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Dr. Thomas Köhne, Dipl. - Versicherungsforen Leipzig

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<strong>Versicherungsforen</strong><br />

Fachartikel<br />

2004<br />

Thema Produktpolitik<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Thomas</strong> <strong>Köhne</strong>, <strong>Dipl</strong>.-Kfm. Markus Rosenbaum, <strong>Leipzig</strong> 1<br />

Produktpolitik nach 10 Jahren Deregulierung<br />

Vor wenigen Tagen jährte es sich zum zehnten Mal, dass die Neuordnung<br />

der Versicherungsaufsicht und die damit verbundene Deregulierung in<br />

Deutschland rechtlich mit der Transformation der 3. EG-Richtlinien durch<br />

das <strong>Dr</strong>itte Durchführungsgesetz/EWG zum VAG vom 21.7.1994 abgeschlossen<br />

wurde. Damit besteht seit nunmehr zehn Jahren für Versicherer<br />

die Möglichkeit – aber auch die Verpflichtung –, über ihre Produkt- und<br />

Prämiengestaltungen autonom zu entscheiden, so dass sie als „echte“ Unternehmer<br />

in der Marktwirtschaft tätig sein können. Den Versicherern stehen<br />

nun alle wesentlichen Erfolgsfaktoren für die Marktbearbeitung frei<br />

zur Verfügung, nachdem dies mehr als 90 Jahre lang im hochregulierten<br />

Versicherungsmarkt nur für die Kommunikations- und Vertriebspolitik der<br />

Fall war. Dieser Jahrestag soll zum Anlass genommen werden, die im Versicherungsmarkt<br />

praktizierte Produktpolitik zu untersuchen: Welche Gestaltungsmöglichkeiten<br />

wurden in der Zwischenzeit ergriffen, wurde der<br />

nunmehr eingeräumte Spielraum ausgenutzt, wo liegen die künftigen<br />

Chancen, Herausforderungen und Grenzen der Produktpolitik?<br />

Dabei ist zu beachten, dass in den vergangenen<br />

zehn Jahren nicht nur Änderungen im<br />

(Aufsichts-)Recht produktpolitische Wirkungen<br />

2 entfacht haben, sondern auch eine Vielzahl<br />

anderer Entwicklungen:<br />

- Die Versicherungskunden werden immer<br />

anspruchsvoller, zeigen aber gleichzeitig<br />

immer weniger Bereitschaft, zusätzliche<br />

Leistungen und Services zu bezahlen.<br />

Hinzu kommt, dass die Deregulierung zu<br />

einer Verunsicherung geführt hat, die in<br />

einem Schereneffekt mündet: Einzelne<br />

<strong>Versicherungsforen</strong> <strong>Leipzig</strong> - Gesellschaft für angewandte Versicherungswissenschaft mbH<br />

Geschäftsführung: <strong>Dipl</strong>.-Kfm. Markus Rosenbaum<br />

Käthe-Kollwitz-Str. 9 ◦ 04109 <strong>Leipzig</strong> ◦ Telefon 0341 / 124 55 0 ◦ Fax 0341 / 124 55 99 ◦<br />

E-Mail: kontakt@versicherungsforen.net ◦ URL: www.versicherungsforen.net<br />

Unter der Leitung der beiden Autoren haben<br />

die <strong>Versicherungsforen</strong> <strong>Leipzig</strong> zum<br />

Thema „Produktmanagement von Versicherungsunternehmen“<br />

eine User Group<br />

zum fortlaufenden Austausch zwischen<br />

Wissenschaft und Praxis eingerichtet. Das<br />

nächste Teilnehmertreffen findet am<br />

30.9./1.10.2004 statt. Daneben findet<br />

am 30.8.2004 ein einstündiger Chat statt,<br />

in dem gemeinsam mit interessierten<br />

Fachleuten auf der Grundlage von Thesen<br />

über die Produktpolitik von Versicherungsunternehmen<br />

virtuell diskutiert wird.<br />

Detaillierte Informationen zur User Group<br />

und zum Chat finden Sie unter<br />

www.versicherungsforen.net/pm.<br />

1 <strong>Dr</strong>. <strong>Thomas</strong> <strong>Köhne</strong> ist geschäftsführender Vorstand am Institut für Versicherungswissenschaften<br />

(IfVW) an der Universität <strong>Leipzig</strong>. Markus Rosenbaum ist Geschäftsführer<br />

der <strong>Versicherungsforen</strong> <strong>Leipzig</strong>, einer Ausgründung aus dem IfVW.<br />

2 Die neue Rechtslage hat sich auch mittelbar auf die Aufsichtspraxis in Deutschland<br />

ausgewirkt, wo fortan „weder für den Grundsatz der Markttransparenz noch für den,<br />

dass jeder Zweig sich selber tragen müsse, mehr Platz im Aufsichtsgeschehen“ war.<br />

Siehe Müller, H.: 100 Jahre Versichertenschutz in Deutschland, in: VP 7/2001, S. 136.<br />

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<strong>Versicherungsforen</strong><br />

Fachartikel<br />

2004<br />

Thema Produktpolitik<br />

Kundengruppen konnten Entscheidungskompetenz aufbauen und sind<br />

wechselbereit, bei der überwiegenden Zahl der Kunden ist die Kompetenz<br />

hinsichtlich Versicherungsprodukten jedoch rückläufig, so dass typische<br />

psychologische Rückzugsmechanismen wirksam werden, wie die<br />

Komplexitätsreduktion durch Ausblendung von Informationen. 3 Emanzipierte<br />

Nachfrager sowie ein generell feststellbarer Wertewandel führen<br />

insgesamt zu einem veränderten Problemlösungsverhalten mit völlig<br />

veränderten Anforderungen an Produktgestaltungen. 4<br />

- Die demografische Entwicklung führt einerseits zu einem langfristig<br />

schrumpfenden Absatzmarkt und andererseits zu einem immer höheren<br />

Durchschnittsalter in der Bevölkerung. Letzteres hat zur Folge,<br />

dass sich die Versicherungswirtschaft sehr viel stärker auf die Kundengruppe<br />

