Belarus- - Internationales Bildungs
Belarus- - Internationales Bildungs
Belarus- - Internationales Bildungs
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Deutsche Ordnung in <strong>Belarus</strong><br />
Publikationen<br />
W. CurILLA: dIe deuTsCHe OrdNuNGsPOLIZeI uNd der HOLOCAusT IM bALTIKuM uNd<br />
IN WeIssrussLANd 1941-1944<br />
(Jan Clauss/Tanja Fichtner, Bonn)<br />
Der Autor bietet mit seinem Monumentalwerk,<br />
welches bereits<br />
in der zweiten Auflage erschien,<br />
„harte Kost“: Er untersucht die<br />
bisher historiographisch kaum<br />
aufgearbeitete Verflechtung der<br />
deutschen Ordnungspolizei mit<br />
der Geheimen Staatspolizei, der<br />
Kriminalpolizei sowie Reservisten<br />
der Waffen-SS im deutsch besetzten<br />
<strong>Belarus</strong>. Vom Sommer 1941 an<br />
führten deutsche Schutzpolizisten<br />
systematisch Massenerschießungen<br />
der Einwohner des Minsker<br />
Ghettos durch, allein zwischen<br />
dem 14. und dem 19.7.1941 sollen<br />
3386 Personen ermordet worden<br />
sein.<br />
Das ist nur eine von tausenden<br />
akribisch aufgeführten Opferzahlen,<br />
die das unvorstellbare<br />
Ausmaß der damals in <strong>Belarus</strong><br />
verübten Verbrechen deutlich machen.<br />
Aufschlussreich sind auch<br />
die Meldungen der Einsatzgruppe:<br />
„Vor allem haben sich die Liquidierungen<br />
eingespielt, die jetzt täglich<br />
in größerem Maße erfolgen. [...] In<br />
Doppelter Dialog<br />
Minsk ist nunmehr die gesamte jüdische<br />
Intelligenzschicht (Lehrer,<br />
Professoren, Rechtsanwälte usw.<br />
mit Ausnahme der Mediziner)<br />
liquidiert worden“ (S. 464).<br />
Das 1000-seitige Kompendium des<br />
Juristen und langjährigen ehemaligen<br />
Hamburger Senators Wolfgang<br />
Curilla besteht aber nicht<br />
nur aus Zahlen, Gerichtsurteilen<br />
und Dienstvorgängen. Eingestreut<br />
in nüchterne Auflistungen wirken<br />
die wenigen Augenzeugenberichte<br />
um so schockierender. Als<br />
1942 auch die ins Minsker Ghetto<br />
deportierten westeuropäischen<br />
Juden ermordet werden sollten,<br />
fürchtete man, Erschießungen<br />
würden zu lange dauern und<br />
setzte deshalb Gaswagen ein: „Das<br />
Wageninnere bot ein schreckliches<br />
Bild. Die Leichen waren über und<br />
über mit Blut, Erbrochenen und<br />
Exkrementen beschmutzt, auf dem<br />
Boden lagen Brillen, Gebisse und<br />
Haarbüschel“ (S. 486).<br />
Nicht nur Juden fielen dem Treiben<br />
der deutschen Ordnungspolizei in<br />
<strong>Belarus</strong> zum Opfer. Im September<br />
1941 wurden über 200 Psychiatriepatienten<br />
der Heilanstalt Nowinki<br />
bei Minsk vergast, erschossen<br />
und in die Luft gesprengt. Den<br />
Befehl dazu gab Heinrich Himmler,<br />
Reichsführer SS und Chef der<br />
Deutschen Polizei, persönlich,<br />
nachdem er Nowinki im August<br />
1941 besucht hatte.<br />
Das gründlich recherchierte, auf<br />
Gerichts- und Staatsanwaltlichen<br />
Entscheidungen 1949-1995<br />
basierende Werk bietet neben<br />
diesen Schilderungen einen umfangreichen<br />
wissenschaftlichen<br />
Apparat (insgesamt knapp 100<br />
Seiten), darunter ca. 40 Seiten Literaturverzeichnis,<br />
45 Seiten Orts-,<br />
Personen- Einheiten- und Dienststellenregister<br />
sowie zwei Seiten<br />
topographisch exakte Karten der<br />
besetzten Gebiete.<br />
Curilla, Wolfgang: Die deutsche Ordnungspolizei<br />
und der Holocaust im<br />
Baltikum und in Weißrußland 1941-1944,<br />
Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn,<br />
2., durchgesehene Auflage 2006, ISBN-10:<br />
3-506-71787-1, 1041 S., 68.- €,<br />
H. TIMMerMANN: dIe beZIeHuNGeN deuTsCHLANd-beLArus IM eurOPäIsCHeN KONTexT<br />
(MS) Wie gestaltet Deutschland<br />
seine außenpolitischen Beziehungen<br />
zu <strong>Belarus</strong>? Die Frage ist nicht<br />
einfach zu beantworten, weil die<br />
Bundesrepublik einerseits als Vertreter<br />
der EU in <strong>Belarus</strong> auftritt,<br />
sie aber andererseits aufgrund<br />
der guten zivilgesellschaftlichen<br />
Beziehungen eine Vorreiterrolle in<br />
Europa spielt. Deshalb ist Deutschland<br />
nicht zufällig „Vorkämpfer<br />
einer Politik, die die asymetrische<br />
doppelte Dialogstrategie gegenüber<br />
<strong>Belarus</strong> fortsetzt“, wie Heinz<br />
Timmermann es treffend in seiner<br />
Broschüre formuliert.<br />
Timmermann setzt sich als freier<br />
Mitarbeiter der Stiftung Wissenschaft<br />
und Politik seit geraumer<br />
Zeit mit der belarussischen Außenpolitik<br />
auseinander - sowohl<br />
im europäischen, als auch im<br />
russischen Kontext. Dadurch ist es<br />
ihm möglich, in seine sachkundige<br />
Analyse den wichtigen russischen<br />
Faktor einfließen zu lassen.<br />
Auf der einen Seite unterhält<br />
Deutschland Kontakte auf der zivilgeselschaftlichen<br />
und niederen<br />
Verwaltungsebene, andererseits<br />
übt es auf Regierungsebene un-<br />
zweideutige Kritik an der Verletzung<br />
von OSZE-Standards. Wie<br />
diese Strategie sich entwickelt hat,<br />
ist ebenso Thema der Broschüre<br />
wie die Perspektiven einer deutschen<br />
Demokratieförderung in<br />
<strong>Belarus</strong>. So ist sie sowohl für <strong>Belarus</strong>-Experten,<br />
als auch für Neulinge<br />
ein ausgezeichnetes Hilfsmittel,<br />
um die deutsch-belarussischen<br />
Beziehungen zu erfassen.<br />
Timmermann, Heinz: Die Beziehungen<br />
Deutschland-<strong>Belarus</strong> im europäischen<br />
Kontext. Mit einem Vorwort von Eberhard<br />
Heyken. Dortmund: IBB, 2006..<br />
<strong>Belarus</strong>-Perspektiven Herbst 2006 Nr. 34 1