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Abschlussbericht - Pflanzenernährung - Universität Bonn

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<strong>Abschlussbericht</strong><br />

Nährstofftrennung und –verwertung in der<br />

Abwassertechnik am Beispiel<br />

der „Lambertsmühle“<br />

Andreas Bastian *) , Catrin Bornemann *) , Miriam Hachenberg *) , Martin Oldenburg **) , Maike<br />

Schmelzer **)<br />

*)<br />

Wupperverband, Untere Lichtenplatzer Str. 100, 42289 Wuppertal<br />

**)<br />

OtterWasser GmbH, Engelsgrube 81, 23552 Lübeck<br />

Andrea Butzen, Friedrich Werres, Peter Balsaa<br />

IWW Rheinisch-Westfälisches Institut für Wasserforschung gemeinnützige GmbH<br />

Institut an der <strong>Universität</strong> Duisburg-Essen, Moritzstraße 26, 45476 Mülheim an der Ruhr<br />

Rudolf J. Schneider<br />

IPE Institut für <strong>Pflanzenernährung</strong>, <strong>Universität</strong> <strong>Bonn</strong>, Karlrobert-Kreiten-Str. 13, 53115 <strong>Bonn</strong><br />

Jan Mauritz Kaub, Jörg Londong<br />

Professur für Siedlungswasserwirtschaft, Bauhaus-<strong>Universität</strong> Weimar, Coudraystr. 7,<br />

99421 Weimar<br />

Jürgen Simons, Joachim Clemens<br />

Institut für <strong>Pflanzenernährung</strong> , <strong>Universität</strong> <strong>Bonn</strong> Karlrobert-Kreiten-Str. 13 , 53115 <strong>Bonn</strong><br />

Andrea Rechenburg<br />

Institut für Hygiene und öffentliche Gesundheit, <strong>Universität</strong> <strong>Bonn</strong><br />

Maria Hogrebe<br />

Gewitra mbH, Karlrobert-Kreiten-Str. 13 , 53115 <strong>Bonn</strong><br />

Mit Förderung durch das Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und<br />

Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen<br />

Aktenzeichen: IV – 9 – 0421440010


ISBN 3-937941-02-9


Inhaltsverzeichnis I<br />

Einführung Sanitärtechnik und Bodenfilter<br />

1 Einleitung ........................................................................................................................1<br />

2 Darstellung des Abwasserkonzepts.............................................................................1<br />

3 Forschungsprojekt Teil I................................................................................................3<br />

3.1 Ziele des Projekts .....................................................................................................3<br />

3.2 Ergebnisse................................................................................................................4<br />

4 Forschungsprojekt Teil II...............................................................................................4<br />

4.1 Ziele des Projekts .....................................................................................................4<br />

4.2 Arbeitsprogramm ......................................................................................................4<br />

4.3 Umbau der Separationstoiletten ...............................................................................5<br />

4.4 Modifikation des Filtersackes ...................................................................................5<br />

5 Betriebsergebnisse ......................................................................................................11<br />

5.1 Betriebsergebnisse des bewachsenen Bodenfilters...............................................11<br />

5.2 Mikrobiologische Untersuchungsergebnisse ..........................................................16<br />

5.3 Betriebsergebnisse Wirbelabscheider ....................................................................16<br />

6 Risikoabschätzung.......................................................................................................18<br />

6.1 Sanitärinstallationen im Gebäude...........................................................................18<br />

6.2 Abwasserbehandlung .............................................................................................21<br />

7 Zusammenfassung.......................................................................................................24<br />

Aufbau und Einsatz einer problemorientierten<br />

Analytik mit dem Ziel eines Monitorings ausgewählter Pharmaka<br />

in Böden und Urin<br />

1 Einleitung ......................................................................................................................25<br />

2 Zielsetzung....................................................................................................................25<br />

3 Stoffauswahl .................................................................................................................25<br />

4 Analytik..........................................................................................................................26<br />

4.1 HPLC-MS (Hochleistungsflüssigchromatographie-Massenspektrometrie).............26<br />

4.2 Methodenentwicklung.............................................................................................27<br />

4.3 Methodenvalidierung und Bewertung .....................................................................31<br />

5 Projektbegleitende Aufgaben......................................................................................33<br />