der Senioren mit den spezifischen Bedürfnissen dieser Klientel<br />

ausrichten muss. 5 Zudem resultiert aus der demografischen Entwicklung<br />

bekanntermaßen ein deutlich steigender Bedarf nach eigenverantwortlicher<br />

Altersvorsorge.<br />

- Vor dem Hintergrund von Deregulierung und den übrigen zuvor genannten<br />

Veränderungen hat sich die Wettbewerbssituation drastisch<br />

verschärft. Dies ist nicht nur eine veränderte Rahmenbedingung für die<br />

Produktpolitik, sondern auch eine unmittelbare Konsequenz daraus:<br />

Der Absatzmarkt wird kleiner und die Ansprüche der Kunden werden<br />

größer, so dass die Konkurrenten schon fast zwangsläufig mit neuen<br />

Produkten und/oder neuen Prämien bzw. Tarifierungsmerkmalen reagieren.<br />

Hinzu kommt der (potenzielle) Eintritt neuer Konkurrenten –<br />

etwa aus der Automobilindustrie 6 oder der Bankwirtschaft – in den<br />

Versicherungsmarkt, was den Wettbewerb weiter anheizt.<br />

- Bei der Entwicklung neuer Technologien wurde in den vergangenen<br />

zehn Jahren ein regelrechter Quantensprung vollzogen. Kapazität für<br />

die Speicherung von elektronischen Daten steht nunmehr nahezu unbegrenzt<br />

zur Verfügung. Gleichzeitig ist das Internet heute im privaten<br />

3<br />

Vgl. Gaedeke, O.; Schubert, A.; Melles, T.: Entwicklung von Finanzprodukten – mehr<br />

als nur eine Conjoint-Analyse!, in: planung & analyse 3/2003, S. 35.<br />

4<br />

Siehe hierzu mit weiteren Literaturhinweisen Helten, E.; Hartung, T.: Restrukturierung<br />

von Wertschöpfungsketten im Allfinanzbereich, in: Financial Services: Modelle und<br />

Strategien der Wertschöpfung, hrsg. vom Institut für Versicherungswirtschaft der Universität<br />

St. Gallen u.a., St. Gallen 2001, S. 56 f.<br />

5<br />

Siehe etwa Breiting, F.; Sattler, M.: 50+: Das unbekannte Wesen, in: VW 7/2003, S.<br />

458-462; Reitzler, R.: Versicherungen für Senioren – Perspektiven für das Zielgruppen-Marketing,<br />

Wiesbaden 2001.<br />

6<br />

Vgl. Mummert Consulting u.a. (Hg.): Kfz-Versicherungen – Aktuelle Entscheiderbefragung:<br />

Tendenzen und Szenarien, Hamburg 2002.<br />

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<strong>Versicherungsforen</strong><br />

Fachartikel<br />

2004<br />

Thema Produktpolitik<br />

und wirtschaftlichen Kontext eine fast selbstverständliche Plattform<br />

zum Austausch von multimedialen Informationen und Nachrichten aller<br />

Art geworden. Diese Basisentwicklungen haben zu Veränderungen sowohl<br />

bei der Neugestaltung als auch bei der Verwendung von Versicherungsprodukten<br />

geführt. So stehen heute neuartige Produktentwicklungswerkzeuge<br />

zur Verfügung, die ein verkürztes „time to market“,<br />

eine erhöhte Produktflexibilität und eine zentrale Abbildbarkeit von<br />

Produktwissen versprechen. 7 Darüber hinaus können am Point of Service<br />

mit Unterstützung elektronischer Medien neue Produkte besser im<br />

Hinblick auf ihre Problemlösungswirkung visualisiert und Entscheidungen<br />

zum Underwriting durch die Anbindung der Vermittler an die IT<br />

des Versicherers rascher getroffen werden.<br />

Um nun der Frage nachzugehen, ob der durch die Deregulierung eingeräumte<br />

Spielraum in der Produktpolitik von den Versicherern ausgenutzt<br />

worden ist, sind zunächst deren generelle Gestaltungsmöglichkeiten kurz<br />

zu skizzieren und anschließend die tatsächlich erfolgten Produktinnovationen<br />

der letzten Jahre zu diskutieren und beurteilen.<br />

Möglichkeiten der Produktgestaltung 8<br />

Haller hat mit dem 3-Ebenen-Konzept des Versicherungsproduktes 9 ein<br />

Modell entwickelt, anhand dessen sich die Möglichkeiten der Versicherungsproduktgestaltung<br />

systematisch beschreiben lassen. Das Konzept<br />

baut dabei auf der Funktion des Versicherungsproduktes gegenüber dem<br />

Kunden auf. Der Kunde wird in den Mittelpunkt gestellt, so dass er Zentrum<br />

aller Reflexionen des Versicherers zum Versicherungsprodukt ist. Dieses<br />

Produktverständnis entspricht somit dem Blickwinkel des Marketing<br />

sowie der Definition von Wirtschaftsgütern, deren herausragende Eigenschaft<br />

die (subjektive) Nutzenstiftung ist. 10 Daraus ergibt sich ein erweitertes<br />

Produktverständnis, welches sich in drei Ebenen darstellen lässt,<br />

wobei die jeweils tiefere Ebene in die nächst höhere eingegliedert ist:<br />

7 Vgl. Gartzlaff, N.: Wenn der Kostendruck zu hoch ist, in: VW 20/2003, S. 1628.<br />

8 Vgl. ausführlich bei <strong>Köhne</strong>, T.: Die Wirkungsversicherung im Privatkundengeschäft,<br />

Implikationen für eine kundenorientierte Marktleistungsgestaltung, St. Gallen 1997, S.<br />

144-166.<br />

9 Vgl. Haller, M.: Produkt- und Sortimentsgestaltung, in: HdV 1988, S. 561-567; <strong>Köhne</strong>,<br />

T.: Zur Konzeption des Versicherungsproduktes – Neue Anforderungen in einem deregulierten<br />

Markt, in: ZVersWiss 1/ 2 1998, S. 143-192.<br />

10 Vgl. Riege, J.: Das Versicherungsprodukt, in: ZVersWiss 3/1990, S. 407.<br />

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Fachartikel<br />

2004<br />

Thema Produktpolitik<br />

In dem 3-Ebenen-Konzept stellt das eigentliche und traditionelle Kernprodukt<br />

