Belarus- - Internationales Bildungs
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Innenpolitik<br />
Sicherheitsrat kümmert sich um Radio<br />
(Alexander dautin, Minsk) Präsident Lukaschenko hat die Verantwortlichkeiten in der belarussischen<br />
radiolandschaft neu verteilt. Mit dem Anweisung Nr. 473 wird die Kontrolle von radiokanälen nicht<br />
mehr dem Ministerium für Kommunikation unterstehen, sondern dem sicherheitsrat.<br />
Die neue geschaffene Kommission<br />
im Sicherheitsrat der Republik<br />
<strong>Belarus</strong> hat nun das Recht, Entscheidungen<br />
der alten Kommission<br />
des Informationsministeriums<br />
rückgängig zumachen. Dies tat der<br />
Sicherheitsrat jedoch wohlweislich<br />
nicht. Bereits heute werden 98<br />
Prozent der Radiokanäle von den<br />
belarussischen Sicherheitsorganen<br />
genutzt. Verständlicherweise<br />
wollte der Sicherheitsrat den eigenen<br />
Interessenvertretern nicht<br />
Sendeplätze wegnehmen, um sie<br />
den Bürgern zur Verfügung zu<br />
stellen. Warum verlegte Präsident<br />
Lukaschenko also die Zuständigkeit<br />
für die Sendeplätze?<br />
Neue eINNAHMequeLLe<br />
Beobachter gehen davon aus,<br />
dass Lukaschenko den Sicherheitsrat<br />
mit mehr Verantwortung<br />
und mehr finanziellen Mitteln<br />
ausstatten wollte. Denn mit den<br />
Sendeplätzen verdient der belarussische<br />
Staat viel Geld. Bis vor<br />
kurzem hatte der Sicherheitsrat<br />
zwar Einfluss auf die Verteilung<br />
der Sendeplätze, bekam jedoch<br />
keinen Anteil an den Einnahmen.<br />
Deshalb unterschrieb Alexander<br />
Lukaschenko im April diesen<br />
Jahres die Anweisung Nummer<br />
240, nach der nachwirkend ab dem<br />
ersten Januar 2006 die Nutzer von<br />
Radiosendeplätzen für ihr Privileg<br />
zahlen mussten.<br />
KOMPLIZIerTes sysTeM<br />
Staatliche Einrichtungen wurden,<br />
wie so oft, verschont. Sie müssen<br />
einen symbolischen Beitrag von<br />
etwa 150 Euro im Jahr zahlen.<br />
Für private Eigentümer von Radiokanälen<br />
wurde eine jährliche<br />
Zahlung eingeführt, deren Höhe<br />
„von der Art des Radiodienstes,<br />
der Technik, des kommerziellen<br />
Erfolges und den<br />
Zielen der Nutzung abhängt,<br />
außerdem von der Weite der<br />
Radiowellen, dem erreichten<br />
Gebiet und dem Standort des<br />
Radiosendegerätes sowie der<br />
Zeit, für die das Recht einer<br />
Nutzung vorliegt.“ Die Beamten<br />
berücksichtigten praktisch<br />
alle Faktoren, die auch nur in<br />
entferntester Weise mit der<br />
Nutzung von Radiokanälen zu<br />
tun haben. Allerdings schien<br />
das noch nicht genug zu sein. Das<br />
Informationsministerium überarbeitete<br />
das Papier, so dass die<br />
Regierung im Juli eine Anweisung<br />
verabschiedete, die mehr Ähnlichkeit<br />
mit einem Universitätslehrbuch<br />
für Algebra denn mit einem<br />
Gesetz hat. Tatsächlich gelang es<br />
dem Ministerium, eine Formel<br />
für die Errechnung der Gebühr zu<br />
ersinnen. Sie enthält im Gegensatz<br />
zu dem ersten Entwurf zusätzliche<br />
Koeffizienten, die noch Sendeart<br />
und Sendeort berücksichtigen.<br />
Interessanterweise ist sogar der<br />
niedrigste Koeffizient (im Grodnoer<br />
Gebiet) höher als 1, so dass<br />
sich die Gebühr für alle privaten<br />
Sender automatisch erhöhte. Eine<br />
andere interessante Kleinigkeit ist<br />
die Abhängigkeit von der Höhe, in<br />
der die Sendestation angebracht<br />
ist.<br />
GOLdeseL MObILfuNK<br />
Für die belarussischen Mobilfunkanbieter<br />
wurde der höchste<br />
Koeffizient eingeführt. Ihre Gebühr<br />
erhöht sich automatisch um<br />
das zehnfache. Gleichzeitig fordert<br />
das Informationsministerium von<br />
den Anbietern immer bessere<br />
Netze, so dass auch belarussische<br />
Bauern in der Provinz am Mobilzeitalter<br />
teilhaben können. Bereits<br />
heute können <strong>Belarus</strong>sen in allen<br />
Kleinstädten mobil telefonieren.<br />
Kleine Siedlungen in das Sendekonzept<br />
miteinzubeziehen, lohnte<br />
sich bisher für die Anbieter nicht.<br />
Mit der Einführung der Gebühr<br />
würde es zu einem grandiosen<br />
Verlustgeschäft. Somit verdient<br />
der Staat zwar mehr an den Anbietern,<br />
verhindert gleichzeitig<br />
jedoch, dass sich der Handyempfang<br />
auf dem Land verbessert.<br />
sTAATLICHe PrIOrITäTeN<br />
Beobachter weisen vor allem<br />
darauf hin, dass der Präsident<br />
nicht zufällig eine der wichtigsten<br />
sicherheitspolitischen Strukturen<br />
des Landes mit neuen Kompetenzen<br />
und Einflussmöglichkeiten<br />
ausgestattet hat. Der Sicherheitsrat<br />
gewinnt somit an Gewicht im<br />
politischen System von <strong>Belarus</strong>,<br />
in dem zentralistische staatliche<br />
Einrichtungen untereinander um<br />
Einfluss und Finanzmittel konkurrieren.<br />
So stärkt der Präsident die<br />
Sicherheitspolitiker und entzieht<br />
der „zivilen“ Exekutive, hier dem<br />
Informationsministerium, bedeutende<br />
Ressourcen.<br />
<strong>Belarus</strong>-Perspektiven Herbst 2006 Nr. 34