5.1 Aufgaben ................................................................................................................33<br />

5.2 Ansetzen der Dotierlösung .....................................................................................34<br />

6 Ergebnisse der projektbegleitenden Analytik ...........................................................37<br />

6.1 Untersuchungen zur Abnahme der Wirkstoffkonzentration in gelagertem Urin.....37<br />

6.2 Analytik zum Versuch „Mikrobieller Abbau in Böden“.............................................39<br />

6.3 Ergebnisse der begleitenden Analytik des „Gewächshausversuchs“.....................41


Inhaltsverzeichnis II<br />

6.4 Analytik zum Versuch „Urinreinigung mit Zeolithen zur Herstellung<br />

eines arzneimittelfreien Düngers“...........................................................................45<br />

6.5 Ergebnisse der begleitenden Analytik des „Bodenfilterversuches“ ........................46<br />

7 Zusammenfassende Bewertung .................................................................................49<br />

8 Anhang ..........................................................................................................................50<br />

8.1 Literaturverzeichnis ................................................................................................50<br />

8.2 Stoffdaten ausgewählter Arzneimittelwirkstoffe......................................................52<br />

Pharmaka im Urin: Abbau und Versickerung vs. Pflanzenaufnahme<br />

1 Einleitung und Zielsetzung..........................................................................................54<br />

2 Stand des Wissens.......................................................................................................54<br />

2.1 Antibiotika in der Umwelt ........................................................................................54<br />

2.2 Analytik von Antibiotikarückständen in Pflanze und Boden....................................57<br />

3 Material und Methoden ................................................................................................59<br />

3.1 Wirkstoffe................................................................................................................59<br />

3.2 Bodenextraktion......................................................................................................60<br />

3.3 Pflanzenextraktion ..................................................................................................61<br />

3.4 Immunoassay .........................................................................................................62<br />

3.5 Untersuchte Böden.................................................................................................64<br />

3.6 Urin .........................................................................................................................66<br />

3.7 Dotierlösungen .......................................................................................................66<br />

4 Studie 1: Mikrobieller Abbau in Böden vs. Akkumulation........................................66<br />

5 Studie 2: Auswaschung vs. Transfer in Pflanzen......................................................69<br />

6 Ergebnisse ....................................................................................................................72<br />

6.1 Abbau im Boden .....................................................................................................72<br />

6.2 Pflanzenaufnahme..................................................................................................74<br />

7 Bewertung des Risikopotentials.................................................................................78<br />

7.1 Abbau .....................................................................................................................78<br />

7.2 Pflanzenaufnahme von Pharmaka..........................................................................78<br />

7.3 Versickerung...........................................................................................................78<br />

8 Literatur.........................................................................................................................79<br />

Säulenversuche zum Rückhalt von Pharmaka in Bodenfiltern<br />

1 Einleitung ......................................................................................................................82<br />

2 Zielsetzung und Arbeitsansatz....................................................................................82<br />

3 Beschreibung Versuchsanlage ...................................................................................83<br />

3.1 Allgemein................................................................................................................83


Inhaltsverzeichnis III<br />

3.2 Aufbau und Befüllung Säulen .................................................................................83<br />

4 Versuchsvorbereitung .................................................................................................90<br />

4.1 Glassäulen..............................................................................................................90<br />

4.2 Dummy-Säulen.......................................................................................................90<br />

5 Versuchsdurchführung................................................................................................91<br />

5.1 Bestimmung Bezugsgewicht ..................................................................................91<br />

5.2 Dotierung Pharmaka...............................................................................................91<br />

5.3 Urinzugabe .............................................................................................................91<br />

5.4 Beregnung ..............................................................................................................92<br />

5.5 Probenahme ...........................................................................................................92<br />

6 Ergebnisse ....................................................................................................................93<br />

6.1 Analytik Sickerwasser.............................................................................................93<br />

6.2 Gewichtsüberwachung Dummy-Säulen..................................................................97<br />

6.3 Einordnung Ergebnisse ..........................................................................................99<br />

7 Ausblick.......................................................................................................................102<br />

8 Literatur.......................................................................................................................102<br />

9 Anlagen .......................................................................................................................103<br />

