis, dass Vertrauen, Mut und voller Einsatz zum<br />

Ziel führen. Jetzt seid ihr dran, engagiert zu arbeiten, zu lernen und eure<br />

Chance zu nutzen.“<br />

Liebe Freunde, wir haben das Können, den Mut und die Kraft für Hotel<br />

BISS. Uns fehlen nur noch 1,4 Millionen auf unser Eigenkapital. Wir<br />

sind die Kleinen, aber wir sind viele. Packen wir’s an!<br />

Herzlichst<br />

Ich möchte Ihnen auch einen Blick auf unsere neue Website empfeh- empfehlen,<br />

die das Team rund um unsere Chefredakteure (s. S. 5), passend zum<br />

Heft, gemacht hat. Man kann darauf sogar Online-Anzeigen schalten!<br />

Herzlichen Dank an das hochmotivierte, tolle Team für die schöne Website<br />

und den umwerfenden BISS-Rabatt!<br />

Foto: Dorothea Büchele<br />

Dynamo Fahrradservice ist ein<br />

sozialer Betrieb mit Fahrrad -<br />

laden und Recyclingwerkstatt.<br />

Unser Meisterfachbetrieb<br />

bietet Arbeitsplätze,<br />

Beschäftigung, Qualifizierung<br />

und Ausbildung für ehemals<br />

arbeitslose Menschen.<br />

3


4<br />

Intro<br />

BISS ist ein Zeitungsprojekt, das seit<br />

1993 Bürgerinnen und Bürgern in sozialen<br />

Schwierigkeiten hilft, <strong>sich</strong> selbst zu helfen.<br />

Das Blatt wird professionell gemacht und<br />

hauptsächlich von Menschen verkauft,<br />

die obdachlos sind oder waren. Die Verkäufer<br />

kommen in der Schreibwerkstatt<br />

(SWS) auf den Seiten 4, 16, 17 und 30<br />

selbst zu Wort.<br />

Vom Verkaufspreis, 1,80 Euro pro Exemplar,<br />

behalten die Verkäufer 90 Cent.<br />

BISS hat die Anstellung von Verkäufern,<br />

die auf dem Arbeitsmarkt keine Chance<br />

haben, zum Ziel. Zurzeit sind 35 von rund<br />

100 Verkäufern fest angestellt.<br />

BISS fi nanziert <strong>sich</strong> durch den Verkauf<br />

der Zeitschrift sowie durch Anzeigen und<br />

Bußgelder, die BISS von Richtern und<br />

Staatsanwälten sporadisch zugesprochen<br />

werden. Mit diesen Einnahmen werden die<br />

Herstellungskosten der Zeitschrift inklusive<br />

Honoraren sowie die Betriebskos ten und<br />

die Fachpersonal-Gehälter bezahlt.<br />

Der gemeinnützige Verein BISS e.V.<br />

unterstützt Qualifi zierungsmaßnahmen<br />

für Betroffene. Um sozial benachteiligten<br />

jungen Menschen zu einer erstklassigen<br />

Berufsausbildung zu verhelfen, hat der<br />

Verein die Stiftung BISS gegründet, die die<br />

Trägerschaft beim geplanten Projekt Hotel<br />

BISS (s. S. 23) übernehmen soll.<br />

Alle Spenden werden für Bürgerinnen<br />

und Bürger in sozialen Schwierigkeiten<br />

eingesetzt.<br />

Spendenkonto bei der<br />

LIGA Bank München<br />

Konto-Nr. 22186 66<br />

BLZ 750 903 00<br />

IBAN DE67750903000002218666<br />

BIC GENODEFM05<br />

Bitte kaufen Sie BISS nur bei Verkäufern,<br />

die ihren Ausweis deutlich <strong>sich</strong>tbar<br />

tragen. BISS wird nur auf der Straße,<br />

nicht an der Haustür verkauft.<br />

BISS ist Mitglied im Internationalen Netz<br />

der Straßenzeitungen.<br />

www.street-papers.org<br />

Titelfoto: Nelly Küfner<br />

Foto Intro: Barbara Donaubauer<br />

BISS-Verkäufer Wolfgang Urban vor der Theatinerkirche<br />

Mein Standplatz: Fußgängerzone<br />

In der Regel nimmt alles seinen gewöhnlichen Lauf, manche<br />

Tage bringen aber auch Überraschungen mit <strong>sich</strong>, schöne und<br />

weniger schöne: Eine Kundin zum Beispiel bezahlte einmal mit<br />

einem 100-Euro-Schein. Sie behielt ihn in der Hand, während<br />

ich das Wechselgeld herausgab. Im gleichen Moment sprach<br />

mich eine andere Frau an, ob ich ihr einen 50-Euro-Schein<br />

wechseln könne. Als ich mich nach dieser kurzen Ablenkung<br />

wieder der ersten Frau zuwenden wollte, um den Hunderter einzustecken,<br />

war sie verschwunden. Jetzt merkte ich, dass ich auf<br />

einen Wechseltrick hereingefallen war. Ich hätte nie gedacht,<br />

dass mir so etwas passieren könnte. Einmal im Winter hörte ich<br />

fröhliches Lachen neben mir. Vier verschleierte Frauen bewunderten<br />

kichernd den frisch gefallenen Schnee. Erst berührten<br />

sie ihn vor<strong>sich</strong>tig, dann formten sie Schneebälle und fi ngen an,<br />

mich zu bewerfen. Ich sah eine der Frauen an und nahm auch<br />

Schnee in die Hand. Sie nickte mir zu, als Zeichen, dass sie einverstanden<br />

sei, und im Nu war eine viertelstündige Schneeballschlacht<br />

im Gang. Danach klopften wir uns den Schnee aus der<br />

Kleidung, die Damen setzten ihren Einkaufsbummel fort, und<br />

ich wandte mich wieder dem Verkauf zu. Ein andermal kam<br />

ein kleiner Junge mit einem Teddybären in der Hand herbeigeschlendert.<br />

Ich winkte ihm und fragte, was er da Schönes habe.<br />

Da blieb er stehen, drückte mir zu meinem Erstaunen seinen<br />

kleinen Liebling in die Hand und lief weiter. Was sollte ich nun<br />

tun? Da sah ich, wie der Junge hinter einem Mauervorsprung<br />

verschwand, offen<strong>sich</strong>tlich wollte er mit mir Verstecken spielen.<br />

Ich schlich also an der Wand entlang, bis er lachend hinter der<br />

Ecke hervorsprang. Ich gab ihm den Teddybären zurück, und er<br />

eilte seinen Eltern hinterher.<br />

Wolfgang Urban/SWS


Inhalt<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

gleichzeitig mit dieser BISS-Ausgabe startet<br />

unser neu gestalteter Internet-Auftritt<br />

www.biss-magazin.de. Aber was, bitte<br />

schön, will ein Straßenmagazin im Internet?<br />

Etwa seinen eigenen Verkäufern Konkurrenz<br />

machen? Genau das Gegenteil ist der Fall:<br />

Während immer mehr Leser ihren Informationsbedarf<br />

im Netz decken, wollen wir<br />

mit unserem Internet-Auftritt neue Käufer<br />

gewinnen. Mit BISS Online schaffen wir mehr<br />

Aufmerksamkeit für das Original, das es<br />

weiterhin ausschließlich bei unseren rund<br />

100 Verkäufern zu kaufen gibt.<br />

Auf den neuen Internet-Seiten fi nden Sie<br />

Hintergrundwissen über BISS, weiterführende<br />

Information zu aktuellen Texten und ein<br />

Archiv mit Artikeln aus früheren Ausgaben.<br />

Besonders ambitioniert ist unser Sozialer<br />

Stadtplan, ein in München einmaliges<br />

Angebot, bei dem man auf einen Blick<br />

wichtige soziale Einrichtungen recherchieren<br />

kann. Unser Projektleiter Bernd Oswald sagt:<br />

„Mit dem Relaunch wollen wir die Stärken<br />

des Internets für die Marke BISS nutzen.<br />

Wir wollen den Lesern die Möglichkeit zum<br />

Feedback geben sowie unsere Verkäufer und<br />

soziale Themen multimedial präsentieren: mit<br />

ästhetisch anspruchsvollen Audioslideshows,<br />

Videos und sehenswerten Bilderstrecken<br />

unserer BISS-Fotografen.“<br />

So ein Online-Auftritt will vorbereitet,<br />

gestaltet, umgesetzt und programmiert<br />

werden – zum Glück haben wir neben Bernd<br />

Oswald, bei dem alle Fäden zusammenliefen,<br />

weitere engagierte Experten gefunden:<br />

Die Grafi k-Designerinnen und BISS-Gestalterinnen<br />

Anne Britt Keller und Sabine Klein vom<br />

Medienkeller haben dafür gesorgt, dass<br />

Print- und Online-Ausgabe perfekt miteinander<br />

harmonieren. Web-Berater Maximilian<br />

Vollendorf hat die Entwürfe des Medienkellers<br />

praktisch umgesetzt und bei der Gesamtkoordination<br />

wichtige Hilfe geleistet. Programmiert<br />

wurden die Seiten von den Online-Kommunikationsprofi<br />

s Hendrik Müller und<br />

Andreas Isbaner von Arg.net. Petra Hock hat<br />

uns als Marketing- und Anzeigenberaterin<br />

unterstützt. Und Stefan Zwickwar unser<br />

fl eißger Rechercheur. Ihnen allen ganz<br />

herzlichen Dank!<br />

Also: Besuchen Sie uns im Netz! Wir sind<br />

gespannt auf Ihre Meinung.<br />

Günter Keil, Andreas Unger / Chefredaktion<br />

[Home]<br />

Das Magazin<br />

<strong>Biss</strong> intern<br />

Mein Standplatz<br />

Redaktion<br />

Schreibwerkstatt<br />

Schwerpunkt<br />

Sozialer Stadtplan<br />

Vorschau<br />

Archiv<br />

Das Projekt<br />

Aktuell<br />

Sozialer Stadtplan<br />

Hotel <strong>Biss</strong><br />

Stadtführungen<br />

Werbekampagnen<br />

Abo<br />

Kontakt<br />

Spenden<br />

Mediadaten<br />

Tools<br />

Die neue BISS ist da!<br />

Schwerpunkt Schwerpunkt Protest<br />

Heimat der <strong>Revoluzzer</strong>. In München <strong>wehren</strong> <strong>sich</strong> die Bürger, wenn<br />

ihnen etwas nicht nicht passt. BISS stellt zehn Widerstandsgruppen Widerstandsgruppen vor<br />

München, die beschauliche beschauliche Stadt rundum zufriedener Bürger?<br />

Von wegen. Hier wimmelt es von <strong>Revoluzzer</strong>n! BISS zeigt zehn<br />

Widerstandsnester >><br />

Aufl Aufl age: 40 40 000<br />

An den Tischen der Cafés am Sendlinger Tor sitzen die Gäste unter gelben Sonnenschirmen. Junge Frauen<br />

schieben Kinderwägen über den Platz. In der Luft liegt der Duft von Krokussen und Nelken. Michael Bogatzki<br />

kennt den Platz auch anders. Etwa während einer Wahlkundgebung der Republikaner 1993. Er deutet auf die<br />

Fläche vor einem Haus: „Dort war die Bühne aufgebaut.“ Davor standen Polizisten. Unter ihnen Michael Bogatzki<br />

und seine Kollegen, die einer von drei Einsatzhundertschaften des Polizeipräsidiums München angehören.<br />

Michael Bogatzki ist Mitglied einer Einsatzhundertschaft der Polizei. Wo immer es gefährlich wird – er und<br />

BlindtextAgnimEsenisi.<br />

modolor sum il utpat.<br />

at.Liquismodio commy niamconsenis<br />

amcommy BlindtextAgnim ipsum ipsum<br />

Protest<br />

8 Heimat der <strong>Revoluzzer</strong><br />

In München <strong>wehren</strong> <strong>sich</strong> die Bürger, wenn ihnen etwas<br />

nicht passt. BISS stellt zehn Widerstandsgruppen vor<br />

14 Der den Kopf hinhält<br />

Polizist Michael Bogatzki trug bei Demos 25 Kilo<br />

Schutzausrüstung und bekam auch mal einen Beutel mit<br />

Katzenkot ab<br />

18 „Weg vom Fernseher, raus aus den Pantoffeln!“<br />

Ein Gespräch mit dem 85-jährigen <strong>Martin</strong> <strong>Löwenberg</strong>.<br />

Kein <strong>Münchner</strong> hat mehr demonstriert als er<br />

20 Kämpfen kann Spaß machen<br />

In der Krise schrumpfen die Spielräume von Betriebsräten –<br />

Karin Bales-Pfrang von Arri gibt dennoch nicht auf<br />

21 Antiquiert und fern den Lesern<br />

Die Zeitungsstadt München darf nicht vor die Hunde<br />

gehen – BISS protestiert!<br />

G’schichten<br />

16 Schreibwerkstatt<br />

Unsere Verkäufer erzählen<br />

24 Endspurt<br />

Nur noch wenige Wochen bis zu den Abschlussprüfungen:<br />

Die Schüler der Fritz-Auweck-Abendschule versuchen, gute<br />

Vornoten zu bekommen<br />

26 Weg aus der Sackgasse<br />

Die „Azubisten“ kümmern <strong>sich</strong> um die Ausbildung von<br />

Jugendlichen – auch dann noch, wenn sie einen Job haben<br />

28 Um die Ecke<br />

Schriftstellerin Keto von Waberer trotzt den touristischen<br />

Fluten zwischen Hofbräuhaus und Viktualienmarkt<br />

30 Janas stilles Aufbegehren<br />

Die Kolumne aus der Schreibwerkstatt<br />

Rubriken<br />

6 Lob & Tadel<br />

7 BISSchen<br />

22 Patenuhren<br />

23 Hotel BISS<br />

26 Freunde & Gönner<br />

30 Impressum<br />

31 Adressen<br />

5


6<br />

Lob &Tadel<br />

Lob<br />

Bürger können bei politischen Entscheidungen mitreden, auch<br />

zwischen den Wahlen. Dafür sorgt das <strong>Münchner</strong> Forum<br />

Münchens Zukunft ist viel zu wichtig,<br />

um sie allein Politikern zu überlassen. Die<br />

kann man schließlich nur alle paar Jahre<br />

wählen, aber was sie in der Zeit zwischen<br />

Wahlen im Stadtrat tun oder lassen,<br />

bestimmt die Stadtentwicklung für<br />

die nächsten Jahrzehnte. Zum Beispiel<br />

dann, wenn es um die Olympiabewerbung<br />

2018 geht, um die Fußgängerzone<br />

oder um Münchens Busse und Bahnen.<br />

Dafür, dass die <strong>Münchner</strong> ihre Stimme<br />

auch zwischen den Wahlen erheben können,<br />

sorgt seit mehr als 40 Jahren das<br />

<strong>Münchner</strong> Forum (muenchner-forum.de).<br />

Das ist strikt unabhängig und überpar-<br />

teilich. Gegründet hat es 1968 ein breites<br />

Bündnis vom Architektenverband über<br />

die Landeshauptstadt bis zum Zeitungs-<br />

verlag. Seitdem wählt zu Beginn jeden<br />

Jahres ein Programmausschuss, in dem<br />

60 <strong>Münchner</strong> aus allen Lebens- und Ar- Ar-<br />

beitsbereichen sitzen, die Themen aus, zu<br />

denen die Meinungen der Bürger gehört<br />

Tadel<br />

Die Bayerische CSU/FDP-Regierung blockiert Hotel BISS<br />

Dass CSU und FDP im Haushaltsaus-<br />

Haushaltsaus-<br />

schuss des Bayerischen Landtags am<br />

6. Mai die Genehmigung für das Hotel<br />

BISS verweigerten – schlimm genug. Aber<br />

warum auch noch diese Heuchelei? Man<br />

wolle keinen Präzedenzfall schaffen, hieß<br />

es als Begründung: Wenn man nun das<br />

ehemalige Frauengefängnis Am Neudeck<br />

ohne öffentliche Ausschreibung an BISS<br />

vergäbe, könnten andere Initiativen künftig<br />

eine ähnliche Vorzugsbehandlung fordern.<br />

Warum spricht niemand aus dem<br />

Regierungslager die Wahrheit aus, die lautet:<br />

„Wir haben uns fi nanziell verhoben,<br />

Stichwort Bayerische Landesbank. Darum<br />

brauchen wir jetzt jeden Cent. Also wird<br />

Neudeck an den Investor vergeben, der im<br />

Finanzministerium am meisten Geld auf<br />

den Tisch legt.“ In einem Bieterverfahren<br />

wird ein soziales Projekt wie das Hotel<br />

BISS zwangsläufi g den Kürzeren ziehen,<br />

sobald <strong>sich</strong> ein fi nanzstarker, womöglich<br />

international vernetzter Investor betei-<br />

werden sollen. Im Lauf des Jahres gibt es<br />

dann öffentliche Diskussionsveranstaltungen<br />

und laufend Informationen in einer<br />

eigenen Zeitschrift und auf Radio<br />

Lora. Und die Stimmen der <strong>Münchner</strong><br />

werden von der Politik gehört: Oft sind<br />

Stadträte und Verwaltungsexperten bei<br />

den Veranstaltungen dabei, immer aber<br />

gibt das Forum ihnen die Möglichkeit,<br />

Stellung zu nehmen. So half es dabei, die<br />

Seidlvilla zu retten und die Verschandelung<br />

zur „autogerechten Stadt“ zu verhindern.<br />

Wenn alles gut geht, sind nach<br />

einem Forums-Prozess sogar alle zufrieden:<br />

die Bürger, weil sie mitreden konnten,<br />

und Stadtpolitik und -verwaltung,<br />

weil sie für Verständnis werben konnten.<br />

Mitmachen kann übrigens jeder, etwa<br />

indem er ein Thema vorschlägt oder <strong>sich</strong><br />

in einem Themen-Arbeitskreis engagiert.<br />

Und oft entstehen in einem Dialog ja<br />

gerade die besten neuen Ideen.<br />

Christian Siepmann<br />

ligt. Das Votum von CSU und FDP lässt<br />

nur den Schluss zu, dass die Regierungs-<br />

parteien das Hotel BISS nicht wollen.<br />

Sie wollen kein 4-Sterne-Hotel, das junge<br />

Menschen aus sozialen Randgruppen<br />

zu Köchen, Portiers oder Zimmermädchen<br />

ausbildet, unter tatkräftiger Mithilfe<br />

von Senioren, die in altersgerechten Wohnungen<br />

nebenan leben. Sie wollen kein<br />

Hotel, das aufgrund seiner Einzigartigkeit<br />

Gäste aus aller Welt anlockt und ohne<br />

öffentliche Zuschüsse auskommt. Kein<br />

Wiedereingliederungsprojekt hinter hundert<br />

Jahre alten Gefängnismauern. Immerhin<br />

haben die Haushaltsexperten von<br />

CSU und FDP erkannt, dass es <strong>sich</strong> um<br />

ein bisher nie da gewesenes Projekt handelt,<br />

um einen Präzedenzfall eben. Was<br />

sie nicht verstanden haben: In Zeiten leerer<br />

öffentlicher Kassen und überforderter<br />

Sozialsysteme kann es gar nicht genug solcher<br />

Präzedenzfälle geben.<br />

Rainer Stadler


chen<br />

Hat das Tätowieren<br />

etwas mit Protest zu tun?<br />

Im „Liquid Sky“ in der Lindwurmstraße kann man <strong>sich</strong> tätowieren<br />

