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erste Vorlesung - Lehrstuhl für Versicherungswirtschaft und ...

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I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Winter 2010/2011<br />

Gr<strong>und</strong>züge des<br />

Versicherungsmanagements<br />

Prof. Dr. Jörg Schiller<br />

j.schiller@uni-hohenheim.de<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

Weitere Informationen auf unserer <strong>Lehrstuhl</strong>-Homepage<br />

http://www.insurance.uni-hohenheim.de<br />

sowie auf https://ilias.uni-hohenheim.de


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Veranstaltungsgliederung<br />

I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

II. Wertorientierte Steuerung<br />

III. Versicherungsbilanzierung<br />

IV. Versicherungsvermittlung<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement 2


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

� Anreizverzerrungen bei Insolvenzrisiko<br />

� Internalisierung von Konkurskosten<br />

� Solvabilität (Solvency I)<br />

� Solvency II<br />

� MaRisk VA<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement 3


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Anreizverzerrungen bei Insolvenzrisiko<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Eigenkapitalgeber besitzen eine so genannte „Default Put Option“, da der Wert des<br />

Eigenkapitals (ihrer Beteiligung) nicht negativ werden kann.<br />

Auszahlung<br />

0<br />

60 €<br />

Zukünftiger<br />

WP-Kurs<br />

Auszahlung<br />

Wertpapierkauf Kauf einer Put Option<br />

+<br />

60 €<br />

60 €<br />

Auszahlung<br />

Zukünftiger WP-<br />

Kurs<br />

Verlustbegrenzung<br />

Zukünftiger<br />

WP-Kurs<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement 4<br />

=<br />

60 €<br />

In Anlehnung an: Brealey/Myers/Allen (2006): Corporate Finance, S. 548


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Anreizverzerrungen bei Insolvenzrisiko<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Im Falle eines Konkurses (grob: Wert des Unternehmens < Nominalwert des Fremdkapitals)<br />

treffen alle weiteren negativen Konsequenzen ausschließlich die Fremdkapitalgeber.<br />

� Gefahr: Investitionen in Projekte mit negativem Kapitalwert, die bei Erfolg eine hohe Rendite<br />

erzielen <strong>und</strong> bei Misserfolg in <strong>erste</strong>r Linie die anderen Stakeholder treffen („Asset Substitution“).<br />

→ Ähnlich: Verzicht auf vorteilhafte Projekte<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement 5


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Anreizverzerrungen bei Insolvenzrisiko<br />

Wert der<br />

Ansprüche<br />

D<br />

D<br />

FK<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

Wert des<br />

Unternehmens<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement 6<br />

45°<br />

EK<br />

� D: Nominalwert des FK<br />

� FK: Wert des Fremdkapitals in Abh.<br />

vom Unternehmenswert<br />

� EK: Wert des Eigenkapitals in Abh.<br />

vom Unternehmenswert


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Anreizverzerrungen bei Insolvenzrisiko<br />

Wert der<br />

Ansprüche<br />

D<br />

Z-D<br />

A-D<br />

Y<br />

D<br />

FK<br />

A Z<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement 7<br />

45°<br />

EK<br />

� A: Ausgangssituation, risikolos<br />

� Betrachte ein risikobehaftetes<br />

Projekt, das den Wert des<br />

Unternehmens entweder um Z-A<br />

erhöht oder um A-Y reduziert (jeweils<br />

mit Wahrsch. ½)<br />

Wert des<br />

Unternehmens


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Zielsetzung der Regulierung?<br />

1. Gr<strong>und</strong>sätzliche Vermeidung jeglicher Insolvenzen<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

Hierbei werden Kosten des Konkurses durch eine materielle Aufsicht, wie Preis- <strong>und</strong><br />

Produktregulierung, gr<strong>und</strong>sätzlich vermieden.<br />

2. Zulassung von Insolvenzen <strong>und</strong> Eindämmung der Konkurskosten<br />

Durch Instrumente der formellen Aufsicht werden die Insolvenzkosten gemildert.<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement 8


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Internalisierung von Konkurskosten<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Eine rein formelle Versicherungsaufsicht lässt Insolvenzen von Versicherungsunternehmen zu,<br />

versucht jedoch, die (externen) Insolvenzkosten zu mindern bzw. zu internalisieren.<br />

→ Durch die Internalisierung von Konkurskosten können effiziente ex ante Anreize gesetzt<br />

werden.<br />

� Instrumente zur Vermeidung bzw. Internalisierung von Konkurskosten:<br />

– Rückversicherung<br />

– Sicherheitsmittel<br />

– Übernahme der Verpflichtungen durch andere Versicherer<br />

– Gemeinsame Sicherungseinrichtungen<br />

– Sicherung mit Steuergeldern<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement 9


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Internalisierung von Konkurskosten<br />

Rückversicherung<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Versicherungsunternehmen können verpflichtet werden, einen bestimmten Anteil ihres<br />

Geschäftes rückzuversichern.<br />

� Durch die Rückversicherung wird die Insolvenzwahrscheinlichkeit gesenkt <strong>und</strong> Teile der<br />

Ansprüche von Versicherungsnehmern gesichert.<br />

→ Verminderung von Konkurskosten<br />

� Je nach Ausgestaltung des RV-Vertrages werden die Insolvenzkosten eines<br />

Erstversicherungsunternehmens in den RV-Prämien berücksichtigt.<br />

→ Internalisierung von Konkurskosten<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement 10


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Internalisierung von Konkurskosten<br />

Sicherheitsmittel (Solvabilität)<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Das Versicherungsunternehmen kann verpflichtet werden, gewisse Sicherheitsmittel (z.B.<br />

Eigenkapital bzw. -mittel, Schwankungsrückstellungen) bereitzustellen.<br />

� Sicherheitsmittel verringern ebenfalls die Insolvenzwahrscheinlichkeit <strong>und</strong> sichern zum Teil die<br />

Ansprüche der Versicherungsnehmer.<br />

→ Verminderung von Konkurskosten<br />

� Da Sicherheitsmittel im Insolvenzfall <strong>für</strong> Aktionäre verloren gehen, haben Eigentümer von<br />

Versicherungsunternehmen ein höheres Eigeninteresse, Insolvenzen zu vermeiden.<br />

→ Verringerung des Problems der „Asset-Substitution“<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement 11


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Internalisierung von Konkurskosten<br />

