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KINDER SIND KEINE SOLDATEN!

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34<br />

FÄCHERÜBERGREIFENDER PROJEKTTAG: GYMNASIUM (7.–10. KLASSE)<br />

<strong>KINDER</strong> <strong>SIND</strong> <strong>KEINE</strong> <strong>SOLDATEN</strong>!<br />

>> DR. SUSANNE KLEINÖDER-STROBEL, FRIEDERIKE RAPPEL UND YVONNE WESTINER <strong>SIND</strong> STUDIENRÄTINNEN AM WILLIBALD-GLUCK-GYMNASIUM NEUMARKT/OPF<br />

DIDAKTISCHE UND ORGANISATORISCHE<br />

VORÜBERLEGUNGEN<br />

Der Lehrplan für das Gymnasium in Bayern von 2003 sieht<br />

fächerübergreifendes Lernen und überfachliche Kompetenzen<br />

als wesentliche Elemente der gymnasialen Bildung an und schlägt<br />

dabei ausdrücklich die Themenbereiche Eine Welt, Frieden, Menschenwürde/-rechte<br />

sowie Werte-Weltanschauung-Religion vor.<br />

Ganz im Sinne dieser Bildungsziele steht die Auseinandersetzung<br />

mit dem Thema Kindersoldaten im Rahmen eines Projekttages<br />

oder einiger Stunden Projektlernens. Dem Religionsunterricht<br />

kommt dabei auf Grund seiner dialogischen und pastoralen<br />

Grundausrichtung eine besonders wichtige Rolle zu: durch seine<br />

guten Kontakte zu anderen Fächern sowie zu kulturellen, wirtschaftlichen,<br />

sozialen und kirchlichen Einrichtungen soll der<br />

Religionsunterricht zur gesellschaftlichen Öffnung der Schule und<br />

der Einübung der Schüler und Schülerinnen in ihre gesellschaftliche<br />

Verantwortung beitragen.<br />

Die Auseinandersetzung mit der Thematik Kindersoldaten fordert<br />

von den Schülerinnen und Schülern Ernsthaftigkeit und die<br />

Bereitschaft, sich auch auf die schrecklichen Lebensgeschichten<br />

der Kindersoldaten einzulassen. Aus diesem Grund ist dieser Projekttag<br />

für Kinder ab der 7. bis zur 10. Jahrgangsstufe konzipiert.<br />

Darüber hinaus bieten die Lehrpläne dieser Jahrgangsstufen<br />

besonders gute fächerübergreifende Anknüpfungspunkte für<br />

die Auseinandersetzung mit diesem Thema:<br />

JAHRGANGSSTUFE 7: Fremde Welten<br />

und Vorbilder und Idole<br />

JAHRGANGSSTUFE 8: Konflikte vermeiden, lösen, nützen<br />

und Internationale Kontakte<br />

JAHRGANGSSTUFE 9: Innenwelten entdecken<br />

JAHRGANGSSTUFE 10: Verantwortung übernehmen<br />

und Totalitäres Denken<br />

PHASE 1: 8.00 – 8.30 UHR<br />

All diese Themenbereiche spielen in die Auseinandersetzung mit<br />

