Masterarbeit K.Klußmann - Didaktik der Geographie - Leibniz ...
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Aspekte professioneller Handlungskompetenz von<br />
bilingualen <strong>Geographie</strong>lehrkräften – Theoretische<br />
Grundlagen und praktische Erfahrungen<br />
<strong>Masterarbeit</strong> am Institut <strong>der</strong> <strong>Didaktik</strong> <strong>der</strong> Naturwissenschaften<br />
<strong>der</strong> <strong>Leibniz</strong> Universität Hannover<br />
Katrin <strong>Klußmann</strong><br />
Master of Education<br />
Anglistik/<strong>Geographie</strong><br />
4. Fachsemester<br />
Matrikel Nr.: xxxxxxx<br />
Erstprüferin: Prof. Dr. Christiane Meyer<br />
Zweitprüferin: Prof. Dr. Gabriele Blell<br />
Abgabedatum: 11.07.2012
Inhaltsverzeichnis<br />
I<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Abbildungsverzeichnis III<br />
Abkürzungsverzeichnis IV<br />
Vorwort V<br />
1 Einleitung 1<br />
1.1 Anlass und Ziel <strong>der</strong> Arbeit 1<br />
1.2 Überblick 2<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht 4<br />
2.1 Terminologie 5<br />
2.2 Entwicklung des bilingualen Unterrichts 6<br />
2.3 Zielsetzungen des bilingualen <strong>Geographie</strong>unterrichts 7<br />
2.4 Organisatorische Rahmenbedingungen - Modelle bilingualen Lehrens- und Lernens 9<br />
2.5 Methodisch-didaktische Aspekte bilingualen <strong>Geographie</strong>unterrichts 10<br />
2.5.1 Prinzip <strong>der</strong> funktionalen Fremdsprachigkeit 11<br />
2.5.2 Scaffolding 13<br />
2.5.2.1 Wortschatzarbeit 14<br />
2.5.2.1.1 Begriffs- und Sprachbildung – ein allgemeiner Überblick 14<br />
2.5.2.1.2 Wortschatzkategorien 16<br />
2.5.2.1.3 Methoden und Hilfsmittel <strong>der</strong> Wortschatzför<strong>der</strong>ung 18<br />
2.5.2.2 Prinzip <strong>der</strong> Anschaulichkeit 19<br />
2.6 Umgang mit sprachlichen Fehlern 21<br />
2.7 Leistungsbeurteilung 22<br />
2.8 Lehr- und Lernmaterialien im bilingualen Erdkundeunterricht 23<br />
2.8.1 Materialsituation 23<br />
2.8.2 Anfor<strong>der</strong>ungen an bilinguale Lehr- und Lernmaterialien 25<br />
2.8.3 Exemplarische Schulbuchanalayse 27<br />
2.8.3.1 Zielgruppen 28<br />
2.8.3.2 Vergleich auf Inhaltsebene 28<br />
2.8.3.3 Methodisch-didaktische Konzepte im Vergleich 29<br />
2.8.3.4 Vergleich auf thematischer Ebene – Megacities 32<br />
2.8.3.5 Eignung für den bilingualen <strong>Geographie</strong>unterricht 35<br />
2.8.4 Materialien für den bilingualen Erdkundeunterricht aus <strong>der</strong> Schülerperspektive 36
3 Professionswissen und professionelle Handlungskompetenz bilingualer<br />
II<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
<strong>Geographie</strong>lehrkräfte 39<br />
3.1 Professionalität im Lehrerberuf 40<br />
3.2 Forschungskonzepte zur Professionalität von Lehrkräften 43<br />
3.3 Professionelle Handlungskompetenz 45<br />
3.3.1 Allgemeine Aspekte professionellen Lehrerhandelns 46<br />
3.3.2 Aspekte professioneller Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>-<br />
lehrkräfte 49<br />
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer<br />
<strong>Geographie</strong>lehrkräfte 55<br />
4.1 Grundlegende Überlegungen, Forschungsfrage und Hypothesen 55<br />
4.2 Methodisches Vorgehen 58<br />
4.3 Wissenschaftstheoretische Anmerkungen 59<br />
4.4 Erläuterung des Fragenkatalogs 60<br />
4.5 Praktische Erfahrungen und subjektive Theorien bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte 65<br />
4.5.1 Berufsdauer, -wahl und motivationale Orientierung 65<br />
4.5.2 Ausbildungsweg und zukünftige Lehrerausbildung 68<br />
4.5.3 Fachdidaktische und methodische Überlegungen und Erfahrungen 70<br />
4.5.4 Unterrichtsplanung und -durchführung 79<br />
4.5.5 Professionswissen 81<br />
4.6 Vergleich von Theorie und Praxis 83<br />
4.7 Reflexion <strong>der</strong> Vorgehensweise 85<br />
5 Fazit 86<br />
Literaturverzeichnis<br />
Anhang<br />
Eidesstattliche Erklärung
Abbildungsverzeichnis<br />
III<br />
Abbildungsverzeichnis<br />
Abb. 1: Kompetenzerwerb im bilingualen <strong>Geographie</strong>unterricht 8<br />
Abb. 2: Schülerpräferenzen von Aufgabentypen 34<br />
Abb. 3: Motivation <strong>der</strong> SuS bezüglich bilingualer und britischer Unterrichtsmaterialien 34<br />
Abb. 4: Bevorzugtes Textformat für den bilingualen Erdkundeunterricht 37<br />
Abb. 5: Modell professioneller Handlungskompetenz von BAUMERT und KUNTER 47<br />
Abb. 6: Aspekte professioneller Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte 50<br />
Abb. 7: Bilinguale und gesamte Berufserfahrung <strong>der</strong> bilingualen <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
im Vergleich 66<br />
Abb. 8: Notwendigkeit eines spezifischen Ausbildungsprogramms für bilinguale<br />
<strong>Geographie</strong>lehrkräfte 69<br />
Abb. 9: Spannungsfeld zwischen Sachfach und Fremdsprachendidaktik 71<br />
Abb. 10: Potential des Wechsels <strong>der</strong> Darstellungsformen für den bilingualen<br />
<strong>Geographie</strong>unterricht 76<br />
Abb. 11: Im bilingualen Erdkundeunterricht verwendete Materialien 78
Abkürzungsverzeichnis<br />
BICS Basic Interpersonal Communication Skills<br />
CALP Cognitive Academic Language Proficiency<br />
CLIL Content and Language Integrated Learning<br />
LuL Lehrerinnen und Lehrer<br />
SuS Schülerinnen und Schüler<br />
TBLL Task-based language learning<br />
IV<br />
Vorwort
Vorwort<br />
V<br />
Vorwort<br />
Durch die Kombination meiner beiden Studienfächer Englisch und <strong>Geographie</strong> bietet sich mir<br />
die Möglichkeit bilingualen Erdkundeunterricht erteilen zu können. Zu Beginn des Studiums<br />
stand ich dieser Möglichkeit jedoch etwas skeptisch gegenüber, da ich nicht sicher war, den<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen gewachsen zu sein. Durch die Besuche mehrerer fachdidaktischer Seminare<br />
zu bilingualem Unterricht und einem Gespräch mit einem erfahrenen bilingualen<br />
<strong>Geographie</strong>lehrer im Rahmen eines geographiedidaktischen Seminars wuchs jedoch mein<br />
Interesse an bilingualem Erdkundeunterricht, so dass ich mich bereits in meiner<br />
Bachelorarbeit mit Wortschatzarbeit im bilingualen Erdkundeunterricht auseinan<strong>der</strong>gesetzt<br />
habe. Als mir dann im Rahmen meiner Arbeit als teilzeitbeschäftige Lehrerin die Möglichkeit<br />
gegeben wurde eigenverantwortlich bilingualen Erdkundeunterricht zu erteilen, habe ich die<br />
Chance ergriffen herauszufinden, ob ich den Anfor<strong>der</strong>ungen gewachsen bin, und ob es mir<br />
tatsächlich so viel Spaß machen würde wie erwartet. Im Gespräch mit Frau Prof. Dr.<br />
Christiane Meyer entwickelte sich dann angelehnt an mein Interesse und meine eigenen<br />
Erfahrungen als bilinguale Erdkundelehrerin ein konkretes Thema für die <strong>Masterarbeit</strong>.<br />
Ein herzlicher Dank geht in erster Linie an Frau Prof. Christiane Meyer und Frau Rita Kupetz<br />
für die Betreuung <strong>der</strong> <strong>Masterarbeit</strong> sowie an Frau Gabriele Blell für die kurzfristige<br />
Übernahme des Zweitgutachtens. Da diese Arbeit nicht zustande gekommen wäre, wenn sich<br />
nicht die bilingualen <strong>Geographie</strong>lehrkräfte dazu bereit erklärt hätten an <strong>der</strong> umfangreichen<br />
Befragung teilzunehmen und ihre Überzeugungen und Erfahrungen mit mir zu teilen, sei<br />
ihnen an dieser Stelle ausdrücklich für ihre Mitarbeit gedankt. Beson<strong>der</strong>er Dank gilt in diesem<br />
Zusammenhang auch meiner Kollegin Susanne Klein, die den ersten Kontakt zu den befragten<br />
<strong>Geographie</strong>lehrkräften hergestellt hat und somit die Befragung erst ermöglicht hat. Ein<br />
weiterer Dank geht an die Schülerinnen und Schüler <strong>der</strong> 10B <strong>der</strong> Wilhelm-Raabe-Schule<br />
Hannover für das Ausfüllen <strong>der</strong> Fragebögen bezüglich bilingualer Unterrichtsmaterialien. Für<br />
das mühevolle Korrekturlesen und viele hilfreiche Anregungen bedanke ich mich bei Anika<br />
Laubitz-Bertram, Kim Hüsing und Alexan<strong>der</strong> Wiegand. Abschließend möchte ich mich noch<br />
bei meiner Familie und meinen Freunden, die mir eine große Unterstützung waren, bedanken.
1 Einleitung<br />
1<br />
1 Einleitung<br />
„Wer einst fliegen lernen will, <strong>der</strong> muss erst stehn und gehen und laufen und klettern und<br />
1.1 Anlass und Ziel <strong>der</strong> Arbeit<br />
tanzen lernen: – man erfliegt das Fliegen nicht!“<br />
Friedrich Nietzsche 1<br />
Ähnlich wie mit dem Erlernen des Fliegens im Zitat von Friedrich Nietzsche verhält es sich<br />
auch mit den Kompetenzen bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte 2,3 . In den Anfängen des<br />
bilingualen Unterrichts gab es so gut wie keine curricularen bzw. didaktisch-methodischen<br />
Hilfestellungen für die Lehrerinnen und Lehrer (LuL), so dass bilingualer Unterricht<br />
ausschließlich von dem „Engagement <strong>der</strong> unterrichtenden Lehrkräfte, <strong>der</strong>en fachlicher,<br />
fremdsprachlicher und didaktisch methodischer Kompetenz“ (OTTEN & WILDHAGE 2003:<br />
22) gelebt hat. Eine bilinguale Handlungskompetenz wurde folglich auch erst durch die<br />
gesammelten Erfahrungen sowie die Kombination <strong>der</strong> vorhandenen Kompetenzen erprobt und<br />
im Laufe <strong>der</strong> Zeit weiterentwickelt (vgl. OTTEN & WILDHAGE 2003: 22). Die Bedeutung<br />
und Entwicklung einer professionellen Kompetenz von LuL für eine mo<strong>der</strong>ne Wissens-<br />
gesellschaft wird jedoch erst seit einigen Jahren intensiv sowohl auf nationaler als auch<br />
internationaler Ebene in <strong>der</strong> Gesellschaft, Politik und Wissenschaft diskutiert, weil die<br />
empirische Bildungsforschung deutliche Zusammenhänge zwischen professionellen<br />
Handlungskompetenzen von LuL und <strong>der</strong> individuellen Entwicklung <strong>der</strong> Schülerinnen und<br />
Schüler (SuS) belegt hat (vgl. ZLATKIN-TROITSCHANSKAIA et al. 2009: 13). Zudem<br />
wurde die Dominanz dieser Thematik in Deutschland durch das vergleichsweise schlechte<br />
Abschneiden deutscher SuS in internationalen Vergleichsstudien, wie <strong>der</strong> PISA-Studie,<br />
hervorgerufen, um die aufgezeigten Defizite deutscher SuS durch eine verbesserte Bildungs-<br />
qualität, zu <strong>der</strong> auch die professionelle Kompetenz von LuL zählt, zu verbessern (vgl.<br />
SCHEUNPFLUG, BAUMERT & KUNTER 2006: 465). Dabei wird oft nicht nur vergessen,<br />
dass die Anfor<strong>der</strong>ungen an professionelles Unterrichten durch den Wandel <strong>der</strong> Lehrerrolle<br />
vom Instrukteur zum Lernbegleiter und <strong>der</strong> ständigen Weiterentwicklung <strong>der</strong> Gesellschaft im<br />
globalen Kontext kontinuierlich ansteigen, son<strong>der</strong>n auch „die Komplexität <strong>der</strong> Bedingungs-,<br />
1 Zitat aus COLLI & MONTINARI 2007: 244<br />
2 Die Bezeichnung <strong>Geographie</strong>unterricht und Erdkundeunterricht werden im Folgenden als Synonyme<br />
verwendet, weil sie grundsätzlich das Gleiche bezeichnen und nur in unterschiedlichen Kontexten eingesetzt<br />
werden. Im schulischen Kontext wird eher von Erdkundeunterricht gesprochen, wohingegen in <strong>der</strong> Literatur <strong>der</strong><br />
Begriff <strong>Geographie</strong>unterricht dominiert.<br />
3 Wenn im Folgenden von Lehrerpersönlichkeit, Lehrkräften, Lehrerprofessionalität o.ä. gesprochen wird, wird<br />
sich immer auf beide Geschlechter bezogen.
2<br />
1 Einleitung<br />
Prozess- und Wirkungszusammenhänge […], in denen professionelles Lehrerhandeln steht,<br />
[…] weiterhin immer noch stark unterschätzt“ (ZLATKIN-TROITSCHANSKAIA 2009: 13)<br />
(vgl. KEMNITZ 2011: 34ff; GUDJONS 2006: 159ff). Vor diesem Hintergrund wurden in den<br />
vergangenen Jahren in den unterschiedlichsten Gebieten <strong>der</strong> Wissenschaft, z.B. <strong>der</strong><br />
Psychologie, <strong>der</strong> Soziologie und <strong>der</strong> Expertiseforschung, Forschungskonzepte zur Unter-<br />
suchung professioneller Kompetenzen von Lehrkräften entwickelt bzw. vorhandene Konzepte<br />
auf den Lehrerberuf übertragen und in umfangreichen Studien untersucht. So existieren<br />
unteran<strong>der</strong>em ein allgemeines Modell zur Qualitätssicherung und Lehrerstandards von Oeser<br />
und Terhart, die von Bromme entwickelte Landkarte des professionellen Wissens von<br />
Lehrkräften und ein heuristisches Modell professioneller Handlungskompetenz für Mathe-<br />
matiklehrkräfte von BAUMERT und KUNTER (vgl.ebd. 2006: 478ff). Jedoch gibt es noch<br />
kein Modell, das sich explizit mit bilingualen LuL beschäftigt.<br />
Ziel dieser Arbeit ist es daher, ein Modell für professionelle Handlungskompetenz am<br />
Beispiel von bilingualen <strong>Geographie</strong>lehrkäften zu entwickeln und die einzelnen Aspekte <strong>der</strong><br />
professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte empirisch zu unter-<br />
suchen. Die Motivation für diese Arbeit ist sowohl in meiner Fächerkombination<br />
Englisch/Erdkunde als auch in meinen persönlichen Erfahrungen als teilzeitbeschäftige<br />
Lehrkraft für regulären und bilingualen Erdkundeunterricht an <strong>der</strong> Wilhelm-Raabe-Schule in<br />
Hannover begründet, wo ich durch enge Zusammenarbeit mit einer erfahrenen bilingualen<br />
<strong>Geographie</strong>lehrerin und durch learning by doing 4 im Laufe meiner dreijährigen Anstellung<br />
begonnen habe professionelle Handlungskompetenz zu entwickeln und diese kritisch zu<br />
reflektieren.<br />
1.2 Überblick<br />
Die Arbeit glie<strong>der</strong>t sich insgesamt in fünf Kapitel, in denen die Aspekte professioneller<br />
Handlungskompetenz von bilingualen <strong>Geographie</strong>lehrkräften sowohl theoretisch als auch<br />
empirisch untersucht werden. Beim ersten Kapitel handelt es sich um einen einleitenden Teil,<br />
<strong>der</strong> die Schwerpunktsetzung <strong>der</strong> Arbeit begründet, die Motivation für die Arbeit erläutert und<br />
einen Überblick über die gesamte Arbeit gibt.<br />
Das zweite Kapitel befasst sich theoretisch mit bilingualem Unterricht und fasst den aktuellen<br />
Forschungsstand zu bilingualem Erdkundeunterricht zusammen. Zuerst wird ein allgemeiner<br />
Überblick über bilingualen Unterricht gegeben und die Problematik <strong>der</strong> Terminologie sowie<br />
4 Fremdsprachige Begriffe und Zitate werden kursiv geschrieben, damit sie sich besser vom deutschen Text<br />
abheben.
3<br />
1 Einleitung<br />
die Entwicklung des bilingualen <strong>Geographie</strong>unterrichts skizziert, bevor bilingualer<br />
Erdkundeunterricht exemplarisch thematisiert wird. Der Teil zu bilingualem Erdkunde-<br />
unterricht beginnt mit einer Darstellung <strong>der</strong> Zielsetzungen und den organisatorischen<br />
Rahmenbedingungen, an die sich eine Erläuterung charakteristischer methodisch-didaktischer<br />
Elemente anschließt. Zu den methodisch-didaktischen Elementen zählen das Prinzip <strong>der</strong><br />
funktionalen Fremdsprachigkeit, die Methode des scaffolding, <strong>der</strong> Umgang mit sprachlichen<br />
Fehlern, die Leistungsbeurteilung und eine Analyse <strong>der</strong> Lehr- und Lernmaterialien.<br />
Im dritten Kapitel wird zuerst Professionalität im Lehrerberuf thematisiert, bevor auf die<br />
unterschiedlichen Forschungskonzepte zu Lehrerprofessionalität eingegangen wird. Des<br />
Weiteren wird ein allgemeines Modell professioneller Handlungskompetenz von BAUMERT<br />
und KUNTER vorgestellt und anschließend unter Berücksichtigung <strong>der</strong> theoretischen Aspekte<br />
aus Kapitel zwei auf bilingualen <strong>Geographie</strong>unterricht übertragen. Ausgehend von den<br />
theoretischen Ausführungen in diesem und dem vorangegangenen Kapitel werden die<br />
Fragestellungen für eine qualitative Studie über professionelle Handlungskompetenz<br />
bilingualer Erdkundelehrkräfte entwickelt.<br />
Das vierte Kapitel umfasst eine qualitative Befragung bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte zur<br />
professionellen Handlungskompetenz, die dazu dient, die zuvor theoretisch erläuterten<br />
Aspekte empirisch zu überprüfen. Dieses Kapitel ist unterglie<strong>der</strong>t in allgemeine Vor-<br />
bemerkungen, wie die Darstellung <strong>der</strong> Forschungsfrage, die Beschreibung des methodischen<br />
Vorgehens, wissenschaftstheoretische Anmerkungen, die Erläuterung des Fragenkatalogs und<br />
die Auswertung <strong>der</strong> Interviews. Zudem werden die theoretischen Erkenntnisse mit den<br />
praktischen Erfahrungen <strong>der</strong> LuL verglichen, so dass im fünften Kapitel abschließend die<br />
wesentlichen Ergebnisse <strong>der</strong> Arbeit zusammengefasst werden können und ein Ausblick über<br />
weitere Forschungsfel<strong>der</strong> gegeben werden kann.
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
4<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
Obwohl bilingualer Unterricht seit über 40 Jahren unterrichtet wird, ist die Bedeutung des<br />
bilingualen Unterrichts in den letzten Jahren in Schule und Forschung stetig gestiegen. Diese<br />
Entwicklung spiegelt sich sowohl in <strong>der</strong> steigenden Anzahl <strong>der</strong> Schulen mit bilingualem<br />
Angebot als auch in den steigenden Publikationen <strong>der</strong> Fremdsprachen- und Sachfachdidaktik<br />
zu diesem Themenbereich wi<strong>der</strong> (vgl. HOFFMANN & MEYER 2009: 4). Da es sich bei<br />
bilingualem Unterricht um kein neues Konzept handelt, wird in <strong>der</strong> Literatur auch von einer<br />
Konjunktur des bilingualen Angebots gesprochen (vgl. WILDHAHE 2000: 212). Diese<br />
Konjunktur ist zum Einen auf das Zusammenwachsen Europas auf beruflicher, kultureller und<br />
wirtschaftlicher Ebene und zum An<strong>der</strong>en auf die stetig voranschreitende Globalisierung<br />
zurückzuführen, durch die Kommunikationsfähigkeit und Fremdsprachenkompetenz in mehr<br />
als einer Sprache sowie interkulturelle Kompetenz zu Schlüsselqualifikationen für die SuS<br />
werden (vgl. LENZ 2002: 2). Deshalb bezeichnet die Europäische Kommission in dem<br />
Aktionsplan zur För<strong>der</strong>ung des Sprachenlernens und <strong>der</strong> Sprachenvielfalt von 2003 auch „die<br />
Fähigkeit an<strong>der</strong>e Sprachen zu verstehen und sich darin zu verständigen [als] eine<br />
Grundkompetenz für alle europäischen Bürger“ (EUROPÄISCHE KOMMISSION 2003: 5).<br />
Außerdem haben die PISA-Studie <strong>der</strong> OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammen-<br />
arbeit und Entwicklung) und die von <strong>der</strong> Kultusministerkonferenz in Auftrag gegebene Studie<br />
Deutsch Englisch Schülerleistungen International (DESI) deutliche Defizite in zentralen<br />
Kompetenzbereichen, wie Sprachbeherrschung, Kommunikations- und Fremdsprachen-<br />
kompetenz aufgezeigt (vgl. DIPF 2006; DEUTSCHES PISA-KONSORTIUM 2001). Durch<br />
die Integration von Sach- und Fremdsprachenlernen ist bilingualer Unterricht eine innovative<br />
Unterrichtsmethode, die „zukunftsfähiges Lernen“ (HAUBRICH 1999: 2) ermöglicht, da die<br />
SuS mit CLIL (Content and Language Integrated Learning) die Möglichkeit haben, die<br />
Anwendung <strong>der</strong> Fremdsprache schon während des Lernprozesses in einem authentischen<br />
Umfeld zu üben, so wie die SuS nachmittags zu Hause „ganz selbstverständlich […] eine<br />
gewisse Zeit mit dem Üben eines Instruments verbringen“ (STEINHÄUSLER &<br />
KAZIANKA o.J.: 7), um „theoretisches Wissen und Fertigkeit miteinan<strong>der</strong> [zu] verknüpfen“<br />
(STEINHÄUSLER & KAZIANKA o.J.: 7). Trotz vieler kontroverser Diskussionen, un-<br />
gelöster Probleme und offener Fragen gilt „CLIL o<strong>der</strong> […] bilingualer Unterricht, in welcher<br />
Form auch immer […] weltweit […] als unterrichtliches Erfolgsmodell“ (LOHMANN 2009:<br />
48). Im Folgenden wird dieses Konzept unter Berücksichtigung terminologischer<br />
Schwierigkeiten, <strong>der</strong> Entstehung und Zielsetzung, organisatorischer Rahmenbedingungen,
5<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
methodisch-didaktischer und pädagogischer Elemente sowie <strong>der</strong> Materialsituation detailliert<br />
erläutert.<br />
2.1 Terminologie<br />
Das didaktische Konzept, welches sich hinter dem deutschen Begriff bilingualer Unterricht<br />
verbirgt, ist durch eine terminologische Vielzahl auf nationaler und internationaler Ebene<br />
gekennzeichnet. So bezeichnen die Begriffe bilingualer Sachfachunterricht, fremdsprachiges<br />
Sachlernen, inhaltsorientierter Fremdsprachenunterricht, enseignement en immersion (in<br />
Frankreich), tweetalig on<strong>der</strong>wijs (in den Nie<strong>der</strong>landen) und indholds-og sprogintegreret<br />
læring (in Dänemark) verschiedene Umsetzungen ähnlicher Konzepte (vgl. EURYDICE<br />
2006: 64ff). Die variierenden Bezeichnungen resultieren aus den unterschiedlichen<br />
Erwartungen bzw. Zielvorstellungen, mit denen die jeweiligen Konzepte verknüpft sind (vgl.<br />
LENZ 2002: 3). Seit Beginn des 21. Jahrhun<strong>der</strong>ts hat sich <strong>der</strong> weitgefächerte Terminus<br />
Content and Language Integrated Learning (CLIL), <strong>der</strong> für einen integrierten Sachfach- und<br />
Fremdsprachenunterricht und nicht für erweiterten Fremdsprachenunterricht bzw. Sachfach-<br />
unterricht in einer Fremdsprache steht, auf europäischer Ebene weitestgehend durchgesetzt<br />
(vgl. KMK 2006: 7). Beim CLIL-Ansatz „stellt das Sachfach nicht nur die vom Lehrplan<br />
vorgegebenen Themen und Inhalte bereit, son<strong>der</strong>n die Behandlung <strong>der</strong> Inhalte erfolgt<br />
zusätzlich auch aus <strong>der</strong> Sicht des Landes <strong>der</strong> Unterrichtssprache und ermöglicht so<br />
interkulturelles Lernen, das in seiner Qualität über die isolierte Behandlung von Sachfächern<br />
und Fremdsprache hinaus geht“ (KMK 2006: 7). Gegenläufig zum internationalen Trend den<br />
CLIL-Begriff zu verwenden, hat sich in Deutschland, beson<strong>der</strong>s im Schulalltag, die<br />
Bezeichnung des bilingualen Unterrichts etabliert, obwohl <strong>der</strong> Unterricht in <strong>der</strong> Regel nicht<br />
durchgängig zweisprachig abläuft (vgl. OTTEN & WILDHAGE 2003: 13).<br />
Ohne das Konzept des bilingualen Unterrichts selbst in Frage zu stellen wird die Verwendung<br />
des Begriffs „bilingual“ in <strong>der</strong> Literatur häufig als ungeeignet kritisiert. Die geäußerte Kritik<br />
beruht zum Einen auf <strong>der</strong> Tatsache, dass <strong>der</strong> Begriff selbst irreführend ist, da <strong>der</strong> bilinguale<br />
Unterricht trotz eines Einsatzes <strong>der</strong> Muttersprache in <strong>der</strong> Regel nicht durchgängig<br />
zweisprachig abläuft, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> größte Anteil aktiver Lernzeit in <strong>der</strong> Fremdsprache<br />
durchgeführt wird. Zudem wird die Nähe des Begriffs zu Immersionsprogrammen und<br />
bilingualer Erziehung kritisiert, die sich durch das Erlernen einer zweiten Umgebungssprache<br />
deutlich vom bilingualen Unterricht unterscheiden, da im Kontext des bilingualen Unterrichts<br />
lediglich eine Schulfremdsprache vertiefend erlernt wird (vgl. BREIDBACH 2003: 6).<br />
Obwohl <strong>der</strong> Terminus CLIL das Unterrichtskonzept treffen<strong>der</strong> beschreibt, wird im Folgenden
6<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
die Bezeichnung bilingualer Unterricht verwendet, weil sie sowohl in <strong>der</strong> deutschsprachigen<br />
Literatur gängiger ist als auch eine feste Bezeichnung mit Wie<strong>der</strong>erkennungswert im<br />
deutschen Schulalltag darstellt.<br />
2.2 Entwicklung des bilingualen Unterrichts<br />
Das Konzept des bilingualen Unterrichts wurde in Deutschland Ende <strong>der</strong> 1960er Jahre als<br />
Initiative des Deutsch-Französischen Kooperationsvertrages von 1963 eingerichtet, um die im<br />
Elysee- Vertrag vereinbarte För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Partnersprache des jeweils an<strong>der</strong>en Landes sowie<br />
den interkulturellen Austausch gezielt umzusetzen. Vor diesem Hintergrund wurde auch <strong>der</strong><br />
erste bilinguale Zug in Deutschland (Deutsch/Französisch) 1969 an einem Gymnasium in<br />
Singen am Hohentwiel etabliert (vgl. KMK 2006: 7 f). In an<strong>der</strong>en europäischen Län<strong>der</strong>n mit<br />
mehreren Amtssprachen, z.B. in Belgien, gibt es solche Konzepte jedoch schon seit Beginn<br />
des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts (vgl. EURYDICE 2006: 7).<br />
Seit <strong>der</strong> Einrichtung des ersten bilingualen Zuges ist die Zahl <strong>der</strong> Schulen mit bilingualen<br />
Angeboten kontinuierlich gestiegen. So gab es nach Angaben <strong>der</strong> KMK im Jahr 1999 bereits<br />
366 Schulen mit bilingualem Angebot in Deutschland. Bis zum Jahr 2006 ist die Zahl<br />
nochmals rapide auf 847 Schulen in ganz Deutschland angestiegen (vgl. KMK 2006: 15).<br />
Angetrieben von dem Engagement <strong>der</strong> bilingualen LuL hat sich <strong>der</strong> bilinguale Unterricht von<br />
seinem anfänglichen Nischendasein zu einem festen Bestandteil <strong>der</strong> gesamten deutschen<br />
Bildungslandschaft entwickelt, so dass <strong>der</strong> bilinguale Unterricht heute sowohl in jedem<br />
Bundesland als auch in allen Schulformen vertreten und nicht mehr aus den Curricula<br />
wegzudenken ist (vgl. OTTEN & WILDHAGE 2003: 16).<br />
Die durch den Deutsch-Französischen Kooperationsvertrag bedingte anfängliche Dominanz<br />
des Französischen ging jedoch in den 90er Jahren zu Gunsten <strong>der</strong> englischen Sprache langsam<br />
zurück, da mit <strong>der</strong> voranschreitenden Globalisierung und <strong>der</strong> Öffnung des europäischen<br />
Binnenmarktes Englisch zur lingua franca wurde. Zudem sprach die Dominanz <strong>der</strong><br />
englischen Sprache in <strong>der</strong> internationalen Wissenschaft im Zusammenspiel mit <strong>der</strong> Integration<br />
von naturwissenschaftlichen Fächern in den bilingualen Fächerkanon, <strong>der</strong> bis dahin nur aus<br />
gesellschaftlichen Fächern bestand, für die Verwendung des Englischen als Arbeitssprache.<br />
Seit diesem „Run auf das Englische“ (ZYDATISS 2007: 32) ist Englisch die primäre<br />
Zielsprache in allen Bundeslän<strong>der</strong>n. Trotz <strong>der</strong> Dominanz des Englischen wird Französisch<br />
weiterhin in 14 Bundeslän<strong>der</strong>n als Unterrichtssprache eingesetzt. Darüber hinaus werden auch<br />
vereinzelte Unterrichtsmodelle mit Nie<strong>der</strong>ländisch, Spanisch, Italienisch, Russisch, Dänisch,
7<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
Tschechisch, Polnisch, Türkisch o<strong>der</strong> Neugriechisch in grenznahen Regionen angeboten (vgl.<br />
HOFFMANN & MEYER, C. 2009: 4; ZYDATISS 2007: 32 f).<br />
2.3 Zielsetzungen des bilingualen <strong>Geographie</strong>unterrichts<br />
Die Ziele des bilingualen <strong>Geographie</strong>unterrichts sind sehr vielfältig und setzen sich aus den<br />
grundlegenden geographischen Zielvorstellungen des muttersprachlichen Erdkunde-<br />
unterrichts, fremdsprachlichen sowie bildungspolitischen Zielen zusammen. Obwohl <strong>der</strong><br />
bilinguale Erdkundeunterricht geographische, fremdsprachliche und bildungspolitische Ziele<br />
vereint, ist die Gewichtung bei<strong>der</strong> Unterrichtsfächer trotz eines dualen Fokus nicht<br />
gleichstark, weil bilingualer Erdkundeunterricht in erster Linie immer Fachunterricht und kein<br />
erweiterter Fremdsprachenunterricht ist. Trotzdem haben auch fremdsprachliche Elemente<br />
und Zielsetzungen eine tragende Funktion im bilingualen Erdkundeunterricht, da eine<br />
Wissens- und Kompetenzerweiterung, beson<strong>der</strong>s in den unteren Jahrgangsstufen, nur durch<br />
sprachliche Stützsysteme, systematischen Wortschatzaufbau und die Entwicklung kom-<br />
munikativer Fähigkeiten in <strong>der</strong> Fremdsprache stattfinden kann. Ohne eine sinnvolle<br />
Integration dieser fremdsprachlichen Elemente wäre eine Vermittlung <strong>der</strong> Sachinhalte ohne<br />
fachliche Defizite seitens <strong>der</strong> SuS nicht möglich (vgl. HAUPT & BIEDERSTÄDT 2003: 49f;<br />
LENZ 2002: 3f; MEHISTO, MARSH & FRIGOLS 2008: 9). Im Folgenden werden die<br />
geographischen, fremdsprachlichen und fächerübergreifenden Ziele kurz erläutert. Eine kurze<br />
Zusammenfassung des Kompetenzerwerbs im bilingualen <strong>Geographie</strong>unterricht zeigt<br />
Abbildung 1.<br />
Das Leitziel des muttersprachlichen <strong>Geographie</strong>unterrichts und somit auch übergeordnetes<br />
Ziel des bilingualen Erdkundeunterrichts ist „die Einsicht in die Zusammenhänge zwischen<br />
natürlichen Gegebenheiten und gesellschaftlichen Aktivitäten in verschiedenen Räumen <strong>der</strong><br />
Erde und eine darauf aufbauende raumbezogene Handlungskompetenz“ (DGFG 2007: 1). Um<br />
dieses Ziel zu erreichen, sollen die SuS Fachwissen, räumliche Orientierung, geographische<br />
Methoden <strong>der</strong> Erkenntnisgewinnung, Kommunikationskompetenz, die Fähigkeit des<br />
Beurteilens und Bewertens sowie Handlungskompetenz als grundlegende geographische<br />
Kompetenzen erwerben 5 (vgl. DGFG 2007: 8ff).<br />
Zu den fremdsprachlichen Zielen des bilingualen Erdkundeunterrichts zählen die Erweiterung<br />
<strong>der</strong> allgemeinen Kommunikationsfähigkeit in einem authentischeren Umfeld als es <strong>der</strong><br />
Fremdsprachenunterricht ermöglichen kann sowie die Entwicklung sowohl fachbezogener als<br />
5 Eine detaillierte Auflistung aller geographischer Ziele ist im Kerncurriculum bzw. in den Bildungsstandards für<br />
das Fach <strong>Geographie</strong> zu finden.
8<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
auch allgemeiner Sprachkompetenz. Außerdem sollen die SuS Selbstvertrauen im Umgang<br />
mit <strong>der</strong> Fremdsprache entwickeln und spezifische Arbeitstechniken wie note taking, scimming<br />
und scanning, erlernen (vgl. LENZ & MEYER, C. 2006: 160).<br />
Fremdsprachen-<br />
kompetenz<br />
- fachspezifische<br />
Terminologie (CALP)<br />
- allgemeine<br />
Kommunikations-<br />
fähigkeit (BICS)<br />
- interkulturelles<br />
Sprachbewusstsein<br />
Sozialkompetenz<br />
- Kooperatives Lernen<br />
- partnerbezogene<br />
Kommunikation<br />
Geographische Fachkompetenz<br />
- räumliche Orientierung<br />
- natur- und humangeographische<br />
Systeme erfassen und erklären<br />
- Analyse von Wechselwirkungen<br />
zwischen Mensch und Umwelt<br />
- globale Strukturen und<br />
Abhängigkeiten erkennen und<br />
erklären<br />
Kompetenzerwerb<br />
im bilingualen<br />
<strong>Geographie</strong>unterricht<br />
Methodenkompetenz<br />
- kritischer Umgang mit<br />
fachspezifischen Medien<br />
(Karten, Diagrammen, Filme,<br />
Graphiken etc.)<br />
- Informationsbeschaffung,<br />
-auswertung und -präsentation<br />
- Texterschließungsstrategien<br />
Interkulturelle<br />
Kompetenz<br />
- Perspektivenwechsel<br />
- Offenheit gegenüber<br />
Fremden und Fremdem<br />
- Empathie<br />
- Toleranz<br />
- Intercultural<br />
Communicative<br />
Competence (ICC)<br />
Personale Kompetenz<br />
- raumverantwortliche<br />
Handlungskompetenz<br />
- Lernstrategien<br />
Abb. 1: Kompetenzerwerb im bilingualen <strong>Geographie</strong>unterricht (eigene Darstellung nach<br />
BIEDERSTÄDT 2007: 146; LENZ 2002: 137)
9<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
Kombiniert führen die geographischen und fremdsprachlichen Zielvorstellungen sowie das<br />
übergeordnete bildungspolitische Ziel <strong>der</strong> Mehrsprachigkeit zu dem Erwerb einer scientific<br />
literacy 6 , die es den SuS ermöglicht, raumverantwortlich auf einer globalen Ebene zu handeln<br />
(vgl. HALLET 2005a: 4; LENZ 2002: 3ff). Ergänzt wird die scientific literacy durch die<br />
fächerübergreifende Komponente des interkulturellen Lernens, die ein raumverantwortliches<br />
globales Handeln unter Berücksichtigung aller beteiligten Perspektiven ermöglicht (vgl.<br />
LENZ 2002: 3ff).<br />
Neben diesen spezifischen Zielvorstellungen des bilingualen <strong>Geographie</strong>unterrichts spielen<br />
auch allgemeine lernpsychologische Aspekte, wie zum Beispiel Motivation, und erzieherische<br />
Ziele, die elementar für jedes Unterrichtsfach sind, eine wichtige Rolle (vgl. LENZ 2002: 4<br />
ff).<br />
2.4 Organisatorische Rahmenbedingungen - Modelle bilingualen Lehrens-<br />
und Lernens<br />
Für das Konzept des bilingualen Lernens gibt es in den einzelnen Bundeslän<strong>der</strong>n, trotz<br />
Thematisierung in <strong>der</strong> Kultusministerkonferenz <strong>der</strong> Län<strong>der</strong>, keine einheitlichen Rahmen-<br />
bedingungen. So werden in Rheinland-Pfalz bestimmte Stundensätze für den bilingualen<br />
Unterricht vorgeschrieben, wohingegen in Nie<strong>der</strong>sachen <strong>der</strong> bilinguale Unterricht zwar in den<br />
Kerncurricula <strong>der</strong> Sachfächer erwähnt wird, jedoch viel organisatorischen Freiraum genießt.<br />
Trotzdem können zwei grundsätzliche Formen bilingualen Unterrichts, bilinguale Züge und<br />
modulare Modelle, unterschieden werden (vgl. HALLET 2005b: 12; WILDHAGE 2000:<br />
213f).<br />
Die häufigste Form des bilingualen Unterrichts ist <strong>der</strong> bilinguale Zug, auch curricularer<br />
Bildungsgang genannt, <strong>der</strong> fest in <strong>der</strong> Stundentafel verankert ist und auf dem Curriculum des<br />
jeweiligen Sachfachs basiert. Bilinguale Züge beginnen in <strong>der</strong> Regel in einem o<strong>der</strong> zwei<br />
Fächern in <strong>der</strong> 7. Klasse und können bis zur 10. Klasse bzw. in Kombination mit CERTI-<br />
LINGUA bis zum Abitur belegt werden (vgl. HALLET 2005b: 12). Die Entscheidung,<br />
welches Fach in welcher Sprache bilingual erteilt wird, ist in den meisten Fällen von <strong>der</strong><br />
Personalsituation <strong>der</strong> Schulen abhängig, da die LuL sowohl über fremdsprachliche als auch<br />
über fachliche Kenntnisse verfügen sollten (vgl. WILDHAGE 2000: 214). Um sicher-<br />
zustellen, dass <strong>der</strong> bilinguale Unterricht aufgrund <strong>der</strong> fremdsprachlichen Arbeitssprache nicht<br />
6 Scientific Literacy wird in <strong>der</strong> PISA-Studie als Kompetenz verstanden „Naturwissenschaftliches Wissen<br />
anzuwenden, naturwissenschaftliche Fragen zu erkennen und aus Belegen Schlussfolgerungen zu ziehen, um<br />
Entscheidungen zu verstehen und zu treffen, die die natürliche Welt und die durch menschliches Handeln an<br />
ihr vorgenommenen Verän<strong>der</strong>ungen betreffen“ (BAUMERT, STANAT & DEMMRICH 2001: 23).
10<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
zu fachlichen Defiziten führt, hat Cummins in seiner Schwellen-Hypothese darauf hin-<br />
gewiesen, dass eine bestimmte fremdsprachliche Kompetenz vor dem Beginn des bilingualen<br />
Unterrichts vorhanden sein sollte (vgl. ZYDATISS 2007: 40). Diese Problematik wird durch<br />
die bewährte Praxis von Einführungskursen bzw. Arbeitsgemeinschaften in den Jahrgängen<br />
5/6 sowie durch eine zusätzliche Stunde Fremdsprachenunterricht im Vorfeld des bilingualen<br />
Unterrichts versucht zu umgehen. Aufgrund fehlen<strong>der</strong> curricularer Grundlagen für diese<br />
Einführungskurse bzw. Arbeitsgemeinschaften verfügen die unterrichtenden LuL über viel<br />
Gestaltungsfreiraum, <strong>der</strong> dazu führt, dass die Einführungskurse an einigen Schulen fächer-<br />
übergreifend und an an<strong>der</strong>en wie<strong>der</strong>um nur für ein bilingual erteiltes Fach stattfinden (vgl.<br />
WHITTAKER 2003: 170f).<br />
Bei modularen Modellen dagegen wird <strong>der</strong> „Fachunterricht [nur] zeitlich o<strong>der</strong> inhaltlich<br />
begrenzt in <strong>der</strong> Fremdsprache erteilt“(HALLET 2005b:12). Zu modularen Unterrichtsformen<br />
zählen epochaler bilingualer Unterricht, bilinguale Module, bilinguale Projekte und<br />
fremdsprachige Elemente, z.B. fremdsprachige Fachtexte im muttersprachlichen Sachfach-<br />
unterricht (vgl. HALLET 2005b: 12). Modulare Modelle können sowohl als Zusatzangebot zu<br />
einem bilingualen Zug als auch an Schulen ohne bilinguale Züge angeboten werden.<br />
Hervorzuheben sind bilinguale Module und Projekte, da sie fächerübergreifendes Arbeiten,<br />
interkulturelles Lernen und Methodenkompetenz beson<strong>der</strong>s stark för<strong>der</strong>n. Zudem rufen diese<br />
Formen des bilingualen Lernens eine hohe Motivation seitens <strong>der</strong> SuS hervor und sind<br />
verhältnismäßig einfach zu organisieren (vgl. KRECHEL 2003: 194; ZYDATISS 2007: 34).<br />
2.5 Methodisch-didaktische Aspekte bilingualen <strong>Geographie</strong>unterrichts<br />
Da bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht in erster Linie <strong>Geographie</strong>unterricht ist, gelten für den<br />
bilingualen <strong>Geographie</strong>unterricht grundsätzlich die gleichen methodischen Prinzipien wie für<br />
den muttersprachlichen <strong>Geographie</strong>unterricht (vgl. LENZ 2002: 7). Durch die Integration von<br />
Sachfach und Fremdsprache entsteht jedoch eine spezifische CLIL-Methodik, die auf<br />
fremdsprachlichen, sachfachlichen, interaktionellen und interkulturellen Kompetenzen<br />
basiert 7 (vgl. BONNET 2007: 137 ff). „Aufgabe <strong>der</strong> abgeleiteten CLIL-Methodik ist die<br />
För<strong>der</strong>ung dieser […] [vier] Komponenten bzw. die Kompensation von Schwierigkeiten, die<br />
dadurch entstehen, dass die Kompetenzen noch nicht ausreichend entwickelt sind“ (BONNET<br />
2007: 137). Durch diese Zielsetzung kommt einigen originären geographischen Ziel-<br />
7 Ursprünglich besteht Bonnets Drei-Säulen-Modell nur aus <strong>der</strong> fremdsprachlichen, sachfachlichen und <strong>der</strong><br />
interaktionalen Kompetenz. Jedoch verweist er in seinen Erläuterungen darauf, dass das Modell noch um eine<br />
kulturelle Komponente erweitert werden könnte (vgl. BONNET 2007: 137ff). Daher wird in <strong>der</strong> Ausarbeitung<br />
die interkulturelle Kompetenz als sogenannte „vierte Säule“ integriert
11<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
setzungen, wie dem Prinzip <strong>der</strong> Anschaulichkeit, <strong>der</strong> didaktischen Rekonstruktion, <strong>der</strong><br />
Kleinschrittigkeit sowie <strong>der</strong> Schüler- und Problemorientierung, eine beson<strong>der</strong>e Rolle im<br />
bilingualen <strong>Geographie</strong>unterricht zu (vgl. LENZ 2002: 7). Die fremdsprachliche Methodik<br />
soll nach BONNET durch schrittweise Inhaltserschließung mit Hilfe von pre-, while- und<br />
post-activities 8 , das Erlernen von relevanten Arbeitstechniken, z.B. Wörterbucharbeit, und<br />
systematischer Wortschatzarbeit expliziten, authentischem Spracherwerb initiieren, <strong>der</strong> im<br />
Zusammenspiel mit sachfachlichen Methoden, wie z.B. dem Wechsel <strong>der</strong> Darstellungsformen<br />
o<strong>der</strong> geographischen Arbeitsmethoden, zu dem Erwerb von geographischen Kompetenzen<br />
führt. Da es sich bei den interaktionellen methodischen Maßnahmen (Schüler- und<br />
Handlungsorientierung bzw. offener Unterricht) und dem Erwerb interkultureller Kompetenz<br />
um allgemeine Zielsetzungen und Prinzipien des regulären Erdkundeunterrichts handelt und<br />
nicht um CLIL spezifische Elemente, sollen diese Aspekte an dieser Stelle nicht weiter<br />
vertieft werden 9 (vgl. BONNET 2007: 138 f). Zusammenfassend kann methodisch gesehen<br />
von einer beson<strong>der</strong>en Art <strong>der</strong> didaktischen Rekonstruktion 10 im bilingualen Unterricht ge-<br />
sprochen werden, die aus <strong>der</strong> Verwendung einer Fremdsprache als Arbeitssprache und <strong>der</strong><br />
Kompensation möglicher Schwierigkeiten resultiert. Im Folgenden werden das Prinzip <strong>der</strong><br />
funktionalen Fremdsprachigkeit, die Methode des scaffolding, <strong>der</strong> Umgang mit sprachlichen<br />
Fehlern sowie die Leistungsbewertung im bilingualen Unterricht genauer erläutert, weil sie<br />
sich von den Aspekten des regulären Erdkundeunterrichts unterscheiden und charakteristische<br />
methodisch-didaktische Aspekte des bilingualen <strong>Geographie</strong>unterrichts darstellen.<br />
2.5.1 Prinzip <strong>der</strong> funktionalen Fremdsprachigkeit<br />
Durch die Integration von Fremdsprache und Sachfach im CLIL-Ansatz wird das<br />
ursprüngliche fremdsprachliche Prinzip <strong>der</strong> funktionalen Fremdsprachigkeit auf den<br />
bilingualen Sachfachunterricht übertragen. „Die Fremdsprache ist Unterrichtssprache, Ver-<br />
mittlungssprache, Arbeitssprache. Sie ist die unterrichtete ebenso wie die unterrichtende<br />
Sprache, also nicht nur <strong>der</strong> Lehrgegenstand und das Ziel, son<strong>der</strong>n auch <strong>der</strong> Weg zum Ziel“<br />
(BUTZKAMM 2008: 91). Damit tatsächlich ein Ausbau <strong>der</strong> Fremdsprachenkompetenz bei<br />
8 Für eine ausführliche Erklärung <strong>der</strong> Methodik von pre-, while- und post activities siehe MÜLLER-<br />
HARTMANN & SCHOCKER VON DITFURTH 2007.<br />
9 Detailliertere Informationen zu interkulturellem Lernen im bilingualen Sachfachunterricht geben die Artikel<br />
Lernen in zwei Sprachen und mit Blick auf zwei Kulturen von Herbert Christ und Bilingualer Unterricht:<br />
Anspruch und Wirklichkeit aus Sicht <strong>der</strong> <strong>Geographie</strong>didaktik von Christiane Meyer.<br />
10 Das Modell <strong>der</strong> didaktischen Rekonstruktion beschreibt die Aufbereitung fachlicher Themen für den<br />
Unterricht, wobei die wissenschaftlichen Inhalte nicht nur didaktisch strukturiert und reduziert werden, son<strong>der</strong>n<br />
auch die Schülerperspektiven mit berücksichtigt werden, so dass im Zusammenspiel von fachlicher Klärung,<br />
didaktischer Strukturierung und Erfassung <strong>der</strong> Lernerperspektiven schüler-und handlungsorientierter Unterricht<br />
stattfinden kann (vgl. GROPENGIESSER & KATTMANN 1998: 1ff).
12<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
den SuS stattfindet, sollte die Fremdsprache von Beginn an als gültiges Kommunikations-<br />
mittel des Unterrichts wahrgenommen werden. Jedoch ist das Prinzip <strong>der</strong> funktionalen<br />
Fremdsprachigkeit nicht mit dem traditionellen Prinzip <strong>der</strong> Einsprachigkeit zu verwechseln.<br />
Zwar handelt es sich bei <strong>der</strong> funktionalen Fremdsprachigkeit weitestgehend um das Prinzip<br />
<strong>der</strong> Einsprachigkeit, aber die Muttersprache kann und darf bei Bedarf eingesetzt werden (vgl.<br />
BUTZKAMM 2008: 91). Eine gänzliche Vermeidung <strong>der</strong> Muttersprache im bilingualen<br />
Erdkundeunterricht ist schon allein durch die For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Kultusministerien nach einer<br />
„Durchlässigkeit zwischen fremdsprachig und muttersprachig erteiltem Erdkundeunterricht“<br />
(NDS. KULTUSMINISTERIUM 2008: 19), die eine Vermittlung <strong>der</strong> Fachbegriffe in beiden<br />
Sprachen nach sich zieht, nicht umzusetzen (vgl. NDS. KULTUSMINISTERIUM 2008: 19).<br />
Außerdem kann es beson<strong>der</strong>s im Anfangsunterricht zu einer Diskrepanz zwischen den<br />
kognitiven und fremdsprachlichen Kompetenzen <strong>der</strong> SuS kommen, so dass diese trotz<br />
Hilfestellungen seitens <strong>der</strong> LuL nicht in <strong>der</strong> Lage sind, ihre Gedanken in <strong>der</strong> Fremdsprache<br />
mitzuteilen. In solchen Situationen sollte den SuS erlaubt werden, ihre Gedankengänge in <strong>der</strong><br />
Muttersprache in das Unterrichtsgespräch einzubringen (vgl. LENZ 2002: 8). Dabei sollte<br />
jedoch auf eine strikte Trennung von muttersprachlichen und fremdsprachigen Unterrichts-<br />
phasen in Form von code switching geachtet werden. Des Weiteren sollte durch den<br />
Sprachwechsel keine Doppelinformation gegeben werden, da ansonsten die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />
Fremdsprachenkompetenz darunter leiden würde. Mit fortscheiten<strong>der</strong> Fremdsprachen-<br />
kompetenz wird die Diskrepanz immer kleiner, so dass in <strong>der</strong> Regel in höheren Jahrgangs-<br />
stufen auf code switching verzichtet werden kann 11 . Abschließend lässt sich festhalten, dass<br />
die Muttersprache nur gut dosiert unter Wahrung des Prinzips <strong>der</strong> funktionalen<br />
Fremdsprachigkeit und ohne Verlust wertvoller Sprechzeit eingesetzt werden sollte (vgl.<br />
BUTZKAMM 2008: 91).<br />
11 Vgl. HAUPT, D. 2012: Bilingualer deutsch-englischer Unterricht – eine fächerübergreifende Einführung.<br />
Einführungsvortrag auf einer Fortbildung des NLQ vom 14.-16.03.2012 in Bad Salzdetfurth.
2.5.2 Scaffolding<br />
13<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
„Je<strong>der</strong> Lerner einer Sprache muß [sic] seine Wortbedeutungen<br />
aus Elementen seiner individuellen Erfahrungen aufbauen,<br />
und diese Bedeutungen hernach durch Versuch und Irrtum<br />
und erfolgsorientierte Anpassung in sprachlichen<br />
Interaktionen variabel machen.“<br />
Ernst von Glaserfeld 12<br />
„Das Ziel jedes Sachfachunterrichts [, egal ob muttersprachlicher o<strong>der</strong> fremdsprachlicher<br />
Sachfachunterricht,] ist eine wissenschaftlich fundierte Beschreibung und systematische<br />
Erfassung <strong>der</strong> Phänomene <strong>der</strong> uns umgebenden Welt“ (HALLET 2003: 52). Diese Ziel-<br />
setzung ist jedoch nur durch den Einsatz von Sprache zu erreichen, denn ohne Sprache kann<br />
keine Beschreibung <strong>der</strong> Welt erfolgen. Daher wird Sprach- und Begriffsbildung als ein<br />
grundlegendes Element von jedem Unterricht gesehen, sowohl muttersprachlichem als auch<br />
bilingualem (vgl. CZAPEK 2000: 24ff). Im Vergleich zum muttersprachlichen Unterricht<br />
kommt <strong>der</strong> Sprachför<strong>der</strong>ung im bilingualen Unterricht aber eine weitaus größere Bedeutung<br />
zu, weil es sich bei <strong>der</strong> Unterrichtssprache um eine Fremdsprache handelt. Damit auch im<br />
bilingualen Unterricht trotz <strong>der</strong> anfänglichen Diskrepanz zwischen kognitiver und fremd-<br />
sprachlicher Kompetenz seitens <strong>der</strong> SuS ein „sachangemessenes Lernen“ (RICHTER &<br />
ZIMMERMANN 2003: 119) möglich ist, sollten den SuS „verbale, grafische und an<strong>der</strong>e<br />
unterrichtsmethodische Stützmaßnahmen“ (ZYDATISS 2010: 2) an die Hand gegeben<br />
werden (vgl. RICHTER & ZIMMERMANN 2003: 119; ZYDATISS 2010: 2). Diese<br />
unterrichtsmethodischen Stützmaßnahmen wurden 1983 unter dem Begriff des scaffolding<br />
von Bruner in den wissenschaftlichen Diskurs eingeführt und gehen auf die soziokulturelle<br />
Spracherwerbstheorie von Vygotsky zurück (vgl. ZYDATISS 2010: 2). Vygotsy’s Sprach-<br />
erwerbstheorie besagt, dass Lernen durch situative Interaktionen zwischen einem Experten<br />
und einem Novizen stattfindet. Die SuS werden von Experten durch gelenkte Hilfestellungen<br />
in ihrem Lernprozess unterstützt, so dass sie durch negotiation of meaning (Bedeutungs-<br />
aushandlung) und qualifizierte Anleitung Fehler selbständig korrigieren, Wissenslücken<br />
schließen und somit ihre Sprachkompetenz kontinuierlich erweitern können. Durch<br />
kontinuierliches scaffolding erweitern die SuS nach und nach ihre Kompetenzen und können<br />
„zunehmend differenziertere und eigenständigere Leistungen[, auch ohne gezielte<br />
Hilfestellung,] erbringen“ (ZYDATISS 2005: 50) (vgl. SHRUM & GLISAN 2005: 21ff;<br />
12 Zitiert in BLEYHL 1999: 23
14<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
ZYDATISS 2005: 50f). Jegliche Formen von scaffolding können sowohl zur Entlastung des<br />
Inputs (input-scaffolding) als auch zur erleichterten Outputproduktion (output-scaffolding) in<br />
Form von Redewendungen etc. verwendet werden (vgl. MEYER, O. 2009: 9). Im Folgenden<br />
werden zwei elementare Formen des scaffolding im bilingualen Erdkundeunterricht, Wort-<br />
schatzarbeit und das Prinzip <strong>der</strong> Anschaulichkeit, genauer erläutert.<br />
2.5.2.1 Wortschatzarbeit 13<br />
In diesem Kapitel wird die Wortschatzarbeit als eine Form des scaffolding im bilingualen<br />
<strong>Geographie</strong>unterricht ausführlich betrachtet. Durch die Integration von Sachfach und<br />
Fremdsprache for<strong>der</strong>n OTTEN und WILDHAGE, dass „die Formen des Lehrens und Lernens<br />
sich [neben den methodisch-didaktischen Zielen des Sachfachs auch] am <strong>der</strong>zeitigen<br />
Wissenstands über institutionellen Spracherwerb orientieren“ (ebd. 2003: 27) sollten, um<br />
einen optimalen Lernerfolg bei den SuS zu erzielen. Verstärkt wird diese For<strong>der</strong>ung durch die<br />
Feststellung VOLLMERs, dass jegliches Lernen auch sprachliches Lernen ist (vgl. ebd.<br />
2008a: 59). Somit wird zuerst ein kurzer Überblick über den kognitionspsychologischen<br />
Vorgang <strong>der</strong> Begriffsbildung und über den Prozess des Spracherwerbs gegeben, bevor die<br />
zwei Wortschatzkategorien Basic Interpersonal Communication Skills und Cognitive<br />
Academic Language Proficiency sowie unterschiedliche Methoden und Hilfsmittel <strong>der</strong><br />
Wortschatzför<strong>der</strong>ung vorgestellt werden.<br />
2.5.2.1.1 Begriffs- und Sprachbildung – ein allgemeiner Überblick<br />
Im bilingualen Unterricht werden zwei Formen des Spracherwerbs unterschieden -<br />
ungesteuerter und gezielter Spracherwerb. Ungesteuerter Spracherwerb findet im bilingualen<br />
Unterricht zu je<strong>der</strong> Zeit durch den erhöhten Kontakt mit <strong>der</strong> Fremdsprache und ohne jegliche<br />
Beeinflussung durch die LuL statt, sofern das Prinzip <strong>der</strong> funktionalen Fremdsprachigkeit<br />
angewendet wird und die SuS den fremdsprachlichen Input nicht nur passiv konsumieren,<br />
son<strong>der</strong>n auch aktiv am Unterrichtsgespräch teilnehmen. Gezielter Spracherwerb dagegen wird<br />
durch fokussierten Input <strong>der</strong> LuL initiiert und dient dem Erwerb einer fachlich fundierten<br />
Diskurskompetenz, die aus <strong>der</strong> Kombination von inhaltlichem Wissen, fremdsprachlichen<br />
Strukturen und fremdsprachlichen Kommunikationsmitteln resultiert. Ein Beispiel für eine<br />
Methode des gezielten Spracherwerbs ist die systematische Wortschatzarbeit (vgl.<br />
VOLLMER 2008b: 131; BONNET; BREIDBACH & HALLET 2003: 177ff).<br />
13 Dieses Kapitel basiert auf meiner Bachelorarbeit zum Thema Wortschatzarbeit im bilingualen<br />
<strong>Geographie</strong>unterricht – empirisch perspektiviert (vgl. KLUSSMANN 2010).