„Versicherungsschutz“ die Ebene 1 dar. Dabei handelt es sich um die<br />

Versicherungsdeckung, welche juristisch betrachtet vor allem in Antrag,<br />

Versicherungsschein und -bedingungen formuliert ist. Ebene 2 ergänzt das<br />

Kernprodukt um die unmittelbare Dienstleistung zur Marktleistung: Die<br />

Dienstleistung umfasst Beratung, Erklärung, Abschluss, Betreuung und<br />

Schadenbearbeitung. Ebene 3 weitet die Orientierung der Marktleistung<br />

Versicherung an der Funktion des (finanziellen) Sicherns auf weitere<br />

Dienstleistungen aus.<br />

Die Gestaltungsmöglichkeiten des Kernproduktes (Ebene 1) beziehen sich<br />

auf die formale Aufmachung und auf die materiell-inhaltliche Ausprägung<br />

des im Einzelnen angebotenen Versicherungsschutzes. Die formale Produktgestaltung<br />

umfasst im Wesentlichen die Suche nach der zutreffenden<br />

Produktbezeichnung, die Gestaltung von Antrags-, Versicherungsschein-<br />

und Bedingungsmaterial sowie die Suche nach einer möglichst verständlichen<br />

Darstellung der Versicherungsprodukte, vor allem der Bedingungen.<br />

Dabei besteht ein Spannungsfeld zwischen dem Erfordernis juristischer<br />

Eindeutigkeit einerseits und der kundenfreundlichen, einfachen Gestaltung<br />

andererseits. Die Profilierung der eigenen Produkte kann überdies vor allem<br />

durch eine überzeugende und auf die Produktinhalte hinweisende Produktbezeichnung,<br />

insbesondere durch die Bildung von Produktmarken, geschehen.<br />

Die materiell-inhaltliche Ausprägung des Kernprodukts erweist sich als<br />

<strong>Dr</strong>eh- und Angelpunkt des gesamten Versicherungsproduktes; denn was<br />

nutzen verschiedenste Zusatzleistungen (Service- und Assistanceleistungen)<br />

dem Kunden, wenn das Kernprodukt – die Versicherungsdeckung –<br />

am Bedarf vorbei geht?<br />

In Anlehnung an Farny 11 umfasst die Gestaltung des Kernprodukts die<br />

Festlegung der Gestaltungsmerkmale Versicherungsfall, Schadenbewertung<br />

und Versicherungsform nach quantitativen, qualitativen, zeitlichen<br />

und räumlichen Kriterien sowie die rechtliche Einkleidung des Versicherungsschutzes<br />

mittels Antrag und Versicherungspolice inklusive AVB (Abb.<br />

1).<br />

11 Vgl. Farny, D.: Versicherungsbetriebslehre, 3. Aufl., Karlsruhe 2000, S. 367.<br />

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Fachartikel<br />

2004<br />

Thema Produktpolitik<br />

Versicherungsform<br />

Materiell-inhaltliche Produktgestaltung<br />

Merkmale des<br />

Versicherungsschutzes:<br />

qualitativ quantitativ räumlich zeitlich<br />

Versicherungsfall<br />

Schadenbewertung<br />

Deckungsprinzip<br />

Transformationsregel<br />

Rechtlich eingekleidet in:<br />

Versicherungsantrag; Versicherungsschein; Versicherungsbedingungen<br />

Individueller Versicherungsschutz<br />

Abb. 1: Gestaltungsmerkmale des individuellen Versicherungsschutz es 12<br />

Damit werden gleichzeitig auch die Stellhebel für die Produktgestaltung<br />

angesprochen. Der Versicherungsfall lässt sich vor allem über die Definition<br />

der versicherte(n) Gefahr(en) gestalten (Welche Ursachen sind versichert?).<br />

Die Schadenbewertung (Welche Schäden als Folge dieser Ursachen<br />

sind zu welchem Wertansatz versichert?) basiert vor allem qualitativ<br />

auf den festgelegten versicherten Sache(n) oder Person(en) und versicherten<br />

Schadenarten (Personen-, Sach-, Vermögensschäden) sowie<br />

quantitativ auf dem Versicherungswert. In der Literatur 13 werden insbesondere<br />

solche Versicherungsprodukte als Innovation bezeichnet, die auf<br />

neue versicherte Gefahren abstellen, etwa die Atomversicherung, die private<br />

Arbeitslosenversicherung oder die D&O-Versicherung. Seltener sind<br />

innovative Definitionen von versicherten Schäden, wie etwa die <strong>Dr</strong>ead Disease-Deckung<br />

(z.B. aus dem Hause Skandia), als optionale Erweiterung<br />

des Versicherungsschutzes in der Lebens- oder Krankenversicherung. Ein<br />

weiteres Beispiel in diesem Kontext stellt das Produkt „Best Care“ der DKV<br />

dar, bei dem im Hinblick auf 25 schwerwiegenden Erkrankungen die betroffenen<br />

Patienten einen bevorzugten Zugang zu medizinischen Spezialisten<br />

erhalten. Demgegenüber sind kaum nennenswerte Innovationen durch<br />

den erstmaligen Einschluss von „neuen“ versicherten Sachen oder Perso-<br />

12 Quelle: <strong>Köhne</strong>, T. (1997), S. 149.<br />

13 Vgl. Bittl, A.; Vielreicher, P.: Produktinnovationsmanagement im Schadenversicherungsunternehmen.<br />

Ergebnisse einer empirischen Untersuchung, in: VW 16/1995, S.<br />

1085-1089; Farny, D.: Die Gestaltung von Versicherungsprodukten im Marketing von<br />