9.1 Frachtberechnungen der Glassäulen ...................................................................103<br />

Urin-/Pharmaka-Keimtest<br />

1 Einleitung ....................................................................................................................106<br />

2 Ergebnisse Keimtest..................................................................................................107<br />

3 Risikobewertung.........................................................................................................108<br />

4 Zusammenfassung.....................................................................................................109<br />

5 Literatur.......................................................................................................................109<br />

Biologische Behandlung der Fäkalien<br />

1 Einleitung ....................................................................................................................110<br />

2 Aerobe Verfahren .......................................................................................................110<br />

2.1 Langzeitrotte.........................................................................................................110<br />

2.2 Wurmkompostierung ............................................................................................112<br />

3 Anaerobes Verfahren zur Stabilisierung des Braunwassers .................................122<br />

3.1 Einleitung..............................................................................................................122<br />

3.2 Beschreibung Versuchsanlage.............................................................................123<br />

3.3 Versuchsdurchführung .........................................................................................124<br />

3.4 Ergebnisse............................................................................................................127<br />

3.5 Bewertung ............................................................................................................130


Inhaltsverzeichnis IV<br />

4 Schlussfolgerungen...................................................................................................130<br />

5 Empfehlungen zur Kompostierung für die Lambertsmühle...................................131<br />

6 Literatur.......................................................................................................................131<br />

Biologische Behandlung der Fäkalien Hygieneuntersuchung von<br />

Fäkalkomposten<br />

1 Einleitung ....................................................................................................................132<br />

2 Methoden.....................................................................................................................132<br />

2.1 Aufbereitung der Regenwürmer............................................................................132<br />

2.2 Aufbereitung der Komposte..................................................................................132<br />

2.3 Bakteriologische Parameter .................................................................................132<br />

3 Ergebnisse und Diskussion ......................................................................................133<br />

3.1 Bakteriengehalt der Kompostwürmer ...................................................................133<br />

3.2 Bakteriengehalt der Langzeitrotte.........................................................................135<br />

3.3 Bakteriengehalt des Vermiculturkompostes.........................................................138<br />

4 Diskussion der Ergebnisse .......................................................................................139<br />

5 Literatur.......................................................................................................................141<br />

Zeolithversuche zur Adsorption von Ammonium aus Urin und<br />

Herstellung eines Depotdüngers<br />

1 Einleitung ....................................................................................................................142<br />

2 Material und Methoden ..............................................................................................142<br />

2.1 Ergebnisse............................................................................................................144<br />

2.2 Zusammenfassung ...............................................................................................148<br />

3 Einsatz von Zeolithen zur Herstellung von Depotdüngern im Gartenbau ............148<br />

3.1 Einleitung..............................................................................................................148<br />

3.2 Material und Methoden.........................................................................................148<br />

4 Ergebnisse ..................................................................................................................150<br />

4.1 Wachstumsbeobachtungen ..................................................................................150<br />

4.2 Bonitur ..................................................................................................................150<br />

4.3 Erträge..................................................................................................................151<br />

5 Schlussfolgerung .......................................................................................................153<br />

6 Quellenangabe............................................................................................................153


Inhaltsverzeichnis V<br />

Zusammenfassende Risikobewertung<br />

1. Einleitung ....................................................................................................................154<br />

2. Risiko Sanitär- und Behandlungstechnik ................................................................154<br />

3. Risiko Arzneimittel .....................................................................................................154<br />

3.1 Urinlagerung .........................................................................................................155<br />

3.2 Abbau, Speicherung im Boden.............................................................................155<br />

3.3 Pflanzenaufnahme................................................................................................155<br />

3.4 Versickerung.........................................................................................................156<br />

4. Risiko Hygiene............................................................................................................156<br />

4.1 Sanitärtechnik im Haus.........................................................................................156<br />

4.2 Kompostverwendung............................................................................................156<br />

4.3 Umgang mit Rottegut und Urin .............................................................................157<br />

5. Risiko der Verwertung von Urin und Fäkalien.........................................................157<br />

5.1 Urin .......................................................................................................................157<br />

5.2 Fäkalien ................................................................................................................158<br />

6. Zusammenfassung.....................................................................................................158