15<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
Jeglicher Spracherwerb, egal ob gesteuert o<strong>der</strong> ungesteuert, findet im bilingualen Unterricht<br />
jedoch nur statt, wenn einige spracherwerbstheoretische Grundprinzipien des fremd-<br />
sprachlichen Unterrichts auch im bilingualen Unterricht berücksichtigt werden. So kann eine<br />
fremdsprachliche, fachliche fundierte Diskurskompetenz nur erworben werden, wenn die SuS<br />
optimalen Input bekommen (Krashen’s Input Hypothesis), d.h. verständlichen und interes-<br />
santen Input, <strong>der</strong> etwas über dem aktuellen sprachlichen Niveau <strong>der</strong> SuS liegt und dabei noch<br />
verständlich ist (vgl. SHRUM & GLISAN 2005: 14ff). Neben optimalem Input müssen die<br />
SuS auch die Chance bekommen die Zielsprache aktiv im Unterrichtsgeschehen zu<br />
verwenden (Long’s Interaction Hypothesis) und Inhalte, Ideen o<strong>der</strong> Fragen selbst zu<br />
versprachlichen (Swain’s Output Hypothesis), damit erfolgreiches Sprachenlernen mit<br />
sichtbarem Kompetenzerwerb stattfinden kann. Bei <strong>der</strong> Sprachproduktion und <strong>der</strong> Interaktion<br />
im Klassenzimmer können die SuS nicht nur ihre erworbenen Fähigkeiten testen, son<strong>der</strong>n<br />
werden sich durch Bedeutungsaushandlungen (negotiation of meaning) auch ihrer Lücken<br />
bewusst und können diese selbständig o<strong>der</strong> durch scaffolding mit Peers o<strong>der</strong> mit Hilfe von<br />
an<strong>der</strong>en methodischen Stützmaßnahmen schließen (vgl. SHRUM & GLISAN 2005: 19ff). Bei<br />
Berücksichtigung dieser Spracherwerbstheorien im bilingualen Unterricht bzw. bei <strong>der</strong><br />
Materialgestaltung ist es möglich, den SuS eine gute fremdsprachliche, fachlich fundierte<br />
Diskurskompetenz zu vermitteln. Dabei gilt je qualitativer <strong>der</strong> Input, die Interaktionen und <strong>der</strong><br />
Output dabei sind, desto erfolgreicher ist auch <strong>der</strong> Spracherwerb.<br />
Da schon Piaget den Lernprozess als „die Ausbildung einer fachlich ausgeprägten<br />
Begrifflichkeit im Sinne kognitiv mentaler Konzepte“ (HALLET 2002: 116) beschrieben hat,<br />
<strong>der</strong> es den SuS ermöglicht, die Phänomene <strong>der</strong> Welt zu verstehen, kommt <strong>der</strong> Begriffsbildung<br />
im bilingualen Unterricht durch die Integration des Sachfachs und <strong>der</strong> Fremdsprache eine<br />
große Bedeutung zu. Obwohl noch keine Einigkeit darüber herrscht, wie genau solche<br />
mentalen Konzepte aussehen, ist unumstritten, dass Begriffe in Form von netzartigen<br />
mentalen Konzepten vor dem Hintergrund eines Problems, einer Fragestellung o<strong>der</strong><br />
Beschreibung bzw. Erklärung eines Phänomens konstruiert werden (vgl. HALLET 2002:<br />
116f). Mit Hilfe des Vorwissens <strong>der</strong> SuS und des Inputs <strong>der</strong> LuL wird im Unterricht durch<br />
negotiation of meaning ein Geflecht von Zusammenhängen erstellt, so dass die SuS<br />
begriffliches Wissen erwerben können. Die komplexen inhaltlichen Zusammenhänge werden<br />
stellvertretend mit einem Begriff bezeichnet, <strong>der</strong> das komplette mentale Geflecht<br />
repräsentiert. Begriffe sind somit nicht nur einfache Worte, son<strong>der</strong>n stehen stellvertretend für<br />
einen Wissenskomplex, <strong>der</strong> wie<strong>der</strong>um mit an<strong>der</strong>en Wissenskomplexen verknüpft ist. Diese<br />
repräsentativen Begriffe entsprechen den geographischen Fachbegriffen, die die SuS sowohl
16<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
im muttersprachlichen als auch im bilingualen <strong>Geographie</strong>unterricht erlernen sollen. Von<br />
einem reinen Begriffslernen durch das Auswendiglernen von Definitionen ist jedoch ab-<br />
zusehen. Der Unterricht sollte vielmehr die netzartigen Zusammenhänge verdeutlichen und<br />
erläutern wie diese Zusammenhänge in bestehende Konzepte integriert werden können. Auf<br />
diese Weise können die SuS die Begriffe als „Werkzeuge des Denkens“ (AEBLI 1994: 270)<br />
erfassen, die ihnen helfen Fachwissen und alltägliche Zusammenhänge zu erschließen (vgl.<br />
AEBLI 1994: 258ff). Problematisch ist, dass die SuS zu Beginn des bilingualen Unterrichts<br />
bereits über mentale Alltagskonzepte bzw. Alltagsbegriffe verfügen, die auf variierendem<br />
Erfahrungswissen basieren, da es in unterschiedlichen Sozialisationskontexten erworben<br />
wurde. Dieses Erfahrungswissen ist subjektiv und im muttersprachlichen Konzept verankert.<br />
Wissenschaftliche Konzepte dagegen sind im Vergleich zu Alltagsbegriffen eher abstrakt,<br />
theoriegeleitet und intersubjektiv, weil sie aufgrund von jahrelangen Forschungsarbeiten<br />
empirisch abgesichert wurden. Ziel des bilingualen Unterrichts bzw. des Unterrichts im<br />
Allgemeinen ist es, solche Wissenskomplexe auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> schon vorhandenen Alltags-<br />
konzepte aufzubauen bzw. die Alltagskonzepte zu korrigieren und zu erweitern. Da im<br />
bilingualen Unterricht die Wissenskonzepte jedoch in <strong>der</strong> Fremdsprache erworben werden, ist<br />
es notwendig, die muttersprachlichen Alltagskonzepte mit den neu angelegten fremd-<br />
sprachlichen, wissenschaftlichen Konzepten zu einem bilingualen und interkulturellen<br />
Konzept zu verknüpfen. Dadurch ist die Begriffsbildung im bilingualen Unterricht „kognitiv<br />
weit wirksamer und tiefer reichend als gemeinhin angenommen“ (HALLET 2002: 120). Auf<br />
die Bildung dieses bilingualen und interkulturellen Wissenskonzeptes ist auch die in den<br />
Curricula verankerte For<strong>der</strong>ung nach dem zweisprachigen Fachbegriffserwerb zurück-<br />
zuführen (vgl. HALLET 2002: 117ff).<br />
2.5.2.1.2 Wortschatzkategorien<br />
Im Rahmen <strong>der</strong> Diskussion um eine Integration von sprachlichem und sachfachlichem Lernen<br />
im bilingualen <strong>Geographie</strong>unterricht hat sich seit den 1990er Jahren eine von Cummins in den<br />
1970er Jahren entwickelte Differenzierung von zwei Wortschatzkategorien im bilingualen<br />
Kontext etabliert. Das von Cummins entwickelte Modell ist in <strong>der</strong> kognitiven Spracherwerbs-<br />
forschung anzusiedeln und versucht die Zusammenhänge sprachlicher und kognitiver Ent-<br />
wicklung im bilingualen Unterricht darzustellen. Cummins differenziert zwischen einer<br />
allgemeinen, alltäglichen Dimension und einer wissenschaftlichen Dimension. Den Wort-<br />
schatz <strong>der</strong> alltäglichen Dimension bezeichnet er als Basic Interpersonal Communication Skills<br />
(BICS), den Wortschatz <strong>der</strong> wissenschaftlichen Dimension als Cognitive Academic Language
17<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
Proficiency (CALP). Die Differenzierung basiert auf den kognitiven Anfor<strong>der</strong>ungen und weist<br />
daraufhin, dass im Alltag an<strong>der</strong>e kommunikative Fähigkeiten benötigt werden als im<br />
schulischen Kontext. Trotz dieser qualitativen Differenzierung sind sowohl BICS als auch<br />
CALP Elemente des bilingualen Lehrens und Lernens. Obwohl im Folgenden diese zwei<br />
Sprachkomponenten im Einzelnen betrachtet werden, sei darauf hingewiesen, dass die<br />
Übergänge zwischen BICS und CALP fließend sind (vgl. BREIDBACH 2007: 90f).<br />
Mit dem Begriff Basic Interpersonal Communication Skills beschreibt CUMMINS die<br />
allgemeine kommunikative Kompetenz <strong>der</strong> SuS. Er definiert diese Wortschatzkategorie als<br />
„the manifestations of language proficiency in everyday communicative contexts” (ebd. 1984:<br />
137 zit. in BREIDBACH 2007: 91). In <strong>der</strong> Regel werden diese allgemeinen kommunikativen<br />
Fähigkeiten zur Bewältigung von Alltagssituationen im Fremdsprachenunterricht bzw. im<br />
erweiterten Englischunterricht erworben. Diese erworbenen Fähigkeiten können die SuS im<br />
bilingualen <strong>Geographie</strong>unterricht in authentischen Gesprächssituationen anwenden, festigen<br />
und ausbauen. Des Weiteren bilden die BICS die Grundlage für die Versprachlichung <strong>der</strong><br />
geographischen Sachverhalte und sind somit eng mit den CALP verbunden (vgl. LENZ 2002:<br />
6). Aufgrund <strong>der</strong> geringeren Komplexität <strong>der</strong> BICS im Vergleich zu CALP können die<br />
allgemeinen kommunikativen Kompetenzen in relativ kurzer Zeit angeeignet werden. Wenn<br />
den SuS die Möglichkeit einer konstanten Anwendung <strong>der</strong> erlernten Fähigkeiten gegeben<br />
wird, wie es im bilingualen <strong>Geographie</strong>unterricht <strong>der</strong> Fall ist, dann setzt in <strong>der</strong> Regel auch<br />
relativ schnell ein Automatisierungsprozess ein (vgl. BREIDBACH 2007: 92).<br />
Die Cognitive Academic Language Proficiency bezeichnet im Gegensatz zu den BICS nicht<br />
die allgemeine Sprachkompetenz son<strong>der</strong>n eine wissenschaftlich korrekte Sprachkompetenz.<br />
CUMMINS definierte diese Wortschatzkategorie als „the manipulation of language in<br />
decontextualised academic situations” (ebd. 1984: 137 zit. in BREIDBACH 2007: 91). Ziel<br />
des bilingualen Unterrichts ist es, auf <strong>der</strong> Basis von allgemeinen sprachlichen Fähigkeiten<br />
eine wissenschaftliche Diskursfähigkeit zu erwerben. Im bilingualen <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
wird die Wortschatzkategorie CALP in drei Bereiche unterglie<strong>der</strong>t. Erstens sollen die SuS<br />
dazu befähigt werden, geographische Sachverhalte angemessen durch eine wissenschafts-<br />
propädeutische Ausdrucksweise zu versprachlichen. Im bilingualen Anfangsunterricht kann<br />
bei Bedarf auch noch auf alltagssprachliche Umschreibungen zurückgegriffen werden. Jedoch<br />
sollen die SuS schrittweise lernen, die Sachverhalte auch ohne Unterstützung <strong>der</strong><br />
Alltagssprache zu beschreiben. Zweitens müssen die SuS fachspezifische Arbeitsmethoden,<br />
sogenannte study skills, für das Beschreiben und Analysieren von Karten, Diagrammen etc.,<br />
erwerben. Zudem wird eine Beherrschung <strong>der</strong> geographischen Fachterminologie sowohl in
18<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
<strong>der</strong> Muttersprache als auch in <strong>der</strong> Fremdsprache angestrebt. Oberstes Ziel des bilingualen<br />
<strong>Geographie</strong>unterrichts ist das Erreichen einer fachsprachlichen kommunikativen Fähigkeit,<br />
jedoch ist dies nur im Zusammenspiel mit <strong>der</strong> allgemeinen kommunikativen Kompetenz<br />
möglich, denn ohne grundlegendes Wissen über allgemeine Unterrichtskommunikation und<br />
fachrelevante Strukturen in <strong>der</strong> Fremdsprache, können die Fachbegriffe nicht angewendet<br />
werden (vgl. LENZ 2002: 6f). Im Gegensatz zu BICS können CALP nicht einfach innerhalb<br />
einer kurzen Zeitspanne erlernt werden. Um CALP zu erwerben, bedarf es eines ausgedehnten<br />
Entwicklungsprozesses, <strong>der</strong> durch in den Kontext integrierte Übungen und eine regelmäßige<br />
Anwendung <strong>der</strong> Begriffe in variierenden Kontexten auf lange Sicht hin bewältigt werden und<br />
es somit zu einer Erweiterung <strong>der</strong> Fach- und Sprachkompetenz kommen kann (vgl.<br />
BREIDBACH 2007: 92).<br />
2.5.2.1.3 Methoden und Hilfsmittel <strong>der</strong> Wortschatzför<strong>der</strong>ung<br />
Zur För<strong>der</strong>ung des Wortschatzes und <strong>der</strong> Sprachproduktion gibt es verschiedene Strategien<br />
und Hilfsmittel, die von den LuL an den Leistungsstand <strong>der</strong> SuS angepasst, eingesetzt werden<br />
können, um dadurch ein optimales Lernumfeld für alle SuS zu schaffen.<br />
Die einfachste Methode <strong>der</strong> Wortschatzvermittlung ist die Bereitstellung des benötigten<br />
Vokabulars in Form von zweisprachigen Vokabellisten in <strong>der</strong> Mappe bzw. auf den jeweiligen<br />
Arbeitsblättern, so dass die SuS bei Bedarf immer wie<strong>der</strong> auf diese Listen zurückgreifen<br />
können (vgl. LENZ 2002: 8). Zudem können sowohl allgemeinsprachliche als auch<br />
fachspezifische Redemittel (study skills) in zweisprachigen Listen zur Verfügung gestellt<br />
werden. Jedoch muss dies nicht ausschließlich im bilingualen <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
geschehen. So kann die Bereitstellung von allgemeinsprachlichen Redemitteln schon im<br />
Fremdsprachenunterricht erfolgen. Die fachspezifischen Redewendungen dagegen können in<br />
allen bilingualen Fächern gleichermaßen erworben werden, da z.B. das Beschreiben von<br />
Diagrammen und Schaubil<strong>der</strong>n gleichermaßen in allen naturwissenschaftlichen Fächern<br />
gelehrt wird. Durch eine gezielte fächerübergreifende Absprache kann das Erarbeiten solcher<br />
study skills auf alle bilingual unterrichteten Fächer gleichmäßig verteilt werden (vgl.<br />
THÜRMANN 2008: 83f). Eine weitere Möglichkeit zur Wortschatzför<strong>der</strong>ung ist, dass die<br />
SuS lernen, selbständig mit einem Wörterbuch zu arbeiten und somit z.B. während einer<br />
Stillarbeitsphase Wortlücken selbständig schließen können (vgl. LENZ 2002: 8). Ferner<br />
sollten den SuS von Anfang an Erschließungstechniken und Verarbeitungsstrategien<br />
vermittelt werden, um die selbstständige Wortschatzerweiterung zu för<strong>der</strong>n. Zu diesen<br />
Erschließungstechniken zählen unter an<strong>der</strong>em Texterschließungsstrategien wie skimming und
19<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
skanning sowie das selbstständige Herleiten von Begriffen anhand ähnlicher Wörter, die in<br />
einer an<strong>der</strong>en Sprache schon als mentale Konzepte vorliegen. Als Beispiel des Herleitens<br />
anhand von Formkongruenz sei das Wort Globus genannt (Globus [deutsch], globe [englisch],<br />
globa [italienisch und spanisch]) (vgl. KRECHEL 1995: 208). Eine weitere Methode zur<br />
För<strong>der</strong>ung bzw. Unterstützung des Wortschatzerwerbs ist <strong>der</strong> gezielte Einsatz von<br />
Visualisierungen. Diese Methode eignet sich beson<strong>der</strong>s im bilingualen Anfangsunterricht, da<br />
durch die Visualisierungen in <strong>der</strong> Regel die sprachliche Repräsentation entlastet wird.<br />
Visualisierungen dienen, beson<strong>der</strong>s im bilingualen <strong>Geographie</strong>unterricht, nicht nur <strong>der</strong><br />
Veranschaulichung fachlicher Inhalte, son<strong>der</strong>n auch dem fachlichen Lernprozess, weil<br />
Visualisierungen in Form von Karten, Diagrammen und Schaubil<strong>der</strong>n ein wichtiger<br />
Bestandteil des Erdkundeunterrichts sind (vgl. THÜRMANN 2008: 80). Als hilfreiche<br />
Methoden haben sich in <strong>der</strong> Praxis auch das Wie<strong>der</strong>holen, das Paraphrasieren sowie <strong>der</strong><br />
gezielte Einsatz <strong>der</strong> Muttersprache in Form von code switching bewährt. Auch die Methode<br />
des bridging/promting ist ein geeignetes Hilfsmittel <strong>der</strong> Wortschatzvermittlung. Bei dieser<br />
Methode helfen die LuL den SuS durch das Einsagen bestimmter Begriffe Ausdrucks-<br />
schwierigkeiten bzw. Verständigungsprobleme zu überwinden, so dass die SuS einfacher<br />
mehr Output produzieren können (vgl. THÜRMANN 2008: 81f).<br />
Bei <strong>der</strong> Anwendung <strong>der</strong> oben aufgelisteten Methoden <strong>der</strong> Wortschatzför<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong><br />
Unterrichtspraxis sollte darauf geachtet werden, dass eine erfolgreiche Wortschatzarbeit nur<br />
dann stattfinden kann, wenn die oben genannten Methoden regelmäßig angewendet und<br />
eingeübt werden, um eine Verinnerlichung zu erreichen. Außerdem sollte die Wortschatz-<br />
arbeit immer in den jeweiligen Kontext <strong>der</strong> Stunde integriert werden, damit die SuS die<br />
Begriffe als vernetzte Konzepte speichern können und <strong>der</strong> duale Fokus aufrecht erhalten wird<br />
(vgl. VOLLMER 2008b: 136ff).<br />
2.5.2.2 Prinzip <strong>der</strong> Anschaulichkeit<br />
Visualisierungen haben, wie das vorangegangene Kapitel gezeigt hat, nicht nur eine<br />
elementare Bedeutung für die Wortschatzarbeit im bilingualen Erdkundeunterricht, son<strong>der</strong>n<br />
können sowohl die wörtliche als auch die schriftliche fremdsprachliche Darstellung <strong>der</strong><br />
Inhalte entlasten, so dass die Inhaltsvermittlung nicht unter einer möglichen Diskrepanz <strong>der</strong><br />
fremdsprachlichen und kognitiven Möglichkeiten <strong>der</strong> SuS leidet (vgl. LEISEN 2005: 9). Das<br />
Prinzip <strong>der</strong> Anschaulichkeit gilt jedoch nicht nur für den bilingualen <strong>Geographie</strong>unterricht,<br />
son<strong>der</strong>n ist auch ein grundlegendes Element des regulären <strong>Geographie</strong>unterrichts, da eine<br />
„originale Begegnung mit dem Lerngegenstand [oftmals] nicht möglich ist“ (BRUCKER
20<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
2006a: 174) und daher auf Medien in Form von Bil<strong>der</strong>n, Diagrammen, Karten, Karikaturen,<br />
Filmen, diversen digitalen Medien etc. als Informationsträger zurückgegriffen wird (vgl.<br />
BRUCKER 2006: 174). Durch die Verwendung verschiedener Darstellungsformen und<br />
Medien schreiben HAUPT und BIEDERSTÄDT dem Fach <strong>Geographie</strong> auch eine beson<strong>der</strong>e<br />
Eignung für den bilingualen Unterricht zu, da die mögliche Differenz zwischen Sprache und<br />
Inhalt durch den Einsatz verschiedener Visualisierungsformen relativ einfach zu überbrücken<br />
ist und somit schon im Anfangsunterricht geographisches Wissen vermittelt werden kann<br />
(vgl. ebd. 2003: 46). LEISEN for<strong>der</strong>t sogar, den Wechsel <strong>der</strong> Darstellungsformen, <strong>der</strong><br />
charakteristisch für regulären <strong>Geographie</strong>unterricht ebenso wie für jeden an<strong>der</strong>en natur-<br />
wissenschaftlichen Unterricht ist, „in das Zentrum <strong>der</strong> <strong>Didaktik</strong> des bilingualen<br />
Sachfachunterrichts zu stellen“ (ebd. 2005: 10), weil <strong>der</strong> Wechsel <strong>der</strong> Darstellungsformen<br />
nicht nur ein Hilfsmittel für das Verstehen geographischer Inhalte ist, son<strong>der</strong>n auch<br />
authentische und fachlich fundierte Kommunikation im Unterricht ankurbelt. Außerdem ist<br />
<strong>der</strong> Einsatz verschiedener Darstellungsformen wesentlich motivieren<strong>der</strong> für die SuS und<br />
schafft gleichzeitig verschiedene Zugänge für die variierenden Lernertypen zu dem<br />
behandelten Sachverhalt. Zudem ist <strong>der</strong> Einsatz verschiedener Visualisierungsformen und<br />
Medien aus pädagogischer Sicht zu befürworten, da durch die variierenden Abstraktions-<br />
ebenen von unterschiedlichen Darstellungsformen auch im bilingualen Unterricht Binnen-<br />
differenzierung stattfinden kann (vgl. LEISEN 2005: 10f). Durch das zunehmende<br />
Abstraktionsniveau von <strong>der</strong> gegenständlichen Darstellung über die bildliche und sprachliche<br />
Darstellung (Mindmaps, Texte, Sprache etc.) bis hin zu symbolischen Visualisierung<br />
(Diagramme, Mindmaps, Tabellen etc.) bzw. Kombinationen mehrerer Darstellungsformen,<br />
wie es bei Filmen <strong>der</strong> Fall ist, können die eingesetzten Darstellungsformen vom Anfangs-<br />
unterricht bis zum bilingualen <strong>Geographie</strong>unterricht in <strong>der</strong> Oberstufe je nach dem<br />
sprachlichen Niveau <strong>der</strong> SuS variiert werden. Auf diese Weise werden nicht nur die<br />
kognitiven Fähigkeiten <strong>der</strong> SuS beim Übertragen <strong>der</strong> Informationen von einer<br />
Darstellungsform in eine an<strong>der</strong>e geschult, son<strong>der</strong>n die SuS erwerben durch den Umgang mit<br />
verschiedenen geographischen Darstellungsformen auch schrittweise fachspezifische<br />
Methodenkompetenz (vgl. LEISEN 2005: 9ff). Zudem kann durch das Prinzip <strong>der</strong><br />
Anschaulichkeit die Textmenge ohne Authentizitätsverlust durch unnötige didaktische<br />
Reduktion bzw. sprachliche Anpassung reduziert werden, so dass die SuS nur mit einem<br />
bearbeitbarem Textanteil im Unterricht konfrontiert werden 14 .<br />
14 Vgl. HAUPT, D. 2012: Bilingualer deutsch-englischer Unterricht – eine fächerübergreifende Einführung.<br />
Einführungsvortrag auf einer Fortbildung des NLQ vom 14.-16.03.2012 in Bad Salzdetfurth.
2.6 Umgang mit sprachlichen Fehlern<br />
21<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
„Kennzeichnend für den bilingualen Unterricht ist eine fremdsprachliche Interaktion, bei <strong>der</strong><br />
die [Schülerinnen und] Schüler die Möglichkeit haben, bereits erworbene fremdsprachliche<br />
Fertigkeiten [in einem authentischen Kontext] anzuwenden, zu üben und zu vertiefen“ (LENZ<br />
2002: 8). Da <strong>der</strong> Fokus des bilingualen Unterrichts in erster Linie auf dem Inhaltlichen liegt<br />
und die Fremdsprache nur als Medium genutzt wird, ist eine systematische fremdsprachliche<br />
Fehlerkorrektur sprachlicher Fehler nicht vorgesehen. Jedoch kommt auch <strong>der</strong> bilinguale<br />
Erdkundeunterricht nicht gänzlich ohne Fehlerkorrekturen aus, weil trotz einer gewissen<br />
sprachlichen Fehlertoleranz die Fachbegriffe im bilingualen Erdkundeunterricht ebenso wie<br />
im regulären Erdkundeunterricht korrekt sein müssen (vgl. LENZ 2002:8). Zudem ist eine<br />
mündliche Fehlerkorrektur in Form einer Bedeutungsaushandlung notwendig, wenn <strong>der</strong> Inhalt<br />
aufgrund sprachlicher Fehler missverständlich kommuniziert wird bzw. <strong>der</strong> von den LuL<br />
gegebene Input von den SuS aufgrund sprachlicher Schwierigkeiten nicht verstanden wird,<br />
damit die Vermittlung <strong>der</strong> geographischen Inhalte nicht unter <strong>der</strong> Verwendung einer<br />
Fremdsprache als Arbeitssprache leidet. Long differenziert die folgenden fünf Varianten <strong>der</strong><br />
Bedeutungsaushandlung: Rückfrage mit <strong>der</strong> Bitte um Erklärung, um Wie<strong>der</strong>holung bitten,<br />
Verständnisüberprüfung, Bestätigung, dass <strong>der</strong> Inhalt verstanden wurde sowie Selbst-<br />
wie<strong>der</strong>holung und Selbstkorrektur bzw. Selbstparaphrasen (vgl. LOCHTMANN 2007: 123).<br />
Eine weitere Art <strong>der</strong> mündlichen Fehlerkorrektur ist die Formaushandlung, bei <strong>der</strong> die LuL<br />
elementare sprachliche, z.B. grammatikalische Fehler, korrigieren. Eine solche Form-<br />
aushandlung kann entwe<strong>der</strong> durch prompts o<strong>der</strong> recasts geschehen. Prompts sind Rückfragen<br />
<strong>der</strong> LuL bzw. Auffor<strong>der</strong>ungen zur Selbstkorrektur. Recasts dagegen bezeichnen die Korrektur<br />
des Wortes bzw. Satzes durch die LuL bzw. an<strong>der</strong>e SuS (vgl. LOCHTMANN 2007: 125 ff).<br />
Ob und wann eine mündliche Formkorrektur stattfinden sollte, ist von den LuL unter<br />
Berücksichtigung des Sprachflusses, <strong>der</strong> Schwere des Fehlers und <strong>der</strong> Situation zu<br />
entscheiden. Es sollten jedoch keine elementaren sprachlichen Fehler ignoriert werden, damit<br />
die SuS sich diese nicht angewöhnen. Im Idealfall erteilen die bilingualen LuL sowohl das<br />
bilinguale Sachfach als auch den Fremdsprachenunterricht o<strong>der</strong> es gibt eine enge Kooperation<br />
zwischen den LuL des Sachfachs und des Fremdsprachenunterrichts, so dass elementare<br />
sprachliche Fehler durch gezielte Wie<strong>der</strong>holungen im Fremdsprachenunterricht aufgearbeitet<br />
werden können (vgl. LENZ 2002: 8). Zu beachten ist auch das Potential für interkulturelles<br />
Lernen, das durch Fehlerkorrektur und Bedeutungsaushandlungen entstehen kann, da viele<br />
Fehler durch wörtliches Übersetzen bzw. die Übernahme von Strukturen aus <strong>der</strong><br />
Muttersprache resultieren.
2.7 Leistungsbeurteilung<br />
22<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
„Erhebung, Überprüfung und Bewertung von Leistungen und von Lernerfolg sind fester<br />
Bestandteil eines jeden schulischen Unterrichts“ (VOLLMER 2001: 207) und somit auch ein<br />
Teil des bilingualen <strong>Geographie</strong>unterrichts. Jedoch wird dieses Thema trotz seiner enormen<br />
Bedeutung für die schulische sowie zukünftige Laufbahn <strong>der</strong> SuS nicht gerne öffentlich<br />
thematisiert, da es sich dabei um ein sehr sensibles Thema handelt. Trotzdem soll die aktuelle<br />
Situation <strong>der</strong> Leistungsbeurteilung im bilingualen <strong>Geographie</strong>unterricht an dieser Stelle kurz<br />
erläutert werden, weil sie, wie einleitend festgestellt, ein wichtiges Element des bilingualen<br />
Unterrichts ist (vgl. VOLLMER 2001: 207ff).<br />
Durch die Positionierung bilingualen <strong>Geographie</strong>unterrichts als ein integriertes Konzept aus<br />
Sachfach- und Fremdsprachenlernen sowie durch die Tatsache, dass jedes Lernen auch<br />
sprachliches Lernen ist, ergibt sich logischerweise auch bei <strong>der</strong> Leistungsbewertung eine<br />
Verknüpfung bei<strong>der</strong> Aspekte. Eine an<strong>der</strong>e Ansicht des bilingualen Unterrichts, z.B. als eine<br />
Form des erweiterten Fremdsprachenunterrichts, würde letztendlich zu einem an<strong>der</strong>en Ansatz<br />
<strong>der</strong> Leistungsbeurteilung führen als er in dieser Ausarbeitung vertreten wird (vgl. VOLLMER<br />
2001: 207ff; LENZ 2002: 8). Anhaltspunkte für die Leistungsbewertung im bilingualen<br />
Erdkundeunterricht werden in den meisten Rahmenrichtlinien <strong>der</strong> jeweiligen Bundeslän<strong>der</strong><br />
gegeben. Im nie<strong>der</strong>sächsischen Kerncurriculum für das Fach Erdkunde in <strong>der</strong> Sekundarstufe I<br />
wird in Anlehnung an das CLIL-Konzept darauf hingewiesen, dass „die fachlichen<br />
Leistungen entscheidend [sind], die angemessene Verwendung <strong>der</strong> Fremdsprache<br />
einschließlich <strong>der</strong> entsprechenden Fachsprache […] jedoch zu berücksichtigen“ (NDS<br />
KULTUSMINISTERIUM 2008: 19) ist (vgl. NDS KULTUSMINISTERIUM 2008: 19). Die<br />
sprachlichen Leistungen sollen zwar berücksichtigt werden, aber nicht die fachlich korrekte<br />
Leistung abwerten. Sollten jedoch sprachliche Mängel dazu führen, dass <strong>der</strong> Inhalt nicht<br />
korrekt kommuniziert werden kann, dann sollte dies, ebenso wie es im muttersprachlichen<br />
Erdkundeunterricht <strong>der</strong> Fall ist, zu Abzügen führen (vgl. LENZ 2002: 8). Durch die<br />
Orientierung am muttersprachlichen <strong>Geographie</strong>unterricht gilt es auch zu überlegen, ob in <strong>der</strong><br />
Oberstufe nach langjährigem bilingualem Unterricht die gleichen Ansprüche gelten sollen wie<br />
im regulären Erdkundeunterricht, so dass es beim bilingualen Oberstufenunterricht bei zu<br />
vielen sprachlichen Fehlern zu Punktabzug kommen kann 15 . Je nachdem, ob die LuL den<br />
bilingualen Unterricht als ein integriertes Konzept von Sachfach- und Fremdsprachenlernen<br />
ansehen o<strong>der</strong> nicht, variiert auch <strong>der</strong> Umgang mit sprachlichen Fehlern in schriftlichen und<br />
15 Vgl. HAUPT, D. 2012: Bilingualer deutsch-englischer Unterricht – eine fächerübergreifende Einführung.<br />
Einführungsvortrag auf einer Fortbildung des NLQ vom 14.-16.03.2012 in Bad Salzdetfurth.
23<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
mündlichen Leistungsüberprüfungen. Dabei sind die drei folgenden Tendenzen zu erkennen:<br />
Ignoranz sprachlicher Fehler, einfache Korrektur sprachlicher Fehler und ausführliche<br />
Korrektur mit Anmerkungen am Rand (vgl. VOLLMER 2001: 225ff). Ausgehend von dem<br />
CLIL-Konzept sollten jedoch trotz <strong>der</strong> Nichtberücksichtigung <strong>der</strong> sprachlichen Fehler in <strong>der</strong><br />
Bewertung, diese in schriftlichen Lernkontrollen auf jeden Fall korrigiert werden, damit auch<br />
ein Kompetenzzuwachs auf sprachlicher Ebene stattfinden kann (vgl. CZAPEK 2000: 27).<br />
2.8 Lehr- und Lernmaterialien im bilingualen Erdkundeunterricht<br />
Lehr- und Lernmaterialien bilden zusammen mit den LuL und den SuS die drei tragenden<br />
Säulen des bilingualen Unterrichts. Dabei wird den Materialien als zentrales Medium, das den<br />
gesamten Unterrichtsprozess bzw. Lernfortschritt <strong>der</strong> SuS beeinflusst, eine beson<strong>der</strong>e Rolle<br />
zugeschrieben, da sowohl die Qualität des Unterrichtsgesprächs, die Inhalte und Themen als<br />
auch die Aufgabenstellungen sowie alle weiteren unterrichtlichen Aktivitäten von den<br />
verwendeten Materialien abhängen. Somit bestimmt die Auswahl <strong>der</strong> jeweiligen Materialien<br />
durch die LuL sowie die Integration <strong>der</strong> Materialien in den Unterricht den Lernprozess bzw.<br />
das Unterrichtsgeschehen erheblich mit (vgl. VOLLMER 1999: 240). Im Folgenden wird<br />
daher zuerst die Materialsituation, <strong>der</strong> die bilingualen LuL gegenüberstehen, kurz dargestellt,<br />
bevor anhand <strong>der</strong> in den vorangegangenen erörterten Zielsetzungen und elementaren<br />
Merkmalen bilingualen Unterrichts, Anfor<strong>der</strong>ungen für bilinguale Lehr- und Lernmaterialien<br />
erarbeitet werden. Des Weiteren werden ein bilinguales Erdkundebuch eines deutschen Schul-<br />
buchverlages sowie ein britisches <strong>Geographie</strong>buch im Hinblick auf die zuvor erarbeiteten<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen vergleichend analysiert. Abgerundet wird die Analyse <strong>der</strong> Materialsituation<br />
für den bilingualen Erdkundeunterricht mit einer Darstellung <strong>der</strong> Schülerperspektive zu<br />
bilingualen Erdkundematerialien.<br />
2.8.1 Materialsituation<br />
Als <strong>der</strong> bilinguale Unterricht schrittweise in Deutschland als Folge des Deutsch-<br />
Französischen Kooperationsvertrages etabliert wurde, gab es noch keine speziellen<br />
Materialien für den bilingualen Unterricht. Der bilinguale Unterricht lebte sozusagen von dem<br />
Engagement <strong>der</strong> LuL, die ihre eigenen Materialien entwickelten o<strong>der</strong> während ihres Urlaubs<br />
im zielsprachigen Ausland authentische Materialien sammelten o<strong>der</strong> fremdsprachige Erd-<br />
kundebücher aus dem Ausland mitbrachten. Aufgrund einiger Unterschiede zwischen den<br />
ausländischen und deutschen Lehrplänen und des niedrigeren Sprachniveaus bilingualer SuS<br />
im Vergleich zu britischen SuS, musste das Material jedoch durch didaktische Reduktion o<strong>der</strong>
24<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
Maßnahmen des scaffolding an das Niveau <strong>der</strong> eigenen SuS angepasst werden (vgl.<br />
VOLLMER 1999: 242). Die Anfang <strong>der</strong> 90er Jahre beklagte Mangelsituation bilingualer<br />
Materialien, verbessert sich jedoch nur langsam, weil es aufgrund <strong>der</strong> unterschiedlichen<br />
Rahmenbindungen in den einzelnen Bundeslän<strong>der</strong>n für die Schulbuchmärkte keinen wirklich<br />
profitablen Absatzmarkt gibt, für den es sich lohnen würde, bilinguale Lehrwerke zu<br />
entwickeln (vgl. WOLFF 2007: 66). THÜRMANN und OTTEN stehen dieser Problematik<br />
aber eher positiv gegenüber, da ihrer Meinung nach „die Entwicklung eines komplexen<br />
Leitmediums für den bilingualen Fachunterricht […] nicht zu empfehlen“ (ebd. 1992: 51) ist.<br />
„Lehr- und Lernmaterialien sollten vielmehr als thematisch orientierte Bausteine konzipiert<br />
werden, die zunächst einzeln erscheinen und zusammengenommen ein System ergeben<br />
können“ (THÜRMANN & OTTEN 1992: 51). Auf diese Weise könnten die Materialien in<br />
jeglichen Organisationsformen, also auch in bilingualen Projekten o<strong>der</strong> Modulen, eingesetzt<br />
werden (vgl. THÜRMANN & OTTEN 1992: 51).<br />
Durch die Integration von Sachfach- und Fremdsprachenunterricht mit Fokus auf dem<br />
jeweiligen Sachfach im CLIL-Konzept, ergibt sich eine primäre Orientierung <strong>der</strong> Materialien<br />
am Sachfach. Daher ist die typische Inhaltszentrierung von Materialen für den regulären<br />
Erdkundeunterricht ebenfalls charakteristisch für den bilingualen Erdkundeunterricht. Von<br />
einer Mangelsituation an bilingualen Materialien für den Erdkundeunterricht kann heute aber<br />
nicht mehr gesprochen werden (vgl. WOLFF 2007: 66f). Mittlerweile haben <strong>der</strong> Cornelsen<br />
Verlag, <strong>der</strong> Klett Verlag und <strong>der</strong> Westermann Verlag sowohl Materialien für den bilingualen<br />
Anfangsunterricht Erdkunde als auch für den späteren bilingualen Erdkundeunterricht<br />
publiziert. Die Schulbuchreihe Terra Geography von Klett besteht aus einzelnen modul-<br />
ähnlichen Bänden zu verschiedenen Themen, die in ihrer Themenwahl und im sprachlichen<br />
Niveau an die vorgegebenen Themen angepasst sind, so dass sie, wie von OTTEN und<br />
THÜRMANN gefor<strong>der</strong>t, flexibel eingesetzt werden können (vgl. ebd. 1992: 51). Auch <strong>der</strong><br />
Westermann Verlag hat neben <strong>der</strong> bilingualen Reihe DIERCKE GEOGRAPHY FOR<br />
BILINGUAL CLASSES schon mehrere bilinguale Module zu Themen wie den USA o<strong>der</strong> den<br />
Entwicklungslän<strong>der</strong>n herausgegeben. Zu <strong>der</strong> bilingualen Reihe von Westermann gehört neben<br />
den einzelnen Bänden und Arbeitsheften auch ein sogenanntes Toolkit, das geographische<br />
Arbeitsmethoden anschaulich erklärt. Des Weiteren hat <strong>der</strong> Cornelsen Verlag mit den<br />
Textbüchern Around the World Volume 1 und 2 zwei Werke publiziert, die grundlegende<br />
geographische Themen ansprechen. Zudem sind zunehmend Unterrichtsvorschläge für den<br />
bilingualen Erdkundeunterricht in didaktischen Fachzeitschriften zu finden (vgl. WOLFF<br />
2007: 66). Ergänzend besteht weiterhin die Möglichkeit fremdsprachige Erdkundebücher aus
25<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
dem Ausland im bilingualen Erdkundeunterricht einzusetzen und die Materialien mit<br />
Sprachhilfen so zu ergänzen, dass sie dem Niveau <strong>der</strong> SuS entsprechen und gleichzeitig<br />
weiterhin die Vorteile zielsprachiger Schulbücher, d.h. Potential für interkulturelles Lernen<br />
und eine hohe Motivation, aufweisen. „Da den [Schülerinnen und] Schülern des bilingualen<br />
Zuges gewährleistet werden muss, in einen deutschsprachigen Erdkundekurs wechseln zu<br />
können“ (BITTNER 2003: 88), bedarf es aufgrund fehlen<strong>der</strong> Lehrplankonformität <strong>der</strong><br />
zielsprachigen Erdkundebücher auch in diesem Bereich einer Anpassung durch die LuL (vgl.<br />
BITTNER 2003: 86f). In diesem Kontext ist das Buch Geography aus <strong>der</strong> Macmillan<br />
Vocabulary Practice Series positiv hervorzuheben, das speziell für die Wortschatzarbeit im<br />
englischsprachigen <strong>Geographie</strong>unterricht entwickelt wurde und somit eine ideale Ergänzung<br />
zu den themenzentrierten Lehrwerken bildet und die notwendige Wortschatzarbeit<br />
fachgerecht und anschaulich integriert. Obwohl sich die Materialsituation bezüglich des<br />
bilingualen Erdkundeunterrichts in den letzten Jahren verbessert hat, ist es trotzdem<br />
erfor<strong>der</strong>lich, die Materialien zu adaptieren bzw. mit zusätzlichen Materialien zu ergänzen, um<br />
lerner- und sachorientierten Unterricht durchführen zu können. Denn aufgrund <strong>der</strong> vari-<br />
ierenden Heterogenität im Klassenzimmer können Schulbücher und an<strong>der</strong>e Materialien nicht<br />
für jede Klasse das optimale Material bieten. Folglich ist es auch im regulären<br />
Erdkundeunterricht die Aufgabe <strong>der</strong> LuL, die Materialien aus den Schulbüchern an die<br />
jeweilige Klasse anzupassen bzw. zu ergänzen (vgl. WOLFF 2007: 66; LENZ 2006: 185f).<br />
Als ergänzende Materialien eignen sich aufgrund <strong>der</strong> aktuellen und authentischen<br />
Informationen beson<strong>der</strong>s digitale Medien und das Internet. Zusätzlich erhöht die Verwendung<br />
digitaler Medien in <strong>der</strong> Regel die Motivation <strong>der</strong> SuS, weil diese Medien ein Teil ihrer<br />
Lebenswelt sind und somit auf ein höheres Interesse stoßen (vgl. BRUCKER 2006b: 180).<br />
2.8.2 Anfor<strong>der</strong>ungen an bilinguale Lehr- und Lernmaterialien<br />
Anhand <strong>der</strong> in den vorangegangenen Kapiteln erläuterten charakteristischen Merkmale von<br />
bilingualem Erdkundeunterricht, lassen sich spezifische Anfor<strong>der</strong>ungen an bilinguale<br />
Materialien für den Erdkundeunterricht ableiten. Viele Anfor<strong>der</strong>ungen sind nicht nur für<br />
bilinguale Erdkundematerialien kennzeichnend, son<strong>der</strong>n können, sofern sie nicht spezifische<br />
geographische Elemente beinhalten, auf alle bilingualen Fächer übertragen werden (vgl.<br />
Vollmer 1999: 245).<br />
Die erste und auch grundlegendste Anfor<strong>der</strong>ung an Materialien für den bilingualen<br />
Erdkundeunterricht ist, ebenso wie im muttersprachlichen Erdkundeunterricht, die fachliche<br />
Korrektheit <strong>der</strong> präsentierten Sachverhalte und Probleme sowie die Orientierung <strong>der</strong>
26<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
Themenauswahl am regulären Erdkundeunterricht. Des Weiteren sollten die Texte gut<br />
strukturiert und an das sprachliche Niveau <strong>der</strong> SuS angepasst sein, „ohne daß [sic][die<br />
ursprünglichen Materialien] dabei unangemessen vereinfacht o<strong>der</strong> reduziert werden“<br />
(VOLLMER 1999: 145). Anstatt die Materialien zu stark anzupassen, sollten eher<br />
unterstützende bzw. entlastende Maßnahmen des scaffolding, z.B. in Form von Wortschatz-<br />
arbeit o<strong>der</strong> visueller Entlastung, eingesetzt werden, um die gefor<strong>der</strong>te Authentizität aufrech-<br />
terhalten zu können (vgl. VOLLMER 1999: 245). Eine optimale Anpassung an das<br />
sprachliche Niveau <strong>der</strong> SuS wird laut Krashen, dann erzielt, wenn die neuen Informationen<br />
sowohl sprachlich als auch inhaltlich etwas über dem aktuellen Wissensstand liegen (Input<br />
Hypothesis) (vgl. SHRUM & GLISAN 2005: 14f). Auch das Ziel <strong>der</strong> critical language<br />
awareness sollte bei <strong>der</strong> Materialauswahl bzw. -gestaltung berücksichtigt werden. Außerdem<br />
sollen BICS und CALP durch die Auseinan<strong>der</strong>setzung mit den Materialien und den darin<br />
integrierten Stützmaßnahmen kontinuierlich weiterentwickelt werden können. Folglich<br />
kommt den gestellten Aufgaben eine große Bedeutung zu, da sie mit Hilfe <strong>der</strong> Materialien<br />
„realitätsnahe Kommunikationssituationen [schaffen und] authentische Sprache in das<br />
Klassenzimmer […] holen“ (MEYER, O. 2009: 10) 16 . Zudem sollten die Materialien so<br />
motivierend gestaltet sein, dass viele Sprechanlässe für die SuS geschaffen werden, und so<br />
konstruiert sein, dass unterschiedliche Lernertypen einen Zugang dazu finden können. Zudem<br />
müssen die Materialien den didaktisch-methodischen Zielsetzungen des regulären Erdkunde-<br />
unterrichts, Schüler- und Problemorientierung, Umgang mit Karten, Diagrammen etc., gerecht<br />
werden, damit die SuS geographische Handlungskompetenz erwerben können (vgl.<br />
VOLLMER 1999: 245f). Wenn möglich sollte bei <strong>der</strong> exemplarischen Auswahl 17 von<br />
Beispielregionen bzw. -themen darauf geachtet werden, dass möglichst viele Bezüge und<br />
Vergleiche zur Zielsprache und -kultur hergestellt werden, um den Perspektivenwechsel und<br />
das interkulturelle Lernen optimal för<strong>der</strong>n zu können. Jedoch muss dabei eine Tendenz zum<br />
veralteten Prinzip des län<strong>der</strong>kundlichen Unterrichts vermieden werden (vgl. THÜTMANN &<br />
OTTEN 1992: 51).<br />
16 Die tragende Rolle <strong>der</strong> Aufgaben geht auf die Theorie des Task-based language learning (TBLL) zurück, die<br />
besagt, dass Aufgabenstellungen als ein methodisches Werkzeug fungieren, das Interaktionen im<br />
Klassenraum för<strong>der</strong>t, indem die SuS untereinan<strong>der</strong> bzw. mit den LuL Bedeutungen aushandeln (vgl.<br />
MÜLLER-HARTMANN & SCHOCKER-VON DITFURTH 2007: 39f).<br />
17 Das exemplarische Prinzip ist ein didaktisches Prinzip des <strong>Geographie</strong>unterrichts für die Stoffauswahl. Ziel<br />
dieses Prinzips ist es, aus <strong>der</strong> Fülle von Raumbeispielen ein geeignetes Beispiel auszuwählen, an dem<br />
exemplarisch „übertragbare, grundlegende, allgemeingeographische Erkenntnisse und Verhaltens-<br />
dispositionen“ (RINSCHEDE 2007: 59) erarbeitet werden (vgl. RINSCHEDE 2007: 59f). Eine ausführliche<br />
Diskussion des exemplarischen Ansatzes und <strong>der</strong> traditionellen Län<strong>der</strong>kunde kann in 40 Texte zur <strong>Didaktik</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Geographie</strong> herausgegeben von Arnold Schultze nachgelesen werden.
2.8.3 Exemplarische Schulbuchanalayse<br />
27<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
In diesem Kapitel werden ein bilinguales Erdkundelehrwerk von einem deutschen<br />
Schulbuchverlag und ein britisches Erdkundebuch sowohl im Hinblick auf die allgemeinen<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen von bilingualen Erdkundematerialien als auch für die Eignung für den Einsatz<br />
in <strong>der</strong> 9./10. Klasse vergleichend analysiert. Für die exemplarische Analyse wurde das<br />
Schulbuch aus den verschiedenen Formen von Lehr- und Lernmaterialien ausgewählt, da<br />
Schulbücher „im institutionalisierten Rahmen des Lehrens- und Lernens als wichtiges<br />
traditionelles Medium zur Planung und Steuerung von Lehr- und Lernprozessen“ (BITTNER<br />
2003: 82) gelten und somit eine herausragende Stellung im Bereich <strong>der</strong> Lehr- und<br />
Lernmaterialien einnehmen. Diese beson<strong>der</strong>e Stellung von Schulbüchern resultiert aus <strong>der</strong><br />
Entlastungsfunktion für die LuL, die hauptsächlich auf die Bereitstellung von lehrplan-<br />
konformen Materialien zurückzuführen ist (vgl. BITTNER 2003: 82; LENZ 2006: 184). Der<br />
Vergleich bezieht sich auf das bilinguale Lehrwerk DIERCKE GEOGRAPHY FOR<br />
BILINGUAL CLASSES VOLUME 2 von Westermann und auf das britische Buch AS<br />
Geography for Edexcel erschienen bei Oxford University Press. Die Wahl dieser beiden<br />
Lehrwerke ist zum Einen auf meine eigene Erfahrung im bilingualen Unterricht zurück-<br />
zuführen, da ich mit beiden Büchern schon gearbeitet habe, und zum An<strong>der</strong>en auf die<br />
Tatsache, dass Westermann neben dem Klett-Perthes Verlag einer <strong>der</strong> Marktführer für<br />
geographische Schulbücher in Nie<strong>der</strong>sachsen ist. Bei <strong>der</strong> folgenden Analyse werden zuerst<br />
sowohl die Zielgruppen als auch die Inhalte und die methodisch-didaktischen Konzepte<br />
verglichen, bevor auf Kapitelebene das Material zum Thema Megacities genauer vergleichend<br />
untersucht wird. Um das Material im Hinblick auf alle Anfor<strong>der</strong>ungen, auch Motivation und<br />
mögliche sprachliche Schwierigkeiten, umfassend auswerten zu können, wird eine Befragung<br />
einer meiner 10. bilingualen Erdkundeklassen zu den gewählten Beispielseiten integriert, so<br />
dass auch die Schülerperspektive 18 berücksichtigt werden kann (Fragebogen siehe Anhang<br />
1.3). Es sei darauf hingewiesen, dass die Schülerbefragung einen explorativen Charakter hat<br />
und dass durch die gegebenen Rahmenbedingungen Einschränkungen im Bezug auf die<br />
Gütekriterien <strong>der</strong> Objektivität, Reliabilität und Validität gegeben sind. Zum einen wurde nur<br />
eine bilinguale Erdkundeklasse (22 SuS) befragt, so dass nur bestimmte Trends aufgezeigt<br />
und keine allgemeingültigen repräsentativen Schlussfolgerungen gezogen werden können.<br />
Zudem ist es möglich, dass die Antworten <strong>der</strong> SuS implizit durch die Fragestellungen bzw.<br />
durch das Beispielmaterial beeinflusst worden sind. Zwar wurde versucht dies bei <strong>der</strong><br />
18 Auf eine Differenzierung <strong>der</strong> Geschlechter wird bei <strong>der</strong> Auswertung verzichtet, da die Mehrheit <strong>der</strong> Klasse<br />
aus Mädchen besteht und die Angaben für die Jungen somit nicht repräsentativ wären.
28<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
Gestaltung des Fragebogens zu verhin<strong>der</strong>n, jedoch ist eine Verzerrung nicht komplett<br />
auszuschließen. Außerdem wurden abschließend die Ergebnisse von mir interpretiert und<br />
unterlagen somit meinen subjektiven Empfindungen.<br />
2.8.3.1 Zielgruppen<br />
Das britische <strong>Geographie</strong>buch AS Geography for Edexcel 19 ist speziell für die Vorbereitung<br />
zum A-Level 20 entwickelt worden und wird zusammen mit dem zweiten Band A2 Geography<br />
for Edexcel im <strong>Geographie</strong>unterricht bzw. in speziellen Vorbereitungskursen für das A-Level<br />
eingesetzt. Das Buch wird von Edexcel, einer <strong>der</strong> größten britischen Prüfungsorganisationen<br />
für Schulen, Universitäten und an<strong>der</strong>e Ausbildungsdienste, unterstützt und soll die SuS<br />
optimal auf die Edexcel Abschlussprüfung vorbereiten. Im Gegensatz dazu wurde das<br />
bilinguale Werk DIERCKE GEOGRAPHY FOR BILINGUAL CLASSES VOLUME 2, aus <strong>der</strong><br />
bilingualen Reihe von Westermann, speziell für den bilingualen <strong>Geographie</strong>unterricht an<br />
deutschen Gymnasien in <strong>der</strong> 9./10. Klasse entwickelt und sollte daher im Idealfall allen<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen, die an bilinguale Erdkundematerialien gestellt werden, gerecht werden und<br />
auch mit den im Kerncurriculum gefor<strong>der</strong>ten Themen für die 9./10. Klasse kompatibel sein.<br />
2.8.3.2 Vergleich auf Inhaltsebene<br />
AS Geography for Edexcel glie<strong>der</strong>t sich in sechs Themenbereiche (The world at risk, Going<br />
global, Extreme weather, Crowded coasts, Unequal spaces und Rebranding places) mit<br />
weiteren Unterkapiteln. Thematisch werden in den einzelnen Kapiteln auf insgesamt 286<br />
Seiten die Ursachen und Folgen vom Klimawandel, Katastrophen, Hazards, Vulnerabilität,<br />
Globalisierung, Anfor<strong>der</strong>ungen an nachhaltige Raumnutzung, Auswirkungen von Mobilität<br />
und Migration und <strong>der</strong> Wandel von Städten bzw. Regionen an Beispielen von Afrika, Asien,<br />
Australien, Nordamerika und Großbritannien behandelt (vgl. DIGBY et al. 2008: 3). Somit<br />
werden in dem Britischen <strong>Geographie</strong>buch bis auf den Raumbezug Deutschland alle ge-<br />
for<strong>der</strong>ten Regionen berücksichtigt (vgl. NDS. KULTUSMINISTERIUM 2008: 9). Dieser<br />
fehlende Raumbezug könnte jedoch durch den Raumbezug Großbritannien ersetzt werden,<br />
weil dadurch die For<strong>der</strong>ung nach Beispielregionen mit Bezug zur Zielsprache erfüllt werden<br />
könnte (vgl. THÜTMANN & OTTEN 1992: 51). Bezüglich des Bereichs Fachwissen für den<br />
Jahrgang 9/10 fehlen im britischen Schulbuch die Themen <strong>der</strong> tropischen Zirkulation,<br />
19 Das AS in Titel steht für Advanced Subsidiary und verweist auf die Zweiteilung von A-Level Kursen in das<br />
erste AS Subsidiary year und das zweite Jahr A2 year.<br />
20 Das A-Level entspricht dem deutschen Abitur.
29<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
Nutzungsmöglichkeiten natürlicher Ressourcen, regionale und globale Verflechtungen in <strong>der</strong><br />
Industrie und <strong>der</strong> Landwirtschaft sowie Ökosysteme und ökologisch nachhaltige Entwicklung<br />
(vgl. NDS KLUTUSMINISTERIUM 2008: 12f). Bis auf das Thema <strong>der</strong> tropischen<br />
Zirkulation könnten diese Themen jedoch durch den kombinierten Einsatz von AS Geography<br />
for Edexcel und A2 Geography for Edexcel abgedeckt werden (vgl. DIGBY et al. 2009: 3).<br />
Der zweite Band <strong>der</strong> bilingualen Reihe von Westermann umfasst 141 Seiten und glie<strong>der</strong>t sich<br />
in zehn verschiedene Kapitel (Globalisation in Your Everyday Life, Global Economy, People,<br />
Energy Resources, Environment – Global Change, Global Disparities, Sustainable Develop-<br />
ment, Europe Changes und Germany in a Changing World) (vgl. DREYMÜLLER et al.<br />
2008: 3ff). Durch die explizite Gestaltung für den bilingualen Erdkundeunterricht in <strong>der</strong><br />
Jahrgangsstufe 9/10, werden alle im Nie<strong>der</strong>sächsischen Kerncurriculum genannten Raum-<br />
bezüge und alle Themenschwerpunkte mit Ausnahme <strong>der</strong> tropischen Zirkulation abgedeckt<br />
(vgl. NDS. KULTUSMINISTERIUM 2008: 11ff). Jedoch werden die Themen aufgrund des<br />
geringeren Umfangs des Buches nicht so ausführlich thematisiert, wie es im britischen<br />
Schulbuch <strong>der</strong> Fall ist, so dass ergänzendes Material benötigt wird.<br />
2.8.3.3 Methodisch-didaktische Konzepte im Vergleich<br />
AS Geography for Edexcel ist so konzipiert, dass jedes <strong>der</strong> sechs Oberthemen mit einer<br />
einführenden Seite What do I have to know beginnt, so dass die SuS wissen, welche<br />
Kompetenzen sie am Ende des Kapitels erworben haben sollten und bei Bedarf selbständig<br />
Defizite aufarbeiten können. Zum Abschluss eines jeden Oberthemas werden die wichtigsten<br />
Begriffe zusammengefasst und einigen Übungsaufgaben für die selbstständige Vorbereitung<br />
angeboten. Die einzelnen Unterthemen werden je nach Komplexität des Themas auf zwei bis<br />
sechs Doppelseiten abgehandelt. Jedes einzelne Unterkapitel beginnt mit einem einleitenden<br />
Satz, durch den die SuS einen Überblick über den Inhalt erhalten, und schließt mit<br />
unterschiedlichen Aufgabentypen. Die Aufgaben in diesem Buch setzen sich aus Over to you<br />
Aufgaben, On your own Aufgaben und Exam Questions zusammen. Die meisten Over to you<br />
Aufgaben können wahlweise in Einzel-, Partner- o<strong>der</strong> Gruppenarbeit beantwortet werden. Bei<br />
einigen Aufgaben ist die Sozialform jedoch schon in <strong>der</strong> Formulierung vorgegeben. Bei den<br />
On your own Aufgabentypen handelt es sich in <strong>der</strong> Regel um Aufgaben, die in Einzelarbeit<br />
bearbeitet werden, bei denen es darum geht wichtige Begriffe zu definieren, etwas im Internet<br />
zu recherchieren o<strong>der</strong> einen kurzen Essay, meistens um die 500 Wörter, zu einer bestimmten<br />
Fragestellung o<strong>der</strong> Thematik zu verfassen. Durch die Exam Questions wird das selbständige<br />
Lernen <strong>der</strong> SuS geför<strong>der</strong>t, da sie ihr Wissen am Ende <strong>der</strong> Unterrichtseinheit überprüfen
30<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
können. Zusätzlich gibt es zu jedem Unterthema mindestens eine What do you think Frage,<br />
die auf themenspezifische Kontroversen fokussiert ist, so dass kritisches Denken geför<strong>der</strong>t<br />
wird und die SuS zu einer Stellungnahme herausgefor<strong>der</strong>t werden (vgl. DIGBY et al. 2008:<br />
4). Allein durch diese Konzeption werden für die SuS sowohl vielfältige Sprechanlässe<br />
geschaffen als auch Möglichkeiten zur Wortschatzerweiterung mit Fokus auf CALP gegeben,<br />
so dass AS Geography for Edexcel aus dieser Perspektive für den bilingualen Erdkunde-<br />
unterricht geeignet ist (vgl. VOLLMER 1999: 245f). Trotz <strong>der</strong> gleichen Struktur <strong>der</strong><br />
einzelnen Aufgaben zu jedem Unterthema variieren die Aufgaben durch die Verwendung<br />
unterschiedlicher Operatoren stark. So gibt es zu jedem Thema nicht nur Aufgaben in jedem<br />
Anfor<strong>der</strong>ungsbereich (list, name, summarise, describe, analyse, explain, classify, compare,<br />
discuss, assess, develop etc.), son<strong>der</strong>n auch Aufgabenstellungen, die geographische<br />
Methodenkompetenz för<strong>der</strong>n (z.B. prepare a map, draw a ven diagramm, analyse the table,<br />
research) und Perspektivenwechsel (z.B. imagine, do a role play) ermöglichen (vgl. DIGBY<br />
et al. 2008: 5ff).<br />
Die Materialien sind gut strukturiert und bestehen zum größten Teil aus didaktischen Texten,<br />
die durch Karten, Bil<strong>der</strong>, Diagramme, Tabellen, Schaubil<strong>der</strong>, authentische Texte, wie z.B.<br />
Zeitungsauschnitte, persönliche Meinungen und Internetlinks zu authentischen Texten,<br />
ergänzt werden. Jedoch sind die authentischen Texte nur teilweise wirklich authentisch, da<br />
einige Zeitungsartikel angepasst wurden. Da aber nicht deutlich wird, ob die Texte sprachlich<br />
angepasst o<strong>der</strong> nur vom Umfang her gekürzt wurden, ist die wirkliche Authentizität dieser<br />
Texte schwer zu bewerten. In <strong>der</strong> Regel werden britische Schulbücher schon allein durch die<br />
Herkunft aus dem Zielsprachenland als authentische Materialien angesehen. Durch die<br />
vielfältigen, ergänzenden Visualisierungen und den dadurch resultierenden Wechsel <strong>der</strong><br />
Darstellungsformen sind die Materialien sehr anschaulich gestaltet und bieten den SuS<br />
unterschiedliche Zugänge zum Text (vgl. LEISEN 2005: 9ff). Die hohe Anschaulichkeit und<br />
gute Strukturierung ist auch <strong>der</strong> Hervorhebung <strong>der</strong> Fachbegriffe in den didaktischen Texten<br />
und den sogenannten Background Kästen mit zusätzlichen Fachinformationen zuzuschreiben.<br />
Die im Text hervorgehobenen Fachbegriffe sind am Ende des Buches in einem zusammen-<br />
fassenden Glossar inklusive kurzer englischsprachiger Definitionen aufgelistet. Viele Fach-<br />
begriffe werden zudem schon auf <strong>der</strong> entsprechenden Seite im Buch in kleinen Kästen erklärt.<br />
Auf diese Weise wird zusätzlich zu den wortschatzför<strong>der</strong>nden Aufgabenstellungen <strong>der</strong><br />
Ausbau des Fachvokabulars geför<strong>der</strong>t. Dadurch wird ebenfalls <strong>der</strong> Einsatz des Buches im<br />
bilingualen Erdkundeunterricht begünstigt (vgl. DIGBY et al. 2008: 5ff).