lassen. Dort treffen <strong>sich</strong> auch Leute aus der Tattoo-Szene. Mara Backe<br />

tätowiert schon lange professionell und leitet den Laden seit einem<br />

Jahr. Über den Besuch der sechs Gymnasiasten zwischen zwölf und<br />

17 Jahren hat sie <strong>sich</strong> gefreut – und natürlich ihre Fragen beantwortet<br />

Bekommt ein 14-Jähriger ein Tattoo, wenn<br />

die Eltern einverstanden sind?<br />

Mara Backe: Wir raten, in diesem Alter,<br />

noch einmal ganz dringend darüber<br />

nachzudenken. Zum einen ist es technisch<br />

schwierig, ein Tattoo zu stechen, wenn<br />

der Körper nicht ausgewachsen ist. Zum<br />

anderen ist es selbst mit 18 oder 21 Jahren<br />

problematisch, so eine Entscheidung zu<br />

treffen: Man weiß noch nicht, wer man<br />

ist, und probiert eine Menge Dinge aus.<br />

14 Jahre fi nde ich defi nitiv zu früh.<br />

Wie funktioniert das Tätowieren?<br />

Man hat eine Maschine, in der eine Nadel<br />

vor- und zurückläuft – ähnlich wie bei<br />

einer Nähmaschine. Der Tätowierer hält<br />

die Maschine über die Stelle, die er tätowieren<br />

will, und zieht seine Linie über die<br />

Haut.<br />

Was ist das häufi gste Tattoo?<br />

Ich tätowiere seit rund 18 Jahren, und ich<br />

muss sagen, dass aus irgendeinem Grund<br />

die im Zeichen des Skorpions Geborenen<br />

oft darauf kommen, <strong>sich</strong> ihr Sternzeichen<br />

in fi gürlicher Form tätowieren zu<br />

lassen. Darüber hinaus sind es Sterne und<br />

Schriften, die zurzeit immer wieder gewünscht<br />

werden.<br />

Hat das Tätowieren etwas mit Protest<br />

zu tun?<br />

Vor 30 bis 40 Jahren war das Tätowieren<br />

eher eine Domäne der Punks, der Motorradgangs<br />

und Randgruppen. Mittlerweile<br />

hat <strong>sich</strong> das Tätowieren etabliert,<br />

es ist viel gesellschaftsfähiger geworden.<br />

Bei vielen Popstars gehört das heute dazu.<br />

Vielleicht ist eher das Tragen von vielen<br />

außergewöhnlichen Piercings die neue<br />

Art von Protest. Man zeigt: Ich will anders<br />

sein, ich bin gegen die Konvention.<br />

Wenn man <strong>sich</strong> ein richtig farbiges Bild<br />

stechen lässt – wie sieht das nach 30 Jahren<br />

aus?<br />

Die Linien werden dicker sein, während<br />

die Farben im Laufe der Zeit verblassen.<br />

Das hängt aber auch davon ab, wie viel<br />

du dich in Wind und Sonne aufgehalten<br />

hast. Das Bild verwischt zunehmend. Je<br />

kleiner ein Bild ist, umso mehr verwächst<br />

es mit den Jahren.<br />

Kann man ein Tattoo wieder entfernen?<br />

Ein professionell gemachtes großfl ächiges<br />

Tattoo geht eigentlich nicht vollständig<br />

weg. Es gibt Lasertechniken, mit denen<br />

man Tattoos entfernen kann, aber ich<br />

kenne mich nicht gut damit aus. Ich weiß<br />

nur, dass es teuer und langwierig ist und<br />

sehr wehtut. Ein Teil der Farbe, die der<br />

Laser zerstört, wird mit dem Urin und<br />

über die Haut ausgeschieden, aber der<br />

andere Teil bleibt im Körper.<br />

Wie lernt man das Tätowieren?<br />

Ich durfte vor vielen Jahren bei meinem<br />

Lehrer an einem seiner Kunden ein paar<br />

Quadratzentimeter selbstständig tätowieren,<br />

der erste Fremdversuch sozusagen.<br />

Er stand daneben und hat meine Arbeit<br />

beobachtet. Viele Leute stechen <strong>sich</strong><br />

natürlich als Übung an <strong>sich</strong> selber etwas.<br />

Ich würde einen frischen „Lehrling“ erst<br />

mal in Glas gravieren lassen; was die Genauigkeit<br />

betrifft, ist das mit dem Tätowieren<br />

vergleichbar.<br />

Text und Foto: Margaretha Pawlischek<br />

7


8<br />

Protest<br />

München, die beschauliche Stadt rundum zufriedener<br />

Bürger? Von wegen. Hier wimmelt es von<br />

<strong>Revoluzzer</strong>n! BISS zeigt zehn Widerstandsnester<br />

Text: Bernd Oswald<br />

Foto: Volker Schmitt, Volker Derlath


Rechnet mit einem langen Rechtsstreit: Hartmut Binner<br />

AufgeMUCkt gegen<br />

den Flughafen München<br />

Ziel: Keine dritte Startbahn am<br />

<strong>Münchner</strong> Flughafen<br />

Was sie sagen:<br />

Hartmut Binner, Sprecher: „Die dritte Startbahn ist nicht notwendig,<br />

weil die Flugbewegungen in den letzten beiden Jahren<br />

um 20 Prozent zurückgegangen sind. Der enorme Lärmpegel<br />

von bis zu 80 Dezibel sorgt für Schlafstörungen und begün stigt<br />

Krebs. Politikern kann man mit Betroffenheit aber nicht kommen,<br />

die sagen dann: ,Ja schon, aber …‘ Jeder Monat, in dem<br />

die dritte Startbahn nicht da ist, bringt uns unserem Ziel näher.<br />

Denn auch in Bayern wird man in den nächsten Jahren an den<br />

Klimawandel denken und weniger fl iegen. Dieser Zeitenwandel<br />

wird auch in den Köpfen der Politiker Einzug halten.“<br />

Was dahintersteckt:<br />

Es geht den Startbahngegnern natürlich vor allem um ihre<br />

Lebensqualität. Das ist bei einem so großen Projekt wie einer<br />

Flughafenerweiterung nachvollziehbar. Mit dem Klimawandel<br />

haben sie ein gewichtiges Argument auf ihrer Seite.<br />

Erfolgsaus<strong>sich</strong>t:<br />

Einer der größten Proteste im ganzen Land: AufgeMUCkt hat<br />

mehr als 70 Mitgliedsorganisationen, die über 60000 Einwendungen<br />

der Bürger vorgebracht haben. Zum Planfeststellungsbeschluss<br />

wird es wohl trotzdem kommen. Alle Beteiligten stellen<br />

<strong>sich</strong> auf einen langen Rechtsstreit ein. Die Zeit könnte für die<br />

Startbahngegner spielen.<br />

Volksbegehren<br />

Nichtraucherschutz<br />

Ziel: Absolutes Rauchverbot im<br />

öffentlichen Raum<br />

Was sie sagen:<br />

Sebastian Frankenberger, Organisator des Volksbegehrens:<br />

„Uns geht es um einen einheitlichen Gesundheitsschutz. Der<br />

bay erische Grundsatz ,Leben und leben lassen‘ muss überall in<br />

der Gastronomie gelten. Wir wollen den Leuten bis zum Volksentscheid<br />

am 4. Juli klarmachen, dass die maßgeblichen Gegner<br />

des absoluten Rauchverbots Wirtschaftslobbyisten sind, die ihren<br />

Umsatz hoch halten wollen. Ich bin gespannt, wie <strong>sich</strong> die<br />

CSU beim Volksentscheid verhält. Ich habe von vielen Kommunalpolitikern<br />

ein positives Feedback bekommen.“<br />

Was dahintersteckt:<br />

Natürlich geht es in erster Linie um den Nichtraucherschutz.<br />

Gleichzeitig aber auch darum, der CSU eins auszuwischen. Die<br />

hatte 2008 ja schon ein strenges Rauchverbot verabschiedet, es<br />

2009 aber, auch auf Druck des neuen Koalitionspartners FDP,<br />

wieder aufgeweicht. Paradox: Jetzt ist die CSU gegen einen<br />

Volksentscheid, der quasi ihr ursprüngliches Gesetz wiederherstellen<br />

will. Initiator Frankenberger ist bei der ödp, aber auch<br />

SPD und Grüne sind dafür.<br />

Erfolgsaus<strong>sich</strong>t:<br />

Das Volksbegehren war das erfolgreichste in der bayerischen<br />

Geschichte. Und einer Studie zufolge sind 76 Prozent der Bayern<br />

Nichtraucher. Gute Voraussetzungen. Jetzt fragt <strong>sich</strong> nur, wer<br />

seine Anhänger besser mobilisiert: die Nichtraucher oder die<br />

Wirtshaus- und Tabaklobby.<br />

9


10<br />

Protest<br />

München Sozial<br />

Ziel: Keine Kürzungen im Sozialbudget der<br />

Stadt München<br />

Was sie sagen:<br />

Norbert Huber, Sprecher von München Sozial: „Wir haben uns<br />

nach dem Ausbruch der Finanzkrise 2008 gegründet, um deutlich<br />

zu machen: Die staatlichen Bürgschaften für die Finanzbranche<br />

dürfen nicht über Einsparungen im Sozialbereich fi -<br />

nanziert werden. Das Krisenmanagement darf nicht auf dem<br />

Rücken der Ärmsten ausgetragen werden. Die Stadt München<br />

hat das bislang beherzigt – und deswegen werden wir ihr das<br />

Qualitätssiegel ,soziale Stadt‘ verleihen. Aber wie beim TÜV<br />

werden wir alle zwei Jahre überprüfen, ob die Bedingungen weiterhin<br />

gegeben sind.“<br />

Was dahintersteckt:<br />

Bereits 49 Sozial-, Jugend- und Wohlfahrtsverbände haben <strong>sich</strong><br />

dem Bündnis angeschlossen, das Gros der sozialen Szene Münchens.<br />

Das Bündnis setzt auf den Dialog mit dem Oberbürgermeister.<br />

In den meisten Punkten ist man d’accord oder hat gemeinsame<br />

Forderungen gegenüber Land und Bund.<br />

Erfolgsaus<strong>sich</strong>t:<br />

Momentan haben <strong>sich</strong> das Bündnis und die Stadt arrangiert,<br />

aber was passiert, wenn die Einbußen bei den städtischen Gewerbe-<br />

und Einkommensteuereinnahmen nach und nach den<br />

Stadtsäckel leeren? Dann könnten hundertprozentige Kindergartenversorgung,<br />

kostenlose Bildungsangebote und gesundheitliche<br />

Präventionsmaßnahmen dem Rotstift zum Opfer fallen.<br />

Bier und Revolution<br />

Ziel: Aufklärung im linksintellektuellen Bereich<br />

Was sie sagen:<br />

Ruth Oppl und Katrin Sorko, Organisatorinnen des Stammtischs:<br />

„Angefangen hat alles im November 2008 mit einem Wanderstammtisch<br />

zum Thema ,90 Jahre Räterevolution in München‘.<br />

Wir haben nur mit 20 Leuten gerechnet, es kamen aber bis zu<br />

80. Es hat <strong>sich</strong> ein harter Kern von 15 Leuten herauskristallisiert,<br />

die politisch stark interessiert, aber nicht organisiert sind. Unser<br />

Stammtisch fi ndet künftig im ,Wirtshaus Laab‘ statt, unsere<br />

Themen kommen aus dem aufklärerischen Bereich: Das kann die<br />

marxistische Philosophie von Antonio Gramsci sein, das Anarchiekonzept<br />

von Oskar Maria Graf oder die wirtschaftlich prekäre<br />

Situation von Freiberufl ern. Weil wir im Wirtshaus tagen,<br />

bringen wir die Revolution dahin zurück, wo sie angefangen hat:<br />

an den Stammtisch.“<br />

Was dahintersteckt:<br />

Das Motto klingt revolutionärer, als es ist: Ein Teil des linksin-<br />

tellektuellen Milieus pfl egt in geselliger, bierseliger Runde die<br />

gemeinsame Weltanschauung. Konkrete Umstürze oder Staatsstreiche<br />

sind nicht geplant.<br />

Erfolgsaus<strong>sich</strong>t:<br />

Die beiden Damen müssen <strong>sich</strong> immer wieder was Neues einfallen<br />

lassen, um ihre Klientel bei Laune zu halten.<br />

Nolympia<br />

Ziel: Keine Olympischen Winterspiele 2018<br />

in München<br />

Was sie sagen:<br />

Christian Hierneis, Mitglied des Landesvorstands des Bund<br />

Naturschutz in Bayern e.V. und Nolympia-Aktivist: „Die<br />

Olympischen Winterspiele können nicht nachhaltig sein. Ökologisch,<br />

ökonomisch und sozial bringen sie keinen Mehrwert.<br />

Für den Bau von Skipisten, Loipen und Parkplätzen wird die<br />

Natur zerstört. Bislang haben alle Ausrichterstädte von Winterspielen<br />

Verluste gemacht, nur das Internationale Olympische<br />

Komitee (IOC) verdient Milliarden. Auch touristisch<br />

bringen die Spiele keinen Mehrwert: Für Wintersport interessieren<br />

<strong>sich</strong>, vor allem außerhalb Bayerns, weit weniger Menschen<br />

als für eine Fußball-WM. 27 Tage Winterspiele – die Paralympics<br />

mitgerechnet – würden eine zerstörte Landschaft<br />

und leere Stadtsäckel bedeuten.“<br />

Was dahintersteckt:<br />

Das Nolympia-Bündnis hat sehr grundsätzliche Vorbehalte<br />

gegen sportliche Megaevents und die dahinter stehende Kommerzialisierung.<br />

Viele seiner 18 Gründe gegen Olympia drehen<br />

<strong>sich</strong> um Klimawandel und Naturzerstörung, die Hauptträger<br />

sind Umweltschützer. Es ist aber kein Sponti-Protest,<br />

sondern durch die Arbeit der Gesellschaft für ökologische<br />

Forschung untermauert.


Fühlt <strong>sich</strong> zu Hause im alten Sechzger Stadion: Roman Beer Anti-Nazis mit Sinn für Ironie: FDÄ-Aktivisten<br />

Erfolgsaus<strong>sich</strong>t:<br />

Gar nicht so schlecht. München, Garmisch-Partenkirchen<br />

und Oberammergau werden zwar die Bewerbung aufrechterhalten,<br />

aber das IOC hat es gar nicht gern, wenn es in einer<br />

Bewerberstadt hörbaren Widerstand gibt. Das musste auch<br />

schon Berlin bei seiner Bewerbung für die Sommerspiele 2000<br />

erfahren.<br />

Freunde des Sechzger Stadions<br />

Ziel: Rückkehr der Profi s vom TSV 1860 ins<br />

Grünwalder Stadion<br />

Was sie sagen:<br />

Roman Beer, 1. Vorsitzender: „Das Sechzger Stadion erinnert an<br />

die großen Erfolge der Löwen. Seit 100 Jahren ist es die Heimat<br />

des Vereins, mitten in der Stadt. Bei den Spielbesuchen geht es um<br />

das Gemeinschaftserlebnis: erst das Spiel im zweiten Wohnzimmer,<br />

dann zu Fuß in eine nahe Kneipe. Ich verpasse kein Spiel der<br />

Sechzger-Amateure, und selbst mit nur 1000 Leuten im Grünwalder<br />

ist mehr Stimmung als bei manchen Spielen mit 20 000<br />

oder 30 000 in der Allianz Arena. Immerhin bleibt das Stadion<br />

jetzt für mindestens 20 Jahre erhalten, das ist für uns auch eine<br />

Art emotionaler Denkmalschutz.“<br />

Was dahintersteckt:<br />

Die Löwen-Fans sehnen <strong>sich</strong> nach einer Rückkehr in ihr altes<br />

identitätsstiftendes Stadion. Gerade hat die Stadt den Verein mit<br />

seinen Umbauplänen abblitzen lassen. Neben dem emotionalen<br />

Aspekt gibt es noch einen fi nanziellen: Der TSV 1860 kann<br />

<strong>sich</strong> als chronisch klammer Zweitligist die Miete in der Allianz<br />