Sanitärtechnik und Bodenfilter 1<br />

Einführung Sanitärtechnik und Bodenfilter<br />

Andreas Bastian *) , Catrin Bornemann *) , Miriam Hachenberg *) , Martin Oldenburg **) , , Maike<br />

Schmelzer **)<br />

*) Wupperverband, Untere Lichtenplatzer Str. 100, 42289 Wuppertal<br />

**) OtterWasser GmbH, Engelsgrube 81, 23552 Lübeck<br />

1 Einleitung<br />

Für die Lambertsmühle, eine historische Wassermühle im Bergischen Land bei Burscheid,<br />

wurde ein neues Abwasserkonzept mit der getrennten Erfassung von Teilströmen erarbeitet.<br />

Neben dem Ausbau der Mühle zu einem Museum, das unter dem Konzept „Vom Korn zum<br />

Brot“ die Tradition der Bergischen Wassermühlen zeigen will, stand eine Sanierung der vorhandenen<br />

Abwassersammelgrube an. Da ein Anschluss an das öffentliches Kanalnetz wegen<br />

der weiten Wegstrecken mit hohen Investitionskosten verbunden gewesen wäre, wurde auch<br />

weiterhin eine eigenständige Abwasserbehandlung erforderlich. Der Ausbau des Museums<br />

wurde durch ein Abwasserkonzept „Vom Brot zum Korn“ mit der Rückführung von Nährstoffen<br />

in den Nährstoffkreislauf ergänzt.<br />

Das unter Berücksichtigung des natürlichen Wasser- und Nährstoffkreislaufes erarbeitete Abwasserkonzept<br />

sieht eine Trennung des häuslichen Abwassers in Teilströme unterschiedlicher<br />

Qualitäten mit differenzierten Behandlungsstufen vor.<br />

Im Rahmen eines vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Verbraucherschutz unterstützten<br />

Forschungsvorhaben wurde die Funktionsweise des Abwasserkonzepts detailliert in<br />

dem Zeitraum 2001 – 2002 untersucht; die Ergebnisse wurden im März 2003 in einem<br />

Workshop präsentiert. Es wurde deutlich, dass sich infolge der Urinseparation die<br />

Medikamentenrückstände effektiv aus dem Abwasser abtrennen und in dem Urin sammeln<br />

lassen. Die Wichtigkeit der derzeit stark diskutierten Frage des Verbleibs der Medikamentenrückstände<br />

führte dazu, dass das Projekt für eine zweite Phase mit dem Schwerpunkt der<br />

Untersuchungen dieser endokrin wirksamen Stoffe verlängert wurde. Im Rahmen dieser<br />

Verlängerung wurden auch Modifikationen an den abwassertechnischen Anlagen<br />

vorgenommen, die sich aus den Erkenntnissen der ersten Projektphase ergaben.<br />

Da dieses Projekt eines der ersten Projekte in Deutschland mit Urinseparation und weitgehener<br />

Teilstromtrennung war, wurden die Ergebnisse in der Fachöffentlichkeit sehr aufmerksam zur<br />

Kenntnis genommen, was auch die rege Beteiligung an dem Abschlussworkshop im März 2003<br />

zeigte.<br />

2 Darstellung des Abwasserkonzepts<br />

Das Abwasserkonzept für die Lambertsmühle soll in diesem Rahmen nur grob umrissen<br />

werden, für Details wird auf den Bericht der ersten Projektphase verwiesen.<br />

Das Abwasserkonzept für die Lambertsmühle, dessen Funktionsschema in Tab. 1 dargestellt<br />

ist, besteht im wesentlichen aus einer getrennten Ableitung und Behandlung folgender Teilströme:


Sanitärtechnik und Bodenfilter 2<br />

Tab. 1: Teilströme des Abwasserkonzepts Lambertsmühle<br />

Teilstrom Beschreibung<br />

Gelbwasser Urin aus Urinseparationstoiletten und Urinalen, mit oder<br />

ohne Spülwasser<br />

Braunwasser Sanitärwasser der Toiletten ohne Urin bzw. Gelbwasser<br />

(Fäkalien und Spülwasser)<br />

Grauwasser häusliches Abwasser ohne Fäkalien und Urin aus Küche,<br />

Bad, Dusche, Waschmaschine usw.<br />

Das separat durch den Einsatz von Urinseparationstoiletten und wasserlosen Urinalen erfasste<br />