Übernahme der Verpflichtungen durch andere Versicherer<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Im Insolvenzfall müssten konkurrierende Versicherer eigentlich auch bei schlecht strukturierten<br />

Versicherungsbeständen daran interessiert sein, diese zu übernehmen.<br />

→<br />

→<br />

� Zum Teil kann die Versicherungsbranche aus Reputationsgründen gemeinschaftlich an einer<br />

Übernahme interessiert sein.<br />

→ Mannheimer Lebensversicherungs AG<br />

� Ansprüche der Versicherungsnehmer werden im Falle der Übernahme gesichert.<br />

→ Verminderung von Konkurskosten<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement 12


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Internalisierung von Konkurskosten<br />

Gemeinsame Sicherungseinrichtungen<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Versicherungsunternehmen können verpflichtet werden, einer von allen Unternehmen getragenen<br />

Sicherungseinrichtung beizutreten.<br />

� Ein Sicherungsfonds kann (einzelne) insolvente Versicherer auffangen.<br />

→ Verminderung von Konkurskosten<br />

� Die Beiträge zur Sicherungseinrichtung müssen jedoch risikoadäquat sein, um Probleme des<br />

moralischen Risikos einzudämmen.<br />

→ Erhebt die Sicherungseinrichtung risikoadäquate Beiträge, werden Insolvenzkosten<br />

internalisiert <strong>und</strong> über höhere Versicherungsbeiträge auch an K<strong>und</strong>en weitergegeben.<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement 13


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Internalisierung von Konkurskosten<br />

Sicherung mit Steuergeldern<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Ansprüche von Bürgern bzw. Versicherungsnehmern können auch durch Steuergelder gesichert<br />

werden.<br />

– Das deutsche Atomgesetz schreibt eine Haftungshöchstsumme von ca. 2,5 Mrd. € <strong>für</strong><br />

Nuklearhaftpflichtschäden vor.<br />

– Für Schäden über diesem Betrag haftet nach § 34 Atomgesetz der B<strong>und</strong>.<br />

– Durch eine entsprechende Regulierung der Reaktorbetreiber soll eine nachlassende<br />

Sorgfalt vermieden werden.<br />

� Im Fall der Insolvenz eines großen bzw. systemrelevanten Versicherungsunternehmens kann der<br />

Staat unter Umständen gezwungen sein, die Insolvenz durch Bürgschaften oder neues Kapital zu<br />

verhindern oder Versicherungsbestände zu übernehmen.<br />

→ Verminderung von Konkurskosten<br />

→ Beispiel: AIG in den USA<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement 14


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Sicherungsfonds in Deutschland<br />

Sicherungsfonds in Deutschland<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Seit Dezember 2004 sind deutsche Kranken- <strong>und</strong> Lebensversicherungsunternehmen verpflichtet,<br />

einem Sicherungsfonds anzugehören (§ 124 VAG).<br />

� Die Sicherungsfonds sind dazu bestimmt, die Versicherungsnehmer, versicherte Personen,<br />

Bezugsberechtigte <strong>und</strong> sonstige begünstigte Personen zu schützen.<br />

→ Kapitalerhaltung (LV) bzw. Fortsetzung des Versicherungsschutzes (KV)<br />

� Wenn andere Maßnahmen zur Wahrung der Belange der Versicherten nicht ausreichend sind,<br />

ordnet die Aufsichtsbehörde die Übertragung der gesamten Versicherungsbestände an den<br />

Sicherungsfonds an (inklusive der zur Bedeckung erforderlicher Vermögensgegenstände).<br />

� Im Bereich der Kfz-Haftpflichtversicherung existiert bereits seit 1963 die sog. „Verkehrsopferhilfe<br />

e.V.“, die Unfallopfer bei Unfallflucht, unversicherten Verursachern bzw. vorsätzlicher Schädigung<br />

entschädigt.<br />

→ Aktuell werden Haftpflichtopfer der insolventen Versicherer „Ineas“ <strong>und</strong> „LadyCarOnline“<br />

durch die Verkehrsopferhilfe entschädigt.<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement 15


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Sicherungsfonds in Deutschland<br />

� Der Sicherungsfonds verwaltet die übernommenen Versicherungsbestände.<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Die Sicherungsfonds <strong>für</strong> die Lebens- <strong>und</strong> Krankenversicherung sind Sondervermögen des<br />

B<strong>und</strong>es bei der Kreditanstalt <strong>für</strong> Wiederaufbau.<br />

– Die Aufgaben <strong>und</strong> Befugnisse des Sicherungsfonds können durch Rechtsverordnung vom<br />

B<strong>und</strong>esfinanzministerium auf eine juristische Person des Privatrechts übertragen werden (§<br />

127 VAG).<br />

– Im Bereich der Lebensversicherung wurde die Protektor Lebensversicherungs-AG durch die<br />

(„Beleihungs-Rechtsverordnung“) mit den Aufgaben <strong>und</strong> Befugnissen des Sicherungsfonds<br />

<strong>für</strong> die Lebensversicherer betraut.<br />

– Analog übernimmt die Medicator AG die Aufgaben des Sicherungsfonds <strong>für</strong> die<br />

Krankenversicherung.<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement 16


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Sicherungsfonds in Deutschland<br />

Beiträge (§ 129 VAG)<br />

� Die Sicherungsfonds werden durch Beiträge ihrer Mitglieder finanziert:<br />

– Vorgelagerte Finanzierung (nur LV)<br />

– Sonderbeiträge<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� In der Lebensversicherung soll der Sicherungsfonds im Rahmen der vorgelagerten Finanzierung<br />

ein Sicherungsvermögen aufbauen, das 1 Promille der Summe der versicherungstechnischen<br />

Netto-Rückstellungen aller Mitglieder entspricht.<br />

→ Zum Stichtag 2009: ca. 683 Mio. €, wobei 98,4% schon tatsächlich aufgebaut sind<br />

� Ergänzend zum gesetzlichen Sicherungsfonds hat die deutsche Lebensversicherungsbranche<br />

eine freiwillige Selbstverpflichtung abgegeben, Mittel bis zu 1 Prozent der Nettorückstellungen<br />

(ca. 6,8 Mrd. €) bereitzustellen.<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement 17