Arena des FC Bayern nicht leisten – und will diese Schmach so<br />

schnell wie möglich loswerden.<br />

Erfolgsaus<strong>sich</strong>t:<br />

Die Löwen müssen <strong>sich</strong> glücklich schätzen, wenn sie ins eben-<br />

falls ungeliebte Olympiastadion umziehen dürfen. Dort ist es<br />

zwar so gemütlich wie in einer zugigen Bahnhofsunterführung,<br />

aber wenigstens eine fi nanzielle Erleichterung wäre es. Die Stadt<br />

stellt <strong>sich</strong> bei sämtlichen Umbauplänen für das Grünwalder Stadion<br />

quer. Aber der Löwen-Fan wäre nicht Löwen-Fan, wenn er<br />

<strong>sich</strong> nicht doch an die Hoffnung klammern würde – so aus<strong>sich</strong>tslos<br />

sie auch sein mag.<br />

Front Deutscher Äpfel<br />

Ziel: Neonazis<br />

veräppeln<br />

Was sie sagen:<br />

Sandro Odak, Leiter Gau München: „Die Front Deutscher Äpfel<br />

ist die einzig wahre nationale Kraft in diesem schönen Land.<br />

Neben der Front gibt es zwar weitere pseudonationale Splitterkräfte<br />

in Kleinstgruppen, namentlich die NPD, die DVU und<br />

einen kümmerlichen Rest an Republikanern, aber diesen sollte<br />

man kein Vertrauen schenken! Nur die Front kann einen charismatischen,<br />

wortgewandten und zugleich wohlriechenden Führer<br />

vorweisen. Mit Alf Thum an unserer Spitze kann Deutschland<br />

rechtes Fallobst von den Straßen kehren, Südfrüchte in die<br />

Schranken weisen und wieder aufblühen wie ein Apfelbaum.<br />

Heil Boskop!“<br />

Was dahintersteckt:<br />

Die Front Deutscher Äpfel ahmt in Rhetorik und Auftreten die<br />

NPD nach, um sie so lächerlich zu machen. Der Apfel ist eine<br />

Anspielung auf den sächsischen NPD-Vorsitzenden Holger Apfel,<br />

der nicht nur im Landtag immer wieder für Eklats sorgt<br />

(„Bomben-Holocaust“).<br />

Erfolgsaus<strong>sich</strong>t:<br />

Ein Spiel mit dem Feuer: Manche Beobachter verstehen die Satire<br />

auf den ersten Blick nicht. Dennoch künstlerisch wertvoll.<br />

11


<strong>Münchner</strong><br />

Friedensbündnis<br />

Ziel: Friede auf<br />

Erden<br />

Was sie sagen:<br />

Rosemarie Wechsler, Pax-Christi-Kontaktfrau: „Im <strong>Münchner</strong><br />

Friedensbündnis fi nden <strong>sich</strong> Gruppen und Initiativen zusammen,<br />

die <strong>sich</strong> für die Ziele Frieden und Gerechtigkeit in der<br />

Welt einsetzen. Wir wollen aber nicht nur protestieren und<br />

Forderungen stellen, sondern auch gewaltfreie Lösungen aufzeigen.<br />

Das tun wir jedes Jahr auf unserer Friedenskonferenz<br />

im Vorfeld zur sogenannten Sicherheitskonferenz. Damit Gehör<br />

zu fi nden ist aber nicht so leicht, denn Krieg ist immer<br />

spektakulärer als ein vermiedener Konfl ikt.“<br />

Was dahintersteckt:<br />

15 unterschiedliche Gruppierungen, von kleinen lokalen Bündnissen<br />

wie den Truderinger Frauen für Frieden und Abrüstung<br />

über die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes bis hin<br />

zu Regionalgruppen von international bekannten Organisationen<br />

wie den Internationalen Ärzten für die Verhütung des<br />

Atomkriegs. So unterschiedlich der Hintergrund, so lose der<br />

Zusammenschluss, so groß das Ziel: Frieden schaffen ohne<br />

Waffen.<br />

Erfolgsaus<strong>sich</strong>t:<br />

Da das Bündnis lokal agiert und die deutsche Friedensbewegung<br />

keinen Dachverband hat, sind die Chancen, von den Politikern<br />

gehört zu werden, nicht gerade riesig. Immerhin ist<br />

OB Christian Ude Mitglied der Mayors for Peace geworden.<br />

Außerdem hofft das Friedensbündnis, mit seiner Argumentation<br />

zur bundesweiten Skepsis gegen den Afghanistan-Einsatz<br />

der Bundeswehr beigetragen zu haben.<br />

12<br />

Bund für<br />

Geistesfreiheit<br />

Ziel: Eine wirklich konsequente Trennung von<br />

Staat und Kirche<br />

Was sie sagen:<br />

Assunta Tammelleo, Vorsitzende: „Der BfG kämpft für eine<br />

Trennung von Staat und Kirche. Die Religionsfreiheit ist in<br />

Deutschland nicht so konsequent umgesetzt wie die Pressefreiheit<br />

oder die Kunstfreiheit. Das sieht man am Einzug der Kirchensteuer<br />

– oder am Tanzverbot an christlichen Feiertagen:<br />

Selbst ein gläubiger Mensch kann einsehen, dass ich an einem<br />

Tag, der ihm heilig ist, etwas anderes machen möchte, zum Beispiel<br />

tanzen. Jeder soll glauben, was er mag, aber keine Religion<br />

sollte Andersgläubigen mit staatlicher Hilfe ihren Glauben aufdrängen.“<br />

Was dahintersteckt:<br />

Der Bund für Geistesfreiheit orientiert <strong>sich</strong> an Aufklärung<br />

und Humanismus. Was trocken klingt, ist in der Praxis oft<br />

recht lebendig: Der <strong>Münchner</strong> BfG hat einen Gottlosenstammtisch<br />

ins Leben gerufen und protestiert gegen das<br />

Tanzverbot an Feiertagen nach dem Motto „Heidenspaß statt<br />

Höllenqual“. Als Protest gegen den auch aus Steuermitteln<br />

fi nanzierten Ökumenischen Kirchentag inszenierte der BfG<br />

eine „Christihimmelfahrtskommando“-Prozession durch die<br />

<strong>Münchner</strong> Innenstadt.<br />

Erfolgsaus<strong>sich</strong>t:<br />

Parteipolitisch steht das Ansinnen auf verlorenem Posten. Gut<br />

Ding will eben Weile haben.


„Wir wollen nichts mehr hören“, sagt Heinz Kuhnert<br />

Contra<br />

Schießanlage<br />

Ziel: Keine Erweiterung der Schießanlage im<br />

Forstenrieder Park<br />

Was sie sagen:<br />

Heinz Kuhnert, Sprecher der Bürgerinitiative Forstenrieder Park<br />

ohne Schießanlage: „Die Schießanlage der Hubertus-Schützen<br />

befi ndet <strong>sich</strong> in einem reinen Wohngebiet in einer Großstadt.<br />

Als die Anlage 1924 errichtet wurde, hat noch niemand da gewohnt.<br />

Heutzutage ist so etwas völlig instinktlos und ein Anachronismus.<br />

Sollten der Umbau und die Ausdehnung der Schießzeiten<br />

genehmigt werden, wäre das ein Ärgernis für Jahrzehnte.<br />

Damit fi ndet <strong>sich</strong> kein Mensch ab. Wir verlangen eine komplette<br />

fugendichte Einhausung der Schießanlage, denn wir wollen<br />

nichts mehr hören. So ist das!“<br />

Was dahintersteckt:<br />

Die Bürgerinitiative hat <strong>sich</strong> natürlich aus Eigennutz gegründet,<br />