Versicherungsunternehmen, in: ZVersWiss 1/2 1995, S. 88; Puschmann, K.-H.:<br />

Grundlagen des Versicherungsmarketings, Karlsruhe 2003, S. 106.<br />

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Fachartikel<br />

2004<br />

Thema Produktpolitik<br />

nen zu verzeichnen – abgesehen von der Einführung des Single-<br />

Privathaftpflichttarifs. Dies dürfte daran liegen, dass auch vor der Deregulierung<br />

bereits Versicherungsschutz für alle „Träger“ von Risiken zumindest<br />

grundsätzlich zur Verfügung stand.<br />

Als dritte Gestaltungskomponente neben Versicherungsfall und Schadenbewertung<br />

bestimmt die Versicherungsform den konkreten Umfang des<br />

Versicherungsschutzes (Nach welcher Regel werden die versicherten<br />

Schäden entschädigt?). Auch Deckungssummen und Franchisen spielen<br />

diesbezüglich eine Rolle. In diesem Kontext hat es in den vergangenen 10<br />

Jahren eine Reihe von Änderungen gegeben. Beispiele 14 dafür sind die von<br />

der HUK-Coburg („Heim & Haftpflicht“) oder vom Deutschen Herold („dimenso“)<br />

praktizierte Abkehr von der für die Kunden schwer nachvollziehbaren<br />

„Versicherungssumme 1914“ in der Wohngebäudeversicherung, die<br />

Abschaffung der Versicherungssumme – und damit von der komplizierten<br />

Vollwertversicherung – in der Hausratversicherung oder die Möglichkeit<br />

zur Vereinbarung sehr hoher Selbstbehalte in der privaten Krankenversicherung<br />

(z.B. Tarif „XL“ der Victoria). Generell gilt, dass die Selbstbehalte<br />

in sehr viel stärkerem Maße als in der Vergangenheit als risikopolitisches<br />

Instrument eingesetzt werden – einerseits, um das Kundeninteresse an<br />

der Schadenverhütung zu steigern und damit das moralische Risiko zu<br />

mindern, sowie andererseits, um die unwirtschaftliche Regulierung von<br />

Kleinschäden zu vermeiden („Geldwechselgeschäfte“).<br />

Daneben sind noch einige Veränderungen festzuhalten, die vor allem vertragsrechtlicher<br />

Natur sind und/oder durch den Gesetzgeber angestoßen<br />

wurden: Bspw. ist die Vertragslaufzeit tendenziell kürzer geworden. Auch<br />

das geplante neue VVG enthält eine ausdrückliche Bestimmung, wonach<br />

ein Versicherungsnehmer spätestens zum Ende des dritten Versicherungsjahres<br />

ein Kündigungsrecht hat (§ 11 Abs. 4E VVG). 15 Die hiermit angesprochenen<br />

vertragsrechtlichen Aspekte sind durchaus kundenorientiert<br />

und erleichtern den Verkauf. Ein weiteres Beispiel ist die Riester-Rente:<br />

Die mit ihr verbundenen neuen, aus Kundensicht interessanten Komponenten<br />

sind gesetzlich motiviert. Sie umfassen die staatliche Förderung<br />

(durch Zulagen und steuerliche Abzugsfähigkeit), die Transparenz durch<br />

14<br />

Vgl. etwa Heidemann, J.: Neue Tarife und Produkte in der privaten Krankenversicherung,<br />

in: VP 5/2002, S. 90-94; Knospe, J.: „Versicherungssumme 1914“ vor dem<br />

Aus?, in: ZfV 4/2000, S. 115 f.<br />

15<br />

Vgl. Niederleithinger, E.: Der Abschlussbericht der VVG-Kommission – Zusammenfassung<br />

von Vorschlägen, in: ZfV 9/2004, S. 242.<br />

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2004<br />

Thema Produktpolitik<br />

Ausweis der Prämienbestandteile und die jederzeitige Wechselmöglichkeit<br />

zwischen Anbietern ohne finanzielle Nachteile. Krux der gesetzlichen Regelung<br />

ist, dass dieses Geschäft – zumindest in den Anfangsjahren – nicht<br />

wirklich lukrativ ist. Schließlich ist die fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherung<br />

als neues Versicherungsprodukt zu erwähnen. In diesem<br />

Fall wurde jedoch nicht die Risikokomponente, sondern vor allem die<br />

Sparkomponente durch die Wahl rendite- und somit risikoträchtigerer Anlagestrategien<br />

zum Aufbau des Altersvorsorgekapitals neu gestaltet.<br />

Die Gestaltungsmöglichkeiten der Marktleistung (Ebene 2) betreffen solche<br />

Dienstleistungen, die die Versicherungsdeckung unmittelbar ergänzen,<br />

wie Sicherheitsberatung, Erklärung, Betreuung und Schadenbearbeitung.<br />

Mit ihnen gehen die viel diskutierten Maßnahmen des Service-, Kundenzufriedenheits-,<br />

Schaden- und Beschwerdemanagements einher. 16 Die Integration<br />

des Versicherungsprodukts in die Marktleistung setzt die Fähigkeit<br />

einer entsprechend flexiblen und individuellen Gestaltung des Kernproduktes<br />

voraus. Diese Anforderung ergibt sich nicht zuletzt aus den unterschiedlichen<br />

Risikoproblemen verschiedener privater Haushalte (Single,<br />

Familie) sowie verschiedener Phasen des Lebenszyklus.<br />

Schließlich bieten sich dem Versicherer (oder anderen Dienstleistungsunternehmen)<br />

auf der Gesamtleistungsebene (Ebene 3) weitere Gestaltungsoptionen<br />

im Zuge der Erfüllung weiterer Funktionen (neben derjenigen<br />

des finanziellen Sicherns) im Sinne einer integrierten, umfassenden<br />

Problemlösung. Diese lassen sich in drei Dimensionen unterteilen:<br />

- Eine Problemlösung in der finanziellen Dimension tendiert dabei zu<br />

verbundenen Finanzdienstleistungen und bedarf der Kombination der<br />

Finanzdienstleistungs-Funktionen Sichern, Einnehmen und Ausgeben,<br />

Vermögensbildung und Sparen sowie Anlegen und Verteilen. Es bestehen<br />

zahlreiche und enge ökonomische Verbindungen dieser Funktionen,<br />

beim Kunden bezüglich des Nutzens und beim Versicherer bezüglich<br />

der Leistungserstellung und des Absatzes (Allfinanz).<br />

- Im Hinblick auf die technisch-leistungswirtschaftliche Dimension werden<br />

Leistungen rund um das Risiko-Management, die andere Sicherungs-Funktionen<br />

als das finanzielle Sichern betreffen, angesprochen.<br />

Schadenverhütungsmaßnahmen sowie Beratung hinsichtlich von Si-<br />

16 Vgl. z.B. Lehmann, A.: Dienstleistungsmanagement zwischen industriell-orientierter<br />

Produktion und zwischenmenschlicher Interaktion – Reflexe in der Versicherung, St.<br />