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Sicherungsfonds in Deutschland<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Der Anteil der einzelnen Unternehmen an der vorgelagerten Finanzierung wird entsprechend<br />

einem „Risikomaß“ abgestuft:<br />

Risikomaß = Eigenmittel/Solvabilitätsspanne<br />

– Mitglieder mit günstigem Risikomaß (Top 20%): 0,75 Promille<br />

– Mitglieder mit ungünstigem Risikomaß (Bottom 20%): 1,25 Promille<br />

– Übrige Mitglieder: 1 Promille<br />

� Der Aufbau des Sicherungsvermögen erfolgt durch Jahresbeiträge, die insgesamt maximal 0,2<br />

Promille der Netto-Rückstellungen betragen.<br />

� Ergänzende jährliche Sonderbeiträge können bis zu 1% der Summe aller Netto-Rückstellungen<br />

betragen.<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement 18


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Risiko- <strong>und</strong> Sicherheitspolitik<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Auch aufgr<strong>und</strong> regulatorischer Vorgaben spielt die Risiko- <strong>und</strong> Sicherheitspolitik in<br />

Versicherungsunternehmen eine besondere Rolle.<br />

→ Wahrung der Belange der Versicherten <strong>und</strong> dauernde Erfüllbarkeit der Verpflichtungen aus<br />

den Versicherungen (§ 81 Abs. 1 VAG)<br />

� Im Rahmen aufsichtsrechtlicher Vorgaben wurde/wird die dauerende Erfüllbarkeit der<br />

Versicherungsverträge insbesondere durch zwei Maßnahmen sichergestellt:<br />

– Vorabgenehmigung von Prämien <strong>und</strong> insb. durch die Berücksichtigung ausreichender<br />

Sicherheitszuschläge (allgemein bis 1994).<br />

– Sich<strong>erste</strong>llung ausreichender Eigenmittel (Reserven) im Rahmen der sog. Solvabilität<br />

(„solvency“).<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

19


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Gr<strong>und</strong>struktur der Solvabilitätskontrolle<br />

� Rechtsgr<strong>und</strong>lagen der Solvabilitätskontrolle<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

– § 53c VAG („Solo-Solvabilität“ <strong>für</strong> Erstversicherungsunternehmen, seit 1976)<br />

→ Verordnung über die Kapitalausstattung von Versicherungsunternehmen<br />

– § 104a,g,h VAG („bereinigte“ bzw. „Solo-Plus-Solvabilität“, Konzernsolvabilität, seit 2001)<br />

– § 121d VAG (Solvabilität <strong>für</strong> Rückversicherungsunternehmen, seit 2005 bzw. 2007)<br />

→ Verordnung über die Kapitalausstattung von Rückversicherungsunternehmen<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

20


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Gr<strong>und</strong>struktur der Solvabilitätskontrolle<br />

Gr<strong>und</strong>sätzliche Vorgehensweise:<br />

1. Messung der Gesamtrisikolage eines Versicherungsunternehmens<br />

→ Festlegung der Mindest-Sicherheitskapitalausstattung (Soll-Solvabilität)<br />

2. Ermittlung der vorhandenen Eigenmittel<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

→ Bestimmung der tatsächlichen Sicherheitskapitalausstattung (Ist-Solvabilität)<br />

3. Festlegung aufsichtsrechtlicher Sanktionen<br />

→ Regulierende Eingriffe, falls die Ist-Solvabilität kleiner als die Soll-Solvabilität ausfällt.<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

21


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Gr<strong>und</strong>struktur der Solvabilitätskontrolle<br />

Zentrale Fragen:<br />

1. Wie lässt sich eine notwendige Mindestkapitalausstattung ermitteln?<br />

– Messung des versicherungstechnischen Bestandsrisikos?<br />

– Welcher Sicherheitsgrad wird <strong>für</strong> notwendig gehalten?<br />

– Welche Risiken sind abzudecken, <strong>und</strong> wie sind sie abzuschätzen?<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

→ Versicherungstechnisches Bestandsrisiko, Kapitalanlagerisiken, allgemeine politische<br />

Risiken,…<br />

2. Welche Mittel eines Versicherers stellen „Sicherheitskapital“ dar?<br />

3. Welche Maßnahmen sind zur Wiederh<strong>erste</strong>llung des „finanziellen Gleichgewichts“ geeignet?<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

22


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Soll-Solvabilität (Schaden-/Unfall)<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Im Rahmen der Soll-Solvabilität werden verschiedene Schwellenwerte berechnet:<br />

– Solvabilitätsspanne (SSP), in Abhängigkeit von der Größe <strong>und</strong> Schadenanfälligkeit des<br />

Gesamtbestandes eines Versicherers.<br />

– Garantiefonds (GF), = 1/3 Solvabilitätsspanne.<br />

– Mindestgarantiefonds als absoluter Betrag, dessen Höhe von der betriebenen Sparte<br />

abhängt.<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

23


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Soll-Solvabilität (Schaden-/Unfall)<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Zur Ermittlung der Solvabilitätsspanne werden ein Beitrags- <strong>und</strong> ein Schadenindex ermittelt.<br />

→ Der jeweils höhere Wert bestimmt die Solvabilitätsspanne<br />

� Beitragsindex (BI):<br />

⎧<br />

BI = ⎨<br />

⎩<br />

0,<br />

18<br />

⋅BP<br />

⋅ SBQ<br />

[ 0,<br />

18 ⋅ 57,<br />

5 + 0,<br />

16 ⋅(<br />

BP − 57,<br />

5)<br />

]<br />

⋅SBQ<br />

falls BP ≤<br />

falls BP<br />

– BP: Gebuchte bzw. verdiente Bruttoprämien des direkten <strong>und</strong> indirekten<br />

Versicherungsgeschäfts des letzten Geschäftsjahres (maßgeblich ist der höhere Betrag).<br />

– SBQ: Selbstbehaltsquote des Unternehmens. Sie ist definiert als Verhältnis der<br />

Aufwendungen <strong>für</strong> Versicherungsfälle <strong>für</strong> eigene Rechnung zu den Bruttoaufwendungen <strong>für</strong><br />

Versicherungsfälle in den letzten drei Geschäftsjahren (mindestens 50%).<br />

><br />

57,<br />

5 Mio.€<br />

57,<br />

5 Mio.€<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

24


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Soll-Solvabilität (Schaden-/Unfall)<br />

� Schadenindex (SI):<br />

⎧<br />

BI = ⎨<br />

⎩<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

– SA: Durchschnitt der Bruttozahlungen <strong>für</strong> Versicherungsfälle der letzten drei Geschäftsjahre<br />