mit einem klaren Feindbild: die geplante „Monster-Schießanlage“<br />

der Hubertus-Schützen. Den Anwohnern geht es also um<br />

die Wahrung ihrer Lebensqualität, den Schützen um die Pfl ege<br />

ihrer Tradition.<br />

Erfolgsaus<strong>sich</strong>t:<br />

Es bestehen tatsächlich gute Chancen, den großen Ausbau der<br />

Schießanlage zu verhindern. Als sogenannte Schwerpunktanlage<br />

ist das Projekt beim Umweltministerium schon durchgefallen.<br />

Gut möglich, dass am Ende ein Kompromiss steht: Die Anlage<br />

wird modernisiert und saniert. Ob und wie stark die Schießzeiten<br />

ausgeweitet werden, hängt weitgehend von der Schallisolierung<br />

ab.<br />

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13


14<br />

Protest<br />

Der den Kopf<br />

hinhält<br />

An den Tischen der Cafés am Sendlinger<br />

Tor sitzen die Gäste unter gelben Sonnenschirmen.<br />

Junge Frauen schieben Kinderwägen<br />

über den Platz. In der Luft liegt der<br />

Duft von Krokussen und Nelken. Michael<br />

Bogatzki kennt den Platz auch anders. Etwa<br />

während einer Wahlkundgebung der<br />

Republikaner 1993. Er deutet auf die Fläche<br />

vor einem Haus: „Dort war die Bühne<br />

aufgebaut.“ Davor standen Polizisten. Unter<br />

ihnen Michael Bogatzki und seine Kollegen,<br />

die einer von drei Einsatzhundertschaften<br />

des Polizeipräsidiums München<br />

angehören. Vor ihnen standen Männer<br />

und Frauen, die gegen die Republikaner<br />

demonstrierten. Flaschen und Steine fl ogen<br />

durch die Luft. Auch Beutel mit Katzenkot.<br />

„Einen habe ich abbekommen“,<br />

erinnert <strong>sich</strong> der gebürtige Berliner, ohne<br />

dabei wütend zu klingen oder angeekelt.<br />

„Für die Kollegen, die nach dem Einsatz<br />

mit mir im Auto saßen, war das natürlich<br />

auch nicht angenehm.“ Bei diesen<br />

Wor ten hebt <strong>sich</strong> sein Oberlippenbart.<br />

Michael Bogatzki lächelt.<br />

Seit 1981 ist er bei der Polizei, seit<br />

1987 gehört er der Einsatzhundertschaft<br />

„Im Einsatz muss ich<br />

mich neutral verhalten“,<br />

sagt Polizist<br />

Michael Bogatzki, hier<br />

mit seiner 25 Kilo<br />

schweren Schutzbekleidung<br />

Michael Bogatzki ist Mitglied einer Einsatzhundertschaft<br />

der Polizei. Wo immer es gefährlich wird – er und seine<br />

Kollegen sind mittendrin<br />

USK – kurz für Unterstützungskommando<br />

– an. Sie ist in der Landeshauptstadt<br />

vor Ort, wenn es um die Sicherheit bei<br />

Großveranstaltungen wie Konzerten oder<br />

Fußballspielen geht. Sein Einsatzzug darf<br />

Randalierer auch festnehmen. Oft sind<br />

die insgesamt 400 Polizistinnen und Polizisten<br />

der Einsatzhundertschaften aber<br />

auch im Einsatz, damit Menschen auf der<br />

Straße ihre Meinung kundtun können.<br />

Protest ist nicht immer ein reines<br />

Wortgefecht. Das hat ein Kollege bei<br />

einem anderen Einsatz erleben müssen:<br />

Hausbesetzer trafen den Mann so<br />

schwer, dass er – trotz Schutzausrüstung<br />

– Monate brauchte, um wieder Dienst<br />

tun zu können.<br />

Während er am Sendlinger Tor eine<br />

Stunde lang im Stehen erzählt, deutet<br />

und gestikuliert, lehnt er <strong>sich</strong> kein einziges<br />

Mal an die Wand des Hauses hinter<br />

<strong>sich</strong>. Er belastet auch nicht ein Bein und<br />

dann das andere. Der 1,90 Meter große<br />

blonde Mann in Jeans, bordeauxrotem<br />

Hemd, Lederjacke und Turnschuhen<br />

steht kerzengerade da, die Füße hüftbreit,<br />

trotzdem locker. Wer im USK bei klir-


ender Kälte oder 30 Grad im Schatten<br />

mit 25 Kilo Schutzausrüstung am Körper<br />

Einsätze von zehn, zwölf und mehr<br />

Stunden hinter <strong>sich</strong> gebracht hat, dabei<br />

Lärm und Geschrei ausgesetzt war, muss<br />

in Form sein. Und jedes Jahr in einem<br />

Leistungstest körperliche Fitness nachweisen.<br />

Auch wenn die bereits fertig ausgebildeten<br />

Polizistinnen und Polizisten längst<br />

zusätzliche Einstellungstests und -gespräche<br />

sowie eine Grundausbildung für<br />

das USK absolviert haben. Topform hin<br />

oder her, Michael Bogatzki war vor Jahren<br />

nach einem Arbeitstag am St. Jakobsplatz<br />

trotzdem ganz schön müde. Es gab<br />

dort eine Sitzblockade. Ein Teil der Demonstranten<br />

stand freiwillig auf, andere<br />

mussten von jeweils zwei Beamten weggehoben<br />

werden. „Ich glaube, ich habe an<br />

dem Tag 40 Leute getragen.“<br />

Manchmal kommt es nach Stunden<br />

friedlichen Protests zu Ausschreitungen,<br />

ganz plötzlich. Von null auf hundert zu<br />

schalten funktioniere quasi automatisch,<br />

ver<strong>sich</strong>ert Michael Bogatzki: „Man ist sofort<br />

konzentriert.“ Viele Demos verlaufen<br />

jedoch ohnehin eher ruhig – was seit<br />

2008 auch grundsätzlich für das Berufsleben<br />

des Polizeihauptkommissars gilt: Bogatzki<br />

ist Personalrat im Polizeipräsidium<br />

München und deshalb von den Einsätzen<br />

draußen freigestellt.<br />

Wer wofür oder wogegen protestiert,<br />

hat Michael Bogatzki immer professionell<br />

betrachtet. „Als Polizist muss ich mich im<br />

Einsatz neutral verhalten“, beschreibt er<br />

seine Einstellung. Eine persönliche Meinung<br />

habe man natürlich schon. „Das ändert<br />

aber nichts daran, dass Menschen<br />

ein Recht haben, zu demonstrieren – und<br />

dass wir das schützen müssen.“<br />

Text: Katharina Ober<br />

Foto: Kathrin Harms<br />

Demonstrationen und Veranstaltungen<br />

in der Landeshauptstadt werden nicht<br />

ausschließlich von den Einsatzhundertschaften<br />

des Polizeipräsidiums München<br />

geschützt. Gerade bei großen Ereignissen<br />

arbeiten sie mit der rund 6000<br />

Frauen und Männer starken bayerischen<br />

Bereitschaftspolizei zusammen. Sie ist<br />

bundesweit tätig und absolvierte im<br />

vergangenen Jahr 286 Einsätze, gut 70<br />

davon waren Demos. Bei Kundgebungen,<br />

Mahnwachen und anderen Aktionen<br />

arbeiteten die Polizistinnen und Polizisten<br />

insgesamt 120 000 Stunden, sogenannte<br />

Mannstunden. Das sind doppelt so viele<br />

wie im Jahr 2007.<br />

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15


Protest<br />

16<br />

Schreibwerkstatt<br />

In den siebziger Jahren war ich viel auf<br />

Friedensdemos, wo wir uns gegen alle<br />

möglichen Ungerechtigkeiten in der<br />

Welt starkmachten. Ich war früher ein<br />

ganz anderer Mensch als heute und hatte<br />

auch ganz andere Meinungen. Als junger<br />

Mann wohnte ich zwei Jahre im Raum<br />

Duisburg und war dort mit Leuten aus<br />

der linken Szene befreundet, die in dem<br />

besetzten Bahnhof Duisburg-Hamborn<br />

lebten; das war damals eine Aktion gegen<br />

die Schließung des Bahnhofs. Wir waren<br />

viel unterwegs und verteilten Flugblätter,<br />

zum Beispiel über soziales Wohnen und<br />

Arbeitsplatzabbau. Auch auf mehreren<br />

Anti-Atomkraft-Demos war ich mit meinen<br />

Freunden. Wir demonstrierten zum<br />

Beispiel 1977 mit einem lange vorausgeplanten<br />

Auto-Konvoi auf der Autobahn<br />

zwischen Duisburg und Kalkar gegen den<br />

Schnellen Brüter bei Kalkar. Heute würde<br />

ich das nicht mehr machen, weil ich<br />

kein Interesse mehr an so etwas habe,<br />

mir keinen Ärger einhandeln möchte und<br />

auch weil ich wegen der Arbeitsplätze gar<br />

nicht mehr so entschieden gegen Atomkraft<br />

bin.<br />

Hans Pütz/SWS<br />

In der Schreibwerkstatt bringen<br />

BISS-Verkäufer unter Anleitung einer<br />

Journalistin ihre Gefühle und Gedanken<br />

zu Papier. Die Beiträge geben<br />

die persönliche Meinung der Autoren,<br />

nicht die der Redaktion wieder.<br />

Ich protestiere!<br />

Mein Bekannter, mit dem ich mich jeden<br />

Morgen zum Frühstück treffe, regt<br />

<strong>sich</strong> über Radiomusik auf. Seiner Meinung<br />

nach dienen die rhythmischen und<br />

schnellen Takte dazu, die Menschen zur<br />

Arbeit anzutreiben. Ich hingegen fi nde,<br />

Radio ist eine schöne Sache, es baut<br />

mich auf. Mein Problem ist der Föhn. Der<br />

drückt mir auf die Psyche, bereitet mir<br />

Kopfschmerzen und macht mich müde<br />

und faul. Dagegen müsste man protestieren!<br />

In Niederbayern, wo ich herkomme,<br />

gibt es keinen Föhn, da ging es mir gut.<br />

Mein Bekannter sagt: „Dann geh doch<br />

nach Niederbayern zurück!“ Jetzt wird<br />

viel gegen das Rauchen gewettert, aber<br />

ich sage: Was ist mit dem Autofahren?<br />

Dabei sterben täglich vielleicht mehr<br />

Menschen als durch Rauchen. Man muss<br />

das Autofahren ja nicht gleich völlig verbieten,<br />

aber einschränken sollte man es.<br />

Den Protest gegen das Rauchen fi nde ich<br />

einen Schmarrn. Schließlich wird schon<br />

seit Hunderten von Jahren geraucht,<br />

während es Autos damals noch gar nicht<br />

gab. Der Umwelt und den Menschen zuliebe<br />

sollte man das Auto am Wochenende<br />

in der Garage stehen lassen. Tabak ist<br />

ein Genussmittel, ihn zu verunglimpfen<br />

ist etwa so, wie wenn man gegen Bier wäre.<br />

Dieses war in Bayern früher ein Nahrungsmittel,<br />

heute nicht mehr, dazu ist es<br />

auch zu teuer geworden – schlimm genug.<br />

Protest! Protest!, liebe Leser. (Ich selber<br />

trinke übrigens nur Alkoholfreies.)<br />

Wolfgang Kurz, „Butzi“/SWS<br />

Protest?<br />

Ich protestiere nicht. Oder sagen wir,<br />

kaum. Wenn mich jemand zur Rede<br />

stellt, höre ich zu, lasse den Kopf hängen<br />

und erwidere nichts. Stattdessen ärgere<br />

ich mich darüber und denke mindestens<br />

mehrere Stunden, wenn nicht<br />

den ganzen Tag eifrig nach: „Was habe<br />

ich bloß falsch gemacht?“ Meine Arbeit<br />

bei BISS, das Verkaufen, lenkt häufi<br />

g von Problemen ab. Aber ich merke,<br />

dass ich erfolgreicher bin, wenn ich keinen<br />

Wurm im Kopf habe. Als Phlegmatiker<br />

grübele ich halt. Ich fresse den Frust<br />

in mich rein und zum Trost auch manch<br />

anderes. Aber es geht fast nichts nach<br />

außen. Alles geht immer nur rein. Rein,<br />

rein, rein. Mit der Zeit staut <strong>sich</strong> alles im<br />

Kopf. Wenn ich dann nicht mehr weiterweiß,<br />

gehe ich meist freiwillig in die<br />

„Anstalt“. Mein Umfeld wundert <strong>sich</strong>,<br />

warum. Das ist seit Jahren dieselbe Leier.<br />

Zu einer beständigen Lösung bin ich<br />

durch die Aufenthalte leider nicht gekommen,<br />

und <strong>sich</strong>er ist meine Strategie keine<br />

gesunde, aber in manchen Fällen halte ich<br />

es auch für geboten, Schelte einzustecken<br />

und nicht aufzubegehren. Insbesondere<br />

im Disput mit dem Chef oder der Chefi n.<br />

Auch der Protest gegen eine Schiedsrichterentscheidung<br />

bringt nichts. Meistens<br />

wird der Protest mit „gelb“ oder „gelbrot“<br />

sanktioniert. Angebracht fi nde ich es,<br />

gegen praxisferne Politiker- oder Bürokratenentscheidungen<br />

aufzubegehren.<br />

Ercan Uzun/SWS<br />

Demo<br />

Zwei-, vielleicht dreimal habe ich an einer<br />

Straßendemonstration teilgenommen.<br />

An die erste kann ich mich sehr gut erinnern,<br />

es war ein typischer Novembertag,<br />

grau, mit Nieselregen, in einer mittelitalienischen<br />

Kleinstadt. Ich marschierte<br />

mit Tausenden anderen Menschen durch<br />

die Gassen, alles war ziemlich bunt, sehr<br />

gut choreografi ert, und immer wieder haben<br />

wir auf Kommando Slogans wieder-


Foto der BISS-Verkäuferin Uschi Graßl vom Olympiagelände<br />

holt. Dann haben wir auf einem schönen<br />

Platz ein paar Lieder gesungen. Es ist sehr<br />

lange her, trotzdem denke ich manchmal<br />

daran, vor allem, dass wir uns vorher zu<br />

fünft oder sechst gegenseitig für die Sache<br />

begeisterten. Wozu und warum ich protestiert<br />

habe, weiß ich heute nicht mehr;<br />

wichtig war es, mit Freude und Elan dabei<br />

zu sein. Es war eine schöne Zeit.<br />

Pietro Dorigo/SWS<br />

München mit BISS<br />

Neugierig wie eine Nachtigall – auf die<br />

Teilnehmer unserer alternativen Stadtführungen<br />

trifft diese Redewendung allemal<br />

zu. Denn „München mit BISS“<br />

zeigt nicht das Glockenspiel, sondern soziale<br />

Brennpunkte unserer Stadt. Zum<br />

Thema Armut in München geht unsere<br />

Tour II (Motto: Wenn alle Stricke reißen<br />

…) in Einrichtungen, die <strong>sich</strong> um Arbeit<br />

und Arbeitslosigkeit, Wohnen und<br />

Wohnungslosigkeit kümmern. Bisher<br />

waren schon über 700 Gäste dabei, und<br />

als Gästeführer interessiert mich besonders<br />

die Verschiedenheit der Gruppen.<br />

Viele Schulklassen kommen, Firmlinge<br />

und Konfi rmanden, junge Entwicklungshelfer<br />

im freiwilligen sozialen Jahr,<br />

aber auch Ingenieure beim Firmenausfl<br />

ug, Journalisten, Unternehmensberater<br />

und einmal zehn Polizistinnen und Polizisten.<br />

Meine Hoffnung, sie würden in<br />

grüner Uniform kommen, hat <strong>sich</strong> leider<br />

nicht erfüllt, aber sie hatten viele Fragen,<br />

und diese Amtsträger hatten die Stationen<br />

unserer Tour noch nie gesehen.<br />

Ein bisschen schwierig sind meist die 14-<br />

bis 16-jährigen Schüler, die interessieren<br />

<strong>sich</strong> nicht ohne Weiteres für soziale Probleme,<br />

ganz anders als die 12-Jährigen<br />

mit ihrem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn.<br />

Wenn die Klassen aber von ihrer<br />

Lehrerin gut vorbereitet sind und ich die<br />

Tour als Frage-und-Antwort-Quiz anbiete,<br />

dann machen die Jungs und Mädels<br />

schon mit und fi nden es am Ende<br />

„cool“. Dass es jemand langweilig gefunden<br />

hätte, das ist bisher nicht vorgekommen.<br />

Unsere zukünftige Tour III wird<br />

rund um den Hauptbahnhof den augenfälligen<br />

Unterschied zwischen Arm und<br />

Reich zeigen: einerseits todschicke Hotels<br />

und edle Neubauviertel, andererseits<br />

Angebote für die Ärmsten – Schmalzbrot<br />

und heißer Tee, gebrauchte Kleidungsstücke<br />

und notfalls ein Schlafplatz<br />

für die Nacht. Für alle BISS-Fans gibt es<br />

natürlich weiterhin die Tour I (BISS &<br />

Partner). Sie sind herzlich eingeladen zu<br />

„München mit BISS“, denn: Wer nicht<br />

neugierig ist, erfährt nichts. (Goethe)<br />

C.W. Sachse/SWS<br />

Ein erfolgreiches Jahr<br />

Nach meiner schweren Krankheit im Jahr<br />

2008 fühle ich mich heute wie ein neuer<br />

Mensch. Erstens, weil ich von 150 Kilo<br />

auf 100 Kilo abgenommen habe und jetzt<br />

auch selbstbewusster bin und mir Dinge<br />

zutraue, die ich vorher nicht geschafft<br />

hätte. Richtig froh bin ich darüber, dass<br />

mich ein Arbeitskollege von BISS mit zu<br />

dem Fußballverein Regenbogen genommen<br />

hat. Seit letztem Juni spiele ich dort,<br />

nahm schon an einigen Turnieren teil und<br />

bin bei jedem Training dabei, weil ich<br />

merke, dass es mir guttut und ich körper-<br />

lich fi tter denn je bin. Auch beim BISS-<br />

Verkauf war ich erfolgreich. Die Leute<br />

sehen, da verkauft ein Mensch, der besser<br />

drauf ist und Späße macht. Alles fällt<br />

leichter, wenn man Erfolg hat und gesund<br />

ist. Ich versuche auch, etwas davon weiterzugeben,<br />

indem ich anderen helfe, wie<br />

im Winter meinem Hausmeister beim<br />

Schneeräumen. Mir tat es gut, einmal um<br />

5.30 Uhr aufzustehen und mich in seine<br />

Lage zu versetzen, und ihn freute es auch.<br />

Erstaunlicherweise wache ich jetzt morgens<br />

auch ohne Wecker auf, was ich früher<br />

nicht geschafft habe, da bin ich immer<br />

länger liegen geblieben.<br />

André Schmitt/SWS<br />

Die vom Urlaub träumt<br />

Gerne denke ich an meinen Urlaub, den<br />

ich begierig erwarte. Letztes Jahr fuhr ich<br />

öfters zeitig in der Früh mit dem Radl ins<br />

Olympiagelände oder nach Pasing und<br />

dann über Untermenzing zurück nach<br />

Hause. Frühsport war angesagt. Mit Vorliebe<br />

mache ich große Radtouren. Eine<br />

war besonders schön: Ich fuhr von Milbertshofen<br />

nach Feldmoching, ganz frühmorgens,<br />

und von da nach Karlsfeld<br />

und Dachau. Eigentlich sollte das mein<br />

Ziel sein. Aber jetzt war ich auf den Geschmack<br />

gekommen. Ich las auf einem<br />

Schild: 14 Kilometer nach Oberschleißheim.<br />

Okay, dachte ich, mache ich glatt.<br />

Ich nahm den Weg, ignorierte aber den<br />

Ort, fuhr weiter nach Unterschleißheim<br />

und machte dort ausgiebig Brotzeit.<br />

Schließlich fuhr ich weiter nach Eching<br />

und Neufahrn, wo ich eine Kaffeepause<br />

genoss, und schon war ich auf dem Weg<br />

nach Freising. Geschafft! Und obwohl<br />

<strong>sich</strong> leichte Beschwerden mit meinem<br />

Hinterteil ankündigten, radelte ich auf<br />

geradem Weg zurück nach München. Gerädert,<br />

aber glücklich kam ich zu Hause<br />

an. Die folgenden heißen Tage verbrachte<br />

ich am Unterschleißheimer Badesee, Gras<br />

bis ans Wasser, malerisch schön gelegen.<br />

Da fühle ich mich wohl. Aber dazu ist ein<br />

mitgeführtes Fahrrad zu empfehlen, denn<br />

der See ist etwa zweieinhalb Kilometer<br />

vom Bahnhof entfernt. Der letzte August<br />

war ein wunderschöner Monat, in dem<br />

ich, frei von allen Verpfl ichtungen, mal<br />

richtig viel lesen, relaxen und alles Mögliche<br />

träumen konnte. Der geneigte Leser<br />

wird verstehen, dass ich davon aber<br />

nichts Näheres verraten möchte.<br />

Uschi Graßl/SWS<br />

17


Kein <strong>Münchner</strong> hat so viel demonstriert wie <strong>Martin</strong> <strong>Löwenberg</strong>. Ein Gespräch<br />

