17.01.2013 Aufrufe

Belarus- - Internationales Bildungs

Belarus- - Internationales Bildungs

Belarus- - Internationales Bildungs

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

NGOs & Gesellschaft<br />

Nachhaltige Wohnungswirtschaft in <strong>Belarus</strong><br />

bernhard schwarz ist bei der Initiative Wohnungswirtschaft Osteuropa (IWO) e.V. zuständig für ein<br />

Projekt in der belarussischen Kleinstadt schodino. Ziel: Private Gemeinschaften von Wohneigentümern<br />

zu fördern, damit diese ihre Gebäude nach modernen Energiestandards sanieren. Im Interview erklärt<br />

schwarz, wie Gebäudesanierung „von unten“ funktioniert und was der belarussische staat davon hält.<br />

Das Interview führte Martin Schön.<br />

Herr Schwarz, wer braucht in <strong>Belarus</strong><br />

eigentlich Eigentümergemeinschaften?<br />

Bereits ab 1992 leitete <strong>Belarus</strong> per<br />

Gesetz die Privatisierung des staatlichen<br />

Wohnungsbestandes ein. Im<br />

Ergebnis sind bisher etwa 80 Prozent<br />

des vormals staatlichen Wohnungsbestandes<br />

in private Hand<br />

übergegangen. Die Privateigentümer<br />

sind jedoch nicht gemeinsam<br />

organisiert. Deshalb verkommt die<br />

Bausubstanz, bei der nachhaltigen<br />

Nutzung der Immobilien gibt es keine<br />

sichtbaren Fortschritte. Es bestehen<br />

weiter ungeklärte Eigentumsverhältnisse<br />

an Grund und Boden,<br />

aber auch am Gemeinschafts- und<br />

Sondereigentum.<br />

Aber gerade die Bildung neuer<br />

Eigentümerstrukturen ist Voraussetzung<br />

für den nachhaltigen Umgang<br />

mit dem Wohnungsbestand.<br />

Die Eigentümergemeinschaften<br />

übernehmen die Verwaltung. Sie<br />

entscheiden über die Höhe der<br />

Mietzahlungen, die Zahlungen<br />

gehen auf einem eigenen Konto<br />

der Eigentümergemeinschaft ein.<br />

Sie beschließen über die Verwendung<br />

der Gelder, den künftigen<br />

Verwalter, ausstehende Sanierungsmaßnahmen<br />

an den Gebäuden. Die<br />

Verwendung der Finanzen wird<br />

transparent, denn die Kontrolle erfolgt<br />

durch gewählte Revisoren.<br />

Diese Eigentümergemeinschaften<br />

übernehmen die Bestandssicherung<br />

ihrer Immobilien und lassen sie sanieren.<br />

Die entscheidende Aufgabe<br />

dabei ist die energetische Gebäudesanierung.<br />

Mit ihrer Hilfe müssen<br />

erhebliche Energieeinspareffekte<br />

und Reduzierungen von Energieverlusten<br />

erreicht werden.<br />

Sie wollten den Einwohnern eines Schodiner<br />

Plattenbaus helfen, sich gemeinsam<br />

zu organisieren. Hat es geklappt?<br />

Ja. Wir haben es gemeinsam mit den<br />

Projektpartnern geschafft, durch<br />

den Transfer von Know-how einen<br />

nachhaltigen Ansatz für die Bildung<br />

von Wohneigentümergemeinschaften<br />

in Mehrfamilienhäusern zu<br />

schaffen. Dazu führten wir gemeinsame<br />

Beratungen, Workshops und<br />

Schulungsveranstaltungen durch.<br />

Unsere Experten waren vor Ort<br />

tätig. Wir analysierten die Rahmenbedingungen,<br />

leiteten Handlungsempfehlungen<br />

ab, entwickelten<br />

Methoden zur Gründung der Gemeinschaften<br />

und begleiteten vor<br />

Ort die Bürger bei der Bildung der<br />

Eigentümergemeinschaft in der Derewjanko-Straße.<br />

Die Einwohner haben<br />

deutlich gemacht, dass sie eine<br />

Komplettsanierung des Gebäudes<br />

von der Stadtverwaltung erwarten<br />

- was genau unseren Zielen energiewirtschaftlicher<br />

Nachhaltigkeit entspricht.<br />

Damit haben nach unserer<br />

Kenntnis erstmals ehemalige Mieter<br />

eine Eigentümergemeinschaft in<br />

einem belarussischen Plattenbau gegründet.<br />

Jetzt benötigt der gewählte<br />

Vorstand nachhaltige Unterstützung<br />

beim Aufbau des kaufmännischen<br />

Managements und der technischen<br />

Bestandssicherung der Immobilie.<br />

Der Bürgermeister von Schodino<br />

hat seine Hilfe zugesagt.<br />

Für ein nachhaltiges Projekt braucht es<br />

zuverlässige Partner. Wer ist das für<br />

die IWO?<br />

Wir kooperieren in Schodino mit<br />

dem „Bürger-Informationsbüro“,<br />

dass für eines unserer vorherigen<br />

Projekte geschaffen wurde. Dessen<br />

Mitarbeiter haben bereits Erfahrung<br />

dabei, Bürger bei der Bildung von<br />

Eigentümergemeinschaften zu<br />

begleiten. Es hat sich zum stabilen<br />

Ansprechpartner für Bewohner,<br />

städtische Wohnungswirtschaft,<br />

Stadtverwaltung und Netzwerkpartner<br />

wie der Eigentümergemeinschaft<br />

„Otschag“ in Minsk<br />

entwickelt. Zudem arbeiten wir mit<br />

der Minsker Abteilung der Internationalen<br />

Umweltakademie und der<br />

staatlichen Wohnungsverwaltung<br />

in Schodino zusammen. Durch diese<br />

vielfältigen Kontakte auf staatlicher<br />

und nichtstaatlicher Ebene ist ein<br />

erfolgreicher Ablauf des Projektes<br />

möglich gewesen.<br />

Wie können andere belarusssische<br />

Wohneigentümer von ihrem Projekt<br />

profitieren?<br />

Die Projektergebnisse sind in eine<br />

russischsprachige Broschüre aufgenommen.<br />

Diese bietet einen<br />

Handlungsleitfaden für alle, die eine<br />

Eigentümergemeinschaft gründen<br />

wollen. Soweit wir einschätzen können,<br />

ist der Handlungsleitfaden als<br />

erstes diesbezügliches Hilfsmittel<br />

in <strong>Belarus</strong> erschienen. Die bisherigen<br />

Reaktionen von Wohneigentümern,<br />

Netzwerkpartnern und<br />

der Stadtverwaltung Schodino<br />

sind dementsprechend positiv.<br />

Eine neue, überarbeitete Auflage<br />

sollte gesammelte Erfahrungen<br />

von Eigentümergemeinschaften<br />

zusammenfassen: kaufmännisches<br />

Management, energetische Sanierung<br />

und rechtliche Konflikte.<br />

Nach dem Workshop sind bereits<br />

erste Synergieeffekte eingetreten.<br />

So informierte das Bürger-Informationsbüro<br />

die Stadtverwaltung Soligorsk<br />

über die Projektergebnisse.<br />

Des Weiteren wandten sich elf gründungswillige<br />

Wohneigentümer der<br />

Koslow-Straße aus Minsk an IWO<br />

0 <strong>Belarus</strong>-Perspektiven Herbst 2006 Nr. 34

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!