Download Leseprobe 87 als PDF - Junge Wissenschaft
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Abb. 1: Blick von oben in ein β-Cyclodextrin-Molekül nach [4]<br />
3 Grundlagen der Wirt-Gast-Chemie:<br />
Charakterisierung der Ausgangsstoffe<br />
3.1 Cyclodextrine<br />
Cyclodextrine (kurz: CD) wurden von<br />
Villiers 1891 erstm<strong>als</strong> isoliert. Schardinger<br />
konnte die neue Stoffklasse 1903 <strong>als</strong> Oligosaccharide<br />
charakterisieren. Lange Zeit<br />
blieben sie eine Laborkuriosität. Je nach<br />
Anzahl der sie aufbauenden Glucosemoleküle<br />
(6–8) erhalten sie einen griechischen<br />
Buchstaben von α bis γ <strong>als</strong> Präfix.<br />
Chemisch gesehen sind Cyclodextrine<br />
eine Klasse von Verbindungen, die zu<br />
Abb. 2: Querschnitt durch ein α-Cyclodextrin-Molekül nach [4]<br />
Molare Masse<br />
[g/mol]<br />
Höhe der Kavität<br />
[nm]<br />
den cyclischen, nicht reduzierenden Oligosacchariden<br />
mit 1,4-α-glykosidisch<br />
verknüpften Glucose-Einheiten gehören<br />
(siehe Abb.1). Sie stellen Abbauprodukte<br />
von Stärke dar. Das praktische Interesse<br />
an dieser Verbindungsklasse ergibt sich<br />
aus der interessanten Molekül-Architektur.<br />
Ihre dreidimensionale Form kann <strong>als</strong><br />
offener Kegelstumpf beschrieben werden.<br />
Die Glucose-Einheiten sind so angeordnet,<br />
dass eine hydrophile Außenseite und<br />
ein hydrophober Hohlraum entstehen.<br />
Abb. 2 zeigt, dass sich die Hydroxygruppen<br />
am oberen und unteren Rand des<br />
Moleküls befinden. Sie verleihen den<br />
Durchmesser<br />
der Kavität [nm]<br />
Jugend forscht<br />
Cyclodextrinen eine polare äußere Oberfläche.<br />
Das Innere des Hohlkörpers hat<br />
einen eher unpolaren Charakter. Als Folge<br />
davon sind Cyclodextrine in der Lage,<br />
lipophile Moleküle geeigneter Größe<br />
einzuschließen, wenn die Gastkomponente<br />
entweder ganz oder teilweise in<br />
den Hohlraum hineinpasst (Einschlussverbindung).<br />
Sie kann sich aber auch nur<br />
von außen an das Cyclodextrin anlagern<br />
(Anlagerungsverbindung).<br />
Lange schien es, dass die Cyclodextrine<br />
wegen ihres hohen Preises für eine Anwendung<br />
in der Praxis nicht in Frage<br />
kommen. Heute hat die starke Nachfrage<br />
auch die Preise enorm fallen lassen.<br />
Ihre Wasserlöslichkeit und die Fähigkeit,<br />
Einschlussverbindungen zu bilden, machen<br />
sie zu einem immer wichtigeren<br />
Gegenstand der pharmazeutischen<br />
und der kosmetischen Forschung.<br />
Die weiteste technische Verbreitung<br />
hat das β-Cyclodextrin (siehe Tab. 1).<br />
Das Einsatzspektrum reicht heute von<br />
der Medizin über die Sensorik und die<br />
Landwirtschaft bis hin zur Verpackungsindustrie.<br />
Dem Verbraucher begegnen<br />
Cyclodextrine mittlerweile unter dem<br />
Handelsnamen Febreze®, Bounce® oder<br />
Oust®. Die in diesen Produkten enthaltenen<br />
Cyclodextrin-Derivate können<br />
unangenehme Geruchsstoffe binden<br />
und sind gleichermaßen Träger von<br />
Außendurchmesser<br />
der Kavität [nm]<br />
α-CD 972 0,79 0,47 – 0,53 1,46 ± 40 145<br />
β-CD 1135 0,79 0,60 – 0,65 1,54 ± 40 18,5<br />
γ-CD 1297 0,79 0,75 – 0,83 1,75 ± 40 232<br />
Tab. 1: Eigenschaften der verfügbaren Cyclodextrine nach [4]<br />
Löslichkeit in<br />
Wasser, 25°C [g/L]<br />
19<br />
Young Researcher