(bei Versicherern mit hohem Anteil von Elementarrisiken: der letzten sieben Jahre).<br />

– SBQ: wie zuvor<br />

0,<br />

26<br />

⋅ SA ⋅ SBQ<br />

[ 0,<br />

26 ⋅ 40,<br />

3 + 0,<br />

23 ⋅(<br />

SA − 40,<br />

3)<br />

]<br />

⋅ SBQ<br />

falls SA<br />

falls SA<br />

≤<br />

><br />

40,<br />

3 Mio.€<br />

40,<br />

3 Mio.€<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

25


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Soll-Solvabilität (Schaden-/Unfall)<br />

Garantiefonds<br />

� Der Garantiefond entspricht 1/3 der Solvabilitätsspanne.<br />

� Für Unternehmen, die Geschäfte in den Bereichen<br />

– Luftfahrzeug-, See-, Binnensee- <strong>und</strong> Flussschifffahrt sowie<br />

– Allgemeine Haftpflicht<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

betreiben, werden Beiträge bzw. Schadenaufwendungen bei der Berechnung des Schaden- <strong>und</strong><br />

Beitragsindex mit dem Faktor 1,5 multipliziert.<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

26


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Soll-Solvabilität (Schaden-/Unfall)<br />

Mindestgarantiefonds<br />

� Der Mindestgarantiefonds beträgt gr<strong>und</strong>sätzlich 2,3 Mio. €.<br />

� Für die Bereiche<br />

– Haftpflichtversicherung (u.a.: Kfz, Luftfahrzeug, Allgemein) <strong>und</strong><br />

– Kredit- <strong>und</strong> Kautionsversicherung<br />

beträgt der Mindestgarantiefonds 3,5 Mio. €.<br />

� Bei VVaG ermäßigt sich der Mindestgarantiefonds um 25%.<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Der Mindestgarantiefonds sowie die Schwellenwerte bei der Ermittlung von Beitrags- <strong>und</strong><br />

Schadenindex werden laufend der Inflation angepasst.<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

27


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Ist-Solvabilität<br />

� Die Ist-Solvabilität ist eine vorhandene Menge “freier unbelasteter Eigenmittel“.<br />

→ „Frei“ im Sinne der Finanzierung von Verlusten<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

„Versicherungsunternehmen sind verpflichtet, zur Sich<strong>erste</strong>llung der dauernden Erfüllbarkeit der<br />

Verträge stets über freie unbelastete Eigenmittel mindestens in Höhe der Solvabilitätsspanne zu<br />

verfügen, die sich nach dem gesamten Geschäftsumfang bemisst.“ (§ 53 c Abs. 1 VAG)<br />

� Als Eigenmittel sind u.a. anzusehen (§53c Abs. 3 VAG):<br />

– AG: Eingezahltes Gr<strong>und</strong>kapital (abzüglich eigener Aktien)<br />

– VVaG: eingezahlter Gründungsstock<br />

– Kapital- <strong>und</strong> Gewinnrücklage sowie Gewinnvortrag<br />

– Unter gewissen Umständen: Genussscheinkapital <strong>und</strong> „nachrangige Verbindlichkeiten“<br />

– LV: noch nicht zugewiesene Teile der Rückstellung <strong>für</strong> Beitragsrückerstattung (RfB)<br />

– Auf Antrag: z.B. Stille Reserven<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

28


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Sanktionsmechanismen<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Je nachdem, ob bzw. welche Grenze unterschritten wird, kann die Aufsichtsbehörde unterschiedlich<br />

starke Sanktionen verhängen.<br />

1. Stufe: „gelbe Karte“: falls Eigenmittel < Solvabilitätsspanne<br />

� „Solvabilitätsplan“ (§ 81b Abs. 1 VAG): „Plan zur Wiederh<strong>erste</strong>llung ges<strong>und</strong>er Finanzverhältnisse“<br />

→ Möglichkeiten zum Einschreiten bei drohender Verschlechterung, z.B. Einschränkung oder<br />

Untersagung der freien Verfügung über Vermögensgegenstände des Unternehmens<br />

2. Stufe: „rote Karte“: falls Eigenmittel < Garantiefonds<br />

� „Finanzierungsplan“ (§ 81b Abs. 2 VAG): „Plan über die kurzfristige Beschaffung von Eigenmitteln“<br />

→ Weitere mögliche Maßnahmen : Untersagung des Geschäftsbetriebs<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

29


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Soll- <strong>und</strong> Ist-Solvabilität<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

Lebensversicherer Einheit 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />

Stille Reserven in Kapitalanlagen (KA) Mrd. € 62,9 31,3 6,2 14,9 35,6 44,0 35,2 14,7 9,0<br />

in % des Buchwertes der gesamten KA % 11,4 5,5 1,1 2,4 5,5 6,5 5,3 2,0 1,2<br />

Reinverzinsung der gesamten KA % 7,4 6,0 4,4 5,0 4,8 5,0 5,4 4,5 3,4<br />

Deckungsrückstellung Mrd. € 445,5 476,4 502,8 520,6 536,2 551,2 566,5 586,1 599,6<br />

in % der Bilanzsumme % 83,7 83,7 83,8 79,4 78,8 78,1 77,3 77,6 79,7<br />

Überschuss Mrd. € 20,3 13,4 5,1 9,2 9,7 14,2 14,1 13,5 6,6<br />

in % der verdienten Brutto-Beiträge % 33,1 21,5 7,9 13,6 14,1 19,5 18,8 17,8 8,6<br />

Anrechenbare Eigenmittel Mrd. € 42,9 44,2 39,8 42,3 43,9 49,1 54,6 57,5 54,4<br />

Solvabilitätsspanne Mrd. € 20,5 22,2 23,3 24,0 24,8 25,9 26,8 27,8 28,4<br />

Bedeckung der Solvabilitätsspanne % 209,5 199,0 170,4 176,2 177,4 190,0 203,8 206,8 191,5<br />

Eigenkapitalrendite % 12,5 7,0 3,4 5,7 5,8 9,7 9,5 8,8 7,4<br />

Schaden- <strong>und</strong> Unfallversicherer Einheit 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />

Stille Reserven in Kapitalanlagen (KA) Mrd. € 37,1 31,7 22,3 26,0 26,6 27,7 29,8 28,9 21,4<br />

in % des Buchwertes der gesamten KA % 38,1 31,4 21,3 23,8 22,6 22,2 22,4 20,7 15,7<br />

