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ilienkrise, und ich habe mir die Frage gestellt, welcher Sektor relativ<br />
konjunkturunabhängig ist“, sagt Spitzy. „Ich dachte mir, Energie<br />
wird in den nächsten hundert Jahren das bestimmende Thema sein.“<br />
Spitzy ist ein lebhafter Typ. Er redet schnell, ein österreichischer Akzent<br />
macht die Sätze weich – als abgebrühten Investmentbanker mag<br />
man ihn sich nicht recht vorstellen.<br />
2008 kam Spitzy zu Trianel und arbeitete am Hauptsitz in Aachen.<br />
Das Unternehmen ist ein Zusammenschluss von Stadtwerken,<br />
die ihren Strom gemeinsam vermarkten. Wenn Trianel ein eigenes<br />
neues Kraftwerk plant, wird dafür ein Tochterunternehmen gegründet<br />
– so war es auch im Fall des Windparks Borkum. Spitzy war in<br />
diesem Projekt von Anfang an dabei. „In der Projektentwicklung<br />
lernt man am meisten. Ich habe schnell coole Aufgaben bekommen<br />
und viel Vertrauen“, sagt Spitzy. Es sagt wirklich „coole Aufgaben“.<br />
Als Assistent eingestiegen, darf er sich heute Senior Referent nennen.<br />
„Ich bin zu einem wachsenden Unternehmen gegangen und mitgewachsen.<br />
Es steht zwar nicht der Name eines Branchenriesen in<br />
meinem Lebenslauf, aber ich bin jetzt in einer Position, die ich in einem<br />
Großkonzern nicht hätte.“<br />
Das BaNKeN-PUZZle<br />
Auch für Spitzy ist Offshore-Wind Pionierarbeit. Eine Herausforderung:<br />
Es gibt keine Generalunternehmer, die Offshore-Windanlagen<br />
schlüsselfertig bauen. Spitzy läuft hinüber in den Konferenzraum. Dort<br />
gibt es eine Tafel, an der er aufzeich<strong>net</strong>, was er jetzt erklärt. „Wir arbeiten<br />
mit Multicontracting – das heißt, Trianel schließt mit allen Gewerken<br />
einzelne Verträge ab“, sagt Spitzy. Es ist, als baue man ein Haus<br />
und müsse mit dem Maurer, dem Klempner, dem Elektriker und dem<br />
Dachdecker einzeln verhandeln, die Termine abstimmen und bei Verzögerungen<br />
die nächsten Schritte mit allen neu koordinieren. Es ist ein gewaltiges<br />
Puzzle, dessen Teile Spitzy jederzeit im Auge behalten muss.<br />
Die andere Herausforderung ist die Finanzierung. Die Bankenkrise<br />
traf die Offshore-Branche, und sie wirkt bis heute nach. Bei<br />
Windrädern an Land, bei Gas- und Kohlekraftwerken gibt es verlässliche<br />
Erfahrungswerte über Baukosten, Betrieb und Energieausbeute<br />
– Banken und Anleger haben klare Renditeerwartungen. Die<br />
Offshore-Branche muss sich erst noch beweisen. „Als Trianel für 1,3<br />
Milliarden Euro ein Kohlekraftwerk geplant hat, übernahm eine<br />
Bank allein eine Tranche von einer Milliarde, der Rest war Eigenkapital“,<br />
sagt Spitzy. „Bei Offshore-Windparks übernehmen Banken<br />
Tranchen von maximal 50 Millionen Euro.“ Deshalb muss für Offshore-Windparks<br />
mit vielen Banken gleichzeitig verhandelt werden.<br />
„Von den großen Energieversorgern wurden wir anfangs belächelt.<br />
Aber jetzt sind wir der erste projektfinanzierte Offshore-Windpark“,<br />
sagt Spitzy. Das heißt, zum ersten Mal haben Banken einen Offshore-<br />
Windpark finanziert, ohne dass die Sicherheit eines großen Konzernes<br />
dahinter steht. Spitzy sagt das nicht marktschreierisch, sondern<br />
wie jemand, der gerade eine komplizierte Maschine zum Laufen gebracht<br />
hat und dem erstaunten Zuschauer entgegenhält: „Geht doch!“<br />
Die komplexe Finanzierung bedeutet im Alltag eine Menge<br />
Koordinationsaufwand. Wann immer es zu einer Verzögerung<br />
kommt, verteuert sich der Bau des Windparks. Spitzy muss den Kapitalgebern<br />
davon berichten und ihnen erklären, warum sie das benötigte<br />
Geld bereitstellen sollen. „Es ist ein ständiges Reporting an<br />
viele Parteien“, sagt Spitzy. Gerade bei Verzögerungen müsse das<br />
Unternehmen transparent sein. „Sonst haben Sie irgendwann den<br />
Ruf, ein Fass ohne Boden zu sein.“ Erst im Juni musste Trianel den<br />
Zeitplan ändern, weil der Übertragungs<strong>net</strong>zbetreiber Ten<strong>net</strong> mitteilte,<br />
dass er den Netzanschluss für den Windpark erst vier bis fünf<br />
Monate später legen kann als geplant. Die 33 Stadtwerke, die an<br />
dem Windpark beteiligt sind, mussten die Finanzierung deshalb<br />
noch einmal erhöhen.<br />
Bis Mitte 2013 muss der erste Bauabschnitt des Windparks Borkum<br />
am Netz sein. Liefert der Windpark erst einmal Strom, kann der<br />
Betreiber mit guten Einnahmen rechnen. Das Erneuerbare-Energien-<br />
Gesetz garantiert ihnen für zwölf Jahre eine Einspeisevergütung von<br />
15 Cent pro Kilowattstunde (oder wahlweise 19 Cent über acht Jahre).<br />
Die Betreiber von Windrädern an Land bekommen nur 8,93 Cent<br />
für die ersten fünf Jahre, danach 4,87. Langfristig soll der Strom aus<br />
dem Seewind auf dem freien Strommarkt gehandelt werden. Unterdessen<br />
kennt sich Spitzy mit den technischen Details der Anlagen und<br />
Fundamente aus. Er weiß, wie der Korrosionsschutz unter Wasser<br />
funktioniert und an welcher Stelle der Tripods das Seil liegt, an dem<br />
das Stromkabel für die Windräder hinaufgezogen wird. Er hat gelernt,<br />
wie man beim Rammen der Fundamente unter Wasser die<br />
Lärmbelästigung für Schweinswale verringert – nämlich, indem man<br />
einen Schlauch um das Fundament legt, aus dem ein Schleier feiner<br />
Luftbläschen aufsteigt. „Das Wissen, das ich mir neben dem kaufmännischen<br />
aneigne, ist brutal. Man muss sich richtig reintigern“,<br />
sagt Spitzy mit einem Schwung, als würde er jetzt gern einen Stapel<br />
Bauzeichnungen durcharbeiten. Ob er manchmal bereut, dass er sich<br />
keinen Job als Investmentbanker gesucht hat? Spitzy winkt ab. „Die<br />
Industrie ist etwas zum Anfassen. In der Bank sehe ich nicht, wofür<br />
ich arbeite. Wenn ich die 800 Tonnen schweren Teile hier sehe, weiß<br />
ich: Da habe ich mitgemacht.“<br />
H O C H S C H U L<br />
A N Z E I G E R 37<br />
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