Download Leseprobe 87 als PDF - Junge Wissenschaft
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<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> <strong>87</strong> // 2010<br />
Jugend forscht<br />
Analog wurde auch Kiwi-Marmelade<br />
mit der „Goldenen Kiwi“ hergestellt. Bei<br />
ihr sind die Farbverhältnisse so günstig,<br />
dass der Farbumschlag bei Titration mit<br />
Tillmans-Reagenz noch deutlich erkannt<br />
werden kann. Hier sollte der Vitamin C-<br />
Gehalt nicht nur nach dem Einkochen,<br />
sondern auch vier Wochen danach bestimmt<br />
werden. Den Vitamin C-Gehalt<br />
der frischen Kiwi ermittelten wir mit<br />
82,3 mg pro 100 g Frucht. Die Ergebnisse<br />
bei der Untersuchung der Kiwimarmelade<br />
ähneln denen der Mangomarmelade.<br />
Auch hier wird der schützende Effekt des<br />
Cyclodextrins offenkundig. Allerdings<br />
sind nach vier Wochen schon deutliche<br />
Vitamin C-Verluste zu registrieren, die das<br />
Cyclodextrin etwas abfangen kann. (siehe<br />
Abb. 15)<br />
6. Gibt es einen Vitamin C-Cyclodextrin-<br />
Komplex?<br />
Nach unseren vielen analytischen Versuchen,<br />
die unserer Meinung nach klar die<br />
positive Wirkung des Cyclodextrins auf<br />
die Vitamin C-Verluste beweisen, stellten<br />
wir uns die Frage, wie diese Verminderung<br />
der Verluste zustande kommt. Klar ist,<br />
dass es Wechselwirkungen zwischen den<br />
Vitamin C- und den Cyclodextrinmolekülen<br />
geben muss. Unser Interesse richtete<br />
sich auf die Frage, ob dies nur leichte<br />
zwischenmolekularen Kräfte sind, die das<br />
Vitamin C- Molekül stabilisieren und vor<br />
Oxidation schützen oder ob sich ein fester<br />
Komplex zwischen diesen beiden Molekülen<br />
bildet. Bei der Komplexbildung gibt<br />
es im wesentlichen zwei Möglichkeiten:<br />
Zum einen den 1 : 1 Komplex, bei dem<br />
sich jeweils ein Vitamin C mit einem<br />
Cyclodextrinmolekül verbinden würde<br />
und zum anderen den 2 : 1 Komplex, bei<br />
dem ein Vitamin C-Molekül von zwei<br />
Cyclodextrinen quasi umschlossen wäre.<br />
Theoretisch wären auch noch Komplexe<br />
mit mehr Cyclodextrinmolekülen möglich.<br />
Aufgrund einiger in verschiedenen<br />
Literaturstellen beschriebener Komplexe<br />
anderer Moleküle mit Cyclodextrinen sind<br />
diese allerdings sehr unwahrscheinlich.<br />
Außerdem gilt es, wenn ein Komplex vorhanden<br />
ist, noch die Frage zu klären, ob<br />
das Vitamin C vollständig in die Kavität<br />
des Cyclodextrins eingeschlossen wird<br />
(„Einschlussverbindung“) oder ob es sich<br />
lediglich außen an dem Cyclodextrin anlagert<br />
(„Anlagerungsverbindung“). (siehe Abb. 16)<br />
Zu Beginn diskutierten wir aufgrund<br />
unserer analytischen Befunde den<br />
Abb. 12: Vitamin C-Gehalt von 100 mL selbst gepresstem Orangensaft mit und ohne β-CD<br />
Abb. 13: Vitamin C-Gehalt von selbst gepresstem Kiwisaft mit und ohne β-CD beim Pasteurisieren<br />
Abb. 14: Vitamin C-Verluste beim Einkochen von Mango-Marmelade mit und ohne β-CD<br />
2 : 1 CD-Ascorbinsäure-Komplex. Beim<br />
Zusammengeben der gesättigten wässrigen<br />
Lösungen von Vitamin C und<br />
ß-Cyclodextrin hatten sich im Kühlschrank<br />
Kristalle gebildet, von denen wir<br />
annehmen durften, dass es sich um den<br />
auskristallisierten Komplex handelt. Zur<br />
Lösung des Struktur-Problems entwickelten<br />
wir eine einfache Strategie: Man<br />
nehme eine definierte Menge Komplexverbindung,<br />
löse sie und bestimme die Stoffmenge<br />
der enthaltenen Ascorbinsäure.<br />
Über die Molekülmassen sollte sich dann<br />
der Stoffmengenanteil der Säure an der<br />
Einwaage Gesamtkomplex bestimmen<br />
lassen. Vom vermeintlichen Komplex<br />
wurden nach einer Woche Trocknung im<br />
Exsikkator 250 mg abgewogen, in 20 mL<br />
Wasser gelöst und mit 0,001 n NaOH gegen<br />
Phenolphthalein titriert. Das Ergebnis<br />
zeigt Tab.5.<br />
Das Ergebnis war in jeder Hinsicht unbefriedigend,<br />
da die Stoffmenge an<br />
Ascorbinsäure, bezogen auf einen postulierten<br />
2 : 1–Komplex um das 2,6-fache,<br />
und auf einen 1 : 1-Komplex um das<br />
4,9-fache zu gering ausfällt. Dennoch