der Thematik Kindersoldaten hinein. Zur Vor-/und Aufbereitung<br />

des Projekttages eignet sich die Zusammenarbeit der Religionslehrer<br />

und Religionslehrerinnen beider Konfessionen mit ihren<br />

Kolleginnen und Kollegen der Fachschaften<br />

– Sport (v.a. in den Phasen 3 u. 4),<br />

– Deutsch und Ethik (Phase 1 u. Phase 2 Station 2),<br />

– Geschichte (Phase 2 Station 1),<br />

– Erdkunde (Phase 2 Station 1),<br />

– Kunst (Vorbereitung der Phase 1 u. Phase 2 Stationen 3 u. 4)<br />

– sowie Musik (Phase 2 Station 5).<br />

Dieser Projekttag ist für den Zeitrahmen eines normalen Schultages<br />

von 8.00 – 13.00 Uhr geplant; sollte die Durchführung<br />

eines Projekttages nicht möglich sein, eignen sich die einzelnen<br />

Elemente auch für fächerübergreifendes Stationenlernen in<br />

einer Klasse im Rahmen der normalen Unterrichtsstunden der<br />

sich beteiligenden Fächer.<br />

Zielsetzung Zeitplan Aufgabe Organisation<br />

DIE <strong>KINDER</strong> UND JUGENDLICHEN<br />

SOLLEN EINEN ZUGANG ZUR<br />

THEMATIK <strong>KINDER</strong><strong>SOLDATEN</strong><br />

FINDEN UND EIGENE FRAGEN AN<br />

DAS THEMA ENTWICKELN<br />

5 Min<br />

15 Min<br />

10 Min<br />

Begrüßung<br />

a) Die Schüler und Schülerinnen sollen die einzelnen<br />

Zitate lesen und Fragen, die ihnen dabei<br />

kommen, auf Karten schreiben und zu den Postern<br />

hängen.<br />

b) In 2er- oder 3er-Gruppen tauschen sie sich<br />

anschließend über die gewonnenen Eindrücke und<br />

Fragen aus.<br />

– Die unter M1 beigegebenen<br />

Zitate werden auf die dafür<br />

vorgesehene Vorlage M2<br />

geklebt und auf mindestens<br />

DinA3 vergrößert.<br />

– Diese Poster werden in einem<br />

zentralen Raum der Schule, z.B.<br />

der Pausenhalle, so ausghängt,<br />

dass sie gut lesbar sind.<br />

– Karten DIN A6 für die Fragen<br />

werden dazugelegt


PHASE 2: 8.30 – 10.30 UHR<br />

In verschiedenen Stationen (eine Station je Klassenzimmer) setzen sich die Jugendlichen<br />

mit 3 von 5 angebotenen Facetten zur Thematik auseinander. Je Station sind hierfür 30 Min<br />

Arbeitszeit und 10 Min Pause für Nachfragen bzw. zum Wechseln der Workshops eingeplant.<br />

(Je nach Größe der Schule können die Schülergruppen auch so aufgeteilt werden, dass eine Hälfte der Schülerinnen<br />

und Schüler mit PHASE 2 beginnt, während die anderen Schülerinnen und Schüler mit PHASE 3 beginnen).<br />

