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i n t e r V i e W : k a t r i n S C h m i e D e k a m p F<br />
„<br />
G E B E N S I E M I R<br />
Z W E I M I L L I O N E N<br />
U N D E I N E N<br />
P O R S C H E …“<br />
… ist ein Satz, den man in einer<br />
Gehalts verhandlung mit dem<br />
Chef unbedingt fallen lassen sollte.<br />
Wieso das eine gute idee ist und<br />
wie man mehr verdient als die anderen,<br />
weiß die Verhandlungsexper tin<br />
und buchautorin Claudia kimich.<br />
i l l U S t r a t i o n : S e b a S t i a n i W o h n<br />
Frau Kimich, warum kostet es so viel Überwindung,<br />
nach Geld zu fragen?<br />
Die meisten sind mit dem Satz „Über Geld spricht man<br />
nicht“ aufgewachsen und können sich nur schwer davon<br />
lösen. Dabei kann es sogar Spaß machen, über<br />
Geld zu verhandeln. Gehen Sie auf den Flohmarkt,<br />
und üben Sie Feilschen. Für die nächste Gehaltsverhandlung<br />
lernt man dabei eine Menge. Die ist nämlich<br />
nichts anderes als ein Verkaufsgespräch auf dem Basar:<br />
ein Spiel, bei dem es ums Geld geht.<br />
ein riskantes spiel – denn wer beim einstiegsgehalt<br />
zu hoch pokert, kann den Job vergessen …<br />
Wie viele Leute kennen Sie, die den Job dann tatsächlich<br />
nicht bekommen haben?<br />
ehrlich gesagt …<br />
Niemanden, sehen Sie. Uns wird ständig Angst gemacht,<br />
dass wir keine Chance haben, wenn wir zu<br />
hoch einsteigen. Dabei verschafft man sich damit vor<br />
allem Respekt. Je mehr Sie verlangen, desto wertvoller<br />
wirken Sie. Man muss sich klar machen, dass das<br />
Ganze ein Gegengeschäft ist: Ich bringe eine Leistung<br />
und dafür gibt es Geld. Ich bin weder Bittsteller<br />
beim Unternehmen noch ist das Unternehmen dies<br />
bei mir.<br />
Was würden sie mir raten, wenn ich nächste Woche<br />
ein einstellungsgespräch hätte?<br />
Treffen Sie sich mit Freunden, lassen Sie sich mit<br />
einer Handy-Kamera fi lmen, und schauen Sie sich<br />
das Video an. Die meisten Leute sind erst einmal<br />
schockiert, sich selbst zu sehen. Und beginnen dann,<br />
an sich zu arbeiten. Bitte sagen Sie sich bloß nicht:<br />
Ich muss den Rücken gerade halten, ich darf auf keinen<br />
Fall die Beine übereinanderschlagen. Das halte<br />
ich für Schwachsinn. Im Gespräch mit dem Chef ist<br />
es wichtig, gefühlsecht und natürlich zu bleiben. Es<br />
hilft, zwischendurch tief durchzuatmen. Und: Schauen<br />
Sie Ihrem Chef unbedingt in die Augen.<br />
Was üben sie noch mit ihren Klienten?<br />
Wie man eine Situation entschärft. Häufi g baut sich in<br />
einem Bewerbungsgespräch in dem Moment, in dem<br />
es ums Geld geht, eine brutale Spannung auf. Wo viel<br />
Spannung herrscht, ist die Bewegungsfreiheit gering.<br />
Die Situation aufl ockern geht ganz einfach, zum Beispiel<br />
indem man auf die Frage nach dem Wunschverdienst<br />
antwortet: „Vorgestellt hätte ich mir zwei Millionen,<br />
einen Porsche und einen Hubschrauber.“ Dann<br />
werden beide erst mal lachen, die Spannung ist weg,<br />
und man kann in aller Ruhe über das Gehalt reden.<br />
Jahresgehalt oder Monatsgehalt: Über welche<br />
Zahlen spreche ich?<br />
Es ist am sinnvollsten, über Jahresgehälter zu sprechen.<br />
Alle anderen Zahlen verwirren nur. Es geht ja um<br />
die gesamte Summe, egal, ob es ein 13. Monatsgehalt<br />
oder ein 15. Monatsgehalt gibt.<br />
Viele chefs fragen, wie viel man gern hätte …<br />
In diesem Fall nennen Sie auf keinen Fall eine Spanne.<br />
Denken Sie an das Feilschen auf dem Flohmarkt:<br />
Dort würden Sie auch nie gleich am Anfang sagen, wie<br />
viel Sie runtergehen würden. Meiner Meinung nach ist<br />
es am besten, eine konkrete Zahl zu nennen und dazu<br />
auch zu stehen. So zeigen Sie, dass Sie wissen, was<br />
Sie Wert sind und was Sie wollen. Als Frau sollten Sie<br />
unbedingt 20 Prozent draufschlagen.<br />
Wow, wieso denn das?<br />
Weil besonders Frauen glauben: Wenn ich den Job<br />
erst einmal habe und zeige, wie toll ich bin, zahlen<br />
die freiwillig mehr. Das ist ein Märchen ohne Happy<br />
End. Denn wer zu niedrig einsteigt, kommt nie wieder<br />
H O C H S C H U L<br />
A N Z E I G E R 38<br />
davon weg. Die Gehaltssprünge, die man in den Jahren<br />
nach der Einstellung macht, sind nie so groß, dass man<br />
das wieder ausgleichen kann.<br />
Was mache ich, wenn mein Wunschgehalt und<br />
das angebot des Unternehmens weit auseinanderliegen?<br />
Wenn ich 60.000 verlange und das Unternehmen will<br />
nur 40.000 zahlen, ist es schwer, sich zu einigen, ohne<br />
dass einer von beiden sein Gesicht verliert. Dafür gibt<br />
es eine Lösung, die man seinem Chef vorschlagen<br />
kann: Ich arbeite in der Probezeit zu den Konditionen,<br />
die die Firma vorgeschlagen hat – danach zu meinen.<br />
Das Ganze unbedingt schriftlich festhalten.<br />
Muss ich ehrlich sein, wenn ich nach meinem bisherigen<br />
Gehalt gefragt werde?<br />
Ja, denn es besteht die Gefahr, dass der neue Chef sich<br />
beim alten erkundigt. Wenn die Lohnsteuerkarte zur<br />
Firma kommt, weiß die Firma eh, was ich bisher verdient<br />
habe. Wenn ich gelogen habe, kommt das also<br />
meistens raus.<br />
Bei Berufseinsteigern heißt es häufig: „sie haben<br />
ja noch keine erfahrung …“<br />
Meistens ist das Unsinn. Leute, die direkt von der Uni<br />
kommen, haben Jugendarbeit geleistet oder ein Volleyballteam<br />
betreut, die meisten haben mehrere Praktika<br />
gemacht. Viele können sogar Nebenjobs vorweisen,<br />
die etwas mit dem künftigen Job zu tun haben. Und das<br />
kann man seinem neuen Chef auch ruhig sagen.<br />
Würden sie sich selbst eine Grenze setzen, unter<br />
der sie nicht arbeiten würden?<br />
Ja, das ist ganz wichtig. Man sollte sich immer drei<br />
Ziele überlegen: ein Idealziel, eines, das ganz gut wäre<br />
und ein Mindestziel, unter das man auf keinen Fall<br />
druntergehen würde. Egal was einem dann angeboten