Belarus- - Internationales Bildungs
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Außenpolitik<br />
Kein Zollunion in Sicht<br />
(Pauljuk bykowski, Minsk) Im August trafen sich die staats- und regierungschefs der eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft<br />
(eurAseC) in sotschi. sie wollten sich unter anderem auf eine Zollunion einigen<br />
- erfolglos, wie bereits im Juni in Minsk und in den letzten zehn Jahren des russisch-belarussischen „Integrationsprozesses“.<br />
Zudem sehen Wirtschaftsexperten nun in der eurAseC für belarus kaum Vorteile.<br />
Die Eurasische Wirtschaftsgemeinschaft<br />
ist, ähnlich wie der belarussisch-russische<br />
Unionsstaat, ein<br />
formaler Zusammenschluss mit<br />
großer Bürokratie und regelmäßigen<br />
Lippenbekenntnissen zum<br />
Integrationsprozess. Zwar hat<br />
die EURASEC den Status einer<br />
Wirtschaftsgemeinschaft, denn<br />
ihre formalen Ziele sind mit denen<br />
ähnlicher Organisationen<br />
in Nordamerika oder Asien vergleichbar:<br />
Ein Zusammenwachsen<br />
der Märkte durch Zollunion und<br />
gemeinsame Wirtschaftspolitik.<br />
Allerdings sind keinesfalls alle<br />
Mitgliedsländer an der Verwirklichung<br />
dieser Ziele interessiert.<br />
Die Gemeinschaft ging aus der<br />
1996 ins Leben gerufenen Zollunion<br />
zwischen Russland, <strong>Belarus</strong>,<br />
Kasachstan und Kirgisien hervor.<br />
Im Jahre 2000 unterschrieben die<br />
Staats- und Regierungschefs der<br />
sechs Mitgliedsländer in Kasachstan<br />
den EURASEC-Vertrag. Drei<br />
Jahre später wurde die EURASEC<br />
als Beobachter in der Generalversammlung<br />
der UNO zugelassen;<br />
ihre Beamten genießen seither<br />
parlamentarische Immunität.<br />
GrOsse VOrsäTZe<br />
Die EURASEC gruppiert sich<br />
um einen „Kern“, bestehend aus<br />
Russland, <strong>Belarus</strong> und Kasachstan.<br />
Daneben sind noch die Republiken<br />
Kirgisien, Tadschikistan<br />
und Usbekistan Mitglieder des<br />
Bündnisses, während Moldau, die<br />
Ukraine und Armenien als Beobachter<br />
zugelassen sind. Bereits vor<br />
drei Jahren versprachen die Staats-<br />
und Regierungschefs, bis heute<br />
eine Zollunion zu schaffen und<br />
so den Wahrenverkehr zwischen<br />
den Mitgliedsstaaten wesentlich<br />
zu vereinfachen. Tatsächlich wurde<br />
von über 70 Punkten, die man<br />
sich damals vornahm, bisher nicht<br />
einmal ein Drittel erfüllt.<br />
VersCHLePPuNG<br />
Kritiker bemängeln, dass die<br />
Mitglieder der EURASEC zu unterschiedlichen<br />
Interessen haben,<br />
um sich auf eine Zollunion einigen<br />
zu können, geschweige denn auf<br />
eine gemeinsame Wirtschaftspolitik.<br />
Denn alle EURASEC-Staaten<br />
werden autoritär regiert. Eine Abgabe<br />
der Zollhoheit würde einen<br />
Machtverlust der bürokratischen<br />
Apparate bedeuten. Daneben hat<br />
sich in der EURASEC inzwischen<br />
eine eigene Bürokratie entwickelt,<br />
die um ihre Pfründe kämpft, um<br />
nicht in der völligen Bedeutungslosigkeit<br />
zu versinken - einer der<br />
Gründe für die regelmäßigen<br />
Treffen.<br />
sCHLeCHTes VOrbILd<br />
Russland und <strong>Belarus</strong> haben bereits<br />
1995 einen Vertrag über eine<br />
Zollunion unterzeichnet, doch die<br />
Ergebnisse sind nach über zehn<br />
Jahren äußerst mager. Experten<br />
sprechen sogar von keiner echten<br />
Zollunion . „Eine tatsächliche Zollunion<br />
- das bedeutet gemeinsame<br />
Einfuhrzölle, keine Einschränkungen<br />
für den Warenverkehr<br />
innerhalb der Union. Das alles gibt<br />
es zwischen <strong>Belarus</strong> und Russland<br />
nicht“, erklärt der Wirtschaftswissenschaftler<br />
Leonid Slotnikov vom<br />
belarussischen Analysezentrum<br />
„Alternative 21“: „Die Zollunion<br />
existiert nur teilweise. Denn für<br />
mehr als tausend Waren gibt es<br />
nach wie vor unterschiedliche<br />
belarussische und russische Einfuhrzölle.“<br />
Zudem, unterstreicht<br />
Slotnikov, würden <strong>Belarus</strong> und<br />
Russland ihre Zollpolitik nicht untereinander<br />
abstimmen. Russland<br />
ignoriere sogar die belarussischen<br />
Interessen, so z. B. bei den Einfuhrzöllen<br />
für gebrauchte LKW,<br />
was den belarussischen Handel<br />
ernsthaft gefährde.<br />
KeINe VOrTeILe<br />
Sollte die EURASEC-Zollunion<br />
umgesetzt werden, so Slotnikov<br />
weiter, werde das kaum Vorteile<br />
für die belarussische Wirtschaft<br />
bringen. Denn neben Russland<br />
und <strong>Belarus</strong> engagiert sich vor allem<br />
Kasachstan in der EURASEC.<br />
Das Land liegt jedoch zu weit von<br />
<strong>Belarus</strong> entfernt, um als direkter<br />
Handelspartner von großem Interesse<br />
sein zu können. Es bleibt<br />
jedenfalls unwahrscheinlich, dass<br />
die Union jemals zustande kommt,<br />
denn die Hälfte der Mitglieder<br />
interessiert sich mehr dafür, Abkommen<br />
über die gemeinsame<br />
Nutzung von Wasser- und Energieressourcen<br />
in Zentralasien abzuschließen.<br />
Neutrale Beobachter<br />
fragen sich deshalb nach dem Sinn<br />
und Zweck dieser Organisation,<br />
die die Schaffung einer Zollunion<br />
als eines ihrer Ziele ausgibt.<br />
ZufrIedeNHeIT<br />
Dennoch ist <strong>Belarus</strong> mit dem<br />
Treffen in Sotschi zufrieden. „Man<br />
kann sagen, dass das Treffen, das<br />
ja zuerst als informeller Austausch<br />
gedacht war, einen weiteren wichtigen<br />
Beitrag zur Stärkung des<br />
Integrationsprozesses auf postsowjetischem<br />
Territorium geleistet<br />
hat“, erklärte nach dem Treffen<br />
der Beauftragte des belarussischen<br />
Präsidenten, Valentin Rybakov.<br />
„Soweit mir bekannt ist, hat der<br />
Präsident die Ergebnisse des Treffens<br />
zu schätzen gewusst.“<br />
EURASEC-Website: www.evrazes.com<br />
<strong>Belarus</strong>-Perspektiven Herbst 2006 Nr. 34