Zielsetzung Zeitplan Aufgabe Organisation<br />

STATION 1:<br />

Die Länder herausfinden, in<br />

denen es Kindersoldaten<br />

gibt<br />

Anhand eines Landes mehr<br />

über den politischen,<br />

geschichtlichen und kulturellen<br />

Hintergrund erfahren<br />

Vielschichtigkeit der<br />

Kindersoldaten-Problematik<br />

ansatzweise erkennen<br />

können<br />

STATION 2:<br />

Rekrutierungsgeschichten<br />

von Kindersoldaten kennenlernen<br />

Die Gefühle u. Ängste von<br />

werdenden Kindersoldaten<br />

besser begreifen können<br />

Notsituation der Kindersoldaten<br />

beschreiben können<br />

STATION 3:<br />

Die Faszination von Waffen<br />

und Gewalt verstehen lernen<br />

Unterschiede zwischen dem<br />

eigenen Leben und dem der<br />

Kindersoldaten wahrnehmen<br />

und formulieren können<br />

STATION 4:<br />

Sich mit einem Einzelschicksal<br />

genauer<br />

auseinandersetzen<br />

Das Schicksal der Kindersoldaten<br />

besser verstehen<br />

können<br />

STATION 5:<br />

Die Arbeit der Aktion Volltreffer<br />

mit den traumatisierten<br />

Kindern und<br />

Jugendlichen kennenlernen<br />

Die Arbeit der Aktion Volltreffer<br />

formulieren<br />

können<br />

Kreativ mit der Arbeit<br />

der Aktion Volltreffer<br />

umgehen<br />

5 Min<br />

20 Min<br />

5 Min<br />

10 Min<br />

15 Min<br />

5 Min<br />

10 Min<br />

10 Min<br />

10 Min<br />

5 Min<br />

5 Min<br />

12 Min<br />

8 Min<br />

5 Min<br />

12 Min<br />

5 Min<br />

8 Min<br />

Anhand einer Weltkarte werden die Länder herausgearbeitet,<br />

in denen es derzeit Kindersoldaten gibt<br />

Anschließend werden mit einer arbeitsteiligen<br />

Internetrecherche Informationen zur Geschichte,<br />

der aktuellen politischen Situation und Kultur eines<br />

ausgewählten Landes gesammelt, auf einem Poster<br />

zusammengestellt und vorgestellt bzw. ausgetauscht.<br />

Überlegen, wieso es gerade in diesem Land zur<br />

Rekrutierung von Kindersoldaten kommen konnte<br />

Aluisines Rekrutierungsgeschichte bis „Wenn Du nicht<br />

aus dem Gebüsch kommst, schieße ich dich in Stücke“<br />

lesen und aufkommende Fragen klären<br />

Standbild stellen und die Jugendlichen legen Aluisine<br />

Gedanken und Gefühle in den Mund, die sie in diesem<br />

Moment haben könnte<br />

Anhand des Grundsatzartikels (Seite 8 – 13) werden<br />

Gründe gesichtet, warum Kinder zu Soldaten werden<br />

Bildvergleich: Kind mit Kriegsspielzeug und Bild eines<br />

Kindersoldaten: zuerst nur das Bild von Kriegsspielzeug<br />

aufdecken/austeilen, so dass die Schülerinnen und<br />

Schüler ihre Erfahrungen/Meinungen dazu äußern<br />

können, dann das Kindersoldatenbild zeigen.<br />

Ergebnissicherung auf Plakaten<br />

Tagesabläufe der Schülerinnen und Schüler aufschreiben<br />

lassen und im Klassenzimmer aufhängen<br />

Den Tagesablauf eines Kindersoldaten lesen und mit den<br />

eigenen Tagesabläufen vergleichen<br />

Lesen der Geschichte<br />

Aufteilen der Geschichte in einzelne Szenen<br />

Jede/r Schüler/in gestaltet eine dieser Szenen als Comic<br />

Präsentation und Zusammensetzen des Comics<br />

Lesen der Geschichte<br />

Anhand der Geschichte von Geoffry auf dem Mangobaum<br />

herausarbeiten, welche Personen und Erfahrungen den<br />

ehemaligen Kindersoldaten Hoffnung und Zuversicht<br />

geben und welche positiven Ausblicke gesehen werden.<br />

Die Ergebnisse in Schlagwörtern auf Plakatpfeilen<br />

sichern und in der Nähe der Torwand aushängen.<br />

Einen Friedens-/ Hilfsrap aus den Schlagworten<br />

erstellen und vortragen<br />

AKTION VOLLTREFFER | PROJEKTTAG GYMNASIUM 35<br />

– M3 Landkarte<br />

Kindersoldaten weltweit<br />

– Computerraum<br />

– Plakate<br />

– Grundsatzartikel „Kinder sind<br />

keine Soldaten!“ bis „Wenn Du<br />

nicht aus dem Gebüsch kommst,<br />

schieße ich dich in Stücke“ als<br />

Kopien (Kopiervorlage S. 9,<br />

rechte Spalte)<br />

– M4 Tafelanschrift oder Kopiervorlage<br />

„Warum Kinder zu<br />

Soldaten werden“, Plakate<br />

– M5 Bilder als Kopien oder Folie<br />

– Plakate<br />

M6 Ein Tag im Leben<br />

einer Kindersoldatin<br />

– Plakate<br />

– M7 Peng – Du bist tot<br />

– Papier und Stifte<br />

– Klebeband<br />

– Reportage: Auf Tore schießen<br />

statt auf Menschen<br />

Kopiervorlage S. 4 – 7<br />

– farbige Pfeile, die in Phase 4 auf<br />

Stellwände zur Torwand gestellt<br />

werden können<br />

– Folie + Folienstifte für Raptext


36<br />

PHASE 3: 10.30 – 12.30 UHR<br />

Diese Phase beansprucht v.a. die Beteiligung der Sportlehrerinnen und –lehrer.<br />

Bei der Durchführung der sportlichen Aktivitäten ist eine Aufteilung in<br />

gleichgeschlechtliche Gruppen mit ca. 20 Personen von Vorteil. Die Gruppen<br />

absolvieren nacheinander 3 sportliche Aktivitäten. Jede der 3 Aktivitäten ist auf<br />