31<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
Der zweite Band <strong>der</strong> bilingualen Erdkun<strong>der</strong>eihe DIERCKE GEOGRAPHY FOR BILINGUAL<br />
CLASSES weist ebenfalls ein gut strukturiertes Konzept auf, bei dem zu Beginn eines jeden<br />
Oberthemas auf einer einführenden Doppelseite ein Bild und ein Inhaltsverzeichnis abgebildet<br />
sind. Im Anschluss werden die Unterthemen jeweils auf einer Doppelseite thematisiert.<br />
Außerdem schließt, ebenso wie beim britischen Schulbuch, jedes Thema mit den Aufgaben-<br />
stellungen. Band zwei <strong>der</strong> Reihe DIERCKE GEOGRAPHY FOR BILINGUAL CLASSES bietet<br />
je nach Thematik zwei bis vier Aufgaben zur Auseinan<strong>der</strong>setzung mit den Materialien. Die<br />
Aufgaben erfassen zwar auch alle drei Anfor<strong>der</strong>ungsbereiche (describe, name, list, explain,<br />
comment und design), jedoch sind die Aufgabenformulierungen durch die Verwendung<br />
weniger Operatoren und einer starken Dominanz <strong>der</strong> Operatoren describe und explain<br />
weniger abwechslungsreich als beim britischen Schulbuch. Trotzdem ermöglichen auch diese<br />
Aufgabenstellungen den Erwerb geographischer Arbeitsmethoden (z:B. make a table, draw a<br />
sketch, research und analyse the map) und Perspektivenwechsel (z.B. discuss in a role play<br />
und imagine you are), wenn auch in einem geringeren Umfang. Zudem för<strong>der</strong>n die<br />
Rollenspiele und die Vorbereitung von Kurzvorträgen, die in einigen Aufgaben explizit<br />
gefor<strong>der</strong>t werden, eine hohe, aktive Sprechzeit seitens <strong>der</strong> SuS, wie es für den bilingualen<br />
Unterricht gefor<strong>der</strong>t wird (vgl. DREYMÜLLER et al. 2008: 6ff; VOLLMER 1999: 245f).<br />
Durch die spezielle Konstruktion <strong>der</strong> bilingualen Reihe für den bilingualen Erdkunde-<br />
unterricht erfüllen die Materialien viele <strong>der</strong> von VOLLMER entwickelten Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
(vgl. ebd. 1999: 145ff). Ebenso wie beim britischen Schulbuch setzen sich die Materialien aus<br />
didaktischen Texten, Karten, Diagrammen, Tabellen, Bil<strong>der</strong>n, Schaubil<strong>der</strong>n, Karikaturen und<br />
authentischen Texten, wie z.B. persönlichen Meinungen, Zeitungsartikeln und Verweisen auf<br />
Internetquellen zusammen, wobei die didaktischen Texte den größten Teil ausmachen. Jedoch<br />
müssen auch bei diesem Buch Einschränkungen im Bezug auf die Authentizität gemacht<br />
werden, da die Zeitungsartikel so gut wie alle angepasst wurden und nicht erkenntlich ist, ob<br />
es sich dabei um sprachliche Anpassungen o<strong>der</strong> um eine Kürzung des Umfangs handelt.<br />
Durch die Einbindung des Wechsels <strong>der</strong> Darstellungsformen sind die Materialien ebenfalls<br />
sehr anschaulich gestaltet, ermöglichen unterschiedlichen Lernertypen einen Zugang und<br />
führen zur Entlastung <strong>der</strong> Sprache (vgl. LEISEN 2005: 9ff). Die neuen Fachbegriffe werden<br />
auf je<strong>der</strong> Doppelseite in einer Box auf Englisch aufgelistet und können am Ende des Buches<br />
in einem zweisprachigen Glossar nachgeschlagen werden (vgl. DREYMÜLLER et al. 2008:<br />
10ff). Um den SuS die Bearbeitung <strong>der</strong> Aufgabenstellung zu erleichtern, gibt es am Ende des<br />
Buches eine Zusammenstellung benötigter Arbeitsmethoden, z.B. working with population<br />
pyramids o<strong>der</strong> working with cartoons. Jede aufgeführte Arbeitsmethode wird auf einer
32<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
Doppelseite erklärt und beinhaltet zusätzlich einen Beispieltext und eine Liste mit useful<br />
phrases (vgl. DREYMÜLLER et al. 2008: 143 ff). Grundlegende Arbeitsmethoden, z.B.<br />
working with maps, die in den vorangegangenen Bänden <strong>der</strong> Reihe erklärt wurden, können in<br />
dem begleitenden Toolkit nachgeschlagen werden, das jede Arbeitsmethode <strong>der</strong> gesamten<br />
Reihe enthält (vgl. DREYMÜLLER et al. 2009: 3ff). Des Weiteren befinden sich auf <strong>der</strong><br />
hinteren Innenseite des Covers englische Redewendungen für den Umgang mit Zahlen und in<br />
<strong>der</strong> <strong>Geographie</strong> verwendete Mengen- und Größenangaben, die den SuS als weitere Unter-<br />
stützung dienen (vgl. DREYMÜLLER et al. 2008: 178f).<br />
2.8.3.4 Vergleich auf thematischer Ebene - Megacities<br />
Um die zwei Erdkundebücher optimal miteinan<strong>der</strong> vergleichen zu können, wurden die<br />
jeweiligen Buchseiten zum Thema Megacities exemplarisch analysiert (Beispielseiten siehe<br />
Anhang 1.1 und 1.2). Das Thema Megacities wurde für den Vergleich ausgewählt, da es gut<br />
zu den im Kerncurriculum vorgeschriebenen Themenschwerpunkten und Raumbezügen für<br />
die 9./10 Klasse passt und daher für die Befragung in einer 10. Klasse geeignet ist (vgl. NDS.<br />
KULTUSMINISTERIUM 2008: 9ff). Außerdem war entscheidend, dass das Thema in beiden<br />
zu vergleichenden Büchern behandelt wird und die befragte 10. Klasse das Thema noch nicht<br />
behandelt hatte, um eine möglichst authentische Situation zu haben. Bei <strong>der</strong> Befragung sollten<br />
die SuS zuerst alle unbekannten Begriffe, sowohl Fachbegriffe als auch Allgemeinsprache,<br />
markieren, um Rückschlüsse auf die Angemessenheit des sprachlichen Niveaus ziehen zu<br />
können. Außerdem sollten die beiden Materialien bezüglich <strong>der</strong> Länge, des Schwierigkeits-<br />
grads und <strong>der</strong> Anschaulichkeit bewertet werden. Ferner sollten die SuS angeben, welche<br />
Materialien sie mehr ansprechen, welche Aufgaben ihnen am besten gefallen und ob die<br />
Aufgaben verständlich sind bzw. ob sie Hilfestellungen für die Beantwortung <strong>der</strong> Aufgaben<br />
benötigen. Abschließend konnten die SuS angeben, was ihnen an den beiden Materialien<br />
beson<strong>der</strong>s gut bzw. nicht gefallen hat (Fragebogen siehe Anhang 1.1).<br />
Das britische Buch AS Geography for Edexcel thematisiert Megacities auf insgesamt sechs<br />
Doppelseiten, wovon die erste Doppelseite einen allgemeinen Überblick über Verstädterung<br />
und Megastädte im Allgemeinen gibt und die nachfolgenden Seiten zwei Beispiele, Los<br />
Angeles (zwei Doppelseiten) und Mumbai (drei Doppelseiten), ausführlicher beleuchten. Für<br />
die Analyse haben die SuS jedoch nur den allgemeinen Teil und das Beispiel Mumbai<br />
erhalten, da in <strong>der</strong> Regel im Unterricht auch nur ein exemplarisches Beispiel besprochen wird.<br />
Die Wahl des Beispiels Mumbai liegt darin begründet, dass in dem Vergleichsmaterial auch<br />
auf Mumbai Bezug genommen wird und somit ein besserer Vergleich möglich war. Im
33<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
zweiten Band <strong>der</strong> bilingualen Reihe DIERCKE GEOGRAPHY FOR BILINGUAL CLASSES<br />
wird das Thema lediglich, wie alle an<strong>der</strong>en Themen auch, auf einer Doppelseite thematisiert.<br />
Dabei gibt <strong>der</strong> Text einen allgemeinen Überblick über den Prozess <strong>der</strong> Verstädterung. Auf das<br />
Beispiel Mumbai wird nur in einer Tabelle eingegangen. Vom Umfang her finden 58% <strong>der</strong><br />
SuS das Material des britischen <strong>Geographie</strong>buchs sehr detailliert und gut geeignet für eine<br />
intensive Behandlung, sofern es in mehreren Stunden thematisiert wird, da es zu viel Input für<br />
eine Stunde ist. Einige SuS weisen zusätzlich noch daraufhin, dass die Texte jedoch nicht auf<br />
einmal gelesen werden sollten, da sonst sehr schnell Langeweile aufkommen könnte bzw. die<br />
Motivation sinken würde. Die Länge des bilingualen Schulbuchs dagegen wird zwar als<br />
angemessener zum Lesen beurteilt, jedoch ist es ihnen für ein Thema zu wenig Input (vgl.<br />
Fragebogenauswertung im Anhang).<br />
Vom Schwierigkeitsgrad her variieren die Einschätzungen für beide Materialien von einfach<br />
bis schwer. Tendenziell ist zu erkennen, dass das Material aus dem britischen Schulbuch im<br />
Vergleich als einfacher eingestuft wird als das bilinguale Lehrwerk, weil weniger unbekannte<br />
Wörter verwendet und die Fachbegriffe im Text erklärt werden sowie die vielen<br />
Visualisierungen das Verständnis erleichtern. Trotzdem werden beide Bücher von ungefähr<br />
1/3 <strong>der</strong> SuS als angemessen für die 10. Jahrgangsstufe bewertet. Diese Einschätzung kann<br />
durch die Angaben <strong>der</strong> unbekannten Wörter bestätigt werden. Im Schnitt haben die SuS<br />
weniger als 1,5% <strong>der</strong> britischen Materialien nicht verstanden, wohingegen 0% bis 3% des<br />
bilingualen Materials nicht verstanden wurden. Demnach wurden auch die Aufgaben von<br />
allen SuS als verständlich eingestuft. Grundsätzlich wären aus Schülerperspektive Stütz-<br />
maßnahmen in Form von Helpful Phrases für einige Aufgaben, z.B. zur Beschreibung von<br />
Diagrammen, hilfreich, aber nicht notwendig. Obwohl die Meinungen bei <strong>der</strong> Wahl <strong>der</strong> besten<br />
Aufgabe aufgrund unterschiedlicher Lernertypen variieren (siehe Abb.2), gefällt den SuS die<br />
Arbeit mit geographischen Materialien z.B. Karten (bilinguales Material Aufgabe 2) und die<br />
Möglichkeit des Perspektivenwechsels (britisches Material Aufgabe 1) beson<strong>der</strong>s gut.
.<br />
70%<br />
60%<br />
50%<br />
40%<br />
30%<br />
20%<br />
10%<br />
0%<br />
Abb.2: Schülerpräferenzen von Aufgabentypen (eigene Darstellung)<br />
23%<br />
14%<br />
63%<br />
34<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
Bezüglich <strong>der</strong> Anschaulichkeit gefällt den SuS das Material aus AS Geography for Edexcel<br />
aufgrund <strong>der</strong> vielen Visualisierungen und den verschiedenen Darstellungsformen sehr gut.<br />
Einigen SuS sind es jedoch fast schon zu viele Abbildungen. Beim bilingualen Werk wird das<br />
gute Verhältnis von Visualisierungen und Textlänge positiv hervorgehoben. Alle Aspekte<br />
betrachtend spricht die meisten SuS das Material aus dem britischen <strong>Geographie</strong>buch eher an.<br />
Aber auch die Materialien des bilingualen Erdkundebuchs sind für einige SuS motivierend<br />
(siehe Abb.3) (vgl. Fragebogenauswertung im Anhang).<br />
britisches Material<br />
bilinguales Material<br />
beide Materialien<br />
keins <strong>der</strong><br />
Materialien<br />
Abb. 3: Motivation <strong>der</strong> SuS bezüglich bilingualer und britischer Unterrichtsmaterialien<br />
(eigene Darstellung)
2.8.3.5 Eignung für den bilingualen <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
35<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
Wie die vorangegangene Analyse gezeigt hat, eignet sich nicht nur das bilinguale Erdkunde-<br />
buch von Westermann, das explizit für den bilingualen Unterricht entwickelt wurde, son<strong>der</strong>n<br />
auch das britische <strong>Geographie</strong>buch AS Geography for Edexcel für den Einsatz im bilingualen<br />
Erdkundeunterricht. AS Geography for Edexcel entspricht durch die Inhaltszentrierung, die<br />
För<strong>der</strong>ung des selbständigen Lernens und die Schaffung von vielfältigen Sprechanlässen,<br />
beson<strong>der</strong>s durch die What do you think Fragen, sowie durch die Partner- und Gruppenarbeit<br />
den Anfor<strong>der</strong>ungen, die an bilinguale Materialien gestellt werden. Des Weiteren bietet das<br />
Konzept durch die Erklärungen <strong>der</strong> Fachbegriffe und die Definitionsaufgaben gute Ansätze<br />
für eine aktive Wortschatzerweiterung. Auch das Kriterium <strong>der</strong> Authentizität wird durch die<br />
Verwendung von Zeitungsartikeln, persönlichen Zitaten und durch die Integration von<br />
Internetrecherchen erfüllt. Zudem ist das britische Erdkundebuch an sich authentischer als das<br />
bilinguale Lehrwerk eines deutschen Verlages, da es für Muttersprachler konzipiert wurde.<br />
Obwohl das Sprachniveau für die Mehrheit <strong>der</strong> befragten SuS angemessen war, sollten die<br />
Materialien jedoch durch Maßnahmen des scaffolding in Form von Vokabellisten und<br />
eventuell Helpful Phrases ergänzt werden, damit alle SuS dem Unterricht folgen können.<br />
Ferner sollte das Material so ausgewählt und eventuell reduziert bzw. abgeän<strong>der</strong>t werden,<br />
dass es genau die richtige Menge an Materialien für die Bearbeitung des Themas bereitstellt<br />
und kein Desinteresse aufkommt (vgl. VOLLMER 1999: 145ff).<br />
Auch das Erdkundebuch <strong>der</strong> bilingualen Reihe DIERCKE GEOGRAPHY FOR BILINGUAL<br />
CLASSES erfüllt die Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Inhaltszentrierung, <strong>der</strong> Authentizität, wenn auch in<br />
einem geringeren Umfang als das britische Erdkundebuch, und schafft vielfältige Sprech-<br />
anlässe, z.B. durch Kurzvorträge o<strong>der</strong> provozierende Karikaturen. Außerdem bietet die<br />
bilinguale Reihe den SuS ausreichend Stützmaßnahmen, um die Unterrichtsgespräche<br />
erfolgreich zu bewältigen. Im Vergleich zum britischen Schulbuch gibt es im zweiten Band<br />
bis auf die zweisprachigen Vokabellisten jedoch keine Ansätze für die Wortschatzarbeit.<br />
Zudem sind vor dem Einsatz dieser Materialien Vokabelentlastungen und weitere Materialien<br />
für eine intensive und umfassende Behandlung <strong>der</strong> Thematik notwendig (vgl. VOLLMER<br />
1999: 145ff).<br />
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass sich beide Werke für den Einsatz im bilingualen<br />
Erdkundeunterricht eignen, sofern die Materialien an die SuS und den jeweiligen Zweck<br />
angepasst bzw. ergänzt o<strong>der</strong> gekürzt werden. Wichtig ist, dass die LuL unter Berück-<br />
sichtigung <strong>der</strong> Schülerinteressen individuell entscheiden, mit welchen Materialien sie im<br />
Unterricht in bestimmten Situationen gut arbeiten können, da die SuS das britische Material,
36<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
ebenso wie ich selbst, für dieses Thema zwar ansprechen<strong>der</strong> fanden, das Ergebnis bei an<strong>der</strong>en<br />
Beispielmaterialien o<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Befragung einer an<strong>der</strong>en Klasse aber auch an<strong>der</strong>s hätte<br />
ausfallen können.<br />
2.8.4 Materialien für den bilingualen Erdkundeunterricht aus <strong>der</strong><br />
Schülerperspektive<br />
Zusätzlich zur Analyse <strong>der</strong> Beispielmaterialien sollten die SuS auch basierend auf<br />
VOLLMERs formulierten Anfor<strong>der</strong>ungen für bilinguale Erdkundematerialien Angaben zu<br />
ihren persönlichen Anfor<strong>der</strong>ungen an bilinguale Erdkundematerialien, zur Präferenz von<br />
Textsorten und Materialgestaltung machen sowie das optimale Material beschreiben (Frage-<br />
bogen siehe Anhang 1.3). Wie schon bei <strong>der</strong> exemplarischen Schulbuchanalyse sind Ein-<br />
schränkungen im Bezug auf die Gütekriterien <strong>der</strong> Objektivität, Reliabilität und Validität zu<br />
machen, da auch hier die SuS durch das Beispielmaterial, die Fragestellungen o<strong>der</strong> ihre<br />
eigenen Unterrichtserfahrungen beeinflusst worden sein könnten und die Antworten von mir<br />
interpretiert wurden.<br />
Die Befragung <strong>der</strong> SuS nach ihren Anfor<strong>der</strong>ungen für bilinguale Erdkundematerialien hat<br />
ergeben, dass eine hohe Anschaulichkeit (82%) für die meisten SuS ein wichtiges Merkmal<br />
bilingualer Erdkundematerialien darstellt. Zudem nennen mehr als die Hälfte <strong>der</strong> SuS eine<br />
gute Verständlichkeit (68%), Aktualität (64%) und Interaktionspotential (50%) als elementare<br />
Kriterien von bilingualen Erdkundematerialien. Obwohl motivationale Aspekte (27%) und die<br />
Schaffung von Sprechanlässen (41%) nicht für alle SuS von Bedeutung sind, sollten diese<br />
Aspekte nicht vernachlässigt werden, da die Materialien im Idealfall alle SuS ansprechen<br />
sollten (vgl. VOLLMER 1999: 245f). Ausgehend von den Schülerantworten bei dieser Frage,<br />
spielt Authentizität, einer <strong>der</strong> wichtigsten Faktoren bilingualen Erdkundeunterrichts, bei den<br />
Materialien nur eine untergeordnete Rolle. Jedoch kann dieses Resultat (9%) dadurch<br />
revidiert werden, dass die Mehrheit <strong>der</strong> SuS bei <strong>der</strong> Frage nach <strong>der</strong> Präferenz des Textformats<br />
Originaltexte mit Sprachhilfen bevorzugen (45%) bzw. sie als einen Bestandteil eines guten<br />
Materialmixes (50%) ansehen. Dieser Wi<strong>der</strong>spruch lässt sich dadurch erklären, dass die SuS<br />
wahrscheinlich Schwierigkeiten mit dem Begriff <strong>der</strong> Authentizität hatten und es daher nicht<br />
angekreuzt haben (vgl. Fragebogenauswertung im Anhang).
Bei <strong>der</strong> Frage, ob sie lieber mit<br />
Originaltexten mit Sprachhilfen<br />
o<strong>der</strong> sprachlich vereinfachten<br />
Texten arbeiten möchten, haben<br />
sich 95% <strong>der</strong> SuS für den Einsatz<br />
von Originaltexten mit Sprach-<br />
hilfen ausgesprochen (siehe Abb.<br />
4). 45% dieser SuS möchten<br />
37<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
ausschließlich mit Originaltexten arbeiten, wohingegen die verbleibenden 50% eine Mischung<br />
aus Originaltexten mit Sprachhilfen und sprachlich reduzierten Texten bevorzugen. Als<br />
Gründe für die ausschließliche Verwendung von authentischen Texten werden die sprachliche<br />
Herausfor<strong>der</strong>ung, die damit verbundene Erweiterung <strong>der</strong> Sprachkompetenz und die<br />
Entwicklung eines Sprachgefühls genannt, die den SuS die Möglichkeit geben, an gesel-<br />
lschaftlichen Diskussionen auf Englisch teilzunehmen und die internationale Presse zu<br />
verstehen. Diese Ansichten werden auch von den SuS geteilt, die nicht ausschließlich mit<br />
Originaltexten arbeiten möchten. Sie verweisen jedoch darauf, dass es aufgrund <strong>der</strong> Sprach-<br />
entwicklung besser wäre, sowohl in den unteren Jahrgangsstufen als auch zu Beginn eines<br />
neuen Themas mit vereinfachten Texten zu beginnen und im weiteren Verlauf bzw. bei<br />
steigendem Sprachniveau zu den komplexeren authentischen Texten überzugehen. Nur ein<br />
Schüler bzw. eine Schülerin würde sprachlich vereinfachte Texte generell bevorzugen, da <strong>der</strong><br />
Unterricht mehr Spaß macht, wenn alles verstanden wird (vgl. Fragebogenauswertung im<br />
Anhang). Diese Ergebnisse zeigen deutlich, dass die SuS, bis auf eine Ausnahme, den<br />
Mehrwert des bilingualen Unterrichts erkannt haben und davon selbst profitieren möchten, so<br />
dass sie, ebenso wie Experten für bilingualen Unterricht, Wert auf authentische Texte legen.<br />
Gleichzeitig sind die SuS soweit mit dem Prozess des Spracherwerbs vertraut, dass ihnen<br />
bewusst ist, dass eine Überfor<strong>der</strong>ung durch zu komplexe Texte zu Beginn des bilingualen<br />
Erdkundeunterrichts bzw. zu Beginn eines neuen Themas nicht zu dem gewünschten Ziel,<br />
einer geographischen Diskurskompetenz in <strong>der</strong> Fremdsprache, führen kann (vgl. MEHISTO,<br />
MARSH & FRIGOLS 2008: 29f; HALLET 2005a: 4; LENZ 2002: 3ff). Auch die starke<br />
Inhaltszentrierung bilingualer Materialien für den Erdkundeunterricht, die charakteristisch für<br />
das CLIL-Konzept ist, wird von den SuS befürwortet. Folglich sehen 59% <strong>der</strong> SuS keine<br />
Notwendigkeit spezielle Übungsaufgaben zur Wortschatzfestigung in den bilingualen Erd-<br />
kundeunterricht zu integrieren. Dies begründen sie damit, dass die Fachbegriffe durch die<br />
typischen geographischen Aufgabenstellungen und die Verwendung <strong>der</strong> Begriffe im Kontext<br />
50%<br />
5%<br />
45%<br />
sprachlich<br />
vereinfachte Texte<br />
Originaltexte mit<br />
Sprachhilfen<br />
Mischung aus<br />
Beidem<br />
Abb. 4: Bevorzugtes Textformat für den bilingualen<br />
Erdkundeunterricht (eigene Darstellung)
38<br />
2 Bilingualer <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
automatisch verinnerlicht werden. Zweisprachige Vokabellisten kombiniert mit einer<br />
Definition des Begriffes in <strong>der</strong> Fremdsprache werden jedoch als hilfreich angesehen. Die<br />
an<strong>der</strong>en SuS fänden eine Integration kurzer Übungen zur Festigung <strong>der</strong> Begriffe bzw. als<br />
Wie<strong>der</strong>holung kurz vor <strong>der</strong> Klassenarbeit hilfreich, aber nur unter <strong>der</strong> Bedingung, dass<br />
trotzdem noch genügend Zeit für Diskussionen bleibt. Eine Schülerin bzw. ein Schüler<br />
verweist auf die Möglichkeit, dass bei sprachlichen Defiziten je nach Bedarf solche<br />
Übungsaufgaben auf freiwilliger Basis selbständig zu Hause bearbeitet werden könnten.<br />
Wenn solche Probleme jedoch bei mehreren SuS festgestellt werden, sollten die LuL darauf<br />
reagieren und zeitweise mehr Übungen zur Festigung des Wortschatzes einbauen (vgl.<br />
Fragebogenauswertung im Anhang). Dieses Vorgehen entspricht dem CLIL-Ansatz in voller<br />
Breite, da die geographischen Inhalte im Vor<strong>der</strong>grund stehen, <strong>der</strong> Unterricht aber trotzdem an<br />
das Niveau <strong>der</strong> SuS angepasst ist (vgl. HAUPT & BIEDERSTÄDT 2003: 49f; LENZ 2002:<br />
3f). Des Weiteren sind die SuS <strong>der</strong> Meinung, dass das Prinzip <strong>der</strong> funktionalen Fremd-<br />
sprachigkeit ebenfalls auf das Material übertragen werden sollte. 68% sprechen sich generell<br />
gegen den Einsatz von deutschsprachigen Büchern bzw. Texten aus, weil sie ihr Englisch<br />
verbessern wollen. Zudem könnte ein häufiger Wechsel zwischen den Sprachen (code-<br />
switching) ihrer Meinung nach zu lernhemmenden Verwirrungen führen. Weitere 23% (<strong>der</strong><br />
Rest hat keine Angaben gemacht) finden den Einsatz vereinzelter deutscher Texte bei<br />
komplexen Themen angemessen, sofern die Mehrheit <strong>der</strong> Texte in Englisch ist (vgl.<br />
BUTZKAMM 2008:91). Alle diese Anfor<strong>der</strong>ungen lassen sich prägnant in den folgenden<br />
Schüleräußerungen zum optimalen Material für bilingualen Erdkundeunterricht zusammen-<br />
fassen: Das optimale Material ist „kurz, informativ, leicht verständlich“, „[…]motivierend &<br />
anschaulich“, „mit Karten, Diagrammen, Bil<strong>der</strong>n und Zitaten“, „abwechslungsreichen<br />
Aufgaben“, „nicht nur Einzelarbeit“, „Key Terms, kurzen Begriffserklärungen […][und<br />
besteht aus] englische[n] Texte[n]“ (Fragebogenauswertung im Anhang)(weitere<br />
Beschreibungen siehe Anhang 1.4).
3 Professionswissen und professionelle Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
3 Professionswissen und professionelle Handlungskompetenz bilingualer<br />
<strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
„Good teaching cannot be reduced to technique;<br />
good teaching comes from the identity and integrity of a teacher”.<br />
39<br />
(PALMER 2007: 10)<br />
Dr. Johan Bökh, <strong>der</strong> gerechte Hauslehrer aus dem fliegenden Klassenzimmer, <strong>der</strong><br />
konservative, strenge Lehrer Lämpel aus Max und Moritz, die altmodischen und indi-<br />
vidualistischen Lehrer aus <strong>der</strong> Feuerzangenbowle, <strong>der</strong> tyrannische Professor Unrat und John<br />
Keating, <strong>der</strong> unkonventionelle, engagierte Lehrer im Club <strong>der</strong> toten Dichter – sie alle re-<br />
präsentieren unterschiedliche Lehrertypen, die ausgehend von ihrer Persönlichkeit ihren<br />
eigenen Unterrichtsstil gefunden haben. Solche LuL, die nicht nur ihren eigenen Stil gefunden<br />
haben, son<strong>der</strong>n diesen auch konsequent mit Rücksicht gegenüber den SuS umsetzen, bilden<br />
die Basis für ein vertrauensvolles Klima, in dem guter Unterricht stattfinden kann (vgl.<br />
MEYER, C. 2011: 184f). Persönlichkeit, ein eigener Unterrichtsstil und ein vertrauensvolles<br />
Klassenklima allein reichen aber nicht aus, um einen Bildungserfolg zu verzeichnen. Daher<br />
sollten die LuL zusätzlich auch über fachspezifisches Wissen und professionelle Handlungs-<br />
kompetenz verfügen und aus all diesen Kompetenzen ihr „professionelles Selbst“ (SEITZ<br />
2007:111f) bilden. Kerschensteiner hat diese Grundlage treffend zusammengefasst, indem er<br />
LuL, die „eine volle Persönlichkeit geworden […][sind] als das wertvollste Bildungsgut, das<br />
[…] die größte Wirkung auf die [Schülerinnen und] Schüler auszuüben vermag“ (HERZOG<br />
& MAKAROVA 2011: 65) bezeichnet hat (vgl. HERZOG & MAKAROVA 2011: 65).<br />
Was unter Professionalität im Lehrerberuf und professioneller Handlungskompetenz für<br />
bilinguale Erdkundelehrkräfte zu verstehen ist, wird im weiteren Verlauf genauer untersucht.<br />
Zuerst wird <strong>der</strong> Begriff Professionalität im Allgemeinen definiert, bevor Professionalität im<br />
Lehrerberuf thematisiert wird. Danach wird ein Überblick über verschiedene Theorien und<br />
Forschungsrichtungen zur Professionsforschung gegeben. Im letzten Teil des Kapitels werden<br />
anhand <strong>der</strong> theoretisch erarbeiteten charakteristischen Merkmale von bilingualem Erdkunde-<br />
unterricht Aspekte professioneller Handlungskompetenz von bilingualen <strong>Geographie</strong>lehr-<br />
kräften analysiert.
3 Professionswissen und professionelle Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
3.1 Professionalität im Lehrerberuf<br />
Der Beruf des Lehrers, wie wir ihn heute kennen, existiert in seinen Grundzügen erst seit dem<br />
18. Jahrhun<strong>der</strong>t. Zwar gelten Sokrates, Platon und Cicero als große Lehrmeister <strong>der</strong> Antike,<br />
jedoch vertraten sie kein eigenes Berufsfeld, son<strong>der</strong>n waren herausragende individuelle<br />
Persönlichkeiten, die im Bereich <strong>der</strong> Lehre wichtige Beiträge geleistet haben. Auch die<br />
Lehrtätigkeiten des Klerus im Mittelalter, die zur Bildung des kirchlichen Nachwuchses und<br />
<strong>der</strong> Oberschicht dienten, sind nicht mit dem heutigen Lehrerberuf zu vergleichen, da das<br />
Lehren nur als Nebentätigkeit angesehen wurde (vgl. GUDJIONS 2006: 159ff). Ab dem<br />
Spätmittelalter wurde <strong>der</strong> Bedarf an Wissensvermittlung und geeigneten Personen für die<br />
Wissensvermittlung immer größer, da Angehörige des Bürgertums erkannt hatten, dass sie<br />
durch Bildung Zugang zu höheren Tätigkeitsfel<strong>der</strong>n und dem damit verbundenen sozialen<br />
Aufstieg bekommen konnten. Trotzdem blieb das Lehren zu allererst ein Brotberuf, <strong>der</strong> half<br />
den Lebensunterhalt zu verdienen. Bis zu Beginn des frühen 14. Jahrhun<strong>der</strong>ts die ersten<br />
öffentlichen Schulen von Adeligen, Städten o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Kirche errichtet wurden, fand die<br />
Wissensvermittlung hauptsächlich durch Privatlehrer statt. Jedoch sind die ersten Schulen und<br />
die damit verbundene Lehrtätigkeit nicht mit <strong>der</strong> heutigen Zeit zu vergleichen, da <strong>der</strong><br />
Schulbesuch freiwillig und daher auch <strong>der</strong> Lehrerberuf nicht gesellschaftlich anerkannt war<br />
(vgl. KINTZINGER 2011: 15ff). Ab dem 18. Jahrhun<strong>der</strong>t wurde Bildung, durch den<br />
wirtschaftlichen Aufschwung <strong>der</strong> Industrialisierung bedingt, als eine wichtige Grundlage<br />
mo<strong>der</strong>nen Fortschritts angesehen, so dass LuL systematisch für ihre Tätigkeit ausgebildet<br />
wurden und langsam ein Wandel „vom Schulehalten zum Unterricht“ (PETRAT 1979, zit. in<br />
KEMNITZ 2011: 35) stattfand. Von da an ist die Entwicklung des Lehrerberufs eng mit <strong>der</strong><br />
Entwicklung des Schulsystems verbunden – jede Än<strong>der</strong>ung im Schulsystem führte auch zu<br />
verän<strong>der</strong>ten Anfor<strong>der</strong>ungen an die LuL (vgl. KEMNITZ 2011: 34ff). Bis zum Ende <strong>der</strong> 60er<br />
Jahre des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts war es, im Gegensatz zu dem eingangs aufgeführten Zitat von<br />
PALMER, nicht notwendig sein eigenes professionelles Selbst zu entwickeln, da Lehrer-<br />
autorität nicht als Teil <strong>der</strong> Persönlichkeit angesehen wurde, „son<strong>der</strong>n [ein] Teil des Amtes und<br />
<strong>der</strong> Rolle“ (GUDJONS 2006: 160) war und somit automatisch durch das Ausüben <strong>der</strong><br />
Lehrtätigkeit erworben wurde. Im Laufe <strong>der</strong> Zeit wurden jedoch nicht nur die Ansprüche <strong>der</strong><br />
Öffentlichkeit und <strong>der</strong> Eltern immer größer, son<strong>der</strong>n auch die SuS zu einer wachsenden<br />
Herausfor<strong>der</strong>ung für die LuL, da die Klassen immer heterogener wurden und die heimische<br />
Erziehung manchmal versagte, so dass die Entwicklung eines professionellen Selbst<br />
notwendig wurde, um mit den wachsenden Anfor<strong>der</strong>ungen zurecht zu kommen und sich in<br />
<strong>der</strong> Vielzahl didaktischer und methodischer Neuerungen zurechtzufinden (vgl. GUDJONS<br />
40
3 Professionswissen und professionelle Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
2006: 159ff). Verstärkt wurde diese Entwicklung zusätzlich noch durch fehlende Materialien,<br />
die die Kreativität <strong>der</strong> LuL herausfor<strong>der</strong>ten, den Wandel <strong>der</strong> Lehrerrolle vom einfachen<br />
Wissensvermittler zum Berater, <strong>der</strong> selbständiges Lernen individuell für jeden Lernertyp<br />
initiieren und för<strong>der</strong>n soll, den gesellschaftlichen Wandel sowie die schnell voranschreitenden<br />
technologischen Fortschritte (vgl. GUDJONS 2006: 159ff; HERZOG & MAKAROVA 2011:<br />
73). Demnach müssen die LuL die konkurrierenden Ansprüche ausbalancieren, so dass<br />
erfolgreicher Unterricht stattfinden kann (vgl. HERZOG & MAKSAROVA 2011: 70). Durch<br />
die steigenden Anfor<strong>der</strong>ungen und das schlechte Abschneiden deutscher SuS in inter-<br />
nationalen Studien, z.B. <strong>der</strong> PISA-Studie, gewann das Thema <strong>der</strong> Lehrerprofessionalität und<br />
die Suche nach grundlegenden Kompetenzen von guten LuL immer mehr an Bedeutung und<br />
ist immer noch von großer Aktualität geprägt (vgl. GUDJONS 2006: 159ff). Außerdem ist es<br />
notwendig die Lehrerprofessionalität offen zu thematisieren, da das Lehrerbild in <strong>der</strong><br />
öffentlichen Vorstellung oft negativ konnotiert ist o<strong>der</strong> von <strong>der</strong> Öffentlichkeit in <strong>der</strong><br />
Komplexität unterschätzt und dadurch zu einer weiteren Belastung bzw. weiteren Heraus-<br />
for<strong>der</strong>ung für die LuL wird. Beispielhaft für die negative Konnotation seien das Zitat von<br />
George Bernhard Shaw „He who can, does. He who cannot, teaches“ (zit. in: SHULMAN<br />
2004a: 189) und Frank Wedekind’s Frühlingserwachen genannt, wo die Lehrer Affen-<br />
schmalz, Knüppeldick, Hungergurt o<strong>der</strong> Sonnenstich heißen (vgl. TENORTH 2006: 581).<br />
Was aber bedeutet Professionalität? „Die Wörter Professionalität, Profi o<strong>der</strong> professionell<br />
erfreuen sich im alltäglichen Sprachgebrauch ständiger Präsenz, hoher Beliebtheit und<br />
Beliebigkeit“ (REINISCH 2009: 33) und werden in <strong>der</strong> Regel ohne jeglichen Bezug zu ihrer<br />
originären Wortbedeutung (Beruf, Gewerbe o<strong>der</strong> Könnerschaft) verwendet (vgl. REINISCH<br />
2009: 33). Somit hat professionelles Handeln in <strong>der</strong> Alltagssprache nicht immer etwas mit<br />
einer Profession, im Sinne von einem akademischen Beruf zu tun, son<strong>der</strong>n bezeichnet die<br />
fachmännische Ausübung einer Tätigkeit, die in jedem Beruf möglich ist (vgl. KURTZ 2009:<br />
45). Die wissenschaftliche Forschung dagegen untersucht in Anlehnung an die ursprüngliche<br />
Wortbedeutung die Unterschiede „zwischen den akademischen (professions) und den<br />
sonstigen Berufen (occupations)“ (REINISCH 2009: 33) und forscht nach <strong>der</strong> Funktion von<br />
akademischen Professionen (vgl. REINISCH 2009: 33). Professionstheorien können je nach<br />
Forschungsinteressen in unterschiedlichen wissenschaftlichen Theorien verortet werden (siehe<br />
3.2) und arbeiten in <strong>der</strong> Regel mit stark variierenden Definitionen. Jedoch definieren alle<br />
Professionstheorien Professionen als „akademische Berufe mit spezifischen Merkmalen“<br />
(SEITZ 2007:80), zu denen eine professionelle Wissensbasis als Handlungsgrundlage, ein zu<br />
vertreten<strong>der</strong> Berufsethos sowie autonomes Handeln sowohl als Berufstand als auch als<br />
41
3 Professionswissen und professionelle Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
Mitglied eines Berufstandes zählen. Ausgehend von diesen drei Merkmalen von Professionen,<br />
die den gemeinsamen Nenner aller Professionstheorien bilden, ist unstrittig, dass LuL einen<br />
professionellen Beruf ausüben (vgl. SEITZ 2007: 80f). Zudem kann ein Anspruch auf<br />
Professionalität des Lehrerberufs auch aus professionssoziologischen Theorien abgeleitet<br />
werden, da es sich beim Beruf des Lehrers sowohl um eine Interaktion zwischen Profes-<br />
sionellen, den LuL, und Klienten, den SuS, handelt als auch das verfolgte Ziel, in diesem Fall<br />
<strong>der</strong> Schulabschluss, durch kognitive Fähigkeiten erreicht werden kann bzw. im Falle des<br />
Scheiterns nicht erreicht werden kann und allgemeine Wertschätzung erfährt. Der<br />
systemtheoretischen Theorie zu Folge, zählt <strong>der</strong> Lehrerberuf sogar zu den vier klassischen<br />
Professionen und steht daher auf gleicher Ebene mit Anwälten, Ärzten und kirchlichen<br />
Seelsorgern (vgl. KURZ 2009: 45f).<br />
Charakteristische Merkmale professionellen Lehrerhandelns, unabhängig von den unter-<br />
richteten Fächern, sind nach KURTZ unsicheres Handeln, Planung des Unplanbaren und<br />
Umgang mit Unsicherheit. Professionelles Lehrerhandeln gilt einerseits als unsicheres<br />
Handeln, weil sich die Wissensbasis durch den gesellschaftlichen Wandel und stetig voran-<br />
schreitende Forschung kontinuierlich erweitert und dadurch nicht nur das Wissen zunimmt,<br />
son<strong>der</strong>n auch das Nichtwissen, denn bei einer sich ständig vergrößernden Wissensgrundlage<br />
können nicht immer alle Optionen vor dem Handeln abgewägt werden. Ein weiterer Unsicher-<br />
heitsfaktor des Lehrerhandelns liegt in <strong>der</strong> Interaktion mit den SuS und <strong>der</strong> Abhängigkeit von<br />
<strong>der</strong> Mitarbeit <strong>der</strong> SuS. Wenn diese ihre Mitarbeit verweigern bzw. die Lerngelegenheiten<br />
nicht nutzen, können die LuL ihr Unterrichtsziel auch nicht erreichen (vgl. KURTZ 2009:<br />
46f). Unterrichtssituationen sind aber nicht nur unsicher, son<strong>der</strong>n auch ab einem gewissen<br />
Grad unplanbar, da egal wie durchgeplant die Stunde ist, <strong>der</strong> Unterricht durch unvorher-<br />
gesehene Schüleräußerungen etc. in eine nicht geplante Richtung verlaufen kann, so dass die<br />
LuL spontan und unvorbereitet reagieren müssen (vgl. KURTZ 2009: 47f). Weil sowohl das<br />
unsichere Handeln als auch die unplanbaren Momente nicht verhin<strong>der</strong>bar sind, gehört es zum<br />
Lehreralltag, sich auf den Umgang mit Unsicherheiten einzustellen und bei <strong>der</strong>en Eintritt<br />
angemessen darauf zu reagieren (vgl. KURTZ 2009: 50). Somit ist „professionelles [Lehrer-]<br />
Handeln – trotz aller Referenz auf systematische Wissensstände – nicht technisch-<br />
instrumentell konzeptualisierbar“ (BAUMERT & KUNTER 2006: 476) und auch „nicht<br />
standardisierbar und prinzipieller Erfolgsunsicherheit ausgesetzt“ 21 (BAUMERT &<br />
KUNTER 2006: 478).<br />
21 Hervorhebung durch BAUMERT und KUNTER.<br />
42
3 Professionswissen und professionelle Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
Aus diesen charakterlichen Merkmalen, <strong>der</strong> Abhängigkeit von den SuS und den wachsenden,<br />
konkurrierenden Anfor<strong>der</strong>ungen an den Lehrerberuf resultiert auch die Vermutung Sigmund<br />
Freuds, dass Unterrichten im Allgemeinen unmöglich sei. Trotzdem unterrichten LuL seit<br />
mehreren Jahrhun<strong>der</strong>ten erfolgreich. Folglich ist <strong>der</strong> Lehreberuf „mit einem professions-<br />
theoretisch klar zu bezeichnenden Handlungsrepertoire [, das von Fach zu Fach variieren<br />
kann,] zu bewältigen“ (TENORTH 2006: 584) und auf keinen Fall unmöglich. SHULMAN<br />
geht sogar soweit, dass er Georg Bernard Shaws Äußerung wi<strong>der</strong>spricht, indem er sagt, dass<br />
diejenigen, die unterrichten, dies nicht tun, weil sie das Fachwissen nicht professionell genug<br />
beherrschen bzw. nichts an<strong>der</strong>es können, son<strong>der</strong>n weil sie das Fachwissen sowohl verstehen<br />
als auch beurteilen und auf vielfältigste Art und Weise auf ein einfacheres Niveau für die SuS<br />
transformieren können und daher über wesentlich mehr Kompetenzen verfügen als jemand<br />
mit einem klassischen Beruf (vgl. SHULMAN 2004a: 151; SHULMAN 2004B: 234ff;<br />
TENORTH 2006: 584).<br />
3.2 Forschungskonzepte zur Professionalität von Lehrkräften<br />
In <strong>der</strong> Forschung existieren zum Thema <strong>der</strong> Lehrerprofessionalität fünf konkurrierende<br />
Ansätze, <strong>der</strong> Persönlichkeitsansatz, strukturtheoretische Professionsansätze, das Experten-<br />
Paradigma, kulturtheoretische Ansätze und die Aktionsforschung, die ausgehend von<br />
unterschiedlichen theoretischen und methatheoretischen Konzepten, die aus unterschiedlichen<br />
Forschungsinteressen resultieren, auf den Lehrerberuf angewendet werden (vgl. TILLMANN<br />
2011: 232).<br />
Die Persönlichkeitsforschung und das Experten-Paradigma arbeiten mit statistischen,<br />
quantitativen Forschungsmethoden und sind aufgrund <strong>der</strong> theoretischen Grundlagen in <strong>der</strong><br />
Psychologie zu verorten (vgl. TILLMANN 2011: 232ff). Der Persönlichkeitsansatz wurde<br />
jedoch nicht speziell für die Lehrerforschung entwickelt, son<strong>der</strong>n als allgemeine<br />
Persönlichkeitsforschung, die zu Beginn des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts auf die Lehrerforschung<br />
übertragen wurde. Dieser Ansatz war bis circa 1960 dominierend und hat immer noch<br />
Auswirkungen auf die aktuelle Forschung. Ziel ist es, wichtige Merkmale <strong>der</strong> Lehrer-<br />
persönlichkeit zu erforschen und herauszufinden in welcher Hinsicht sie den Lernerfolg <strong>der</strong><br />
SuS beeinflussen (vgl. KRAUSS 2011: 171f; TILLMANN 2011: 232ff). Das Experten-<br />
Paradigma wurde ebenfalls nicht explizit für die Lehrerforschung entwickelt, son<strong>der</strong>n Mitte<br />
<strong>der</strong> 1980er Jahre im Rahmen <strong>der</strong> kognitiven Wende auf den Lehrerberuf angewendet. Zwar<br />
wird bei diesem Ansatz auch nach Merkmalen guter bzw. professioneller LuL gesucht, jedoch<br />
liegt <strong>der</strong> Forschungsschwerpunkt nicht auf Charaktereigenschaften, wie beim Persönlichkeits-<br />
43
3 Professionswissen und professionelle Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
ansatz, son<strong>der</strong>n auf professionellen Kompetenzen, z.B. dem Fachwissen <strong>der</strong> LuL, die durch<br />
den Vergleich von Experten und Novizen erforscht werden (vgl. KRAUSS 2011: 172,<br />
TILLMANN 2011: 233). Obwohl sich beide Ansätze in den theoretischen Grundlagen<br />
unterscheiden, stellen beide die Lehrperson in das Zentrum <strong>der</strong> Forschung und verfolgen das<br />
Ziel „bestimmte Aspekte <strong>der</strong> Lehrer-Subjekte (Eigenschaften, Kompetenzen) zu definieren,<br />
zu operationalisieren und mit standardisierten Fragebögen und Tests zu erforschen“<br />
(TILLMANN 2011: 232).<br />
Der strukturtheoretische Professionsansatz und die kulturtheoretischen Konzepte dagegen<br />
arbeiten eher mit qualitativ-rekonstruktiven Forschungsmethoden und sind beide sowohl auf<br />
die interpretative Soziologie als auch auf kulturtheoretische und psychoanalytische Ansätze<br />
zurückzuführen (vgl. TILLMANN 2011: 233). Erste Ansätze des strukturtheoretischen<br />
Professionsansatzes sind bereits in den Theorien von Parsons (1986), Marshall (1963) und<br />
Weber (1972) entwickelt worden. Die Basis bildet aber die Professionstheorie von<br />
Oevermann (vgl. HELSPER 2011: 149). Vertreter des strukturtheoretischen Professions-<br />
ansatzes gehen davon aus, dass Berufe wie Arzt, Jurist, Pfarrer und Lehrer, die mit ihrem<br />
Wissen „stellvertretend für Laien […] <strong>der</strong>en Krisen bewältigen“ (OEVERMANN zit. in:<br />
HELSPER 2011: 149), nicht vom Markt geregelt werden, son<strong>der</strong>n über eine eigene<br />
Strukturlogik verfügen. Ziel ist es, die Strukturen, die professionellem Handeln<br />
zugrundeliegen, durch hermeneutische Textanalysen zu rekonstruieren, um Profes-<br />
sionalisierungsdefizite und Professionalisierungsbedarf aufzeigen zu können. Auf den<br />
Schulkontext bezogen untersucht <strong>der</strong> strukturtheoretische Professionsansatz die Strukturlogik<br />
schulischer Beziehungen zwischen den SuS und LuL (vgl. HELSPER 2011: 149ff;<br />
TILLMANN 2011: 234). Der kulturtheoretische Ansatz spielt seit Mitte des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
eine Rolle in <strong>der</strong> Schul- und Unterrichtsforschung und betrachtet den Schulalltag aus einer<br />
kulturanalytischen Sichtweise. Dabei stehen im Gegensatz zum Persönlichkeitsansatz und<br />
zum Experten-Paradigma nicht die LuL im Zentrum <strong>der</strong> Forschung, son<strong>der</strong>n die Unterrichts-<br />
praktiken die sowohl durch die Lehrperson als auch durch die jeweilige Institution beeinflusst<br />
werden. Zur Datenerhebung wird mit ethnographischen Verfahren <strong>der</strong> Beobachtung, z.B.<br />
teilnehmende Beobachtung mit Interpretation <strong>der</strong> Ergebnisse, gearbeitet. Als wichtiger Weg-<br />
bereiter auf diesem Feld gilt Andreas Reckwitz (vgl. BENNEWITZ 2011: 192ff; TILLMANN<br />
2011: 233f).<br />
Der letzte Ansatz, die schulische Aktionsforschung, unterscheidet sich von den vier an<strong>der</strong>en<br />
Theorien dadurch, dass die LuL nicht <strong>der</strong> Gegenstand <strong>der</strong> Forschung sind, indem ausgehend<br />
von variierenden Theorieansätzen <strong>der</strong> Lehrerberuf untersucht wird, son<strong>der</strong>n vielmehr die LuL<br />
44
3 Professionswissen und professionelle Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
ihre Arbeit von Praxisproblemen ausgehend reflektieren und selbst erforschen. Mit Hilfe <strong>der</strong><br />
gewonnenen Daten soll sowohl die Lehrertätigkeit konkret verbessert als auch <strong>der</strong> wissen-<br />
schaftliche Diskurs vorangebracht werden. Obwohl dieser Ansatz seit mehr als 40 Jahren<br />
erfolgreich angewendet wird, ist er in <strong>der</strong> Wissenschaft noch nicht anerkannt, so dass er nicht<br />
auf gleicher Stufe mit den an<strong>der</strong>en vier Konzepten steht (vgl. TILLMANN 2011: 234f).<br />
3.3 Professionelle Handlungskompetenz<br />
Das Thema <strong>der</strong> Professionalität von LuL wird in den letzten Jahren durch den Bolgna-Prozess<br />
und das schlechte Abschneiden deutscher SuS in internationalen Vergleichsstudien, wie dem<br />
PISA-Test, verstärkt in <strong>der</strong> Öffentlichkeit und <strong>der</strong> Wissenschaft kontrovers diskutiert und<br />
hinterfragt, um im internationalen Vergleich besser abzuschneiden. Obwohl <strong>der</strong> Fokus <strong>der</strong><br />
Diskussionen dabei auf den einzelnen Lehrpersonen liegt, sollte die professionelle Handlungs-<br />
kompetenz von LuL nicht isoliert, son<strong>der</strong>n im Schulkontext betrachtet werden, da die<br />
professionelle Kompetenz von LuL sowohl von äußeren institutionellen Faktoren, wie dem<br />
Bildungssystem und den individuellen Entscheidungen <strong>der</strong> jeweiligen Schule über Lehrplan,<br />
Stundentafel usw. beeinflusst wird, als auch gleichzeitig das Schülerverhalten und die<br />
Lernergebnisse <strong>der</strong> SuS maßgeblich beeinflusst (vgl. KUNTER et al. 2011: 59; BAUMERT<br />
& KUNTER 2006: 472, SCHEUNPFLUG, BAUMERT & KUNTER 2006: 465). In diesem<br />
Zusammenhang wurden unter an<strong>der</strong>em von Oeser und Terhart Modelle zur Qualitätssicherung<br />
und Lehrerstandards entwickelt. Jedoch fehlt diesen Modellen <strong>der</strong> Bezug zur professionellen<br />
Handlungskompetenz, was aufgrund <strong>der</strong> vielfältigen Diskussion über Lehrerkompetenzen und<br />
<strong>der</strong> Suche nach den „perfekten“ LuL verwun<strong>der</strong>lich erscheint. Beson<strong>der</strong>s, da SHULMAN<br />
bereits Ende des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts mit seinem Aufsatz Knowledge and Teaching: Foundations<br />
of the New Reform die professionellen Kompetenzen von LuL erstmals thematisiert hat (vgl.<br />
BAUMERT & KUNTER 2006: 478f). In <strong>der</strong> Folge dieser Veröffentlichung wurden<br />
vielfältige Modelle zum Thema <strong>der</strong> Lehrerprofessionalität, z.B. die Landkarte des profes-<br />
sionellen Wissens von Lehrkräften von BROMME o<strong>der</strong> das heuristische Modell<br />
professioneller Handlungskompetenz von BAUMERT und KUNTER am Beispiel von<br />
Mathematiklehrkräften entwickelt. Nachfolgend wird zunächst das Modell von BAUMERT<br />
und KUNTER vorgestellt und im Anschluss auf das Handeln bilingualer <strong>Geographie</strong>-<br />
lehrkräfte übertragen, da zurzeit noch kein Modell die professionelle Handlungskompetenz<br />
bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte thematisiert.<br />
45
3 Professionswissen und professionelle Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
3.3.1 Allgemeine Aspekte professionellen Lehrerhandelns<br />
Das heuristische Modell professioneller Handlungskompetenz von Lehrkräften von<br />
BAUMERT und KUNTER ist aufgrund <strong>der</strong> Fokussierung auf Kompetenzen von LuL <strong>der</strong><br />
Expertiseforschung zuzuordnen (vgl. TILLMANN 2011: 236). Die Basis für das<br />
Strukturmodell bilden SHULMAN’s Topologie und Typologie professionellen Wissens von<br />
LuL sowie die allgemeinen Standards des National Board for Professional Teaching<br />
Standards, die professionelles Handeln als eine Kombination aus Wissen und Können,<br />
subjektiven Theorien, Überzeugungen und Werten, motivationaler Orientierung und meta-<br />
kognitiven Fähigkeiten, wie z.B. <strong>der</strong> Selbstregulation, beschreiben (vgl. BAUMERT &<br />
KUNTER 2006: 479ff).<br />
Der zentrale Aspekt professioneller Handlungskompetenz stellt in dem Modell von<br />
BAUMERT und KUNTER das Wissen und Können <strong>der</strong> LuL dar, das in Anlehnung an<br />
SHULMAN in pädagogisches Wissen, Fachwissen, fachdidaktisches Wissen, Organisations-<br />
wissen und Beratungswissen differenziert wird. Dabei stellen das pädagogische Wissen, das<br />
Fachwissen und das fachdidaktische Wissen den Kern <strong>der</strong> professionellen Kompetenz dar<br />
(vgl. BAUMERT & KUNTER 2006: 482). SHULMAN selbst differenziert zusätzlich noch<br />
die Wissensbereiche des Fachcurriculums und des Wissens über die Lerner, die bei<br />
BAUMERT und KUNTER als Kompetenzfacetten in das fachdidaktische Wissen integriert<br />
sind, und ergänzt zusätzlich noch den Bereich des bildungshistorischen Wissens (vgl.<br />
SHULMAN 2004b: 227f, BAUMERT & KUNTER 2011: 32). Die einzelnen Wissens-<br />
komponenten können nach <strong>der</strong> weit verbreiteten Unterscheidung von Fenstermacher jeweils<br />
noch in theoretisch-formales Wissen und praktisches, auf Erfahrungen basierendes Wissen<br />
unterteilt werden. Vervollständigt wird das Modell durch die Komponenten <strong>der</strong> Werthaltung<br />
bzw. Überzeugung, <strong>der</strong> motivationalen Orientierung und <strong>der</strong> Selbstregulation (siehe Abb.5).<br />
Dabei ist jedoch zu beachten, dass obwohl die einzelnen Komponenten getrennt aufgelistet<br />
sind, fließende Übergänge und Zusammenhänge zwischen den einzelnen Komponenten<br />
bestehen, weil Expertenwissen in <strong>der</strong> Regel sehr detailliert vernetzt ist (vgl. BAUMERT &<br />
KUNTER 2006: 482ff).<br />
46
3 Professionswissen und professionelle Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
Abb. 5: Modell professioneller Handlungskompetenz von BAUMERT und KUNTER (Quelle:<br />
BAUMERT & KUNTER 2006: 482)<br />
Der Kompetenzbereich Fachwissen besteht grundlegend aus dem Verständnis <strong>der</strong> Inhalte des<br />
jeweiligen Schulfachs. Zusätzlich sollten die LuL jedoch über weiterführendes Fachwissen<br />
verfügen, das sie befähigt zwischen zentralen und peripheren Themen des Fachgebiets zu<br />
unterscheiden sowie fächerübergreifende Verknüpfungen herstellen zu können. Zudem sollten<br />
die LuL die Inhalte nicht nur verstehen bzw. wie<strong>der</strong>geben, son<strong>der</strong>n auch erklären und<br />
bewerten können (vgl. SHULMAN 2004a: 201f; BAUMERT & KUNTER 2006: 495). Um<br />
dieses Fachwissen auch an die SuS weiter geben zu können, benötigen die LuL aber auch<br />
fachdidaktische Kompetenzen. Zu den fachdidaktischen Kompetenzen zählen zum Einen das<br />
Wissen über verschiedene Darstellungsformen und Erklärungsmöglichkeiten, die den SuS<br />
unterschiedliche Zugänge zu dem Thema ermöglichen. Des Weiteren sollte den LuL bewusst<br />
sein, welche Themen für die SuS leicht bzw. schwer zu verstehen sind und wie die<br />
Schülervorstellungen zu bestimmten Themen aussehen, um sowohl an das Vorwissen <strong>der</strong> SuS<br />
anknüpfen als auch Fehlvorstellungen korrigieren zu können (vgl. SHULMAN 2004a 203;<br />
BAUMERT & KUNTER 2006: 495). Auch das pädagogische Wissen setzt sich aus ver-<br />
schiedenen Kompetenzfacetten zusammen, die professionelle LuL alle beherrschen sollten.<br />
Zu den Facetten von pädagogischem Wissen zählen neben dem Wissen über Leistungs-<br />
bewertung auch Wissen über Lernprozesse, die Schaffung einer freundlichen Lernumgebung,<br />
47
3 Professionswissen und professionelle Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
Unterrichtsführung, Klassenmanagement und diagnostische Kompetenzen. Die diagnostische<br />
Kompetenz ist aber nicht ausschließlich <strong>der</strong> pädagogischen Kompetenz <strong>der</strong> LuL zuzuordnen,<br />
son<strong>der</strong>n auch <strong>der</strong> fachdidaktischen Kompetenz, da <strong>der</strong> Unterricht im Idealfall so gestaltet sein<br />
sollte, dass je<strong>der</strong> Arbeitsauftrag ein „diagnostisches Potential in sich“ (BAUMERT &<br />
KUNTER 2006: 489) trägt. Außerdem wird diagnostisches Können auch für das Erkennen<br />
von Schülervorstellungen benötigt (vgl. BAUMERT & KUNTER 2006: 486ff). Auf die zwei<br />
weiteren Kompetenzbereiche, das Organisationswissen und das Beratungswissen, wird von<br />
den Autoren nicht weiter eingegangen, weil diese Komponenten von den Rahmen-<br />
bedingungen <strong>der</strong> einzelnen Schulen beeinflusst werden und daher von Schule zu Schule<br />
variieren (vgl. BAUMERT & KUNTER 2006: 482).<br />
Obwohl die Trennung von Wissen und Können einerseits und Werthaltungen, Motivation und<br />
Selbstregulation an<strong>der</strong>erseits in vielen Modellen nicht aufrecht erhalten wird, da die einzelnen<br />
Komponenten eng miteinan<strong>der</strong> verbunden sind, behalten BAUMERT und KUNTER diese<br />
Differenzierung bei. Der Bereich <strong>der</strong> Werthaltungen und Überzeugungen umfasst syste-<br />
matische Wertbindungen bzw. Berufsethik, z.B. gerechtes Handeln o<strong>der</strong> das Unterrichts-<br />
prinzip <strong>der</strong> Fürsorge, epistemologische Überzeugungen bzw. Weltanschauung, subjektive<br />
Theorien des Lehren und Lernens und Zielvorstellungen für den eigenen Unterricht.<br />
Charakteristisch für diese Facetten ist, dass sie nur dem persönlichen Richtigkeitsglauben<br />
unterliegen und we<strong>der</strong> wi<strong>der</strong>spruchsfrei sind noch allgemeinen Rechtfertigungen genügen<br />
(vgl. BAUMERT & KUNTER 2006: 497ff). Die Aspekte <strong>der</strong> motivationalen Orientierung<br />
und <strong>der</strong> Selbstregulation „sind für die psychische Dynamik des Handelns, die<br />
Aufrechterhaltung <strong>der</strong> Intention und die Überwachung und Regulation des beruflichen<br />
Handelns“ (BAUMERT & KUNTER 2006: 501) verantwortlich. Zur motivationalen<br />
Orientierung zählen sowohl Selbswirksamkeitserwartungen 22 als auch die intrinsische<br />
Motivation in Form von Lehrerenthusiasmus, durch die die Motivation <strong>der</strong> SuS gesteigert<br />
werden kann. Die Kompetenz <strong>der</strong> Selbstregulation ist von großer Bedeutung für die LuL<br />
selbst, da sie dazu dient, durch das richtige Maß an Engagement und Distanzfähigkeit die<br />
eigenen Ressourcen so zu nutzen, dass <strong>der</strong> Körper nicht darunter leidet (vgl. BAUMERT &<br />
KUNTER 2006: 501ff).<br />
Abschließend sei darauf hingewiesen, dass professionelle Handlungskompetenz erst erreicht<br />
werden kann, wenn alle Facetten miteinan<strong>der</strong> verzahnt sind. Dabei ist aber zu beachten, dass<br />
22 „Selbstwirksamkeit ist die Überzeugung einer Person, über die Fähigkeiten und Mittel zu verfügen, um<br />
diejenigen Handlungen durchführen zu können, die notwendig sind, um ein definiertes Ziel zu erreichen[…].<br />
Selbswirksamkeitserwartungen regulieren die Zielsetzungen des Handelns und ihr Anspruchsniveau,<br />
Anstrengung und Persistenz sowie Abschirmung gegen konkurrierende Intentionen und die Verarbeitung von<br />
Erfolg und Misserfolg“ (BAUMERT &KUNTER 2006: 502).<br />
48
3 Professionswissen und professionelle Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
eine erfolgreiche Verzahnung erst durch langjährige Erfahrung und Routine erreicht werden<br />
kann. Zudem verän<strong>der</strong>t sich die professionelle Handlungskompetenz im Laufe <strong>der</strong> Zeit durch<br />
neue Entwicklungen o.ä., so dass eine „vollständige Professionskompetenz […] nie erreicht<br />
werden kann“ (MEYER, C. 2011: 189) (vgl. BAUMERT & KUNTER 2006: 505ff).<br />
3.3.2 Aspekte professioneller Handlungskompetenz bilingualer<br />
<strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
In diesem Kapitel wird das zuvor vorgestellte Modell professioneller Handlungskompetenz<br />
von BAUMERT und KUNTER, unter Berücksichtigung <strong>der</strong> eingangs aufgeführten Ziel-<br />
setzungen und charakteristischen Merkmale bilingualen Erdkundeunterrichts, für den<br />
bilingualen Erdkundeunterricht spezifiziert (siehe Abb. 6).<br />
Der erste Schritt bei <strong>der</strong> Entwicklung professioneller Handlungskompetenz bilingualer<br />
<strong>Geographie</strong>lehrkräfte ist mit dem Bereich <strong>der</strong> Überzeugungen und Werthaltungen verbunden.<br />
Die bilingualen Lehrkräfte müssen sich zuerst Gedanken über ihre eigene Lehreridentität im<br />
Kontext des bilingualen Unterrichts machen, um herauszufinden, welche Rolle sie im<br />
bilingualen Erdkundeunterricht einnehmen wollen. Dazu ist es nicht nur notwendig zu wissen<br />
was bilingualer Unterricht ist, son<strong>der</strong>n es Bedarf auch einer individuellen Positionierung<br />
bezüglich des Verhältnisses von Sachfach und Fremdsprache, weil ausgehend von <strong>der</strong><br />
Positionierung unterschiedliche Kompetenzen stärker betont werden (vgl. BONGARTZ &<br />
DZIAK-MAHLER 2007: 85). Der folgenden Übertragung des Modells auf bilinguale<br />
Erdkundelehrkräfte liegt die von mir vertretene Interpretation des CLIL-Konzepts, das<br />
bilingualen Erdkundeunterricht in erster Linie als Fachunterricht ansieht, aber erst im<br />
Zusammenspiel mit <strong>der</strong> Fremdsprache das ganze Potential entfalten kann (dualer Fokus),<br />
zugrunde. Auf die motivationale Orientierung sowie auf die Selbstregulation kann und soll an<br />
dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden, da diese Bereiche individuell variieren und für<br />
professionelle Kompetenz in jedem Unterrichtsfach benötigt werden.<br />
49
3 Professionswissen und professionelle Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
Überzeugungen/<br />
Werthaltungen/Ziele<br />
Wissen Können<br />
Fachwissen<br />
Fachdidaktisches<br />
Wissen<br />
Pädagogischpsychologisches<br />
Wissen<br />
Organisations-<br />
wissen<br />
Beratungswissen<br />
Materialkompetenz<br />
Interkulturelle<br />
Kompetenz<br />
motivationale<br />
Orientierung<br />
Urteilen &<br />
Handeln<br />
Professionswissen<br />
•Englisch: authentischer Sprachgebrauch,<br />
Sprachhandlungskompetenz, BICS, CALP<br />
•Erdkunde: Kompetenzen <strong>der</strong> Bildungsstandards,<br />
Grundlagenwissen in Fach- und<br />
Wissenschaftstheorien<br />
•Englisch: Arbeitstechniken, Wissen über den Prozess<br />
des Spracherwerbs, fachspezifische<br />
Methoden, z.B. scaffolding<br />
• Erdkunde: geographische Arbeitsmethoden,<br />
Erklärungswissen, Wissen über<br />
Schülervorstellungen<br />
•Wissen über Leistungsbeurteilung<br />
•Wissen über Lernprozesse<br />
•Wissen über effektive Klassenführung<br />
•Wissen über die verschiedenen Modelle bilingualen<br />
Lehrens und Lernens<br />
•Empfehlungen bezüglich <strong>der</strong> Eignung <strong>der</strong> SuS für<br />
bilingualen Unterricht aussprechen<br />
•Materialbeschaffung<br />
•kritischer Umgang mit Medien/Materialien<br />
•angemessene Materialadaption<br />
•Erstellung eigener Materialien<br />
•Toleranz<br />
•Offenheit gegenüber <strong>der</strong> Fremde und Fremden<br />
•Perspektivenwechsel<br />
• Intercultural Communicative Competence (ICC)<br />