mit dem 85-Jährigen über alte und neue Formen des Widerstands<br />

18<br />

Protest<br />

„Weg vom Fernseher,<br />

raus aus den Pantoffeln!“<br />

An wie vielen Demonstrationen haben Sie<br />

teilgenommen?<br />

(Lacht) Da muss ich überlegen … Es waren<br />

viele hundert. Vielleicht sogar knapp<br />

tausend.<br />

Erinnern Sie <strong>sich</strong> noch an Ihre erste?<br />

Das war 1945 in Breslau. 200 000 Deutsche<br />

waren noch in der Stadt, aber die<br />

Verwaltung war polnisch und die Besatzungsmacht<br />

sowjetisch. Damals habe ich<br />

für Lebensmittel und Rechte für die Bevölkerung<br />

demonstriert.<br />

Wann haben Sie zum ersten Mal eine Protestrede<br />

gehalten?<br />

Auf einer Jugendveranstaltung in Weißenfels,<br />

1946. Dieser erste öffentliche Auftritt<br />

fand am Ende einer Demonstration<br />

für mehr Demokratie statt. Das Motto<br />

„Mit den Waffen des Geistes gegen den<br />

Geist der Waffen“ hat mein Leben bis<br />

heute begleitet.<br />

1948 kamen Sie nach München. Wofür<br />

haben Sie hier aktiv gekämpft?<br />

Damals wurde in München dauernd demonstriert.<br />

Für Wohnraum, Lebensmittel,<br />

Kleidung, eine Eingliederung ins Arbeitsleben.<br />

Wir wollten, dass die Nazis<br />

raus aus ihren Wohnungen mussten und<br />

Flüchtlinge und Verfolgte reinkamen. Und<br />

nachdem Konrad Adenauer den Westmächten<br />

deutsches Militär zuge<strong>sich</strong>ert<br />

hatte, ging der Kampf gegen die Remilitarisierung<br />

los. Da bin ich gar nicht mehr<br />

aus meinen Schuhen rausgekommen!<br />

War das rückblickend die wichtigste Zeit<br />

für Widerstand?<br />

Ja, denn es ging um eine ganz entscheidende<br />

Frage: Welche Entwicklung nimmt<br />

die junge Bundesrepublik? Und diese Aus-<br />

einandersetzung ist auf der Straße ausgetragen<br />

worden. Ich war auch schon immer<br />

der Meinung, dass die Straße das Parlament,<br />

die Bühne des Volkes ist.<br />

Welche Rolle spielten Sie bei den 1968er-<br />

Demonstrationen?<br />

Da war ich schon einer der Älteren, habe<br />

aber mitgeholfen und war sehr aktiv.<br />

Mein Ziel war, die Arbeiterklasse mit der<br />

Studentenschaft zu verbinden und beide<br />

zusammen zu mobilisieren. Was gar nicht<br />

so einfach war! Schließlich hielten <strong>sich</strong><br />

viele Studenten für die Elite und wollten<br />

die Führung übernehmen. Aber ich war<br />

für eine ganz breite, offene Bewegung und<br />

wollte so viele Menschen wie möglich einbeziehen,<br />

nicht nur Akademiker.<br />

Woher kommt Ihr Drang, nicht nur zu<br />

kritisieren, sondern auch zu verbinden?<br />

Meine Eltern waren aktive Sozialdemokraten,<br />

die haben mich natürlich geprägt.<br />

In der alten Literatur der deutschen Arbeiterbewegungen<br />

habe ich markante Losungen<br />

gefunden, die mich beeindruckten:<br />

„Vereint sind wir alles, getrennt sind<br />

wir nichts“ oder „Eine Faust hat fünf Finger.<br />

Jeden einzelnen kann man biegen und<br />

brechen, aber die fünf zu einer Faust geballt<br />

sind eine Kraft.“ Und das ist mein<br />

Motto, meine Grundeinstellung.<br />

Haben Sie <strong>sich</strong> nie eine Auszeit gegönnt?<br />

Eigentlich nicht. Es gab nur Zwangspausen.<br />

Zum Beispiel bei den Ostermärschen:<br />

Seit dem ersten, 1960, war ich dabei, <strong>sich</strong>er<br />

45-mal. Aber einmal konnte ich<br />

nicht, weil ich im Gefängnis saß.<br />

Warum?<br />

Man warf mir „staatsgefährdende Ab<strong>sich</strong>t<br />

und Geheimbündelei“ vor, weil ich für<br />

die verbotene KPD aktiv war. Das brachte<br />

mir eine Verurteilung über zehn Monate<br />

Haft in einer Einzelzelle in Stadlheim<br />

ein, aber nach acht Monaten kam ich auf<br />

Bewährung raus.<br />

War das Ihr einziger Gefängnisaufenthalt?<br />

Nein. Vier Jahre zuvor, 1958, saß ich wegen<br />

meines Engagements für die Sozialdemokratische<br />

Aktion – SDA in Haft. Zu<br />

Geldstrafen verurteilt wurde ich wesentlich<br />

häufi ger, auch viel später noch.<br />

Dachten Sie nie daran, aufzugeben?<br />

Nein, nie.<br />

Wie hat <strong>sich</strong> die Protestbereitschaft der<br />

Bürger in den vergangenen 60 Jahren entwickelt?<br />

Ich glaube, sie hat nachgelassen. Aber<br />

man kann das schlecht vergleichen. Denn<br />

nach dem Krieg ging es um große Veränderungen.<br />

Jetzt steht die Bewahrung der<br />

Errungenschaften an. Und vieles wird im<br />

Parlament diskutiert und nicht mehr auf<br />

der Straße.<br />

Was halten Sie von dieser Entwicklung?<br />

Ich bin für beides, die außerparlamentarische<br />

und die parlamentarische Protestform.<br />

Wenn allerdings Befragungen ergeben,<br />

dass 68 Prozent der Bevölkerung<br />

gegen einen Einsatz der Bundeswehr in<br />

Afghanistan sind, und das Parlament<br />

trotzdem beschließt, weiterzumachen,<br />

dann sollte man demonstrieren. Und das<br />

hätten früher vielleicht mehr Menschen<br />

getan.<br />

Sind die Menschen bequemer geworden?<br />

Ja. Parteien- und Politikverdrossenheit<br />

sind die Gründe. Man sagt: „Das ist<br />

halt so, da kann man nichts machen.“


Viele junge Leute sagen mir auch: „Ach,<br />

ihr mit eurem Rumlatschen, das ist ja<br />

langweilig.“ Die traditionelle Form des<br />

Protes tierens ist eben keine jugendbegeisternde<br />

Form, die sind mehr für Action<br />

und neue Formen.<br />

Wissen Sie, was ein Flashmob ist?<br />

Das habe ich schon mal gehört, kann es<br />

aber nicht übersetzen.<br />

So nennt man einen kurzzeitigen Menschenaufl<br />

auf. Die Teilnehmer verabreden<br />

<strong>sich</strong> übers Internet und treffen <strong>sich</strong> an<br />

einem bestimmten Ort für eine Demonstration.<br />

Was halten Sie davon?<br />

Ich halte das für eine interessante, neue<br />

Form. Aber ich fi nde, solche Aktionen<br />

können einengen und potenzielle Demonstranten<br />

ausschließen. Mir ist wichtiger,<br />

dass ich so viele Menschen wie möglich<br />

gewinne.<br />

Sie sind vor allem bei Anti-Nazi-Demonstrationen<br />

aktiv. Was treibt Sie an?<br />

Ich will, dass die Nazis nichts kundtun<br />

können! Ihre demokratiefeindlichen<br />

Losungen sollen nicht zu hören und lesen<br />

sein! Also bin ich für Trillerpfeifen,<br />

Musik und Sprechchöre. Am schönsten<br />

ist für mich ein Zustand, den wir schon<br />

hatten: Auf dem Marienplatz steht ein<br />

kleines Häufl ein Nazis, beschützt von<br />

einem Kreis mehrerer hundert Polizisten,<br />

und diese beiden Gruppen werden von<br />

Tausenden <strong>Münchner</strong>n umzingelt. Das<br />

reicht mir schon.<br />

Darf ein Demonstrant Anweisungen der<br />

Polizei ignorieren?<br />

Ich bin ein strikter Verfechter des gewaltfreien,<br />

friedlichen Widerstands! Aber ich<br />

bin auch für Blockaden und passiven Widerstand.<br />

Bei den Demonstrationen gegen<br />

die Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf<br />

habe ich mich gegen das Wegtragen<br />

gewehrt. In der Anklage stand: Er erschwerte<br />

das Vorgehen der Polizei durch<br />

Stampfen der Füße in den Boden. Also:<br />

Friedlich ja, aber die linke Backe halte ich<br />

nicht hin, wenn ich auf die rechte geschlagen<br />

werde. Vieles hängt auch vom Verhalten<br />

der Polizei ab.<br />

Es scheint, als hätten Sie Ihr ganzes Leben<br />

dem Widerstand gewidmet.<br />

Das stimmt! Und das Erstaunliche ist<br />

ja: Privat bin ich ein friedlicher, ausgleichender<br />

Mensch. Aber im Politischen<br />

stand ich fast immer in Opposition zum<br />

Bestehenden, Herrschenden. Freunde haben<br />

mir mal gesagt, du fühlst dich doch<br />

nirgends wohl, gründe doch mal eine eigene<br />

Partei. Aber das kam nie infrage.<br />

Entscheiden Sie ganz allein, wofür oder<br />

wogegen Sie demonstrieren?<br />

Nein. Die Rolle, die meine Frau in<br />

meinem politischen Leben spielt, ist ganz<br />

wichtig. Wir sind jetzt 57 Jahre verheiratet.<br />

Ich gebe zu: Als junger Mann wollte<br />

ich oft mit dem Kopf durch die Wand.<br />

Später auch noch oft, manchmal sogar<br />

ohne Kopf. Meine Frau hat dann gesagt:<br />

„Du verrennst dich, geh zurück.“<br />

Hat sie nie damit gedroht, dass sie Sie verlässt,<br />

wenn Sie dickköpfi g blieben?<br />

Im Gegenteil. Sie hat mich immer überzeugt,<br />

weiterzumachen. Sie ist eine gute,<br />

kluge, politische Person. Meine beste<br />

Kampfgefährtin, auch heute noch.<br />

Sie sind jetzt 85. Lässt Ihre Lust auf Protest<br />

nach?<br />

Solange Kopf und Körper mitmachen, bin<br />

ich dabei und erhebe meine Stimme gegen<br />

Unrecht. Ich bin zwar alt, aber ich arbeite<br />

gerne mit jungen Leuten, das motiviert<br />

mich. Wo ich Gefahr wittere oder Angst<br />

habe, dass Vergangenheit Gegenwart wird,<br />

werde ich präsent sein.<br />

Interview: Günter Keil<br />

Foto: Stefan Hanke<br />

Der 1925 in Breslau geborene <strong>Martin</strong><br />

<strong>Löwenberg</strong> war KZ-Häftling und<br />

Zwangsarbeiter. Nach der Befreiung ging<br />

er nach Weißenfels und wurde Gründungsmitglied<br />

der örtlichen Vereinigung<br />

der Verfolgten des Naziregimes (VVN)<br />

sowie des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes.<br />

1948 kam der gelernte<br />

Sattler nach München und ist auch hier<br />

seitdem für die VVN sowie für Gewerkschaftsorganisationen<br />

aktiv. Anfang der<br />

90er-Jahre war <strong>Löwenberg</strong> Mitbegründer<br />

des <strong>Münchner</strong> Bündnisses gegen Rassismus.<br />

2004 wurde ihm in Berlin von der<br />

Internationalen Liga für Menschenrechte<br />

die Carl-von-Ossietzky-Medaille verliehen.<br />

19


20<br />

Protest<br />

Die Verantwortung von Betriebsräten wächst,<br />

ihr Spielraum aber schrumpft. Karin Bales-Pfrang<br />

macht trotzdem weiter<br />

„Es gibt immer einen Auslöser, da<br />

kommt etwas, da denkt man, das ist so<br />

ungerecht, das kann gar nicht sein.“<br />

Bei ihr war das vor gut vier Jahren. An<br />

einem Morgen sollte sie zwischen sieben<br />

und neun Uhr einen Auftrag erledigen,<br />

doch dann kam ihr etwas dazwischen.<br />

Sie wurde abgemahnt, wegen einer Lappalie,<br />

nach 18 Jahren Betriebszugehörigkeit.<br />

„Ich konnte es nicht fassen, dachte,<br />

das ist bestimmt eine Kündigungsbevorratung“,<br />

erinnert sie <strong>sich</strong>. Das heißt: Zwei<br />

Abmahnungen in einem bestimmten<br />

Zeitraum – und du bist draußen. Bei ihr<br />

stand damals offenbar das Ziel dahinter,<br />

eine ganze Abteilung auszulagern. Karin<br />

Bales-Pfrang ging nicht zum Betriebsrat,<br />

um <strong>sich</strong> Hilfe zu holen. Sie ging zum Betriebsrat,<br />

um <strong>sich</strong> gleich aufstellen und<br />

wählen zu lassen. Auch, weil sie damit<br />

unkündbar ist. Sie ist eine, die die Dinge<br />

gerne selbst in die Hand nimmt.<br />

Kämpfen kann Spaß machen:<br />

Arbeitnehmeranwältin<br />

Karin Bales-Pfrang<br />

„Die Jüngeren<br />

<strong>wehren</strong> <strong>sich</strong> weniger“<br />

„Gleiche Arbeit – gleiches Geld“ steht<br />

auf der Kaffeetasse der frisch gewählten<br />

Zweiten Betriebsratschefi n bei Arri.<br />

Karin Bales-Pfrang, 57, kämpferischer<br />

Blick, knallrot geschminkte Lippen, kurze<br />

schwarze Haare, schwarzer Blazer,<br />

sitzt in den Betriebsratsräumen über dem<br />

Arri-Kino. Viele Fenster und ein traumhafter<br />

Blick auf das Siegestor. Nach 22<br />

Jahren als Computer-Fachkraft wird sie<br />

ab Mai hauptberufl ich Betriebsrätin sein.<br />

In vier Jahren normaler Betriebsratsarbeit<br />

hat sie <strong>sich</strong> das Vertrauen ihrer Kollegen<br />

erkämpft, sowohl im Betriebsrat als auch<br />

in der Belegschaft.<br />

Gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise<br />

lasse die Bereitschaft, <strong>sich</strong> zu <strong>wehren</strong>,<br />

nach, besonders bei den Jüngeren.<br />

„Die Leute haben Angst – sie sind viel<br />

vor<strong>sich</strong>tiger geworden, nach dem Motto<br />

‚Jetzt lieber nicht‘ oder ‚Ich sag’s dir<br />

aber nur im Vertrauen‘. Vorher sind im-<br />

mer alle dafür, etwas zu machen, aber<br />

sobald sie ihren Namen druntersetzen<br />

sollen, kneifen sie.“ Einerseits versteht<br />

die Betriebsrätin solche Ängste, besonders<br />

bei alleinerziehenden Müttern. Andererseits<br />

erschwert die fehlende Unterstützung<br />

ihre Arbeit enorm: „Weil wir<br />

keine Waffen, keine Munition mehr<br />

haben.“ Die Rolle der Arbeitnehmeranwälte<br />

ist heute besonders wichtig –<br />

nicht nur im Kampf um Arbeitsplätze,<br />

sondern auch als Sprachrohr für all<br />

diejenigen, die <strong>sich</strong> nicht trauen, den<br />

Mund aufzumachen. „Wir versuchen<br />

das dann kollektiv zu klären für die<br />

ganze Belegschaft, damit der Einzelne<br />

<strong>sich</strong> nicht allein durchboxen muss.“<br />

Eigentlich müsste es so ein Sprachrohr<br />

in jedem Betrieb mit mehr als fünf Mitarbeitern<br />

geben – so sieht es das Betriebsverfassungsgesetz<br />

von 1972 vor. Aber die<br />

Hälfte der Betriebe in Deutschland hat<br />

immer noch keinen Betriebsrat. Warum,<br />

können wir spätestens seit der Wahl des<br />

Unworts 2009 ahnen: „betriebsratsverseucht“.<br />

Besonders erschreckend sind die<br />

Zahlen im Einzelhandel, bei Discountern<br />

wie Lidl. Überwachung und Einschüchterung<br />

der Mitarbeiter stecken meistens<br />

dahinter, wenn es keinen Betriebsrat gibt<br />

– ganz selten sind zufriedene Arbeitnehmer<br />

oder solche, die <strong>sich</strong> nicht engagieren<br />

wollen, der Grund.<br />

In der Krise sind die Aufgaben der Betriebsräte<br />

größer geworden – und die<br />

Möglichkeiten kleiner. Der Arri-Betriebsrat<br />

hat 2009 einen Tarifvertrag verhandelt,<br />

hat trotz Kurzarbeit Kündigungsschutz<br />

durchgesetzt. Drei Leute mussten<br />

aber gehen, und ein paar Kündigungen<br />

stehen wohl noch an. Die Verhandlungsspielräume<br />

werden enger, das Klima rauer.<br />

Aber das Verhältnis zwischen Betriebsleitung<br />

und Betriebsrat hat <strong>sich</strong><br />

inzwischen eingespielt. Besonders seit der<br />

neue Geschäftsführer da ist, arbeitet man<br />

am Ende gemeinsam an den Lösungen –<br />

wenn auch gezwungenermaßen. Bei den<br />

Verhandlungen zum Tarifvertrag hat der<br />

Betriebsrat in 201 von 222 Fällen Einspruch<br />

wegen falscher Tarifgruppen-Einstufung<br />

erhoben. Da musste auch die Betriebsleitung<br />

einsehen, dass etwas nicht<br />

stimmt. Und hat eingelenkt.<br />

Text: Sibylle Tiessen<br />

Foto: privat


Kommentar<br />

Leser<br />

gesucht<br />

Die Zeitungsstadt München ist<br />

in Gefahr. Manche Gründe sind<br />

hausgemacht. Wir protestieren!<br />

Druckerfarbe, Holz und Herzblut: die<br />

wichtigsten Bestandteile einer Zeitung.<br />

Wenn dazu noch sorgfältige Recherche,<br />

Sprachgefühl und ein gutes Händchen beim<br />

Blattmachen kommen, dann wird daraus<br />

das tollste Ding, das man kaufen kann.<br />

Aber das alles scheint nicht mehr<br />

zu reichen. Den Tageszeitungen geht es<br />

dreckig. Die „Abendzeitung“ baut 22<br />

von 80 Redakteursstellen ab. Rechnet<br />

man die Mitarbeiter dazu, deren Verträge<br />

nicht verlängert werden oder die das Blatt<br />

verlassen, um der Kündigung zuvorzukommen,<br />

kommt man laut „Süddeutsche<br />

Zeitung“ auf 40 von 90 Mitarbeitern.<br />

Die Übriggebliebenen werden nun, statt<br />

gscheite Geschichten zu recherchieren,<br />

Seiten entwerfen (denn die Hälfte der<br />

Grafi ker wurde entlassen), Fotos zusammensuchen<br />

(die Bildredaktion wurde aufgelöst)<br />

und lausig bezahlte Aufträge an<br />

freie Autoren vergeben, die <strong>sich</strong> dafür<br />

mit schlecht recherchierten und hastig geschriebenen<br />

Artikeln rächen.<br />

Ja mei, das ist der Gang der Dinge,<br />

nicht wahr? Nicht wahr! Denn der untreue,<br />

internetusende Leser macht seine<br />

Zeitung nicht im Alleingang kaputt.<br />

Er darf auf tatkräftige Unterstützung<br />

von Verlagsleitungen und Chefredaktionen<br />

bauen. Die „Abendzeitung“ etwa<br />

sah bis vor zwei Jahren aus wie aus<br />

der Vitrine des Deutschen Historischen<br />

Museums geklaut; und den Redakteuren<br />

der SZ wurde Lesernähe strengstens<br />

untersagt – <strong>sich</strong>erheitshalber hat man die<br />

beste deutsche Zeitung nach Steinhausen<br />

Immer weniger Leute kaufen Zeitungen. Die Reaktion der<br />

Verlage: weiter an der Qualität sparen<br />

verbannt. Die Kosten des Umzugs müssen<br />

zum großen Teil Redaktion und Verlag<br />

selber erwirtschaften, während <strong>sich</strong><br />

die Alteigentümer mit dem Verkauf des<br />

Innenstadtareals noch eine goldene Nase<br />

verdienten und die Käufer von der Südwestdeutschen<br />

Medien Holding, nicht gerade<br />

als gemeinnützig anerkannt, Kredite<br />

in erheblicher Höhe hereinwirtschaften.<br />

Dass die „Süddeutsche“ 2010 voraus<strong>sich</strong>tlich<br />

wieder Gewinn erwirtschaften<br />

wird, liegt an der Qualität der Redaktion.<br />

Liegt die Rettung für die Blätter im<br />

Lokalen? Die „Abendzeitung“ will <strong>sich</strong><br />

wieder stärker auf München konzentrieren<br />

– aber mit welchen Redakteuren? Die<br />

SZ will im Juni ein „Regionalkonzept“<br />

vorlegen – aber warum haben sie so viele<br />

Stellen in den Außenredaktionen gestrichen?<br />

Dem „<strong>Münchner</strong> Merkur“ mit seinen<br />

vielen Regionalablegern halten die Leser<br />

die Treue. Weil sie wissen wollen, was<br />

in ihrer Stadt passiert – und weil sie wissen,<br />

dass das nicht im Internet steht, sondern<br />

vor Ort recherchiert wurde. Als leuchtendes<br />

Vorbild freilich taugt auch der „Merkur“<br />

nicht: Exklusive Rechercheergebnisse<br />

und ein eigenes Netz von Auslandskorrespondenten<br />

sind nicht seine Stärke.<br />

Zu guter Letzt aber wollen wir dem<br />

Leser Mut machen, schließlich ist jede<br />

handfeste Krise auch eine Chance: Die<br />

„Bild“-Zeitung hat in den letzten zwei<br />

Jahren über zwölf Prozent weniger verkauft.<br />

Allein in München.<br />

Text: Andreas Unger<br />

Foto: Sabine Klein<br />

21


Freunde & Gönner<br />

eine Patenuhr für …<br />

Patenschaften: Die Paten übernehmen den Teil des Gehalts, den der Verkäufer nicht selbst<br />

durch den Zeitungsverkauf erwirtschaften kann. Das sind durchschnittlich 5000 Euro pro Verkäufer<br />

und Jahr. Auch eine Teilpatenschaft (für 1250 Euro, 2500 Euro, 3750 Euro) ist möglich.<br />

Christian Zimmermann<br />

Patin: Katrin Keller<br />

bis Dezember 2010<br />

Ernst Köppel<br />

Patenschaft:<br />

Hagemeyer Deutschland<br />

bis Dezember 2010<br />

Bernhard Gutewort<br />

Patenschaft: Bayerngas GmbH<br />

bis Dezember 2010<br />

Michael Kropfhammer<br />

Patenschaft: i-pointing ltd.<br />

bis Dezember 2010<br />

Hans Pütz<br />

Pate: Dr. Georg Freiherr<br />

von Waldenfels<br />

bis Dezember 2010<br />

Edelfried Fili<br />

Pate: Christof Gabriel Maetze<br />

bis Dezember 2010<br />

<strong>Martin</strong> Berrabah<br />

Pate (Jan.–Juni): Marc Schlunke<br />

versorgt bis Dezember 2010<br />

Veronika Lackenberger<br />

Patenschaft: Bunique GmbH<br />

bis Dezember 2010<br />

Frank Schmidt<br />

Patin: anonym<br />

bis Dezember 2010<br />

Joachim Seifert<br />

Patenschaft: anonym<br />

bis Dezember 2010<br />

Marco Veneruso<br />

Pate: anonym<br />

bis Dezember 2010<br />

Ercan Uzun<br />

Pate: anonym<br />

bis Dezember 2010<br />

Annegret Künkel<br />

Patenschaft: anonym<br />

bis Dezember 2010<br />

Katharina Gutewort<br />

Paten:<br />

Sabine und Franz Lutzenberger<br />

bis Dezember 2010<br />

Francesco Silvestri<br />

Patenschaft:<br />

Prof. Hermann Auer Stiftung<br />

bis Dezember 2010<br />

Ursula Graßl<br />

Patenschaft (Jan.–Juni):<br />

Neumaier Logistics Group<br />

versorgt bis Dezember 2010<br />

Maximilian Käufl<br />

Patenschaft:<br />

Rücker + Schindele GbR<br />

bis Dezember 2010<br />

Werner Dantinger<br />

Patenschaft: Jost Hurler<br />

BuV GmbH & Co. KG<br />

bis Januar 2011<br />

Pietro Dorigo<br />

Patenschaft (Jan.–Juni):<br />

Antonie-Zauner-Stiftung<br />

versorgt bis Dezember 2010<br />

Jaroslav Zlucka<br />

Patenschaft:<br />

SZ-Adventskalender<br />

bis Dezember 2010<br />

Roman Hajek<br />

Paten: Nicole und<br />

Dr. Thomas Lotz<br />

bis Dezember 2010<br />

Hartmut Jacobs<br />

Patenschaft (Jan.-Juni):<br />

Bartsch Warning Partnerschaft<br />

versorgt bis Dezember 2010<br />

Thomas Grabner<br />

Patenschaft:<br />

KPMG München 5 Partner<br />

bis Dezember 2010<br />

Jana Förster<br />

Patenschaft: anonym<br />

bis Dezember 2010<br />

Wolfgang Urban<br />

Pate: Karl-Peter Schmitt<br />

bis Dezember 2010<br />

Rainer Bernhöft<br />

Patenschaft (April–Juni):<br />

Hauser exkursionen<br />

versorgt bis Dezember 2010<br />

Erwin Stecher<br />

Patenschaft: Lions Hilfswerk<br />

Metropolitan e.V.<br />

bis Dezember 2010<br />

Carl-Wilhelm Sachse<br />

Patenschaft: Atreus<br />

Interim Management<br />

bis Dezember 2010<br />

Halina Massouras<br />

Paten: Dr. Andrea Bierschneider-<br />

Jakobs und Dr. Andreas Jakobs<br />

bis Dezember 2010<br />

Peter Schratz<br />

Patenschaft: anonym<br />

bis Dezember 2010<br />

André Schmitt<br />

Patin (Jan.–Juni): anonym<br />

versorgt bis Dezember 2010<br />

Christine Karsunke<br />

Pate: anonym<br />

bis Dezember 2010<br />

Dirk Schuchardt<br />

Patin: anonym<br />

bis Dezember 2010<br />

Karl-Heinz Wendicke<br />

1. Patenschaft: anonym<br />

2. Patenschaft für Altersteilzeit:<br />

Rudolph Moshammer Verein<br />

Licht für Obdachlose e.V.<br />

bis Dezember 2010<br />

Tibor Adamec<br />

1. Patenschaft: <strong>Martin</strong>a u. Robert<br />

2. Patenschaft für Altersteilzeit:<br />

Rudolph Moshammer Verein<br />

Licht für Obdachlose e.V.<br />

bis Dezember 2010<br />

Peter Cwetko / Dynamo<br />

Fahrradservice BISS e.V.<br />

Patenschaft (Jan.–Juni):<br />

LHM Stiftungsverwaltung<br />

versorgt bis Dezember 2010<br />

22 „Um das Projekt BISS zu unterstützen, übernehmen wir die Druckkosten für diese Seite.“<br />

kb-m, Planungsbüro für Ingenieurbauten, Filchnerstraße 104d, 81476 München, wiegard@kb-m.de


Hotel BISS<br />

Hotel BISS, grüß Gott!<br />

Die gemeinnützige und mildtätige Stiftung BISS möchte das<br />

alte <strong>Münchner</strong> Frauen- und Jugendgefängnis Am Neudeck unter<br />