Gallen 1989, S. 186-189 und S. 273-292; Homburg, C./Rudolph, B.: Wie zufrieden<br />

sind Ihre Kunden tatsächlich?, in: HARVARD BUSINESS manager 1/1995, S. 43-50.<br />

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2004<br />

Thema Produktpolitik<br />

cherheitsanlagen oder Verhalten im Notfall können hierunter fallen;<br />

dabei ist die Grenze zu den Inhalten der Marktleistung Versicherung<br />

freilich fließend. Zu dieser Dimension zählen auch Assistance-<br />

Leistungen, die Kunden in einer Notsituation helfen, die Annehmlichkeit<br />

steigern bzw. zu einer Zeitersparnis führen. Das Versicherungsunternehmen<br />

kann mit dem Angebot von Assistance-Leistungen weitere Ziele<br />

anstreben, nämlich das Erreichen von Wettbewerbsvorteilen, die Erhöhung<br />

der Kundenbindung sowie die Förderung der Produktdifferenzierung<br />

(und somit auch der Preisdifferenzierung). 17 Ein Beispiel ist der<br />

aktuelle Haus- und Wohnungsschutzbrief der Allianz, der die Care-Idee<br />

eines Notfall- und Pannendienstes verkörpert. Im Grunde genommen<br />

gehören auch die Organisation von Reparaturen im Kfz-Bereich oder<br />

Wiederinstandsetzung von zerstörtem Wohneigentum im Rahmen der<br />

Hausratversicherung sowie die Managed Care-Idee in der Krankenversicherung<br />

zu diesen aktiven „Instandsetzungs“-Dienstleistungen. 18<br />

- Abschließend ist noch die soziale Dimension von Bedeutung, die sich<br />

insbesondere durch das Angebot von so genannten (Total-) Care-<br />

Dienstleistungen erschließt: Soziale Integration im Alter, Altersdienste,<br />

Altersheim-Platzgarantien, Besuchs- und Überwachungsdienste sind<br />

nur einige Beispiele für dieses der unternehmerischen Phantasie zugängliche<br />

Geschäftsfeld.<br />

17 Vgl. z.B. Esser, M.: Assistance in der Versicherungswirtschaft – Ein marketingorientierter<br />

Ansatz zur Unternehmenswertsteigerung, Karlsruhe 2004; Schindler, R.; Reinhard,<br />

M.: Die Entwicklung des Assistance-Marktes in Deutschland, in: VW, (56) 2001, S.<br />

1005-1008.<br />

18 Der Begriff ‘Managed Care’ bezieht sich primär auf das Gesundheitswesen. Managed<br />

Care verfolgt dabei das Ziel, eine kostengünstige und qualitativ hochstehende Versorgung<br />

zu gewährleisten, indem Versicherung und Leistungserbringung integriert werden,<br />

das Versicherungsrisiko auf die Leistungserbringer verlagert wird, die freie Arztwahl<br />

und die Behandlungsautonomie der Leistungserbringer eingeschränkt wird und<br />

ökonomische Anreize zur Wahl kostengünstigerer Versorgungsformen geboten werden<br />

(vgl. Jelastopulu, E.; König, H.-H., Managed Care - Mit Phantasie gegen steigende<br />

Kosten, in: VW 11/1996, S. 30).<br />

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2004<br />

Thema Produktpolitik<br />

Ansätze kundenorientierter Produktgestaltung im Versicherungsmarkt<br />

Die Versicherungsunternehmen stehen vor der anspruchsvollen Aufgabe,<br />

mit ihrer Produktpolitik jedem Kunden einen möglichst hohen Produktnutzen<br />

und sich selbst einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz<br />

zu verschaffen und dabei gleichzeitig „Geld zu verdienen“. 19 Idealtypisch<br />

sind damit Produkte angesprochen, die bedarfsgerecht, flexibel, mit anderen<br />

Produkten kombinierbar, verständlich und preis-/leistungsmäßig konkurrenzfähig<br />

sind sowie darüber hinaus die innere Sicherheit des Kunden<br />

erhöhen. Eine Auswahl möglicher Lösungsansätze findet sich in<br />

Abb. 2.<br />

� Flexible-Bausteine<br />

� Umbrella-Prinzip<br />

� Baustein-Prinzip<br />

� Kurze Vertragslaufzeiten<br />

� Optionale/Variable<br />

Deckungsmodule<br />

Kombinierbarkeit<br />

Flexibilität<br />

� Gestaltung<br />

� Struktur<br />

� Sprache<br />

� Umfang<br />

Transparenz der<br />

Deckung BedarfsgeKundenorientierteMarktleistungsgestaltung<br />

Zusatzleistungen/<br />

Convenience<br />

� Assistance<br />

� Beratung<br />

� Kundenzeitung<br />

� Kundenkarte<br />

rechtigkeit<br />

� Modulare Baussteinsysteme<br />

� Variable Selbstbehalte<br />

� All-Risks-Deckung<br />

� Funktionenorientierung<br />

� Wirkungsorientierung<br />

Innere<br />

Sicherheit<br />

� Vollpreisdeckung<br />

� Katastrophendeckung<br />

� Selbstbehalte<br />

� Beratung<br />

Abb. 2: Ansätze kundenorientierter Versicherungsproduktgestaltung 20<br />

Vor dem Hintergrund der anfangs geschilderten veränderten Rahmenbedingungen<br />

der Versicherungsproduktpolitik und der aufgezeigten Gestaltungsoptionen<br />

haben sich in den vergangenen zehn Jahren in der Praxis<br />

verschiedene Konzepte herausgebildet, die teilweise auf breiter Front um-<br />

19<br />

Das damit angesprochene Spannungsfeld wird seit einiger Zeit intensiv unter dem Aspekt<br />

der „wertorientierten Steuerung“ diskutiert.<br />

20<br />

Vgl. <strong>Köhne</strong>, T.: Entwicklungstendenzen der Produktpolitik im deregulierten Versicherungsmarkt,<br />

in: VW 12/1999, S. 844.<br />

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Fachartikel<br />

2004<br />

Thema Produktpolitik<br />

gesetzt wurden, teilweise jedoch über ein Diskussionsstadium nicht hinausgegangen<br />

sind. Diese werden im Folgenden kurz skizziert und im<br />

Hinblick auf den tatsächlichen Innnovationsgehalt überprüft. Dabei ist zu<br />

beachten, dass die jeweiligen Konzepte nicht überschneidungsfrei sind,<br />

sondern vielmehr jeweils einen besonderen Parameter der Produktgestaltung<br />

betonen.<br />

Zielgruppenprodukte resultieren aus der Überlegung, dass eine einheitliche<br />

Bearbeitung eines heterogenen Markts zu erheblichen Streuverlusten<br />

führt und darüber hinaus Standardprodukte die spezifischen Bedürfnisse<br />

der Kunden nicht befriedigen können. So finden sich heute im Versicherungsmarkt<br />