•Wissen über die Vermittlung von interkultureller<br />
Kompetenz<br />
50<br />
Selbstregulation<br />
Abb. 6: Aspekte professioneller Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte (eigene<br />
Darstellung nach BAUMERT & KUNTER 2011: 32; MEYER, C. 2011: 192)
3 Professionswissen und professionelle Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
Im Bereich <strong>der</strong> einzelnen Kompetenzen wird die Differenzierung von BAUMERT und<br />
KUNTER in Fachwissen, fachdidaktisches Wissen, pädagogisches Wissen, Organisations-<br />
wissen und Beratungswissen übernommen. Zusätzlich werden jedoch noch die Kategorie <strong>der</strong><br />
Materialkompetenz bzw. des curriculum knowledge, d.h. das Wissen über Lehrplan und<br />
Materialien, die zu den von SHULMAN proklamierten sieben Wissensgrundlagen zählt, und<br />
die interkulturelle Kompetenz ergänzt (vgl. BAUMERT & KUNTER 2006: 482; SHULMAN<br />
2004b: 227). Die Ergänzung <strong>der</strong> Materialkompetenz wurde vorgenommen, da die ver-<br />
wendeten Materialien zusammen mit den Aufgabenstellungen sowohl jegliche Unterrichts-<br />
aktivitäten als auch die Lernergebnisse <strong>der</strong> SuS beeinflussen (vgl. VOLLMER 1999: 240).<br />
Zudem haben die exemplarische Schulbuchanalyse und die Schülerbefragung (siehe 2.9)<br />
gezeigt, dass die vorhanden Materialien für den bilingualen Erdkundeunterricht in <strong>der</strong> Regel<br />
nie allen Anfor<strong>der</strong>ungen gerecht werden können, so dass die LuL die Materialien entwe<strong>der</strong> an<br />
die jeweilige Klassensituation anpassen o<strong>der</strong> sogar selbst eigene Materialien entwickeln<br />
müssen, um bei den SuS einen Lernerfolg verzeichnen zu können (vgl. WOLFF 2007: 66;<br />
LENZ 2006: 185f; VOLLMER 1999: 145ff, KUPETZ & WOLTIN 2012: 8). Unter Berück-<br />
sichtigung des Task-based language learning (TBLL) in Kombination mit dem CLIL-<br />
Konzept kann es beim Materialdesign bzw. <strong>der</strong> Materialadaption dann auch gelingen, die<br />
fachlichen Inhalte tiefgehend zu thematisieren und Sprechanlässe zu schaffen, so dass die SuS<br />
nicht nur die Inhalte erlernen, son<strong>der</strong>n auch interkulturelle Kompetenzen erwerben können<br />
(vgl. MEYER, O. 2009: 10; MÜLLER-HARTMANN & SCHOCKER-VON DITFURTH<br />
2007: 39ff). Der Bereich <strong>der</strong> interkulturellen Kompetenz wurde hinzugefügt, weil <strong>der</strong> Erwerb<br />
interkultureller Kompetenz zu den fächerübergreifenden Zielen des bilingualen Erdkunde-<br />
unterrichts zählt und die Grundlage für ein raumverantwortliches globales Handeln unter<br />
Berücksichtigung aller beteiligten Perspektiven bildet (vgl. HALLET 2005a: 4; LENZ 2002:<br />
3ff). Um diese Kompetenz an die SuS weitergeben zu können, ist es notwendig, dass die<br />
bilingualen Erdkundelehrkräfte selbst interkulturell kompetent sind, d.h. tolerant und offen<br />
gegenüber fremden Kulturen sind sowie über die Fähigkeit des Perspektivenwechsels und <strong>der</strong><br />
Selbstreflexion verfügen (vgl. BENDER-SZYMANSKI 2010: 201ff). Im Folgenden werden<br />
nun die einzelnen Facetten <strong>der</strong> sieben Kompetenzbereiche genauer erläutert, dabei werden<br />
jedoch die Bereiche des Organisationswissens und des Beratungswissen außen vor gelassen,<br />
weil diese Komponenten von den Rahmenbedingungen <strong>der</strong> einzelnen Schulen beeinflusst<br />
werden und daher nur schwer verallgemeinert werden können (vgl. BAUMERT & KUNTER<br />
2006: 482). Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass bilinguale <strong>Geographie</strong>lehrkräfte un-<br />
abhängig von <strong>der</strong> Organisation und dem individuellen Beratungsmodell einzelner Schulen<br />
51
3 Professionswissen und professionelle Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
sowohl über Kenntnisse über die unterschiedlichen Modelle bilingualen Lehrens und Lernens<br />
(Organisationswissen) als auch über die Fähigkeit SuS und Eltern bezüglich <strong>der</strong> Eignung <strong>der</strong><br />
SuS für bilingualen Unterricht zu beraten (Beratungswissen) verfügen sollten.<br />
Bezüglich des Fachwissens sollten professionelle bilinguale Erdkundelehrkräfte die Inhalte<br />
<strong>der</strong> Schulgeographie, d.h. die Kompetenzen und Standards aus den Bildungsstandards für das<br />
Fach <strong>Geographie</strong> in <strong>der</strong> Sekundarstufe I beherrschen und zudem über ein erweitertes Wissen<br />
„sowohl im Hinblick auf Fachtheorien auf <strong>der</strong> Objektebene als auch im Hinblick auf<br />
Erkenntnis- und Wissenschaftstheorien auf <strong>der</strong> Metaebene“ (MEYER, C. 2011: 189) verfügen<br />
(vgl. Meyer, C. 2011: 189; BAUMERT & KUNTER 2006: 495). Des Weiteren sollten die<br />
LuL über eine allgemeine und fachspezifische Fremdsprachenkompetenz in schriftlicher und<br />
mündlicher Form, Sprachhandlungskompetenz im Unterrichtskontext sowie über ein Gefühl<br />
für authentischen Sprachgebrauch verfügen, damit das Prinzip <strong>der</strong> funktionalen Fremd-<br />
sprachigkeit zielbringend angewendet werden kann und die SuS ihre Fremdsprachen-<br />
kompetenz erweitern können, was bei fehlerhafter Sprachkompetenz seitens <strong>der</strong> LuL nicht<br />
gewährleistet werden könnte (vgl. BUTZKAMM 2008: 91; CHRIST 2002: 50f; CZAPEK<br />
2000: 27; MÜLLER-HARTMANN & SCHOCKER-VON DITFURTH 2007: 27ff). Ob die<br />
bilingualen <strong>Geographie</strong>lehrkräfte sowohl die Fremdsprache als auch das Sachfach studiert<br />
haben sollten, wird innerhalb Europas unterschiedlich gesehen. In Deutschland ist in <strong>der</strong><br />
Regel jedoch eine Qualifikation in beiden Fächern erwünscht (vgl. KUPETZ & WOLTIN<br />
2012: 7)<br />
Auch das fachdidaktische Wissen lässt sich in Kompetenzfacetten bezüglich <strong>der</strong><br />
Fremdsprache und des Erdkundeunterrichts unterteilen, die wie<strong>der</strong>um noch weiter dif-<br />
ferenziert werden können. Zu den fachdidaktischen Facetten <strong>der</strong> Fremdsprache gehören<br />
grundlegendes Wissen über den aktuellen Stand <strong>der</strong> Spracherwerbstheorien, um die SuS<br />
durch Anwendung hilfreicher Strategien beim Fremdsprachenerwerb zu unterstützen, Wissen<br />
über den Prozess <strong>der</strong> Begriffsbildung, Erklärungswissen, Kenntnisse über Methoden <strong>der</strong><br />
Inhaltserschließung, wie note taking, skimming, skanning und pre-,while- und post-activities,<br />
Wissen über die Methode des scaffolding (siehe 2.5.2) und über mögliche Probleme beim<br />
Sprachverständnis und <strong>der</strong>en Vermeidung, z.B. durch Anwendung des Wechsels <strong>der</strong> Darstel-<br />
lungsformen (siehe 2.5.2.2) (vgl. BAUMERT & KUNTER 2011: 32; MÜLLER-<br />
HARTMANN & SCHOCKER-VON DITFURTH 2007: 27ff). Zudem ist es elementar, den<br />
Entwicklungsstand <strong>der</strong> SuS bezüglich <strong>der</strong> Sprachkompetenz einschätzen zu können, um die<br />
unterstützenden Hilfsmaßnahmen individuell an die einzelnen SuS anpassen zu können (vgl.<br />
SHRUM & GLISAN 2005: 23). Ergänzend sollten die bilingualen Erdkundelehrkräfte über<br />
52
3 Professionswissen und professionelle Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
geographisches Erklärungswissen, Arbeitsmethoden und Aufgabenstellungen verfügen, damit<br />
die SuS, die in den Bildungsstandards gefor<strong>der</strong>ten Kompetenzen erwerben können. Zudem<br />
sollten die LuL Hintergrundwissen über mögliche Schülervorstellungen, beson<strong>der</strong>s Fehl-<br />
vorstellungen, aufweisen, um diese im Unterricht mit Hilfe ihrer diagnostischen Fähigkeiten<br />
entdecken und bei Bedarf korrigieren zu können (vgl. SHULMAN 2004a 203; BAUMERT &<br />
KUNTER 2006: 495).<br />
Interkulturelle Kompetenz seitens <strong>der</strong> bilingualen LuL erfor<strong>der</strong>t einerseits Toleranz und<br />
Offenheit gegenüber fremden Kulturen und an<strong>der</strong>erseits eine bewusste Reflexion eigener<br />
subjektiver Theorien, Denkmuster, Wertungen und Handlungsschemata, um Situations- und<br />
Konfliktanalysen unverzerrt erschließen zu können. Außerdem sind sich interkulturell<br />
kompetente LuL <strong>der</strong> Tatsache bewusst, dass SuS aus fremden Kulturen an<strong>der</strong>en Denk-,<br />
Handlungs- und Entscheidungsmustern folgen und es daher zu Konfliktsituationen im<br />
Unterrichtskontext kommen könnte, die aufgearbeitet werden müssen (vgl. BENDER-<br />
SZYMANSKI 2010: 201ff).<br />
Der Kompetenzbereich des curriculum knowledge umfasst Kenntnis über die Material-<br />
situation, die Vor- und Nachteile bzw. die Eignung unterschiedlicher Materialien für die<br />
jeweilige Unterrichtssituation, die Anfor<strong>der</strong>ungen bilingualer Materialien für den Erdkunde-<br />
unterricht und die Fähigkeit Materialien zu adaptieren bzw. zu entwerfen (siehe 2.9). Zudem<br />
sollten die Aufgaben, in Anlehnung an das Prinzip des TBLL, so formuliert sein, dass jede<br />
Aufgabe diagnostisches Potential hat und die Leistungsbewertung nicht nur in den<br />
Klassenarbeiten stattfindet (vgl. BAUMERT & KUNTER 2006: 489). Aufgrund des hohen<br />
Zeitaufwands bei <strong>der</strong> Adaption bzw. Herstellung eigener Materialien, ist es sinnvoll diese<br />
Facette mit <strong>der</strong> Kompetenz <strong>der</strong> Selbstregulation zu verbinden, damit eine Überfor<strong>der</strong>ung<br />
verhin<strong>der</strong>t wird. Im Idealfall nutzen die bilingualen LuL Kooperationsmöglichkeiten unter<br />
Kollegen um sich auf diese Weise zu entlasten (vgl. VOLLMER 1999: 424).<br />
Das pädagogische-psychologische Wissen setzt sich aus Wissen über Lernprozesse, effektive<br />
Klassenführung und Leistungsbeurteilung zusammen. Die ersten zwei genannten Kompetenz-<br />
facetten sind jedoch eher als fächerübergreifende Kompetenzen anzusehen, die an die<br />
jeweilige Klassensituation und die SuS angepasst werden müssen. Bei <strong>der</strong> Leistungs-<br />
bewertung ist zu beachten, dass für diesen Bereich die eingangs erwähnte individuelle<br />
Positionierung bezüglich <strong>der</strong> Sachfachdidaktik und <strong>der</strong> Fremdsprachendidaktik entscheidend<br />
ist. Ausgehend vom CLIL-Konzept sind die geographischen Inhalte für die Leistungs-<br />
bewertung entscheidend. Jedoch müssen die LuL ein Gefühl dafür entwickeln, bei welchen<br />
Fällen es sich um sprachliche Ausdrucksschwierigkeiten handelt und in welchen Situationen<br />
53
3 Professionswissen und professionelle Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
die Fehler auf mangelndes Fachwissen zurückzuführen sind. Unabhängig von <strong>der</strong><br />
Positionierung sollten die sprachlichen Fehler im Schriftlichen immer und im Mündlichen<br />
situationsabhängig und abhängig von <strong>der</strong> Schwere des Fehlers korrigiert werden, um den<br />
Erwerb <strong>der</strong> Fremdsprachenkompetenz zu unterstützen (vgl. NDS KULTUSMINISTERIUM<br />
2008: 19; VOLLMER 2000: 207ff; LENZ 2002: 8; CZAPEK 2000: 27). Bei <strong>der</strong><br />
Leistungsbewertung sind, ebenso wie beim Materialdesign und den Schülervorstellungen, die<br />
diagnostischen Fähigkeiten <strong>der</strong> LuL gefor<strong>der</strong>t, um die optimale Lernsituation für die SuS zu<br />
schaffen (vgl. BAUMERT & KUNTER 2006: 486ff).<br />
Abschließend lässt sich festhalten, dass erst das Zusammenspiel <strong>der</strong> einzelnen<br />
Kompetenzbereiche zu einer professionellen Handlungskompetenz bilingualer Erdkunde-<br />
lehrkräfte führen kann. Außerdem können viele Facetten erst durch langjährige<br />
Berufserfahrung erworben werden, so dass <strong>der</strong> Erwerb professioneller Handlungskompetenz<br />
einen lebenslangen Prozess darstellt (vgl. MEYER, C. 2011: 189; BAUMERT & KUNTER<br />
2006: 505ff).<br />
54
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz<br />
bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
Nachdem im vorangegangenen Kapitel Aspekte professioneller Handlungskompetenz<br />
bilingualer Lehrkräfte in Anlehnung an das Modell von BAUMERT und KUNTER<br />
entwickelt wurden, werden in diesem Kapitel die grundlegenden Überzeugungen, die<br />
motivationale Orientierung, das Wissen und Können und die daraus resultierende<br />
professionelle Handlungskompetenz einzelner bilingualer Erdkundelehrkräfte in einer<br />
qualitativen Befragung untersucht. Dazu werden zuerst die grundlegenden Überlegungen, die<br />
Forschungsfrage und Hypothesen, das methodische Vorgehen und <strong>der</strong> Fragenkatalog<br />
erläutert, bevor die Ergebnisse <strong>der</strong> Befragung analysiert werden. Abschließend werden die<br />
Ergebnisse mit den theoretischen Annahmen verglichen.<br />
4.1 Grundlegende Überlegungen, Forschungsfrage und Hypothesen<br />
Obwohl die professionelle Handlungskompetenz von LuL als Indikator für Unterrichtsqualität<br />
und Schülerleistungen in den letzten Jahren aufgrund des schlechten Abschneidens deutscher<br />
SuS in internationalen Vergleichsstudien verstärkt kontrovers diskutiert wird und die Lehrer-<br />
professionalität dadurch in den Fokus verschiedener Forschungsrichtungen gerückt ist, ist die<br />
Zahl <strong>der</strong> Forschungen, die sich mit bilingualen LuL befassen, ziemlich überschaubar (vgl.<br />
SCHEUNPFLUG, BAUMERT & KUNTER 2006: 465). So gibt es in diesem Bereich nur<br />
Untersuchungen von DIRKS im Bereich <strong>der</strong> Biographie- und Professionsforschung, die die<br />
individuellen Berufsverläufe bilingualer LuL mit dem Ziel <strong>der</strong> Typenbildung untersucht,<br />
sowie die Studie von VIEBROCK, die durch den Fokus auf individuelle Alltagstheorien,<br />
methodisches Wissen und den daraus resultierenden Handlungsmustern im Unterricht, im<br />
Bereich <strong>der</strong> Erforschung subjektiver Theorien zu verorten ist (vgl. BREIDBACH &<br />
VIEBROCK 2007: 122; DIRKS 2002: 237ff; VIEBROCK, B. 2007). Ergänzt wird das<br />
Forschungsspektrum des bilingualen Unterrichts durch die Untersuchung des bilingualen<br />
Erdkundeunterrichts aus <strong>der</strong> Schülerperspektive von C. MEYER und <strong>der</strong> empirischen Studie<br />
zu bilingualen Unterrichtsmaterialien von MÜLLER-BITTNER (vgl. MEYER, C. 2003b;<br />
MÜLLER-BITTNER 2008). Folglich wird durch die Übertragung des Modells professioneller<br />
Handlungskompetenz von Mathematiklehrkräften von BAUMERT und KUNTER auf<br />
bilinguale Erdkundelehrkräfte eine Forschungslücke bezüglich des bilingualen Unterrichts<br />
geschlossen.<br />
Ziel <strong>der</strong> Befragung ist es, herauszufinden über welche Kompetenzen eine professionelle<br />
bilinguale <strong>Geographie</strong>lehrkraft aus Sicht <strong>der</strong> Befragten verfügen sollte, wie diese Teil-<br />
55
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
kompetenzen individuell gewichtet werden, auf welchen individuellen Überzeugungen sie<br />
beruhen und ob sie mit den zuvor erarbeiteten Aspekten professioneller Handlungskompetenz<br />
bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte (siehe Abb.6) übereinstimmen. Nach kritischer Aus-<br />
einan<strong>der</strong>setzung mit dem bilingualen <strong>Geographie</strong>unterricht und Professionalität im<br />
Lehrerberuf sowie aufgrund eigener Erfahrungen im Unterrichten von bilingualem Erdkunde-<br />
unterricht lassen sich folgende Vermutungen anstellen:<br />
1. Neben den von BAUMERT und KUNTER entwickelten Kompetenzbereichen (Fach-<br />
wissen, fachdidaktisches Wissen, pädagogisch-psychologisches Wissen, Organi-<br />
sationswissen, Beratungswissen und diagnostische Fähigkeiten), stellen die<br />
Materialkompetenz, d.h. die Fähigkeit angemessenes Material zu entwickeln o<strong>der</strong><br />
vorhandenes Material mit Hilfe von scaffolding zu adaptieren, und interkulturelle<br />
Kompetenz wichtige Elemente professioneller Handlungskompetenz bilingualer<br />
<strong>Geographie</strong>lehrkräfte dar.<br />
2. Fachkompetenz bilingualer Erdkundelehrkräfte setzt sich sowohl aus geographischer<br />
Fachkompetenz als auch aus allgemeiner und fachspezifischer Fremdsprachen-<br />
kompetenz in schriftlicher und mündlicher Form, Sprachhandlungskompetenz im<br />
Unterrichtskontext sowie aus einem Gefühl für authentischen Sprachgebrauch<br />
zusammen.<br />
3. Zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte zählen<br />
nicht nur Kenntnisse geographischer Arbeitsmethoden, son<strong>der</strong>n auch Kenntnisse <strong>der</strong><br />
Fremdsprachendidaktik.<br />
4. Die Anfor<strong>der</strong>ungen einzelner LuL an die professionellen Kompetenzen bilingualer<br />
<strong>Geographie</strong>lehrkräfte können aufgrund <strong>der</strong> individuellen Verortung im Spannungsfeld<br />
zwischen Sachfach- und Fremdsprachendidaktik variieren.<br />
5. Bilingualer Erdkundeunterricht ist in <strong>der</strong> Unterrichtsvorbereitung mit einem höheren<br />
Zeitaufwand für die LuL verbunden, was gleichzeitig eine hohe reflexive und<br />
selbstregulative Fähigkeit erfor<strong>der</strong>t.<br />
Die Vermutung, dass neben den von BAUMERT und KUNTER entwickelten<br />
Kompetenzbereichen (Fachwissen, fachdidaktisches Wissen, pädagogisch-psychologisches<br />
Wissen, Organisationswissen, Beratungswissen und diagnostische Fähigkeiten) auch<br />
Materialkompetenz, d.h. die Fähigkeit angemessenes Material zu entwickeln o<strong>der</strong> vor-<br />
handenes Material mit Hilfe von scaffolding zu adaptieren, und interkulturelle Kompetenz<br />
wichtige Elemente professioneller Handlungskompetent bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
56
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
darstellen, liegt sowohl in <strong>der</strong> Materialsituation (siehe 2.8) als auch in <strong>der</strong> zentralen<br />
Bedeutung des interkulturellen Lernens im Erdkundeunterricht begründet (vgl. HALLET<br />
2005a: 4; LENZ 2002: 3ff; WOLFF 2007: 66; LENZ 2006: 185f; VOLLMER 1999: 145ff).<br />
Die zweite Annahme, dass bilinguale Erdkundelehrkräfte neben geographischer Fach-<br />
kompetenz auch über eine allgemeine und fachspezifische Fremdsprachenkompetenz in<br />
schriftlicher und mündlicher Form, Sprachhandlungskompetenz im Unterrichtskontext sowie<br />
über ein Gefühl für authentischen Sprachgebrauch verfügen sollten, ist eng mit <strong>der</strong><br />
Zielsetzung und dem dualen Fokus des bilingualen Erdkundeunterrichts verknüpft, weil die<br />
SuS ihre Fremdsprachenkompetenz nur erweitern können wenn die LuL selbst über ein<br />
bestimmtes fremdsprachliches Niveau verfügen (vgl. BAUMERT & KUNTER 2006: 495;<br />
BUTZKAMM 2008: 91; CHRIST 2002: 50f; CZAPEK 2000: 27; MEHISTO, MARSH &<br />
FRIGOLS 2008: 9; Meyer, C. 2011: 189; MÜLLER-HARTMANN & SCHOCKER-VON<br />
DITFURTH 2007: 27ff).<br />
Ebenso sollten bilinguale <strong>Geographie</strong>lehrkräfte sowohl über Kenntnisse in geographischen<br />
Arbeitsmethoden als auch über fremdsprachendidaktiksches Wissen verfügen, da durch den<br />
dualen Fokus von bilingualem Unterricht auch Methoden <strong>der</strong> Fremdsprachendidaktik, z.B.<br />
das scaffolding, eingesetzt werden (vgl. BONNET 2007: 137 ff; MEHISTO, MARSH &<br />
FRIGOLS 2008: 9; MÜLLER-HARTMANN & SCHOCKER-VON DITFURTH 2007:<br />
27ff)).<br />
Die vierte Hypothese, dass die Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> LuL an die professionellen Kompetenzen<br />
variieren können, resultiert dagegen aus <strong>der</strong> notwendigen Positionierung <strong>der</strong> LuL im<br />
Spannungsfeld zwischen <strong>der</strong> Sachfach- und <strong>der</strong> Fremdsprachendidaktik. Denn mit <strong>der</strong><br />
individuellen Positionierung sind gleichzeitig auch an<strong>der</strong>e Erwartungen und Zielvorstellungen<br />
verbunden, die letztendlich die Entscheidungen <strong>der</strong> LuL, z.B. bezüglich des Einsatzes <strong>der</strong><br />
Muttersprache, grundlegend beeinflussen (vgl. LENZ 2002: 3; BONGARTZ & DZIAK-<br />
MAHLER 2007: 85).<br />
Die letze Hypothese, dass die Vorbereitung für bilingualen <strong>Geographie</strong>unterricht mehr Zeit<br />
und dadurch auch hohe Reflexions- und Selbstregulationskompetenz for<strong>der</strong>t, ist auf meine<br />
eigenen Erfahrungen, die Materialsituation und die notwendige Berücksichtigung <strong>der</strong><br />
Interessen und Kompetenzen <strong>der</strong> SuS zurückzuführen, da die Materialien und die SuS zwei<br />
<strong>der</strong> drei tragenden Säulen des erfolgreichen Unterrichts sind (vgl. WOLFF 2007: 66;<br />
VOLLMER 1999: 145ff).<br />
57
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
4.2 Methodisches Vorgehen<br />
Um die professionelle Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte empirisch zu<br />
untersuchen, ist es notwendig nicht nur das Wissen und Können <strong>der</strong> LuL, son<strong>der</strong>n auch die im<br />
Laufe <strong>der</strong> Berufserfahrung entstandenen subjektiven Theorien, die persönliche motivationale<br />
Orientierung und die Fähigkeiten <strong>der</strong> Selbstregulation zu berücksichtigen, weil professionelle<br />
Handlungskompetenz erst durch das Zusammenspiel dieser Komponenten entsteht (vgl.<br />
BAUMERT & KUNTER 2006:481). Somit müssen auch die Denkstrukturen und<br />
individuellen Überzeugungen <strong>der</strong> LuL erfasst werden, da diese die Entscheidungen<br />
wesentlich beeinflussen. Daher ist es sinnvoll, die Befragung in Form von Leitfragen-<br />
interviews durchzuführen, weil auf diese Weise die subjektiven Denkstrukturen in ihrer<br />
ganzen Komplexität im Gespräch erfasst werden können (vgl. GROPENGIESSER 2008:<br />
175). Außerdem spricht die Tatsache, dass „Lehrerhandeln nicht standardisierbar […] ist“<br />
(BAUMERT & KUNTER 2006: 478) gegen die Verwendung standardisierter Tests bzw.<br />
Befragungen. Durch die Datenerhebung mit Hilfe <strong>der</strong> qualitativen Inhaltsanalyse<br />
unterscheidet sich die Befragung, die durch die Fokussierung auf Kompetenzen von LuL, <strong>der</strong><br />
Expertiseforschung zuzuordnen ist, von <strong>der</strong> typischen Datengewinnung <strong>der</strong> Expertise-<br />
forschung, die in <strong>der</strong> Regel mit quantitativen Fragebogenbefragungen arbeitet (vgl.<br />
TILLMANN 2011:232ff). Im Verlauf <strong>der</strong> Vorbereitungsphase wurde jedoch aufgrund <strong>der</strong><br />
unerwartet hohen Bereitschaft seitens <strong>der</strong> bilingualen Erdkundelehrkräfte an <strong>der</strong> Befragung<br />
teilzunehmen von dieser ursprünglichen Vorgehensweise zugunsten einer schriftlichen<br />
Befragung mit offenen Fragen etwas abgewichen (genaue Erläuterung siehe im weiteren<br />
Verlauf).<br />
Da umfassende Professionalität in Form von Expertise nur „in einem lang andauernden<br />
Prozess <strong>der</strong> Konstruktion und Selbstkonstruktion des Berufs“ (TENORTH 2006: 591) mit<br />
zunehmen<strong>der</strong> Berufserfahrung erworben werden kann, wurde bei <strong>der</strong> Auswahl <strong>der</strong> LuL für die<br />
Befragung darauf geachtet, dass sie bereits über längere Berufserfahrung im bilingualen<br />
<strong>Geographie</strong>unterricht verfügen. Zudem wurde davon abgesehen Studenten und Referendare<br />
mit <strong>der</strong> Fächerkombination Englisch/Erdkunde in die Befragung zu integrieren, da diese zwar<br />
im Studium bzw. im Referendariat Fachkompetenz und fachdidaktisches Wissen in beiden<br />
Fächern erwerben, aber nur vereinzelt o<strong>der</strong> in sehr geringem Umfang mit bilingualem<br />
Erdkundeunterricht in Berührung kommen und auch noch über keine Souveränität im<br />
Schullalltag verfügen und daher noch nicht von Expertise gesprochen werden kann (vgl.<br />
TENORTH 2006:591). Für die Auswahl <strong>der</strong> LuL wurden bestehende Kontakte einer<br />
befreundeten Kollegin, die regelmäßig an regionalen Fortbildungen und Treffen bilingualer<br />
58
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
<strong>Geographie</strong>lehrkräfte teilnimmt, genutzt. Erfreulicherweise, jedoch unerwartet, haben sich bei<br />
<strong>der</strong> Anfrage neun bilinguale Erdkundelehrkräfte 23 bereit erklärt, an <strong>der</strong> Befragung<br />
teilzunehmen, so dass anstatt <strong>der</strong> ursprünglichen drei qualitativen Leitfrageninterviews mit<br />
anschließen<strong>der</strong> Transkription eine schriftliche Befragung per E-Mail gewählt wurde, um ein<br />
größeres Vergleichsspektrum zu haben.<br />
Damit bei <strong>der</strong> Befragung trotzdem die Denkstrukturen und individuellen Überzeugungen <strong>der</strong><br />
befragten LuL erfasst werden können, wurde bei <strong>der</strong> Gestaltung des Fragebogens auf offene<br />
Fragen zurückgegriffen, so dass die LuL sich frei äußern können und nicht durch vorgegebene<br />
Items zum Ankreuzen beeinflusst bzw. eingeschränkt werden. Des Weiteren hat das Ver-<br />
senden und Beantworten <strong>der</strong> Fragebögen in digitaler Form den Vorteil mit sich gebracht, dass<br />
die Bereiche für die Antworten nicht durch eingeschränkte Platzvorgaben in Form von Linien,<br />
son<strong>der</strong>n mit Steuerelementen, die sich je nach Bedarf bei Eingabe <strong>der</strong> Antworten automatisch<br />
vergrößern, gestaltet wurden. Auf diese Weise wurden die Gedanken <strong>der</strong> LuL nicht durch zu<br />
wenig Platz eingeschränkt. Im Vergleich zu <strong>der</strong> ursprünglichen Variante besteht bei <strong>der</strong><br />
schriftlichen Befragung aber keine Möglichkeit bei unverständlichen bzw. ungenauen<br />
Antworten direkt im Gesprächsverlauf nachzufragen. Um mögliche Missverständnisse durch<br />
ungenau formulierte Fragestellungen im Vorfeld zu vermeiden, wurde ein Pre-Test mit<br />
einigen Studenten durchgeführt.<br />
Die gewählte Methodik ist jedoch nicht ungewöhnlich, son<strong>der</strong>n folgt eher dem allgemeinen<br />
Trend <strong>der</strong> Mixed Methodology, bei <strong>der</strong> quantitative und qualitative Methoden aufgrund nicht<br />
eindeutiger Abgrenzungen und neuen technologischen Möglichkeiten, z.B. computer-<br />
gestützter Programme, kombiniert werden. Zudem zählt die anfangs angedachte qualitative<br />
Inhaltsanalyse bei genauerer Betrachtung ebenfalls zu den Mixed Methodologies, da die<br />
qualitativ gebildeten Kategorien zum Schluss meistens quantitativ analysiert werden (vgl.<br />
MAYRING 2008: 7ff).<br />
4.3 Wissenschaftstheoretische Anmerkungen<br />
Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Befragung einen explorativen Charakter<br />
hat und dass aufgrund dieser Rahmenbedingungen Einschränkungen im Bezug auf die<br />
Gütekriterien <strong>der</strong> Objektivität, Reliabilität und Validität notwendig sind. Da jedes Handeln<br />
implizierte Theorien voraussetzt, ist davon auszugehen, dass meine eigenen Erfahrungen mit<br />
bilingualem Erdkundeunterricht, meine persönliche Entwicklung in diesem Bereich und mein<br />
23 Bis auf Herr M., <strong>der</strong> in Mecklenburg-Vorpommern unterrichtet, sind alle teilnehmenden LuL zurzeit an<br />
nie<strong>der</strong>sächsischen Schulen angestellt und arbeiten daher mit ähnlichen curricularen Vorgaben.<br />
59
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
Verständnis des bilingualen Erdkundeunterrichts die Formulierungen <strong>der</strong> Fragen beeinflusst<br />
haben, da mir persönlich wichtige Aspekte bei <strong>der</strong> Gestaltung berücksichtigt und die<br />
befragten LuL so bei <strong>der</strong> Beantwortung <strong>der</strong> Fragen eventuell bereits in eine bestimmte<br />
Richtung gelenkt wurden. Zudem wurden die Ergebnisse von mir interpretiert, so dass die<br />
Auswertung <strong>der</strong> Ergebnisse meiner Subjektivität unterlag. Außerdem führen die charakter-<br />
istischen Merkmale von Überzeugungen und Wertehaltungen, die nur dem eigenen<br />
Richtigkeitsglauben unterliegen und keinen Anspruch auf Wi<strong>der</strong>spruchsfreiheit und<br />
allgemeine Gültigkeit erheben, zu <strong>der</strong> Situation, dass es bei den Antworten <strong>der</strong> LuL kein<br />
Richtig und kein Falsch gibt, son<strong>der</strong>n nur auf Erfahrung basierende subjektive Theorien (vgl.<br />
BAUMERT & KUNTER 2006: 497). Somit ist die Nachvollziehbarkeit <strong>der</strong> Argumente, die<br />
zu einem besseren Verständnis <strong>der</strong> zugrundeliegenden Überzeugungen führen, ein wichtiges<br />
Auswertungskriterium, um ein differenziertes Verständnis bezüglich <strong>der</strong> professionellen<br />
Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte zu erreichen. Des Weiteren kann und<br />
soll eine Erfassung <strong>der</strong> kontinuierlichen Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Professionskompetenz <strong>der</strong> LuL im<br />
Rahmen dieser Arbeit nicht geleistet werden, da dazu ähnlich wie bei <strong>der</strong> Lehrerbiographie-<br />
forschung die LuL zu mehreren Zeitpunkten befragt werden müssten, um aussagekräftige<br />
Schlussfolgerungen bezüglich <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Handlungskompetenz ziehen zu können<br />
(vgl. HERZOG 2011: 314ff). Bei den Ergebnissen handelt es sich lediglich um eine<br />
Einschätzung <strong>der</strong> Charakteristika professioneller bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte zum<br />
jetzigen Zeitpunkt. Außerdem sind die Ergebnisse nicht repräsentativ, da für eine<br />
aussagekräftige Schlussfolgerung eine größere Zahl an LuL hätte befragt werden müssen.<br />
4.4 Erläuterung des Fragenkatalogs<br />
Der Fragebogen (siehe Anhang 2.1) wurde in Anlehnung an das Modell von BAUMERT und<br />
KUNTER entwickelt, um die Aspekte professioneller Handlungskompetenz von bilingualen<br />
<strong>Geographie</strong>lehrkräften nicht nur theoretisch, son<strong>der</strong>n auch aus Sicht erfahrener LuL beurteilen<br />
zu können. Der Fokus liegt dabei auf didaktischem Professionswissen. Allgemeine Aspekte<br />
professioneller Handlungskompetenz, wie zum Beispiel Klassenmanagement und Beratungs-<br />
kompetenz werden nicht berücksichtigt, da sie keine spezifischen Kompetenzen von<br />
bilingualen Erdkundelehrkräften darstellen, son<strong>der</strong>n eher fächerübergreifende Kompetenzen.<br />
Obwohl ein geographisches Fachverständnis unumgänglich für das Unterrichten eines Faches<br />
ist, wird im Bereich Fachwissen nicht weiter auf das geographische Fachwissen <strong>der</strong><br />
bilingualen LuL eingegangen, da ein grundlegendes Fachwissen aufgrund des erfolgreich<br />
abgeschlossenen Studiums und <strong>der</strong> langjährigen Berufserfahrung <strong>der</strong> Probanden vorausgesetzt<br />
60
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
werden kann. Vielmehr wird stattdessen die Bedeutung von fremdsprachlichem Wissen für<br />
den bilingualen Unterrichtskontext hinterfragt. Zudem wird auf den Kompetenzbereich <strong>der</strong><br />
interkulturellen Kompetenz, <strong>der</strong> aufgrund <strong>der</strong> elementaren Bedeutung im Erdkundeunterricht<br />
zu dem Modell von BAUMERT und KUNTER hinzugefügt wurde, nicht weiter eingegangen,<br />
da interkulturelle Kompetenz auch zu den grundlegenden Eigenschaften von Erdkunde-<br />
lehrkräften für regulären Erdkundeunterricht zählt und somit kein spezifisches Merkmal<br />
professioneller Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte ist. Die einzelnen<br />
Fragen wurden in die fünf Bereiche Berufsdauer, -wahl und motivationale Orientierung,<br />
Ausbildungsweg und zukünftige Lehrerausbildung, fachdidaktische/ methodische Über-<br />
legungen und Erfahrungen, Unterrichtsplanung und -durchführung sowie Professionswissen<br />
unterteilt. Im Folgenden wird die Wahl <strong>der</strong> einzelnen Aspekte und Fragen detailliert<br />
vorgestellt und begründet.<br />
Um den Einstieg in die Befragung zu erleichtern und die LuL in die richtige Richtung zu<br />
lenken, wurde ein biographisch-persönlicher Zugang gewählt. Daher setzt sich <strong>der</strong> erste Block<br />
aus vier Fragen zur Berufsdauer, -wahl und motivationaler Orientierung zusammen. Ziel <strong>der</strong><br />
ersten zwei Fragen ist es herauszufinden, ob sich die LuL aufgrund einer längeren bilingualen<br />
Berufserfahrung für die Befragung eignen. Die Frage nach den Gründen für die Entscheidung<br />
bilingualen Erdkundeunterricht zu erteilen, bietet den LuL die Möglichkeit, sich auf ihren<br />
eigenen Lebenslauf zu beziehen und ermöglicht gleichzeitig auch Rückschlüsse auf die<br />
motivationale Orientierung und <strong>der</strong>en Einfluss auf die professionelle Handlungskompetenz.<br />
Mit <strong>der</strong> letzten Frage nach möglichen Präferenzen sollen sich die LuL Gedanken über ihr<br />
Engagement und den Arbeitsaufwand machen und dieses kritisch beleuchten, da <strong>der</strong><br />
vermutete Mehraufwand in <strong>der</strong> Vorbereitung und die Materialsituation (siehe 4.1) nicht<br />
unbedingt zu einer Präferenz des bilingualen Unterrichts führen muss.<br />
Der zweite Themenblock befasst sich mit dem Ausbildungsweg und zukünftiger Lehrer-<br />
ausbildung für bilingualen Erdkundeunterricht. Ebenso wie beim ersten Block bezieht sich die<br />
erste Frage auf den Werdegang <strong>der</strong> LuL, so dass sie ausgehend von ihrer eigenen Ausbildung<br />
und <strong>der</strong> Berufserfahrung einschätzen können, ob sie <strong>der</strong> Meinung sind, dass bilinguale<br />
Erdkundelehrkräfte sowohl <strong>Geographie</strong> als auch die Fremdsprache studiert haben sollten.<br />
Durch die Beantwortung dieser Frage können Rückschlüsse auf die notwendigen<br />
Fachkompetenzen von professionellen bilingualen Erdkundelehrkräften aus Sicht <strong>der</strong> be-<br />
fragten LuL gezogen werden. Die dritte und vierte Frage nach einer speziellen bilingualen<br />
Ausbildung und <strong>der</strong> Vorbereitung auf den bilingualen Erdkundeunterricht dienen dazu, die<br />
LuL zur kritischen Reflexion ihrer eigenen Ausbildung anzuregen und dadurch für die nächste<br />
61
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
Frage, in <strong>der</strong> es um die zukünftige Ausbildung bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte geht, zu<br />
sensibilisieren. In <strong>der</strong> fünften Frage sollen die LuL dann äußern, wie sie die zukünftige<br />
Ausbildung verän<strong>der</strong>n würden, um angehende bilinguale <strong>Geographie</strong>lehrkräfte auf den Beruf<br />
vorzubereiten. Durch die explizite Auffor<strong>der</strong>ung eine Zielsetzung zu formulieren und diese zu<br />
begründen, können erneut wichtige Kompetenzen bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte aus Sicht<br />
<strong>der</strong> Befragten erfasst werden. Die abschließende Frage nach <strong>der</strong> Teilnahme an Fortbildungen<br />
zum bilingualen Unterricht rundet den Block ab und lässt erkennen, ob die LuL die<br />
Entwicklung von Professionskompetenz als einen lebenslangen Prozess sehen o<strong>der</strong> nicht.<br />
Der dritte Bereich befasst sich sowohl mit übergeordneten didaktischen und methodischen<br />
Fragestellungen als auch mit <strong>der</strong> konkreten Unterrichtpraxis und den Erfahrungen <strong>der</strong> LuL zu<br />
charakteristischen methodisch-didaktischen Elementen des bilingualen Erdkundeunterrichts.<br />
Die ersten drei Fragen regen eine Auseinan<strong>der</strong>setzung <strong>der</strong> LuL mit <strong>der</strong> aktuellen Diskussion<br />
um bilingualen Unterricht im Allgemeinen an und erfor<strong>der</strong>n von den LuL eine Verortung<br />
ihrer Person in dem Spannungsfeld zwischen <strong>der</strong> Sachfach- und <strong>der</strong> Fremdsprachendidaktik,<br />
die einen wesentlichen Einfluss auf die didaktisch-methodischen Entscheidungen <strong>der</strong> LuL hat<br />
(siehe 3.3.2). Mit <strong>der</strong> Frage nach <strong>der</strong> Notwendigkeit einer eigenen bilingualen <strong>Didaktik</strong> und<br />
<strong>der</strong> Einschätzung, inwiefern eine bilinguale <strong>Geographie</strong>didaktik als Einschränkung <strong>der</strong><br />
persönlichen Möglichkeiten o<strong>der</strong> als Arbeitsentlastung durch einen Orientierungsrahmen<br />
gesehen wird, wird ein aktuelles und kontrovers diskutiertes Thema integriert, das von den<br />
LuL eine persönliche Stellungsname erfor<strong>der</strong>t. Durch diese Stellungnahme ist es einerseits<br />
möglich, die im weiteren Verlauf gegebenen Antworten mit den individuellen Überzeugungen<br />
<strong>der</strong> LuL in Verbindung zu bringen und auf ihre mögliche Entstehung zu überprüfen. Zudem<br />
soll aber auch festgestellt werden, ob die befragten LuL in das von OTTEN und WILDHAGE<br />
skizzierte Bild passen und „zu viel didaktischen ‚Überbau‘“ (ebd. 2003: 22) ablehnen o<strong>der</strong>, ob<br />
sie ebenfalls die Notwendigkeit einer bilingualen <strong>Didaktik</strong> mit „eigenständigem Profil –<br />
differenziert in fachspezifische und fachübergreifende Elemente“(OTTEN & WILDHAGE<br />
203: 23) sehen (vgl. OTTEN & WILDHAGE 2003: 22f). Die nächsten drei Fragen zu den<br />
verwendeten Unterrichtssprachen sind <strong>der</strong> Diskussion über den Einsatz und die Bedeutung<br />
<strong>der</strong> Muttersprache im bilingualen Unterricht geschuldet (vgl. BUTZKAMM 2008: 91). Ziel<br />
ist es herauszufinden, welche Rolle die Muttersprache im bilingualen Erdkundeunterricht<br />
spielt, zu welchem Zweck sie eingesetzt wird und welche Position bezüglich des code-<br />
switching vertreten wird. Implizit kann anhand dieser Fragen die Verortung zwischen <strong>der</strong><br />
Sachfach- und <strong>der</strong> Fremdsprachendidaktik überprüft werden, weil je nach individueller<br />
Ausrichtung die Muttersprache eine an<strong>der</strong>e Rolle spielt. Ein weiterer Fokus dieses Fragen-<br />
62
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
blocks liegt auf dem Umgang mit Verständnisproblemen, die gerade zu Beginn des<br />
bilingualen Unterrichts durch eine Diskrepanz zwischen kognitiver und fremdsprachlicher<br />
Kompetenz seitens <strong>der</strong> SuS entstehen können (vgl. RICHTER & ZIMMERMANN 2003:<br />
119). Ziel <strong>der</strong> vier Fragen zu diesem Thema ist es, herauszufinden, ob und welche<br />
Stützmaßnahmen (scaffolding) die befragten LuL in ihrem Unterricht einsetzen, um<br />
sprachlichen Verständnisproblemen vorzubeugen bzw. wie sie nicht antizipierten Ver-<br />
ständnisproblemen im Unterrichtsgeschehen begegnen. Des Weiteren wurde im Anschluss an<br />
diese Fragen nochmals sowohl direkt nach beson<strong>der</strong>s geeigneten Methoden für den<br />
bilingualen Unterricht gefragt als auch nach Stützmaßnahmen durch fremdsprachliche<br />
Übungen, z.B. Wortschatzarbeit und durch den Wechsel <strong>der</strong> Darstellungsformen, da <strong>der</strong><br />
Einsatz dieser Methoden die Diskrepanz zwischen kognitiver und fremdsprachlicher<br />
Kompetenz seitens <strong>der</strong> SuS reduzieren und ein „sachangemessenes Lernen“ (RICHTER &<br />
ZIMMERMANN 2003: 119) ermöglichen kann (siehe 2.5.2). Im Idealfall haben die LuL<br />
diese Aspekte zwar bereits bei den Fragen zur Vorbeugung von sprachlichen Verständnis-<br />
problemen genannt, da aufgrund <strong>der</strong> schriftlichen Befragung jedoch kein gezieltes Nachfragen<br />
möglich ist, ist durch die direkte Thematisierung dieser charakteristischen Elemente<br />
sichergestellt, dass die LuL sich auch explizit zum scaffolding äußern. Zudem kann durch die<br />
Frage nach geeigneten Methoden festgestellt werden, ob die LuL die aktuellen Entwicklungen<br />
<strong>der</strong> Spracherwerbstheorie berücksichtigen und den Unterricht so gestalten, dass für die SuS<br />
viele Sprechanlässe geschaffen und die Zielsetzungen erreicht werden (vgl. OTTEN &<br />
WILDHAGE 2003: 27; SHRUM & GLISAN 2005: 14ff). Der vierte und letzte<br />
Themenschwerpunkt in diesem Fragenblock befasst sich mit den Materialien für bilingualen<br />
Erdkundeunterricht. Die Fragen nach den eigesetzten Materialien, <strong>der</strong> Verwendung selbst<br />
erstellter Materialien und persönlichen Kriterien bilingualer Erdkundematerialien wurden in<br />
den Fragenkatalog integriert, da Materialien als zentrales Medium des gesamten Unterrichts-<br />
prozesses bzw. Lernfortschritts <strong>der</strong> SuS, die Qualität des Unterrichtsgesprächs, die Inhalte<br />
und Themen, die Aufgabenstellungen und alle weiteren unterrichtlichen Aktivitäten von den<br />
eigesetzten Materialien abhängen (vgl. VOLLMER 1999: 240). Durch die Angabe, wie oft<br />
selbst erstellte Materialien eingesetzt werden, kann in Kombination mit den Angaben zu<br />
verwendeten Stützmaßnahmen die erste Hypothese, dass neben den von BAUMERT und<br />
KUNTER entwickelten Kompetenzbereichen die Materialkompetenz, d.h. die Fähigkeit<br />
angemessenes Material zu entwickeln o<strong>der</strong> vorhandenes Material mit Hilfe von scaffolding zu<br />
adaptieren, zur professioneller Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte zählt,<br />
überprüft werden.<br />
63
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
Der vorletzte Fragenblock befasst sich mit <strong>der</strong> konkreten Unterrichtsplanung und -gestaltung<br />
von bilingualem Erdkundeunterricht, indem die LuL dazu aufgefor<strong>der</strong>t werden, die Planung<br />
und Durchführung von bilingualem und regulärem Erdkundeunterricht zu vergleichen,<br />
beson<strong>der</strong>s geeignete Themen zu nennen und mögliche Unterschiede in <strong>der</strong> Rolle <strong>der</strong><br />
Lehrperson aufzuführen. Durch den Vergleich von bilingualem und regulärem Erdkunde-<br />
unterricht bezüglich <strong>der</strong> Planung bzw. <strong>Didaktik</strong> und Gestaltung bzw. Methodik, können<br />
Rückschlüsse zu Unterschieden beim Arbeitsaufwand und bezüglich unterschiedlicher Ziel-<br />
setzungen gezogen werden, so dass <strong>der</strong> vermutete Mehraufwand und die dadurch stärker<br />
gefor<strong>der</strong>te Selbstregulationskompetenz, die eine wichtige Komponente professioneller<br />
Handlungskompetenz bilingualer Erdkundelehrkräfte darstellt, überprüft werden können. Des<br />
Weiteren würden methodische Unterschiede eine spezifische bilinguale Ausbildung be-<br />
fürworten. Die Frage nach geeigneten Themen zielt darauf ab, die von THÜRMANN und<br />
OTTEN formulierte Anfor<strong>der</strong>ung, dass bei <strong>der</strong> Themenwahl möglichst viele Bezüge zur<br />
Zielsprache und Zielkultur gemacht werden sollten, zu überprüfen und herauszufinden, ob die<br />
LuL während ihrer Berufserfahrung gute bzw. schlechte Erfahrungen mit bestimmten<br />
vorgeschriebenen Themen aus dem Kerncurriculum für regulären Erdkundeunterricht im<br />
bilingualen Erdkundeunterricht gemacht haben. Außerdem haben die LuL die Möglichkeit an<br />
dieser Stelle den zuvor angesprochenen Zeitaufwand aufzugreifen und mit <strong>der</strong> angemessenen<br />
Aufbereitung bestimmter Themen zu verbinden. Die letzte Frage nach Unterschieden<br />
bezüglich <strong>der</strong> Rolle <strong>der</strong> Lehrperson schafft Raum für eine prägnante Zusammenfassung <strong>der</strong><br />
zuvor angesprochenen Aspekte (Erwartungshaltung, <strong>Didaktik</strong> und Methodik, Planung und<br />
Durchführung etc.) und gibt nicht nur Hinweise zu dem persönlichen Verständnis <strong>der</strong> LuL<br />
von bilingualem Unterricht, son<strong>der</strong>n auch auf die grundlegenden Aspekte, die in <strong>der</strong><br />
zukünftigen Lehrerausbildung berücksichtigt werden sollten.<br />
Nachdem die LuL mit <strong>der</strong> letzten Frage des vorangegangenen Blocks dazu angeregt wurden,<br />
sich mit <strong>der</strong> Rolle und den Aufgaben einer bilingualen Erdkundelehrkraft reflektiert<br />
auseinan<strong>der</strong> zu setzen, sollen sie im abschließenden Block Angaben zum Professionswissen<br />
bilingualer Erdkundelehrkräfte machen, indem sie angeben, welche Kompetenzen eine<br />
bilinguale Erdkundelehrkraft ausmachen, wie eine bilinguale Erdkundelehrkraft ihre SuS<br />
erreicht und unter welchen Umständen eine bilinguale Erdkundelehrkraft mit Problemen zu<br />
kämpfen hat. Durch diese Fragen ist es möglich die anhand <strong>der</strong> vorangegangenen Antworten<br />
gewonnenen bzw. implizierten Erkenntnisse auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und dadurch<br />
subjektive Interpretationsfehler zu vermeiden. Um die Befragung abzurunden, wird die im<br />
ersten Block angesprochene motivationale Orientierung <strong>der</strong> LuL, die die methodisch-<br />
64
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
didaktischen Entscheidungen wesentlich mitbestimmt, aufgegriffen, indem die LuL gebeten<br />
werden, ihr persönliches Motto für den bilingualen Erdkundeunterricht zu formulieren.<br />
4.5 Praktische Erfahrungen und subjektive Theorien bilingualer<br />
<strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
Bei <strong>der</strong> folgenden Datenauswertung wird zugunsten einer vergleichenden Analyse und<br />
Interpretation <strong>der</strong> Lehreraussagen auf eine umfassende Einzelfalldarstellung <strong>der</strong> subjektiven<br />
Theorien <strong>der</strong> LuL verzichtet, weil das Ziel <strong>der</strong> Befragung die Untersuchung <strong>der</strong><br />
professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte und nicht die<br />
Darstellung einzelner subjektiver Theorien zu bilingualem Erdkundeunterricht ist. Daher<br />
werden die Antworten <strong>der</strong> LuL fragenweise bezüglich <strong>der</strong> professionellen Handlungs-<br />
kompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte vergleichend untersucht. Auf diese Weise<br />
können grundlegende Kompetenzen bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte formuliert werden. Um<br />
eine gute Vergleichbarkeit mit den Originalantworten <strong>der</strong> LuL zu gewährleisten, wird in <strong>der</strong><br />
Auswertung die Kategorisierung des Fragebogens aufgegriffen, so dass dieses Kapitel in die<br />
Bereiche Berufsdauer, -wahl und motivationale Orientierung, Ausbildung und zukünftige<br />
Lehrerausbildung, fachdidaktische und methodische Überlegungen und Erfahrungen,<br />
Unterrichtsplanung und -durchführung und Professionswissen unterteilt ist.<br />
4.5.1 Berufsdauer, -wahl und motivationale Orientierung<br />
Um über fundierte praktische Erfahrungen Auskunft geben zu können und über Profes-<br />
sionalität in Form von Expertise im bilingualen Unterricht zu verfügen, ist es notwendig, über<br />
eine langjährige Berufserfahrung im Bereich des bilingualen Erdkundeunterrichts zu verfügen<br />
(vgl. TENORTH 2006: 591). Erfreulicherweise hat die Frage nach <strong>der</strong> Berufserfahrung<br />
ergeben, dass alle durchgeführten Befragungen bei <strong>der</strong> Auswertung berücksichtigt werden<br />
können, da alle LuL seit mindestens elf Jahren den Lehrerberuf ausüben und auch mindestens<br />
über eine sechs jährige Berufserfahrung im bilingualen Erdkundeunterricht verfügen, so dass<br />
von einem gut entwickelten professionellen Verständnis ausgegangen werden kann. Über die<br />
größte Berufserfahrung im bilingualen Erdkundeunterricht verfügt Herr H. mit 22 Jahren<br />
(siehe Abb.7).<br />
65
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
5<br />
0<br />
Frau G.-L. Frau H. Herr H. Frau K. Herr M. Frau O. Frau S. Herr S. Frau Sch.<br />
gesamte Berufserfahrung in Jahren bilinguale Berufserfahrung in Jahren<br />
Abb.7: Bilinguale und gesamte Berufserfahrung <strong>der</strong> bilingualen <strong>Geographie</strong>lehrkräfte im<br />
Vergleich (eigene Darstellung)<br />
Die Motivation <strong>der</strong> LuL bilingualen Erdkundeunterricht zu erteilen, variiert zwischen Pflicht,<br />
Interesse und <strong>der</strong> Weitergabe des Mehrwerts von bilingualem Unterricht an die SuS. So<br />
nennen Frau S., Frau Sch., Frau O. und Herr M. ihre Fächerkombination Englisch/Erdkunde,<br />
die sie aufgrund ihres Interesses an den Fächern im Studium gewählt haben, als Haupt-<br />
motivation bzw. sehen den bilingualen Unterricht als beste Möglichkeit ihre beiden Fächer<br />
miteinan<strong>der</strong> zu verbinden. Auch Frau H. kann dieser Gruppe zugeordnet werden, obwohl sie<br />
ihr eigenes Interesse nicht explizit als Motivationsgrund nennt, son<strong>der</strong>n ihre Beteiligung an<br />
<strong>der</strong> Einführung des bilingualen Faches aufführt. Jedoch kann in diesem Fall ein beson<strong>der</strong>es<br />
Interesse vermutet werden (vgl. Befragung Frau H., Anhang 2.3). Herr H., Frau K. und Herr<br />
S. dagegen haben sich nicht nur aufgrund ihres eigenen Interesses für das Unterrichten von<br />
bilingualem Erdkundeunterricht entschieden, son<strong>der</strong>n auch wegen des Zugewinns für die SuS<br />
durch den bilingualen „Mehrwert“ (vgl. OTTEN & WILDHAGE 2003: 18ff). Eben dieser<br />
Mehrwert liegt für Frau K. in <strong>der</strong> Nutzung <strong>der</strong> Fremdsprache als Mittel zum Zweck, „zum<br />
einen, da für die Schülerinnen und Schüler <strong>der</strong> Umgang mit <strong>der</strong> Fremdsprache<br />
‚instrumentalisiert‘ wird und sie diese selbstverständlicher verwenden als im Fremdsprachen-<br />
unterricht, zum an<strong>der</strong>en ist die englische Sprache als ‚Verkehrssprache‘ im späteren Studien-<br />
und/o<strong>der</strong> Berufsleben für viele Menschen Alltag“ (Befragung Frau K., Anhang 2.5). Obwohl<br />
66
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
die an<strong>der</strong>en LuL diese Aspekte nicht direkt ansprechen, kann davon ausgegangen werden,<br />
dass auch sie aufgrund ihrer Berufswahl über einen Lehrerenthusiasmus verfügen und ihre<br />
SuS bestmöglich auf das zukünftige Leben vorbereiten wollen (vgl. BAUMERT & KUNTER<br />
2006: 501ff). Entgegen dieser persönlichen bzw. schülerorientierten Motivation nennt Frau<br />
G.-L. das Antreten einer Beamtenstelle mit <strong>der</strong> Auflage bilingualen Unterricht zu erteilen als<br />
Entscheidungsgrund. Zwar wird hier nicht deutlich, ob neben <strong>der</strong> Verpflichtung auch per-<br />
sönliches Interesse vorhanden ist, jedoch kann ausgehend von den an<strong>der</strong>en Antworten ge-<br />
schlossen werden, dass selbst wenn zu Beginn kein eigenes Interesse vorhanden gewesen sein<br />
sollte, sich dieses im Laufe <strong>der</strong> Zeit entwickelt hat (vgl. Befragung Frau G.-L., Anhang 2.2).<br />
Somit kann bei allen befragten LuL eine positive Grundeinstellung zu bilingualem Erdkunde-<br />
unterricht festgestellt werden, die aufgrund fehlen<strong>der</strong> Rahmenvorgaben bezüglich <strong>der</strong><br />
Methodik und <strong>Didaktik</strong> sowie <strong>der</strong> Materialsituation sehr hilfreich ist, da „bilingualer<br />
Unterricht […] vom Engagement <strong>der</strong> unterrichtenden Lehrkräfte“ (OTTEN & WILDHAGE<br />
2003: 22) lebt. Durch diese positive Grundeinstellung verfügen die LuL über eine wichtige<br />
Grundlage für dynamisches und zielorientiertes Handeln, die für die Entwicklung bilingualer<br />
Handlungskompetenz unerlässlich ist (vgl. BAUMERT & KUNTER 2006: 501ff).<br />
Bei <strong>der</strong> Frage, ob die LuL lieber bilingualen o<strong>der</strong> regulären Erdkundeunterricht erteilen,<br />
haben die meisten LuL keine beson<strong>der</strong>en Präferenzen. Frau Sch. sieht keinen Unterschied, da<br />
sie „das FACH ERDKUNDE 24 unterrichte[t] [und] es […] auf geographische Inhalte und<br />
nicht die Vorliebe für eine Sprache“ (Befragung Frau Sch., Anhang 2.10) ankommt. Frau O.<br />
dagegen betont, dass „beide ‚Varianten‘ auf ihre Art Spaß machen“ (Befragung Frau O.,<br />
Anhang 2.7) und Herr H. und Frau S. nennen die Stärken und Schwächen bei<strong>der</strong><br />
Unterrichtsformen als Grund. Obwohl Herr S. an sich auch keine Präferenz hat, empfindet er,<br />
ebenso wie Frau K., eine Abwechslung bzw. eine Mischung aus beiden Unterrichtsformen als<br />
motivieren<strong>der</strong>. Frau K. führt für die Bevorzugung einer guten Mischung aus beiden<br />
Unterrichtsformen die umfangreichere Vorbereitung des bilingualen Unterrichts sowie die<br />
höhere Motivation <strong>der</strong> SuS im bilingualen Unterricht aufgrund <strong>der</strong> Verwendung <strong>der</strong><br />
Fremdsprache und die Möglichkeit <strong>der</strong> tiefergehenden Behandlung eines Themas im<br />
regulären Erdkundeunterricht an. Im Gegensatz zu den an<strong>der</strong>en LuL erteilen Frau G.-L. und<br />
Frau H. lieber bilingualen Erdkundeunterricht. Dies liegt jedoch nicht in einer beson<strong>der</strong>en<br />
Präferenz, son<strong>der</strong>n eher in <strong>der</strong> persönlichen Situation begründet, da beide in den letzten<br />
Jahren fast ausschließlich bilingualen Erdkundeunterricht erteilt haben und daher im<br />
Vergleich zum regulären Erdkundeunterricht mittlerweile über mehr erprobte Materialien für<br />
24 Hervorhebung durch Frau Sch.<br />
67
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
bilingualen Unterricht verfügen und dadurch weniger Vorbereitungszeit für bilingualen<br />
Erdkundeunterricht benötigen. Diese Positionierung, ebenso wie die von Frau K., spiegelt<br />
auch die Beeinflussung des Arbeitsaufwandes wi<strong>der</strong>, da aufgrund des geringeren Aufwandes<br />
eine Präferenz entstanden ist, obwohl an sich beide Fächer gerne unterrichtet werden.<br />
Dadurch wird auch die große Bedeutung <strong>der</strong> selbstregulativen Fähigkeiten bilingualer LuL<br />
bestätigt (vgl. BAUMERT & KUNTER 2006: 501ff).<br />
4.5.2 Ausbildungsweg und zukünftige Lehrerausbildung<br />
Mit dem Studium bei<strong>der</strong> Fächer (Erdkunde und Englisch) verfügen alle neun LuL über eine<br />
weitere wichtige Voraussetzung für die Entwicklung professioneller Kompetenz, da das<br />
Fachwissen <strong>der</strong> LuL eine Kernkompetenz professionellen Handelns darstellt (vgl.<br />
BAUMERT & KUNTER 2006: 482). Des Weiteren stimmen die LuL aufgrund ihrer eigenen<br />
Erfahrungen mit <strong>der</strong> theoretischen Annahme überein, dass geographisches Fachwissen für<br />
professionelles Handeln ebenso wichtig ist wie umfangreiche Sprachkompetenz in <strong>der</strong><br />
Fremdsprache. Dabei ist ein Englischstudium zwar von Vorteil, jedoch sind vergleichbare<br />
Sprachkenntnisse, die z.B. durch einen längeren Auslandsaufenthalt erworben wurden,<br />
ebenfalls ausreichend, solange die LuL über „eine Vertrautheit mit <strong>der</strong> englischen Sprache“<br />
(Befragung Frau K., Anhang 2.5) verfügen und in <strong>der</strong> Lage sind die „Schwierigkeiten <strong>der</strong><br />
[Schülerinnen und] Schüler […] einschätzen“ (Befragung Frau G.-L., Anhang 2.2) zu können.<br />
Diese Sprachkompetenz sollte ohne ein Englischstudium in Herrn H. ‘s Augen mindestens bei<br />
einem Sprachniveau von C1 25 liegen, damit die Ziele des bilingualen Erdkundeunterrichts<br />
auch erreicht werden können. Jedoch müssen sich die LuL trotz eines Englischstudiums noch<br />
„viel neues geographisches Fachvokabular [in <strong>der</strong> Fremdsprache selbst] aneignen“ (Be-<br />
fragung Frau H., Anhang 2.3), da dieses im Studium nicht erworben wird, so dass es auch<br />
„auf die eigene Motivation und die Sprachbegeisterung an[kommt]“ (Befragung Frau O.,<br />
Anhang 2.7), ob man eine gute bilinguale <strong>Geographie</strong>lehrkraft ist o<strong>der</strong> nicht.<br />
Bis auf Herrn S., <strong>der</strong> schon während des Referendariats bilingualen Erdkundeunterricht erteilt<br />
und sich in seiner Examensarbeit ausführlich mit dieser Thematik auseinan<strong>der</strong>gesetzt hat, ist<br />
keiner <strong>der</strong> LuL vor dem Antritt <strong>der</strong> ersten Stelle mit bilingualem Unterricht in Berührung<br />
gekommen. Folglich haben die befragten LuL ihre bilingualen Kompetenzen durch learning<br />
25 Nach dem Gemeinsamen Europäischem Referenzrahmen für Sprachen verfügt eine Person mit dem<br />
Sprachniveau C1 über eine kompetente Sprachverwendung, d.h. sie „kann ein breites Spektrum<br />
anspruchsvoller, längerer Texte verstehen und auch implizite Bedeutungen erfassen. Kann sich spontan und<br />
fließend ausdrücken, ohne öfter deutlich erkennbar nach Worten suchen zu müssen. Kann die Sprache im<br />
gesellschaftlichen und beruflichen Leben o<strong>der</strong> in Ausbildung und Studium wirksam und flexibel gebrauchen.<br />
Kann sich klar, strukturiert und ausführlich zu komplexen Sachverhalten äußern und dabei verschiedene<br />
Mittel zur Textverknüpfung angemessen verwenden“ (NDS. KULTUSMINISTERIUM 2006: 35).<br />
68
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
by doing, die Unterstützung erfahrener Kollegen und bei Fortbildungen erworben. Ein erster<br />
Kontakt mit bilingualem Unterricht im Studium o<strong>der</strong> Referendariat führt nach Angaben <strong>der</strong><br />
LuL aber nicht automatisch zu dem Gefühl, den Anfor<strong>der</strong>ungen des bilingualen<br />
Erdkundeunterrichts gewachsen zu sein bzw. dem bilingualen Erdkundeunterricht aufgrund<br />
des fehlenden Kontaktes nicht gewachsen zu sein, da Herr S, <strong>der</strong> als einziger schon während<br />
<strong>der</strong> Ausbildung Kontakt mit bilingualem Erdkundeunterricht hatte, sich nicht sicher war, den<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen gewachsen zu sein, wohingegen fünf <strong>der</strong> befragten LuL sich auch ohne<br />
spezifische Ausbildung durch längere Auslandsaufenthalte o<strong>der</strong> ihren persönlichen<br />
Werdegang dem bilingualen Erdkundeunterricht gewachsen sahen. Neben Herrn S. hatten<br />