Einhaltung des Denkmalschutzes und Erhalt des alten Baumbestands<br />

in ein Hotel der gehobenen Klasse umbauen, um damit<br />

eine umfassende, erstklassige Ausbildung und Qualifi zierung<br />

von etwa 40 jungen Menschen in besonderen sozialen Schwierigkeiten<br />

möglich zu machen. Hotel BISS wird 72 Zimmer haben.<br />

In einem separaten Gebäudeteil werden elf altengerechte<br />

Wohnungen im Rahmen eines Konzepts vermietet, das die „Zusammenführung<br />

der Lebenswelten“ zum Inhalt hat. Die Erfahrungen<br />

und die Professionalität der Älteren sollen aktiv für die<br />

zu qualifi zierenden Jüngeren genutzt werden. Das denkmalgeschützte<br />

Ensemble Am Neudeck wird erhalten, zur Freude<br />

aller Bürger.<br />

Um das Hotelprojekt realisieren zu können, ist es notwendig,<br />

bereits jetzt Spenden zu sammeln, obwohl wir noch nicht <strong>sich</strong>er<br />

wissen, ob wir das Grundstück vom Freistaat Bayern bekommen.<br />

Nachdem die Abgeordneten der Regierungskoalition im<br />

Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen im Bayerischen<br />

Landtag gegen einen Freihandverkauf an BISS gestimmt haben,<br />

beteiligen wir uns am Bieterverfahren, das noch in diesem Jahr<br />

stattfi nden soll. Um erfolgreich mitbieten zu können, bitten wir<br />

Sie um Ihre Spende.<br />

Ihre Spende trägt dazu bei, dass die Stiftung BISS das notwendige<br />

Eigenkapital von 5,5 Millionen Euro aufbringen kann. Wir<br />

brauchen Ihre Spenden jetzt, denn das Hotel als Social Business<br />

trägt <strong>sich</strong> schon nach der Eröffnungsphase selbst! Für Ihre Spende<br />

gibt es zwei Möglichkeiten:<br />

1. Sie sind damit einverstanden, dass Ihre Spende von der Stiftung<br />

BISS für die Baukosten des Hotels verwendet wird. Die Stiftung<br />

wird das Hotel an die zu gründende Hotel BISS gemeinnützige<br />

GmbH günstig vermieten, die das Hotel betreibt. Falls das<br />

Projekt nicht realisiert werden kann, wird Ihre Spende für die<br />

Qualifi zierung und Ausbildung von schwer vermittelbaren jüngeren<br />

Menschen verwendet, die auch bei wirtschaftlichem Aufschwung<br />

keine Lehrstelle bekommen. In diesem Fall erhalten Sie<br />

sofort eine Spendenquittung.<br />

2. Sie wollen Ihre Spende nur für das Hotelprojekt zur Verfügung<br />

stellen. Dann schreiben Sie auf den Überweisungsträger:<br />

„Nur für Hotel“. In diesem Fall erhalten Sie eine Empfangsbestätigung<br />

von uns. Später, wenn die Stiftung BISS das Grundstück<br />

erworben hat, erhalten Sie eine Spendenquittung. Falls das<br />

Hotelprojekt nicht realisiert werden kann, bekommen Sie Ihr<br />

Geld zurück.<br />

Hildegard Denninger<br />

Foto: a+p Architekten<br />

Wir bleiben dran<br />

Der Spendenwürfel<br />

Den Hotel-BISS-Spendenwürfel (20 x 20<br />

x 20 cm) stellen wir Ihnen gern für Ihre<br />

Feiern und Veranstaltungen zur Verfügung.<br />

Auf Wunsch kommen wir bei größeren<br />

Veranstaltungen auch selbst vorbei, um<br />

über unser Projekt zu sprechen.<br />

Frauengefängnis Am Neudeck 10:<br />

An diesem Ort ist Platz für Zukunft<br />

Mit Ihnen zusammen schaffen wir es:<br />

• Knast wird Sternehotel • Ausgegrenzter wird Arbeitnehmer<br />

• Fremder wird Freund • Vision wird Wirklichkeit.<br />

Spendenkonto: Stiftung BISS,<br />

Konto-Nr. 81 66, Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 700 205 00<br />

IBAN DE60700205000008872700, BIC BFSWDE33MUE<br />

Sie können auch online spenden! Für nähere Informationen<br />

besuchen Sie bitte unsere Website: www.hotelbiss.de<br />

Förderzusagen:<br />

Bayerische<br />

Landesstiftung 2.500.000,00 Euro<br />

Landeshauptstadt<br />

München 500.000,00 Euro<br />

Spendenstand: 1.090.398,31 Euro<br />

ergibt insgesamt: 4.090.398,31 Euro<br />

Auf das anvisierte Eigenkapital von 5,5 Millionen Euro fehlen der<br />

Stiftung BISS derzeit noch ca. 1,4 Millionen Euro.<br />

Die CSU/FPD-Mehrheit im Ausschuss für Staatshaushalt und<br />

Finanzfragen im Bayerischen Landtag hat in ihrer Sitzung am<br />

6. Mai die Petition von BISS, das ehemalige Frauengefängnis<br />

Am Neudeck ohne Ausschreibung zu einem angemessenen Preis<br />

kaufen zu können, abgelehnt.<br />

Dem Projekt Hotel BISS wurde bereits 2008 von der Bayerischen<br />

Landesstiftung sowie vom Bayerischen Sozialministerium<br />

mehrfach höchste Förderwürdigkeit sowie die Förderhöchstsumme<br />

von 2,5 Millionen Euro zuerkannt. Trotzdem konnte<br />

<strong>sich</strong> die Regierungskoalition im Ausschuss nicht dazu entschließen,<br />

die Präambel der Grundstücksverkehrsrichtlinien im Sinne<br />

des Projekts anzuwenden, die besagt: „Der Ausschuss für<br />

Staatshaushalt und Finanzfragen des Bayerischen Landtags behält<br />

<strong>sich</strong> vor, für Einzelfälle oder spezifi sch gelagerte Sonderfälle<br />

abweichende Vorgehensweisen zu bestimmen.“<br />

BISS übernimmt soziale Verantwortung und ruht auf vielen<br />

Schultern. BISS wird von Tausenden von Freunden und Unterstützern<br />

aus allen gesellschaftlichen Schichten getragen. Über<br />

alle parteipolitischen Grenzen hinweg hält uns ein starkes Band<br />

zusammen: Wir setzen uns ein für soziale Gerechtigkeit, Chancengleichheit<br />

und den Zusammenhalt unserer auseinanderdriftenden<br />

Gesellschaft. Bleiben Sie an unserer Seite! Der Kampf um<br />

Hotel BISS ist noch nicht entschieden. Wir bieten mit!<br />

Hildegard Denninger<br />

23


24<br />

Die Bildungsbürger<br />

1 Mathias und Eva auf dem Weg zur Schule. Scheinen gut vorbereitet zu sein, die beiden.<br />

Oder ist es normal, dass man vor ’ner Physikschulaufgabe so gut drauf ist?<br />

Die letzten Wochen vor den Abschlussprüfungen<br />

haben es in <strong>sich</strong>. Die Realschüler schreiben Schulaufgaben<br />

im Wochentakt. Jetzt heißt es noch mal alles geben.<br />

Vielleicht lässt <strong>sich</strong> ja die eine oder andere Vornote noch<br />

retten! Wir drücken jedenfalls die Daumen!<br />

3 Alina hat noch eine Au-pair-Agentur<br />

an der Strippe. Nach Schuljahresende<br />

geht’s direkt ab in die Staaten.<br />

2 Keine Eile, Amelie! Die fangen auf<br />

keinen Fall ohne dich an!<br />

Text: Daniela Walther<br />

Foto: Volker Schmitt<br />

4 Sabrina und Eva: Nach dem Motto „Was interessiert uns die Physikschulaufgabe,<br />

wenn draußen die Sonne scheint?“demonstrieren die beiden souveräne Gelassenheit,<br />

während …


5 … Julian und Aurora einen letzten Blick ins Physikheft werfen:<br />

Vielleicht speichert ja das Kurzzeitgedächtnis, wofür Mittel- und<br />

Langzeitgedächtnis keine Kapazität mehr hatten.<br />

8 „Ob ich die sechste Aufgabe habe?“ – „Welche<br />

sechste Aufgabe? Da waren doch nur vier …“ Alina<br />

erfährt von Eva, dass es auf der Rückseite weiterging.<br />

10 Und vor den letzten beiden Stunden …<br />

6 Jetzt aber Tür zu! Los geht’s!<br />

Danach …<br />

9 Aber wer lässt <strong>sich</strong> denn von so ’ner Kleinigkeit die Laune verderben? Alina jedenfalls<br />

nicht. Erst mal eine rauchen und <strong>sich</strong> in Sabrinas und Mathias’ Arme fallen lassen. Wird<br />

schon werden!<br />

11 … noch schnell rüber zu „Sarcletti“. 12 Man gönnt <strong>sich</strong> ja sonst nix! Oder, Sabrina?<br />

7 … braucht Mathias erst mal einen<br />

Kaffee. Und Gerhard die Bestätigung der<br />

Formelsammlung, dass er die richtigen<br />

Formeln verwendet hat.<br />

25


Zu Hause gesund<br />

werden<br />

Häuslicher Betreuungsdienst<br />

für kranke und genesende<br />

Kinder.<br />

Sind Sie berufstätig?<br />

Haben Sie ein krankes Kind?<br />

Wir vermitteln zuverlässige<br />

Helferinnen, die Ihr krankes Kind<br />

zu Hause pfl egen, wenn Sie aus<br />

berufl ichen Gründen Ihr Kind<br />

nicht selbst versorgen können.<br />

Das Projekt sucht<br />

interessierte Frauen, die<br />

gerne Kinder betreuen.<br />

Sie erreichen uns von<br />

Montag bis Freitag<br />

8.00 – 12.00 Uhr<br />

Tel. 089/2904478<br />

Zu Hause gesund werden<br />

Verein für Fraueninteressen e.V.<br />

Thierschstr. 17, 80538 München<br />

info@zu-hause-gesund-werden.de<br />

www.zu-hause-gesund-werden.de<br />

Aus Stiftungsmitteln der<br />

Deutschen Bank AG, Filiale München,<br />

wurde diese Anzeige fi nanziert<br />

26<br />

Ausbildung<br />

Weg aus der Sackgasse<br />

Die „Azubisten” begleiten Jugendliche<br />

vor und während der Ausbildung<br />

Cisse Awessou hatte Glück. Nachdem er<br />

auf seine Bewerbungen nur Absagen bekommen<br />

hatte, glaubte er kaum noch an<br />

einen Ausbildungsplatz. Dann, plötzlich,<br />

sprang bei einer Speditionsfi rma der Auszubildende<br />

ab und Awessou bekam dessen<br />

Stelle.<br />

Der Togoer kam 2003 nach Deutschland,<br />

lernte die Sprache und ging erst auf<br />

die Haupt-, dann auf die Wirtschaftsschule.<br />

Im Oktober 2008 begann er seine Ausbildung.<br />

„Von den Leuten, mit denen ich<br />

in Deutschland angekommen bin, ist keiner<br />

so weit gekommen wie ich“, berichtet<br />

der 23-Jährige. Dass er es geschafft<br />

hat, verdanke er auch der Unterstützung<br />

der „Azubisten“. Das Projekt des gemeinnützigen<br />

Vereins Spectrum e.V. kümmert<br />

<strong>sich</strong> um junge Leute, die Probleme haben,<br />

eine Lehrstelle zu bekommen. Das Besondere:<br />

Sie betreuen Jugendliche nicht<br />

nur vor, sondern auch während der Ausbildung.<br />

Dabei bereiten die Betreuer ihre<br />

Schützlinge zunächst im Bewerbungstraining<br />

vor, zeigen, wie man Bewerbungen<br />

schreibt, und simulieren das Auswahlgespräch.<br />

Nachdem sie den Jugendlichen einen<br />

Ausbildungsplatz verschafft haben,<br />

erhält jeder Azubi einmal die Woche Hilfe<br />

bei der Nachbereitung des Lernstoffs.<br />

„Es ist uns wichtig, jeden Jugendlichen<br />

als Menschen mit Potenzial zu sehen“,<br />

betont Sozialpädagoge Daniel Krist. Viele<br />

der Ausbildungswilligen, die Hilfe suchen,<br />

fühlen <strong>sich</strong> von der Gesellschaft<br />

ausgegrenzt, weil sie aus kaputten Familien<br />

kommen, starke Lernschwierigkeiten<br />

haben oder Immigranten sind, denen die<br />

Integration schwerfällt.<br />

„Es ist sehr schwer, als Ausländer in<br />

Deutschland aufzusteigen. Als wären<br />

einem alle Tore verschlossen“, beklagt<br />

Awessou, der <strong>sich</strong> als Ältester von fünf<br />

Kindern nach der Arbeit noch um die Geschwister<br />

kümmern und die Behördengänge<br />

für seine Eltern übernehmen muss.<br />

Krist bestätigt, dass manche Unternehmen<br />

Probleme mit Ausländern hätten,<br />

die Schuld jedoch ihren Kunden zuschöben,<br />

die angeblich keine „Fremden“ akzeptierten.<br />

Ein weiteres Problem sei, dass<br />

<strong>sich</strong> viele Jugendliche schwertäten, im Berufsalltag<br />

Orientierung zu fi nden. „Ich<br />

bin der Koordinator, ich vermittle zwischen<br />

allen Polen“, erklärt Krist.<br />

Doch dieses Engagement könne zu<br />

Konfl ikten führen. „Viele Ausbildungsbetriebe<br />

sehen es nicht gerne, wenn wir<br />

versuchen, die Ausbildungsprozesse mitzusteuern“,<br />

erzählt Krist. Seine Kollegin<br />

Sandra Koch ergänzt: „Große Unternehmen<br />

haben heute selber Programme<br />

für Benachteiligte. Dabei setzen sie aber<br />

nur die Schwelle für die Einstellung runter,<br />

die Ausbildung bleibt komplett dieselbe.“<br />

Doch mit der Ausbildung würden<br />

die Schwierigkeiten erst anfangen.<br />

Ganz alltägliche Aspekte des Berufs bereiteten<br />

den Azubis Probleme, so etwa,<br />

den ganzen Tag zu arbeiten. „Viele haben<br />

Probleme mit dem Bedürfnisaufschub, also<br />

damit, <strong>sich</strong> nicht einfach hinlegen zu<br />

können, wenn sie gerade müde sind“, erklärt<br />

Koch.<br />

98 Jugendliche hatten <strong>sich</strong> für das Programm<br />

beworben, doch nicht alle konnten<br />

genommen werden. Denn noch gibt<br />

es nicht genügend Betriebe, die mit den<br />

„Azubisten“ kooperieren. Und: Nicht<br />

alle Jugendlichen waren fähig, eine Ausbildung<br />

zu beginnen. Für die 28 Jugendlichen,<br />

die ausgewählt wurden, hat mit<br />

der Ausbildung ein neuer Lebensabschnitt<br />

begonnen. Und sie zeigen, dass <strong>sich</strong> das<br />

Engagement der „Azubisten“ lohnt, da alle<br />

von ihnen die Probezeit bestanden haben.<br />

Cisse Awessou arbeitet hart an diesem<br />

Erfolg, denn er hat Ambitionen. „Ich<br />

will so gut wie möglich werden, dann unbedingt<br />

das Abi nachholen und vielleicht<br />

nachher studieren.“<br />

Text: Antonia Schäfer<br />

Informationen für Auszubildende<br />

und Betriebe: Tel. 089 / 76 75 95 30<br />

www.die-azubisten.de


Freunde & Gönner<br />

Herzlichen Dank!<br />

• Gewinnsparverein der Sparda-Bank<br />

München e.V.<br />

• Annemarie Maier<br />

• Helga van Gemmern<br />

• Dagmar und Peter Kamm<br />

• Regine Coll und die Damen der<br />

Postbank München<br />

• Berberich Papier Ottobrunn<br />

• Ernst Burger<br />

• kb-m, Planungsbüro für<br />

Ingenieursbauten<br />

• CMS Hasche Sigle<br />

• PKF hotelexperts GmbH<br />

• Heye & Partner, Werbeagentur<br />

• Christina Rasp<br />

• PR!NT Communications<br />

Consultants<br />

• Thomas Rosenthal<br />

• Sportfreunde Stiller<br />

• Myllykoski<br />

BISS gratuliert und wünscht nachträglich<br />

alles Gute zum Geburtstag:<br />

Frau Elisabeth Heinrichs zum 60.<br />

Frau Beate Henkel zum 60.<br />

Frau Helga Bleier zum 70.<br />

Herrn Erich Breitmoser zum 75. und<br />

Frau Erna Heydemann zum 90.<br />

Geburtstag<br />

Abfalter H., Baum B., Baumeister R. u. I.,<br />

Bekmezci F., Dr. Berg H., Bergmann F.,<br />

Bernhardt R., Dr. Bischoff A., Block A.,<br />

Böhm F., Braun I., Breuel U., Bürk B.,<br />

BISS braucht auch weiterhin Freunde<br />

Mit Ihrem Beitrag unterstützen Sie BISS und fi nanzieren Arbeitsplätze<br />

sowie unsere Projekte.<br />

Freundschaftsabo: A 80,– pro Jahr (Spende A 40,–, Abo A 40,–)<br />

Normalabo: A 40,– pro Jahr (für <strong>Münchner</strong> nicht möglich)<br />

Fördermitgliedschaft: Der Betrag bleibt Ihnen überlassen. Ab einer<br />

Zuwendung von A 80,– erhalten Sie BISS auf Wunsch zugesandt.<br />

(In diesem Fall verringert <strong>sich</strong> der Spendenanteil in Ihrem Förderbeitrag<br />

