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Belarus- - Internationales Bildungs

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Wirtschaft<br />

Brücken bauen und Öl fördern<br />

(Andrej Alexandrowitsch, Minsk) belarus unterhält seit längerem gute beziehungen zu weitgehend isolierten<br />

staaten. Venezuela und Iran stehen seit neuestem weit oben auf der Prioritätenliste. doch bringen<br />

diese beziehungen auch den gewünschten Vorteil und die entlastung von russischen energieträgern?<br />

Als eine belarussische Delegation<br />

im September in der venezuelischen<br />

Hauptstadt Caracas eintraf,<br />

hatten die Vertreter von ihrem<br />

Präsidenten einen klaren Auftrag<br />

bekommen: Sie sollten ein belarussisch-venezuelisches<br />

Joint Venture<br />

zur Ölgewinnung und -verarbeitung<br />

schaffen. Weniger konkret<br />

war der kurz darauf folgende<br />

Besuch des iranischen Außenministers<br />

Manutschehr Mottaki in<br />

Minsk. Er kam vor allem, um sich<br />

der Freundschaft von <strong>Belarus</strong> zu<br />

versichern. Präsident Lukaschenko<br />

erklärte beim Treffen mit Mottaki,<br />

er sei an einer Intensivierung<br />

der Beziehungen interessiert. Bis<br />

vor einem Jahr noch hatte <strong>Belarus</strong><br />

intensive Beziehungen zum iranischen<br />

Erzfeind Irak gepflegt.<br />

sTANdOrT VeNeZueLA<br />

Die belarussische Führung will es<br />

im Bereich der wirtschaftlichen<br />

Zusammenarbeit mit Venezuela<br />

jedoch nicht bei der Ölförderung<br />

und -verarbeitung belassen.<br />

Minsk hofft, mehr Kalidünger<br />

nach Venezuela zu exportieren<br />

und aus Caracas Phosphordünger<br />

einzuführen. Zudem will die Regierung<br />

Venezuela als ständigen<br />

Lieferanten von Phosphaten und<br />

Apatiten gewinnen - Rohstoffe, die<br />

das Gomeler Chemiewerk benötigt.<br />

Minsk plant weiterhin, nach<br />

Südamerika Industrieprodukte<br />

und Agrartechnik zu liefern. Ein<br />

solch umfassender Wunschzettel<br />

mutet seltsam an, wenn man sich<br />

verdeutlicht, dass das Handelsvolumen<br />

zwischen beiden Ländern<br />

im vergangenen Jahr lediglich 13<br />

Mio. Euro betrug. Der plötzliche<br />

Aktionismus auf beiden Seiten war<br />

politisch motiviert: Er resultierte<br />

aus dem Treffen zwischen Hugo<br />

Chavez und Alexander Luka-<br />

schenko im Juli diesen Jahres, bei<br />

dem beide Präsidenten ein großes<br />

Interesse an engerer Zusammenarbeit<br />

bekundet hatten.<br />

„ALTerNATIVe“ eNerGIe?<br />

Seither setzt <strong>Belarus</strong> sehr viel<br />

auf die venezuelische Karte. Die<br />

Erwartungen sind, wie der Aufgabenkatalog<br />

der Minsker Delegation<br />

im September zeigte, hoch.<br />

Vielleicht zu hoch, wenn man<br />

berücksichtigt, dass belarussische<br />

Staatsbetriebe keinerlei Erfahrungen<br />

mit dem venezuelischen<br />

Investitionsklima haben. Andererseits:<br />

Die Auswahl an Ländern, die<br />

sich nicht nur wirtschaftlich, sondern<br />

auch politisch als verlässliche<br />

Partner für das heutige <strong>Belarus</strong><br />

erweisen könnten, ist wahrhaftig<br />

nicht groß. Selbst der „große Bruder“<br />

Russland droht immer öfter<br />

Erhöhungen der Energiepreise<br />

an, die sich <strong>Belarus</strong> nicht leisten<br />

kann. Deshalb muss sich Minsk<br />

nach neuen Energielieferanten<br />

umsehen. Hugo Chavez‘ Venezuela<br />

bietet sich an, denn es ähnelt<br />

in Staatsverständnis und Antiamerikanismus<br />

dem <strong>Belarus</strong> Lukaschenkos.<br />

Allerdings ist auch das<br />

venezuelische Investitionsklima<br />

teilweise mit dem belarussischen<br />

vergleichbar - vor allem, was die<br />

Unberechenbarkeit des Staates angeht.<br />

Erst vor kurzem verkündete<br />

der Präsident der Finanzkomission<br />

des venezuelischen Parlamentes,<br />

Rodrigo Kabesas, dass Venezuela<br />

vier Ölquellen privatisieren könne.<br />

Kabesas unterstrich, dass es für<br />

den Staat eine „Erniedrigung“ sei,<br />

bei den Ölförderungsprojekten<br />

lediglich einen Minoritätsanteil zu<br />

halten. <strong>Belarus</strong> drängt ungeachtet<br />

dessen mit verstärkter Kraft auf<br />

den venezuelischen Markt. Ein<br />

riskantes Unterfangen - wer weiß,<br />

wie lange Chavez seine Nationalisierer<br />

unter Kontrolle hat.<br />

sTANdOrT IrAN<br />

Eine ähnliche Situation ergibt sich<br />

in den Beziehungen zum Iran. Je<br />

dichter sich über dem islamischen<br />

Land die Wolken eines Embargos<br />

zusammenziehen, desto intensiver<br />

gestaltet es seine Wirtschaftsbeziehungen<br />

zu <strong>Belarus</strong>. Heute gibt es<br />

im Iran bereits einen Standort für<br />

den Zusammenbau von Teilen des<br />

belarussischen LKWs „MAZ“, ein<br />

ähnliches Projekt für den Traktor<br />

„<strong>Belarus</strong>“ ist in Arbeit. <strong>Belarus</strong> versucht<br />

außerdem verstärkt, sich auf<br />

dem Markt für Ölprodukte und<br />

Baumaterialien im Iran zu etablieren.<br />

Im Gegenzug eröffnete Iran<br />

vor kurzem ein Werk für seinen<br />

Kleinwagen „Samand“ bei Minsk.<br />

Die Aktivität darf nicht über die<br />

offensichtlichen Gefahren hinwegtäuschen:<br />

Falls im Zusammenhang<br />

mit dem iranischen Atomprogramm<br />

tatsächlich ein Embargo<br />

gegen den Iran verhängt werden<br />

sollte, wären, wie im Fall Irak, alle<br />

außenpolitischen Anstrengungen<br />

der <strong>Belarus</strong>sen umsonst gewesen.<br />

Venezuela und Iran haben als<br />

Standorte ihre Tücken - Investitionen<br />

sind aufgrund politischer Unwägsamkeiten<br />

immer mit einem<br />

Risiko verbunden. Gleichzeitig hat<br />

jedoch die belarussische Führung<br />

gute Kontakte zu jenen, die über<br />

Geld in beiden Ländern entscheiden:<br />

den Präsidenten. Das zeigten<br />

auch die Ergebnisse des Besuches<br />

der belarussischen Delegation<br />

in Caracas: Sie unterzeichneten<br />

Papiere zur Schaffung des von<br />

<strong>Belarus</strong> ersehnten Joint Ventures<br />

zur Förderung und Verarbeitung<br />

von Öl in einem Fördergebiet, das<br />

Präsident Chavez als „das größte<br />

der Welt“ bezeichnete.<br />

1 <strong>Belarus</strong>-Perspektiven Herbst 2006 Nr. 34

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