Frau H. und Frau O. ebenfalls Bedenken den Anfor<strong>der</strong>ungen gewachsen zu sein, was z.B. bei<br />
Frau H. daran lag, dass damalige Kollegen noch die Ansicht vertraten, dass „nur<br />
Muttersprachler wirklich guten bilingualen Unterricht erteilen“ (Befragung Frau H., Anhang<br />
2.3) können. Zudem merkt Herr M. an, dass er seine bilinguale Fachkompetenz parallel mit<br />
dem Aufbau des bilingualen Unterrichts entwickeln konnte und es daher einfacher war, in das<br />
Fach hineinzuwachsen. Trotzdem sind sich alle einig, dass <strong>der</strong> Erwerb einer bilingualen<br />
Fachkompetenz ohne eine spezifische Ausbildung zwar zeitaufwendiger ist, es jedoch durch<br />
learning by doing, Unterstützung von Kollegen und das nötige Interesse machbar ist. Ferner<br />
wurde die im Laufe <strong>der</strong> Zeit verbesserte<br />
Materialsituation als Entlastung empfunden.<br />
Aufgrund dieser hohen Anfor<strong>der</strong>ungen und <strong>der</strong><br />
hohen Arbeitsbelastung beim Selbsterwerb bi-<br />
lingualer Kompetenzen halten 67% <strong>der</strong> LuL ein<br />
spezifisches Ausbildungsprogramm für zu-<br />
künftige bilinguale Erdkundelehrkräfte für nötig<br />
und weitere 22% <strong>der</strong> LuL empfinden ein solches<br />
als hilfreiche Entlastung. Nur 11% halten eine<br />
spezifische bilinguale Ausbildung für unnötig, da<br />
mit dem <strong>Geographie</strong>- und dem Fremdsprachen-<br />
studium alle notwendigen Kompetenzen er-<br />
worben werden und diese für den bilingualen<br />
Erdkundeunterricht nur kombiniert werden<br />
müssen (siehe Abb. 8).<br />
Bei Einführung einer spezifischen bilingualen<br />
Ausbildung in <strong>der</strong> ersten und zweiten Aus-<br />
69<br />
11%<br />
22%<br />
67%<br />
spezifisches Ausbildungsprogramm<br />
ist notwendig<br />
spezifisches Ausbildungsprogramm<br />
ist unnötig<br />
spezifisches Ausbildungsprogramm<br />
ist hilfreich aber nicht nötig<br />
Abb. 8: Notwendigkeit eines spezifischen<br />
Ausbildungsprogramms für<br />
bilinguale <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
(eigene Darstellung)
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
bildungsphase sollte nach Meinung <strong>der</strong> befragten LuL aufgrund wesentlicher Unterschiede<br />
zum regulären Erdkundeunterricht auf die sprachlichen und fachdidaktischen Beson<strong>der</strong>heiten,<br />
mögliche Schwierigkeiten und die Methodik und <strong>Didaktik</strong> eingegangen werden. Des<br />
Weiteren sollten die Spracharbeit und die beson<strong>der</strong>e Form <strong>der</strong> didaktischen Reduktion<br />
thematisiert werden, da sie zentrale methodisch didaktische Elemente von bilingualem<br />
Unterricht darstellen und in dieser Form we<strong>der</strong> im deutschsprachigen Erdkundeunterricht,<br />
noch im Fremdsprachenunterricht zu finden sind. Zudem sollte auch effiziente<br />
Unterrichtsorganisation ein Teil <strong>der</strong> zukünftigen Ausbildung ausmachen, um die geringe<br />
verfügbare Zeit effizient nutzen zu können. Diese Vorschläge verdeutlichen erneut, dass<br />
bilinguale Erdkundelehrkräfte sowohl über Fachwissen und fachdidaktisches Wissen als auch<br />
über selbstregulative Kompetenzen verfügen sollten, damit sie zu Beginn des Berufseinstiegs<br />
schon so professionell wie möglich arbeiten können. Da jedoch nie alle Zielsetzungen von<br />
allen LuL aufgeführt wurden, wird deutlich, dass die Anfor<strong>der</strong>ungen an bilinguale<br />
Erdkundelehrkräfte variieren bzw., dass die befragten LuL aufgrund ihrer individuellen<br />
Erfahrungen unterschiedliche Schwerpunkte setzen würden.<br />
Auch die Vermutung, dass viele Kompetenzfacetten erst durch langjährige Berufserfahrung in<br />
einem lebenslangen Prozess annähernd vollständig erworben werden können, wird durch die<br />
regelmäßige Teilnahme aller LuL 26 an Fortbildungen bestätigt (vgl. MEYER, C. 2011: 189;<br />
BAUMERT & KUNTER 2006: 505ff). Herr H. organisiert und führt zudem auch regionale<br />
und überregionale Fortbildungen zu bilingualem Unterricht durch. Weitere Fortbildungs-<br />
angebote bestehen sowohl seitens <strong>der</strong> Schulbuchverlage als auch durch spezielle Kurse in<br />
Großbritannien (vgl. Befragung Frau H., Anhang 2.3).<br />
4.5.3 Fachdidaktische und methodische Überlegungen und Erfahrungen<br />
Damit überhaupt professionelle bilinguale Handlungskompetenz entwickelt werden kann,<br />
müssen die bilingualen <strong>Geographie</strong>lehrkräfte sich sowohl mit ihren eigenen Werten und<br />
Überzeugungen als auch mit <strong>der</strong> aktuellen Diskussion um den bilingualen Unterricht<br />
auseinan<strong>der</strong>setzen, um sich im Spannungsfeld zwischen <strong>der</strong> Sachfach- und Fremdsprachen-<br />
didaktik positionieren zu können (vgl. BONGARTZ & DZIAK-MAHLER 2007: 85).<br />
26 Frau Sch. hat die Frage nach <strong>der</strong> Teilnahme an regelmäßigen Fortbildungen zwar nicht beantwortet, jedoch ist<br />
davon auszugehen, dass auch Frau Sch. an regelmäßigen Fortbildungen teilnimmt, da die Kontakte über eine<br />
Kollegin zustande gekommen sind, die sie regelmäßig auf Fortbildungen antrifft.<br />
70
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
Durch das langjährige Unterrichten<br />
von bilingualem Unterricht haben die<br />
befragten LuL ihre Position bereits<br />
gefunden (siehe Abb.9). Es sei jedoch<br />
darauf hingewiesen, dass es sich<br />
dabei um keine dauerhaft feststehende<br />
Verortung handelt, son<strong>der</strong>n sich die<br />
Position im weiteren Berufsverlauf<br />
durch neue Forschungsergebnisse,<br />
den Gang <strong>der</strong> aktuellen Diskussion o<strong>der</strong> durch eigene Erfahrungen verän<strong>der</strong>n kann. Sechs <strong>der</strong><br />
neun LuL (56%) sprechen sich zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Befragung für eine stärkere Betonung <strong>der</strong><br />
Sachfachdidaktik aus, wohingegen Frau G.-L. und Herr M. (22%) beide <strong>Didaktik</strong>en als<br />
gleichwertige Komponenten ansehen, da „vom Curriculum vorgesehenen Kompetenzen<br />
vermittelt [werden] und dies in <strong>der</strong> Fremdsprache“ (Befragung Frau G.-L., Anhang 2.2). Die<br />
Antworten von Herrn H. und Frau O. dagegen sind nicht so einfach einzuordnen, da beide<br />
keine direkte individuelle Positionierung vorgenommenen haben. Frau O. verweist, anstatt<br />
eine Verortung vorzunehmen nur darauf, dass die „Beachtung <strong>der</strong> ‚Mechanismen‘ des<br />
Zweitspracherwerbs“ (Frau O., Anhang 2.7) wichtig sind. Somit kann davon ausgegangen<br />
werden, dass entwe<strong>der</strong> beide <strong>Didaktik</strong>en gleichwertig behandelt werden o<strong>der</strong> die<br />
Fremdsprachendidaktik eine größere Rolle spielt als die Sachfachdidaktik. Auch bei Herrn H.<br />
kann die individuelle Position nur vermutet werden, da er lediglich argumentiert, dass sich<br />
erst „im Zusammenspiel von Sachfachdidaktik und Fremdsprachendidaktik […] eine <strong>Didaktik</strong><br />
des bilingualen Unterrichts ergibt“ (Befragung Herr H., Anhang 2.4) ohne eine Gewichtung<br />
bei<strong>der</strong> <strong>Didaktik</strong>en vorzunehmen. Durch den Besuch eines Vortrages von Herrn H. zu<br />
bilingualem Unterricht kann seine Position jedoch rekonstruiert werden. Aufgrund <strong>der</strong><br />
Äußerungen, dass „bilingualer Unterricht in erster Linie Sachfachunterricht ist und kein<br />
Sprachunterricht“ 27 und dass beide <strong>Didaktik</strong>en beim CLIL-Konzept eng miteinan<strong>der</strong><br />
verbunden sind und gegenseitig voneinan<strong>der</strong> profitieren, kann von einer stärkeren Betonung<br />
<strong>der</strong> Sachfachdidaktik ausgegangen werden 28 . Ob diese Verortung wie vermutet die<br />
methodisch-didaktischen Entscheidungen <strong>der</strong> LuL beeinflusst, wird sich in <strong>der</strong> weiteren<br />
Analyse zeigen. Außerdem hat die Befragung verdeutlicht, dass die individuellen<br />
Positionierungen aufgrund <strong>der</strong> regelmäßigen Teilnahme an Fortbildungen eng mit dem Stand<br />
27 Vgl. HAUPT, D. 2012: Bilingualer deutsch-englischer Unterricht – eine fächerübergreifende Einführung.<br />
Einführungsvortrag auf einer Fortbildung des NLQ vom 14.-16.03.2012 in Bad Salzdetfurth.<br />
28 Siehe Fußnote 27.<br />
71<br />
22%<br />
22%<br />
56%<br />
Sachfachdidaktik hat<br />
Vorrang<br />
Fremdsprachendidaktik<br />
hat Vorrang<br />
beide <strong>Didaktik</strong>en sind<br />
gleichwichtig<br />
Sonstiges<br />
Abb. 9: Spannungsfeld zwischen Sachfach- und<br />
Fremdsprachendidaktik (eigene Darstellung)
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
<strong>der</strong> aktuellen Diskussion verknüpft sind, da sowohl die Gleichwertigkeit bei<strong>der</strong> <strong>Didaktik</strong>en als<br />
auch <strong>der</strong> Fokus auf <strong>der</strong> Sachfachdidaktik unter Berücksichtigung <strong>der</strong> Fremdsprachendidaktik<br />
durch den jeweils vorhandenen dualen Fokus mit dem aktuell dominierenden CLIL-Ansatz<br />
vereinbar sind (vgl. MEHISTO, MARSH & FRIGOLS 2008: 9). Zudem wird dieses Ergebnis<br />
noch durch die Aussage von Herrn M., <strong>der</strong> auf die fehlende Sachdiskussion zu diesem Thema<br />
in Mecklenburg-Vorpommern hinweist und erklärt, dass in Mecklenburg-Vorpommern daher<br />
im bilingualen Unterricht stärker auf die sprachliche Richtigkeit geachtet wird als es in<br />
Nie<strong>der</strong>sachsen <strong>der</strong> Fall ist und die Möglichkeit besteht, diese auch in <strong>der</strong> Leistungsbeurteilung<br />
zu berücksichtigen, bestätigt (vgl. Befragung Herr M., Anhang 2.6).<br />
Bedingt durch die mehrjährige bilinguale Berufserfahrung wurden die LuL während ihrer<br />
Lehrtätigkeit auch schon mit <strong>der</strong> Diskussion zwischen Fachdidaktikern und Praktikern über<br />
die Notwendigkeit einer bilingualen <strong>Didaktik</strong> konfrontiert, so dass bis auf Frau S., die sich<br />
trotz zwölfjähriger bilingualer Berufserfahrung nicht in <strong>der</strong> Lage sieht, diese komplexe<br />
Thematik zu beurteilen, alle LuL einen Standpunkt zu <strong>der</strong> Frage, ob eine fachspezifische o<strong>der</strong><br />
eine fächerübergreifende <strong>Didaktik</strong> für den bilingualen Unterricht entwickelt werden sollte,<br />
vertreten können. Jedoch variieren die einzelnen Meinungen stark. So passt Frau Sch. durch<br />
ihre Argumentation, dass eine Kombination <strong>der</strong> Sachfach- und <strong>der</strong> Fremdsprachendidaktik<br />
durch die LuL selbst völlig ausreicht, als einzige in das von OTTEN und WILDHAGE<br />
skizzierte Bild, in dem Praktiker eine bilinguale <strong>Didaktik</strong> ablehnen. Die an<strong>der</strong>en sieben LuL<br />
sprechen sich entwe<strong>der</strong> für eine fächerübergreifende bzw. fachspezifische bilinguale <strong>Didaktik</strong><br />
o<strong>der</strong> eine Mischung aus beidem aus. Herr M., Herr S. und Frau G.-L. gehören zu denjenigen<br />
bilingualen Erdkundelehrkräften, die aufgrund <strong>der</strong> divergenten Arbeitsmethoden für eine<br />
sachfachspezifische <strong>Didaktik</strong> plädieren (vgl. Befragung Herr M., Anhang 2.6). Frau H. ist<br />
grundsätzlich auch <strong>der</strong> Meinung, dass „wenn eine <strong>Didaktik</strong> entwickelt werden sollte, […]<br />
[diese] auf die einzelnen Fächer ausgerichtet sein [sollte]“ (Befragung Frau H., Anhang 2.3),<br />
dieses aber zu aufwendig ist, so dass keine <strong>Didaktik</strong> entwickelt werden wird. Im Gegensatz zu<br />
dieser Gruppe von bilingualen <strong>Geographie</strong>lehrkräften spricht sich Frau K. für eine fächer-<br />
übergreifende <strong>Didaktik</strong> aus, weil „die grundlegenden Fragestellungen in allen Fächern ähnlich<br />
sind“ (Befragung Frau K., Anhang 2.5). Herr H. und Frau O. stimmen mit <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung nach<br />
einer fächerübergreifenden Grunddidaktik, die z.B. den Aspekt <strong>der</strong> Sprache umfasst, „mit<br />
sachfachspezifischen Aspekten, die nicht fächerübergreifend zu sehen sind“ (Befragung Herr<br />
H., Anhang 2.4) mit <strong>der</strong> Sichtweise von OTTEN und WILDHAGE überein, die eine<br />
bilinguale <strong>Didaktik</strong> mit „eigenständigem Profil – differenziert in fachspezifische und<br />
72
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
fachübergreifende Elemente“ (ebd. 2003: 23) für notwendig erachten und sind daher<br />
zwischen den beiden Gruppen von befragten LuL anzusiedeln.<br />
Trotz dieses differenzierten Meinungsbildes bezüglich <strong>der</strong> Entwicklung einer eigenständigen<br />
<strong>Didaktik</strong> empfindet die Mehrheit <strong>der</strong> befragten LuL (Frau K., Frau G.-L., Herr S., Herr H.<br />
und Frau O.) eine bilinguale <strong>Geographie</strong>didaktik, beson<strong>der</strong>s für Neueinsteiger, als hilfreich,<br />
da sie sowohl eine Entlastung als auch Anregung sein kann, ohne den Freiraum <strong>der</strong> LuL zum<br />
Experimentieren einzuschränken. Im Vergleich dazu sieht Herr M. die Entwicklung einer<br />
bilingualen <strong>Geographie</strong>didaktik etwas kritischer und verweist sowohl auf die Möglichkeit <strong>der</strong><br />
Entlastung als auch auf die <strong>der</strong> Einschränkung, je nachdem wie viele Freiräume den LuL<br />
gelassen werden. Frau H. und Frau Sch., die sich auch gegen die Entwicklung einer <strong>Didaktik</strong><br />
ausgesprochen haben, sehen keine Entlastung durch eine bilinguale <strong>Didaktik</strong> und wollen auch<br />
nicht durch noch mehr Vorschriften, wovon es ihrer Meinung nach schon genug gibt, in ihren<br />
Entscheidungen eingeschränkt werden 29 . Diese Antworten bezüglich einer möglichen<br />
Entlastung bzw. Einschränkung liefern im Zusammenhang mit <strong>der</strong> vorangegangenen Frage<br />
eine erste Bestätigung <strong>der</strong> Hypothese, dass die individuelle Verortung im Spannungsfeld<br />
zwischen <strong>der</strong> Sachfach- und <strong>der</strong> Fremdsprachendidaktik eine wichtige Rolle für die<br />
professionelle Handlungskompetenz <strong>der</strong> bilingualen <strong>Geographie</strong>lehrkräfte bedeutet.<br />
In Anlehnung an das CLIL-Konzept spielt die deutsche Sprache im bilingualen Erdkunde-<br />
unterricht bei fast allen LuL eine untergeordnete Rolle, weil das Prinzip <strong>der</strong> funktionalen<br />
Fremdsprachigkeit (siehe 2.5.1) angewendet wird. Auf die deutsche Sprache wird unter<br />
Berücksichtigung <strong>der</strong> jeweiligen Lerngruppe und <strong>der</strong> jeweiligen Sprachkompetenz <strong>der</strong> SuS<br />
nur zu Beginn des bilingualen Unterrichts, bei Verständnisproblemen, Vermittlung <strong>der</strong><br />
Fachbegriffe, die laut Kerncurriculum in beiden Sprachen vermittelt werden müssen,<br />
organisatorischen Klärungen und bei Verständnisschwierigkeiten, die nicht durch<br />
paraphrasieren gelöst werden können, eingesetzt. Demnach ist es unabdingbar für<br />
professionelle bilinguale Handlungskompetenz über Fremdsprachenkompetenz in schriftlicher<br />
und mündlicher Form, Sprachhandlungskompetenz im Unterrichtskontext sowie ein Gefühl<br />
für authentischen Sprachgebrauch zu verfügen, da ohne diese Kompetenzen die Sprache nicht<br />
als Mittel zum Zweck eingesetzt werden könnte. Nur Frau H. und Herr M. schreiben <strong>der</strong><br />
deutschen Sprache aufgrund <strong>der</strong> Bezeichnung bilingual, was eigentlich zweisprachig heißt,<br />
eine nicht unbedeutende Rolle zu. Trotz dieser Einstellung benutzt Frau H. hauptsächlich die<br />
Fremdsprache und greift nur bei Verständnisproblemen auf die Muttersprache zurück,<br />
wohingegen Herr M. auf ein ausgewogenes Verhältnis bei<strong>der</strong> Sprachen, mit beson<strong>der</strong>em<br />
29 Die Antwort von Frau S. wurde bei dieser Frage nicht berücksichtigt, da sie aufgrund von Ungenauigkeiten<br />
keinem Standpunkt zuzuordnen ist.<br />
73
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
Fokus auf die Fachsprache achtet, weil in Mecklenburg-Vorpommern die bilingualen<br />
Abiturklausuren in <strong>Geographie</strong> auf Deutsch geschrieben werden.<br />
Außerdem sollten die LuL Kenntnisse über den Zweitsprachenerwerb haben und das<br />
Sprachniveau <strong>der</strong> SuS einschätzen können, denn nur dann ist es möglich den Einsatz <strong>der</strong><br />
Muttersprache, auch bezüglich des code-switching, optimal zu dosieren. Unter einer<br />
optimalen Dosierung verstehen die befragten LuL die deutsche Sprache „so selten wie<br />
möglich, [aber] so oft wie nötig“ (Befragung Frau S. Anhang 2.8) einzusetzen. Ziel ist es<br />
jedoch, dass sich die SuS eine „entsprechende coping language 30 für Nachfragen an[...]eignen<br />
[und] sich möglichst auf Englisch ausdrücken“ (Befragung Frau O., Anhang 2.7). Die<br />
Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass obwohl die SuS die Möglichkeit haben in<br />
Leistungskontrollen und im Unterricht die Muttersprache zu verwenden, davon in <strong>der</strong> Regel<br />
kein Gebrauch gemacht wird, da die SuS „die englische Sprache nach vier bis sechs Wochen<br />
als U[nterrichts]-Sprache akzeptieren“ (Befragung Frau Sch., Anhang 2.10) und die<br />
Verwendung <strong>der</strong> Muttersprache durch gute Vorbereitung seitens <strong>der</strong> LuL nicht mehr<br />
notwendig ist. Herr H. weist zudem darauf hin, dass die LuL bei <strong>der</strong> Anwendung von code-<br />
switching auf „eine klare Trennung zwischen den Sprachsystemen [achten sollten], um<br />
Interferenzen zu vermeiden“ (Befragung Herr H., Anhang 2.4). Somit sollten die LuL nicht<br />
nur über gut ausgebildete Sprachsysteme in ihrer Muttersprache und <strong>der</strong> Fremdsprache<br />
verfügen, son<strong>der</strong>n auch über die Fähigkeit bei code-switching seitens <strong>der</strong> SuS auf eine klare<br />
Abgrenzung zur Unterrichtssprache zu achten.<br />
Die Antworten <strong>der</strong> LuL zum Umgang mit Verständnisproblemen und zu den verwendeten<br />
Stützmaßnahmen haben nicht nur Erkenntnisse über den Umgang mit Verständnisproblemen<br />
und scaffolding im bilingualen <strong>Geographie</strong>unterricht gebracht, son<strong>der</strong>n auch die bereits<br />
festgestellte herausragende Bedeutung <strong>der</strong> funktionalen Fremdsprachigkeit für den<br />
bilingualen Erdkundeunterricht bestätigt, die wie<strong>der</strong>um die Notwendigkeit einer gewissen<br />
Sprachkompetenz in <strong>der</strong> Fremdsprache seitens <strong>der</strong> LuL betont. Diese Bestätigung resultiert<br />
aus den Aussagen <strong>der</strong> LuL, dass sie bei Nachfragen die unverständlichen Aspekte zuerst<br />
immer paraphrasieren, was eine gewisse Wortgewandheit in <strong>der</strong> Fremdsprache voraussetzt,<br />
bzw. an<strong>der</strong>e SuS bitten dies zu tun, o<strong>der</strong> Visualisierungen, Vokabellisten und an<strong>der</strong>e<br />
unterstützende Elemente zur Hilfe nehmen, bevor sie bei unlösbaren Verständnisproblemen<br />
auf die Muttersprache zurückgreifen (vgl. Befragung Herr H., Herr S., Frau G.-L., Frau K.,<br />
Frau S. und Frau H., Anhang 2). Bezüglich des Umgangs mit Verständnisproblemen weisen<br />
Frau O. und Herr M. zudem auf zwei wichtige Aspekte hin. Zum einen, dass „die SuS […]<br />
30 Eigene Hervorhebung.<br />
74
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
das Gefühl haben [sollten], dass es in Ordnung ist, nicht alles (sofort) zu verstehen und<br />
nachzufragen“ (Befragung Frau O., Anhang 2.7), damit die Motivation hoch gehalten wird<br />
und die SuS die mündliche Mitarbeit nicht aus Angst vor Fehlern bzw. <strong>der</strong> Offenbarung von<br />
Verständnisproblemen einstellen. Zum an<strong>der</strong>en sollten die LuL bei Verständnisproblemen<br />
darauf achten, „ob diese Probleme auf <strong>der</strong> mangelnden Nacharbeit von Fachvokabular u.ä.<br />
beruhen“ (Befragung Herr M., Anhang 2.6) o<strong>der</strong> auf an<strong>der</strong>e Probleme zurückzuführen sind.<br />
Diese Ursachenanalyse erfor<strong>der</strong>t von professionellen bilingualen <strong>Geographie</strong>lehrkräften eine<br />
gute diagnostische Kompetenz bezüglich des Fremdsprachenerwerbs und geographischen<br />
Fachvokabulars, das auch im regulären Erdkundeunterricht zu Verständnisproblemen führen<br />
kann, wenn ein Fachbegriff nicht ausreichend erläutert wird. Neben diesen Erkenntnissen<br />
haben die Fragen nach dem Umgang mit <strong>der</strong> möglichen Diskrepanz zwischen<br />
fremdsprachlichem und kognitivem Wissen seitens <strong>der</strong> SuS sowie die Erläuterung <strong>der</strong><br />
Maßnahmen zur Vorbeugung von Verständnisproblemen gezeigt, dass alle befragten LuL<br />
unterschiedliche Maßnahmen des scaffolding (siehe 2.5.2) einsetzen. Beispielhaft wurden<br />
gezielte Vokabelentlastungen und Vokabellisten, <strong>der</strong> Einsatz <strong>der</strong> Muttersprache beson<strong>der</strong>s bei<br />
sprachlicher und fachlicher Diskrepanz, Reduktion <strong>der</strong> Textfülle und Komplexität, Erhöhung<br />
<strong>der</strong> Anschaulichkeit durch Illustrationen, Filme, Fotos etc., Einsatz <strong>der</strong> skill pages aus <strong>der</strong><br />
bilingualen Reihe von Westermann, Anpassung <strong>der</strong> Aufgabenformate und Fragerunden nach<br />
dem Lesen von Texten genannt. Die Bandbreite <strong>der</strong> Nennungen verdeutlicht, dass zur<br />
professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte nicht nur Grundlagen-<br />
kenntnisse geographischer Arbeitsmethoden, son<strong>der</strong>n auch Kenntnisse <strong>der</strong> Fremdsprachen-<br />
didaktik zählen. Folglich wird damit neben <strong>der</strong> Fachkompetenz die Notwendigkeit einer<br />
fundierten fremdsprachendidaktischen Ausbildung, die die LuL für sinnvoll und weniger<br />
arbeitsaufwendig halten als den Erwerb <strong>der</strong> Sprachkompetenz im Ausland, betont. Außerdem<br />
ist durch den Verweis auf die Möglichkeit <strong>der</strong> „Anpassung <strong>der</strong> Aufgabenformate (matching<br />
exercises, pictures 31 , Textversatzstücke zur ‚gestützten‘ Kommunikation)“ (Befragung Frau<br />
O., Anhang 2.7) und die Reduktion <strong>der</strong> Textfülle die erste Hypothese bezüglich <strong>der</strong> Material-<br />
gestaltungskompetenz ansatzweise bestätigt worden. Da die LuL in <strong>der</strong> Regel immer nur ein<br />
o<strong>der</strong> zwei Maßnahmen beispielhaft genannt haben, hat es sich bewährt, im Anschluss an diese<br />
Fragen nochmal explizit nach <strong>der</strong> Rolle von methodischen Übungen aus dem Fremdsprachen-<br />
unterricht und dem Wechsel <strong>der</strong> Darstellungsformen zu fragen.<br />
Auch bezüglich <strong>der</strong> Rolle fremdsprachlicher Methoden im bilingualen <strong>Geographie</strong>unterricht<br />
herrscht eine fast einheitliche Meinung vor. So verwenden die befragten LuL nicht nur<br />
31 Eigene Hervorhebung.<br />
75
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
flächendeckend unterschiedliche Methoden aus dem Fremdsprachenunterricht, wie Wort-<br />
schatzarbeit, Ausspracheübungen, Sprachmittlungsaufgaben für kreative Hausaufgaben,<br />
Rollenspiele, Tagebucheinträge z.B. After the Earthquake (vgl. Befragung Frau O., Anhang<br />
2.7) o<strong>der</strong> Übungen zum Hörverstehen, in allen Unterrichtsphasen, son<strong>der</strong>n vertreten auch die<br />
Meinung, dass es sich dabei um notwendige und unterstützende Maßnahmen handelt, diese<br />
jedoch dem Sachfach untergeordnet sind. Trotzdem kommt den methodischen Übungen des<br />
Fremdsprachenunterrichts eine wichtige Rolle zu, weil sie häufig in je<strong>der</strong> Stunde „funktional<br />
für das Erreichen eines durch das Sachfach definierten Ziels hilfreich sind“ (Befragung Herr<br />
H., Anhang 2.4) bzw. benötigt werden und gleichzeitig „schwierige sprachliche Inhalte<br />
umschifft und bewältigt werden“ (Befragung Frau Sch., Anhang 2.10) können. Zudem wird<br />
aber betont, dass es sich bei dieser Art von Übungen im bilingualen Erdkundeunterricht nicht<br />
um Sprachunterricht im herkömmlichen Sinne handelt, son<strong>der</strong>n eher um ein Mittel zum<br />
Zweck (vgl. Befragung Herr S., Anhang 2.9 und Befragung Frau H., Anhang 2.3). Aufgrund<br />
dieser Tatsache ist die von 67% <strong>der</strong> befragten LuL gefor<strong>der</strong>te spezifische bilinguale<br />
Ausbildung als sinnvoll einzustufen, da im Rahmen eines spezifischen Ausbildungs-<br />
programms auf diese Beson<strong>der</strong>heiten eingegangen werden kann.<br />
Auch das Prinzip <strong>der</strong><br />
Anschaulichkeit und<br />
<strong>der</strong> Wechsel <strong>der</strong> Dar-<br />
stellungsformen wird<br />
einheitlich als geeig-<br />
nete Methode für den<br />
bilingualen Unterricht,<br />
in diesem Fall bi-<br />
lingualenErdkunde- 22%<br />
22%<br />
unterricht, empfunden (siehe Abb.10). 78% <strong>der</strong> LuL sehen ein beson<strong>der</strong>es didaktisches<br />
Potential im Wechsel <strong>der</strong> Darstellungsformen, weil dadurch die SuS bei ihrem aktuellem<br />
Wissenstand und ihren Möglichkeiten abgeholt werden (vgl. LEISEN 2005: 10f). 22 % davon<br />
sehen dieses Potential jedoch fächerübergreifend, wohingegen die übrigen 56% ein<br />
beson<strong>der</strong>es Potential für bilingualen Unterricht erkennen, da unterschiedliche „Medien helfen<br />
Sachverhalte in <strong>der</strong> Fremdsprache zu versprachlichen“ (Befragung Herr S., Anhang 2.9).<br />
Obwohl den übrigen 22% <strong>der</strong> Wechsel <strong>der</strong> Darstellungsformen nicht bekannt ist, lässt sich<br />
aus den gegebenen Antworten zu beson<strong>der</strong>s geeigneten Methoden schließen, dass auch diese<br />
zwei LuL im Wechsel <strong>der</strong> Darstellungsformen ein beson<strong>der</strong>s Potential sehen. Offen bleibt<br />
76<br />
56%<br />
beson<strong>der</strong>es didaktisches Potenzial<br />
im bilingualen Erdkundeunterricht<br />
beson<strong>der</strong>es didaktisches Potential<br />
für jedes Fach<br />
sonstiges<br />
Abb. 10: Potential des Wechsels <strong>der</strong> Darstellungsformen für den<br />
bilingualen Erdkundeunterricht (eigene Darstellung)
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
nur, ob sie dieses als fächerübergreifendes o<strong>der</strong> spezifisches Potential für bilingualen<br />
Unterricht sehen. Somit spricht auch dieses Ergebnis für ein spezifisches Ausbildungs-<br />
programm für bilinguale LuL, um den zukünftigen bilingualen LuL schon während <strong>der</strong><br />
Ausbildung schon so viel Professionalität wie möglich bzw. die Grundlagen für professionelle<br />
Handlungskompetenz zu vermitteln.<br />
Um einschätzen zu können, ob professionelle Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>-<br />
lehrkräfte auch Wissen über aktuelle Spracherwerbstheorien umfasst, wurden die LuL nach<br />
beson<strong>der</strong>s geeigneten Methoden für den bilingualen Erdkundeunterricht gefragt, so dass<br />
überprüft werden kann, ob diese den aktuellen Theorien und Ansichten entsprechen (vgl.<br />
OTTEN & WILDHAGE 2003: 27; SHRUM & GLISAN 2005: 14ff). Da alle befragten LuL,<br />
mit Ausnahme von Frau Sch., Methoden, die dem aktuellen Forschungsstand entsprechen und<br />
den Spracherwerb för<strong>der</strong>n, als beson<strong>der</strong>s geeignet aufführen, kann das Wissen über aktuelle<br />
Spracherwerbstheorien als Teil professioneller Handlungskompetenz angesehen werden. Als<br />
beson<strong>der</strong>s geeignet wurden unter an<strong>der</strong>em visuelle Medien (Bil<strong>der</strong>, Filme etc.), kom-<br />
munikationsför<strong>der</strong>nde Methoden (Partner- und Gruppenarbeit, Rollenspiele etc.), Unterrichts-<br />
formen, die individuelles Lernen för<strong>der</strong>n (Projekte, Einzelarbeit, Kurzreferate etc.) und<br />
Methoden, die den SuS Sicherheit im Sprachgebrauch bzw. bei Ergebnispräsentationen<br />
geben (z.B. arbeitsteilige Gruppenarbeit) genannt, weil sie motivierend und schüler-<br />
aktivierend sind, so dass die Selbstsicherheit <strong>der</strong> SuS im Umgang mit <strong>der</strong> Fremdsprache<br />
gestärkt wird und gute Voraussetzungen zum Erreichen <strong>der</strong> Zielsetzungen bilingualen<br />
Erdkundeunterrichts gegeben sind (vgl. 2.3). Die Verwendung von unterschiedlichen Medien,<br />
beson<strong>der</strong>s digitalen Medien aus dem Alltag <strong>der</strong> SuS, erfor<strong>der</strong>t von den LuL auch eine<br />
Bereitschaft <strong>der</strong> kontinuierlichen Weiterbildung in diesem Bereich, um den richtigen Einsatz<br />
<strong>der</strong> Medien im Unterricht gewährleisten zu können.<br />
Basierend auf den Ergebnissen <strong>der</strong> exemplarischen Schulbuchanalyse, <strong>der</strong> Schülerbefragung<br />
(siehe 2.8) und eigenen Erfahrungen, wurde die Facette <strong>der</strong> Materialkompetenz zu dem<br />
ursprünglichen Modell von BAUMERT und KUNTER hinzugefügt, weil die vorhanden<br />
Materialien für den bilingualen Erdkundeunterricht in <strong>der</strong> Regel nie allen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
gerecht werden können, so dass die LuL die Materialien entwe<strong>der</strong> an die jeweilige Klassen-<br />
situation anpassen o<strong>der</strong> sogar selbst eigene Materialien entwickeln müssen, um bei den SuS<br />
einen Lernerfolg verzeichnen zu können (vgl. WOLFF 2007: 66; LENZ 2006: 185f;<br />
VOLLMER 1999: 145ff, KUPETZ & WOLTIN 2012: 8). Die Bandbreite <strong>der</strong> verwendeten<br />
Materialien (siehe Abb.11), die miteinan<strong>der</strong> kombiniert und adaptiert von den befragten LuL<br />
als Materialien für den bilingualen <strong>Geographie</strong>unterricht eingesetzt werden, bestätigt ebenso<br />
77
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
wie <strong>der</strong> große Anteil selbst erstellter Materialien die Hypothese, dass professionelle bilinguale<br />
<strong>Geographie</strong>lehrkräfte über Materialkompetenz verfügen sollten. Als Materialbasis verwenden<br />
alle neun LuL die bilinguale Reihe von Westermann, die auch in <strong>der</strong> exemplarischen<br />
Schulbuchanalyse berücksichtigt wurde, und ergänzen diese mit unterschiedlichen<br />
Materialien ihrer Wahl, z.B. authentischen Materialien aus dem Internet, Themenheften,<br />
Arbeitsblättern aus Fachzeitschriften, britischen Schulbüchern und selbst erstellten<br />
Materialien.<br />
120%<br />
100%<br />
80%<br />
60%<br />
40%<br />
20%<br />
0%<br />
Abb. 11: Im bilingualen Erdkundeunterricht verwendete Materialien (eigene Darstellung)<br />
Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass die LuL die vorhandenen Materialien unterschiedlich<br />
bewerten, so dass die selbst erstellten Materialien zwar von allen LuL eingesetzt werden, aber<br />
in unterschiedlichem Ausmaß. 56% <strong>der</strong> bilingualen <strong>Geographie</strong>lehrkräfte (Herr H., Frau S.,<br />
Frau O., Frau H., und Frau Sch.) setzten selbst erstellte Materialien in mindestens <strong>der</strong> Hälfte<br />
<strong>der</strong> Stunden bzw. fast jede Stunde ein, „da die vorliegenden Materialien in <strong>der</strong> Regel nicht<br />
alle Aspekte des gültigen Kerncurriculums abdecken“ (Befragung Herr H., Anhang 2.4). Herr<br />
M. dagegen nutzt aufgrund <strong>der</strong> verbesserten Materialsituation im Vergleich zur Konzept-<br />
entwicklungsphase selbst erstellte Materialien immer seltener. Auch Frau K. verwendet eher<br />
78
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
selten selbst erstellte Materialien, „da die Erarbeitung doch zeitaufwendiger ist […] [und]<br />
auch die sprachliche Entlastung gewährleistet werden muss“ (Befragung Frau K., Anhang<br />
2.5). Diese Einschränkungen heben erneut die große Bedeutung <strong>der</strong> selbstregulativen<br />
Kompetenzen bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte hervor, die notwendig sind, um sich selbst<br />
nicht zu überlasten, und sprechen gleichzeitig für eine spezifische Ausbildung, in <strong>der</strong> die<br />
zukünftigen LuL lernen Materialien zu erstellen, die den Anfor<strong>der</strong>ungen des bilingualen<br />
Erdkundeunterrichts entsprechen.<br />
Außerdem verdeutlicht die häufige Verwendung selbst erstellter Materialien, dass die<br />
vorhandenen Materialien nicht allen Anfor<strong>der</strong>ungen des bilingualen <strong>Geographie</strong>unterrichts<br />
bzw. den individuellen Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> LuL nicht gerecht werden. Trotz einiger<br />
individueller Schwerpunktsetzungen haben die befragten LuL die gleichen Anfor<strong>der</strong>ungen an<br />
bilinguale Erdkundematerialien, die auch mit den von VOLLMER formulierten<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen übereinstimmen (vgl. ebd. 1999: 145ff). „So sollten [die Materialien] die vom<br />
Sachfach gefor<strong>der</strong>ten Inhalte unter Berücksichtigung einer beson<strong>der</strong>s hohen Anschaulichkeit<br />
abdecken und die notwendigen Hilfen anbieten“ (Befragung Herr H., Anhang 2.4). Zu den<br />
notwendigen Hilfestellungen zählen eine klare Aufgabenstellung, eine sprachliche Anpassung<br />
an die jeweilige Lerngruppe und Ideen zur Wortschatzarbeit (vgl. Befragung Herr S., Anhang<br />
2.9 und Frau H., Anhang 2.3). „Ansonsten gelten dieselben Maßstäbe wie für deutsch-<br />
sprachiges Material (Anschaulichkeit, Aktualität [und keine inhaltliche Überfrachtung])“<br />
(Befragung Frau K., Anhang 2.5).<br />
4.5.4 Unterrichtsplanung und -durchführung<br />
Der Vergleich des bilingualen mit dem regulären Erdkundeunterricht bezüglich <strong>der</strong> Planung<br />
und <strong>der</strong> <strong>Didaktik</strong> hat ergeben, dass alle befragten LuL, bis auf Frau Sch., die keine<br />
Unterschiede in <strong>der</strong> Planung und <strong>Didaktik</strong> sieht, aufgrund <strong>der</strong> stärkeren didaktischen<br />
Reduktion, dem Erstellen eigener Materialien sowie <strong>der</strong> Antizipation sprachlicher und<br />
begrifflicher Schwierigkeiten mehr Vorbereitungszeit, „zumindest beim ersten Durchgang<br />
einer Einheit“ (Befragung Frau H., Anhang 2.3), für den bilingualen Erdkundeunterricht<br />
benötigen als für den Regulären. Begründet wird <strong>der</strong> zeitliche Mehraufwand einerseits durch<br />
die Integration <strong>der</strong> „Extra-Ebene <strong>der</strong> Sprachentlastung“ (Befragung Frau O., Anhang 2.7) und<br />
durch den höheren zeitlichen Aufwand, <strong>der</strong> „bei <strong>der</strong> Suche nach geeigneten Materialien<br />
gebraucht [wird], da zumindest bei bestimmten Themen noch nicht so viel Angebot da ist“<br />
(Befragung Frau K., Anhang 2.5). Dieser Mehraufwand ist jedoch nicht nur mit dem Thema,<br />
son<strong>der</strong>n auch mit <strong>der</strong> Erfahrung <strong>der</strong> LuL verknüpft, weil in <strong>der</strong> Regel die Unterrichtsplanung<br />
79
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
und die eigene Materialsammlung mit zunehmen<strong>der</strong> Berufserfahrung steigt (vgl. Befragung<br />
Herr H., Anhang 2.4). Zudem verweist Frau K. auf die Verwendung von Materialien und<br />
mehr exemplarischen Beispielen aus dem englischsprachigen Raum. Die längere<br />
Vorbereitungszeit für den bilingualen Erdkundeunterricht und die Auswahl an<strong>der</strong>er Fall-<br />
beispiele, die im regulären Erdkundeunterricht nicht verwendet werden, bestätigen den<br />
vermuteten Mehraufwand und die grundlegende Bedeutung selbstregulativer Fähigkeiten für<br />
professionelles Handeln im bilingualen Erdkundeunterricht.<br />
Bezüglich <strong>der</strong> Unterschiede in <strong>der</strong> Gestaltung und <strong>der</strong> Methodik verweisen Frau H. und Frau<br />
S. erneut auf den größeren Aufwand, wie schon bei <strong>der</strong> Planung des Unterrichts. Weitere<br />
genannte Unterschiede sind <strong>der</strong> häufigere Wechsel <strong>der</strong> Darstellungsformen und Methoden zur<br />
sprachlichen Vertiefung mit „einem beson<strong>der</strong>s hohen Anteil an Schülerselbsttätigkeit,<br />
verstärkter Einsatz visueller Medien und [kommunikative und interaktionsför<strong>der</strong>nde]<br />
Methoden zur Umwälzung des relevanten Sprachmaterials“ (Befragung Herr H., Anhang 2.4).<br />
Zudem „sind immer wie<strong>der</strong> Phasen zum Spracherwerb und zur -festigung einzubauen, z.B.<br />
Wie<strong>der</strong>holungen wichtiger Vokabeln zu Stundenbeginn, Entlastung <strong>der</strong> zu lesenden Texte<br />
durch Vokabellisten […], Hilfestellungen methodischen Wortschatzes bei <strong>der</strong> Arbeit mit<br />
Graphen, Fotos, Karten etc.“ (Befragung Frau K., Anhang 2.5) in den Unterricht einzubauen,<br />
so dass es einer guten Zeitplanung seitens <strong>der</strong> LuL bedarf, die vorgeschriebenen Themen, die<br />
auch im regulären Erdkundeunterricht behandelt werden, unter Berücksichtigung <strong>der</strong><br />
methodischen Beson<strong>der</strong>heiten erfolgreich zu vermitteln. Nur Herr S. vertritt die Meinung,<br />
dass es keine großen Unterschiede bezüglich <strong>der</strong> Gestaltung und Methodik gibt, obwohl seine<br />
weiteren Antworten dies wie<strong>der</strong>legen (vgl. Befragung Herr S., Anhang 2.9). Eben diese<br />
aufgeführten methodischen Beson<strong>der</strong>heiten erfor<strong>der</strong>n von professionellen bilingualen<br />
<strong>Geographie</strong>lehrkräften didaktisches Wissen über interaktionsför<strong>der</strong>nde Unterrichtsmethoden,<br />
Wortschatzarbeit und eine gute Fremdsprachenkompetenz, um durch eine Umwälzung <strong>der</strong><br />
Begriffe bei den SuS sowohl einen fachlichen Zuwachs als auch die Entwicklung <strong>der</strong><br />
Fremdsprachenkompetenz hervorzurufen, was wie<strong>der</strong>um eine spezifische bilinguale Lehrer-<br />
ausbildung befürwortet.<br />
Bei <strong>der</strong> Themenwahl gibt es nach Meinung von Frau O., Herr S., Frau G.-L. und Frau Sch.<br />
grundsätzlich keine ungeeigneten Themen, „da Englisch die <strong>der</strong>zeitige ‚Weltsprache‘ ist<br />
[…][und] sich an sich alle Themen für eine authentische Auseinan<strong>der</strong>setzung auf Englisch“<br />
(Befragung Frau O., Anhang 2.7) eignen. „Beson<strong>der</strong>s gut eignet sich natürlich das Thema<br />
USA“ (Befragung Herr S., Anhang 2.9), wohingegen das Thema Deutschland in Europa eher<br />
schwierig auf Englisch zu thematisieren ist (vgl. Befragung Herr S., Anhang 2.9) und dadurch<br />
80
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
einen höheren Aufwand für die LuL bedeutet. Ansonsten werden physisch-natur-<br />
geographische Themen und stark wirtschaftsgeographische Themen, beson<strong>der</strong>s in den unteren<br />
Jahrgängen, aufgrund des zu bewältigenden Wortschatzes von Frau H., Frau K. und Frau S.<br />
als schwierig zu vermitteln empfunden. Hilfreich sind dabei sehr anschauliche Themen, wie<br />
z.B. Vulkanismus, und Themen wie Tourismus, „da das ‚Rückfallen‘ auf die englische<br />
Sprache im Ausland den SuS in diesem Zusammenhang aus dem (Ferien-)Alltag bekannt ist“<br />
(Befragung Frau K., Anhang 2.5). Zudem eignen sich alle Themen, die Selbsttätigkeit,<br />
Interaktionen etc. för<strong>der</strong>n, beson<strong>der</strong>s für den bilingualen Erdkundeunterricht (vgl. Befragung<br />
Herr H., Anhang 2.4).<br />
Die Äußerungen zu Unterschieden in <strong>der</strong> Rolle <strong>der</strong> Lehrperson in bilingualem und regulärem<br />
Unterricht spiegelt grundsätzlich bei allen LuL das CLIL-Konzept wie<strong>der</strong>. Die Antworten von<br />
Frau K. und Herrn M. spiegeln den dualen Fokus des CLIL-Ansatzes am stärksten wie<strong>der</strong>,<br />
indem betont wird, dass bilinguale Erdkundelehrkräfte sowohl Fach- als auch Fremdsprachen-<br />
lehrkräfte sind. Die an<strong>der</strong>en befragten LuL betonen zwar, dass es bezüglich <strong>der</strong> Lehrerrolle<br />
eigentlich keine wesentlichen Unterschiede gibt, heben aber explizit die zusätzliche Funktion<br />
des Sprachvorbildes und Notwendigkeit sprachlicher Stützmaßnahmen hervor, die von den<br />
LuL „eine hohe sprachliche Kompetenz und Authentizität“ (Befragung Frau Sch., Anhang<br />
2.10) for<strong>der</strong>n. Sprachliche Authentizität heißt in diesem Fall nicht nur authentischer Sprach-<br />
gebrauch, son<strong>der</strong>n sich auch als Lehrer als Sprachlerner zu sehen, sofern Englisch nicht die<br />
eigene Muttersprache ist (vgl. Befragung Frau O., Anhang 2.7). Dadurch wird die eingangs<br />
betonte duale Ausbildung, im Sachfach und <strong>der</strong> Fremdsprache, bilingualer <strong>Geographie</strong>-<br />
lehrkräfte nochmals hervorgehoben und die zweite Hypothese, dass bilinguale <strong>Geographie</strong>-<br />
lehrkräfte sowohl über Fachkompetenz als auch über Fremdsprachenkompetenz verfügen<br />
sollten, bestätigt.<br />
4.5.5 Professionswissen<br />
Obwohl die Angaben <strong>der</strong> einzelnen LuL zu den Kompetenzen, die eine bilinguale<br />
<strong>Geographie</strong>lehrkraft ausmachen, stark in ihrer Komplexität variieren, fassen sie die zuvor<br />
angesprochenen Kompetenzen bzw. die individuellen Schwerpunktsetzungen <strong>der</strong> einzelnen<br />
LuL prägnant zusammen, so dass eine Kombination <strong>der</strong> Antworten die in <strong>der</strong> Ausarbeitung<br />
angesprochenen professionellen Kompetenzen bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte treffend<br />
beschreibt. Eine professionelle bilinguale Erdkundelehrkraft ist demnach eine Person, die<br />
„fachlich gut ausgebildet ist (Erdkundestudium)“ (Befragung Frau K., Anhang 2.5), „sicher<br />
und authentisch in <strong>der</strong> Zielsprache Englisch auftritt ohne einen Anspruch auf Perfektion zu<br />
81
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
erheben (we<strong>der</strong> bei sich selbst noch bei den [Schülerinnen und] Schülern)“ (Befragung Frau<br />
O., Anhang 2.7) „und um Lernschwierigkeiten deutscher [Schülerinnen und] Schüler in<br />
Bezug auf die Fremdsprache weiß (wenn sie nicht sowieso für diese ausgebildet ist)“<br />
(Befragung Frau K., Anhang 2.5), so dass die Inhalte des Fachs Erdkunde „kompetent und<br />
authentisch […] in englischer Sprache vermittelt“ (Befragung Frau Sch., Anhang 2.10)<br />
werden. Dabei sollten die Sachverhalte so aufbereitet werden, „dass es den [Schülerinnen<br />
und] Schülern Spaß bringt und sie nicht merken, dass sie sich dabei in einer Fremdsprache<br />
bewegen“ (Befragung Herr S., Anhang 2.9). „Außerdem muss diese Person bereit sein,<br />
zugunsten <strong>der</strong> sprachlichen Verständlichkeit auf ‚fachliche Raffinessen‘ zu verzichten“<br />
(Befragung Frau K., Anhang 2.5). 32 Demnach erreicht eine bilinguale Erdkundelehrkraft ihre<br />
SuS, wenn sie „ihre Schülerinnen und Schüler for<strong>der</strong>t, aber nicht überfor<strong>der</strong>t“ (Befragung<br />
Frau H., Anhang 2.3), „kompetent auftritt, d.h. sowohl fremdsprachlich und inhaltlich fest im<br />
Sattel sitzt, […] bei Schwierigkeiten [durch Maßnahmen des scaffolding und im Notfall auch<br />
durch Verwendung <strong>der</strong> Muttersprache] hilft, zum sprechen animiert, Freude am Verwenden<br />
<strong>der</strong> Fremdsprache vermittelt [und es] schafft jedes Mal einen situativen Kontext [zu<br />
gestalten], dem die [Schülerinnen und] Schüler mit Neugierde und Erwartungen begegnen“<br />
(Befragung Frau Sch., Anhang 2.10) und „motivierendes, aber sprachlich nicht über-<br />
for<strong>der</strong>ndes Material bereitstellt, auf Abwechslung achtet, Phasen zur Wortschatzarbeit einbaut<br />
und über sprachliche Schnitzer <strong>der</strong> [Schülerinnen und] Schüler entwe<strong>der</strong> großzügig<br />
hinweghört o<strong>der</strong> behutsam korrigiert“ (Befragung Frau K., Anhang 2.5). Wenn eine<br />
bilinguale <strong>Geographie</strong>lehrkraft Defizite in einem dieser Bereiche aufweist, so dass sie „ihre<br />
[Schülerinnen und] Schüler sprachlich überfor<strong>der</strong>t o<strong>der</strong> selbst nicht souverän in <strong>der</strong><br />
Fremdsprache ist“ (Befragung Frau K., Anhang 2.5), „die Materialien zu komplex sind und<br />
die neuen Vokabeln nicht vorentlastet werden“ (Befragung Herr S., Anhang 2.4), sie<br />
„versucht im gleichen Lerntempo zu unterrichten wie in <strong>der</strong> Muttersprache“ (Befragung Frau<br />
H., Anhang 2.3) und dadurch „die Schere zwischen Wissen und Sprachkompetenz nicht<br />
schließen kann“ (Befragung Herr H., Anhang 2.4), können die Ziele des bilingualen<br />
Erdkundeunterrichts aufgrund nicht ausreichen<strong>der</strong> professioneller Handlungskompetenz nicht<br />
vollständig erreicht werden.<br />
32 Diese Definition einer professionellen bilingualen <strong>Geographie</strong>lehrkraft umfasst durch die<br />
Nichtberücksichtigung einiger Aspekte professioneller Handlungskompetenzen bei <strong>der</strong> Befragung, die nicht<br />
nur spezifisch für bilinguale <strong>Geographie</strong>lehrkräfte sind, die professionelle Handlungskompetenz nicht in<br />
vollem Umfang. Für eine alle Aspekte umfassende Definition müssen die nicht berücksichtigten Aspekte<br />
noch ergänzend hinzugefügt werden.<br />
82
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
4.6 Vergleich von Theorie und Praxis<br />
Die Befragung hat gezeigt, dass die erfahrenen bilingualen <strong>Geographie</strong>lehrkräfte nicht nur<br />
implizit mit den zuvor formulierten Kompetenzen bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte (siehe<br />
Abb. 6) übereinstimmen, son<strong>der</strong>n viele Facetten <strong>der</strong> Kompetenzbereiche auch selbst mit<br />
individuell variieren<strong>der</strong> Schwerpunktsetzung explizit angesprochen haben. Somit hat die<br />
Befragung bestätigt, dass sowohl die übergeordneten Aspekte <strong>der</strong> Wert-<br />
haltungen/Überzeugungen, die motivationale Orientierung und die Fähigkeit <strong>der</strong><br />
Selbstregulation als auch die Kompetenzbereiche Fachwissen, fachdidaktisches Wissen,<br />
diagnostische Fähigkeiten und Materialkompetenz zu den professionellen Handlungs-<br />
kompetenzen bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte zählen. Hinzu kommen noch die Bereiche des<br />
pädagogisch-psychologischen Wissens, das aufgrund <strong>der</strong> Allgemeingültigkeit für alle Fächer<br />
nicht weiter thematisiert wurde, das Organisations- und Beratungswissens, die aufgrund <strong>der</strong><br />
engen Verknüpfung mit <strong>der</strong> jeweiligen Schule nicht in <strong>der</strong> Befragung berücksichtigt wurden,<br />
sowie die interkulturelle Kompetenz, die wegen <strong>der</strong> elementaren Bedeutung für regulären<br />
Erdkundeunterricht auf bilingualen Erdkundeunterricht übertragen wurde, ohne dies weiter zu<br />
hinterfragen.<br />
Die übergeordnete Bedeutung <strong>der</strong> Werthaltungen bzw. Überzeugungen wird durch die<br />
Verortung im Spannungsfeld zwischen <strong>der</strong> Sachfach- und Fremdsprachendidaktik, die alle<br />
LuL, wie von BONGARTZ und DZIAK-MAHLER gefor<strong>der</strong>t, vorgenommen haben, ver-<br />
deutlicht (vgl. ebd. 2007: 85). Bezüglich dieser Facette professioneller Handlungskompetenz,<br />
vertreten alle LuL, trotz unterschiedlicher Schwerpunktsetzungen, die zwischen einer<br />
Gleichwertigkeit bei<strong>der</strong> Fächer und <strong>der</strong> Dominanz des Sachfaches variieren, den dualen<br />
Fokus vom CLIL-Konzept (vgl. MEHISTO, MARSH & FRIGOLS 2008: 9). Folglich kann<br />
die vierte Hypothese, die aufgrund <strong>der</strong> individuellen Verortung im Spannungsfeld zwischen<br />
<strong>der</strong> Sachfach- und <strong>der</strong> Fremdsprachendidaktik unterschiedliche Anfor<strong>der</strong>ungen seitens <strong>der</strong><br />
LuL bezüglich <strong>der</strong> professionellen Handlungskompetenz vermutet, nur insofern ansatzweise<br />
bestätigt werden, dass Herr M. durch die stärkere Betonung des Begriffs bilingual in<br />
Mecklenburg-Vorpommern im Vergleich zu den an<strong>der</strong>en LuL vermehrt auf die deutsche<br />
Sprache zurückgreift. Außerdem kann die unterschiedliche Schwerpunktsetzung für eine<br />
zukünftige bilinguale Lehrerausbildung als Bestätigung <strong>der</strong> Hypothese gesehen werden, weil<br />
die LuL differenzierte Schwerpunkte setzen würden (siehe 4.5.2).<br />
Die elementare Bedeutung einer positiven motivationalen Orientierung und großem Interesse<br />
am bilingualen Erdkundeunterricht für professionelle Handlungskompetenz bilingualer<br />
<strong>Geographie</strong>lehrkräfte wird ebenfalls von den LuL bestätigt, da ihre Erfahrungen gezeigt<br />
83
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
haben, dass sich die LuL das Fachvokabular in <strong>der</strong> Fremdsprache selbst aneignen müssen<br />
(vgl. Befragung Frau O., Anhang 2.7), mehr Vorbereitungszeit benötig wird und regelmäßige<br />
Fortbildungen im Bereich digitaler Medien unerlässlich sind, um aktuelle und<br />
schülermotivierende Materialien einsetzen zu können. Eine weitaus bedeuten<strong>der</strong>e Funktion<br />
kommt <strong>der</strong> Motivation jedoch zu, wenn die LuL sich bei fehlen<strong>der</strong> bilingualer Ausbildung die<br />
Beson<strong>der</strong>heiten des bilingualen <strong>Geographie</strong>unterrichts selbstständig aneignen müssen (vgl.<br />
Befragung Herr H., Anhang 2.4). Die Zugehörigkeit <strong>der</strong> selbstregulativen Fähigkeiten zu den<br />
übergeordneten Aspekten professioneller Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>-<br />
lehrkräfte wird zwar nicht direkt angesprochen, kann aber durch den höheren Arbeitsaufwand,<br />
<strong>der</strong> bezüglich <strong>der</strong> Erstellung eigener Materialien und <strong>der</strong> Vorbereitungszeit von den LuL<br />
angeführt wird, bestätigt werden. Daher können auch <strong>der</strong> vermutete Mehraufwand und die<br />
damit verbundene höhere selbstregulative Fähigkeit (Hypothese fünf) bestätigt werden (vgl.<br />
WOLFF 2007: 66; LENZ 2006: 185f; VOLLMER 1999: 145ff).<br />
Des Weiteren rechtfertigen die duale Ausbildung aller befragten LuL sowie die Befürwortung<br />
eines Studiums bei<strong>der</strong> Fächer bzw. <strong>der</strong> Nachweis äquivalenter Sprachkenntnisse, ebenso wie<br />
die Aussagen bezüglich <strong>der</strong> Kompetenzen bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte im letzten<br />
Fragenblock, die vorgenommene Unterteilung des Fachwissens und <strong>der</strong> fachdidaktischen<br />
Fähigkeiten in sprachliche und fachliche Aspekte. In diesem Zusammenhang können auch<br />
die zweite und dritte Hypothese verifiziert werden. Die Notwendigkeit einer fachspezifischen<br />
Fremdsprachenkompetenz, Sprachhandlungskompetenz und einem authentischen Sprach-<br />
gefühl wird durch die Verwendung des Prinzips <strong>der</strong> funktionalen Fremdsprachigkeit und <strong>der</strong><br />
Betonung, dass die Verwendung sprachlicher Stützmaßnahmen „eine hohe sprachliche<br />
Kompetenz und Authentizität“ (Befragung Frau Sch., Anhang 2.10) erfor<strong>der</strong>t deutlich<br />
gemacht, da ohne elementare Fremdsprachenkenntnisse die Sprache nicht als Mittel zum<br />
Zweck eingesetzt werden kann und die LuL keine sprachlichen Vorbil<strong>der</strong> sind (vgl.<br />
BUTZKAMM 2008: 91; CHRIST 2002: 50f; CZAPEK 2000: 27; Meyer, C. 2011: 189;<br />
BAUMERT & KUNTER 2006: 495). Die dritte Hypothese wird von den LuL durch die<br />
Verwendung fremdsprachendidaktischer Elemente, z.B. Wortschatzarbeit und Vokabel-<br />
entlastung, und <strong>der</strong> Anwendung methodischer Beson<strong>der</strong>heiten, wie z.B. <strong>der</strong> Umwälzung <strong>der</strong><br />
Begriffe im Unterrichtsgespräch und den interaktionsför<strong>der</strong>nden Arbeitsmethoden, bestätigt<br />
(vgl. BONNET 2007: 137 ff).<br />
Auch die erste Hypothese kann mit Hilfe <strong>der</strong> Befragung bezüglich <strong>der</strong> Materialkompetenz<br />
bestätigt werden, da alle LuL eine große Bandbreite an Materialien für den bilingualen<br />
Unterricht verwenden (siehe Abb.11) und die Aufgabenformate an die jeweiligen SuS<br />
84
4 Qualitative Befragung zur professionellen Handlungskompetenz bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
anpassen, so dass optimal mit den Materialien gearbeitet werden kann. Zudem verwenden alle<br />
LuL regelmäßig, 56% sogar fast jede Stunde, selbsterstellte Materialien im bilingualen<br />
Erdkundeunterricht, was Kompetenzen in <strong>der</strong> Materialbeschaffung und -gestaltung erfor<strong>der</strong>t<br />
(vgl. KUPETZ & WOLTIN 2012: 8). Bezüglich <strong>der</strong> interkulturellen Kompetenz können<br />
jedoch keine Angaben gemacht werden, weil zu diesem Bereich aufgrund <strong>der</strong> Zugehörigkeit<br />
zu den Kompetenzen regulärer Erdkundelehrkräfte keine Fragen gestellt wurden.<br />
4.7 Reflexion <strong>der</strong> Vorgehensweise<br />
Die Entscheidung aufgrund <strong>der</strong> großen Bereitschaft <strong>der</strong> bilingualen <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
anstatt zwei o<strong>der</strong> drei persönlich geführter Leitfrageninterviews alle LuL schriftlich zu<br />
befragen, hat trotz <strong>der</strong> fehlenden Möglichkeit zum Nachfragen keine negativen Effekte auf die<br />
Befragung gehabt, weil die befragten LuL die Fragestellungen, mit wenigen Ausnahmen,<br />
ausführlich und nachvollziehbar beantwortet haben. Zwar wurden vereinzelte Fragen von<br />
einigen LuL, z.B. die Frage nach dem Wechsel <strong>der</strong> Darstellungsformen, nicht bzw. unklar<br />
beantwortet, weil die LuL das Konzept nicht kannten (vgl. Befragung Herr H., Anhang 2.4),<br />
jedoch konnte anhand <strong>der</strong> eingebauten Kontrollfragen und an<strong>der</strong>er Antworten in <strong>der</strong> Regel<br />
die Position <strong>der</strong> jeweiligen LuL nachvollzogen werden. Außerdem hat es sich bewährt, nicht<br />
nur nach geeigneten Methoden für den bilingualen <strong>Geographie</strong>unterricht zu fragen, son<strong>der</strong>n<br />
im Anschluss noch explizit nach elementaren didaktisch-methodischen Prinzipien, wie<br />
scaffolding und dem Wechsel <strong>der</strong> Darstellungsformen, zu fragen, da diese Prinzipen nicht von<br />
allen LuL selbst angesprochen wurden.<br />
85
5 Fazit<br />
86<br />
5 Fazit<br />
Durch die Diskussion rund um die deutsche Bildungsqualität, zu <strong>der</strong> auch die professionellen<br />
Kompetenzen <strong>der</strong> LuL gezählt werden, und die steigende Popularität des bilingualen<br />
Unterrichts, ist es sinnvoll die professionelle Handlungskompetenz bilingualer LuL zu<br />
untersuchen, damit die Ausbildung zukünftiger bilingualer LuL optimiert werden kann. Auf<br />
diese Weise werden nicht nur die zukünftigen bilingualen LuL besser auf ihren Berufseinstieg<br />
vorbereitet, son<strong>der</strong>n es besteht auch die Möglichkeit, dass das deutsche Schulsystem auf<br />
internationaler Ebene konkurrenzfähiger wird, da es einen Zusammenhang zwischen dem<br />
Lehrerhandeln und den Schülerleistungen gibt (vgl. HOFFMANN & MEYER 2009: 4;<br />
SCHEUNPFLUG, BAUMERT & KUNTER 2006: 465; ZLATKIN-TROITSCHANSKAIA et<br />
al. 2009: 13).<br />
Die Auseinan<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> professionellen Handlungskompetenz bilingualer<br />
<strong>Geographie</strong>lehrkräfte in Theorie und Praxis hat gezeigt, dass sich diese aus übergeordneten<br />
Überzeugungen/Werthaltungen, motivationaler Orientierung, selbstregulativen Fähigkeiten<br />
und mehreren Wissensbereichen zusammensetzt. Zu den Wissensbereichen bilingualer<br />
<strong>Geographie</strong>lehrkräfte zählen Fachwissen, fachdidaktisches Wissen, pädagogisch-psycho-<br />
logisches Wissen, Materialkompetenz, interkulturelle Kompetenz, Organisationswissen,<br />
Beratungswissen und diagnostische Fähigkeiten, die jeweils noch in weitere Kompetenz-<br />
facetten differenziert werden. Dabei ist es wichtig, dass bilinguale <strong>Geographie</strong>lehrkräfte<br />
wegen des dualen Fokus des CLIL-Konzeptes in den Bereichen des Fachwissens, des<br />
fachdidaktischen Wissens und <strong>der</strong> diagnostischen Fähigkeiten sowohl über fach- als auch<br />
sprachrelevante Kompetenzen verfügen, um den SuS „zukunftsfähiges Lernen“ (HAUBRICH<br />
1999: 2) in <strong>der</strong> Fremdsprache zu ermöglichen und die geographischen Zielsetzungen zu<br />
erreichen (vgl. BAUMERT & KUNTER 2006:482; MEHISTO, MARSH & FRIGOLS 2008:<br />
9). Zudem kommt <strong>der</strong> selbstregulativen Fähigkeit bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte eine<br />
beson<strong>der</strong>e Bedeutung zu, weil <strong>der</strong> höhere Arbeitsaufwand beim Suchen, Erstellen o<strong>der</strong><br />
Anpassen <strong>der</strong> Materialien sowie die Zeitknappheit durch die Integration <strong>der</strong> Spracharbeit die<br />
LuL stärker for<strong>der</strong>n und schnell zu Überlastung und Burnout führen können. In diesem<br />
Zusammenhang sollten fremdsprachige Schulbücher vermehrt bei <strong>der</strong> Materialrecherche<br />
berücksichtigt werden, da die exemplarische Materialanalyse und die Schülerbefragung<br />
gezeigt haben, dass fremdsprachige Erdkundebücher fast allen Anfor<strong>der</strong>ungen an bilinguale<br />
Erdkundebücher gerecht werden und mindestens genauso geeignet sind bzw. teilweise<br />
weniger Anpassung benötigen wie bilinguale Erdkundebücher. Folglich können fremd-<br />
sprachige Schulbücher ein entlasten<strong>der</strong> Faktor für die bilingualen LuL sein.