Zielgruppenprodukte, die sich<br />

• an den Lebensphasen der Kunden (die Beispiele reichen von der<br />

fondsgebundenen Kinderpolice „Aspecta Einstein“ bis zu speziellen<br />

Seniorenprodukten, etwa aus dem Hause Ideal),<br />

• an Berufen (z.B. die Arag Presse-Rechtsschutzversicherung für<br />

Journalisten) oder<br />

• an Bedarfsfeldern (z.B. „rund um das Auto“ oder „rund um die<br />

Reise“)<br />

orientieren. Freilich muss in der Praxis zwischen „echten“ Zielgruppenprodukten<br />

unterschieden werden und solchen, die lediglich in neuer, vermeintlich<br />

kundenorientierter Form vermarktet werden und bei denen<br />

schlicht herkömmliche Standardprodukte gebündelt werden. 21<br />

- Bei mehrstufigen Leistungsangeboten handelt es sich um vordefinierte<br />

Versicherungspakete aus einem Versicherungszweig (z.B. der<br />

Hausratversicherung), die jeweils einen unterschiedlichen Deckungsumfang<br />

aufweisen. So werden etwa die Pakete „Basis“, „Kompakt“ und<br />

„Luxus“ angeboten, wobei „Kompakt“ umfangreicheren Versicherungsschutz<br />

beinhaltet als „Basis“; „Luxus“ bietet entsprechend mehr als<br />

„Kompakt“. Der Unterschied zu den herkömmlichen, standardisierten<br />

Zweig- bzw. Spartenprodukten liegt darin, dass der Kunde bei Vertragsabschluss<br />

zwischen verschiedenen Varianten auswählen kann; er<br />

21 Ausführlich zum Zielgruppenmarketing: <strong>Köhne</strong>, T.: Auf dem Weg zum kundenindividuellen<br />

Marketing, Erfolgsfaktoren des Target Marketing in der Assekuranz, in: VW<br />

10/1998, S. 668-677<br />

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Thema Produktpolitik<br />

kann aber z.B. nicht Teile der betreffenden Versicherungspakete miteinander<br />

verknüpfen, so dass letztlich die Angebote nicht zu individuell<br />

angepassten Versicherungslösungen kombiniert werden können. Beispiele<br />

aus der Hausratversicherung sind „VIP“ von der Westfälischen<br />

Provinzial (Vernünftig, Intelligent, Professionell) und „RIO“ von der<br />

R+V (Rational, Ideal, Optimal).<br />

- Das Universal Life-Konzept ist ein hoch-flexibler Ansatz der Ausgestaltung<br />

einer Lebensversicherung. Dieser Ansatz erlaubt dem Versicherungsnehmer,<br />

Ein- und Auszahlungsart bezüglich Rhythmus und Höhe<br />

zu variieren sowie Ansparinstrumente (Geldmarkt-, Renten- und Aktienfonds)<br />

flexibel zu gestalten und während der Vertragslaufzeit zu<br />

wechseln. Derartige Ansätze werden vor allem in Großbritannien angeboten.<br />

In Deutschland ist bspw. die FlexxLife der AXA von diesem Ansatz<br />

inspiriert.<br />

- Bausteinprodukte zeichnen sich dadurch aus, dass sie aus abgrenzbaren,<br />

gesondert handelbaren Komponenten von Versicherungsschutz<br />

und ergänzenden Produktkomponenten – z.B. im Hinblick auf eine besondere<br />

Beratung oder Assistance – bestehen. Die Auswahl und Kombination<br />

der Bausteine ist dabei individuell möglich. Die Bausteine<br />

selbst sind standardisiert, um die Handhabbarkeit zu erhöhen und die<br />

Kosten gering zu halten. Insofern ermöglicht das Bausteinprinzip die<br />

Kombination von kostengünstiger Standardisierung und kundenorientierter<br />

Individualisierung. Allerdings erfordern Bausteine eine entsprechende<br />

Kalkulation, die Abbildung im gesamten Prozesssystem der<br />

Versicherer sowie die dazu notwendige IT-Unterstützung. 22 Auch hier<br />

verrät ein Blick in die Praxis, dass die heute im Markt erhältlichen<br />

„Bausteinprodukte“ diese Bezeichnung vielfach nicht verdienen.<br />

- Black Box-Tarifierung: Wenn für Außenstehende, also Kunden, Vermittler<br />

und Konkurrenten, nicht ersichtlich ist, wie die Prämie eines<br />

Versicherungsproduktes aus den tarifbestimmenden Risikomerkmalen<br />

berechnet wird - vor allem weil dies in den Versicherungsbedingungen<br />

nicht explizit angegeben ist – kann von „Black-Box-Tarifierung“ gesprochen<br />

werden. Diese Art der Tarifierung ist vor allem im Sinne einer<br />

22 Siehe hierzu: Rosenbaum, M.; Wagner, F.; Kloos, H.-J.: Versicherungsprodukte nach<br />

dem Bausteinkonzept, Hamburg/<strong>Leipzig</strong> 2003 ; Wagner, F.; Rosenbaum, M.: Bausteinprodukte<br />

in der Versicherungswirtschaft, in: Versicherungsrundschau 12/2002, S.<br />

234-240; <strong>Köhne</strong>, T. (1997), S. 225f.<br />

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Thema Produktpolitik<br />

risikogerechten Prämiendifferenzierung vorteilhaft: Versicherungsnehmer<br />

können den Mechanismus der Preisbildung nicht nachvollziehen<br />

und somit auch nicht die Tarifeinstufung gemäß ihrer individuellen Risikolage<br />