um die Abokosten von A 40,–.)<br />

Ich möchte Fördermitglied werden.<br />

Bitte senden Sie mir BISS zu.<br />

Bitte senden Sie mir BISS nicht zu.<br />

Spende: Bitte betrachten Sie meine Zahlung als Spende.<br />

Ich habe den Betrag auf Konto-Nr. 221 86 66,<br />

Liga Bank, BLZ 750 903 00, überwiesen.<br />

Ich bitte Sie, meinen Namen nicht zu veröffentlichen.<br />

An BISS e.V., Metzstraße 29, 81667 München<br />

Chochoiek A., Cramer H.-P., Czerwinski<br />

P. u. E., de Lana H., Dentler U., Dirr Th.,<br />

Dittmann-Stenger S., Dr. Drewes-Fischer<br />

C., Duensing I., Elsasser A., Emmerling<br />

M., Futter I., Gabriel M., Ganser R.,<br />

Gehrle E.-M., Gerth D., Giezek M., Golle<br />

D., Golling B., Haslacher P., Herbst P.-D.,<br />

Herrmann H., Hesedenz K., Hidalgo M.,<br />

Höfer B., Höfner A., Holthaus O., Huber<br />

F. + S., Ilmen M., Jekutsch G. u. E., Juers<br />

C., Kapser P., Kath. Deutscher Frauenbund,<br />

Kath. Kirchenstiftung St. Peter,<br />

Keller K., Kern S., Kintzel J., Kleiber K.,<br />

Klöppel M., Koenigseder N. u. C., Konrad<br />

H., Kraft M., Kugler A., Kugler W. u.<br />

A., Kunz D., Dr. Kurz R., Lang J., Langer<br />

U., Langstein M., Lederer H. u. H., Lehr<br />

J., Linhof J. -M., Loncaric I., Löser M.,<br />

Lücke S., Mähl W., Marefati K., Markhauser<br />

A. u. R., <strong>Martin</strong> J. u. C.,<br />

Mattheis M., Meindl R., Mende Th., Dr.<br />

Meyer F. + E., M-Haus München, Milch<br />

M., Muschik J., Neuburger B., Neumaier<br />

I., Neumann B., Obst G., Ossner R., OTS<br />

Unternehmensberatung GmbH, Parol Z.,<br />

Pausch M., Peltzer W. u. M., Pfander D.,<br />

Pfennig J., Plank L., Ponge I., Porak A. u.<br />

G., Pruegner H., Rabanes G., Rataj R.,<br />

Rauschel M., Regler M., Rehaber S.,<br />

Reitz L., Rieger S., Dr. Robert B., Dr.<br />

Roithmaier H., Rueckert K., Salzberger<br />

S., Sauer S., Schlabach U., Schmid-Burgk<br />

B., Schmidter R. u. V., Schmitt H.,<br />

Schneider M., Dr. Schoettler M., Schroeder<br />

J., Schroeder U., Schubert B., Schürmann<br />

B., Schwarzkopf H., Schweimer<br />

M., Staufenbiel I., Stich B., Tang B., Teltschik<br />

H., Theisinger R., Thomas K. u. I.,<br />

Tillinger G., Trautmann S., Tschamler<br />

M., Ulowetz A. + S., Utz G., Dr. Venhofen<br />

M., Vielwerth I., Vinzenz E., Vitzthum<br />

A., Voggenreiter H., Völk H., Volz<br />

H., von Grund M., Waetjen E., Dr. Wahllaender-Danek<br />

U., Wallinger A., Walter<br />

S., Wanke R., Webcapital GmbH, Weber<br />

M., Wegerich W., Wegert K., Weidner E.<br />

+ K., Weigert R., Weinmann G., Weinmann<br />

T., Weis D., Wenzel I. + G., Westermann<br />

G., Dr. Wiegand J., Winkelmann<br />

A., Wipprecht S., Dr. Wohofsky O., Wolf<br />

F., Wollenweber Ch., Woltz I., Wunderwald<br />

G., Zangl P., Zellinger C., Zerrmann<br />

D., Zierer G., Zimmermann D.,<br />

Zinner + Hribar A. + A., Ziolkowski-<br />

Görges S.<br />

Wie muss ein Cover ausschauen, damit<br />

Sie das Heft kaufen wollen? Wie kommen<br />

Straßenzeitungsautoren möglichst<br />

günstig an verlässliche Informationen aus<br />

Datenbanken heran? Was macht eine gute<br />

Reportage aus? Mit diesen und weiteren<br />

Fragen haben <strong>sich</strong> Straßenzeitungsmacher<br />

aus Deutschland, Österreich und<br />

der Schweiz im April in Berlin beschäftigt.<br />

Bestens organisiert und ausgerichtet<br />

haben das Treffen unsere Freunde<br />

von der Stuttgarter Zeitung „Trott-War“<br />

sowie die „taz“, mitgeholfen haben die<br />

Kollegen von der „Berliner Zeitung“, der<br />

„Zeit“, der Journalistenschule Klara und<br />

die Krea tivköpfe von Scholz & Friends.<br />

Finanzielle Unterstützung gab’s vom Bundessozialministerium.<br />

Gesamtaufl age aller<br />

Blätter, die beim Treffen vertreten waren:<br />

über 420 000 – darauf sind wir stolz.<br />

Hiermit erteile ich dem Verein BISS e.V. bis auf Widerruf eine Einzugsermächtigung.<br />

Ich bin bereit, BISS mit jährlich EURO<br />

zu unterstützen, und entscheide mich für folgende Zahlungsweise:<br />

vierteljährlich halbjährlich jährlich<br />

ab Monat<br />

Konto-Nr.: BLZ<br />

Geldinstitut<br />

Datum/Unterschrift<br />

Name, Vorname<br />

Straße<br />

PLZ/Ort


Touristische<br />

Zumutungen<br />

28<br />

Um die Ecke<br />

<strong>Münchner</strong> Künstler und ihr Viertel:<br />

Schriftstellerin Keto von Waberer über<br />

die Besucher rund ums Platzl<br />

Hier, zwischen Hofbräuhaus und Viktualienmarkt, lebt man ja<br />

eigentlich ständig umbrandet von den touristischen Fluten. Man<br />

hat <strong>sich</strong> daran gewöhnt, so glaubt man, und als Bewohner der<br />

gastlichen Stadt München, die von aller Welt so heftig geliebt<br />

wird, erfüllt es einen geradezu mit Stolz, wie atemlos begierig<br />

einen tagtäglich Menschen aller Couleur nach dem Weg zum<br />

Hofbräuhaus fragen und welches geradezu festliche Gedränge<br />

schon morgens am Viktualienmarkt herrscht, wenn man selbst<br />

seine bescheidenen Karotten kaufen möchte.<br />

Ja, die Welt kommt zu uns. Zu den wirklichen Orkanzeiten<br />

der touristischen Brandung ist es schon mal möglich, dass man<br />

per Fahrrad nicht mehr durchkommt, am Platzl oder im Tal. Sagen<br />

wir Oktoberfest. Sagen wir Weihnachtsmarkt am Marienplatz.<br />

Sagen wir die sonnige Osterzeit. Sagen wir die mannigfaltigen<br />

Futterplätze am Viktualienmarkt, an einem sommerlichen<br />

Samstag. Der Tourist nämlich, in seinem Überschwang, hier zu<br />

sein, und in der <strong>sich</strong>eren Gewissheit, geliebt zu werden, da er<br />

Devisen bringt, achtet nicht auf die Straßenordnung oder den<br />

Verkehr. Die Straße ist sein Laufsteg, der Gehweg ist sein Rastplatz<br />

und das Platzl ist seine Begegnungsstätte.<br />

Nicht dass sie <strong>sich</strong> mischen. Japanische Reisegruppen bilden<br />

Tapferes Lächeln: Keto von Waberer inmitten von Besuchermassen<br />

etwa einen zähen Tatzelwurm, der, wie aufgefädelt und ohne Störungen<br />

von außen zuzulassen, seinem Führer nachstrebt, seinem<br />

hocherhobenen Schirm bei Regen, seinem fl atternden Fähnchen<br />

bei Sonnenschein. Es ist gänzlich undenkbar, diesen Menschenwurm<br />

zu durchkreuzen und damit ein Segment vom anderen<br />

abzukoppeln. Wenn ein Halt erforderlich wird, etwa beim Sushi-Stand<br />

– „It’s so much cheaper than at home“ –, schiebt <strong>sich</strong><br />

dieser „touristische Körper“ zu einer undurchdringlichen Kruste<br />

zusammen, und die bleibt vor Ort. Das kann dauern.<br />

Lockerer sind die endlosen amerikanischen, australischen<br />

und englischen Fahrradketten gefügt. Sie kommen alle vom<br />

Fahrradverleih in der Herrenstraße. Der Führer, an der Spitze,<br />

weit vorne, und seinerseits auf dem Rad behände wie ein Zirkusaffe,<br />

ruft aufmunternde Parolen über die Schulter: „Keep to<br />

the side! Don’t look down. Get going!“ Der Kenner begreift sofort,<br />

dass diese nervös kichernden, schwankenden, strauchelnden<br />

jungen Menschen zum ersten Mal auf einem Fahrrad sitzen.<br />

Es ist ihnen nicht wirklich möglich, auf der richtigen Seite zu<br />

bleiben. Sie brauchen die ganze Fahrbahn. Ihre munteren Angstschreie<br />

halten alle übrigen Verkehrsteilnehmer in Schach. Das<br />

kann dauern.


In italienischen Gruppen trennen <strong>sich</strong> die Kerle von den<br />

Frauen. Sie klumpen <strong>sich</strong> zu Bierdosen schwenkenden Breitfronten<br />

zusammen, die das vorbeitreibende <strong>Münchner</strong> Frauenangebot<br />

kommentieren, lauter ausgelassene Kerle, die <strong>sich</strong> dabei<br />

vor Begeisterung umarmen und schubsen. Die dazugehörige Damenriege<br />

hat mit Kindern und Großmüttern alle Hände voll zu<br />

tun und folgt chaotisch, ohne zu erkennende Formation.<br />

Besucher aus dem Umland haben <strong>sich</strong> meist in bayrische Nationaltracht<br />

geworfen. Wer damit noch nicht zufrieden ist, fi ndet<br />

modisches Zubehör in den Fußballfanläden vor Ort: Hüte,<br />

Schals, Trikot. Danach ist es höchste Zeit, <strong>sich</strong> etwa bei Hitze<br />

erschöpft unter einen der Schirme zu fl äzen. Jedes Lokal in dieser<br />

Touristenmeile schiebt, kaum wird es wärmer, eine breite<br />

Zunge von Stühlen und Tischen ins Freie. Ich habe noch nie irgendwo<br />

einen freien Platz gesehen.<br />

Wir Mitbewohner dieser Gegend tragen die Sache mit Fassung.<br />

Weichen pöbelnden Trinkern vor dem Hofbräuhaus geschmeidig<br />

aus. Falten verknüllte Stadtpläne, die man uns<br />

hinstreckt, wieder sorgsam zusammen, verstehen die in Zeichensprache<br />

vorgebrachte Frage nach einer Apotheke, nach einer<br />

Toilette, nach einer Bank. Es ist erstaunlich, wie es einem<br />

den Horizont erweitert, wenn man bei angedeuteten Bauchschmerzen<br />

sofort auf das Richtige tippt. Nur manchmal gibt<br />

es Aussetzer. Der junge elegante Mann vom abgehobenen Einrichtungshaus<br />

will nicht, dass <strong>sich</strong> jemand auf seinen exklusiven<br />

Rattanmöbeln ausruht, die vor dem Laden stehen. Die Dame<br />

im japanischen Imbiss streckt höfl ich, aber bestimmt die<br />

Hand aus, wenn jemand alle Gratislutscher von der Theke mitnehmen<br />

möchte. Hunde verlieren manchmal die Nerven, Säuglinge<br />

brüllen los, Jogger geben auf, eilige Fahrradboten fl uchen<br />

unfl ätig. Lieferanten mit riesigen bulligen Lastern parken gerne<br />

an Stellen, an denen sie besonders behindern. Aus Trotz? Sie<br />

sehen aggressiv aus beim Abladen, als warteten sie nur darauf,<br />

Umland-Besucher<br />

und München-Souvenirs:<br />

Eindrücke von der<br />

Tourimeile<br />

angemacht zu werden. Sie murmeln Sätze, die nicht ‚political<br />

correct‘ sind.<br />

An meinen schlechten Tagen graut es mir, mich durch die<br />

wuselnde Touristenpampe zu quälen, angestoßen zu werden,<br />

abgedrängt, übersehen, eingeklemmt. Ich spüre dann in mir einen<br />

beschämenden Menschenhass. Man weiß, dass Mäuse, die<br />

in übervölkerten Käfi gen gehalten werden, Stresserkrankungen<br />

zeitigen. Da fällt mir dann ein, dass es früher hier am Platzl einen<br />

Gemüseladen gab, eine Parfümerie, einen Blumenladen, einen<br />

Schneider, ein altes traditionelles Kabarett, den Bäcker, der<br />

die besten Brezen von München machte. Das alles hat die Touristenfl<br />

ut beiseitegefegt. Der Metzger ist nun ein Imbiss. Dirndl-<br />

und Souvenir-Läden, so weit das Auge blickt.<br />

An solchen Tagen bleibe ich dann gefl issentlich zu Hause.<br />

Obwohl nachts die Karawanen der heimkehrenden Busreisenden<br />

durch meine Straße pilgern, abgeschlagen, aber immer noch<br />

lautstark mitteilsam. Die Busse warten am Altstadtring.<br />

„Bert? Wo ist der Bert?“ Höre ich im Halbschlaf. „Wo ist der<br />

Bert?“<br />

„Bsuffa“, kommt die Antwort.<br />

„Wo?“<br />

„Der bleibt. Mir hol’n ihn ab, nächsten Sonntag.“<br />

Von Münchens Tourimeile trennt man <strong>sich</strong> eben nicht so<br />

leicht.<br />

Foto: Volker Derlath<br />

Keto von Waberer ist eine mehrfach ausgezeichnete Schriftstellerin<br />

mit Architekturstudium. Sie lebte und arbeitete lange in Mexiko,<br />

hat einen Sohn und eine Tochter. Schon 1983 erhielt sie den<br />

Literaturförderpreis der Stadt München. Von Waberer unterrichtet<br />

Creativ-Writing an der Filmhochschule, schreibt Erzählungen,<br />

Romane, Glossen. Zuletzt erschien „Umarmungen“ (Berlin Verlag),<br />

im Frühjahr 2011 folgt ihr Kinderbuch „Zauberland“ (Hanser).<br />

29


30<br />

Kolumne<br />

Impressum<br />

Herausgeber und Verleger:<br />

BISS e.V.<br />

Metzstraße 29, 81667 München<br />

(zugleich Anschrift aller Verantwortlichen)<br />

Geschäftsführung: Hildegard Denninger<br />

Chefredaktion: Günter Keil, Andreas<br />

Unger (beide verantwortlich im Sinne des<br />

Presserechts)<br />

Schlussredaktion: Helga Voit<br />

Gestaltung: Medienkeller<br />

(Anne Britt Keller, Sabine Klein)<br />

Mitarbeit:<br />

Text: Christine Auerbach, Hildegard<br />

Denninger, Katharina Ober, Bernd Oswald,<br />

Margaretha Pawlischek, Antonia Schäfer,<br />

Christian Siepmann, Sibylle Tiessen, Keto<br />

von Waberer, Daniela Walther, die Schreibwerkstatt<br />

von BISS unter der Leitung von<br />

Simone Kayser<br />

Foto: Dorothea Büchele, Volker Derlath,<br />

Barbara Donaubauer (auch SWS),<br />

Benjamin Ganzenmüller, Uschi Graßl,<br />

Stefan Hanke, Kathrin Harms, Sabine Klein,<br />

Nelly Küfner, Margaretha Pawlischek,<br />

Volker Schmitt<br />

Comic: Papan<br />

Redaktionsschluss dieser Ausgabe:<br />

14.5.2010<br />

Anschrift der Redaktion:<br />

Metzstraße 29, 81667 München<br />

Tel. 089 / 33 20 33, Fax 089 / 33 20 34<br />

E-Mail info@biss-magazin.de<br />

Internet www.biss-magazin.de<br />

Anzeigenleitung:<br />

Hildegard Denninger (verantwortlich)<br />

Derzeit gilt Anzeigenpreisliste Nr. 8.<br />

Spendenkonto:<br />

LIGA Bank<br />

Konto-Nr. 221 86 66, BLZ 750 903 00<br />

Bitte geben Sie Ihre Adresse im Feld<br />

„Verwendungszweck“ an, damit wir Ihnen<br />

die Spendenquittung zusenden können.<br />

Verkaufspreis: A 1,80<br />

Nachdruck – auch in Auszügen – nur<br />

nach vorheriger Rücksprache mit der<br />

Redaktion.<br />

BISS erscheint monatlich,<br />

Juli/August in einer Doppelausgabe.<br />

Gesamtherstellung:<br />

Color-Offset GmbH<br />

Geretsrieder Str. 10, 81379 München<br />

Tel. 780 41-0, Fax 780 41-200<br />

Druckaufl age: 40 000<br />

Für unverlangt eingesandte Manuskripte<br />

übernehmen wir keine Gewähr. Die Rücksendung<br />

erfolgt nur gegen Rückporto.<br />

BISS wird gedruckt auf einem zweiseitig<br />

gestrichenen holzhaltigen Bogenoffsetpapier<br />

mit ökologischem Fasermix. Ein<br />

Produkt von Myllykoski, MD Albbruck<br />

ISSN 0948-3470<br />

Foto: Benjamin Ganzenmüller<br />

Jana Förster, 55, Kolumnistin aus der Schreibwerkstatt, verkauft seit 2004 BISS. Sie wurde<br />

in Prag geboren, lebt seit 34 Jahren in München und hat zwei erwachsene Söhne.<br />