Schadenkostenquote (netto) % 101,0 100,2 103,2 94,7 92,2 92,6 90,6 92,7 92,0<br />

Anrechenbare Eigenmittel (A+B) Mrd. € 20,7 24,4 25,0 27,1 24,1 22,5 27,4 28,3 26,8<br />

Solvabilitätsspanne Mrd. € 7,5 7,1 7,4 7,8 8,4 8,8 8,8 8,8 8,5<br />

Bedeckung der Solvabilitätsspanne % 277,1 342,7 336,9 346,0 286,3 255,3 310,7 321,6 315,3<br />

Eigenkapitalrendite % 8,7 8,9 2,8 4,2 3,0 4,5 4,6 4,1 3,6<br />

Quelle: BaFin Jahresbericht 2009, S. 33<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

30


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Ansätze <strong>für</strong> eine kritische Beurteilung<br />

Ausgewählte Kritikpunkte<br />

a) Soll-Solvabilität:<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

– Die relevanten Prozentsätze beim Beitrags- <strong>und</strong> Schadenindex sind willkürlich!<br />

→<br />

→<br />

– Der Durchschnittsschaden als Schätzgröße <strong>für</strong> die Nettorisikoprämie ist eher risikoadäquat<br />

als die Bruttoprämie.<br />

→<br />

– Risikomaßstab ist die in Geldeinheiten bewertete Solvabilitätsspanne. Diese steht <strong>für</strong><br />

"maximalen Verlust" des VU bis zur Überschuldung.<br />

→<br />

– Es wird nur das versicherungstechnische Risiko betrachtet!<br />

→<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

31


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Ansätze <strong>für</strong> eine kritische Beurteilung<br />

– Die Berücksichtigung der Rückversicherung ist gr<strong>und</strong>sätzlich adäquat.<br />

→<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

– Die Solvabilitätsspanne ist unabhängig von RV-Formen <strong>und</strong> anderen risikopolitischen<br />

Instrumente.<br />

→<br />

b) Eigenmittel<br />

– Sind die Eigenmittel gemäß §53c VAG geeignet <strong>und</strong> vollständig?<br />

– Gibt es tatsächlich freie <strong>und</strong> unbelastete Eigenmittel?<br />

→<br />

→<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

32


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Ansätze <strong>für</strong> eine kritische Beurteilung<br />

b) Allgemeine Kritikpunkte<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

– Auch wenn die Ist-Solvabilität stets gewährleistet werden muss, passt dies nicht zur<br />

Verwendung stichtagsbezogener Informationen aus dem Jahresabschluss.<br />

→<br />

– Das derzeitige Solvabilitätssystem ist vorwiegend vergangenheitbezogen bzw.<br />

zeitpunktorientiert.<br />

→<br />

→<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

33


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Stresstests<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Seit dem Jahr 2002 müssen alle der BaFin unt<strong>erste</strong>henden Versicherungsunternehmen jährlich<br />

einen Stresstest einreichen.<br />

→ Abbildung unterschiedlicher Szenarien, die sich laufend ändern.<br />

� Szenarien des Stresstests 2010 (zum Zeitpunkt 31.12.2009):<br />

– Isoliertes Rentenszenario: Kursrückgang festverzinsliche Wertpapiere um 10%<br />

– Isoliertes Aktienszenario: Kursrückgang Aktien um 22%<br />

– Renten- <strong>und</strong> Aktienszenario: Kursrückgang Aktien 15%; festverzinsliche Wertpapiere um 5%<br />

– Aktien- <strong>und</strong> Immobilienszenario: Kursrückgang Aktien um 15% <strong>und</strong> Marktwertrückgang<br />

Immobilien um 10%<br />

� Der zu berücksichtigende Aktienkursrückgang hing vom Kurs des EuroStoxx50 zum 31.12.2009<br />

(Kurs: 2.966 Pkt.) ab.<br />

→ Der minimale Abschlag beträgt 10%, der maximale 45% (isoliertes Szenario) bzw. 25%<br />

(gemischtes Szenario).<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

34


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Europäische Solvabilitätsregelungen im Umbruch<br />

� Eine deutlich weitergehende Reform steht im Rahmen von “Solvency II” an:<br />

– Harmonisierung mit den Regelungen <strong>für</strong> Banken (“Basel II”)<br />

– Weitgehende Strukturreform der Finanzaufsicht<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

– Berücksichtigung unterschiedlicher Risikokategorien (neben dem versicherungstechnischen<br />

Risiko z.B. Forderungsausfall- <strong>und</strong> Kapitalanlagerisiken)<br />

Gr<strong>und</strong>legender Fahrplan<br />

� Im Jahr 1999 wurde das Projekt durch die EU-Kommission initiiert.<br />

� Die zentrale EU-Rahmenrichtlinie wurde im November 2009 veröffentlicht.<br />

� Im Rahmen von Quantitativen Auswirkungsstudien (QIS 1-5) werden Risiken modelliert <strong>und</strong><br />

analysiert.<br />

� Die Umsetzung von Solvency II in nationales Recht soll bis zum 1. Januar 2013 erfolgen.<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

35


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Ziele von Solvency II<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Schaffung eines europaweit harmonisierten Aufsichtssystems, das sich an der tatsächlichen<br />

Risikosituation eines Versicherungsunternehmens orientiert.<br />

� Erweiterung der bestehenden quantitativen Aufsicht durch die Entwicklung präziserer externer<br />

<strong>und</strong> unternehmensinterner (bzw. -individueller) Risikosteuerungsmodelle.<br />

→ Risikobasierte Modellierung<br />

� Ergänzung um ein qualitatives Aufsichtsinstrumentarium durch Anforderungen an das interne<br />

Risikomanagementsystem (MaRisk VA).<br />

� H<strong>erste</strong>llung einer hohen Kompatibilität des Aufsichtssystems mit internationalen<br />

Rechnungslegungsstandards (IAS/IFRS).<br />

� Angleichung von regulatorischem <strong>und</strong> ökonomischem Kapitalbedarf.<br />

� Schaffung aufsichtsrechtlicher Kohärenz zwischen Finanzdienstleistungssektoren.<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

36


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Drei-Säulen-Konzept von Solvency II<br />