87<br />
5 Fazit<br />
Durch den dualen Fokus auf Sprache und Inhalt im bilingualen Erdkundeunterricht und um<br />
die zusätzliche Belastung <strong>der</strong> LuL im Schulalltag so gering wie möglich zu halten, sollten alle<br />
zukünftigen bilingualen <strong>Geographie</strong>lehrkräfte sowohl Englisch als auch Erdkunde studieren<br />
o<strong>der</strong> über gleichwertige Sprachkenntnisse, mindestens Niveau C1, verfügen (vgl. Befragung<br />
Herr H., Anhang 2.4). Außerdem befürworten 67% <strong>der</strong> befragten LuL ein spezifisches<br />
bilinguales Ausbildungsprogramm, da die zukünftigen LuL auf diese Weise schon während<br />
des Studiums möglichst viele Grundlagen und Teilaspekte <strong>der</strong> professionellen Handlungs-<br />
kompetenz erwerben könnten und <strong>der</strong> Berufseinstieg erleichtert würde. Weitere 22% halten<br />
eine spezifische Ausbildung zwar nicht für notwendig, sehen sie aber als eine hilfreiche<br />
Entlastung an, da <strong>der</strong> Erwerb bilingualer Handlungskompetenz ohne eine spezifische<br />
Ausbildung weitaus zeitaufwendiger ist (siehe 4.5.2). Ziel einer spezifischen bilingualen<br />
Ausbildung sollte es sein, die Merkmale bilingualen Unterrichts bezüglich <strong>der</strong> Methodik und<br />
<strong>Didaktik</strong>, effiziente Unterrichtsorganisation und die Spracharbeit, die sich von <strong>der</strong><br />
herkömmlichen Spracharbeit im Fremdsprachenunterricht unterscheidet, zu thematisieren<br />
(vgl. Befragung Herr S., Anhang 2.9; Befragung Frau H., Anhang 2.3). Des Weiteren sollte<br />
aufgrund <strong>der</strong> Materialsituation und <strong>der</strong> Schülerwünsche bezüglich bilingualer Unterrichts-<br />
materialien auch die Materialrecherche, das selbständige Erstellen und die Adaption von<br />
Materialien in die Ausbildung integriert werden, damit die zukünftigen LuL mit diesem<br />
Wissen und ihren selbstregulativen Fähigkeiten über gute Voraussetzungen zur Bewältigung<br />
<strong>der</strong> Lehrtätigkeit verfügen. Da professionelle Handlungskompetenz jedoch erst im Laufe <strong>der</strong><br />
Berufserfahrung entwickelt werden kann, ist es sinnvoll in diesem Zusammenhang über eine<br />
wesentlich praktischere Ausrichtung <strong>der</strong> ersten Ausbildungsphase von LuL nachzudenken,<br />
damit erste Ansätze professioneller Handlungskompetenz schon im Studium erworben<br />
werden können. Diese praktischere Ausrichtung könnte unter an<strong>der</strong>em durch die Integration<br />
von Action-Research Studien, Unterrichtsbeobachtungen o<strong>der</strong> Kommunikation mit LuL<br />
realisiert werden (vgl. OTTEN & WILDHAGE 2003: 22; TENORTH 2006: 591). Außerdem<br />
bietet sich durch eine engere Zusammenarbeit mit den Schulen auch für die schon<br />
praktizierenden LuL die Möglichkeit, ihre professionelle Handlungskompetenz durch die<br />
Gespräche mit den zukünftigen LuL zu optimieren.<br />
In diesem Kontext befürwortet die Mehrheit <strong>der</strong> befragten LuL auch die Entwicklung einer<br />
fachspezifische <strong>Didaktik</strong> bzw. einer Grunddidaktik mit fachspezifischen Aspekten, da sie<br />
Neueinsteigern eine Stütze sein und den LuL Anregungen für ihren Unterricht geben kann,<br />
ohne dabei die Freiräume <strong>der</strong> LuL einzuschränken (siehe 4.5.3). Durch die Verwendung<br />
vieler unterschiedlicher Materialien und Medien und <strong>der</strong> Bestätigung des Potenzials des
88<br />
5 Fazit<br />
Wechsels <strong>der</strong> Darstellungsformen für den bilingualen Unterricht stimmen die LuL implizit<br />
auch <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung von LEISEN zu, den Wechsel <strong>der</strong> Darstellungsformen „in das Zentrum<br />
<strong>der</strong> <strong>Didaktik</strong> des bilingualen Sachfachunterrichts zu stellen“ (ebd. 2005: 10). Jedoch müssen<br />
auch <strong>der</strong> duale Fokus und die daraus resultierenden methodischen Beson<strong>der</strong>heiten an-<br />
gemessen berücksichtigt werden.<br />
Die angesprochene Problematik <strong>der</strong> Aufrechterhaltung <strong>der</strong> funktionalen Fremdsprachigkeit zu<br />
Lasten <strong>der</strong> Authentizität bei <strong>der</strong> Behandlung von einigen Themenkomplexen, wie z.B.<br />
Deutschland in Europa, durch die Verwendung englischsprachiger anstatt deutschsprachiger<br />
Texte ist die Überlegung wert, in solchen Situationen den Begriff bilingual wörtlich zu<br />
nehmen und das Thema Deutschland in Europa als modulares Projekt in den Unterricht zu<br />
integrieren o<strong>der</strong> die authentischen deutschen Quellen zu benutzen und mit Sprachmittlungs-<br />
aufgaben zu arbeiten (vgl. Befragung Herr S., Anhang 2.9; HALLET 2005:12). Außerdem<br />
könnte ebenso bei <strong>der</strong> Thematisierung von Fallbeispielen in Frankreich o<strong>der</strong> Spanien zu<br />
Gunsten des bildungspolitischen Ziels <strong>der</strong> Mehrsprachigkeit vom Prinzip <strong>der</strong> funktionalen<br />
Fremdsprachigkeit abgewichen werden, sofern alle SuS Französisch o<strong>der</strong> Spanisch als zweite<br />
Fremdsprache erlernen.<br />
Klärungsbedarf besteht noch bezüglich <strong>der</strong> Überprüfung <strong>der</strong> Allgemeingültigkeit <strong>der</strong><br />
Befragung, weil aufgrund <strong>der</strong> geringen Anzahl von befragten LuL keine allgemeingültigen<br />
Aussagen gemacht werden können. Zudem wäre es sinnvoll nicht nur die spezifischen<br />
Aspekte des bilingualen Erdkundeunterrichts und die damit verbundenen professionellen<br />
Kompetenzen bilingualer <strong>Geographie</strong>lehrkräfte zu untersuchen, son<strong>der</strong>n auch die über-<br />
greifenden Elemente, wie zum Beispiel das interkulturelle Lernen, die sowohl für den<br />
bilingualen als auch den regulären Erdkundeunterricht gelten, zu berücksichtigen. Weiterer<br />
Forschungsbedarf besteht auch noch bezüglich <strong>der</strong> Entwicklung professioneller Handlungs-<br />
kompetenz, d.h. in welcher Ausbildungsphase bzw. Berufsphase sich die einzelnen<br />
Kompetenzbereiche beson<strong>der</strong>s stark entwickeln o<strong>der</strong> verän<strong>der</strong>n, und inwiefern die einzelne<br />
Kompetenzbereiche miteinan<strong>der</strong> verknüpft sind (vgl. BAUMERT & KUNTER 2006: 505).<br />
Als bewiesen gilt jedoch, dass professionelle „Handlungskompetenz von Lehrkräften<br />
grundsätzlich Verän<strong>der</strong>ungs- und Entwicklungsprozessen unterliegt und in allen Phasen <strong>der</strong><br />
beruflichen Laufbahn professioneller Entwicklung und Vervollkommnung offen steht“<br />
(BAUMERT & KUNTER 2006: 507). Daher gilt beson<strong>der</strong>s für bilinguale <strong>Geographie</strong>-<br />
lehrkräfte, die sich aufgrund einer fehlenden bilingualen Ausbildung vieles selbst aneignen<br />
müssen: „It’s never to late to learn a new technical term [or method] myself“ (Befragung<br />
Frau K., Anhang 2.5).
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sprachliches Lernen stützen und integrieren. In: Der fremdsprachliche Unterricht Englisch,<br />
106, S. 2-6.
Anhang<br />
Anhangsverzeichnis<br />
99<br />
Anhang<br />
1 Materialanalyse 100<br />
1.1 Beispielseiten aus AS GEOGRAPHY for Edexcel 100<br />
1.2 Beispielseiten aus DIERCKE GEOGRAPHY for bilingual classes Volume 2 104<br />
1.3 Fragebogen Schülerbefragung 105<br />
1.4 Auswertung <strong>der</strong> Schülerbefragung 109<br />
2 Lehrerinterviews 120<br />
2.1 Fragebogen 120<br />
2.2 Interview Frau G.-L. 126<br />
2.3 Interview Frau H. 132<br />
2.4 Interview Herr H. 138<br />
2.5 Interview Frau K. 144<br />
2.6 Interview Herr M. 151<br />
2.7 Interview Frau O. 157<br />
2.8 Interview Frau S. 164<br />
2.9 Interview Herr S. 169<br />
2.10 Interview Frau Sch. 175
1 Materialanalyse<br />
1.1 Beispielseiten aus AS GEOGRAPHY for Edexcel<br />
Quelle: DIGBY et al. 2008: 110f<br />
33<br />
Anhang<br />
33<br />
Für die Schülerbefragung und exemplarische Schulbuchanalyse wurde diese einleitende Doppelseite zum<br />
Thema Megastädte ohne die Texte zum Beispiel Los Angeles verwendet, da die Materialanalyse am Beispiel<br />
von Mumbai durchgeführt wurde (siehe 2.8.3).<br />
100
101<br />
Anhang<br />
Quelle: DIGBY et al. 2008: 116f
102<br />
Quelle: DIGBY et al. 2008: 118f<br />
Anhang
103<br />
Quelle: DIGBY et al. 2008: 120f<br />
Anhang
1.2 Beispielseiten aus DIERCKE GEOGRAPHY for bilingual classes<br />
Volume 2<br />
104<br />
Anhang<br />
Quelle: DREYMÜLLER et al. 2008: 32f
1.3 Fragebogen Schülerbefragung<br />
Liebe Schülerin, lieber Schüler,<br />
34<br />
Um die Fragen bezüglich <strong>der</strong> beiden Materialien beantworten zu können, haben die SuS die Beispielseiten<br />
(siehe Anhang 1.1 und 1.2) mit dem Fragebogen zusammen ausgehändigt bekommen. Aus Platzgründen<br />
wurde die Beispielseiten jedoch kein zweites Mal abgedruckt.<br />
105<br />
Anhang<br />
dieser Fragebogen dient dazu, Unterrichtsmaterialien für den bilingualen Erdkundeunterricht<br />
zu untersuchen und zukünftig zu verbessern. Dazu bin ich auf deine Hilfe angewiesen. Bitte<br />
lies dir die Fragen und Aufgaben aufmerksam durch und beantworte sie gewissenhaft.<br />
Wichtig dabei sind deine persönlichen Ansichten und Meinungen; es gibt we<strong>der</strong> „richtige“<br />
noch „falsche“ Antworten. Der Fragebogen wird anonym behandelt und beeinflusst deine<br />
Erdkundenote in keinster Weise. Beantworte die Fragen deshalb bitte ehrlich.<br />
1 Angaben zu deiner Person<br />
Alter: Geschlecht: m w<br />
Vielen Dank für deine Mitarbeit!<br />
2 Welche Anfor<strong>der</strong>ungen sollten deiner Meinung nach bilinguale Erdkundematerialen<br />
erfüllen? (Mehrere Kreuze sind möglich)<br />
hohe Anschaulichkeit (z.B. viele Bil<strong>der</strong>, Graphiken, Karten etc.)<br />
Verständlichkeit Aktualität motivierend<br />
Interaktion för<strong>der</strong>nd Sprechanlässe schaffend Authentizität<br />
Sonstiges:<br />
3 Lies dir die zwei verschiedenen Materialien (Material 1 und 2) zum Thema Megacities<br />
durch und markiere alle unbekannten Wörter (sowohl Fachbegriffe als auch<br />
Allgemeinsprache). 34
4 Bewerte die beiden Materialien bezüglich<br />
a) <strong>der</strong> Länge<br />
Material 1: Material 2:<br />
b) dem Schwierigkeitsgrad<br />
Material 1: Material 2:<br />
c) <strong>der</strong> Anschaulichkeit<br />
Material 1: Material 2:<br />
5 Welches Material motiviert dich mehr/ spricht dich eher an?<br />
Material 1 Material 2 Beide Keins von beiden<br />
6 Sind die Aufgabenstellungen verständlich?<br />
Ja Nein<br />
7 Welche Aufgabe gefällt dir am besten? (Mehrere Kreuze sind möglich)<br />
Material 1: Task 1 Task 2 Task 3 Task 4 Task 5<br />
Task 6 Exam Question<br />
Material 2: Task 1 Task 2<br />
106<br />
Anhang
8 Benötigst du für die Aufgabenbeantwortung Hilfestellung in Form von Helpful<br />
Phrases?<br />
Ja Nein<br />
9 An Material 1 hat mir beson<strong>der</strong>s gut gefallen, dass…<br />
Hat mir nicht gefallen, dass…<br />
10 An Material 2 hat mir beson<strong>der</strong>s gut gefallen, dass…<br />
Hat mir nicht gefallen, dass…<br />
11 Möchtest du im bilingualen Erdkundeunterricht eher mit sprachlich vereinfachten<br />
Texten o<strong>der</strong> mit Originaltexten z.B. englischsprachigen Zeitungsartikeln und<br />
zusätzlichen Sprachhilfen z.B. Vokabellisten und bildlichen Unterstützungen<br />
arbeiten? Begründe deine Entscheidung kurz.<br />
107<br />
Anhang
12 Die existierenden Materialien für den bilingualen Erdkundeunterricht sind sehr<br />
stark auf geographische Inhalte fokussiert. Wären Übungen bzw. Aufgaben zur<br />
Festigung <strong>der</strong> neuen Begriffe, wie es sie in Englischbüchern gibt, wünschenswert?<br />
Bitte erläutere deine Meinung kurz.<br />
13 Wie findest du den Einsatz deutscher Erdkundebücher im bilingualen<br />
Erdkundeunterricht? Erkläre deine Antwort kurz.<br />
14 Wie sieht das optimale bilinguale Erdkundematerial für dich aus?<br />
108<br />
Anhang
1.4 Auswertung <strong>der</strong> Schülerbefragung<br />
1 Angaben zur Person<br />
Geschlecht Alter<br />
Männlich weiblich 15 16 17<br />
7 15 7 10 5<br />
109<br />
Anhang<br />
2 Welche Anfor<strong>der</strong>ungen sollten deiner Meinung nach bilinguale Erdkundematerialien<br />
erfüllen?<br />
Hohe Anschaulichkeit 18 Interaktion för<strong>der</strong>nd 9<br />
Verständlichkeit 15 Sprechanlässe schaffend 9<br />
Aktualität 14 motivierend 6<br />
Authentizität 2 Sonstiges: Key terms 1<br />
3 Lies dir die zwei verschiedenen Materialien (Material 1 und Material 2) zum Thema<br />
Megacities durch und markiere alle unbekannten Wörter (sowohl Fachbegriffe als auch<br />
Allgemeinsprache).<br />
Material 1 (2277 Wörter) Material 2 (498 Wörter)<br />
Fachwörter Allgemeinsprache Insg. Fachwörter Allgemeinsprache Insg.<br />
1 11 12 1 0 1<br />
2 8 10 2 10 12<br />
4 22 26 1 5 6<br />
0 2 2 1 1 2<br />
1 4 5 1 4 5<br />
3 8 11 1 4 5<br />
1 10 11 1 0 1<br />
1 7 8 1 0 1<br />
0 18 18 1 6 7<br />
2 15 17 1 6 7<br />
3 7 10 1 0 1<br />
0 0 0 1 1 2<br />
0 14 14 1 13 14<br />
3 11 14 2 4 6<br />
0 3 3 0 6 6
Material 1 (2277 Wörter) Material 2 (498 Wörter)<br />
110<br />
Anhang<br />
Fachwörter Allgemeinsprache Insg. Fachwörter Allgemeinsprache Insg.<br />
0 0 0 0 0 0<br />
0 0 0 0 0 0<br />
1 23 24 1 1 2<br />
0 7 7 1 0 1<br />
0 9 9 2 1 3<br />
1 35 36 2 3 5<br />
2 9 11 1 0 1<br />
4 Bewerte die beiden Materialien bezüglich<br />
a) <strong>der</strong> Länge<br />
eigentlich zu lang, aber dafür sehr<br />
Material 1 Material 2<br />
detailliert/informativ/interessant 4<br />
zwar viel zu lesen, aber man wird gut<br />
informiert 2<br />
für eine Unterrichtsstunde etwas zu<br />
viel, zu dem ganzen Thema aber in<br />
Ordnung 9<br />
das Beispiel Mumbai ist zu lang und<br />
zu ausführlich 1<br />
zu lang um alles am Stück zu lesen,<br />
Interesse am Thema könnte dadurch<br />
verloren gehen 3<br />
gut für eine intensive<br />
Auseinan<strong>der</strong>setzung mit dem Thema<br />
3<br />
nicht sehr detailliert, aber dafür sehr<br />
knapp und trotzdem wichtige Infos 3<br />
zu kurz, im Vergleich zu Material 1<br />
nur oberflächliche Infos 2<br />
wenn sonst nichts mehr zum Thema<br />
kommt, dann für so ein komplexes<br />
Thema zu wenig 5<br />
gut, um einen schnellen Überblick zu<br />
erhalten ansonsten zu kurz 3<br />
zu kurz, kann in <strong>der</strong> Kürze nicht alle<br />
wichtigen Infos zum Thema erfassen 3<br />
Länge angemessen, es kommt keine<br />
Langeweile beim Lesen auf<br />
zu viele Informationen auf zu wenig<br />
Raum 1<br />
5
) dem Schwierigkeitsgrad<br />
relativ einfach, gut zu lesen aber<br />
Material 1 Material 2<br />
trotzdem komplex genug 2<br />
einfachere Vokabeln als in Material 2<br />
und daher gut verständlich 3<br />
Okay 1<br />
angemessen für Jahrgang 10 (wie<br />
auch Material 2) und gut zu verstehen 5<br />
gut zu lesen, da Fremdwörter und<br />
Fachbegriffe immer gleich erklärt<br />
werden 3<br />
etwas schwieriger als Material 2<br />
(auch durch die komplexen<br />
Diagramme bedingt) 3<br />
nicht so schwer, Bil<strong>der</strong> und Graphiken<br />
helfen die Inhalte zu verstehen<br />
leicht zu verstehen 2<br />
verständlich, aber Vokabeln wären<br />
hilfreich gewesen 1<br />
bei Konzentration gut zu verstehen<br />
(wie auch Material 2) 1<br />
1<br />
111<br />
komplizierter als Material 1, aber<br />
Anhang<br />
noch angemessen 2<br />
gut zu verstehen 6<br />
angemessen für Jahrgang 10 (wie<br />
auch Material 1) und gut zu verstehen 6<br />
schwieriger, da mehr Fremdwörter<br />
und längere Sätze 3<br />
einfache Sätze, und wenig<br />
unbekannte Wörter 1<br />
okay, wenn unbekannte Wörter, dann<br />
sind sie durch den Kontext zu<br />
erschließen 1<br />
Hintergrundinfos sind nötig um, den<br />
Text gut zu verstehen, da nicht alle<br />
Fachbegriffe erklärt werden 1<br />
bei Konzentration gut zu verstehen<br />
(wie auch Material 1) 1<br />
relativ leicht 1
c) <strong>der</strong> Anschaulichkeit<br />
die vielen Graphiken und Karten<br />
machen den Text sehr anschaulich<br />
und auch deutlich<br />
viele gute Darstellungen, die gut<br />
Material 1 Material 2<br />
nachvollziehbar sind 3<br />
sehr anschaulich, macht den Text<br />
interessanter 5<br />
etwas zu viele Bil<strong>der</strong>/Diagramme;<br />
wird teilweise unübersichtlich 3<br />
anschaulichkeit ist gut, da interessante<br />
Darstellungen sowie gut zu<br />
verstehende Graphiken 2<br />
Gut 1<br />
guter Mix aus Text, Bil<strong>der</strong>n,<br />
Aussagen von Personen und<br />
Diagrammen 1<br />
die Modelle und das Fallbeispiel<br />
Mumbai machen es sehr anschaulich 1<br />
6<br />
112<br />
nicht sehr anschaulich, da nur<br />
Hochhäuser auf dem Bild (gefällt<br />
persönlich nicht)<br />
für die Länge des Textes reichen die<br />
Anhang<br />
Materialien aus/gutes Verhältnis 11<br />
ist okay (aber mir persönlich zu<br />
wenig)/mittelmäßig 4<br />
zu wenig Graphiken 1<br />
ein Bild und ein Diagramm, aber das<br />
Diagramm gefällt persönlich nicht so<br />
gut 1<br />
mehr Graphiken wären gut,<br />
vorhandene sind nicht sehr hilfreich 1<br />
übersichtlich 1<br />
anschaulich aber im Vergleich zu<br />
5 Welches Material motiviert dich mehr/ spricht dich eher an?<br />
Material 1 14<br />
Material 2 3<br />
Beide 5<br />
Keins von beiden 0<br />
6 Sind die Aufgabenstellungen verständlich?<br />
Ja 21<br />
Nein 0<br />
Material 1 langweiliger 1<br />
nur auf urbanisation im Allgemeinen<br />
+ 1 ungültige Antwort (Kreuz in <strong>der</strong> Mitte)<br />
bezogen 1<br />
1
7 Welche Aufgabe gefällt dir am besten? (Mehrere Kreuze sind möglich)<br />
Task 1 Task 2 Task 3 Task 4 Task 5 Task 6<br />
Material 1 Material 2<br />
113<br />
Exam<br />
Question<br />
Anhang<br />
Task 1 Task 2<br />
12 5 4 4 8 4 7 5 14<br />
8 Benötigst du für die Aufgabenbeantwortung Hilfestellung in Form von Helpful<br />
Phrases ?<br />
Ja 4<br />
Nein 12<br />
Ja mit zusätzlicher<br />
Begründung<br />
Nein mit zusätzlicher<br />
Begründung<br />
- ja, aber nur bei Diagrammen (1)<br />
- grundsätzlich nein, könnten aber bei <strong>der</strong> Beantwortung<br />
hilfreich sein (2)<br />
- nein, außer bei Material 1, Task 2<br />
+ zwei ungültige Antworten mit einem Kreuz zwischen den Kästchen<br />
9 An Material 1 hat mir beson<strong>der</strong>s gefallen, dass…/ Hat mir nicht gefallen, dass…<br />
Hat mir beson<strong>der</strong>s gut gefallen, dass… Hat mir nicht gefallen, dass…<br />
es sehr überschaubar und gut<br />
verständlich ist 1 es sehr lang/zu lang ist 8<br />
die Texte sehr verständlich sind und<br />
die zusätzlichen Materialien das<br />
Ganze noch „unterstreichen“ 6<br />
die Texte relativ verständlich waren<br />
und die Graphiken gut zuzuordnen<br />
sind 1<br />
es sehr ausführlich ist und das<br />
Thema gut dargestellt wird 2<br />
viele Veranschaulichungen<br />
vorhanden sind. Außerdem sind es<br />
nur kurze Abschnitte, die man am<br />
es so lang ist und sehr viele Infos auf<br />
einmal und manchmal verwirrend;<br />
die Lust geht verloren 6<br />
nur auf Mumbai als Megacity<br />
eingegangen wird 1<br />
es für eine Stunde zu viele<br />
Informationen sind 1<br />
Stück lesen muss 2 <strong>der</strong> Aufbau 1
Hat mir beson<strong>der</strong>s gut gefallen, dass… Hat mir nicht gefallen, dass…<br />
ein Beispiel ausführlich gezeigt<br />
114<br />
Anhang<br />
wurde 2 <strong>der</strong> allgemeine Teil sehr kurz war 1<br />
das Bildmaterial gut gewählt wurde 1<br />
es Merkkästen/Zusammenfassungen<br />
gab<br />
die Zitate und die Verknüpfung <strong>der</strong><br />
Bil<strong>der</strong> mit dem Text 2<br />
Gruppenarbeit vorhanden ist 1<br />
Interesse geweckt wurde/ es<br />
motivierend war 2<br />
4<br />
→ einige SuS haben mehrere positive Gründe aufgeführt, die hier einzeln aufgelistet wurden<br />
bzw. keine negativen Aspekte angegeben<br />
10 An Material 2 hat mir beson<strong>der</strong>s gut gefallen…/ Hat mir nicht gefallen…<br />
Hat mir beson<strong>der</strong>s gut gefallen, dass… Hat mir nicht gefallen, dass…<br />
es sehr gut zusammengefasst<br />
ist/relativ kurz ist 11 es nicht anschaulich gestaltet ist 1<br />
es einen Kasten mit Key terms gibt<br />
die grundlegenden Informationen<br />
1<br />
viele Vokabeln unbekannt waren, die<br />
das Verständnis erschwert haben 3<br />
dargestellt werden 2 <strong>der</strong> Text nicht genug ins Detail geht 2<br />
man schnell einen Überblick über<br />
das Thema kommt 1<br />
es keine Vokabelliste gibt, die<br />
Fremdwörter erklärt/übersetzt 1<br />
es informativ und kurz ist 3 zu kurz und zu wenig Darstellungen 3<br />
<strong>der</strong> Text sehr verständlich ist<br />
Ausblicke gegeben werden<br />
die Karte, da sie gut zu verstehen<br />
und informativ ist<br />
1<br />
1<br />
1<br />
es für mehrere Stunden zu wenig<br />
Material ist 1<br />
die vorhandenen Darstellungen nicht<br />
sehr hilfreich sind 1<br />
zu wenig Infos und zu viele<br />
unbekannte Wörter für eine<br />
Doppelseite 1
Hat mir beson<strong>der</strong>s gut gefallen, dass… Hat mir nicht gefallen, dass…<br />
es im Bezug zur Textlänge<br />
ausreichend Graphiken gab 1<br />
115<br />
zu wenig Fachwörter<br />
dadurch, dass <strong>der</strong> Text so kurz ist, ist<br />
Anhang<br />
er schwer zu verstehen 2<br />
<strong>der</strong> Text aufgrund <strong>der</strong> Länge zu viele<br />
Informationen enthält 1<br />
keine aktuellen Quellen über<br />
Probleme (z.B. Zeitungsartikel)<br />
verwendet wurden 1<br />
11 Möchtest du im bilingualen Erdkundeunterricht eher mit sprachlich vereinfachten<br />
Texten o<strong>der</strong> mit Originaltexten z.B. englischsprachigen Zeitungsartikeln und<br />
zusätzlichen Sprachhilfen z.B. Vokabellisten und bildlichen Unterstützungen arbeiten?<br />
Begründe deine Entscheidung kurz.<br />
Nennung Begründung<br />
sprachlich vereinfachte Texte 1 - es macht mehr Spaß, wenn man alles verstehen<br />
Originaltexte mit Sprachhilfen<br />
10<br />
kann<br />
- weil man damit die Grundlage hat auf Englisch<br />
an gesellschaftlichen Diskursen teilzunehmen<br />
und z.B. die internationale Presse verstehen<br />
kann<br />
- es hilft mehr ein Gefühl für die Sprache zu<br />
entwickeln<br />
- die for<strong>der</strong>n einem mehr und man kann besser<br />
über sie diskutieren, weil sie meistens<br />
Meinungen enthalten<br />
- weil man da mehr Informationen enthält<br />
- weil man dann ein höheres Sprachniveau<br />
entwickelt (2x)<br />
- damit <strong>der</strong> Unterricht auch wirklich was bringt;<br />
durch die Sprachhilfen lernt man selbst zu<br />
arbeiten<br />
1
Originaltexte mit Sprachhilfen - sind spanen<strong>der</strong> zu lesen und helfen den<br />
Wortschatz zu erweitern<br />
116<br />
Anhang<br />
- sind meiner Meinung nach immer besser, auch<br />
wenn man länger zum Lesen braucht<br />
- wenn es zu einfach ist, dann entwickelt man<br />
sich nicht weiter und außerdem kann man nur<br />
so ein Gefühl für die Fachsprache entwickeln<br />
eine Mischung aus beidem 11 - um Fachkompetenz mit vereinfachten Texten<br />
zu erwerben und sprachliche Kompetenz durch<br />
Originaltexte zu erwerben (2x)<br />
- es sollte mit einfachen Texten begonnen<br />
werden und später mit besseren Kenntnissen<br />
auch Originaltexte (3x aufs Thema bezogen<br />
und 2x auf die Jahrgangsstufen bezogen)<br />
- einfache Texte für wichtige Informationen und<br />
originale Texte für Meinungen etc., um die<br />
Sprache zu verbessern<br />
- für die Abwechslung und mit Bezug zur<br />
Realität<br />
- um alles zu verstehen (einfache Texte) und um<br />
neue Vokabeln zu lernen (Originaltexte)<br />
- wenn es darum geht Informationen heraus zu<br />
arbeiten bevorzuge ich vereinfachte Texte; um<br />
kritisch zu analysieren eignen sich<br />
Originaltexte besser aber grundsätzlich finde<br />
ich Vokabellisten lästig
12 Die existierenden Materialien für den bilingualen Erdkundeunterricht sind sehr<br />
stark auf geographische Inhalte fokussiert. Wären Übungen bzw. Aufgaben zur<br />
117<br />
Anhang<br />
Festigung <strong>der</strong> neuen Begriffe, wie es sie in Englischbüchern gibt, wünschenswert? Bitte<br />
erläutere deine Meinung kurz.<br />
Nennung Begründung<br />
Sinnvoll 7 - man bekommt zwar oft auf die Vokabeln zu lernen, aber<br />
ob man es dann tut ist nicht so sicher, daher würden<br />
solche Aufgaben helfen, beson<strong>der</strong>s wenn man vorher<br />
nicht so gut aufgepasst hat (2x)<br />
- sehr kurze Festigungen <strong>der</strong> Begriffe wären vielleicht<br />
sinnvoll (sonst weiter wie bisher!)<br />
- aber nicht zu lange um nicht die Diskussionen zu kürzen<br />
- aber nur auf freiwilliger Basis o<strong>der</strong> wenn <strong>der</strong> Lehrer<br />
Defizite erkennt<br />
- dann prägen sich die Begriffe besser ein<br />
- kurz vor Klassenarbeiten als Wie<strong>der</strong>holung, sonst nicht<br />
nicht sinnvoll 12 - kann schnell zu Langeweile führen<br />
- die Begriffe sitzen nach einer ausführlichen Bearbeitung<br />
automatisch (4x)<br />
- da die Anwendung im Kontext wichtig ist und man die<br />
Begriffe auch so lernt<br />
- weil es kein Englischunterricht ist und man selbst dafür<br />
verantwortlich ist<br />
Sonstiges 2 - keine Ahnung<br />
- zweisprachige Vokabelhilfen mit zusätzlicher<br />
englischsprachiger Definition reicht (2x)<br />
- da <strong>der</strong> bilinguale Unterricht auch selbständiges Lernen<br />
för<strong>der</strong>n sollte; man ist selbst dafür verantwortlich<br />
- <strong>der</strong> Fokus sollte auf geographischen Inhalten liegen (2x)<br />
- die Aufgaben im Erdkundeunterricht führen schon zu einer<br />
Festigung <strong>der</strong> Begriffe<br />
- keine Angaben
13 Wie findest du den Einsatz deutscher Erdkundebücher im bilingualen<br />
Erdkundeunterricht? Erkläre deine Antwort kurz.<br />
Nennung Begründung<br />
118<br />
Anhang<br />
sinnvoll/gut 5 - bei schwierigen Themen kann es hilfreich sein zwischendurch mal<br />
einen Text auf Deutsch zu lesen (4x)<br />
- aber nur wenn die Mehrheit <strong>der</strong> Texte auf Englisch ist<br />
nicht sinnvoll 15 - weil ich Englisch üben will (2x)<br />
- weil die Sprache dadurch nicht geför<strong>der</strong>t wird/ keine<br />
Wortschatzerweiterung (6x)<br />
- weil ich viel Englisch machen will, außerdem geht man bei<br />
Partnerarbeit sowieso oft ins Deutsche über<br />
- da es bilingualer Unterricht ist und für viele ist es nicht einfach<br />
zwischen den Sprachen zu wechseln<br />
- weil einem dann die Englischen Wörter fehlen und man einfacher<br />
durcheinan<strong>der</strong> kommt (2x)<br />
Sonstiges 2 - keine Angabe (2x)<br />
- störend, da man sich an die englischen Texte gewöhnt hat<br />
- dann ist es kein bilingualer Unterricht (2x)<br />
14 Wie sieht das optimale bilinguale Erdkundematerial für dich aus?<br />
Beschreibung des optimalen Materials Anzahl<br />
„kurz, informativ, leicht verständlich“ 1<br />
„Von <strong>der</strong> Länge her eher kurz, wenn es schwer verständliche Texte sind, ansonsten<br />
auch längere Texte kombiniert mit Graphiken. Sprechanlässe schaffende Materialen<br />
finde ich beson<strong>der</strong>s gut, so erarbeitet man sich alles selbst“<br />
„Viele gut strukturierte Informationen, gute Graphiken, Key Terms, kurze<br />
Begriffserklärungen, nur englische Texte und Begriffserklärungen“<br />
„Wörterbuch, Buch, Kopien…“ 1<br />
„Statistiken, Bildmaterial, Filmmaterial (Dokus passend zum Thema),<br />
abwechslungsreiche Aufgaben“<br />
„Gut verständlicher Text mit Karten, Diagrammen, Bil<strong>der</strong> und Zitaten“ 2<br />
1<br />
1<br />
1
„Es enthält die wichtigsten Informationen in einem Verfassertext, zur Ergänzung<br />
eine Quelle und/o<strong>der</strong> ein Bild. Zusätzlich kann es kurze Vokabellisten enthalten“<br />
„Verständlich, Graphiken, nicht nur Einzelarbeit, in Abschnitte unterteilt,<br />
erklärend“<br />
„Verfassertexte, Quellen (z.B. Zeitungsartikel), Bil<strong>der</strong> aber auch Fernseh- o<strong>der</strong><br />
Radiobeiträge“<br />
„ausreichen<strong>der</strong> Anteil an verständlichen Graphiken, Originaltexte und Verwendung<br />
von Fachbegriffen“<br />
„ein Text mit anschaulichen Bil<strong>der</strong>n und Vokabellisten“ 1<br />
„Es soll mein Interesse wecken, damit ich am neuen Thema Spaß habe und gerne<br />
etwas darüber lernen möchte. Es sollte informativ sein, damit man viel daraus<br />
lernt.“<br />
„Mit vielen Dimensionen! Und vielen Filmen!“ 2<br />
„Text mit unterstützenden Graphiken. Der Text muss nicht zu leicht sein, aber ein<br />
kleiner Index zu den Vokabeln sollte vorhanden sein, da man manchmal nicht alle<br />
Vokabeln aus dem Kontext versteht.“<br />
„so wie jetzt“ 1<br />
„informativ, motivierend & anschaulich“ 1<br />
„ein gut zu verstehen<strong>der</strong> Text, dazu eine Tabelle o<strong>der</strong> eine Graphik und zur<br />
Einleitung des Themas kann man einen Film gucken“<br />
„gut zu verstehende Texte, aber nicht zu einfach, Graphiken und Bil<strong>der</strong> zur<br />
Verständlichkeit <strong>der</strong> Texte“<br />
119<br />
Anhang<br />
keine Angabe 2<br />
1<br />
1<br />
1<br />
1<br />
1<br />
2<br />
1<br />
1
2 Lehrerinterviews<br />
2.1 Fragebogen<br />
Liebe „Bili“-Lehrkraft,<br />
120<br />
Anhang<br />
im Rahmen meiner <strong>Masterarbeit</strong> untersuche ich die professionelle Handlungskompetenz<br />
bilingualer Erdkundelehrkräfte. Dabei fokussiere ich mich auf spezifische Kompetenzen von<br />
bilingualen Erdkundelehrkräften, vor allem im Hinblick auf didaktisches Wissen. Allgemeine<br />
Aspekte professioneller Handlungskompetenz, wie zum Beispiel Klassenmanagement und<br />
Beratungskompetenzen, werden nicht berücksichtigt.<br />
Berufsdauer, -wahl und motivationale Orientierung<br />
Vielen Dank für Ihre Bereitschaft meine Fragen zu beantworten!<br />
Seit wann sind Sie als Erdkundelehrer/Erdkundelehrerin tätig?<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />
Seit wann unterrichten Sie bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />
Warum haben Sie sich dazu entschieden, bilingualen Erdkundeunterricht zu erteilen?<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />
Katrin <strong>Klußmann</strong><br />
Unterrichten Sie lieber bilingualen o<strong>der</strong> regulären Erdkundeunterricht? O<strong>der</strong> haben Sie keine<br />
Präferenzen? Begründen Sie Ihre Position kurz.<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />
Ausbildungsweg und zukünftige Lehrerausbildung<br />
Haben Sie sowohl Erdkunde als auch Englisch (bzw. eine an<strong>der</strong>e Fremdsprache) studiert o<strong>der</strong><br />
nur eins <strong>der</strong> beiden Fächer?<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.
121<br />
Anhang<br />
Sollten Ihrer Meinung nach alle bilingualen Erdkundelehrer/Erdkundelehrerinnen sowohl<br />
Erdkunde als auch Englisch studiert haben? O<strong>der</strong> reicht es Erdkunde studiert zu haben?<br />
Erläutern Sie bitte Ihre Antwort kurz.<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />
Sind Sie schon in <strong>der</strong> Ausbildungsphase (Studium und Referendariat) mit bilingualem<br />
Erdkundeunterricht in Berührung gekommen? Haben Sie eventuell sogar eine spezielle Bili-<br />
Ausbildung? Wenn ja, in welcher Form?<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />
Wie sehr waren Sie davon überzeugt, den Anfor<strong>der</strong>ungen des bilingualen Erdkundeunterrichts<br />
gewachsen zu sein?<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />
Halten Sie ein spezifisches Ausbildungsprogramm für bilinguale Lehrkräfte für notwendig?<br />
Wenn ja, welche Zielsetzungen würden Sie für die bilinguale Ausbildung formulieren?<br />
Begründen Sie bitte Ihren Standpunkt kurz.<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />
Nehmen Sie regelmäßig an Fortbildungen für den bilingualen Unterricht teil?<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />
Fachdidaktische/methodische Überlegungen und Erfahrungen<br />
In welchem Verhältnis stehen für Sie die Sachfachdidaktik und die Fremdsprachendidaktik im<br />
bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.
122<br />
Anhang<br />
Vonseiten <strong>der</strong>jenigen Fachdidaktiker, die sich in Forschung und Lehre für bilingualen<br />
Unterricht einsetzen, werden For<strong>der</strong>ungen nach einer eigenen <strong>Didaktik</strong> für bilingualen<br />
Sachfachunterricht erhoben. Sollte Ihrer Meinung nach eine solche bilinguale <strong>Didaktik</strong> als<br />
eine fächerübergreifende <strong>Didaktik</strong> entwickelt werden o<strong>der</strong> ist es aufgrund <strong>der</strong> jeweils<br />
fachspezifischen Arbeitsweisen nötig, für jedes bilingual unterrichtete Fach eine eigene<br />
<strong>Didaktik</strong> zu entwickeln?<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />
Wäre eine eigene bilinguale <strong>Didaktik</strong> für den Erdkundeunterricht Ihrer Meinung nach als<br />
Entlastung durch eine bessere Orientierung für bilinguale Lehrkräfte o<strong>der</strong> als Restriktion<br />
einhergehend mit dem Verlust von „Experimentiermöglichkeiten“ zu werten?<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />
Inwieweit spielt die deutsche Sprache in Ihrem bilingualen Erdkundeunterricht eine Rolle?<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />
Zu welchem Zweck setzen Sie die deutsche Sprache bzw. die Fremdsprache in Ihrem<br />
bilingualen Erdkundeunterricht ein?<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />
Welche Position vertreten Sie bezüglich code-switching im bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />
Wie gehen Sie mit sprachlichen Verständnisproblemen seitens <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler<br />
um?<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />
Inwieweit beugen Sie zu erwartenden Verständnisproblemen vor?<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.
123<br />
Anhang<br />
Wie begegnen Sie <strong>der</strong> möglichen Diskrepanz zwischen fremdsprachlichem Wissen (was die<br />
Schülerinnen und Schüler sagen können) und kognitivem Wissen (was die Schülerinnen und<br />
Schüler sagen möchten) seitens <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler, vor allem in den anfänglichen<br />
Schuljahrgängen mit bilingualem Unterricht?<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />
Gibt es im bilingualen Unterricht weniger inhaltliche Verständnisprobleme als im regulären<br />
Unterricht, da durch die Fremdsprache als Arbeitssprache stärker auf die Verständlichkeit<br />
geachtet wird?<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />
Gibt es beson<strong>der</strong>s geeignete Unterrichtsmethoden für den bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Wenn ja, welche?<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />
Welche Rolle spielen methodische Übungen des Fremdsprachenunterrichts z.B.<br />
Wortschatzarbeit, Aussprache, Sprachmittlung, kreative Übungen, Hörverstehen etc. im<br />
bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />
Sehen Sie gerade für den bilingualen Unterricht im Wechsel <strong>der</strong> Darstellungsformen ein<br />
beson<strong>der</strong>es didaktisches Potential?<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />
Welche Bücher bzw. Materialien setzen Sie in Ihrem bilingualen Erdkundeunterricht ein?<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />
Wie oft setzen Sie selbst erstellte Materialien ein?<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />
Welche Anfor<strong>der</strong>ungen müssen gute bilinguale Materialien Ihrer Meinung nach erfüllen?<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.
Unterrichtsplanung und -durchführung<br />
124<br />
Anhang<br />
Welche Unterschiede sehen Sie zwischen bilingualem und regulärem Erdkundeunterricht im<br />
Hinblick auf<br />
a) Planung bzw. <strong>Didaktik</strong>?<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />
b) Gestaltung bzw. Methodik?<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />
Wie hoch schätzen Sie die Unterschiede in Bezug auf den Zeitaufwand bei <strong>der</strong><br />
Unterrichtsvorbereitung zwischen bilingualem und regulärem Erdkundeunterricht ein?<br />
Begründen Sie bitte Ihre Einschätzung.<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />
Sind bestimmte Themen beson<strong>der</strong>s gut geeignet bzw. ungeeignet für den bilingualen<br />
Erdkundeunterricht?<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />
Inwieweit unterscheidet sich die Rolle <strong>der</strong> Lehrperson im bilingualen Erdkundeunterricht zu<br />
<strong>der</strong> im regulären Erdkundeunterricht?<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />
Professionswissen<br />
Bitte ergänzen Sie folgende Satzanfänge:<br />
Eine professionelle bilinguale Erdkundelehrkraft ist für mich eine Person, die…<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />
Eine bilinguale Erdkundelehrkraft erreicht Ihre Schülerinnen und Schüler, wenn Sie…<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.