30 Min angelegt mit je 10 Min Pause zum Wechseln der Sporthallen.<br />

Zielsetzung Zeitplan Aufgabe Organisation<br />

AKTIVITÄT 1:<br />

Sport als Möglichkeit zum<br />

Aggressionen ablassen<br />

entdecken<br />

AKTIVITÄT 2:<br />

Sport als Möglichkeit kennenlernen,<br />

bei der man<br />

Vertrauen gewinnen kann<br />

AKTIVITÄT 3:<br />

neues Selbstvertrauen<br />

aus sportlichen Aktivitäten<br />

gewinnen lernen<br />

PHASE 4: 12.30 – 13.00 UHR<br />

30 Min Taue hochklettern – Mattenboxen – Ringen aus dem Kniestand<br />

– Medizinball-Weitstoßen – Tauziehen<br />

30 Min vom Kasten fallen und sich auffangen lassen – sich blind<br />

durch einen Hindernisparcours führen lassen – unter<br />

einem Fallschirmtuch durchlaufen – menschliches Fließband<br />

30 Min Drehübung – Pyramidenbauen – Einradfahren –<br />

Bewegungskünste<br />

„Ich schieße für dich, damit du nicht mehr schießen musst“<br />

Zielsetzung Zeitplan Aufgabe Organisation<br />

Sport als Möglichkeit zur<br />

Reintegration der Kindersoldaten<br />

kennenlernen<br />

Solidarität für Kindersoldaten<br />

zeigen lernen<br />

Unterstützung für Kindersoldaten<br />

zeigen können<br />

insgesamt<br />

30 Min<br />

➔<br />

Nach dem Motto „Geoffry schießt nur noch auf Tore”<br />

schießen auch die Jugendlichen zum Abschluss<br />

des Projekttages auf eine Torwand.<br />

Dabei kann das Torwandschießen mit einer Spende verbunden<br />

werden.<br />

Als symbolische Abschlussgeste sollten die Schülerinnen<br />

und Schüler zum Zeichen ihrer Unterstützung einen Daumenabdruck<br />

auf den Postern von PHASE 1 hinterlassen.<br />

– Parcours mit verschiedenen<br />

Stationen aufbauen –<br />

Kleingruppen einteilen<br />

– einzelne Stationen aufbauen<br />

– Utensilien für Bewegungskünste<br />

bereitstellen<br />

– Torwand aufstellen<br />

– Spendenbüchsen aufstellen<br />

– (Bunte) Stempelkissen u.<br />

Kosmetiktücher bereitstellen<br />

– Poster der PHASE 1 zur Torwand<br />

hängen


MATERIALIEN PROJEKTTAG GYMNASIUM<br />

M 1<br />

„Die Miliz kam in unser Dorf. Die haben mich mitgenommen. Ich<br />

musste zusehen, wie sie durch die Häuser ziehen und Leute<br />

umbringen. Wir sind dann in ein kleines Haus am Dorfrand. Da<br />

war eine Frau allein mit ihrem Baby. Sie haben die Frau zu Tode<br />

geprügelt und dann haben sie mir eine Keule gegeben. Ich wollte<br />

nicht. Aber sie haben gesagt, wenn ich es nicht tue, bringen sie<br />

mich um. Da habe ich das Baby erschlagen.“<br />

„Ich kam eines Abends heim. Da war ein großer Auflauf vor<br />

dem Haus des Verwaltungsbeamten, der bei uns in der Straße<br />

wohnte. Kamana, ein Tutsi aus dem Norden, hatte versucht,<br />

sich mit seiner Familie bei Freunden zu verstecken. Der Beamte<br />

hat daraufhin das halbe Dorf zusammengerufen. Sie haben die<br />

Familie aus dem Versteck geholt und sie mit Macheten erschlagen.<br />

Dann wurden sie in die Latrine hinter dem Haus geworfen.“<br />

„Sie geben dir ein Gewehr und du musst den besten Freund töten,<br />

den du hast. Das machen sie um zu prüfen, ob sie dir trauen können.<br />

Wenn du ihn nicht tötest, dann bekommt dein Freund den<br />

Befehl, dich umzubringen. Ich musste es tun, sonst wäre ich getötet<br />

worden. Darum bin ich weggelaufen, ich konnte das nicht länger<br />

aushalten.“<br />

BERNARDO (Name geändert), 17 Jahre, Mitglied einer von der<br />

Armee unterstützten paramilitärischen Gruppe, Kolumbien<br />