Säule 1:<br />

Säule 1:<br />

Quantitative Anforderungen<br />

� Eigenkapitalausstattung<br />

� Vorschriften zur<br />

Bewertung von:<br />

- vers.techn. Risiko<br />

- Marktrisiko<br />

- Kreditrisiko<br />

- operat. Risiko<br />

� Wirtschaftlicher<br />

Gesamtbilanzansatz<br />

� Marktnahe Bewertung<br />

aller Assets <strong>und</strong> Liabilities<br />

Säule 2:<br />

Aufsichtsrechtliches<br />

Überprüfungsverfahren<br />

� Qualitative Aspekte der<br />

Aufsicht<br />

� Interne Kontrolle &<br />

Risikomanagement<br />

� z.B. Own Risk and<br />

Solvency Assessment<br />

(ORSA)<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

Säule 3:<br />

Beaufsichtigung <strong>und</strong><br />

Veröffentlichung,<br />

Marktdisziplin<br />

� Unterstützung der<br />

risikobasierten Aufsicht<br />

durch Marktmechanismen<br />

� Offenlegungspflichten<br />

bzgl. aufsichtsrechtlicher<br />

Informationen<br />

� Empfehlungen <strong>für</strong><br />

Darstellung <strong>und</strong><br />

Transparenz ggü.<br />

der Öffentlichkeit<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

37


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Säule I: Ebenen der Eigenkapitalunterlegung<br />

Relevante Größen<br />

� Mindestkapitalanforderung (Minimum Capital Requirement, MCR)<br />

→ Absolutes Mindestkapital (analog zum Garantiefonds)<br />

� Solvenzkapitalanforderung (Solvency Capital Requirement, SCR)<br />

→ Ökonomisches Kapital (analog zur Solvabilitätsspanne)<br />

Interventionsniveaus<br />

Risk Margin<br />

Best<br />

Estimate<br />

MCR<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

Solvenzquote<br />

> 1<br />

SCR<br />

versicherungstechnische<br />

Rückstellungen<br />

Quelle: Hartung (2007), S. 310.<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

38


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Säule I: Minimum Capital Requirement<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Das MCR ist die zur Aufrechterhaltung eines stabilen Geschäftsbetriebs unbedingt notwendige<br />

Eigenkapitalausstattung.<br />

� Es entspricht einem vorzuhaltenden Mindesteigenkapitalbetrag.<br />

→ Unterschreitung löst „harte“ aufsichtsrechtliche Sanktionen aus (Vorlage eines<br />

Finanzierungsplans, Einschränkung der freien Verfügung über Vermögenswerte,…)<br />

Berechnung<br />

� Übernahme der Lebensversicherungs-, Nichtlebensversicherungs- <strong>und</strong> Marktrisiken <strong>und</strong> bis zu<br />

einem Risikopotenzial („Value-at-Risk“) von 85% im Laufe eines Jahres kalibriert.<br />

� Absolute Untergrenzen:<br />

– 2,2 Mio. € <strong>für</strong> Nichtlebensversicherungsunternehmen; <strong>für</strong> die Bereiche<br />

� Haftpflichtversicherung (u.a.: Kfz, Luftfahrzeug, Allgemein) <strong>und</strong><br />

� Kredit- <strong>und</strong> Kautionsversicherung<br />

beträgt die absolute Untergrenze 3,2 Mio. €.<br />

– 3,2 Mio. € <strong>für</strong> Lebensversicherungsunternehmen<br />

– 3,2 Mio. € <strong>für</strong> Rückversicherungsunternehmen<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

39


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Säule I: Solvency Capital Requirement<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Das SCR ist die aus ökonomischer Sicht <strong>für</strong> einen geregelten Geschäftsablauf erforderliche<br />

Eigenkapitalausstattung.<br />

� Es soll eine Kapitalausstattung gewährleisten mit der ein Versicherungsunternehmen erhebliche<br />

unvorhergesehene Verluste auffangen kann.<br />

→ Das SCR wird durch den Value-at-Risk (VaR) bei einem Signifikanzniveau von 0,5%<br />

(entspricht 200-Jahres-Schaden) gemessen.<br />

VaR 0.005<br />

f(G)<br />

E[G]<br />

Gewinn<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

40


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Säule I: Solvency Capital Requirement<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Im Rahmen des SCR sollten alle bedeutenden <strong>und</strong> quantifizierbaren Risiken, denen ein<br />

Versicherungsunternehmen ausgesetzt ist, berücksichtigt werden.<br />

� Hier wird ein Bottom-Up Ansatz unter Berücksichtigung der Korrelationen angewendet:<br />

SCR NL<br />

� Prämien/Reserve<br />

� Katastrophen<br />

SCR Markt<br />

� Zinsen<br />

� Aktien<br />

� Immobilien<br />

� Spread<br />

� Wechselkurs<br />

� Konzentration<br />

SCR<br />

Basiskapitalanforderung<br />

SCR Kredit<br />

� Rückversicherung<br />

� Verbriefungen<br />

� Derivate<br />

� Forderungen ggü.<br />

Vermittlern<br />

Operationelles Risiko<br />

SCR Leben<br />

� Sterblichkeit<br />

� Langlebigkeit<br />

� Morbidität<br />

� Kosten<br />

� Reserve<br />

� Storno<br />

� Katastrophen<br />

SCR Kranken<br />

� Kosten<br />

� Prämien/Reserve<br />

� Epidemien<br />

Quelle: Gen Re (2007)<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

41


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Säule I: Solvency Capital Requirement<br />

Varianten zur Ermittlung des SCR:<br />

� Standardansatz<br />

– Vorgabe durch Rahmenrichtlinie bzw. ergänzende Verordnung<br />

– Pauschale Berechnung mittels einer <strong>für</strong> alle VU einheitlichen Formel<br />

� Interne Modelle<br />

→ Ohne großen Aufwand von allen VU einsetzbar<br />

– Individuelle, eigen<strong>erste</strong>llte Modellierung je VU<br />

– Akkreditierung durch Aufsichtsbehörde erforderlich<br />

→ Genauere Abbildung der versicherungsbetrieblichen Risikolage<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

→ Motivation <strong>für</strong> VU: evtl. geringere Eigenmittelanforderung als beim Standardansatz<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