Gelbwasser wird über die Gelbwasserleitung abgeleitet und anschließend in einem Gelbwasserspeicher<br />

bis zur Abfuhr und Nutzung in der Landwirtschaft gelagert.<br />

Zur getrennten Erfassung von Urin und Fäkalien sind in der Wohnung der Lambertsmühle zwei<br />

Toiletten mit getrennter Erfassung der beiden Teilströme installiert. In dem der Öffentlichkeit<br />

zugänglichen Bereich des Museums sind in der Damentoilette zwei und in der Herrentoilette<br />

eine separierende Toilette unterschiedlicher Fabrikate installiert. Bei den Herren wird diese<br />

Installation durch zwei wasserlose Urinale ergänzt. Hinsichtlich der Erfahrung mit diesen<br />

Einrichtungen wird auf den <strong>Abschlussbericht</strong> der ersten Projektphase verwiesen.<br />

Das Braunwasser als zweiter Teilstrom des Toilettenabwassers wird ebenfalls separat über die<br />

Braunwasserleitung abgeleitet. Die Feststoffe werden in einer Filtereinheit zurückgehalten.<br />

Das bei der Fäkalienentwässerung im Filterbehälter anfallende Wasser (Filtrat) ist aufgrund der<br />

Urinseparation im Verhältnis zum herkömmlichen Toilettenabwasser nährstoffarm. Die<br />

Nährstoffe, insbesondere der Stickstoff, befinden sich größtenteils im Urin. Bei der Mitbehandlung<br />

dieses Filtrats in der Pflanzenkläranlage ist somit nur in geringem Umfang eine<br />

Nährstoffelimination erforderlich.<br />

Beim Umbau des Mühlengebäudes konnte die neben dem Schlafraum gelegene Toilette im<br />

Wohnungsbereich im 2. Geschoß nicht gegen ein separierendes Modell ausgetauscht werden.<br />

Hier ist in Abhängigkeit von der Benutzung mit Nährstoffeinträgen zu rechnen, da Urin und<br />

Fäkalien gemeinsam abgeleitet werden. Dieser Aspekt ist bei der Bewertung aller Messergebnisse<br />

zu berücksichtigen.<br />

Das Grauwasser wird zur Vorklärung ebenfalls in die Anlage geleitet. Vom Pumpenschacht im<br />

Filterbehälter wird die vertikal durchströmte Pflanzenkläranlage intermittierend beschickt.<br />

Das gereinigte Wasser wird abschließend in ein oberirdisches Gewässer eingeleitet.


Sanitärtechnik und Bodenfilter 3<br />

Abb. 1: Funktionsschema Lambertsmühle<br />

Ein vereinfachtes Funktionsschema mit der Einordnung in den Wasser- und Nährstoffkreislauf<br />

zeigt Abb. 1, in der die einzelnen Elemente und die Teilströme des Abwasserkonzepts dargestellt<br />

sind.<br />

3 Forschungsprojekt Teil I<br />

3.1 Ziele des Projekts<br />

Der erste Teil des Forschungsprojekts sollte Erkenntnisse über die folgenden Einzelaspekte<br />

liefern:<br />

• Erfahrungen mit sortierenden Toiletten unter Praxisbedingungen<br />

• Grad der Trennung des Nährstoff- und Wasserkreislaufs<br />

• Teilstrombehandlung (Reinigungsleistungen, Betriebsbeurteilungen etc.) unter Praxisbedingungen<br />

• Untersuchungen der Teilströme hinsichtlich hygienischer Beschaffenheit, des Nährstoffgehalts<br />

und ausgewählter organischer Inhaltsstoffe (Arzneimittelrückstände etc.)<br />

• Stoffbilanzierung unter Praxisbedingungen<br />

• Entwicklung und Darstellung eines Verwertungskonzepts im Rahmen der Museumskonzeption<br />

und für landwirtschaftliche Betriebe


Sanitärtechnik und Bodenfilter 4<br />

3.2 Ergebnisse<br />

Die Separation von Urin als Gelbwasser ist technisch möglich, auch wenn nicht alle Toiletten<br />

uneingeschränkt einsetzbar sind. So bedürfen einige der eingesetzten Separationstoiletten<br />

noch einer weiteren Entwicklung, um den gleichen Komfort für alle Nutzer (z.B. Kinder) wie bei<br />

herkömmlichen Toilettenmodellen zu erzielen.<br />

An den Anlagen der Abwasserbehandlung ist nach Angaben des Vereins als Betreiber der<br />