Quelle: Kindersoldaten Weltreport 2004, S. 12<br />

„Jetzt machen wir eine Lotterie“, sagte der Anführer und ließ die<br />

Gefangenen in einer Reihe antreten. Nacheinander mussten sie<br />

einen der gefalteten Zettel aus dem Topf ziehen. Auf dem Zettel<br />

stand: „Eine Hand“. Oder: „Ein Bein“. Oder auch: „Zwei<br />

Augen“. Der „glückliche Gewinner“ bekam eine Hand oder ein<br />

Bein abgehackt.<br />

„Im Sudan kämpften wir gegen den Lutugu Stamm. Viele Menschen<br />

wurden getötet und ich musste zuschauen. Wir überquerten<br />

den Atebi Fluss und trafen Joseph Kony bei einer Einheit<br />

Sudanesischer Soldaten. Er gab uns vier Lastwagen, und wir wurden<br />

zu einem Trainingcamp gefahren. Dort machten wir militärische<br />

Übungen und lernten schießen und überfallen. Uns wurden<br />

Waffen gegeben und sogar Personenminen für unseren<br />

Einsatz in Uganda. Nach einem langen Marsch mit den schweren<br />

Waffen wurden ungefähr 30 Kinder getötet – nur deswegen, weil<br />

sie müde waren und langsam gingen. Sie alle wurden mit dem<br />

Bajonett umgebracht. Die Leichen wurden im Freien gelassen. Ich<br />

habe all dies gesehen. Wir überquerten einen Fluss und trafen<br />

einen Dinka Mann. Er wurde festgenommen und gefesselt. Man<br />

befahl mir, den Mann zu töten. Ich zögerte. Mein Kommandeur<br />

schützte mich. Jemand anderes wurde dann zu dem Dinka<br />

geschickt und tötete ihn mit einem Buschmesser.”<br />

CONSE A., 12 Jahre, Sudan<br />

Quelle: Albtraum Kindheit ohne Kindheit, S. 5<br />

AKTION VOLLTREFFER | PROJEKTTAG GYMNASIUM<br />

„Hast du getötet? Nein. Hattest du ein Gewehr? Ja. Hast du<br />

gezielt? Ja. Hast du abgedrückt? Ja. Was passierte dann? Sie fielen<br />

einfach um.“<br />

<strong>KINDER</strong>SOLDAT, 9 Jahre<br />

„Mein Cousin hat einen Tutsi umgebracht. Der hat ihm das Radio<br />

geklaut und dann ist er eine Woche später hingegangen und hat<br />

ihn erschlagen und dann haben sie meinen Cousin und mich und<br />

noch einen Cousin verhaftet.“… „Nein, der Tutsi, ein Nachbar, sei<br />

zu Alphonses Cousin gekommen und habe ihn angefleht, ihn vor<br />

den Milizen zu verstecken. Der habe den Verängstigten daraufhin<br />

mit einer Keule zusammengeknüppelt, bis er halb tot am<br />

Boden lag. Dann habe er Alphonse die Keule gegeben und der<br />

habe den Mann dann endgültig totgeschlagen.“<br />

Quelle: Süddeutsche Zeitung Magazin<br />

„Ich war in der 7. Klasse, wir schrieben gerade eine Schularbeit.<br />

Danach verließen wir gemeinsam die Schule. Wir waren etwa<br />

50 Jugendliche. Wir waren alle so um die 16 Jahre alt. Das Haus<br />

war von Soldaten umstellt. Wir wurden festgenommen. Wir hatten<br />

große Angst vor den Soldaten. Unsere Lehrer sind vor Angst<br />

davongelaufen. Alles war im Chaos.“<br />

MUANG HTOO, 15 Jahre, Burma<br />

„Ich musste mit meinem Freund in den Wald laufen, um mich der<br />

Untergrundbewegung anzuschließen. Das erste Mal habe ich<br />

mit 14 Jahren eine Waffe in der Hand gehalten. Ich bin sehr gern<br />

zur Schule gegangen, aber weil meine Familie sehr arm war,<br />

musste ich zum Gewehr greifen. Jetzt verdiene ich mit Hilfe meiner<br />

Waffe genug Geld für mich selbst, so dass ich meine Familie<br />

auch noch unterstützen kann.“<br />

JUNGE, 16 Jahre, Nordostindien<br />

Quelle: Kindersoldaten Weltreport 2004, S. 12<br />

„Ich bin ein Waisenkind aus der Gegend von Gulu. Eines Nachts<br />