Eine bilinguale Erdkundelehrkraft bekommt Probleme, wenn Sie…<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />
Mein persönliches Motto für bilingualen Unterricht lautet:<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />
125<br />
Anhang<br />
Vielen Dank!
2.2 Interview Frau G.-L.<br />
Berufsdauer, -wahl und motivationale Orientierung<br />
Seit wann sind Sie als Erdkundelehrer/Erdkundelehrerin tätig?<br />
1993 35<br />
Seit wann unterrichten Sie bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
1993<br />
Warum haben Sie sich dazu entschieden, bilingualen Erdkundeunterricht zu erteilen?<br />
Ich bekam eine Beamtenstelle mit <strong>der</strong> Auflage bilingualer Unterricht<br />
126<br />
Anhang<br />
Unterrichten Sie lieber bilingualen o<strong>der</strong> regulären Erdkundeunterricht? O<strong>der</strong> haben Sie keine<br />
Präferenzen? Begründen Sie Ihre Position kurz.<br />
Ich mag beide. Da ich aber hauptsächlich bilingualen Unterricht habe, liegt mir dieser<br />
natürlich näher. Außerdem habe ich hier für den Mittelstufenunterricht inzwischen mehr<br />
Materialien für den bilingualen Unterricht. Ferner verbindet <strong>der</strong> bilinguale meine beiden<br />
Fächer.<br />
Ausbildungsweg und zukünftige Lehrerausbildung<br />
Haben Sie sowohl Erdkunde als auch Englisch (bzw. eine an<strong>der</strong>e Fremdsprache) studiert o<strong>der</strong><br />
nur eins <strong>der</strong> beiden Fächer?<br />
Erdkunde, Englisch und Spanisch<br />
Sollten Ihrer Meinung nach alle bilingualen Erdkundelehrer/Erdkundelehrerinnen sowohl<br />
Erdkunde als auch Englisch studiert haben? O<strong>der</strong> reicht es Erdkunde studiert zu haben?<br />
Erläutern Sie bitte Ihre Antwort kurz.<br />
Ich denke es reicht für gewöhnlich nicht nur Erdkunde studiert zu haben. Wichtig ist auf jeden<br />
Fall auch das Studium einer Fremdsprache, damit man die Schwierigkeiten <strong>der</strong> Schüler besser<br />
einschätzen kann. Falls die Fremdsprache nicht Englisch sein sollte, müsste sichergestellt<br />
sein, dass die Lehrkraft über gute Englischkenntnisse verfügt.<br />
35 Die Antworten sind so abgedruckt, wie sie von den LuL formuliert wurden, d.h. es wurden keine Korrekturen<br />
vorgenommen.
127<br />
Anhang<br />
Sind Sie schon in <strong>der</strong> Ausbildungsphase (Studium und Referendariat) mit bilingualem<br />
Erdkundeunterricht in Berührung gekommen? Haben Sie eventuell sogar eine spezielle Bili-<br />
Ausbildung? Wenn ja, in welcher Form?<br />
Nein<br />
Wie sehr waren Sie davon überzeugt, den Anfor<strong>der</strong>ungen des bilingualen Erdkundeunterrichts<br />
gewachsen zu sein?<br />
Da ich vor meiner Tätigkeit am Gymnasium an einer Wirtschaftsschule Wirtschaftsenglisch<br />
unterrichtet habe, ohne davon vorher Ahnung gehabt zu haben, habe ich mir durchaus<br />
zugetraut auch dem bilingualen Erdkundeunterricht gewachsen zu sein. Ich muss jedoch<br />
sagen, dass die ersten Jahre ziemlich schwierig waren, da uns kaum Materialien zur<br />
Verfügung standen.<br />
Halten Sie ein spezifisches Ausbildungsprogramm für bilinguale Lehrkräfte für notwendig?<br />
Wenn ja, welche Zielsetzungen würden Sie für die bilinguale Ausbildung formulieren?<br />
Begründen Sie bitte Ihren Standpunkt kurz.<br />
Eine bilinguale Zusatzausbildung ist sicherlich sinnvoll, bei <strong>der</strong> vor allem auf die<br />
Schwierigkeiten und die An<strong>der</strong>sartigkeit des Unterrichts hingewiesen wird.<br />
Nehmen Sie regelmäßig an Fortbildungen für den bilingualen Unterricht teil?<br />
Ja<br />
Fachdidaktische/methodische Überlegungen und Erfahrungen<br />
In welchem Verhältnis stehen für Sie die Sachfachdidaktik und die Fremdsprachendidaktik im<br />
bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Ich glaube nicht, dass man dies so scharf trennen kann. Ich muss die vom Curriculum<br />
vorgesehenen Kompetenzen vermitteln und dies in <strong>der</strong> Fremdsprache. Somit sind beide<br />
gleichwichtig.
128<br />
Anhang<br />
Vonseiten <strong>der</strong>jenigen Fachdidaktiker, die sich in Forschung und Lehre für bilingualen<br />
Unterricht einsetzen, werden For<strong>der</strong>ungen nach einer eigenen <strong>Didaktik</strong> für bilingualen<br />
Sachfachunterricht erhoben. Sollte Ihrer Meinung nach eine solche bilinguale <strong>Didaktik</strong> als<br />
eine fächerübergreifende <strong>Didaktik</strong> entwickelt werden o<strong>der</strong> ist es aufgrund <strong>der</strong> jeweils<br />
fachspezifischen Arbeitsweisen nötig, für jedes bilingual unterrichtete Fach eine eigene<br />
<strong>Didaktik</strong> zu entwickeln?<br />
Ich denke eine für das jeweilige Fach entwickelte <strong>Didaktik</strong> ist notwendig<br />
Wäre eine eigene bilinguale <strong>Didaktik</strong> für den Erdkundeunterricht Ihrer Meinung nach als<br />
Entlastung durch eine bessere Orientierung für bilinguale Lehrkräfte o<strong>der</strong> als Restriktion<br />
einhergehend mit dem Verlust von „Experimentiermöglichkeiten“ zu werten?<br />
Für Neueinsteiger kann sie sehr hilfreich sein<br />
Inwieweit spielt die deutsche Sprache in Ihrem bilingualen Erdkundeunterricht eine Rolle?<br />
Ich verwende sie möglichst nicht.<br />
Zu welchem Zweck setzen Sie die deutsche Sprache bzw. die Fremdsprache in Ihrem<br />
bilingualen Erdkundeunterricht ein?<br />
Wenn die Sachfachinhalte aufgrund <strong>der</strong> Schwierigkeit des Textes absolut notwendig ist.<br />
Welche Position vertreten Sie bezüglich code-switching im bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
keine<br />
Wie gehen Sie mit sprachlichen Verständnisproblemen seitens <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler<br />
um?<br />
Ich versuche die Verständnisprobleme in Englisch zu klären. Falls es absolut nicht möglich<br />
ist, muss man auf die deutsche Sprache zurückgreifen.<br />
Inwieweit beugen Sie zu erwartenden Verständnisproblemen vor?<br />
Ich versuche Vokabeln vorzuentlasten. Bzw. im Zusammenhang mit dem Bearbeiten des<br />
Textes zu klären.
129<br />
Anhang<br />
Wie begegnen Sie <strong>der</strong> möglichen Diskrepanz zwischen fremdsprachlichem Wissen (was die<br />
Schülerinnen und Schüler sagen können) und kognitivem Wissen (was die Schülerinnen und<br />
Schüler sagen möchten) seitens <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler, vor allem in den anfänglichen<br />
Schuljahrgängen mit bilingualem Unterricht?<br />
Meistens ergibt sich das Problem so nicht, da sie die Fachsprache sehr schnell lernen. Die<br />
notwendigen Sprachmittel um die Inhalte zu erklären haben sie dann bereits durch<br />
umfangreiche Textarbeit erhalten. Falls die Schüler die Inhalte gar nicht in Englisch<br />
ausdrücken können (trotz Versuchs) dürfen sie sich auch in deutsch äußern.<br />
Gibt es im bilingualen Unterricht weniger inhaltliche Verständnisprobleme als im regulären<br />
Unterricht, da durch die Fremdsprache als Arbeitssprache stärker auf die Verständlichkeit<br />
geachtet wird?<br />
Ich denke häufig schon. Auch sind die Inhalte in den englischsprachigen Büchern häufig<br />
ansprechen<strong>der</strong> und verständlicher erklärt.<br />
Gibt es beson<strong>der</strong>s geeignete Unterrichtsmethoden für den bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Wenn ja, welche?<br />
Einsatz von verschiedenen Materialien<br />
Welche Rolle spielen methodische Übungen des Fremdsprachenunterrichts z.B.<br />
Wortschatzarbeit, Aussprache, Sprachmittlung, kreative Übungen, Hörverstehen etc. im<br />
bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Verwende ich so konkret nicht. Es ergibt sich aus dem Zusammenhang, falls notwendig. Im<br />
Vor<strong>der</strong>grund steht <strong>der</strong> Sachfachunterricht.<br />
Sehen Sie gerade für den bilingualen Unterricht im Wechsel <strong>der</strong> Darstellungsformen ein<br />
beson<strong>der</strong>es didaktisches Potential?<br />
Mir ist unklar welche Darstellungsformen sie meinen<br />
Welche Bücher bzw. Materialien setzen Sie in Ihrem bilingualen Erdkundeunterricht ein?<br />
Zur Zeit in <strong>der</strong> Mittelstufe Westermann: Diercke Geography for bilingual classes. Zusätzlich<br />
weitere Materialien aus an<strong>der</strong>en Lehrwerken bzw. Arbeitsblätter
Wie oft setzen Sie selbst erstellte Materialien ein?<br />
Unterschiedlich, kann ich keine genauen Angaben machen<br />
Welche Anfor<strong>der</strong>ungen müssen gute bilinguale Materialien Ihrer Meinung nach erfüllen?<br />
Die Sachinhalte gut darstellen und dies in einem für die Schüler verständlichen Englisch<br />
Unterrichtsplanung und -durchführung<br />
130<br />
Anhang<br />
Welche Unterschiede sehen Sie zwischen bilingualem und regulärem Erdkundeunterricht im<br />
Hinblick auf<br />
a) Planung bzw. <strong>Didaktik</strong>?<br />
Bilingualer Sachfachunterricht muss immer auch die fremdsprachlichen Schwierigkeiten im<br />
Blick haben.<br />
b) Gestaltung bzw. Methodik?<br />
Mehr Text und verschiedene Medien<br />
Wie hoch schätzen Sie die Unterschiede in Bezug auf den Zeitaufwand bei <strong>der</strong><br />
Unterrichtsvorbereitung zwischen bilingualem und regulärem Erdkundeunterricht ein?<br />
Begründen Sie bitte Ihre Einschätzung.<br />
Der Zeitaufwand beim bilingualen Sachfachunterricht ist höher, da ich häufig länger nach<br />
geeigneten Materialien suchen muss. Diese müssen dann noch für die entsprechende<br />
Lerngruppe aufbereitet werden.<br />
Sind bestimmte Themen beson<strong>der</strong>s gut geeignet bzw. ungeeignet für den bilingualen<br />
Erdkundeunterricht?<br />
Für den bilingualen Sachfachunterricht in Erdkunde eignen sich eigentlich so ziemlich alle<br />
Themen <strong>der</strong> Mittelstufe. Beson<strong>der</strong>s anschaulich sind dabei natürlich Themen wie: volcanoes,<br />
earthquakes etc.<br />
Inwieweit unterscheidet sich die Rolle <strong>der</strong> Lehrperson im bilingualen Erdkundeunterricht zu<br />
<strong>der</strong> im regulären Erdkundeunterricht?<br />
Der Lehrkörper muss häufiger sprachliche Hilfestellungen geben.
Professionswissen<br />
Bitte ergänzen Sie folgende Satzanfänge:<br />
Eine professionelle bilinguale Erdkundelehrkraft ist für mich eine Person, die…<br />
die Sachfachinhalte in <strong>der</strong> englischen Sprache den Schülern gut vermitteln kann.<br />
Eine bilinguale Erdkundelehrkraft erreicht Ihre Schülerinnen und Schüler, wenn Sie…<br />
131<br />
Anhang<br />
auf die begrenzten sprachlichen Kompetenzen <strong>der</strong> Schüler Rücksicht nimmt und den<br />
Unterricht für die Schüler ansprechend und verständlich gestaltet.<br />
Eine bilinguale Erdkundelehrkraft bekommt Probleme, wenn Sie…<br />
die Schüler sprachlich überfor<strong>der</strong>t<br />
Mein persönliches Motto für bilingualen Unterricht lautet:<br />
Den Schülern die Angst vor Äußerungen im Sachfach in <strong>der</strong> englischen Sprache zu nehmen<br />
und vor allem Anfänger immer wie<strong>der</strong> darauf hinzuweisen, dass sie sich keine all zu großen<br />
Sorgen machen sollen, wenn sie nicht alles verstehen. Das sich das bald alles ergeben würde.
2.3 Interview Frau H.<br />
Berufsdauer, -wahl und motivationale Orientierung<br />
Seit wann sind Sie als Erdkundelehrer/Erdkundelehrerin tätig?<br />
Seit 1977<br />
Seit wann unterrichten Sie bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Seit 1996, seit 2000 als Fachobfrau für bilingualen Unterricht an meiner Schule.<br />
Warum haben Sie sich dazu entschieden, bilingualen Erdkundeunterricht zu erteilen?<br />
132<br />
Anhang<br />
Ich habe den bilingualen Unterricht mit eingeführt und dann selbstverständlich mein eigenes<br />
Fach ebenfalls bilingual unterrichtet.<br />
Unterrichten Sie lieber bilingualen o<strong>der</strong> regulären Erdkundeunterricht? O<strong>der</strong> haben Sie keine<br />
Präferenzen? Begründen Sie Ihre Position kurz.<br />
In den letzten Jahren habe ich fast ausschließlich Ek-bili unterrichtet, so dass ich viel mehr an<br />
bilingualem Unterrichtsmaterial hatte und eigentlich lieber bilingual unterrichtet habe.<br />
Ausbildungsweg und zukünftige Lehrerausbildung<br />
Haben Sie sowohl Erdkunde als auch Englisch (bzw. eine an<strong>der</strong>e Fremdsprache) studiert o<strong>der</strong><br />
nur eins <strong>der</strong> beiden Fächer?<br />
Ich habe beide Fächer studiert.<br />
Sollten Ihrer Meinung nach alle bilingualen Erdkundelehrer/Erdkundelehrerinnen sowohl<br />
Erdkunde als auch Englisch studiert haben? O<strong>der</strong> reicht es Erdkunde studiert zu haben?<br />
Erläutern Sie bitte Ihre Antwort kurz.<br />
Ich denke, es ist von großem Vorteil, die Sprache studiert zu haben, allerdings muss man sich<br />
viel neues Vokabular aneignen. Sicherlich könnte auch ein Kollege/ eine Kollegin bilingual<br />
unterrichten, wenn er/sie einige Zeit in einem englischsprachigen Land verbracht hat und die<br />
Sprache so gut spricht, dass er/sie damit unterrichten kann.
133<br />
Anhang<br />
Sind Sie schon in <strong>der</strong> Ausbildungsphase (Studium und Referendariat) mit bilingualem<br />
Erdkundeunterricht in Berührung gekommen? Haben Sie eventuell sogar eine spezielle Bili-<br />
Ausbildung? Wenn ja, in welcher Form?<br />
Nein, ich habe mein Referendariat 1975 in Rheinland-Pfalz absolviert. Damals war<br />
bilingualer Unterricht noch kein Thema.<br />
Wie sehr waren Sie davon überzeugt, den Anfor<strong>der</strong>ungen des bilingualen Erdkundeunterrichts<br />
gewachsen zu sein?<br />
An meinem Gymnasium in Trier wurde <strong>der</strong> bili-Unterricht bereits1988 eingeführt. Wir<br />
Kollegen waren damals noch <strong>der</strong> Meinung nur Muttersprachler könnten wirklich guten bili-<br />
Unterricht erteilen. Ich habe daher zunächst nur Englisch in bili-Klassen unterrichtet.<br />
Halten Sie ein spezifisches Ausbildungsprogramm für bilinguale Lehrkräfte für notwendig?<br />
Wenn ja, welche Zielsetzungen würden Sie für die bilinguale Ausbildung formulieren?<br />
Begründen Sie bitte Ihren Standpunkt kurz.<br />
Ja, wir fanden uns ziemlich auf uns alleine gestellt und hatten kaum Unterrichtsmaterialien,<br />
d.h. es war mühsam und sehr zeitaufwendig, bilingualen Unterricht vorzubereiten. Heute gibt<br />
es genügend Material, so dass man im Referendariat den Fokus auf die <strong>Didaktik</strong> und<br />
Methodik legen kann. Die Anfor<strong>der</strong>ungen im bilingualen Erdkundeunterricht unterscheiden<br />
sich wesentlich vom deutschsprachigen Unterricht, da man langsamer vorgehen muss und viel<br />
stärker visuelle Mittel einsetzen muss. Diese Dinge muss man erst einmal lernen!<br />
Nehmen Sie regelmäßig an Fortbildungen für den bilingualen Unterricht teil?<br />
Ja, ich gehöre zum „bilingualen Netzwerk“ Nie<strong>der</strong>sachsen. Wir treffen uns zu Beginn des<br />
neuen Schuljahrs für drei Tage in Hannover und bereiten jeweils ein bestimmtes Thema für<br />
regionale Fortbildungen vor. Darüber hinaus nehme ich teil an Angeboten <strong>der</strong> Verlage.<br />
Außerdem habe ich 1999 und 2007 Kurse zum Thema in Bristol und Colchester besucht.<br />
Fachdidaktische/methodische Überlegungen und Erfahrungen<br />
In welchem Verhältnis stehen für Sie die Sachfachdidaktik und die Fremdsprachendidaktik im<br />
bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Die Sachfachdidaktik sollte im Vor<strong>der</strong>grunde stehen – die Sprache wird nur als Vehikel<br />
benutzt, d.h. Fehler werden zwar korrigiert, spielen aber weiter keine Rolle.
134<br />
Anhang<br />
Vonseiten <strong>der</strong>jenigen Fachdidaktiker, die sich in Forschung und Lehre für bilingualen<br />
Unterricht einsetzen, werden For<strong>der</strong>ungen nach einer eigenen <strong>Didaktik</strong> für bilingualen<br />
Sachfachunterricht erhoben. Sollte Ihrer Meinung nach eine solche bilinguale <strong>Didaktik</strong> als<br />
eine fächerübergreifende <strong>Didaktik</strong> entwickelt werden o<strong>der</strong> ist es aufgrund <strong>der</strong> jeweils<br />
fachspezifischen Arbeitsweisen nötig, für jedes bilingual unterrichtete Fach eine eigene<br />
<strong>Didaktik</strong> zu entwickeln?<br />
Ich glaube kaum, dass man eine fächerübergreifende <strong>Didaktik</strong> entwickeln könnte. Jedes Fach<br />
hat seine speziellen Probleme, d.h. wenn eine <strong>Didaktik</strong> entwickelt werden sollte, muss sie auf<br />
die einzelnen Fächer ausgerichtet sein. Letzteres ist sicherlich viel zu aufwendig.<br />
Wäre eine eigene bilinguale <strong>Didaktik</strong> für den Erdkundeunterricht Ihrer Meinung nach als<br />
Entlastung durch eine bessere Orientierung für bilinguale Lehrkräfte o<strong>der</strong> als Restriktion<br />
einhergehend mit dem Verlust von „Experimentiermöglichkeiten“ zu werten?<br />
Ich habe eine eigene <strong>Didaktik</strong> für den bili-Unterricht nie vermisst und experimentiere lieber!<br />
Wir haben schon Vorschriften genug, und ich glaube nicht, dass eine bilinguale <strong>Didaktik</strong><br />
entlastend wäre.<br />
Inwieweit spielt die deutsche Sprache in Ihrem bilingualen Erdkundeunterricht eine Rolle?<br />
Sie wird nur dann eingesetzt, wenn ich merke, dass Verständnisschwierigkeiten bei<br />
komplexen Themen auftreten (z.B. Vulkanismus, Plattentektonik etc.). Der Begriff<br />
„bilingual“ beinhaltet außerdem, dass beide Sprachen benutz werden dürfen und sollen.<br />
Zu welchem Zweck setzen Sie die deutsche Sprache bzw. die Fremdsprache in Ihrem<br />
bilingualen Erdkundeunterricht ein?<br />
Siehe letzte Frage.<br />
Welche Position vertreten Sie bezüglich code-switching im bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />
Wie gehen Sie mit sprachlichen Verständnisproblemen seitens <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler<br />
um?<br />
Es gibt zu jedem Thema entsprechende Vokabellisten; man kann nachfragen; wenn es ganz<br />
schwierig wird, dann eben mal auf Deutsch!<br />
Inwieweit beugen Sie zu erwartenden Verständnisproblemen vor?
135<br />
Anhang<br />
Wie beim Besprechen von Texten im Englischunterricht auch, es werden Vokabeln<br />
eingeführt, entsprechende Vokabelhefte angelegt, in Anfängerklassen auch Karteikärtchen mit<br />
gemalten Bil<strong>der</strong>n zur Veranschaulichung <strong>der</strong> Vokabel (z.B. volcano). Da wir ja nach den<br />
gleichen Rahmenrichtlinien arbeiten, lohnt es sich, auch hin und wie<strong>der</strong> in die<br />
deutschsprachigen Lehrerhandreichungen zu schauen. Die Verständnisprobleme sind nämlich<br />
häufig im deutschen Ek-Unterricht die gleichen und nicht unbedingt in <strong>der</strong> Fremdsprache<br />
begründet. Im bili-Unterricht wird man natürlich noch mehr mit Fotos, Bil<strong>der</strong>n,<br />
Filmausschnitten etc. arbeiten, um bestimmte Dinge zu thematisieren.<br />
Wie begegnen Sie <strong>der</strong> möglichen Diskrepanz zwischen fremdsprachlichem Wissen (was die<br />
Schülerinnen und Schüler sagen können) und kognitivem Wissen (was die Schülerinnen und<br />
Schüler sagen möchten) seitens <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler, vor allem in den anfänglichen<br />
Schuljahrgängen mit bilingualem Unterricht?<br />
Da darf dann auch mal auf Deutsch etwas erzählt werden, vgl. Begründung oben!<br />
Gibt es im bilingualen Unterricht weniger inhaltliche Verständnisprobleme als im regulären<br />
Unterricht, da durch die Fremdsprache als Arbeitssprache stärker auf die Verständlichkeit<br />
geachtet wird?<br />
Sicher bemüht man sich als Lehrkraft, Verständnisprobleme möglichst auszuräumen. Ich<br />
glaube aber nicht, dass diese an die Sprache gebunden sind.<br />
Gibt es beson<strong>der</strong>s geeignete Unterrichtsmethoden für den bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Wenn ja, welche?<br />
In den vorausgegangenen Fragen wurde bereits darauf hingewiesen, dass beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong><br />
Einsatz von visuellen Mitteln sinnvoll ist. Gruppenarbeit, Stationenlernen, Kurzreferate,<br />
Rollenspiele eignen sich sehr gut, da sie einerseits eigenen Einsatz för<strong>der</strong>n, an<strong>der</strong>erseits auch<br />
Raum für individuelles lernen lassen.
136<br />
Anhang<br />
Welche Rolle spielen methodische Übungen des Fremdsprachenunterrichts z.B.<br />
Wortschatzarbeit, Aussprache, Sprachmittlung, kreative Übungen, Hörverstehen etc. im<br />
bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Sie werden im Rahmen des Unterrichts eingesetzt, aber themenspezifisch und nicht als<br />
„Sprachunterricht“. Wortschatzarbeit: Vokabellisten etc., Aussprache: wird verbessert, wie<br />
sonst auch; Hörverstehen: Filme, Interviews etc. aber mit Fokus auf den Inhalt etc. ;<br />
Arbeitsblätter etc.<br />
Sehen Sie gerade für den bilingualen Unterricht im Wechsel <strong>der</strong> Darstellungsformen ein<br />
beson<strong>der</strong>es didaktisches Potential?<br />
Ja, man muss sich deutlich mehr Gedanken bei <strong>der</strong> Unterrichtsplanung machen!<br />
Welche Bücher bzw. Materialien setzen Sie in Ihrem bilingualen Erdkundeunterricht ein?<br />
Westermann/Diercke: Volumes I and II Bilingual Geography, International Atlas Diercke,<br />
Ponts Wörterbücher, viel selbst gesammeltes Material aus dem Internet, aus englischen<br />
Lehrbüchern, CDs von Rolf Bächle, Materialien aus Fortbildungen.<br />
Wie oft setzen Sie selbst erstellte Materialien ein?<br />
Sehr häufig.<br />
Welche Anfor<strong>der</strong>ungen müssen gute bilinguale Materialien Ihrer Meinung nach erfüllen?<br />
Klare Aufgabenstellung, sprachlich <strong>der</strong> Lerngruppe angepasst, anschauliche Darstellung.<br />
Unterrichtsplanung und -durchführung<br />
Welche Unterschiede sehen Sie zwischen bilingualem und regulärem Erdkundeunterricht im<br />
Hinblick auf<br />
a) Planung bzw. <strong>Didaktik</strong>?<br />
Die Vorbereitung des bilingualen Unterrichts erfor<strong>der</strong>t mehr Aufwand und damit mehr Zeit,<br />
zumindest beim ersten Durchgang einer Einheit.<br />
b) Gestaltung bzw. Methodik?<br />
Dasselbe gilt auch für Gestaltung und Methodik
137<br />
Anhang<br />
Wie hoch schätzen Sie die Unterschiede in Bezug auf den Zeitaufwand bei <strong>der</strong><br />
Unterrichtsvorbereitung zwischen bilingualem und regulärem Erdkundeunterricht ein?<br />
Begründen Sie bitte Ihre Einschätzung.<br />
Insgesamt benötigt man sicher mehr Zeit zur Vorbereitung des bilingualen Unterrichts. Der<br />
Zeitaufwand ist aber auch vom Thema abhängig und ob man auf bereits erstelltes Material<br />
zurück greifen kann.<br />
Sind bestimmte Themen beson<strong>der</strong>s gut geeignet bzw. ungeeignet für den bilingualen<br />
Erdkundeunterricht?<br />
Da wir an das Kerncurriculum gebunden sind, kann es keine „geeigneten bzw. ungeeigneten<br />
Themen“ geben. Natürlich sind physisch-geographische Themen schwieriger zu vermitteln als<br />
kulturgeographische. Gerade in Klasse 7 und 8 müssen wir z.B. Plattentektonik, Vulkanismus<br />
und Erdbeben behandeln. Dies ist mit <strong>der</strong> auf diesen Klassenstufen vorhandenen<br />
Sprachkompetenz nicht so ganz einfach.<br />
Inwieweit unterscheidet sich die Rolle <strong>der</strong> Lehrperson im bilingualen Erdkundeunterricht zu<br />
<strong>der</strong> im regulären Erdkundeunterricht?<br />
Vielleicht insofern, als die Lehrperson stärker auf die individuellen Bedürfnisse des einzelnen<br />
Schülers eingehen muss.<br />
Professionswissen<br />
Bitte ergänzen Sie folgende Satzanfänge:<br />
Eine professionelle bilinguale Erdkundelehrkraft ist für mich eine Person, <strong>der</strong>…<br />
es unabhängig vom Thema gelingt, die Klasse zu motivieren und den Lernstoff zu vermitteln.<br />
Eine bilinguale Erdkundelehrkraft erreicht Ihre Schülerinnen und Schüler, wenn Sie<br />
ihre Schüler und Schülerinnen for<strong>der</strong>t, aber nicht überfor<strong>der</strong>t.<br />
Eine bilinguale Erdkundelehrkraft bekommt Probleme, wenn Sie…<br />
versucht, im gleichen Lerntempo zu unterrichten wie in <strong>der</strong> Muttersprache.<br />
Mein persönliches Motto für bilingualen Unterricht lautet:<br />
Englisch lernt man im Englischunterricht, den „täglichen“ Umgang mit <strong>der</strong> Sprache in einem<br />
bilingual unterrichteten Sachfach!
2.4 Interview Herr H.<br />
Berufsdauer, -wahl und motivationale Orientierung<br />
Seit wann sind Sie als Erdkundelehrer/Erdkundelehrerin tätig?<br />
1981<br />
Seit wann unterrichten Sie bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
1990<br />
Warum haben Sie sich dazu entschieden, bilingualen Erdkundeunterricht zu erteilen?<br />
138<br />
Anhang<br />
Bilingualer Unterricht erhöht die sprachliche Kompetenz <strong>der</strong> Schüler effektiv, Bilingualer<br />
Unterricht erzeugt über die Verwendung <strong>der</strong> Fremdsprache eine zusätzliche Motivation für<br />
das Sachfach Erdkunde<br />
Unterrichten Sie lieber bilingualen o<strong>der</strong> regulären Erdkundeunterricht? O<strong>der</strong> haben Sie keine<br />
Präferenzen? Begründen Sie Ihre Position kurz.<br />
Keine beson<strong>der</strong>e Präferenz, da beide Unterrichtsformen ihre Vorzzüge haben.<br />
Ausbildungsweg und zukünftige Lehrerausbildung<br />
Haben Sie sowohl Erdkunde als auch Englisch (bzw. eine an<strong>der</strong>e Fremdsprache) studiert o<strong>der</strong><br />
nur eins <strong>der</strong> beiden Fächer?<br />
Sowohl Englisch als auch Erdkunde<br />
Sollten Ihrer Meinung nach alle bilingualen Erdkundelehrer/Erdkundelehrerinnen sowohl<br />
Erdkunde als auch Englisch studiert haben? O<strong>der</strong> reicht es Erdkunde studiert zu haben?<br />
Erläutern Sie bitte Ihre Antwort kurz.<br />
Beide Fächer sollten studiert worden sein, o<strong>der</strong> durch einen mehrjährigen Auslandsaufenthalt<br />
eine vergleichbare Sprachkompetenz (C1) erworben worden sein als Grundvoraussetzung<br />
Sind Sie schon in <strong>der</strong> Ausbildungsphase (Studium und Referendariat) mit bilingualem<br />
Erdkundeunterricht in Berührung gekommen? Haben Sie eventuell sogar eine spezielle Bili-<br />
Ausbildung? Wenn ja, in welcher Form?<br />
Nein.
139<br />
Anhang<br />
Wie sehr waren Sie davon überzeugt, den Anfor<strong>der</strong>ungen des bilingualen Erdkundeunterrichts<br />
gewachsen zu sein?<br />
Vor dem Hintergrund des Studiums von Englisch und Erdkunde kann man die bilinguale<br />
Qualifikation auch durch ‚Learning by Doing‘ erwerben. Dies ist allerdings zeitaufwendiger<br />
als durch eine entsprechende Ausbildung.<br />
Halten Sie ein spezifisches Ausbildungsprogramm für bilinguale Lehrkräfte für notwendig?<br />
Wenn ja, welche Zielsetzungen würden Sie für die bilinguale Ausbildung formulieren?<br />
Begründen Sie bitte Ihren Standpunkt kurz.<br />
Ja, denn Apekte <strong>der</strong> Fremdsprache und Anfor<strong>der</strong>ungen des Sachfachs müssen zu einer<br />
spezifischen <strong>Didaktik</strong> und Methodik zusammengeführt werden.<br />
Nehmen Sie regelmäßig an Fortbildungen für den bilingualen Unterricht teil?<br />
Ich plane und führe regionale und überregionale Fortbildungsveranstaltungen zu bilingualem<br />
Unterricht durch.<br />
Fachdidaktische/methodische Überlegungen und Erfahrungen<br />
In welchem Verhältnis stehen für Sie die Sachfachdidaktik und die Fremdsprachendidaktik im<br />
bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Im Zusammenspiel von Sachfachdidaktik und Fremdsprachendidaktik ergibt sich eine<br />
<strong>Didaktik</strong> des bilingualen Unterrichts<br />
Vonseiten <strong>der</strong>jenigen Fachdidaktiker, die sich in Forschung und Lehre für bilingualen<br />
Unterricht einsetzen, werden For<strong>der</strong>ungen nach einer eigenen <strong>Didaktik</strong> für bilingualen<br />
Sachfachunterricht erhoben. Sollte Ihrer Meinung nach eine solche bilinguale <strong>Didaktik</strong> als<br />
eine fächerübergreifende <strong>Didaktik</strong> entwickelt werden o<strong>der</strong> ist es aufgrund <strong>der</strong> jeweils<br />
fachspezifischen Arbeitsweisen nötig, für jedes bilingual unterrichtete Fach eine eigene<br />
<strong>Didaktik</strong> zu entwickeln?<br />
Es gibt nur ein sowohl als auch. Bestimmte Aspekte, z.B. <strong>der</strong> Aspekt ‚Sprache‘ im Sinn von<br />
Fremdsprache ist sicherlich fächerübergreifend zu sehen, daneben gibt es eine Reihe von<br />
sachfachspezifischen Aspekten, die nicht fächerübergreifend zu sehen sind.
140<br />
Anhang<br />
Wäre eine eigene bilinguale <strong>Didaktik</strong> für den Erdkundeunterricht Ihrer Meinung nach als<br />
Entlastung durch eine bessere Orientierung für bilinguale Lehrkräfte o<strong>der</strong> als Restriktion<br />
einhergehend mit dem Verlust von „Experimentiermöglichkeiten“ zu werten?<br />
Ich sehe hier den Aspekt <strong>der</strong> Entlastung, <strong>der</strong> zusätzliche Möglichkeiten des Experimentierens<br />
ja nicht ausschließt.<br />
Inwieweit spielt die deutsche Sprache in Ihrem bilingualen Erdkundeunterricht eine Rolle?<br />
Der Unterricht ist einsprachig in <strong>der</strong> Fremdsprache. In Lernkontrollen besteht für den Schüler<br />
theoretisch die Möglichkeit, einzelne Wörter o<strong>der</strong> Sätze auch in deutscher Sprache zu<br />
verwenden. Davon machen die Schüler bei entsprechen<strong>der</strong> Vorbereitung jedoch keinen<br />
Gebrauch.<br />
Zu welchem Zweck setzen Sie die deutsche Sprache bzw. die Fremdsprache in Ihrem<br />
bilingualen Erdkundeunterricht ein?<br />
Der Unterricht wird in <strong>der</strong> Fremdsprache geführt. Das Fachvokabular wird zusätzlich auch in<br />
<strong>der</strong> deutschen Sprache gesichert.<br />
Welche Position vertreten Sie bezüglich code-switching im bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Code-switsching ist grundsätzlich zwar möglich. In <strong>der</strong> Unterrichtsrealität jedoch nur selten<br />
nötig. Wichtig wäre dabei eine klare Trennung zwischen den Sprachsystemen, um<br />
Interferenzen zu vermeiden.<br />
Wie gehen Sie mit sprachlichen Verständnisproblemen seitens <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler<br />
um?<br />
Durch Paraphrasierung und z.B. Visualisierung lassen sich Probleme zumeist lösen.<br />
Inwieweit beugen Sie zu erwartenden Verständnisproblemen vor?<br />
Reduktion <strong>der</strong> Textfülle und Komplexität von Texten, Erhöhung <strong>der</strong> Anschaulichkeit durch<br />
Visualisierung, etc.
141<br />
Anhang<br />
Wie begegnen Sie <strong>der</strong> möglichen Diskrepanz zwischen fremdsprachlichem Wissen (was die<br />
Schülerinnen und Schüler sagen können) und kognitivem Wissen (was die Schülerinnen und<br />
Schüler sagen möchten) seitens <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler, vor allem in den anfänglichen<br />
Schuljahrgängen mit bilingualem Unterricht?<br />
Scaffolding, also <strong>der</strong> Einsatz ganz unterschiedlicher Lerngerüste bietet die Basis, die<br />
auftretenden Diskrepanzen zu verringern.<br />
Gibt es im bilingualen Unterricht weniger inhaltliche Verständnisprobleme als im regulären<br />
Unterricht, da durch die Fremdsprache als Arbeitssprache stärker auf die Verständlichkeit<br />
geachtet wird?<br />
Nicht grundsätzlich, da ja auch im deutschsprachigen Erdkundeunterricht auf Verständlichkeit<br />
geachtet werden sollte. Im Einzelfall allerdings doch, denn beson<strong>der</strong>e Formen von<br />
Visualisierung o<strong>der</strong> auch <strong>der</strong> Einsatz von Scaffolding vermin<strong>der</strong>t Verständnisschwierigkeiten.<br />
Gibt es beson<strong>der</strong>s geeignete Unterrichtsmethoden für den bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Wenn ja, welche?<br />
Alle kommunikativen und die Schülerselbsttätigkeit einbeziehenden Unterrichtsformen sind<br />
beson<strong>der</strong>s geeignet (Projekte, Grupen-, Partnerarbeit, Experimente,‘hands-on-activities‘, etc.)<br />
Welche Rolle spielen methodische Übungen des Fremdsprachenunterrichts z.B.<br />
Wortschatzarbeit, Aussprache, Sprachmittlung, kreative Übungen, Hörverstehen etc. im<br />
bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Sie spielen nur dann eine Rolle, wenn sie funktional für das Erreichen eines durch das<br />
Sachfach definierten Ziels hilfreich sind. Dies ist häufig <strong>der</strong> Fall.<br />
Sehen Sie gerade für den bilingualen Unterricht im Wechsel <strong>der</strong> Darstellungsformen ein<br />
beson<strong>der</strong>es didaktisches Potential?<br />
Unklar, was unter Darstellungsform zu verstehen ist.<br />
Welche Bücher bzw. Materialien setzen Sie in Ihrem bilingualen Erdkundeunterricht ein?<br />
Alle Bände <strong>der</strong> Westermann Reihe ‚Diercke Geography for Bilingual Classes‘
Wie oft setzen Sie selbst erstellte Materialien ein?<br />
142<br />
Anhang<br />
Da die vorliegenden Materialien in <strong>der</strong> Regel nicht alle Aspekte des gültigen Kerncurriculums<br />
abdecken, werden in fast je<strong>der</strong> Stunde auch selbst erstellte Materialien benutzt.<br />
Welche Anfor<strong>der</strong>ungen müssen gute bilinguale Materialien Ihrer Meinung nach erfüllen?<br />
Sie sollten die vom Sachfach gefor<strong>der</strong>ten Inhalte unter Berücksichtigung einer beson<strong>der</strong>s<br />
hohen Anschaulichkeit abdecken und sprachlich die notwendigen Hilfen anbieten.<br />
Unterrichtsplanung und -durchführung<br />
Welche Unterschiede sehen Sie zwischen bilingualem und regulärem Erdkundeunterricht im<br />
Hinblick auf<br />
a) Planung bzw. <strong>Didaktik</strong>?<br />
Ein wesentlicher Unterschied liegt beson<strong>der</strong>s in den unteren Klassenstufen in einer<br />
inhaltlichen und sprachlichen didaktischen Reduktion.<br />
b) Gestaltung bzw. Methodik?<br />
Methoden mit einem beson<strong>der</strong>s hohen Anteil an Schülerselbsttätigkeit, verstärkter Einsatz<br />
visueller Medien, Methoden zur Umwälzung des relevanten Sprachmaterials<br />
Wie hoch schätzen Sie die Unterschiede in Bezug auf den Zeitaufwand bei <strong>der</strong><br />
Unterrichtsvorbereitung zwischen bilingualem und regulärem Erdkundeunterricht ein?<br />
Begründen Sie bitte Ihre Einschätzung.<br />
Da die vorhandenen Lehrbücher nur einen Teil des Unterrichts unterstützen können, ergibt es<br />
einen sehr hohen zeitlichen Aufwand in <strong>der</strong> Unterrichtsvorbereitung bei <strong>der</strong> Beschaffung und<br />
Bearbeitung des notwendigen und möglichst authentischen Unterrichtsmaterials. Das bedeutet<br />
konkret, dass je nach Erfahrung <strong>der</strong> Lehrkraft hier ein mehrfaches an Vorbereitungszeit<br />
einzusetzen ist.<br />
Sind bestimmte Themen beson<strong>der</strong>s gut geeignet bzw. ungeeignet für den bilingualen<br />
Erdkundeunterricht?<br />
Alle Themen die die oben genannten Kriterien (Projekt, Selbsttätigkeit,Experiment,etc.<br />
efüllen. Ein gutes Beispiel ist das Thema ‚Weather‘ in den Klassenstufen 6/7.
143<br />
Anhang<br />
Inwieweit unterscheidet sich die Rolle <strong>der</strong> Lehrperson im bilingualen Erdkundeunterricht zu<br />
<strong>der</strong> im regulären Erdkundeunterricht?<br />
Die Lehrperson muss in <strong>der</strong> Lage sein, flexibel und angemessen, die Erfüllung <strong>der</strong><br />
Erfor<strong>der</strong>nisse des Sachfaches durch sprachliche Hilfen zu unterstützen.<br />
Professionswissen<br />
Bitte ergänzen Sie folgende Satzanfänge:<br />
Eine professionelle bilinguale Erdkundelehrkraft ist für mich eine Person, die…<br />
Schülern eine Lernumgebung gestaltet, in <strong>der</strong> Inhalte des Sachfaches unter Verwendung <strong>der</strong><br />
Fremdsprache vermittelt werden.<br />
Eine bilinguale Erdkundelehrkraft erreicht Ihre Schülerinnen und Schüler, wenn Sie…<br />
verbindliche Inhalte anschaulich und sprachlich angemessen vermittelt.<br />
Eine bilinguale Erdkundelehrkraft bekommt Probleme, wenn Sie…<br />
Die Schere zwischen Wissen und Sprachkompetenz nicht schließen kann.<br />
Mein persönliches Motto für bilingualen Unterricht lautet:<br />
Let’d go for a bilingual future!
2.5 Interview Frau K.<br />
Berufsdauer, -wahl und motivationale Orientierung<br />
Seit wann sind Sie als Erdkundelehrer/Erdkundelehrerin tätig?<br />
144<br />
Anhang<br />
Ich habe im November 1995 mein Referendariat begonnen, im Frühjahr 2008 habe ich meine<br />
erste Stelle angetreten.<br />
Seit wann unterrichten Sie bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Seit Herbst 2006<br />
Warum haben Sie sich dazu entschieden, bilingualen Erdkundeunterricht zu erteilen?<br />
Mir erscheint <strong>der</strong> Gedanke, die Fremdsprache Englisch als „Mittel zum Zweck“ zu benutzen<br />
sehr sinnvoll, zum einen, da für die Schülerinnen und Schüler <strong>der</strong> Umgang mit <strong>der</strong><br />
Fremdsprache „instrumentalisiert“ wird und sie diese selbstverständlicher verwenden als im<br />
Fremdsprachenunterricht, zum an<strong>der</strong>en ist die englische Sprache als „Verkehrssprache“ im<br />
späteren Studien- und/o<strong>der</strong> Berufsleben für viele Menschen Alltag.<br />
Unterrichten Sie lieber bilingualen o<strong>der</strong> regulären Erdkundeunterricht? O<strong>der</strong> haben Sie keine<br />
Präferenzen? Begründen Sie Ihre Position kurz.<br />
Eine Mischung gefällt mir am besten: Bilingualer Unterricht erfor<strong>der</strong>t mehr Vorbereitung, <strong>der</strong><br />
Umgang mit <strong>der</strong> Fremdsprache erhöht jedoch die Motivation (die bei Bili-Schülern sowieso<br />
zumeist höher ist), im regulären Erdkundeunterricht kann man inhaltlich mehr in die Tiefe<br />
gehen.<br />
Ausbildungsweg und zukünftige Lehrerausbildung<br />
Haben Sie sowohl Erdkunde als auch Englisch (bzw. eine an<strong>der</strong>e Fremdsprache) studiert o<strong>der</strong><br />
nur eins <strong>der</strong> beiden Fächer?<br />
Ich habe beide Fächer studiert.
145<br />
Anhang<br />
Sollten Ihrer Meinung nach alle bilingualen Erdkundelehrer/Erdkundelehrerinnen sowohl<br />
Erdkunde als auch Englisch studiert haben? O<strong>der</strong> reicht es Erdkunde studiert zu haben?<br />
Erläutern Sie bitte Ihre Antwort kurz.<br />
Hat man Englisch nicht studiert, sollte man zumindest längere Zeit im englischsprachigen<br />
Ausland verbracht haben o<strong>der</strong> von Haus aus zweisprachig aufgewachsen sein, da eine sehr<br />
gute Vertrautheit mit <strong>der</strong> englischen Sprache für den Bili-Unterricht unerlässlich ist.<br />
Sind Sie schon in <strong>der</strong> Ausbildungsphase (Studium und Referendariat) mit bilingualem<br />
Erdkundeunterricht in Berührung gekommen? Haben Sie eventuell sogar eine spezielle Bili-<br />
Ausbildung? Wenn ja, in welcher Form?<br />
Ich habe erst in meiner Festanstellung Kontakt mit bilingualem Erdkundeunterricht<br />
bekommen und habe dann auch Fortbildungen besucht.<br />
Wie sehr waren Sie davon überzeugt, den Anfor<strong>der</strong>ungen des bilingualen Erdkundeunterrichts<br />
gewachsen zu sein?<br />
Da ich mehrmals für längere Zeit im englischsprachigen Ausland war und dort auch ein<br />
Semester Geography studiert habe, fühlte ich mich gut vorbereitet für den Bili-Unterricht.<br />
Außerdem hatte ich in <strong>der</strong> Anfangsphase gute Unterstützung von Kollegen.<br />
Halten Sie ein spezifisches Ausbildungsprogramm für bilinguale Lehrkräfte für notwendig?<br />
Wenn ja, welche Zielsetzungen würden Sie für die bilinguale Ausbildung formulieren?<br />
Begründen Sie bitte Ihren Standpunkt kurz.<br />
Ich fände eine Zusatzausbildung während des Studiums hilfreich, aber nicht notwendig.<br />
Zielsetzung sollte die Spracharbeit im bilingualen Unterricht sein: Wie führe ich inhaltlichen<br />
Wortschatz ein, wie wie<strong>der</strong>hole ich diesen, wie und wie oft sollte methodischer Wortschatz<br />
zur Verfügung gestellt werden bzw. kann er irgendwann vorausgesetzt werden? Darüber<br />
hinaus wären Hinweise zur nötigen didaktischen Reduktion sinnvoll.<br />
Nehmen Sie regelmäßig an Fortbildungen für den bilingualen Unterricht teil?<br />
Ja.
Fachdidaktische/methodische Überlegungen und Erfahrungen<br />
146<br />
Anhang<br />
In welchem Verhältnis stehen für Sie die Sachfachdidaktik und die Fremdsprachendidaktik im<br />
bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Die Sachfachdidaktik hat eindeutig Vorrang, Sprache ist aber in angemessenem Maße<br />
einzuführen und zu wie<strong>der</strong>holen bzw. sollte bei bestimmten Übungen (Analysieren einer<br />
graphischen Darstellung, eines Fotos etc.) einfach als Hilfsmittel in Form von „Useful<br />
Phrases“-Sammlungen zur Verfügung gestellt werden.<br />
Vonseiten <strong>der</strong>jenigen Fachdidaktiker, die sich in Forschung und Lehre für bilingualen<br />
Unterricht einsetzen, werden For<strong>der</strong>ungen nach einer eigenen <strong>Didaktik</strong> für bilingualen<br />
Sachfachunterricht erhoben. Sollte Ihrer Meinung nach eine solche bilinguale <strong>Didaktik</strong> als<br />
eine fächerübergreifende <strong>Didaktik</strong> entwickelt werden o<strong>der</strong> ist es aufgrund <strong>der</strong> jeweils<br />
fachspezifischen Arbeitsweisen nötig, für jedes bilingual unterrichtete Fach eine eigene<br />
<strong>Didaktik</strong> zu entwickeln?<br />
Ich denke, dass die grundlegenden Fragestellungen in allen Sachfächern ähnlich sind, deshalb<br />
reicht meiner Meinung nach eine fächerübergreifende <strong>Didaktik</strong> aus.<br />
Wäre eine eigene bilinguale <strong>Didaktik</strong> für den Erdkundeunterricht Ihrer Meinung nach als<br />
Entlastung durch eine bessere Orientierung für bilinguale Lehrkräfte o<strong>der</strong> als Restriktion<br />
einhergehend mit dem Verlust von „Experimentiermöglichkeiten“ zu werten?<br />
Es wäre sicherlich eine Entlastung bzw. Anregung, gewisse Freiheiten kann man sich<br />
trotzdem erhalten.<br />
Inwieweit spielt die deutsche Sprache in Ihrem bilingualen Erdkundeunterricht eine Rolle?<br />
Bei schwierigen Sachverhalten können die Schüler die deutsche Sprache benutzen, ich<br />
versuche möglichst durchgehend Englisch zu sprechen.<br />
Zu welchem Zweck setzen Sie die deutsche Sprache bzw. die Fremdsprache in Ihrem<br />
bilingualen Erdkundeunterricht ein?<br />
Die Fremdsprache wird mehr o<strong>der</strong> weniger durchgehend benutzt, nur für schwierigere<br />
Aufgabenstellungen bzw. Nachfragen von Schülerseite wird Deutsch gesprochen, bei<br />
organisatorischen Klärungen ebenfalls (z.B. Erläuterungen zur Mappenführung,<br />
Klassenarbeitstermine etc.).
147<br />
Anhang<br />
Welche Position vertreten Sie bezüglich code-switching im bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Die Sprache sollte nur im Notfall gewechselt werden, allerdings muss das Verständnis von<br />
Schülerseite her gewährleistet sein – die Fremdsprache sollte keine inhaltlichen<br />
Verständnisschranken aufbauen.<br />
Wie gehen Sie mit sprachlichen Verständnisproblemen seitens <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler<br />
um?<br />
Bei einfachen Nachfragen erläutern an<strong>der</strong>e Schüler o<strong>der</strong> auch ich in englischer Sprache, bei<br />
schwierigeren Wörtern/Zusammenhängen wird Deutsch gesprochen.<br />
Inwieweit beugen Sie zu erwartenden Verständnisproblemen vor?<br />
Ich gebe inhaltlichen Wortschatz vor o<strong>der</strong> während <strong>der</strong> Erarbeitungsphase in Form von<br />
Wortlisten vor. Methodischer Wortschatz wird anhand <strong>der</strong> „skills pages“ im Schülerbuch o<strong>der</strong><br />
eigener Sammlungen bei entsprechenden Aufgabenstellungen zur Verfügung gestellt,<br />
teilweise aber auch vorausgesetzt (bei mehrmaligem Anwenden).<br />
Wie begegnen Sie <strong>der</strong> möglichen Diskrepanz zwischen fremdsprachlichem Wissen (was die<br />
Schülerinnen und Schüler sagen können) und kognitivem Wissen (was die Schülerinnen und<br />
Schüler sagen möchten) seitens <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler, vor allem in den anfänglichen<br />
Schuljahrgängen mit bilingualem Unterricht?<br />
In solchen Situationen fragen die Schüler und Schülerinnen, ob sie Deutsch sprechen können<br />
und bringen ihren Beitrag dann auf Deutsch, ich wie<strong>der</strong>hole (das Wichtigste) auf Englisch.<br />
Teilweise fragen sie aber auch nur einzelne Wörter nach und versuchen dann ihr Wissen auf<br />
Englisch auszudrücken – das ist dann aber auch abhängig von Mut und Experimentierfreude<br />
<strong>der</strong> Schüler.<br />
Gibt es im bilingualen Unterricht weniger inhaltliche Verständnisprobleme als im regulären<br />
Unterricht, da durch die Fremdsprache als Arbeitssprache stärker auf die Verständlichkeit<br />
geachtet wird?<br />
Das halte ich für nicht so wahrscheinlich, eher sorgt die didaktische Reduktion wohl für ein<br />
ähnliches Maß an (Un-)Verständnis bei Bili- und Nicht-Bili-Schülern.
148<br />
Anhang<br />
Gibt es beson<strong>der</strong>s geeignete Unterrichtsmethoden für den bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Wenn ja, welche?<br />
Generell sind sicherlich Partner- und Gruppenarbeitsphasen wichtig, um sprachlich<br />
unsicheren Schülern die Gelegenheit zu geben, im vertrauten kleinen Kreis nachzufragen und<br />
nicht Verstandenes in <strong>der</strong> Muttersprache zu klären. Interviews, Rollenspiele,<br />
Tagebucheinträge etc. sorgen für einen etwas lockeren Umgang mit <strong>der</strong> Fremdsprache, <strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Motivation durchaus zugute kommt.<br />
Welche Rolle spielen methodische Übungen des Fremdsprachenunterrichts z.B.<br />
Wortschatzarbeit, Aussprache, Sprachmittlung, kreative Übungen, Hörverstehen etc. im<br />
bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Eine notwendige und unterstützende Rolle. Wortschatzarbeit und Aussprache sind in fast<br />
je<strong>der</strong> Stunde nötig. In Erarbeitungsphasen benutze ich manchmal Hörverstehensübungen,<br />
Sprachmittlungsaufgaben verwende ich z.B. für Hausaufgaben. Kreative Übungen (z.B. oben<br />
schon erwähnte Rollenspiele, Tagebucheinträge etc.) sind motivationsför<strong>der</strong>nd und werden<br />
sowohl in <strong>der</strong> Erarbeitung, Vertiefung als auch als Hausaufgabe gestellt.<br />
Sehen Sie gerade für den bilingualen Unterricht im Wechsel <strong>der</strong> Darstellungsformen ein<br />
beson<strong>der</strong>es didaktisches Potential?<br />
Ja, die Bandbreite an Übungen ist sicher weiter gefächert als im muttersprachlichen Unterricht<br />
und dadurch wird bilingualer Unterricht abwechslungsreicher.<br />
Welche Bücher bzw. Materialien setzen Sie in Ihrem bilingualen Erdkundeunterricht ein?<br />
Wir haben das Schülerbuch von Westermann, „Geography Volume 1“ von den Schülern<br />
anschaffen lassen. Es wird <strong>der</strong> deutsche Diercke-Atlas mit englischer Legende verwendet.<br />
Ansonsten setze ich Arbeitsblätter und Folien von den CDs ein, die Rolf Bächle schon seit<br />
längerer Zeit für den Bili-Unterricht erstellt. Ab und an wird auch „authentisches“ Material<br />
eingesetzt, wir haben z.B. einen halben Klassensatz <strong>der</strong> englischen GCSE-Bücher (David<br />
Waugh, Key Geography for GCSE). Ab und an finde ich auch interessantes Bili-Material in<br />
Fachzeitschriften (Diercke 360 Grad, Praxis <strong>Geographie</strong> etc.).<br />
Wie oft setzen Sie selbst erstellte Materialien ein?<br />
Selten, da die Erarbeitung doch zeitaufwändiger ist, da auch die sprachliche Entlastung<br />
gewährleitstet werden muss.
Welche Anfor<strong>der</strong>ungen müssen gute bilinguale Materialien Ihrer Meinung nach erfüllen?<br />
149<br />
Anhang<br />
Sie dürfen sowohl inhaltlich als auch sprachlich nicht „überfrachtet“ sein, ansonsten gelten<br />
dieselben Maßstäbe wie für deutschsprachiges Material (Anschaulichkeit, Aktualität etc.).<br />
Unterrichtsplanung und -durchführung<br />
Welche Unterschiede sehen Sie zwischen bilingualem und regulärem Erdkundeunterricht im<br />
Hinblick auf<br />
a) Planung bzw. <strong>Didaktik</strong>?<br />
Es muss didaktisch mehr reduziert werden als im muttersprachlichen Unterricht. Es werden<br />
aufgrund <strong>der</strong> Materiallage mehr Beispiele aus dem englischsprachigen Raum verwendet.<br />
b) Gestaltung bzw. Methodik?<br />
Es sind immer wie<strong>der</strong> Phasen zum Spracherwerb und zur –festigung einzubauen, z.B.<br />
Wie<strong>der</strong>holung wichtiger Vokabeln zu Stundenbeginn, Entlastung <strong>der</strong> zu lesenden Texte durch<br />
Vokabellisten (Folie o<strong>der</strong> Smartboard), Hilfestellungen methodischen Wortschatzes bei<br />
Arbeit mit Graphen, Fotos, Karten etc.<br />
Wie hoch schätzen Sie die Unterschiede in Bezug auf den Zeitaufwand bei <strong>der</strong><br />
Unterrichtsvorbereitung zwischen bilingualem und regulärem Erdkundeunterricht ein?<br />
Begründen Sie bitte Ihre Einschätzung.<br />
Ich denke, dass etwa 1/3 mehr Vorbereitungszeit nötig ist, zum einen für die sprachliche<br />
Entlastung, zum an<strong>der</strong>en wird etwas mehr Zeit bei <strong>der</strong> Suche geeigneten Materials gebraucht,<br />
da zumindest bei bestimmten Themen noch nicht so viel Angebot da ist.<br />
Sind bestimmte Themen beson<strong>der</strong>s gut geeignet bzw. ungeeignet für den bilingualen<br />
Erdkundeunterricht?<br />
Schwierig sind meiner Meinung nach kompliziertere naturwissenschaftliche Zusammenhänge<br />
(z.B. aus <strong>der</strong> Klimatologie), da viel neuer Wortschatz zu bewältigen ist. Sehr anschauliche<br />
Vorgänge wie z.B, zum Thema Vulkanismus/Plattentektonik sind gut geeignet, auch das<br />
Thema Tourismus, da das „Rückfallen“ auf die englische Sprache im Ausland den Schülern in<br />
diesem Zusammenhang aus dem (Ferien-)Alltag bekannt ist.
150<br />
Anhang<br />
Inwieweit unterscheidet sich die Rolle <strong>der</strong> Lehrperson im bilingualen Erdkundeunterricht zu<br />
<strong>der</strong> im regulären Erdkundeunterricht?<br />
Man muss zweigleisig denken: thematisch und als Fremdsprachenlehrerin.<br />
Professionswissen<br />
Bitte ergänzen Sie folgende Satzanfänge:<br />
Eine professionelle bilinguale Erdkundelehrkraft ist für mich eine Person, die…<br />
… die fachlich gut ausgebildet ist (Erdkundestudium), in <strong>der</strong> Fremdsprache sehr souverän ist<br />
und um Lernschwierigkeiten deutscher Schüler in bezug auf die Fremdsprache weiß (wenn sie<br />
nicht sowieso für diese ausgebildet ist). Außerdem muss diese Person bereit sein, zugunsten<br />
<strong>der</strong> sprachlichen Verständlichkeit auf „fachliche Raffinessen“ zu verzichten.<br />
Eine bilinguale Erdkundelehrkraft erreicht Ihre Schülerinnen und Schüler, wenn Sie…<br />
… motivierendes, aber sprachlich nicht überfor<strong>der</strong>ndes Material bereitstellt, auf Abwechslung<br />
achtet, Phasen zur Wortschatzarbeit einbaut und über sprachliche Schnitzer <strong>der</strong> Schüler<br />
entwe<strong>der</strong> großzügig hinweghört o<strong>der</strong> behutsam korrigiert.<br />
Eine bilinguale Erdkundelehrkraft bekommt Probleme, wenn Sie…<br />
… ihre Schüler sprachlich überfor<strong>der</strong>t o<strong>der</strong> selbst nicht souverän in <strong>der</strong> Fremdsprache ist.<br />
Mein persönliches Motto für bilingualen Unterricht lautet:<br />
It’s never too late to learn a new technical term myself.