zu ihren Gunsten manipulieren. Zudem sind konkurrierende<br />

Versicherer nicht in der Lage, die Prämienberechnung zu imitieren. Im<br />

Umkehrschluss wird damit allerdings auch die Bestimmung der eigenen<br />

Marktposition und der Konkurrenzvergleich für das eigene Unternehmen<br />

erschwert.<br />

- Multi Line-Versicherungen kommen insbesondere im gewerblichen<br />

Geschäft vor und zeichnen sich dadurch aus, dass alle versicherten Risiken<br />

in einem Antrag bzw. einer Police zusammengefasst sind, dem<br />

Vertrag ein einheitliches Bedingungswerk zugrunde gelegt wird, eine<br />

einheitliche Prämie für alle Versicherungssparten dokumentiert ist und<br />

ein einziger spartenübergreifender Selbstbehalt gilt. Für die Kunden<br />

zeichnen sich Multi Line-Versicherungen durch ihre besondere Einfachheit<br />

und Übersichtlichkeit aus, wohingegen über die Preis-/Leistungs-<br />

Relation und Serviceorientierung sowie die besonderen Anforderungen<br />

an die IT des Versicherers (spartenübergreifendes Bestandsführungssystem!)<br />

oder die Organisationsstruktur (Zielgruppenorientierung)<br />

nach wie vor kontrovers debattiert wird. So wurde in dieser Zeitschrift<br />

eine öffentliche Diskussion zwischen Meinungsführern aus den Häusern<br />

Gerling und Allianz ausgetragen. 23<br />

- All Risks-Versicherungen setzen bei den Wirkungen des Versicherungsschutzes<br />

an, indem prinzipiell alle Gefahren gedeckt sind, die unvorhergesehen<br />

auf die versicherten Sachen einwirken und deren Zerstörung,<br />

Beschädigung oder Abhandenkommen zur Folge haben. Dafür<br />

ist der Versicherungsumfang bei All Risks-Deckungen durch die Beschränkung<br />

auf bestimmte Sachen oder Aktivitäten begrenzt. Von der<br />

Grundidee erfüllen die All Risks-Versicherungen die Forderung nach<br />

kundenorientierten Produkten. Tatsächlich sind sie aber nicht in jedem<br />

Falle kundenfreundlich, denn nicht alle möglichen Risiken treten bei jedem<br />

Kunden mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit auf. Zudem<br />

sind in der Praxis All Risks-Deckungen mitunter nur vordergründig mit<br />

einem umfangreichen Versicherungsschutz ausgestattet, der tatsächlich<br />

durch eine Vielzahl von Ausschlüssen und Klauseln so weit einge-<br />

23 Vgl. Hertel, A.; Ritter, M.: Verbundene Versicherungsprodukte im Gewerbe, in: VW<br />

24/2000, S. 1933-1937; Tesarczyk, W.; Schröder, J.: Abschied von der risikoadäquaten<br />

Tarifkalkulation, in: VW 5/2001, S. 311-313.<br />

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Thema Produktpolitik<br />

schränkt werden kann, dass kaum ein höherer, bisweilen sogar ein geringerer<br />

Deckungsumfang als bei einem herkömmlichen Zweigprodukt<br />

entsteht. Beispiele für All Risks-Deckungen kommen etwa von Chubb<br />

(„Masterpiece“) oder Hiscox („Haus & Kunst“). Ein Beispiel für eine<br />

sehr umfassende All Risks-Deckung im Privatkundensegment stellt die<br />

1998 von der damaligen Generali Lloyd eingeführte Police „Easy Protect“<br />

dar. 24<br />

- Die Wirkungsversicherung orientiert sich an den Auswirkungen von<br />

Störprozessen, welche die Zielerreichung des Privatkunden ernsthaft<br />

gefährden könnten. Die Berücksichtigung der Gesamtrisikolage des<br />

privaten Versicherungsnehmers erzwingt dann eine Pauschaldeckung<br />

über mehrere Sparten, die sich an den Wirkungen auf Kundenseite,<br />

nicht an der herkömmlichen Ursachenversicherung orientiert. Entsprechend<br />

erfolgt v.a. eine Abdeckung jener Risiken, deren Verwirklichung<br />

katastrophale oder empfindliche Auswirkungen hätte. Schließlich wird<br />

die Versicherung mit einem – möglichst über alle Gefahrensegmente<br />

hinweg gleich hohen – Selbstbehalt kombiniert, um das Interesse des<br />

Kunden am Ausbleiben des Schadenfalles zu fördern. Die Verständlichkeit<br />

für den Kunden wird dabei bereits von der materiellen Deckung<br />

her soweit wie möglich sichergestellt. Die Wirkungsversicherung bietet<br />

hier die Chance, dem Kunden eine nachvollziehbare und möglichst einfache<br />

Deckung (-sbeschreibung) anzubieten. 25 Die BBV, die mit ihrer<br />

Kompakt-Police eine ähnliche Konzeption gewählt hat, gewann 1996<br />

einen Innovationspreis und bietet dieses Produkt auch immer noch an.<br />

- Die Möglichkeit, Versicherungsprodukte vor allem in Bezug auf ihre<br />

Prämiengestaltung vollkommen neuartig abzurechnen, wird künftig vor<br />

allem von der technologischen Entwicklung geprägt werden: Die umfassende<br />

Vernetzung technischer Geräte (Ubiquitous Computing)<br />

ermöglicht es bspw., in der Kfz-Versicherung nutzungsabhängige Prämien<br />

danach zu bemessen, wann welcher Autofahrer mit welchem Auto<br />

welche Routen zurückgelegt hat. Inwiefern sich derartig neue Ansätze<br />

im Markt umsetzen lassen, hängt davon ab, wann in Deutschland entsprechende<br />

– auf heute bereits existierenden technologischen Anwendungen<br />

basierende – Infrastrukturen bestehen werden. Wenngleich<br />

das „Maut“-Projekt zu wenig Hoffnung Anlass gibt, ist doch zu beach-<br />

24<br />

Siehe Capital 11/98, S. 268 ff. sowie Kluge, H.: Noch immer dominiert die Sparte die<br />

Produktwelt, in: VW 3/2004, S. 141-144.<br />

25<br />

Siehe hierzu: Haller, M. (1988), S. 564; <strong>Köhne</strong>, T. (1997), S. 182-247.<br />