bin ich abrupt aufgewacht durch Schläge an der Tür. Eine Gruppe<br />

von Rebellen, die große Messer und Gewehre bei sich hatten,<br />

schleppten mich aus dem Haus. Wir gingen die ganze Nacht<br />

durch. Es war sehr schwer. Die Kinder, die zu schwach zum Weiterlaufen<br />

waren, wurden einfach mit den großen Messern zerhackt<br />

und auf dem Weg zum Sterben liegen gelassen. Ich war total<br />

erschrocken. Als wir im Wald waren, bin ich dann an einen älteren<br />

Soldaten übergeben worden, um seine zweite Frau zu werden.<br />

Alle Mädchen wurden so verteilt. Falls eine den Mann<br />

ablehnte oder nicht mitmachte, wurde sie solange geschlagen,<br />

bis sie mitmachte. Zusammen mit den anderen Kindern machten<br />

wir militärische Übungen. Die Rebellen nahmen uns dann mit<br />

zu den Dörfern, um andere Kinder zu entführen oder um zu plündern.<br />

Manchmal schossen die Regierungstruppen auf uns und<br />

töteten etliche meiner Freunde. Während einer Schlacht versteckte<br />

ich mich, um zu entfliehen.“<br />

ESTELLA O., 15 Jahre, Uganda<br />

Quelle: Albtraum Kindheit ohne Kindheit, S. 4f<br />

37


38<br />

M 2<br />

M 3<br />

EL SALVADOR<br />

KOLUMBIEN<br />

GUINEA<br />

LIBERIA<br />

ELFEN-<br />

BEIN-<br />

KÜSTE<br />

ISRAEL/<br />

PALÄST. GEBIETE<br />

D.R. KONGO<br />

ANGOLA<br />

Bewaffnete Konflikte, an denen<br />

Kinder unter 18 Jahren beteilgt waren<br />

(2001 – 2004)<br />

SUDAN<br />

UGANDA<br />

RUANDA<br />

BURUNDI<br />

IRAK<br />

SOMALIA<br />

AFGHANISTAN<br />

RUSSISCHE FÖDERATION<br />

INDIEN<br />

NEPAL<br />

Aufkleber mit dem Logo<br />

„Aktion Volltreffer” sind auch<br />

im Klassensatz bei der<br />

Aktion Volltreffer zu erhalten.<br />

(siehe Bestellschein Seite 50)<br />

SRI LANKA<br />

MYANMAR<br />

INDONESIEN<br />

PHILIPPINEN


M 4<br />

WARUM <strong>KINDER</strong> <strong>SOLDATEN</strong> WERDEN<br />

Methode zur Ergebnis-Sicherung<br />

Vervollständigt die Grafik, um<br />

die Ursache der Rekrutierung<br />

und des Einsatzes von Kindersoldaten<br />

zu veranschaulichen.<br />

Diskutiert über die Bedeutung<br />

der einzelnen Faktoren.<br />

M 5<br />

URSACHEN<br />

OBJEKTIVE<br />

FAKTOREN<br />

SUBJEKTIVE<br />

FAKTOREN<br />

ARMEE<br />

FAMILIEN-<br />

SITUATION<br />

PERSÖNLICHE<br />

MOTIVE<br />

Was haben die Bilder gemeinsam?<br />

ZUR DISKUSSION<br />

AKTION VOLLTREFFER | PROJEKTTAG GYMNASIUM<br />

Quelle: Kinder als Soldaten, Jugendrotkreuz für die Schule, 1999, S. 17<br />

Wie fühlen sich die beiden Buben jeweils?<br />

Worin liegt der Unterschied?<br />

Welche Arten von Spielzeugwaffen kennst du?<br />

Hast du selbst Spielzeugwaffen zu Hause?<br />

Was fasziniert Kinder/Jugendliche, wenn sie mit Waffen<br />

oder Computerspielen Kämpfe inszenieren?<br />

Welche Rolle hat das Gewehr in der Hand des schwarzen Jungen?<br />

Was bewirkt das Spielzeuggewehr in der Hand des weißen Jungen?<br />

Wie weit hängen Fantasie und Wirklichkeit zusammen?<br />

Bist du für oder gegen Spielzeugwaffen?<br />

39


40<br />

M 6<br />

EIN TAG IM LEBEN EINER<br />

<strong>KINDER</strong>SOLDATIN IN SRI LANKA<br />

(Auszüge)<br />

Ein typischer Tagesablauf im Leben einer Kindersoldatin in Sri<br />

Lanka. Ihm liegen die Interviews mit Mädchen in Sri Lanka zu<br />

Grunde. Es handelt sich um eine Zusammenstellung aus allen<br />

Interviews, in die sowohl die Beschreibungen (in der Studie) des<br />

Trainings, der Pflichten und der täglichen Aktivitäten aufgenommen<br />

