Belarus- - Internationales Bildungs
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Radio hat Zukunft, Fernsehen kaum<br />
<strong>Belarus</strong>-Perspektiven Herbst 2006 Nr. 34<br />
Außenpolitik<br />
In Vilnius diskutierten im september Medien- und Politikvertreter aus belarus und der eu über die Zukunft<br />
unabhängiger radio- und fernsehsender für belarus. Wir baten den Leiter des belarus-Programmes<br />
der deutschen Welle, Viktor Agajev, die ergebnisse der Konferenz zusammenzufassen.<br />
(Viktor Agajev, Bonn) Der Europarat,<br />
die Litauische Bürgerschutz-<br />
Stiftung und das oppositionelle<br />
Komitee der Demokratischen<br />
Kräfte hatten den Runden Tisch organisiert,<br />
damit über die Probleme<br />
und Möglichkeiten des „alternativen“<br />
Fernsehens und Hörfunks in<br />
<strong>Belarus</strong> diskutiert werden konnte.<br />
<strong>Belarus</strong>sische Oppositionspolitiker<br />
konnten Meinungen von<br />
Medienexperten kennenlernen<br />
und mit ihnen die Konzepte für<br />
unabhängige Radio- und Fernsehsender<br />
erörtern. Die Vertreter<br />
der belarussischen Opposition<br />
formulierten ihre Ziele folgendermaßen:<br />
Es müsse ein Fernseh- und<br />
Hörfunksystem entwickelt werden,<br />
das Dissidenten, aber auch<br />
einfache Bürger mit objektiven<br />
und zuverlässigen Information<br />
versorgt; <strong>Belarus</strong>sen müssten für<br />
demokratische Ideale gewonnen<br />
werden; die belarussische Kultur<br />
müsse gefördert werden; es müsse<br />
eine Bühne für die demokratischen<br />
Politiker aus <strong>Belarus</strong> und anderen<br />
Ländern entstehen. Teilnehmer<br />
der Diskussion waren sich darin<br />
einig, dass die personelle Ausstattung<br />
des alternativen Hörfunks<br />
und Fernsehens keine unlösbare<br />
Frage sei, es mangele jedoch an<br />
Technik und Sendekapazitäten.<br />
VIer rAdIOseNder<br />
Momentan senden nur vier von<br />
Lukaschenkos Regierung unabhängige<br />
Hörfunksender für <strong>Belarus</strong>:<br />
Die Deutsche Welle (DW), das<br />
amerikanisch finanzierte Radio<br />
Liberty (RL) sowie die polnischen<br />
Sender Radio Raziya und das Europäische<br />
Radio für <strong>Belarus</strong>. Die<br />
DW und RL senden im Kurz- und<br />
Mittelwellenbereich sowie über<br />
Satellit und im Internet. Radio<br />
Raziya sendet auf UKW, allerdings<br />
können <strong>Belarus</strong>sen den Sender<br />
wegen seines schwachen Signals<br />
nur im direkten Grenzbereich zu<br />
Polen empfangen. Eine Internetübertragung<br />
ist im Aufbau. Das<br />
Europäische Radio für <strong>Belarus</strong><br />
wird übers Internet übertragen<br />
sowie über Mittelwelle. In <strong>Belarus</strong><br />
kann man es schlecht empfangen.<br />
Das Problem besteht darin, dass<br />
<strong>Belarus</strong>sen vornehmlich UKW-<br />
Radio hören, die Sendeplätze<br />
aber vom belarussischen Staat<br />
vergeben werden. Die Reichweite<br />
von UKW-Sendern ist indes zu gering.<br />
Für den Kurzwellenempfang<br />
werden recht teure Empfänger<br />
benötigt, die in <strong>Belarus</strong> nur noch<br />
Radioliebhaber nutzen. Billigere<br />
Geräte garantieren keine gute<br />
Empfangsqualität. Gleichzeitig<br />
wurden aber durch Sparmaßnahmen<br />
die Frequenzen der DW und<br />
RL reduziert, was zu Lasten der<br />
Empfangsqualität geht. Internet<br />
und Satellit sind ebenfalls keine<br />
Alternativen, weil beide von <strong>Belarus</strong>sen<br />
kaum zum Radioempfang<br />
genutzt werden und relativ gering<br />
verbreitet sind.<br />
VersTäNdIGuNG<br />
Die vier Radiosender strahlen derzeit<br />
ihre Sendungen - neben den<br />
bereits genannten Verbreitungswegen<br />
- auch auf Mittelwelle aus,<br />
über eine Sendeanlage von Radio<br />
Baltic Waves in Litauen. Die Leistung<br />
dieser Anlage reicht jedoch<br />
nicht aus, um das gesamte Territorium<br />
von <strong>Belarus</strong> abzudecken.<br />
Die Teilnehmer der Diskussion in<br />
Vilnius haben sich darauf verständigt,<br />
dass es sinnvoller wäre, die<br />
Kräfte aller beteiligten elektronischen<br />
Medien und der Sponsoren<br />
zu bündeln, um einen leistungsfähigeren<br />
Sender bei Radio Baltic<br />
Waves zu installieren und ein<br />
gemeinsames Übertragungsnetz<br />
zu schaffen. Eine derartige Zusam-<br />
menarbeit hätte auch inhaltliche<br />
Synergieeffekte zur Folge - die<br />
Sender könnten sich auf Themenbereiche<br />
spezialisieren und inhaltliche<br />
Dopplungen vermeiden. Das<br />
Europäische Radio für <strong>Belarus</strong> will<br />
sich als Musik- und Informationssender<br />
für Jugendliche profilieren,<br />
die DW und RL würden schwerpunktmäßig<br />
neben aktuellen<br />
Informationssendungen auch analytische<br />
Programme ausstrahlen.<br />
Dabei ist zu beachten, dass RL nur<br />
auf <strong>Belarus</strong>sisch sendet, während<br />
die DW auf Russisch und <strong>Belarus</strong>sisch<br />
ausgestrahlt wird - was die<br />
tatsächliche Sprachsituation im<br />
Zielland widerspiegelt.<br />
ferNseHeN<br />
Das Satellitenfernsehen wurde<br />
auf der Konferenz als zukunftsträchtiges<br />
Medium betrachtet, weil<br />
immer mehr <strong>Belarus</strong>sen Satellitenanlagen<br />
benutzen. Allerdings<br />
stagniert die Anzahl der Satellitenempfangsanlagen<br />
momentan bei<br />
ca. 5 % der Gesamtbevölkerung.<br />
Eines der Hauptprobleme des<br />
Mediums Fernsehens sind die<br />
Finanzen. Es fehlt ein professionelles<br />
Fernsehzentrum für <strong>Belarus</strong><br />
im Ausland, in dem technisch als<br />
auch inhaltlich hochwertige Sendungen<br />
produziert und per Satellit<br />
ausgestrahlt werden könnten.<br />
Eine Akkreditierung bei den entsprechenden<br />
Behörden in <strong>Belarus</strong><br />
ist zudem unabdingbar, weil die<br />
Journalisten sonst eine Verhaftung<br />
riskieren. Selbst für die Einfuhr einer<br />
Kamera aus dem Ausland wird<br />
eine spezielle Erlaubnis benötigt.<br />
Der Wunsch der Teilnehmer des<br />
Runden Tisches, ein unabhängiges<br />
Fernsehen für <strong>Belarus</strong> ins Leben<br />
zu rufen, scheint angesichts dieser<br />
Hürden - vor allem angesichts der<br />
finanziellen Erfordernisse - kaum<br />
realisierbar.