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Thema Produktpolitik<br />

ten, dass entsprechende Pilotversuche in den USA (z.B. Progressive)<br />

und neuerdings in Großbritannien (z.B. Norwich Union) bereits erfolgt<br />

sind. 26<br />

- White Label-Produkte: Nicht für alle Versicherer gilt, dass sie eine<br />

umfassendes Problemlösungssortiment für den Versicherungsbedarf einer<br />

adressierten Zielgruppe umfassend selbst „produzieren“ und dabei<br />

gleichzeitig profitabel sein können. Für sie kann der Zukauf „markenloser“<br />

Fremdprodukte („White-Label“) und die Vermittlung dieser Produkte<br />

unter eigenem Namen und eigener Marke Erfolg versprechend<br />

sein. Für die beteiligten Versicherer – Lieferant und Vermittler – ergeben<br />

sich umfassende Vorteils-/Nachteilsprofile, vor allem im Hinblick<br />

auf Risikoausgleich, Kapitalnutzung, Kundenzugang und -bindung,<br />

Markenstärke, gegenseitige Abhängigkeiten sowie Produkt-Know-<br />

How. 27<br />

- Servicegarantien stellen eine Möglichkeit dar, auf Ebene der Marktleistungsgestaltung<br />

eine einfache und kostengünstige Innovation zu<br />

etablieren. Hierfür müssten Garantieversprechen – z.B. im Hinblick auf<br />

eine fest fixierte Frist für die Beantwortung von Anfragen oder die Regulierung<br />

von Schadenfällen – schriftlich festgelegt werden, wobei notwendigerweise<br />

auch Entschädigungsleistungen bei Nichteinhaltung vorzusehen<br />

wären. Die Garantien sollten generell leicht einseh- und vermittelbar,<br />

sinnvoll sowie leicht und rasch beanspruch- bzw. einlösbar<br />

ohne Verwaltungs- und Beweislast für den Kunden sein. 28 Als Beispiel<br />

kann hier die Hausratversicherung der Volksfürsorge dienen, bei der<br />

garantiert wird, dass ein Schaden innerhalb von 10 Tagen reguliert<br />

wird, ansonsten werden 50 EUR zusätzlich ausgezahlt.<br />

Fazit: Innovationsbarrieren und künftige Optionen der Produktpolitik<br />

Im Hinblick auf die Produktpolitik von Versicherungsunternehmen wirkt<br />

der Umstand erschwerend, dass das Versicherungsprodukt aus Kunden-<br />

26<br />

Siehe hierzu: Oberholzer, M.: Strategische Implikationen des Ubiquitous Computing<br />

für das Nichtleben-Geschäft im Privatkundensegment der Assekuranz, Karlsruhe 2003.<br />

27<br />

Schneider, Bernd: Alternativen für den Ausschließlichkeitsvertrieb: Make or buy?, in:<br />

VW 19/2003, S. 1480-1483.<br />

28<br />

Siehe hierzu insbesondere Bittl, A.: Vertrauenserwerb durch innovative Problemlösungsangebote,<br />

in: ZfV 24/1998, S. 727-735, hier speziell S. 734.<br />

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Thema Produktpolitik<br />

sicht ein ziemlich unattraktives Gut darstellt, das eine Reihe von Eigenschaften<br />

hat, die es erklärungsbedürftig, schwerverkäuflich und nicht für<br />

sich selbst werbend sein lassen. Noch dazu ist das Versicherungsprodukt<br />

von der Sache her mit überwiegend negativen Assoziationen verbunden,<br />

da es seinen Nutzen aus dem potenziell denkbaren Eintritt von Schäden<br />

ableitet. Auf der rein finanziellen Ebene tun sich Versicherer daher gegenüber<br />

Banken schwer, die – trotz Börsenflaute und niedrigen Zinsen – immer<br />

noch mit Vermögensaufbau assoziiert werden. Diesem Sachverhalt<br />

werden neuerdings einige Versicherer gerecht, wenn sie in ihrer Werbung<br />

betonen, dass Versicherungsschutz zahlreiche, positiv besetzte Aktivitäten<br />

überhaupt erst ermöglicht. Zudem sind Produktinnovationen einigen,<br />

branchentypischen Barrieren, etwa der Bestandsproblematik, dem „Spartendenken“<br />

oder den Schwierigkeiten bei der Umsetzung in der IT, ausgesetzt.<br />

29<br />

Möglicherweise hat die Kombination von Produkteigenschaften, branchentypischen<br />

Innovationsbarrieren und fehlendem Kundeninteresse dazu geführt,<br />

dass die Dynamik in der Produktentwicklung trotz Deregulierung,<br />

Wettbewerbszunahme und interessanter denkbarer Innovationen bis heute<br />

alles in allem gering geblieben ist. 30 Gleichwohl gilt nach unserer Auffassung,<br />

dass eine Strategie der Produktinnovationen nicht nur möglich, sondern<br />

für die nachhaltige Kundenbindung in einem zunehmend gesättigten<br />

Markt zur Profilierung und Differenzierung von der Konkurrenz sogar notwendig<br />

ist. Hierbei ist es allerdings nicht mit halbherzigen Modifikationen<br />

getan, sondern es bedarf der mutigen Implementierung von Neuproduktkonzeptionen<br />

als Basis umfassender Marktleistungen (Ebene 2) – was<br />

letzlich bedeutet, kundenorientierte Problemlösungen und Dienstleistungsbündel<br />

über entsprechend qualifizierte Vermittler zu vermarkten und zu<br />

verkaufen. Darauf hat das Versicherungsunternehmen konsequenterweise<br />

dann auch seine Strukturen und Prozesse auszurichten. Insofern sind „innovative<br />

Produkte“ und „innovative Versicherungsunternehmen“ eng miteinander<br />

verknüpft.<br />

29 Vgl. Bittl, A.; Vielreicher, P.: Produktinnovationsmanagement in Versicherungsunternehmen,<br />

in: ZVersWiss 1/1996, S. 142 ff.; Görgen, F.: Versicherungsmarketing,<br />

Stuttgart 2002, S. 148f.<br />

30 So wurde bspw. der Innovationspreis der Schweizer Assekuranz im Jahr 2003 mangels<br />

entsprechender neuer Produkte abgesagt, vgl. Rüedi, W.: Kreativität, wo hast Du Dich<br />

versteckt?, in: SchweizVZ 12/2003, S. 25-26.<br />

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