wurden.<br />

Das Training, mit der jede der jungen Frauen konfrontiert wurde,<br />

war in der Grundstruktur gleich. Ihre Beschreibungen deckten sich<br />

in der Aussage, dass es sehr streng und fordernd war. Nach<br />

einer „Basistraining” genannten Einführungsperiode von 3 bis<br />

5 Monaten kam eine 5 bis 6 Monate dauernde, noch rigorosere<br />

Trainingsphase. Insbesondere gab es zusätzliche Übungen mit<br />

einer hölzernen Waffenattrappe, mit der man zu einer Einheit<br />

zusammenwachsen sollte.<br />

Es gab ein spezifisches Trainingsprogramm, es wurde 7 Tage in<br />

der Woche durchgeführt. Das ganze Training wurde von sehr<br />

strengen Kameraden und Kameradinnen („Brüder” und „Schwestern”)<br />

in der Bewegung durchgeführt. Es gab viele Gründe,<br />

bestraft zu werden: Ungehorsam, Unfähigkeit, die geforderten<br />

Leistungen zu bringen. Solche Fehler wurden mit Strafexerzieren<br />

bestraft. Wenn man dies nicht durchhalten konnte, musste<br />

man mit einem hochgehaltenen schweren Gewehr Kniebeugen<br />

machen. Gleichzeitig wurde man willkürlich geschlagen und<br />

getreten. Die Schläge seien ohne Gnade eingesetzt worden.<br />

4 ODER 5 UHR: Waschungen am Morgen. Die älteren „Schwestern”<br />

wiesen den Mädchen den Weg zum Waschplatz. Sie hatten<br />

strikte Befehle, sparsam mit dem Wasser und sorgsam mit<br />

den Wasservorräten umzugehen. Die älteren „Schwestern”<br />

bewachten sie und setzten die Politik der Bewegung durch.<br />

7.00 – 8.00 UHR: Frühstück<br />

8.00 – 12.00 UHR: Training der körperlichen Leistungsfähigkeit:<br />

Gewichtheben, Springen, Rennen, Kriechen über scharfkantiges<br />

Gelände, Karate, Seilklettern und Übungen im Bergsteigen.<br />

(Es gab eine kurze Pause zum Wassertrinken)<br />

12.30 UHR: Mittagessen<br />

Es gab je nach Jahreszeit: Suppe, Marmite, roh getrunkene<br />

Eier, Brot, Linsen, Reis und Curry, Äpfel, Wasser, zu besonderen<br />

Anlässen Eiscreme<br />

13.30 – 16.00 UHR: Unterweisung in besonderen Fertigkeiten:<br />

Landkarten lesen, Identifizierung von bestimmten geographischen<br />

Orten, Umgang mit dem Kompass, Knoten binden,<br />

Umgang mit speziellen Codes, Umgang mit dem Walkie Talkie,<br />

Erlegen und Töten von Tieren. Alle Mädchen mussten außerdem<br />

einen persönlichen Bericht über sich selbst schreiben.<br />

16.OO UHR: Tee<br />

17.00 – 18.OO UHR: Parade<br />

18.00 UHR: Abendappell, Schwur<br />

22.00 UHR: Bettruhe.<br />

Sie schlafen auf dem Boden von kleinen Ställen in Düngersäcken<br />

ohne Kissen. Manchmal benutzen sie ihre Kleidertaschen als<br />

Kissen.<br />

Quelle: www.kindersoldaten.de, Newsletter 8/2003, S. 14


M 7<br />

PENG – DU BIST TOT<br />

Von Jörg Nowak<br />

Kindersoldat in Liberia: Kinder in Europa<br />

spielen Cowboy und Indianer, Räuber und<br />

Gendarm. Für Jungen in Liberia war das<br />

Kriegsspiel blutiger Ernst. Sie wurden<br />

Opfer und Täter. Der Krieg ist vorbei. Was<br />

geschieht nun mit den Kindersoldaten?<br />

Der achtjährige Carvin rennt um sein Leben. Durch die Straßen<br />

von Monrovia. Vorbei an den blutigen Körpern, die sich auf dem<br />

Boden krümmen und schreien. Weg von dem Feuer der Maschinengewehre.<br />

Den Explosionen der Granaten. Den Ruinen. Raus aus<br />

der Stadt. Tagelang irrt er umher. In einem kleinen Dorf findet er<br />

endlich Hilfe. „Du siehst hungrig aus,“ sagt ein freundlicher Mann.<br />