Ich weiß nicht mehr, wann es war, und<br />

auch den Ort habe ich „vergessen“. Nur<br />

dass es am Anfang eines Monats war,<br />

weiß ich noch, weil ich da immer das<br />

neue Heft verkaufen will und keine wertvolle<br />

Arbeitszeit zu verlieren habe. Aber<br />

ich musste dringend zum Arzt. Ich hoffte,<br />

es schnell hinter mich zu bringen, doch<br />

diese Hoffnung zerschlug <strong>sich</strong> schnell, als<br />

ich die mir bis dahin unbekannte Praxis<br />

betrat und das volle Wartezimmer sah.<br />

Bis ich bei der Anmeldung fertig war,<br />

war ein Plätzchen im Wartezimmer frei<br />

geworden, neben einem großen Blumenstock.<br />

Dieser streichelte nun bei jeder Bewegung<br />

meine Schulter, doch wenn ich<br />

mich buckelte und zur Seite neigte, ging<br />

es. Ich suchte mir eine Illustrierte aus, um<br />

das Neueste über die Prominenten unserer<br />

Welt zu erfahren. Nach einer Stunde<br />

wechselte ich meinen Platz. Endlich konnte<br />

ich aufrecht sitzen. Nach einer weiteren<br />

halben Stunde hätte ich „die Nächste“<br />

sein sollen; alle Mitwartenden waren<br />

nach mir gekommen. Doch als Nächste<br />

wurde ich nicht aufgerufen, auch nicht<br />

als Übernächste und auch danach nicht.<br />

In mir braute <strong>sich</strong> eine Mischung aus Unruhe<br />

und Ärger zusammen, die gerne als<br />

lauter Protest aus mir herausgebrochen<br />

wären. Doch ich beherrschte mich. Auch<br />

andere Patienten wurden zusehends nervöser.<br />

Eine Dame kaute an den Fingernä-<br />

Janas<br />

stilles Aufbegehren<br />

geln. Eine andere guckte dauernd auf ihre<br />

Uhr. Der kleine Mann neben ihr holte<br />

<strong>sich</strong> immer neue Becher Wasser aus dem<br />

Wasser-Max. Ich selbst durchblätterte die<br />

Hefte immer schneller, und als ich gerade<br />

die letzte „Gala“ fassen wollte und eine<br />

andere Wartende sie knapp unter meinen<br />

Fingern wegzog, holte ich trotzig<br />

ein BISS-Heft aus meiner Tasche. Immer<br />

wieder andere Patienten wurden aufgerufen.<br />

Jetzt wartete ich schon drei Stunden.<br />

Ich legte die BISS auf meinen Stuhl,<br />

ging zur Anmeldung und fragte, ob ich<br />

wohl vergessen worden sei. „Sie sind die<br />

Nächste“, beruhigte mich die Sprechstundenhilfe,<br />

worauf ich mich wieder brav ins<br />

Wartezimmer zurückzog und mich setzte.<br />

Ach, meine BISS! Ich langte unter meinen<br />

Po. Weg war sie. Zwei Stühle weiter<br />

wurde mein Heft gelesen. „Die Nächste“<br />

war ich wieder nicht. Mittlerweile waren<br />

vier Stunden vergangen. Ich war den Tränen<br />

nahe. Wie viele BISS-Hefte hätte ich<br />

in der Zeit verkaufen können! Da packte<br />

ich endlich meine Jacke und Tasche und<br />

sagte am Empfang, dass ich jetzt keine<br />

Lust mehr habe und gehe. „Aber warten<br />

Sie doch, Sie sind die …“, sagte die<br />

Sprechstundenhilfe. Den Rest konnte ich<br />

nicht mehr hören, da ich mich schon im<br />

Treppenhaus befand. Es gelang mir fast,<br />

meine Beschwerden zu unterdrücken, bis<br />

ich eine anständige Praxis fand.<br />

„Um das Projekt BISS zu unterstützen, übernehme ich die Druckkosten für diese Seite.“<br />

Ernst Burger, Sintzenichstr. 9, 81479 München


Wohnungsverlust<br />

Amt für Wohnen und Migration<br />

Franziskanerstr. 6 und 8,<br />

zuständig für Unterbringung, Wohnen<br />

und Geld ist die Zentraleinheit<br />

Wohnungslosigkeit, Öffnungszeiten:<br />

Mo, Mi, Fr: 8.30 – 12 Uhr, Mi: 15 – 17<br />

Uhr (nur für Berufstätige)<br />

Städtisches Unterkunftsheim<br />

für Männer<br />

Pilgersheimer Str. 11, Tel. 62502-20,<br />

Bettenvergabe: Mo bis Fr: 14 – 19 Uhr,<br />

Sa, So u. Feiertage: 16 – 19 Uhr<br />

Karla 51 Frauenobdach<br />

Karlstr. 51, Tel. 549151-0, Beratung<br />

und Aufnahme rund um die Uhr; Café:<br />

Di bis So: 12 – 17 Uhr, Fr: bis 20 Uhr<br />

Heilsarmee (nur für Männer),<br />

Pestalozzistr. 36, Tel. 267149,<br />

Aufnahme tägl. 5 – 22.30 Uhr<br />

Fluchtpunkt – Notschlafstelle<br />

für junge Volljährige<br />

Feigstr. 19, 80999 München,<br />

Tel. 81886923, Notruf: 0160/96704392<br />

Öffnungszeiten: rund um die Uhr<br />

Jugendschutzstelle für<br />

männliche Jugendliche von<br />

14 bis 18 Jahren<br />

Scapinellistr. 15a, Tel. 829903-14,<br />

Öffnungszeiten: rund um die Uhr<br />

Jugendschutzstelle für Mädchen<br />

von 13 bis 17 Jahren<br />

Oselstr. 31a, Tel. 82070047,<br />

Öffnungszeiten: rund um die Uhr<br />

Internationaler Bund<br />

Mädchenschutzstelle<br />

für Mädchen von 13½ bis 17 Jahren,<br />

Tel. 43908413<br />

JUP – Jugendpension<br />

Nockherstr. 60, Tel. 436629-11,<br />

Öffnungszeiten: tägl. 8 – 21 Uhr<br />

IMMA e.V.<br />

Zufl uchtsstelle für Mädchen und junge<br />

Frauen zwischen 13 und 20 Jahren, Tel.<br />

183609, erreichbar rund um die Uhr<br />

Herzogsägmühle<br />

Von-Kahl-Str. 4, 86971 Peiting,<br />

Beratung und Aufnahme rund um die<br />

Uhr für Frauen, Männer und Paare,<br />

Tel. 08861/219-349<br />

H-TEAM e.V. Ambulante Wohnungshilfe/Ambulanter<br />

Pfl egedienst,<br />

Beratung und Hilfen bei Wohnproblemen<br />

durch Sammeln, Horten,<br />

„Verwahrlosung“, Pfl ege- und anderem<br />

Hilfebedarf. Plinganserstr. 19,<br />

Tel. 7473620, Fax: 7470663, Sprechzeiten:<br />

Mo, Mi und Fr: von 9 – 12 Uhr<br />

Beratung<br />

Adressen<br />

Teestube „komm“ Streetwork<br />

(für Männer und Frauen),<br />

Zenettistr. 32, Tel. 771084/-85,<br />

Öffnungszeiten: tägl. 14 – 20 Uhr<br />

Bürozeiten: Mo bis Fr: 9 – 13 Uhr<br />

Streetwork-Büro<br />

Beratungsstelle für Jugendliche und<br />

junge Erwachsene, Johannisplatz 12,<br />

Tel. 4891472, Öffnungszeiten:<br />

Mo: 10.30 – 12 Uhr, Di: 18 – 21 Uhr<br />

Sozialer Beratungsdienst<br />

(nur für Männer), Pilgersheimer Str.<br />

11, Tel. 62502-0, Sprechzeiten: Mo bis<br />

Fr: 8.30 – 12 Uhr und nach Vereinbarung;<br />

Notdienst: Mo bis Fr: 14 – 19<br />

Uhr, Sa, So u. Feiertage: 16 – 19 Uhr<br />

Evangelischer Beratungsdienst<br />

für Frauen (mit Wohnheim),<br />

Heßstr. 12, Tel. 288285/-86,<br />

Sprechzeiten: Mo bis Fr: 9 – 16 Uhr<br />

Beratungsstelle für Mädchen<br />

und Frauen (Sozialdienst katholischer<br />

Frauen), Dachauer Str. 48, Tel. 559810,<br />

Sprechzeiten: Mo bis Do: 9 – 12 Uhr,<br />

13 – 17 Uhr, Fr: 9 – 13 Uhr und nach<br />

Vereinbarung<br />

Initiative <strong>Münchner</strong> Mädchenarbeit<br />

(I.M.M.A.) Beratungsstelle für<br />

Mädchen und junge Frauen, An der<br />

Hauptfeuerwache 4, Tel. 2607531<br />

Frauenhilfe München<br />

Beratung und Wohnmöglichkeit für<br />

misshandelte Frauen und deren Kinder,<br />

ambulante Beratung, Tel. 35483-0<br />

Frauennotruf<br />

Fürstenrieder Str. 84, Tel. 763737, Beratungs-<br />

und Fachzentrum bei sexualisierter<br />

Gewalt: Mo bis Fr: 10 – 18 Uhr,<br />

Krisentelefon bei Gewalt: Mo bis Fr:<br />

18 – 24 Uhr, Sa und So: 18 – 2 Uhr<br />

Ausländerberatung im internationalen<br />

Beratungszentrum des BRK<br />

Goethestr. 53, Tel. 5328989, Öffnungszeiten:<br />

Mo, Mi, Fr: 9 – 12 Uhr, Di u. Mi:<br />

14 – 17 Uhr und nach Vereinbarung<br />

Krankheit<br />

Informationszentrum Referat für<br />

Gesundheit und Umwelt<br />

zu Gesundheit und Krankheit, zu<br />

stationären und ambulanten Einrichtungen,<br />

zu Selbsthilfegruppen und<br />

Beratungsstellen, Dachauerstr. 90,<br />

Tel. 233-37663<br />

Praxis Dr. Barbara Peters-<br />

Steinwachs, Pilgersheimer Str. 11,<br />

Tel. 6250240, Sprechzeiten: Mo bis Fr:<br />

9 – 12.30 Uhr, Obdachlosenmobil,<br />

Tel. 0172/8221173<br />

Praxis der Benediktinerabtei<br />

St. Bonifaz: Dr. Irene Frey-Mann,<br />

Dr. Mechthild Nowottnick, Karlstr. 34,<br />

Tel. 55171-310, Sprechzeiten:<br />

Mo bis Fr: 8.30 – 12 Uhr und nach tel.<br />

Vereinbarung; Di ab 13 Uhr in Karla<br />

51, Tel. 549151-0<br />

Landeshauptstadt München Referat<br />

für Gesundheit und Umwelt<br />

– Anonyme Beratung zu Aids und<br />

sexuell übertragbaren Krankheiten<br />

Bayerstraße 28a, 80335 München,<br />

Erdgeschoss, Zi. 0045. Beratung und<br />

kostenlose Testmöglichkeit:<br />

Mo, Mi, Do: 8 – 11 Uhr, Di: 14 – 18 Uhr,<br />

Do: 14 – 15 Uhr, Tel. 233-23333<br />

<strong>Münchner</strong> AIDS-Hilfe e.V.<br />

Lindwurmstr. 71, Tel. 54333-0,<br />

Öffnungszeiten: Mo bis Do: 9 – 17<br />

Uhr, Fr: 9 – 14 Uhr<br />

Psychiatrischer Krisendienst<br />

Tel. 729 59 60<br />

Sucht<br />

SuchtHotline:<br />

Tel. 28 28 22 (rund um die Uhr)<br />

Landeshauptstadt München Psychosoziale<br />

Beratungsstelle für Alkohol-<br />

u. Medikamentenprobleme<br />

Dachauer Str. 90/UG, Tel. 233-37563,<br />

Sprechzeiten: jeden Werktag.<br />

Tel. Terminvereinbarung sinnvoll<br />

Frauentherapie-Zentrum<br />

Beratung und Behandlung bei Alkohol-<br />

oder Medikamentenabhängigkeit,<br />

Güllstr. 3, Tel. 747370-0, Fax 747370-<br />

80, Mo bis Do: 10 – 13 Uhr und<br />

15 – 17 Uhr, Fr: 10 – 13 Uhr<br />

Städtische Drogenberatung<br />

Bayerstr. 28a, Beratung und Betreuung<br />

für Konsumenten illegaler Drogen<br />

und deren Angehörige, Tel. 233-<br />

47964, Sprechzeiten: Mo bis Fr: 10<br />

– 17 Uhr oder nach Vereinbarung<br />

extra Beratungs- und Kontaktzentrum<br />

für drogenabhängige und<br />

gefährdete Frauen und Mädchen,<br />

Mütter und ihre Kinder, schwangere<br />

Frauen und Mädchen, Corneliusstr.<br />

2, 80469 München, Tel. 236063,<br />

Fax 236069, Öffnungszeiten: Mo bis<br />

Do: 9 – 17.30 Uhr, Fr: 9 – 16 Uhr und<br />

nach Vereinbarung<br />

Condrobs Drogenberatung<br />

Beratung, Therapie, Prävention,<br />

Konradstr. 2, Tel. 3883766<br />

Anonyme Alkoholiker (AA)<br />

Landwehrstr. 9, Tel. 19295,<br />

tel. Sprechzeiten: 18 – 21 Uhr<br />

Al Anon Familiengruppen<br />

Anonyme Selbsthilfegruppen für Angehörige<br />

und Freunde von Alkoholikern,<br />

Tel. 55029916<br />

Blaues Kreuz<br />

Psychosoziale Beratungs- und Behandlungsstelle<br />

für Suchtgefährdete<br />

(auch für Angehörige), Kurfürstenstr.<br />

34/I, Tel. 332020, Telefonsprechzeiten:<br />

Mo, Di, Do: 10 – 12 Uhr und 14 – 17<br />

Uhr, Mi: 14 – 17 Uhr, Fr: 10 – 13 Uhr,<br />

offene Angebote: Mo: 10 – 12 Uhr,<br />

Di: 9 – 11 Uhr<br />

Caritas Fachambulanz für<br />

Suchtkranke<br />

Erwachsene ab 30 Jahre: Schwanthalerstr.<br />

84/Rgb., Tel. 530991-0.<br />

Beratung für junge Erwachsene bis 30<br />

Jahre: Dachauer Str. 29, Tel. 5458320<br />

Drogennotdienst München „L43“<br />

prop e.V., 24 Std. Beratung – Kontaktladen<br />

– Notschlafstelle, Landwehrstr.<br />

43/Rgb., Tel. 54908630, Öffnungszeit<br />

Kontaktladen: So bis Mi: 11 – 21 Uhr<br />

u. Do bis Sa: 16 – 21 Uhr, Anmeldung<br />

Notschlafstelle: tägl. 18 – 20 Uhr<br />

OFF Kontaktladen<br />

Condrobs, Rosenheimerstr. 124, Tel.<br />

44718868, Fax 44718870, Öffnungszeiten:<br />

Mo u. Di: 10.30 – 16.30 Uhr,<br />

Mi u. Do: 12.30 – 16.30 Uhr<br />

Hans-Scherer-Haus<br />

Träger: Katholischer Männerfürsorgeverein<br />

München e.V.,<br />

85764 Oberschleißheim,<br />

Tel. 3158250, Fax 31582599<br />

Kreuzbund Diözesanverband<br />

München und Freising e.V.<br />

Selbsthilfe-Helfergemeinschaft für<br />

Suchtkranke und deren Angehörige,<br />

Dachauerstr. 5, Tel. 59083777,<br />

Fax 59083776, Kontakttelefon, Gruppenverzeichnis,<br />

persönliche Beratung<br />

nach Vereinbarung<br />

Fährhaus – Anonyme<br />

Sucht-Selbsthilfe<br />

Zusammenkünfte:<br />

Mo u. Mi: 20.15 Uhr, Westendstr. 68<br />

im Selbsthilfezentrum,<br />

Sa: 17.30 Uhr, Leonrodstr. 19<br />

Schulden<br />

Landeshauptstadt München<br />

Allgemeiner Sozialdienst (ASD)<br />

Schuldnerberatung<br />

Mathildenstr. 3a, Tel. 233-24353,<br />

Anmeldung über die zuständige<br />

Außenstelle des ASD<br />

Schuldnerberatung von AWO<br />

und DGB im Gewerkschaftshaus für<br />

<strong>Münchner</strong> Arbeitnehmer, Schwanthalerstr.<br />

64, 80336 München, Tel.<br />

532716<br />

Bayerisches Rotes Kreuz<br />

Schuldnerberatung, Kreisverband<br />

München, Seitzstr. 8, 80538<br />

München, Tel. 2373-0/-245/-264<br />

Schuldner- und Insolvenzberatung<br />

Evangelisches Hilfswerk München<br />

Bad-Schachener-Str. 2b,<br />

81671 München, Tel. 1890476-60,<br />

Fax 1890476-61<br />

Schuldnerberatungsstelle<br />

der Caritas, Landwehrstraße 26,<br />

80336 München, Tel. 23114930<br />

Schuldnerberatung H-TEAM e.V.,<br />

Plinganserstraße 19, 81369 München,<br />

Tel. 7473620<br />

Weitere Hilfsangebote<br />

<strong>Münchner</strong> Arbeitsgemeinschaft<br />

Arbeitsförderungsinitiativen<br />

MAGAFI im Internet unter<br />

www.magafi .de<br />

Telefonseelsorge<br />

Beratung in allen Lebensfragen, rund<br />

um die Uhr besetzt (gebührenfrei),<br />

Tel. 0800/1110111 (ev.),<br />

Tel. 0800/1110222 (kath.)<br />

Evangelische und katholische<br />

Bahnhofsmission<br />

<strong>Münchner</strong> Hauptbahnhof, Gleis 11,<br />

Tel. 594576/-77/-78, Öffnungszeiten:<br />

tägl. rund um die Uhr.<br />

<strong>Münchner</strong> Insel unter dem<br />

Marienplatz<br />

Ökumenisches Kriseninterventions-<br />

und Beratungszentrum (keine fi nanzielle<br />

Hilfe), U-Bahnhof Marienplatz,<br />

Untergeschoss, Tel. 220041,<br />

Öffnungszeiten: Mo, Di, Mi, Fr:<br />

9 – 18 Uhr, Do: 11 – 18 Uhr<br />

<strong>Münchner</strong> Zentralstelle für<br />

Strafentlassenenhilfe<br />

Haimhauser Str. 13 (Eingang<br />

Occamstr.), Tel. 380156-0,<br />

Sprechzeiten: Mo bis Fr: 8 – 12 Uhr<br />

und nach tel. Vereinbarung<br />

Alleinerziehende, VAMV – Verband<br />

alleinerziehender Mütter und Väter,<br />

Silberhornstr. 6, Tel. 6927060<br />

Väterinitiative für engagierte<br />

Elternschaft e.V.<br />

Ligsalzstr. 24, Väterbüro:<br />

Tel. 50009595, Fax 50009597<br />

Wichtige Adressen<br />

fi nden Sie unter<br />

www.biss-magazin.de/<br />

sozialer-stadtplan<br />

BISS 7-8/2010 erscheint<br />

Anfang Juli mit dem Schwerpunkt<br />

<strong>Münchner</strong> Helden<br />

Anzeigenschluss:<br />

31.5.2010<br />

Druckunterlagenschluss:<br />

6.6.2010<br />

Informationen für Ihre Anzeige<br />

erhalten Sie bei:<br />

Hildegard Denninger<br />

Tel. 089 / 33 20 33<br />

Fax 089 / 33 20 34<br />

E-Mail: info@biss-magazin.de<br />

www.biss-magazin.de 31

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