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Aus Theorie und Praxis<br />
Werteerziehung: Damit unsere Kinder<br />
widerständig werden<br />
Das kritische Potenzial christlicher Werte<br />
Werteerziehung im Kindergarten wird von unterschiedlichen Interessen<br />
bestimmt. Sie nimmt die Vorstellungen der Erzieherinnen und Träger,<br />
der Eltern und der Kinder selbst auf. Sie kann auf Anpassung und<br />
Konformität, aber auch auf Eigenständigkeit und kritische Distanz ausgerichtet<br />
sein. In ihrem Eintreten für Fairness, Achtsamkeit, Solidarität<br />
und Gemeinschaft hat die christliche Werteerziehung ein kritisches<br />
Potenzial gegenüber Moralvorstellungen, die den Einzelnen und seine<br />
indiviuellen Ziele in den Vordergrund rücken.<br />
VON PROF. DR. MATTHIAS HUGOTH<br />
Wenn man Eltern und Erzieher/innen in Kinder gär -<br />
ten fragt, wozu bereits mit Kindern im Vorschulalter<br />
eine Werteerziehung praktiziert werden soll, dann<br />
laufen die Antworten mehr oder weniger alle auf<br />
dasselbe Ziel hinaus: Die Kinder sollen so früh wie<br />
möglich lernen, für sich und andere Verantwortung<br />
zu übernehmen. Mit der „Ver antwortung für sich<br />
selbst“ verbinden sich meist Vorstellungen wie diese:<br />
auf die eigene Gesundheit Acht geben, seine<br />
Be ga bungen und Talente nutzen, selbstständig<br />
Ent schei dungen treffen und dafür geradestehen,<br />
sich dagegen schützen können, dass man von anderen<br />
über den Tisch gezogen wird. Mit der „Ver -<br />
ant wortung für andere“ ist meist gemeint: für die<br />
Schwächeren eintreten, Solidarität üben, zum Ge -<br />
lingen einer Freundschaft oder anderer Gemein -<br />
schaften beitragen, die Umwelt schützen, sich für<br />
Frieden und Gerechtigkeit engagieren, eigene In -<br />
teres sen den Interessen der Gemeinschaft, der<br />
Ge sellschaft, des Gemeinwohls unterordnen.<br />
Wie immer diese Verantwortung für sich und andere<br />
konkret gefüllt wird – im Grunde geht es stets<br />
um das eigene Wohlergehen und das anderer<br />
Men schen und um das Gelingen des Zusammenund<br />
des gesellschaftlichen Lebens. Sollen die damit<br />
verbundenen Ziele im Einzelnen erreicht werden,<br />
verlangt das viel an Wissen und Können bei<br />
Eltern und Erzieher/innen gleichermaßen. Und<br />
wenn diese Werteerziehung gelingt, die Kinder also<br />
befähigt werden, einmal die Kompetenzen des<br />
ethischen Urteilens, des sozialen und umweltengagierten<br />
Handelns, des gemeinschaftlichen Le -<br />
bens und der Sorge für sich selbst zu entwickeln,<br />
dann haben Eltern und Erzieher/innen Ver dienst -<br />
volles geleistet.<br />
12<br />
Wer hat Interesse an einer<br />
Werteerziehung in Kinder tages -<br />
einrichtungen?<br />
Beim Abwägen der Gründe und Motive einer<br />
Werte erziehung wird deutlich, dass unterschiedliche<br />
Interessen zu bedenken sind: Die Interessen<br />
der Kinder, die Interessen der Erzieher/innen, der<br />
Eltern, der Gesellschaft und bei konfessionellen<br />
Einrichtungen die Interessen der Kirche.<br />
1. Werteerziehung im Interesse des Kindes<br />
Die folgende Beschreibung des Nutzens der<br />
Werteerziehung für die Kinder bezieht sich auf<br />
das, was diese einmal brauchen, um in dieser<br />
Ge sell schaft als souverän und verantwortlich<br />
entscheidende und handelnde Menschen bestehen<br />
zu können. Die Werteerziehung in der<br />
Kita ist eminent wichtig, weil hier die Grund -<br />
lagen für Kompetenzen gelegt werden, die die<br />
Kinder später erwerben müssen.<br />
Werteerziehung hat eine stabilisierende<br />
Funk tion.<br />
Wertebildung dient Kindern zur Orientierung<br />
und Standortfindung in einer komplexen Le -<br />
benswelt, in der sie mit divergierenden und<br />
oft auch widersprüchlichen Werte hal tungen<br />
von Erwachsenen konfrontiert werden.<br />
Werteerziehung hat die Funktion der Stär -<br />
kung der Entscheidungs- und Hand lungs -<br />
kompe tenz der Kinder.<br />
Bei ihrer Suche nach dem, was für sie maßgebend<br />
ist, müssen Kinder die Chance erhalten,<br />
Werte kennen- und unterscheiden<br />
zu lernen und ihre handlungsleitende Funk -<br />
tion zu erfahren.<br />
Werteerziehung hat eine kompensatorische<br />
Funktion für Kinder, die einen ek latanten<br />
Mangel an Stabilität ihrer Lebens welt erfahren.<br />
Kinder erleben schon sehr früh, dass die<br />
Ge meinschaft der Menschen von Werten<br />
bestimmt wird. Zu einer solchen Wertege -<br />
mein schaft zu gehören, entspricht dem Ver -<br />
wur zelungs bedarf der Kinder.<br />
Werteerziehung hat eine persönlichkeitsstärkende<br />
Funktion.<br />
Kinder wollen und sollen selbstbestimmte<br />
und souveräne Menschen werden. Werte er -<br />
ziehung kann fordern, indem sie Kinder ermutigt<br />
und auffordert, sich für Werte zu entscheiden,<br />
vor anderen zu dieser Ent -<br />
scheidung zu stehen und das eigene Ver -<br />
halten und Handeln danach auszurichten.<br />
2. Werteerziehung im Interesse der Eltern<br />
Eltern wissen in der Regel darum, dass Werte<br />
eine Ressource für das Leben sind. Ferner ist<br />
das Zusammenleben in der Familie leichter,<br />
wenn sich alle weitgehend an die gleichen<br />
Werte und die daraus abgeleiteten Nor men<br />
und Regeln halten. Schließlich wollen sie, dass<br />
sich ihre Kinder einmal in der von unterschiedlichen<br />
Werten bestimmten Er wach sen enwelt<br />
zurechtfinden und behaupten. Und die Kinder<br />
sollen auch sich selbst wertschätzen und gut<br />
für sich sorgen können.<br />
3. Werteerziehung im Interesse der<br />
Erziehe r/in nen<br />
Die Interessen der Erzieher/innen dürften sich<br />
auf einer Werteerziehung zur Stärkung der<br />
Per sönlichkeit der Kinder (Stärkung des<br />
Selbst wert gefühls, Befähigung zur Eigen ver -<br />
ant wor tung) und zur Entwicklung sozialer Ein -<br />
stellungen und Ver hal tens weisen konzentrieren.<br />
Ferner dürften auch Erzieher/innen daran<br />
interes siert sein, dass ihre Kinder lernen, sich<br />
einmal in der wertepluralistischen Gesellschaft<br />
zu orientieren, souverän zu entscheiden und