„Willst Du was zu essen und einen Platz zum Schlafen?“ „Jaaaa“,<br />

sagt Carvin und folgt dem Mann. Er nimmt den Jungen mit in ein<br />

Ausbildungslager, wo Kinder zu Soldaten gedrillt werden. Carvin<br />

wehrt sich nicht. Denn er hat viele tote Kinder gesehen. Sie<br />

verhungerten. Oder wurden erschossen. Und Carvin hatte<br />

etwas gelernt: Soldaten hungern nicht. Und Soldaten können<br />

sich wehren.<br />

„Ich will sehen, wer von euch ein guter Soldat werden kann“, brüllt<br />

der Kommandeur. Carvin muss mit den anderen Kindern 100<br />

Meter unter einem Stacheldraht durchkriechen. „Kopf runter“,<br />

sagt sich Carvin und drückt sich in den Dreck. Denn die Ausbilder<br />

schießen mit Maschinengewehren knapp über den Stacheldraht<br />

und über die Köpfe der Kinder hinweg. Carvin robbt um sein<br />

Leben, scheuert sich Ellenbogen und Knie wund. „Du bist ein guter<br />

Soldat“, sagt der Ausbilder. Carvin ist froh. Er blickt nach hinten<br />

und sieht einen anderen Jungen unter dem Stacheldraht. Er ist<br />

kein guter Soldat. Er ist tot.<br />

AKTION VOLLTREFFER | PROJEKTTAG GYMNASIUM<br />

Getroffen von einer Kugel des Ausbilders. Dann bekommt<br />

Carvin eine Kalaschnikow und etwas zu essen. Er zieht in den<br />

Krieg. Rund 15.000 Kinder kämpfen in dem siebenjährigen<br />

Bürgerkrieg. Als das Land ausgeblutet ist und die westafrikanische<br />

Friedenstruppe für einen Waffenstillstand sorgt, gibt<br />

Carvin sein Maschinengewehr ab. Wo seine Eltern leben, weiß er<br />

nicht. Der heute l5-Jährige müsste als Straßenkind in Monrovia<br />

ums Überleben kämpfen. Doch er hat Unterschlupf gefunden in<br />

„Virginia“, einem Rehabilitationszentrum für Kindersoldaten.<br />

Der Salesianerorden hat es auf einem idyllischen grünen Hügel<br />

außerhalb der Hauptstadt für rund 20 Kinder und Jugendliche<br />

eingerichtet. „Die ersten vier Wochen sind am schwierigsten“,<br />

erzählt der 36-jährige Betreuer Moko Dennis. Befehl und Gehorsam,<br />

Plündern und Töten waren die Gesetze der Kindersoldaten,<br />

„jetzt müssen sie plötzlich soziales Verhalten lernen und Rücksicht<br />

nehmen.“ Aus einem kleinen Streit wird schnell eine Prügelei.<br />

Blaue Flecken lassen sich nicht immer vermeiden.<br />

„Ich bin froh, dass ich hier sein kann“, lächelt Carvin. Ein Mehrbettzimmer<br />

in Virginia ist sein neues Zuhause. Neuankömmlinge<br />

teilen sich ein Zimmer mit einem älteren Jugendlichen, der<br />

schon länger in dem Zentrum wohnt und für Ordnung sorgt. Carvin<br />

lebt sich gut ein. Nach wenigen Wochen spricht er von seinen<br />

„Freunden“ in Virigina. Es sind Burschen, die einmal auf der anderen<br />

Seite der Front kämpften. Zeit zum Grübeln bleibt Carvin<br />

kaum. „Wir wollen den Kindern etwas Anständiges beibringen“,<br />

erklärt Moko Dennis. Carvin muss wie die anderen Jungen seine<br />

Wäsche selber waschen, die Schweine füttern, das Essen kochen,<br />

den Hof kehren, seine Schulaufgaben machen und in der Lehrlingsschreinerei<br />

an seinem selbstgezimmerten Schrank weiterarbeiten.<br />

COMIC<br />

Malt einen Comic zur Geschichte von Carvin aus Liberia. Jede/r greift sich<br />

eine Situation aus der Geschichte heraus und malt die Situation im Leben<br />

Carvins. Danach fügt ihr den Comic wieder in der Reihenfolge der Geschichte<br />

des Kindersoldaten zusammen.<br />

MATERIAL: Zeichenpapier A3 oder A4, großes Plakat<br />

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