2.6 Interview Herr M.<br />
Berufsdauer, -wahl und motivationale Orientierung<br />
Seit wann sind Sie als Erdkundelehrer/Erdkundelehrerin tätig?<br />
seit 1994<br />
Seit wann unterrichten Sie bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
seit 2004<br />
Warum haben Sie sich dazu entschieden, bilingualen Erdkundeunterricht zu erteilen?<br />
151<br />
Anhang<br />
bil. Unt. Wird seit langem in den alten Bundeslän<strong>der</strong>n unterrichtet; die Partnerschaft mit <strong>der</strong><br />
Europaschule Thomas-Mann-Gymnasium Lübeck war ausschlaggebend für die Entwicklung<br />
des bil. Konzepts an unserem Gym.<br />
Meine Fächerkombination (EN/GEO) stellte die erste Möglichkeit dar, diesen Weg zu gehen.<br />
Unterrichten Sie lieber bilingualen o<strong>der</strong> regulären Erdkundeunterricht? O<strong>der</strong> haben Sie keine<br />
Präferenzen? Begründen Sie Ihre Position kurz.<br />
Keine Präferenzen, allerdings gibt es in MV kein einheitliches Konzept für unsere<br />
Kombination. Wir haben unseren Weg selbst gestalten müssen, seit neustem auch in<br />
Kooperation mit NILS (Unterstützung durch die Herren Bolhöfer und Haupt)<br />
Ausbildungsweg und zukünftige Lehrerausbildung<br />
Haben Sie sowohl Erdkunde als auch Englisch (bzw. eine an<strong>der</strong>e Fremdsprache) studiert o<strong>der</strong><br />
nur eins <strong>der</strong> beiden Fächer?<br />
beides für SI und SII<br />
Sollten Ihrer Meinung nach alle bilingualen Erdkundelehrer/Erdkundelehrerinnen sowohl<br />
Erdkunde als auch Englisch studiert haben? O<strong>der</strong> reicht es Erdkunde studiert zu haben?<br />
Erläutern Sie bitte Ihre Antwort kurz.<br />
die engl. Fachkompetenz ist vonnöten – gerade wenn man auch Geo bil als Abifach anbietet<br />
so wie an unserer Schule
152<br />
Anhang<br />
Sind Sie schon in <strong>der</strong> Ausbildungsphase (Studium und Referendariat) mit bilingualem<br />
Erdkundeunterricht in Berührung gekommen? Haben Sie eventuell sogar eine spezielle Bili-<br />
Ausbildung? Wenn ja, in welcher Form?<br />
Nein – wir haben das Konzept ab 2000 an unserer Schule in Koop. Mit dem Th.-Mann-Gym.<br />
Selbst entwickelt<br />
Wie sehr waren Sie davon überzeugt, den Anfor<strong>der</strong>ungen des bilingualen Erdkundeunterrichts<br />
gewachsen zu sein?<br />
Da das Fach „hochgewachsen“ ist, konnte ich parallel meine bil. Fachkompetenz verbessern;<br />
seit Neuestem gibt es entsprechende Literatur auch für den Oberstufenunterricht, was die<br />
Arbeit deutlich erleichtert.<br />
Halten Sie ein spezifisches Ausbildungsprogramm für bilinguale Lehrkräfte für notwendig?<br />
Wenn ja, welche Zielsetzungen würden Sie für die bilinguale Ausbildung formulieren?<br />
Begründen Sie bitte Ihren Standpunkt kurz.<br />
Vieles ist sicher über Fortbildungsarbeit machbar, wenn die Kollegen En u. Geo als Fächer<br />
haben; einzelne Seminare in <strong>der</strong> universitären Ausbildung für die Spezialisierung auf diesen<br />
Unterrichtszweig wären eine gute Basis. Zielsetzung gem. Curricula am deutschsprachigen<br />
Sachfach auszurichten.<br />
Nehmen Sie regelmäßig an Fortbildungen für den bilingualen Unterricht teil?<br />
Ja – bis zum vergangenen Jahr in eigener Regie an unserer Schule organisiert<br />
Fachdidaktische/methodische Überlegungen und Erfahrungen<br />
In welchem Verhältnis stehen für Sie die Sachfachdidaktik und die Fremdsprachendidaktik im<br />
bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
in einem gespaltenen – in MV gibt es dazu keine Sachdiskussion, vieles ergibt sich aus den<br />
„Tun“. Wir achten mehr als ich das in an<strong>der</strong>en Bundeslän<strong>der</strong>n beobachten konnte parallel<br />
auch auf die sprachliche Richtigkeit und betonen diese z.B. auch optional
153<br />
Anhang<br />
Vonseiten <strong>der</strong>jenigen Fachdidaktiker, die sich in Forschung und Lehre für bilingualen<br />
Unterricht einsetzen, werden For<strong>der</strong>ungen nach einer eigenen <strong>Didaktik</strong> für bilingualen<br />
Sachfachunterricht erhoben. Sollte Ihrer Meinung nach eine solche bilinguale <strong>Didaktik</strong> als<br />
eine fächerübergreifende <strong>Didaktik</strong> entwickelt werden o<strong>der</strong> ist es aufgrund <strong>der</strong> jeweils<br />
fachspezifischen Arbeitsweisen nötig, für jedes bilingual unterrichtete Fach eine eigene<br />
<strong>Didaktik</strong> zu entwickeln?<br />
Hier würde ich für eine sachfachspezifische <strong>Didaktik</strong> plädieren, da die Arbeitsmethoden zu<br />
sehr divergieren<br />
Wäre eine eigene bilinguale <strong>Didaktik</strong> für den Erdkundeunterricht Ihrer Meinung nach als<br />
Entlastung durch eine bessere Orientierung für bilinguale Lehrkräfte o<strong>der</strong> als Restriktion<br />
einhergehend mit dem Verlust von „Experimentiermöglichkeiten“ zu werten?<br />
Es kann beides bedeuten – es kommt immer darauf an, wie viele Freiräume dem Fachlehrer<br />
gelassen werden<br />
Inwieweit spielt die deutsche Sprache in Ihrem bilingualen Erdkundeunterricht eine Rolle?<br />
Eine nicht unbedeutende, denn bilingual heißt eigentlich zweisprachig; da im Abifach Geo die<br />
Klausur auf jeden Fall in Deutsch geschrieben wird, müssen wir für ein ausgewogenes<br />
Verhältnis <strong>der</strong> Fachsprache engl./dt. sorgen<br />
Zu welchem Zweck setzen Sie die deutsche Sprache bzw. die Fremdsprache in Ihrem<br />
bilingualen Erdkundeunterricht ein?<br />
s.o. – zur Tiefenerläuterung bei Verständnisproblemen, aber auch zur Sicherung/Festigung<br />
des deutschsprachigen Fachbegriffes<br />
Welche Position vertreten Sie bezüglich code-switching im bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
ein cs sollte möglich sein (siehe Begründung oben)<br />
Wie gehen Sie mit sprachlichen Verständnisproblemen seitens <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler<br />
um?<br />
sehr offen – ich achte allerdings darauf, ob diese Probleme auf <strong>der</strong> mangelhaften Nacharbeit<br />
von Fachvokabular u.ä. beruhen
Inwieweit beugen Sie zu erwartenden Verständnisproblemen vor?<br />
154<br />
Anhang<br />
Indem ich bei <strong>der</strong> Auswahl <strong>der</strong> Fachliteratur auf einen ausreichenden Vokabelapperat achte<br />
bzw. diesen ergänze<br />
Wie begegnen Sie <strong>der</strong> möglichen Diskrepanz zwischen fremdsprachlichem Wissen (was die<br />
Schülerinnen und Schüler sagen können) und kognitivem Wissen (was die Schülerinnen und<br />
Schüler sagen möchten) seitens <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler, vor allem in den anfänglichen<br />
Schuljahrgängen mit bilingualem Unterricht?<br />
Sie haben immer die Möglichkeit, den geographischen Sachverhalt auch in Deutsch<br />
formulieren zu dürfen, damit ich ihre fachspezifische Leistung auch gerecht bewerten kann<br />
Gibt es im bilingualen Unterricht weniger inhaltliche Verständnisprobleme als im regulären<br />
Unterricht, da durch die Fremdsprache als Arbeitssprache stärker auf die Verständlichkeit<br />
geachtet wird?<br />
Nicht zwingend – es ergeben sich vielmehr an<strong>der</strong>e, zusätzliche Probleme durch awkward<br />
expressions<br />
Gibt es beson<strong>der</strong>s geeignete Unterrichtsmethoden für den bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Wenn ja, welche?<br />
Der klassische Wechsel zwischen EA/PA/GA nimmt den Schülern die „Angst“ sich in <strong>der</strong><br />
Fremdsprache öffentlich zu äußern und verstärkt die Motivation und die Selbstsicherheit in<br />
<strong>der</strong> Anwendung des Englischen<br />
Welche Rolle spielen methodische Übungen des Fremdsprachenunterrichts z.B.<br />
Wortschatzarbeit, Aussprache, Sprachmittlung, kreative Übungen, Hörverstehen etc. im<br />
bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
eher eine dem Sachfach untergeordnete<br />
Sehen Sie gerade für den bilingualen Unterricht im Wechsel <strong>der</strong> Darstellungsformen ein<br />
beson<strong>der</strong>es didaktisches Potential?<br />
selbstverständlich
Welche Bücher bzw. Materialien setzen Sie in Ihrem bilingualen Erdkundeunterricht ein?<br />
155<br />
Anhang<br />
Werke des Westermann- und des Cornelsen-Verlages, aber auch Werke <strong>der</strong> englischen<br />
Sachfachliteratur<br />
Wie oft setzen Sie selbst erstellte Materialien ein?<br />
immer seltener, in <strong>der</strong> Konzeptionsphase aber hauptsächlich<br />
Welche Anfor<strong>der</strong>ungen müssen gute bilinguale Materialien Ihrer Meinung nach erfüllen?<br />
Eine dem deutschen Sachfachunterricht angelehnte Materialgestaltung (auch inhaltlich), da<br />
wir Curriculum-konform arbeiten müssen<br />
Unterrichtsplanung und -durchführung<br />
Welche Unterschiede sehen Sie zwischen bilingualem und regulärem Erdkundeunterricht im<br />
Hinblick auf<br />
a) Planung bzw. <strong>Didaktik</strong>?<br />
Aufwändiger, da sprachliche Schwierigkeiten mit zum Teil ergänzenden Unterrichtsmethoden<br />
abgefangen werden müssen und oftmals zeitliche Divergenzen verursachen<br />
b) Gestaltung bzw. Methodik?<br />
Häufigerer Wechsel, da sprachliche Vertiefung zusätzlichen Raum benötigt<br />
Wie hoch schätzen Sie die Unterschiede in Bezug auf den Zeitaufwand bei <strong>der</strong><br />
Unterrichtsvorbereitung zwischen bilingualem und regulärem Erdkundeunterricht ein?<br />
Begründen Sie bitte Ihre Einschätzung.<br />
Hier besteht ein deutlicher Unterschied, da beson<strong>der</strong>s in <strong>der</strong> Oberstufe die Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
hinsichtlich einer fundierten Abiturvorbereitung einer ergänzenden Planung bedürfen<br />
Sind bestimmte Themen beson<strong>der</strong>s gut geeignet bzw. ungeeignet für den bilingualen<br />
Erdkundeunterricht?<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.
156<br />
Anhang<br />
Inwieweit unterscheidet sich die Rolle <strong>der</strong> Lehrperson im bilingualen Erdkundeunterricht zu<br />
<strong>der</strong> im regulären Erdkundeunterricht?<br />
Man ist zugleich Fremdsprachenlehrer und muss die Schüler über die Hemmschwelle führen,<br />
sich in <strong>der</strong> Zielsprache zu äußern<br />
Professionswissen<br />
Bitte ergänzen Sie folgende Satzanfänge:<br />
Eine professionelle bilinguale Erdkundelehrkraft ist für mich eine Person, die…<br />
entsprechend <strong>der</strong> curricularen Ansprüche einen dennoch abwechslungsreichen Unterricht in<br />
<strong>der</strong> Fremdsprache anbietet<br />
Eine bilinguale Erdkundelehrkraft erreicht Ihre Schülerinnen und Schüler, wenn Sie…<br />
Defizite im sprachlichen Bereich durch bilinguales Arbeiten (also auch Anwendung <strong>der</strong> dt.<br />
Sprache) ausgleichen hilft<br />
Eine bilinguale Erdkundelehrkraft bekommt Probleme, wenn Sie…<br />
die Mitarbeit von Schülern durch zu hohe Ansprüche im sprachlichen Bereich „verhin<strong>der</strong>t“<br />
Mein persönliches Motto für bilingualen Unterricht lautet:<br />
die Schüler sollen erkennen, dass sie eine Fremdsprache nicht zum Selbstzweck des<br />
Unterrichtsfaches erlernen, son<strong>der</strong>n die Anwendung in an<strong>der</strong>en Alltagsbereichen eine<br />
Selbstverständlichkeit sein kann
2.7 Interview Frau O.<br />
Berufsdauer, -wahl und motivationale Orientierung<br />
Seit wann sind Sie als Erdkundelehrer/Erdkundelehrerin tätig?<br />
Incl. Referendariat seit November 2000.<br />
Seit wann unterrichten Sie bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Seit ca. 2003.<br />
Warum haben Sie sich dazu entschieden, bilingualen Erdkundeunterricht zu erteilen?<br />
157<br />
Anhang<br />
Es war bei meiner Einstellung klar, dass ich bilingualen EK-Unterricht erteilen würde. Lei<strong>der</strong><br />
gab es an meiner Uni/meinem Studienseminar damals noch keine Ausbildung für en<br />
bilingualen Sachfachunterricht, dabei interessiere ich mich schon länger dafür (Fächerwahl<br />
entsprechend).<br />
Unterrichten Sie lieber bilingualen o<strong>der</strong> regulären Erdkundeunterricht? O<strong>der</strong> haben Sie keine<br />
Präferenzen? Begründen Sie Ihre Position kurz.<br />
An sich keine Präferenzen; beide „Varianten“ machen auf ihre Art Spaß.<br />
Ausbildungsweg und zukünftige Lehrerausbildung<br />
Haben Sie sowohl Erdkunde als auch Englisch (bzw. eine an<strong>der</strong>e Fremdsprache) studiert o<strong>der</strong><br />
nur eins <strong>der</strong> beiden Fächer?<br />
Im Studium Englisch und <strong>Geographie</strong>, 2 Semester Spanisch (aber keine Lehrbefähigung – bin<br />
nicht mit <strong>der</strong> Sprache/Land/Leute „warm geworden“).<br />
Sollten Ihrer Meinung nach alle bilingualen Erdkundelehrer/Erdkundelehrerinnen sowohl<br />
Erdkunde als auch Englisch studiert haben? O<strong>der</strong> reicht es Erdkunde studiert zu haben?<br />
Erläutern Sie bitte Ihre Antwort kurz.<br />
Es kommt auf die eigene Motivation und Sprachbegeisterung an; ich kenne sowohl Bili-<br />
Lehrer, die kein Englisch studiert haben und trotzdem sehr gute Bili-Lehrer sind, als auch<br />
ausgebildete Englischlehrkräfte, denen <strong>der</strong> Bili-Unterricht wahrscheinlich nicht liegen würde.
158<br />
Anhang<br />
Sind Sie schon in <strong>der</strong> Ausbildungsphase (Studium und Referendariat) mit bilingualem<br />
Erdkundeunterricht in Berührung gekommen? Haben Sie eventuell sogar eine spezielle Bili-<br />
Ausbildung? Wenn ja, in welcher Form?<br />
Nein. S.o. (completely self-taught).<br />
Wie sehr waren Sie davon überzeugt, den Anfor<strong>der</strong>ungen des bilingualen Erdkundeunterrichts<br />
gewachsen zu sein?<br />
Not really; I tried to take things in my stride in general mayhem of starting as a full-time<br />
teacher (after finishing teacher training).<br />
Halten Sie ein spezifisches Ausbildungsprogramm für bilinguale Lehrkräfte für notwendig?<br />
Wenn ja, welche Zielsetzungen würden Sie für die bilinguale Ausbildung formulieren?<br />
Begründen Sie bitte Ihren Standpunkt kurz.<br />
Eine spezifische Ausbildung ist sicherlich äußerst sinnvoll; am wichtigsten sind<br />
wahrscheinlich Grundlagen des Spracherwerbs und <strong>der</strong> Zweitsprachen-Anwendung sowie<br />
einer sinnvollen und effizienten Unterrichtsorganisation (nicht zuletzt auch vor dem<br />
Hintergrund <strong>der</strong> begrenzten Zeit, die einem zur Verfügung steht).<br />
Nehmen Sie regelmäßig an Fortbildungen für den bilingualen Unterricht teil?<br />
Wenn möglich, wenigstens an <strong>der</strong> einmal jährlich stattfindenden regionalen Bili-Fortbildung<br />
(beson<strong>der</strong>s gut daran: großer Praxisbezug und Austauschmöglichkeiten mit an<strong>der</strong>en Bili-<br />
Kollegen).<br />
Fachdidaktische/methodische Überlegungen und Erfahrungen<br />
In welchem Verhältnis stehen für Sie die Sachfachdidaktik und die Fremdsprachendidaktik im<br />
bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
S.o. (meiner Meinung nach wichtig: Beachtung <strong>der</strong> „Mechanismen“ des Zweitspracherwerbs).
159<br />
Anhang<br />
Vonseiten <strong>der</strong>jenigen Fachdidaktiker, die sich in Forschung und Lehre für bilingualen<br />
Unterricht einsetzen, werden For<strong>der</strong>ungen nach einer eigenen <strong>Didaktik</strong> für bilingualen<br />
Sachfachunterricht erhoben. Sollte Ihrer Meinung nach eine solche bilinguale <strong>Didaktik</strong> als<br />
eine fächerübergreifende <strong>Didaktik</strong> entwickelt werden o<strong>der</strong> ist es aufgrund <strong>der</strong> jeweils<br />
fachspezifischen Arbeitsweisen nötig, für jedes bilingual unterrichtete Fach eine eigene<br />
<strong>Didaktik</strong> zu entwickeln?<br />
Eine fächerübergreifende „Grunddidaktik“ sicherlich sinnvoll (bin immer dafür, mich auch<br />
für an<strong>der</strong>e Fachbereiche zu interessieren – schließlich haben die Schüler nicht selten mehrere<br />
Bili-Fächer parallel), mit entsprechendem Fach spezifischem „fine-tuning“.<br />
Wäre eine eigene bilinguale <strong>Didaktik</strong> für den Erdkundeunterricht Ihrer Meinung nach als<br />
Entlastung durch eine bessere Orientierung für bilinguale Lehrkräfte o<strong>der</strong> als Restriktion<br />
einhergehend mit dem Verlust von „Experimentiermöglichkeiten“ zu werten?<br />
Experimentieren kann/muss man doch bei aller notwendigen/sinnvollen Orientierung<br />
eigentlich doch immer!<br />
Inwieweit spielt die deutsche Sprache in Ihrem bilingualen Erdkundeunterricht eine Rolle?<br />
Eine möglichst geringe; es kommt ( vor allem bei großen Lerngruppen) schon mal vor, dass<br />
Organisatorisches (zum Beispiel Geld einsammeln/Organisation für eine Exkursion) auf<br />
deutsch erledigt wird. Ansonsten für die Begriffserklärungen bei ganz komplizierten Wörtern<br />
(z.B. paraphrasiere ich auf Englisch, die Schüler sahen auf deutsch, was es ist)<br />
Zu welchem Zweck setzen Sie die deutsche Sprache bzw. die Fremdsprache in Ihrem<br />
bilingualen Erdkundeunterricht ein?<br />
s.o.<br />
Welche Position vertreten Sie bezüglich code-switching im bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Keine fundamentalistische Anti-Haltung; ich halte Schüler an, sich möglichst auf Englisch<br />
auszudrücken und sich entsprechende coping language für Nachfragen anzueignen, aber<br />
manchmal passiert es halt – auch mir selbst! – und ist natürlich beim Sprachenlernen.
160<br />
Anhang<br />
Wie gehen Sie mit sprachlichen Verständnisproblemen seitens <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler<br />
um?<br />
Möglichst verständnisvoll:) Die Schüler sollten das Gefühl haben, dass es in Ordnung ist,<br />
nicht alles (sofort) zu verstehen und nachzufragen.<br />
Inwieweit beugen Sie zu erwartenden Verständnisproblemen vor?<br />
Mit möglichst gezielter Vokabelentlastung (ach z.B. durch Illustrationen)<br />
Wie begegnen Sie <strong>der</strong> möglichen Diskrepanz zwischen fremdsprachlichem Wissen (was die<br />
Schülerinnen und Schüler sagen können) und kognitivem Wissen (was die Schülerinnen und<br />
Schüler sagen möchten) seitens <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler, vor allem in den anfänglichen<br />
Schuljahrgängen mit bilingualem Unterricht?<br />
Zum Beispiel durch eine entsprechende Anpassung <strong>der</strong> Aufgabenformate (matching<br />
exercises, pictures, Textversatzstücke zur „gestützten“ Kommunikation)<br />
Gibt es im bilingualen Unterricht weniger inhaltliche Verständnisprobleme als im regulären<br />
Unterricht, da durch die Fremdsprache als Arbeitssprache stärker auf die Verständlichkeit<br />
geachtet wird?<br />
Die meisten Schüler, die im bilingualen EK-Unterricht Probleme haben, teilen mir mit, dass<br />
ihnen EK generell nicht beson<strong>der</strong>s liegt und sie auch auf Deutsch Probleme haben.<br />
Gibt es beson<strong>der</strong>s geeignete Unterrichtsmethoden für den bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Wenn ja, welche?<br />
M.E. alle kommunikativen/kommunikationsför<strong>der</strong>nden Mehoden; evtl. (bes. im<br />
Anfangsunterricht) Methoden, die den Schülern durch entsprechende Vorbereitung Sicherheit<br />
bei <strong>der</strong> Präsentation ihrer Ergebnisse geben (z.B. Präsentation von arbeitsteiliger<br />
Gruppenarbeit).
161<br />
Anhang<br />
Welche Rolle spielen methodische Übungen des Fremdsprachenunterrichts z.B.<br />
Wortschatzarbeit, Aussprache, Sprachmittlung, kreative Übungen, Hörverstehen etc. im<br />
bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Auch wenn wir keinen CLIL-Unterricht machen, spielen diese Übungen eine Rolle. z.B.<br />
- Wortschatzarbeit: Zusammenhänge/Herkunft von Wörtern in verschiedene, den Schülern<br />
bekannte Sprachen („confluence“ -> Lat., sowie „Koblenz“ at the confluence oft he rivers<br />
Lahn, Moselle and Rhine)<br />
- pronouncing names etc. properly as a basis for effective communication<br />
- writing diary entries, e.g. „After the earthquake“, listening to/making a radio programme etc.<br />
Sehen Sie gerade für den bilingualen Unterricht im Wechsel <strong>der</strong> Darstellungsformen ein<br />
beson<strong>der</strong>es didaktisches Potential?<br />
Im Idealfall findet <strong>der</strong> Wechsel <strong>der</strong> Darstellungsformen in allen Fächern statt (habe mir<br />
darüber in Bezug auf Bili noch nie explizit Gedanken gemacht…)<br />
Welche Bücher bzw. Materialien setzen Sie in Ihrem bilingualen Erdkundeunterricht ein?<br />
DIERCKE Bilingual Basic/Volume ½ sowie weitere Materialien (Themenhefte) deutscher<br />
Schulbuchverlage, britische Schulbücher, eigene Materialien (z.B. Arbeitsblätter, Lernkarten/-<br />
spiele…)<br />
Wie oft setzen Sie selbst erstellte Materialien ein?<br />
Immer noch mindestens 50% <strong>der</strong> Stunden (Vokabelmaterial nicht mitgerechnet).<br />
Welche Anfor<strong>der</strong>ungen müssen gute bilinguale Materialien Ihrer Meinung nach erfüllen?<br />
Klar strukturiert, optisch ansprechend, Lust auf mehr machend/neugierig machend…<br />
(eigentlich wie alle guten Unterrichtsmaterialien)<br />
Unterrichtsplanung und -durchführung<br />
Welche Unterschiede sehen Sie zwischen bilingualem und regulärem Erdkundeunterricht im<br />
Hinblick auf<br />
a) Planung bzw. <strong>Didaktik</strong>?<br />
Antizipation möglicher begrifflicher Schwierigkeiten wichtig; Priorisierung/Auswahl nötiger<br />
Fachbegriffe.
) Gestaltung bzw. Methodik?<br />
162<br />
Anhang<br />
Ganz beson<strong>der</strong>es Augenmerk auf sprachlicher Interaktion/Möglichkeiten <strong>der</strong><br />
Anwendung/Umwälzung neuer Inhalte auf Englisch.<br />
Wie hoch schätzen Sie die Unterschiede in Bezug auf den Zeitaufwand bei <strong>der</strong><br />
Unterrichtsvorbereitung zwischen bilingualem und regulärem Erdkundeunterricht ein?<br />
Begründen Sie bitte Ihre Einschätzung.<br />
Allein durch die Extra-Ebene <strong>der</strong> notwendigen Sprachentlastung sicherlich höher als für en<br />
regulären EK-Unterricht.<br />
Sind bestimmte Themen beson<strong>der</strong>s gut geeignet bzw. ungeeignet für den bilingualen<br />
Erdkundeunterricht?<br />
Da Englisch die <strong>der</strong>zeitige „Weltsprache“ ist, eignen sich an sich alle Themen für eine<br />
authentische Auseinan<strong>der</strong>setzung auf Englisch.<br />
Inwieweit unterscheidet sich die Rolle <strong>der</strong> Lehrperson im bilingualen Erdkundeunterricht zu<br />
<strong>der</strong> im regulären Erdkundeunterricht?<br />
Man ist als Lehrer selbst mehr als (Sprach-)Lerner dabei (außer, man ist engl.<br />
Muttersprachler), was ja nicht negativ ist.<br />
Professionswissen<br />
Bitte ergänzen Sie folgende Satzanfänge:<br />
Eine professionelle bilinguale Erdkundelehrkraft ist für mich eine Person, die…<br />
sicher und authentisch in <strong>der</strong> Zielsprache Englisch auftritt ohne einen Anspruch auf<br />
Perfektion zu erheben (we<strong>der</strong> bei sich selbst noch bei den Schülern).<br />
Eine bilinguale Erdkundelehrkraft erreicht Ihre Schülerinnen und Schüler, wenn Sie…<br />
ihnen die notwendigen „stepping stones“ für einen effektiven Umgang mit geographischen<br />
Sachverhalten auf Englisch baut.<br />
Eine bilinguale Erdkundelehrkraft bekommt Probleme, wenn Sie…<br />
die Schüler bzw. ihre sprachlichen Fähigkeiten und Bedürfnisse aus den Augen verliert.
Mein persönliches Motto für bilingualen Unterricht lautet:<br />
Englisch is fun – use it wherever you possibly can!<br />
163<br />
Anhang
2.8 Interview Frau S.<br />
Berufsdauer, -wahl und motivationale Orientierung<br />
Seit wann sind Sie als Erdkundelehrer/Erdkundelehrerin tätig?<br />
1993<br />
Seit wann unterrichten Sie bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
2000<br />
Warum haben Sie sich dazu entschieden, bilingualen Erdkundeunterricht zu erteilen?<br />
164<br />
Anhang<br />
Interesse meine Fächerkombination Englisch und Erdkunde auf diese Weise sinnvoll zu<br />
nutzen<br />
Unterrichten Sie lieber bilingualen o<strong>der</strong> regulären Erdkundeunterricht? O<strong>der</strong> haben Sie keine<br />
Präferenzen? Begründen Sie Ihre Position kurz.<br />
Keine Präferenz; beide Unterrichtsformen haben Stärken und Schwächen.<br />
Ausbildungsweg und zukünftige Lehrerausbildung<br />
Haben Sie sowohl Erdkunde als auch Englisch (bzw. eine an<strong>der</strong>e Fremdsprache) studiert o<strong>der</strong><br />
nur eins <strong>der</strong> beiden Fächer?<br />
beide<br />
Sollten Ihrer Meinung nach alle bilingualen Erdkundelehrer/Erdkundelehrerinnen sowohl<br />
Erdkunde als auch Englisch studiert haben? O<strong>der</strong> reicht es Erdkunde studiert zu haben?<br />
Erläutern Sie bitte Ihre Antwort kurz.<br />
Es hängt von <strong>der</strong> Sprachkompetenz <strong>der</strong> Lehrkraft ab, ob sie auch ohne ein Englischstudium<br />
den bilingualen Erdkundeunterricht erteilen sollte.<br />
Sind Sie schon in <strong>der</strong> Ausbildungsphase (Studium und Referendariat) mit bilingualem<br />
Erdkundeunterricht in Berührung gekommen? Haben Sie eventuell sogar eine spezielle Bili-<br />
Ausbildung? Wenn ja, in welcher Form?<br />
nein
165<br />
Anhang<br />
Wie sehr waren Sie davon überzeugt, den Anfor<strong>der</strong>ungen des bilingualen Erdkundeunterrichts<br />
gewachsen zu sein?<br />
Ich war zuversichtlich, die Anfor<strong>der</strong>ungen erfüllen zu können. Dies hängt auch mit meinem<br />
vorangegangenen Berufsweg zusammen.<br />
Halten Sie ein spezifisches Ausbildungsprogramm für bilinguale Lehrkräfte für notwendig?<br />
Wenn ja, welche Zielsetzungen würden Sie für die bilinguale Ausbildung formulieren?<br />
Begründen Sie bitte Ihren Standpunkt kurz.<br />
Ja, ein ergänzendes Modul halte ich für sinnvoll für die Vorbereitung auf die sprachlichen<br />
und fachdidaktischen Beson<strong>der</strong>heiten im bilingualen Erdkundeunterricht .<br />
Nehmen Sie regelmäßig an Fortbildungen für den bilingualen Unterricht teil?<br />
Zurzeit ein Mal pro Jahr.<br />
Fachdidaktische/methodische Überlegungen und Erfahrungen<br />
In welchem Verhältnis stehen für Sie die Sachfachdidaktik und die Fremdsprachendidaktik im<br />
bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Die Sachfachdidaktik ist wichtiger.<br />
Vonseiten <strong>der</strong>jenigen Fachdidaktiker, die sich in Forschung und Lehre für bilingualen<br />
Unterricht einsetzen, werden For<strong>der</strong>ungen nach einer eigenen <strong>Didaktik</strong> für bilingualen<br />
Sachfachunterricht erhoben. Sollte Ihrer Meinung nach eine solche bilinguale <strong>Didaktik</strong> als<br />
eine fächerübergreifende <strong>Didaktik</strong> entwickelt werden o<strong>der</strong> ist es aufgrund <strong>der</strong> jeweils<br />
fachspezifischen Arbeitsweisen nötig, für jedes bilingual unterrichtete Fach eine eigene<br />
<strong>Didaktik</strong> zu entwickeln?<br />
Das kann ich nicht beurteilen.<br />
Wäre eine eigene bilinguale <strong>Didaktik</strong> für den Erdkundeunterricht Ihrer Meinung nach als<br />
Entlastung durch eine bessere Orientierung für bilinguale Lehrkräfte o<strong>der</strong> als Restriktion<br />
einhergehend mit dem Verlust von „Experimentiermöglichkeiten“ zu werten?<br />
Das glaube ich nicht.
Inwieweit spielt die deutsche Sprache in Ihrem bilingualen Erdkundeunterricht eine Rolle?<br />
166<br />
Anhang<br />
Die deutsche Sprache hilft in seltenen Fällen zur Klärung bei Verständnisschwierigkeiten<br />
(Wortschatz o<strong>der</strong> auch komplexe Zusammenhänge).<br />
Zu welchem Zweck setzen Sie die deutsche Sprache bzw. die Fremdsprache in Ihrem<br />
bilingualen Erdkundeunterricht ein?<br />
Siehe oben<br />
Welche Position vertreten Sie bezüglich code-switching im bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
So selten wie möglich, so oft wie wirklich nötig.<br />
Wie gehen Sie mit sprachlichen Verständnisproblemen seitens <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler<br />
um?<br />
Siehe oben<br />
Inwieweit beugen Sie zu erwartenden Verständnisproblemen vor?<br />
Entlastung des Wortschatzes, z.B. durch Visualisierung.<br />
Wie begegnen Sie <strong>der</strong> möglichen Diskrepanz zwischen fremdsprachlichem Wissen (was die<br />
Schülerinnen und Schüler sagen können) und kognitivem Wissen (was die Schülerinnen und<br />
Schüler sagen möchten) seitens <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler, vor allem in den anfänglichen<br />
Schuljahrgängen mit bilingualem Unterricht?<br />
Beson<strong>der</strong>s wichtig sind hier Möglichkeiten <strong>der</strong> Visualisierung, Bil<strong>der</strong>, Modelle usw.<br />
Gibt es im bilingualen Unterricht weniger inhaltliche Verständnisprobleme als im regulären<br />
Unterricht, da durch die Fremdsprache als Arbeitssprache stärker auf die Verständlichkeit<br />
geachtet wird?<br />
nein<br />
Gibt es beson<strong>der</strong>s geeignete Unterrichtsmethoden für den bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Wenn ja, welche?<br />
s.o., z.B. die Visualisierung, Abbildungen, Modelle
167<br />
Anhang<br />
Welche Rolle spielen methodische Übungen des Fremdsprachenunterrichts z.B.<br />
Wortschatzarbeit, Aussprache, Sprachmittlung, kreative Übungen, Hörverstehen etc. im<br />
bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Eine untergeordnete Rolle<br />
Sehen Sie gerade für den bilingualen Unterricht im Wechsel <strong>der</strong> Darstellungsformen ein<br />
beson<strong>der</strong>es didaktisches Potential?<br />
Ja.<br />
Welche Bücher bzw. Materialien setzen Sie in Ihrem bilingualen Erdkundeunterricht ein?<br />
Westermann, die blaue Reihe<br />
Wie oft setzen Sie selbst erstellte Materialien ein?<br />
Häufig<br />
Welche Anfor<strong>der</strong>ungen müssen gute bilinguale Materialien Ihrer Meinung nach erfüllen?<br />
Klarheit, Verständlichkeit, Anschaulichkeit<br />
Unterrichtsplanung und -durchführung<br />
Welche Unterschiede sehen Sie zwischen bilingualem und regulärem Erdkundeunterricht im<br />
Hinblick auf<br />
a) Planung bzw. <strong>Didaktik</strong>?<br />
Mehr Aufwand bei <strong>der</strong> Erstellung eigener Materialien<br />
b) Gestaltung bzw. Methodik?<br />
s.o.<br />
Wie hoch schätzen Sie die Unterschiede in Bezug auf den Zeitaufwand bei <strong>der</strong><br />
Unterrichtsvorbereitung zwischen bilingualem und regulärem Erdkundeunterricht ein?<br />
Begründen Sie bitte Ihre Einschätzung.<br />
s.o.
168<br />
Anhang<br />
Sind bestimmte Themen beson<strong>der</strong>s gut geeignet bzw. ungeeignet für den bilingualen<br />
Erdkundeunterricht?<br />
Beson<strong>der</strong>s gut geeignet sind Themen über geographische Prozesse o<strong>der</strong> über<br />
Lebensbedingungen von Menschen in unterschiedlichen Räumen. Stark politisch und<br />
wirtschaftsgeographisch geprägte Themen lassen sich weniger gut umsetzen.<br />
Inwieweit unterscheidet sich die Rolle <strong>der</strong> Lehrperson im bilingualen Erdkundeunterricht zu<br />
<strong>der</strong> im regulären Erdkundeunterricht?<br />
kaum<br />
Professionswissen<br />
Bitte ergänzen Sie folgende Satzanfänge:<br />
Eine professionelle bilinguale Erdkundelehrkraft ist für mich eine Person, die…<br />
Sowohl die englische Sprache als auch das Fach Erdkunde sehr kompetent beherrscht und<br />
Schüler begeistern und motivieren kann<br />
Eine bilinguale Erdkundelehrkraft erreicht Ihre Schülerinnen und Schüler, wenn Sie…<br />
s.o.<br />
Eine bilinguale Erdkundelehrkraft bekommt Probleme, wenn Sie…<br />
z.B. die englische Sprache nicht fließend beherrscht<br />
Mein persönliches Motto für bilingualen Unterricht lautet:<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.
2.9 Interview Herr S.<br />
Berufsdauer, -wahl und motivationale Orientierung<br />
Seit wann sind Sie als Erdkundelehrer/Erdkundelehrerin tätig?<br />
Seit 1998<br />
Seit wann unterrichten Sie bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Seit 2005<br />
Warum haben Sie sich dazu entschieden, bilingualen Erdkundeunterricht zu erteilen?<br />
169<br />
Anhang<br />
Weil es mir Spaß bringt und ich glaube, dass die Schüler und Schülerinnen einen sprachlichen<br />
Zugewinn haben. An<strong>der</strong>s als im Englischunterricht ist die Sprache nur Mittel zum Zweck. Das<br />
ist authentischer und entspricht mehr dem, was die Schüler später im Berufsleben erwartet.<br />
Unterrichten Sie lieber bilingualen o<strong>der</strong> regulären Erdkundeunterricht? O<strong>der</strong> haben Sie keine<br />
Präferenzen? Begründen Sie Ihre Position kurz.<br />
Nachdem ich vier Jahre Erdkunde nur bilingual unterrichtet habe, hat es mir auch mal wie<strong>der</strong><br />
Spaß gebracht Erdkunde auf Deutsch zu unterrichten. Ich habe keine Präferenzen und<br />
unterrichte beides gerne.<br />
Ausbildungsweg und zukünftige Lehrerausbildung<br />
Haben Sie sowohl Erdkunde als auch Englisch (bzw. eine an<strong>der</strong>e Fremdsprache) studiert o<strong>der</strong><br />
nur eins <strong>der</strong> beiden Fächer?<br />
Ich habe beide Fächer studiert.<br />
Sollten Ihrer Meinung nach alle bilingualen Erdkundelehrer/Erdkundelehrerinnen sowohl<br />
Erdkunde als auch Englisch studiert haben? O<strong>der</strong> reicht es Erdkunde studiert zu haben?<br />
Erläutern Sie bitte Ihre Antwort kurz.<br />
Ich glaube, dass bilinguale Erdkundelehrer Erdkunde und Englisch studiert haben sollten. Nur<br />
in einzelnen Fällen, wenn Lehrer mehrere Jahre im englischsprachigen Ausland gelebt haben<br />
und fließend Englisch sprechen, sollten sie auch die Möglichkeit bekommen ein Sachfach in<br />
Englisch zu unterrichten.
170<br />
Anhang<br />
Sind Sie schon in <strong>der</strong> Ausbildungsphase (Studium und Referendariat) mit bilingualem<br />
Erdkundeunterricht in Berührung gekommen? Haben Sie eventuell sogar eine spezielle Bili-<br />
Ausbildung? Wenn ja, in welcher Form?<br />
Ja, ich habe in Hamburg im Referendariat schon bilingual unterrichtet. In meiner<br />
Examensarbeit ging es um eine Unterrichtssequenz im bilingualen Erdkundeunterricht einer 8.<br />
Klasse.<br />
Wie sehr waren Sie davon überzeugt, den Anfor<strong>der</strong>ungen des bilingualen Erdkundeunterrichts<br />
gewachsen zu sein?<br />
Ich war mir nicht sicher, den Anfor<strong>der</strong>ungen gewachsen zu sein, aber ich hatte Interesse und<br />
den Willen mich in die Materie einzuarbeiten.<br />
Halten Sie ein spezifisches Ausbildungsprogramm für bilinguale Lehrkräfte für notwendig?<br />
Wenn ja, welche Zielsetzungen würden Sie für die bilinguale Ausbildung formulieren?<br />
Begründen Sie bitte Ihren Standpunkt kurz.<br />
Ein spezifisches Ausbildungsprogramm ist auf jeden Fall hilfreich. Ziel sollte es sein, die<br />
Studenten auf die spezifischen Anfor<strong>der</strong>ungen des bilingualen Unterrichts vorzubereiten<br />
(Wortschatzarbeit, Leistungsmessung etc.).<br />
Nehmen Sie regelmäßig an Fortbildungen für den bilingualen Unterricht teil?<br />
Ja<br />
Fachdidaktische/methodische Überlegungen und Erfahrungen<br />
In welchem Verhältnis stehen für Sie die Sachfachdidaktik und die Fremdsprachendidaktik im<br />
bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
ca. 80:20
171<br />
Anhang<br />
Vonseiten <strong>der</strong>jenigen Fachdidaktiker, die sich in Forschung und Lehre für bilingualen<br />
Unterricht einsetzen, werden For<strong>der</strong>ungen nach einer eigenen <strong>Didaktik</strong> für bilingualen<br />
Sachfachunterricht erhoben. Sollte Ihrer Meinung nach eine solche bilinguale <strong>Didaktik</strong> als<br />
eine fächerübergreifende <strong>Didaktik</strong> entwickelt werden o<strong>der</strong> ist es aufgrund <strong>der</strong> jeweils<br />
fachspezifischen Arbeitsweisen nötig, für jedes bilingual unterrichtete Fach eine eigene<br />
<strong>Didaktik</strong> zu entwickeln?<br />
Nach meiner Meinung ist es notwendig für jedes bilingual unterrichtete Fach eine eigene<br />
Fachdidaktik zu entwickeln.<br />
Wäre eine eigene bilinguale <strong>Didaktik</strong> für den Erdkundeunterricht Ihrer Meinung nach als<br />
Entlastung durch eine bessere Orientierung für bilinguale Lehrkräfte o<strong>der</strong> als Restriktion<br />
einhergehend mit dem Verlust von „Experimentiermöglichkeiten“ zu werten?<br />
Eine bilinguale <strong>Didaktik</strong> wäre hilfreich. Ich würde sie ganz sicher nicht als Einshränkung<br />
meiner Möglichkeiten sehen.<br />
Inwieweit spielt die deutsche Sprache in Ihrem bilingualen Erdkundeunterricht eine Rolle?<br />
Ich versuche im bilingualen Unterricht ausschließlich Englisch zu sprechen. Wenn ein<br />
Schüler Schwierigkeiten hat etwas zu erklären, darf er auf Deutsch zurückgreifen.<br />
Zu welchem Zweck setzen Sie die deutsche Sprache bzw. die Fremdsprache in Ihrem<br />
bilingualen Erdkundeunterricht ein?<br />
Die Fremdsprache ist Mittel zum Zweck. Sie wird benutzt um Inhalte zu kommunizieren. Ich<br />
versuche die deutsche Sprache nicht zu benutzen.<br />
Welche Position vertreten Sie bezüglich code-switching im bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Ich lasse es zu, dass die Schüler auf die deutsche Sprache zurückgreifen, wenn es nicht an<strong>der</strong>s<br />
geht.<br />
Wie gehen Sie mit sprachlichen Verständnisproblemen seitens <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler<br />
um?<br />
Die Schüler dürfen auf Deutsch zurückgreifen. Ich versuche es dann auf Englisch zu erklären.<br />
Meistens funktioniert das.
Inwieweit beugen Sie zu erwartenden Verständnisproblemen vor?<br />
Neue Vokabeln werden vorher eingeführt.<br />
172<br />
Anhang<br />
Wie begegnen Sie <strong>der</strong> möglichen Diskrepanz zwischen fremdsprachlichem Wissen (was die<br />
Schülerinnen und Schüler sagen können) und kognitivem Wissen (was die Schülerinnen und<br />
Schüler sagen möchten) seitens <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler, vor allem in den anfänglichen<br />
Schuljahrgängen mit bilingualem Unterricht?<br />
Das nötige Vokabular wird vorher eingeführt. Sachverhalte werden vereinfacht. Einsatz von<br />
Medien zur Verdeutlichung.<br />
Gibt es im bilingualen Unterricht weniger inhaltliche Verständnisprobleme als im regulären<br />
Unterricht, da durch die Fremdsprache als Arbeitssprache stärker auf die Verständlichkeit<br />
geachtet wird?<br />
Ja, das kann ich bestätigen.<br />
Gibt es beson<strong>der</strong>s geeignete Unterrichtsmethoden für den bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Wenn ja, welche?<br />
Die Arbeit mit möglichst vielen Medien (Bild, Film etc.) ist für den bilingualen Unterricht im<br />
beson<strong>der</strong>en geeignet.<br />
Welche Rolle spielen methodische Übungen des Fremdsprachenunterrichts z.B.<br />
Wortschatzarbeit, Aussprache, Sprachmittlung, kreative Übungen, Hörverstehen etc. im<br />
bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Methodische Übungen des Fremdsprachenunterrichts dienen hauptsächlich dazu, den<br />
Schülern die Mittel zu geben über Inhalte des Erdkundeunterrichts zu sprechen. Sie nehmen<br />
daher eine untergeordnete Stellung ein.<br />
Sehen Sie gerade für den bilingualen Unterricht im Wechsel <strong>der</strong> Darstellungsformen ein<br />
beson<strong>der</strong>es didaktisches Potential?<br />
Ja, beson<strong>der</strong>s Medien helfen Sachverhalte in <strong>der</strong> Fremdsprache zu verdeutlichen.<br />
Welche Bücher bzw. Materialien setzen Sie in Ihrem bilingualen Erdkundeunterricht ein?<br />
Wir benutzen Diercke Geography Volume ½ + Workbooks. Ich suche mir aber meine<br />
materialien für den Unterricht überall zusammen (Internet, englische Erdkundebücher etc.)
Wie oft setzen Sie selbst erstellte Materialien ein?<br />
Öfter als im deutschsprachigen Erdkundeunterricht .<br />
Welche Anfor<strong>der</strong>ungen müssen gute bilinguale Materialien Ihrer Meinung nach erfüllen?<br />
173<br />
Anhang<br />
Gute bilinguale Materialien müssen didaktisch aufbereitet sein. Das ist lei<strong>der</strong> in Erdkunde<br />
selten <strong>der</strong> Fall. Ideen zur Wortschatzarbeit wären wichtig.<br />
Unterrichtsplanung und -durchführung<br />
Welche Unterschiede sehen Sie zwischen bilingualem und regulärem Erdkundeunterricht im<br />
Hinblick auf<br />
a) Planung bzw. <strong>Didaktik</strong>?<br />
Viele englischsprachige Materialien muss ich noch didaktische aufbereiten. Gleichzeitig muss<br />
ich mir Gedanken darüber machen, wie ich mit den neuen Vokabeln umgehe, daher ist die<br />
Planung aufwendiger. Die didaktische Aufbereitung ist im bilingualen Unterricht beson<strong>der</strong>s<br />
wichtig.<br />
b) Gestaltung bzw. Methodik?<br />
Bei <strong>der</strong> Gestaltung und <strong>der</strong> Methodik sehe ich keine großen Unterschiede.<br />
Wie hoch schätzen Sie die Unterschiede in Bezug auf den Zeitaufwand bei <strong>der</strong><br />
Unterrichtsvorbereitung zwischen bilingualem und regulärem Erdkundeunterricht ein?<br />
Begründen Sie bitte Ihre Einschätzung.<br />
Die Unterrichtsvorbereitung für den bilingualen Unterricht dauert länger, da viele Materialien<br />
noch gesichtet und aufbereitet werden müssen.<br />
Sind bestimmte Themen beson<strong>der</strong>s gut geeignet bzw. ungeeignet für den bilingualen<br />
Erdkundeunterricht?<br />
Fast alle Themen geeignet. Beson<strong>der</strong>s gut eignet sich natürlich das Thema USA. Schwierig ist<br />
das Thema Deutschland in Europa.
174<br />
Anhang<br />
Inwieweit unterscheidet sich die Rolle <strong>der</strong> Lehrperson im bilingualen Erdkundeunterricht zu<br />
<strong>der</strong> im regulären Erdkundeunterricht?<br />
Die Rolle <strong>der</strong> Lehrperson bleibt gleich.<br />
Professionswissen<br />
Bitte ergänzen Sie folgende Satzanfänge:<br />
Eine professionelle bilinguale Erdkundelehrkraft ist für mich eine Person, die…<br />
es schafft Sachverhalte im bilingualen Erdkundeunterricht so aufzubereiten, dass es den<br />
Schülern Spaß bringt und sie es nicht merken, dass sie sich dabei in einer Fremdsprache<br />
bewegen.<br />
Eine bilinguale Erdkundelehrkraft erreicht Ihre Schülerinnen und Schüler, wenn Sie…<br />
s.o.<br />
Eine bilinguale Erdkundelehrkraft bekommt Probleme, wenn Sie…<br />
wenn Materialien zu komplex sind und die neuen Vokabeln nicht vorentlastet werden.<br />
Mein persönliches Motto für bilingualen Unterricht lautet:<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.
2.10 Interview Frau Sch.<br />
Berufsdauer, -wahl und motivationale Orientierung<br />
Seit wann sind Sie als Erdkundelehrer/Erdkundelehrerin tätig?<br />
2001<br />
Seit wann unterrichten Sie bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
2001<br />
Warum haben Sie sich dazu entschieden, bilingualen Erdkundeunterricht zu erteilen?<br />
175<br />
Anhang<br />
längerer USA Aufenthalt nach Abitur, zweites Fach auch in englischer Sprache unterrichten<br />
Unterrichten Sie lieber bilingualen o<strong>der</strong> regulären Erdkundeunterricht? O<strong>der</strong> haben Sie keine<br />
Präferenzen? Begründen Sie Ihre Position kurz.<br />
kein Unterschied, da ich das FACH ERDKUNDE unterrichte. Es kommt auf geographische<br />
Inhalte und nicht die Vorliebe für eine Sprache an.<br />
Ausbildungsweg und zukünftige Lehrerausbildung<br />
Haben Sie sowohl Erdkunde als auch Englisch (bzw. eine an<strong>der</strong>e Fremdsprache) studiert o<strong>der</strong><br />
nur eins <strong>der</strong> beiden Fächer?<br />
beides<br />
Sollten Ihrer Meinung nach alle bilingualen Erdkundelehrer/Erdkundelehrerinnen sowohl<br />
Erdkunde als auch Englisch studiert haben? O<strong>der</strong> reicht es Erdkunde studiert zu haben?<br />
Erläutern Sie bitte Ihre Antwort kurz.<br />
Es ist sinnvoll beides studiert zu haben, da die Lehrer sprachlich kompetent sein müssen.<br />
Sind Sie schon in <strong>der</strong> Ausbildungsphase (Studium und Referendariat) mit bilingualem<br />
Erdkundeunterricht in Berührung gekommen? Haben Sie eventuell sogar eine spezielle Bili-<br />
Ausbildung? Wenn ja, in welcher Form?<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.
176<br />
Anhang<br />
Wie sehr waren Sie davon überzeugt, den Anfor<strong>der</strong>ungen des bilingualen Erdkundeunterrichts<br />
gewachsen zu sein?<br />
Ja, durch meinen Auslandsaufenthalt.<br />
Halten Sie ein spezifisches Ausbildungsprogramm für bilinguale Lehrkräfte für notwendig?<br />
Wenn ja, welche Zielsetzungen würden Sie für die bilinguale Ausbildung formulieren?<br />
Begründen Sie bitte Ihren Standpunkt kurz.<br />
Nein, man kann sein Wissen aus beiden Fächern kombinieren.<br />
Nehmen Sie regelmäßig an Fortbildungen für den bilingualen Unterricht teil?<br />
Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />
Fachdidaktische/methodische Überlegungen und Erfahrungen<br />
In welchem Verhältnis stehen für Sie die Sachfachdidaktik und die Fremdsprachendidaktik im<br />
bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Das Sachfach steht im Vor<strong>der</strong>grund.<br />
Vonseiten <strong>der</strong>jenigen Fachdidaktiker, die sich in Forschung und Lehre für bilingualen<br />
Unterricht einsetzen, werden For<strong>der</strong>ungen nach einer eigenen <strong>Didaktik</strong> für bilingualen<br />
Sachfachunterricht erhoben. Sollte Ihrer Meinung nach eine solche bilinguale <strong>Didaktik</strong> als<br />
eine fächerübergreifende <strong>Didaktik</strong> entwickelt werden o<strong>der</strong> ist es aufgrund <strong>der</strong> jeweils<br />
fachspezifischen Arbeitsweisen nötig, für jedes bilingual unterrichtete Fach eine eigene<br />
<strong>Didaktik</strong> zu entwickeln?<br />
Nicht notwendig. Die selbständige Kombination von Englisch und Erdkunde reicht aus.<br />
Wäre eine eigene bilinguale <strong>Didaktik</strong> für den Erdkundeunterricht Ihrer Meinung nach als<br />
Entlastung durch eine bessere Orientierung für bilinguale Lehrkräfte o<strong>der</strong> als Restriktion<br />
einhergehend mit dem Verlust von „Experimentiermöglichkeiten“ zu werten?<br />
schwer zu beurteilen, es gelten ganz klar die Inhalte des Fachs Erdkunde. Aus <strong>der</strong><br />
Kombination <strong>der</strong> beiden Fachdidaktiken Englisch und Erdkunde komme ich mehr als gut aus,<br />
also keine spez. Bili <strong>Didaktik</strong>!
Inwieweit spielt die deutsche Sprache in Ihrem bilingualen Erdkundeunterricht eine Rolle?<br />
177<br />
Anhang<br />
In den Anfängerkursen (6/7) eine größere, d.h. immer wenn notwendig, ab Klasse 9 so gut<br />
wie gar nicht mehr<br />
Zu welchem Zweck setzen Sie die deutsche Sprache bzw. die Fremdsprache in Ihrem<br />
bilingualen Erdkundeunterricht ein?<br />
Ich verstehe die Frage nicht. Zur Vermittlung von Inhalten? Das ist wohl die grundsätzliche<br />
Funktion von je<strong>der</strong> Sprache.<br />
Welche Position vertreten Sie bezüglich code-switching im bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
kein Problem, wird meist von den Schülern selbst wie<strong>der</strong> zurückgeschaltet, da sie die<br />
englische Sprache nach etwa 4-6 Wochen als U-Sprache akzeptieren. Ist aber beson<strong>der</strong>s in<br />
unteren Klassen bei Regeln, Informationsentnahme aus Karten, Tabellen, etc. unabdinglich;<br />
zur Absicherung auch dann und wann in den höheren Klassen, beson<strong>der</strong>s um die<br />
Durchlässigkeit von Fachbegriffen zu gewährleisten.<br />
Wie gehen Sie mit sprachlichen Verständnisproblemen seitens <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler<br />
um?<br />
Ich verstehe die Frage nicht. Unterstützen, helfen, damit sich die Schwierigkeiten minimieren<br />
und die Aufgabe zu bewältigen ist.<br />
Inwieweit beugen Sie zu erwartenden Verständnisproblemen vor?<br />
Vokabeleinführungen/entlastung; Fragerunden nach Lesen, etc ……<br />
Wie begegnen Sie <strong>der</strong> möglichen Diskrepanz zwischen fremdsprachlichem Wissen (was die<br />
Schülerinnen und Schüler sagen können) und kognitivem Wissen (was die Schülerinnen und<br />
Schüler sagen möchten) seitens <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler, vor allem in den anfänglichen<br />
Schuljahrgängen mit bilingualem Unterricht?<br />
Code-Switching, mit Hilfe geht es aber fast immer in <strong>der</strong> Fremndsprache, aus Zeitgründen<br />
aber nicht immer möglich
178<br />
Anhang<br />
Gibt es im bilingualen Unterricht weniger inhaltliche Verständnisprobleme als im regulären<br />
Unterricht, da durch die Fremdsprache als Arbeitssprache stärker auf die Verständlichkeit<br />
geachtet wird?<br />
nein<br />
Gibt es beson<strong>der</strong>s geeignete Unterrichtsmethoden für den bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
Wenn ja, welche?<br />
nein, im Anfängerunterricht eignen sich aber immer Visualisierungen<br />
Welche Rolle spielen methodische Übungen des Fremdsprachenunterrichts z.B.<br />
Wortschatzarbeit, Aussprache, Sprachmittlung, kreative Übungen, Hörverstehen etc. im<br />
bilingualen Erdkundeunterricht?<br />
eine große, mit passenden Methoden können auch schwierige sprachliche Inhalte umschifft<br />
und bewältigt werden.<br />
Sehen Sie gerade für den bilingualen Unterricht im Wechsel <strong>der</strong> Darstellungsformen ein<br />
beson<strong>der</strong>es didaktisches Potential?<br />
nein, das muss heute für jedes Fach geleistet werden, um die SuS dort abzuholen wo sie<br />
stehen<br />
Welche Bücher bzw. Materialien setzen Sie in Ihrem bilingualen Erdkundeunterricht ein?<br />
Waugh, Westermann<br />
Wie oft setzen Sie selbst erstellte Materialien ein?<br />
oft, mind. 50 %<br />
Welche Anfor<strong>der</strong>ungen müssen gute bilinguale Materialien Ihrer Meinung nach erfüllen?<br />
die gleichen wie Materialien wie im deutschspr Unterricht: Inhalte zu illustrieren, stützen.<br />
Welche Art von Materialien meinen Sie? Gerade im EK Unterricht sind die Formen sehr<br />
zahlreich
Unterrichtsplanung und -durchführung<br />
179<br />
Anhang<br />
Welche Unterschiede sehen Sie zwischen bilingualem und regulärem Erdkundeunterricht im<br />
Hinblick auf<br />
a) Planung bzw. <strong>Didaktik</strong>?<br />
keine<br />
b) Gestaltung bzw. Methodik?<br />
keine, schwierige Inhalte müssen allerdings antizipiert und didaktisch aufbereitet werden um<br />
die Inhalte in einer angemessenen Zeit zu vermitteln<br />
Wie hoch schätzen Sie die Unterschiede in Bezug auf den Zeitaufwand bei <strong>der</strong><br />
Unterrichtsvorbereitung zwischen bilingualem und regulärem Erdkundeunterricht ein?<br />
Begründen Sie bitte Ihre Einschätzung.<br />
kein Unterschied; wenn eigenes Material erstellt wird, was im deutschspr. U auch passiert,<br />
entsprechend die Zeit für die Erstellung<br />
Sind bestimmte Themen beson<strong>der</strong>s gut geeignet bzw. ungeeignet für den bilingualen<br />
Erdkundeunterricht?<br />
nein, Erdkunde eignet sich grundsätzlich vorzüglich für den fremdsprachlich erteilten<br />
Sachfachunterricht da vielfältige Inhalte angesprochen, die SuS im allg attraktiv finden<br />
Inwieweit unterscheidet sich die Rolle <strong>der</strong> Lehrperson im bilingualen Erdkundeunterricht zu<br />
<strong>der</strong> im regulären Erdkundeunterricht?<br />
eigentlich kein Unterschied. Der Bili-Lehrer dient aber als Sprachvorbild, d.h. eine hohe<br />
sprachliche Kompetenz und Authentizität ist dringend erfor<strong>der</strong>lich<br />
Professionswissen<br />
Bitte ergänzen Sie folgende Satzanfänge:<br />
Eine professionelle bilinguale Erdkundelehrkraft ist für mich eine Person, die…<br />
kompetent und authentisch die Inhalte des Faches Erdkunde in englischer Sprache vermittelt.
Eine bilinguale Erdkundelehrkraft erreicht Ihre Schülerinnen und Schüler, wenn Sie…<br />
180<br />
Anhang<br />
kompetent auftritt, d.h. sowohl fremdsprachlich und inhaltlich fest im Sattel sitzt. Sie hilft bei<br />
Schwierigkeiten, animiert zum Sprechen, vermittelt Freude am Verwenden <strong>der</strong> Fremdsprache.<br />
Sie schafft jedes Mal einen situativen Kontext, dem die Schüler mit Neugierde und<br />
Erwartungen begegenen.<br />
Eine bilinguale Erdkundelehrkraft bekommt Probleme, wenn Sie…<br />
… die Dinge, die in <strong>der</strong> vorigen Frage benannt werden, nicht erfüllen kann.<br />
Mein persönliches Motto für bilingualen Unterricht lautet:<br />
Je<strong>der</strong> Schüler sollte – ohne Berücksichtigung seiner Leistungs- und Motivationsstufe – die<br />
Möglichkeit haben, zumindest phasenweise am fremdsprachlichen erteilten Fachunterricht<br />
teilzunehmen.
Eidesstattliche Erklärung<br />
181<br />
Anhang<br />
„Hiermit erkläre ich, Katrin <strong>Klußmann</strong>, geb. am xx.xx.xxxx in xxxxxxxxxx, an Eides statt<br />
gegenüber dem Institut <strong>der</strong> <strong>Didaktik</strong> <strong>der</strong> <strong>Geographie</strong> an <strong>der</strong> <strong>Leibniz</strong> Universität Hannover,<br />
dass die vorligende Arbeit<br />
‚Aspekte professioneller Handlungskompetenz von bilingualen <strong>Geographie</strong>lehrkräften –<br />
Theoretische Grundlagen und praktische Erfahrungen‘<br />
Selbstständig und nur unter Zuhilfenahme <strong>der</strong> im Literaturverzeichnis genannten Quellen und<br />
Hilfsmittel angefertigt wurde. Alle Stellen <strong>der</strong> Arbeit, die an<strong>der</strong>en Werken dem Wortlaut o<strong>der</strong><br />
dem Sinn nach entnommen wurden, sind kenntlich gemacht.“<br />
Hannover, den