Belarus- - Internationales Bildungs
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Kultur & Wissenschaft<br />
Zwei Schriftstellerverbände<br />
(Alexander dautin, Minsk) die Polizei hat im August das Haus des regimekritischen Verbandes der<br />
belarussischen schriftsteller (Vbs) wegen Mietrückständen geräumt. Gleichzeitig unterstützt Präsident<br />
Lukaschenko mit Geldern den vom staat initiierten „Verband der schriftsteller von belarus“ (Vsb).<br />
Der regimetreue VSB wird nun<br />
hauptsächlich auf Kosten der belarussischen<br />
Steuerzahler finanziert.<br />
Nach Meinung des VSB-Vorsitzenden<br />
und Parlamentsabgeordneten<br />
Nikolaj Tscherginez ist dies völlig<br />
normal. „Wir haben die Aufgabe,<br />
gute Schriftsteller zusammenzubringen.<br />
Sie sollen Literatur<br />
schreiben, die das Volk braucht...<br />
Natürlich wird der Staat versuchen,<br />
Literatur zu fördern, die<br />
sozusagen dem Geist des Volkes<br />
entspricht. Unsere Aufgabe: so viel<br />
wie möglich schreiben.“ Gleichzeitig<br />
empfahl Tscherginez seinen<br />
Kollegen des regimekritischen<br />
VBS, sich nicht mit Politik, sondern<br />
mit Literatur zu beschäftigen.<br />
POLITIK uNd LITerATur<br />
Die Vorsitzende des VBS, Svetlana<br />
Alexejewitsch, nannte diese Äußerung<br />
heuchlerisch, da Tscherginez<br />
selbst Politiker ist. „Soweit ich<br />
weiß, ist kein einziger ernsthafter,<br />
vom Volk geschätzter Schriftsteller<br />
in diesen neuen Verband<br />
eingetreten. Wenn man uns sagt:<br />
‚Macht keine Politik‘, dann soll<br />
das heißen: ‚Verhaltet euch loyal<br />
zur Staatsmacht‘.“ Sie erklärte außerdem,<br />
der Staat hoffe vor allem<br />
auf jene Schriftsteller, die auch<br />
über <strong>Belarus</strong> hinaus bekannt seien.<br />
Alexejewitsch selbst ist die meistgelesene<br />
belarussische Schriftstellerin<br />
in Europa. Sie meint, dass es<br />
„bei uns genügend ehrliche Leute<br />
gibt, die vielleicht nicht das ‚Haus<br />
der Literatur‘ gegen die Räumung<br />
verteidigen wollten, aber zumindest<br />
ihre Ehre verteidigen.“ Ihr<br />
stimmte der bekannte belarussische<br />
Poet Genadij Burawkin zu.<br />
Der 70-Jährige erklärte, Präsident<br />
Lukaschenko teile mit seiner Politik<br />
die Schriftsteller in „richtige“<br />
und „falsche“ auf. Der VBS stand<br />
Neue staatliche Universität<br />
zu Beginn des Jahres kurz vor der<br />
Schließung (BP berichtete).<br />
ZWeIerLeI MAss?<br />
Burawkin hält er es für unerhört,<br />
dass ein Schriftstellerverband aus<br />
seinem Domizil vertrieben werde,<br />
während der andere staatliche<br />
Unterstützung erfahre. Der Staat,<br />
findet er, richte sich in seiner<br />
Beziehung zu den Schriftstellern<br />
nach seinen politischen Ambitionen.<br />
Eine ganze Reihe namhafter<br />
belarussischer Schriftsteller der<br />
VBS, darunter auch der kürzlich<br />
verstorbene Vasil Bykow, hatten<br />
sich in der Opposition engagiert.<br />
Über den Platz eines Schriftstellers<br />
in der belarussischen Kultur,<br />
meint Burawkin, entscheide jedoch<br />
nur sein Talent, unabhängig<br />
von der politischen Linie. Und<br />
dieses Talent müsse der Staat auch<br />
unterstützen.<br />
(Andrej Alexandrowitsch, Minsk) Alexander Lukaschenko hat im september in Pinsk eine neue universität<br />
eröffnet. Diese soll Ökonomen ausbilden und ist Teil des Programmes zur Stärkung der Regionen.<br />
Nach Baranowitschi ist dies die<br />
zweite neue Universität des unabhängigen<br />
<strong>Belarus</strong>. Dass der<br />
Staat mit der neuen Hochschule<br />
Hoffnungen für die belarussische<br />
Ausbildungslandschaft verbindet,<br />
zeigt die Tatsache, dass sie vom<br />
Vorsitzenden der Nationalbank<br />
Petr Prokopowitsch geplant wurde.<br />
Die Universität ist Teil des<br />
Plans zur Entwicklung der Regionen,<br />
der kleinen und mittleren<br />
Städte des Landes. Dies erklärte<br />
Lukaschenko bei der Eröffnung.<br />
reGIONALes POTeNZIAL<br />
„Der Reichtum unseres Vaterlandes<br />
wird gemehrt durch Regio-<br />
nen, die eine starke Ressource für<br />
die Schaffung eines blühenden<br />
<strong>Belarus</strong> darstellen - eines Staates<br />
für unser Volk“, verkündete der<br />
Präsident. Um diese Ressourcen<br />
zu nutzen, erklärte er, seien Spezialisten<br />
nötig, die hart arbeiteten<br />
und in jedem Dorf und jeder Stadt<br />
moderne Lebensbedingungen<br />
schüfen. „Wir müssen eine Jugend<br />
erziehen, für die das Glück<br />
der Heimat höher steht als jedes<br />
ausländische Paradies“ untestrich<br />
Lukaschenko.<br />
GuTe AusbILduNG<br />
In der neuen Hochschule bestehen<br />
tatsächlich gute Bedingungen,<br />
dass die Studenten eine hochwertige<br />
Ausbildung bekommen, sich<br />
moderne Informationstechnologien<br />
aneignen und sich erholen können.<br />
Kein Zweifel - an Studenten<br />
wird es Pinsk nicht mangeln. In<br />
den letzten Jahren lässt sich ein<br />
interessanter Prozess beobachten:<br />
Minsker Abiturienten wollen in<br />
der Provinz eine Hochschulausbildung<br />
erhalten. Das mag in erster<br />
Linie an den Studiengebühren<br />
liegen. Mit der neuen Pinsker Universität<br />
wird dieser Prozess weiter<br />
angeregt, so dass die Minsker<br />
Hochschulen wenigstens teilweise<br />
vom Andrang entlastet werden,<br />
der an den Wirtschaftswissenschaftlichen<br />
Fakultäten herrscht.<br />
<strong>Belarus</strong>-Perspektiven Herbst 2006 Nr. 34