42


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Säule I: Eigenmittel<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Auch unter Solvency II dienen Eigenmittel als Risikopuffer. Hier wird ein dreistufiges Verfahren<br />

angewendet werden:<br />

1. Bestimmung der Eigenmittel<br />

2. Klassifizierung der Eigenmittel<br />

3. Anrechnungsfähigkeit der Eigenmittel<br />

� Die Höhe der verfügbaren Eigenmittel ergibt sich aus<br />

– Basiseigenmitteln (ökonomische Kapital bzw. Überschuss der Vermögenswerte über die<br />

Verbindlichkeiten)<br />

– ergänzenden Eigenmitteln (Verbindlichkeiten zur Aufstockung der Eigenmittel/ Ausgleich<br />

von Verlusten)<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

43


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Säule I: Eigenmittel<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Die quantitativen Vorschriften unter Solvency II beruhen auf einem Gesamtbilanzansatz.<br />

– Vermögenswerte <strong>und</strong> Verbindlichkeiten sind gr<strong>und</strong>sätzlich konsistent zu Marktwerten zu<br />

bewerten.<br />

– Harmonisierung von Solvabilitäts- <strong>und</strong> Rechnungslegungsvorschriften (IFRS)<br />

Komponenten einer ökonomischen Solvenzbilanz:<br />

Aktiva<br />

Marktwert der<br />

Vermögensgegenstände<br />

Freies Kapital<br />

Solvenzkapitalanforderung<br />

Risikomarge<br />

Marktwert der<br />

Verbindlichkeiten<br />

Eigenmittel<br />

Verbindlichkeiten<br />

Passiva<br />

Quelle: Schradin/Ehrlich (2009), S. 224<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

44


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Säule I: Eigenmittel<br />

Kategorisierung der Eigenmittel<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Für die Kategorisierung der Eigenmittel sind zwei zentrale Merkmale maßgebend:<br />

– Ständige Verfügbarkeit: Diese Eigenmittel sind verfügbar <strong>und</strong> bei Bedarf einforderbar, um<br />

Verluste bei Unternehmensfortführung oder Liquidation vollständig aufzufangen.<br />

– Nachrangigkeit: Im Falle der Liquidation sind die Eigenmittel verfügbar, um Verluste<br />

aufzufangen, <strong>und</strong> die Rückzahlung an ihre Inhaber wird solange verweigert bis alle anderen<br />

(auch versicherungstechnischen) Verpflichtungen erfüllt worden sind.<br />

� Es werden drei unterschiedliche Qualitätsklassen („Tiers“) von Eigenmitteln berücksichtigt:<br />

– Der Anteil der höchsten Qualitätsklasse (Tier 1) muss mindestens 1/3 betragen.<br />

– Der Anteil der schlechtesten Qualitätsklasse (Tier 3) darf höchsten 1/3 betragen.<br />

→ Tier 1 + Tier 2 + Tier 3 ≥ SCR<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

45


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Säule I: Eigenmittel<br />

Kategorisierung der Eigenmittel<br />

� Basiseigenmittel <strong>für</strong> die<br />

– beide Merkmale weitgehend erfüllt werden in Tier 1 eingestuft.<br />

→ Gr<strong>und</strong>kapital, einbehaltene Gewinne (Gewinnrücklage)<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

→ Lebensversicherung: freie Rückstellung <strong>für</strong> Beitragsrückerstattung (RfB) <strong>und</strong><br />

Schlussüberschussanteile<br />

– nur das Merkmal der Nachrangigkeit erfüllt ist, werden in Tier 2 eingestuft.<br />

� Ergänzende Eigenmittelbestandteile werden in Tier 2 eingestuft, wenn sie die beiden Merkmale<br />

erfüllen.<br />

� Alle sonstigen Basiseigenmittelbestandteile <strong>und</strong> ergänzende Eigenmittelbestandteile werden in<br />

Tier 3 eingestuft.<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

46


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Säule I: Einige Ansätze <strong>für</strong> ökonomische Diskussion<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Welche Anreize gehen von der Möglichkeit zur Entwicklung interner Modelle aus?<br />

→<br />

→<br />

� Wer akkreditiert/zertifiziert interne Modelle?<br />

→<br />

→<br />

� Entwickeln sich auch bei internen Modellen „Standards“?<br />

→<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

47


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Säule I: Einige Ansätze <strong>für</strong> ökonomische Diskussion<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

„It is unfortunate, but true, that regulators tend to be outgunned by the resources in<br />

the companies they regulate. The regulated firm is more likely to have the rocket<br />

scientists that live and breathe the structure of their models every day …“<br />

Therese Vaughan, CEO, National Association of Insurance Commissioners<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

48


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Inhalte der Säule II<br />

Aufsichtsbezogene Inhalte<br />

� Ziele der Aufsicht über Versicherungsunternehmen<br />

� Transparenz der Aufsichtsbehörden<br />

Unternehmensbezogene Inhalte<br />

� Anforderungen an das Management von Versicherungsunternehmen<br />

� Gestaltung des regulatorischen Überwachungsprozesses<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

– Kontrolle des Risikomanagements durch die Aufsicht (z. B. Prozessabläufe,<br />

Dokumentation)<br />

– Überprüfung des internen Kontrollsystems<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

49


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Säule II: Aufsichtsrechtliches Überprüfungsverfahren<br />

Ziel<br />

� Umfassendes Risikomanagement<br />

Folge<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Erhöhte Anforderungen an die Eigenmittelausstattung, wenn qualitative Mindestniveaus nicht<br />

erreicht werden<br />

→ Jedoch: Vermeidung prozyklischer Eingriffe<br />

Anforderungen<br />

� Einheitliche Interpretation seitens der verschiedenen nationalen Aufsichtsbehörden<br />

� Setzung von geeigneten Anreizen, um Versicherer zu motivieren, ihre internen Risikomess- <strong>und</strong><br />

-managementverfahren weiter zu entwickeln<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

50


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

MaRisk (VA): Vorgriff <strong>für</strong> Säule II<br />

� Novellierung des VAG zum 1.1.2008 durch die Einfügung der<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

– § 55c (Berichterstattung über das interne Steuerungs- <strong>und</strong> Kontrollsystem) <strong>und</strong><br />

– § 64a (Geschäftsorganisation)<br />

� Im Januar 2009 wurde ein BaFin-R<strong>und</strong>schreiben (R3/2009) zu den Mindestanforderungen an das<br />

Risikomanagement von Versicherungsunternehmen (MaRisk VA) veröffentlicht.<br />

→ Ziel: Konkretisierung des § 64 a VAG (analog zu § 25 a Kreditwesengesetz, KWG aus dem<br />

