Belarus- - Internationales Bildungs
Belarus- - Internationales Bildungs
Belarus- - Internationales Bildungs
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
„Manchmal verschiedene Ziele“<br />
<strong>Belarus</strong>-Perspektiven Herbst 2006 Nr. 34<br />
Innenpolitik<br />
(Ms) Vor den regionalwahlen haben sich vier Oppositionsparteien unter Ausschluss der „Volksfront“<br />
auf ein Wahlbündnis geeinigt. der „Volksfront“-Vorsitzende Wintschuk Wjatschorka bezeichnete die<br />
Gruppe als „Koalition der Moskautreuen“. bricht die oppositionelle Koalition entzwei?<br />
Es scheint, als sei die belarussische<br />
Opposition wieder dort angekommen,<br />
wo sie vor einem Jahr war: In<br />
traditioneller Zerstrittenheit und<br />
jahrelang gepflegter Lagermentalität.<br />
Die Partei der <strong>Belarus</strong>sischen<br />
Kommunisten, die Vereinte Bürgerpartei,<br />
die Sozialdemokratische<br />
Partei (Versammlung) sowie die<br />
illegale Partei der Arbeit einigten<br />
sich Ende August auf eine gemeinsame<br />
Strategie bei den für Januar<br />
angesetzten Regionalwahlen. Was<br />
diese eint, ist ihre Unzufriedenheit<br />
mit der <strong>Belarus</strong>sischen Volks-<br />
front (BNF) und dem Führer der<br />
Oppositionskoalition Alexander<br />
Milinkewitsch. Der BNF-Vorsitzende<br />
Wintschuk Wjatschorka<br />
warf den vier Parteien denn auch<br />
vor, sie wollten sich „von der Front<br />
getrennt positionieren und die<br />
Kräfteverteilung in der Koalition<br />
zerstören“. Der Wahlkampfleiter<br />
der Bürgerpartei Anatolij Pawlow<br />
erklärte daraufhin, es gebe in der<br />
Koalition schlichtweg unterschiedliche<br />
Einstellungen zu den Wahlen:<br />
„Während andere noch reden,<br />
handeln wir“. Oppostionsführer<br />
Milinkewitsch indessen bekannte<br />
im Interview mit der Zeitung<br />
„BelGazeta“, es gebe eine handfeste<br />
Krise in der Koalition. Dies<br />
liegt nach seiner Meinung daran,<br />
dass die Koalitionäre „teilweise<br />
unterschiedliche Ziele“ hätten.<br />
Anscheinend ist eingetreten, was<br />
Beobachter des Oppositionsbündnisses<br />
von Anfang an vermutet<br />
hatten: Ein Auseinanderdriften<br />
aufgrund chronischer inhaltlicher<br />
Inkompatibilität der Parteien und<br />
persönlicher Ambitionen, die Gift<br />
für jede Koalition sind.<br />
Oppositionelle Kommunisten vor dem Aus<br />
(MS) Die oppositionelle Partei der <strong>Belarus</strong>sischen Kommunisten (PBK) steht wohl kurz vor ihrer Auflösung<br />
durch das Justizministerium. Noch war keiner der staatlichen Versuche erfolgreich - aber die Parteiführung<br />
plant schon für die Zeit nach dem Verbot. Ihr Ziel: die schaffung eines blockes linker Parteien.<br />
Gleich mehrere staatstreue Einrichtungen<br />
nahmen sich einer der<br />
größten oppositionellen Parteien<br />
des Landes an. Zunächst hatte<br />
die regimetreue <strong>Belarus</strong>sische<br />
Kommunistische Partei (BKP)<br />
einen Parteitag zur Vereinigung<br />
der beiden Parteien initiiert. Der<br />
Versuch schlug fehl, denn die<br />
Oppositionellen blieben dem<br />
Parteitag fern. Nun ließ das belarussische<br />
Justizministerium Mitte<br />
August verlauten, die Partei habe<br />
sich bei der Registrierung ihres<br />
Minsker Büros 1999 nicht an das<br />
Gesetz „Über die Parteien“ von<br />
2005 gehalten. Ein offensichtliches<br />
Paradox, auf das auch der Sekretär<br />
der Oppositionspartei Valerij<br />
Uchnalev hinwies. „Man muss<br />
kein Jurist sein, um zu wissen, dass<br />
Gesetze nicht rückwirkend angewandt<br />
werden können“, erklärte<br />
der Politiker.<br />
Diese Unsauberkeit schien auch<br />
dem Ministerium unangenehm<br />
zu sein, so dass es bald mit einem<br />
neuen Trumpf aufwartete: Die<br />
PBK solle vollständige Listen ihrer<br />
Mitglieder vorlegen. Die Partei<br />
weigerte sich erwartungsgemäß<br />
und strengte einen Prozess gegen<br />
das Ministerium an. Parteiführer<br />
Sergej Kaljakin erklärte der<br />
Nachrichtenagentur BelaPAN,<br />
die Forderung sei gesetzeswidrig:<br />
„Im Gesetz ist davon keine Rede.<br />
Im Gegenteil, die Bürger dürfen<br />
nach belarussischem Recht nicht<br />
gezwungen werden, in offiziellen<br />
Papieren ihre Parteizugehörigkeit<br />
anzugeben“, meinte Kaljakin. Er<br />
fürchtet, dass mit Hilfe der Listen<br />
politischer Druck auf Mitglieder<br />
ausgeübt werden könne. Indessen<br />
scheint sich auch Kaljakin bewusst<br />
zu sein, dass seine Partei im Streit<br />
mit dem Staat unterliegen wird.<br />
Deshalb sieht sich der Chef der<br />
größten linken Oppositionspartei<br />
nach Mitstreitern um - und findet<br />
offene Türen. „Die Zeit ist reif,<br />
eine Union der linken Parteien zu<br />
schaffen“ erklärte Alexander Ko-<br />
sulin, Vorsitzender der <strong>Belarus</strong>sischen<br />
Sozialdemokratischen Partei<br />
und Ex-Präsidentschaftskandidat.<br />
Kosulin verbüßt gerade eine<br />
fünfeinhalbjährige Haftstrafe und<br />
ist politisch kaltgestellt. Somit ist<br />
er genauso auf Verbündete angewiesen<br />
wie die Kommunisten. Die<br />
harte Linie des Staates könnte also<br />
mittelfristig zur Konsolidierung<br />
des zersplitterten linken Flügels<br />
im Lande führen. Anscheinend<br />
spielen die Parteien das Szenario<br />
schon sehr konkret durch, denn<br />
der Pressesprecher der Kommunisten<br />
Sergej Vasnjak erklärte<br />
Ende September, seine Partei spreche<br />
sich für eine „Union der linken<br />
Kräfte aus, die neu registriert wird<br />
und legal arbeiten kann“. Wenn<br />
die Parteiführer tatsächlich ihre<br />
Ambitionen zugunsten eines solchen<br />
Bündnisses ablegen, könnte<br />
dieses durchaus Perspektive haben.<br />
Denn viele <strong>Belarus</strong>sen befürworten<br />
„linke“ Programmpunkte<br />
wie soziale Gleichheit und einen<br />
starken Staat.