Jahr 1997)<br />

→ Einführung eines angemessenen Risikomanagements<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

51


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

MaRisk (VA): Überblick<br />

Ziel<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Versicherer sollen ihre aktuelle Risikosituation beherrschen <strong>und</strong> Geschäftsentscheidungen sollen<br />

im Bewusstsein über die Auswirkungen auf das Risikopotential getroffen werden.<br />

Insgesamt gibt es vier zentrale Pfeiler:<br />

1. Festlegung einer Risikostrategie<br />

2. Der aufbau- <strong>und</strong> ablauforganisatorische Rahmen<br />

3. Interne Steuerungs- <strong>und</strong> Revisionssystem<br />

4. Die interne Revision<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

52


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

MaRisk (VA): Überblick<br />

Vorgehensweise<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� MaRisk stellt ein flexibles Rahmenwerk <strong>für</strong> die unternehmensindividuelle Umsetzung dar.<br />

→ Individuelle Lösungen werden zugelassen, solange Risikoprofil <strong>und</strong> Geschäftsmodell<br />

zusammen passen.<br />

� Es gilt die doppelte Proportionalität:<br />

– Risikomanagementsysteme müssen proportional zum individuellen Risiko sowie Art <strong>und</strong><br />

Umfang bzw. Komplexität des Geschäftsbetriebs sein.<br />

– Auch die Aufsichts- <strong>und</strong> Prüfmaßnahmen sollen unter dem Gesichtspunkt der<br />

Proportionalität gestaltet werden.<br />

→ Zentrale Maßgeblichkeit: Risikopotential!<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

53


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

MaRisk (VA): Generalnormen<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Der Geschäftsleiter ist <strong>für</strong> die ordnungsgemäße Geschäftsorganisation verantwortlich.<br />

→ Die Verantwortung ist nicht delegierbar!<br />

� Die Geschäftsleitung muss die wesentlichen Risiken des Unternehmens kennen, diese bewerten,<br />

steuern <strong>und</strong> <strong>für</strong> eine ausreichende Ausstattung an Eigenmitteln sorgen.<br />

� Alle Maßnahmen müssen schriftlich dokumentiert werden, <strong>für</strong> externe Dritte nachvollziehbar <strong>und</strong><br />

aufeinander abgestimmt sein.<br />

� Ausgelagerte Funktionen müssen in das Risikomanagement integriert werden.<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

54


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

MaRisk (VA): Risikostrategie<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Durch eine Risikostrategie muss insbesondere festgelegt werden, welches Verhältnis zwischen<br />

Risiko <strong>und</strong> Chancen in einzelnen Geschäftsbereichen mindestens eingehalten werden muss.<br />

→ Die Risikostrategie muss zur Geschäftsstrategie passen<br />

� Zentrale Problematik ist die Aggregierung der Einzellimits.<br />

→ Diversifikationseffekte?<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

55


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

MaRisk (VA): Der aufbau- <strong>und</strong><br />

ablauforganisatorische Rahmen<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Aufbau- <strong>und</strong> ablauforganisatorische Regelungen sollen eine adäquate Überwachung aller<br />

risikorelevanter Geschäftsabläufe ermöglichen.<br />

� Notwendige Maßnahmen:<br />

– Entwicklung interner Leitlinien (Grenzen der Geschäftstätigkeit)<br />

– Organisation des Risikomanagements<br />

• Miteinander unvereinbare Tätigkeiten müssen durch unterschiedliche Stellen<br />

ausgeübt werden.<br />

• Strukturen müssen die Umsetzung der strategischen Maßnahmen ermöglichen<br />

• Festlegung des Gegenstands <strong>und</strong> der Kompetenzen der internen Revision<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

56


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

MaRisk (VA): Interne Steuerungs- <strong>und</strong> Kontrollsystem<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Basis ist das Risikotragfähigkeitskonzept bei dem die zu tragenden Risiken <strong>und</strong> der<br />

Kapitalbedarf, der daraus resultiert, den verfügbaren Eigenmitteln gegenübergestellt wird.<br />

→ Verbesserung der Tragfähigkeit durch mehr Eigenmittel oder Reduktion des Risikobedarfs.<br />

� Implementierung eines Risikomanagement-Regelkreis<br />

– Risikoidentifikation, -analyse <strong>und</strong> -bewertung<br />

– Risikoüberwachung <strong>und</strong> -kontrolle<br />

– Risikokommunikation <strong>und</strong> -berichterstattung<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

57


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

MaRisk (VA): Interne Revision<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Die Kontroll- <strong>und</strong> Überwachungsfunktion der internen Revision bezieht sich auf die gesamte<br />

Geschäftsorganisation <strong>und</strong> nicht nur auf das Risikomanagement.<br />

� Unterstützung des Risikocontrollings bei der Risikofrüherkennung<br />

� Verantwortung <strong>für</strong> ein Risikoinformationssystem<br />

� Überprüfung des Compliance-Systems <strong>und</strong> des Risikomanagements<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

58


I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Säule III: Marktdisziplin<br />

These<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

� Verschiedene Marktakteure bewerten die wirtschaftliche Stabilität eines Unternehmens <strong>und</strong><br />

lassen das Ergebnis unmittelbar in ihre Aktivitäten einfließen.<br />

Ziel<br />

� Erhöhung der Transparenz zur Stärkung der Marktmechanismen<br />

� Erzeugung von Marktdruck (z. B. durch Ratingagenturen oder Analysten) zur<br />

Aufrechterhaltung einer (ökonomisch) adäquaten Eigenkapitalausstattung.<br />

Anforderung<br />

� Trade-off zwischen aussagefähiger Offenlegung <strong>und</strong> Wahrung vertraulicher Informationen<br />

über Produkte <strong>und</strong> Systeme.<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

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I. Solvabilitätsvorschriften <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

Solvency II: Einige Ansätze <strong>für</strong> ökonomische Diskussion<br />

� Besteht Tendenz zu Scheingenauigkeit?<br />

� Operationales Risiko im Risk Management<br />

� Funktioniert die Marktdisziplin?<br />

� Rolle der Rating-Agenturen …<br />

� Wie wird Prozyklität in Grenzen gehalten?<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Versicherungswirtschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Sozialsysteme<br />

18. Oktober 2010 Versicherungsmanagement<br />

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