Anlage keine Geruchsbelästigung festzustellen, auch wenn das Gelbwasser ohne<br />

Konditionierung gesammelt wird. Der bewachsene Bodenfilter funktionierte problemlos und<br />

konnte die geforderten Ablaufwerte auch im Winter einhalten.<br />

In den Filtersäcken, die als Grobfilter wirkten, fand eine gute Feststoffabtrennung statt. Trotzdem<br />

waren die Filtersäcke, die aus einem an dem Schachtdeckel eingehängten Sack<br />

bestanden, verbesserungsbedürftig. Die zurückgehaltenen Feststoffe (Fäkalien, Toilettenpapier<br />

etc.) verblieben in dem während des Projekts modifizierten Filtersack. Die Feststoffabtrennung<br />

in den Grobfiltern wirkt sich nicht auf die hygienischen Parameter aus; das Filtrat aus den Grobfiltern<br />

weist noch hohe Keimzahlen auf. Es war allerdings absehbar, dass die Entwässerungsund<br />

Eindickungseigenschaften dieses Systems nicht den Erwartungen entsprachen und einer<br />

Optimierung bedurften.<br />

Die Einführung des teilstromorientierten Konzepts erfolgte in vorhandener und unter Denkmalschutz<br />

stehender Bausubstanz und führt zwangsläufig gegenüber einem Neubau zu höheren<br />

finanziellen Aufwendungen.<br />

Die positive Entlastung des Abwassers durch die Abtrennung der Nährstoffe, hier im wesentlichen<br />

Stickstoff und Phosphor, konnte anhand der Messwerte nachgewiesen werden. Die<br />

Nährstoffe können bei einer landwirtschaftlichen Verwertung als Düngerersatz genutzt werden.<br />

Die Abtrennung des Urins vom restlichen Abwasser reduziert die Nährstofffrachten des<br />

Abwassers und hält in signifikanter Weise die durch den Menschen ausgeschiedenen Pharmazeutika<br />

und Hormone dem Abwasser und letztendlich auch der aquatischen Umwelt fern.<br />

4 Forschungsprojekt Teil II<br />

4.1 Ziele des Projekts<br />

Im Rahmen der Fortsetzung des Forschungsprojekts sollen daher diese Aspekte verbessert<br />

und optimiert werden, wobei der Feststoffabtrennung ein besonderes Augenmerk zukommt.<br />

Ziel des Projekts war die Verbesserung der Trennleistung und die Verbesserung der Handhabung<br />

bei der Entnahme der Feststoffe.<br />

4.2 Arbeitsprogramm<br />

Das Arbeitsprogramm sollte sich über die folgenden Aspekte erstrecken:<br />

4.2.1 Umbau der Separationstoiletten<br />

Die vorhandene Separationstoilette der Fa. Roediger im Toilettenbereich des Museums, die ein<br />

Prototyp ist, soll gegen ein Serienmodell ausgetauscht werden. Bei den schwedischen Separationstoiletten<br />

mit den in der Toilettenschüssel integrierten „Trennwänden“ können insbesondere<br />

durch die Benutzung von Kleinkindern Fäkalien in den vorderen Toilettenbereich gelangen, die<br />

mühsam entfernt werden müssen. Es ist daher beabsichtigt, eines dieser Toilettenmodelle im<br />

Bereich der Damentoilette gegen ein anderes Modell auszutauschen, um hiermit Erfahrungen<br />

zu sammeln.<br />

4.2.2 Modifikation des Grobfilters


Sanitärtechnik und Bodenfilter 5<br />

Der hohe Feuchtigkeitsgehalt der zurückgehaltenen Feststoffe ist ein Indikator für die<br />

schlechte Eindick- und Entwässerungsleistung des Filtersackes. Es ist daher beabsichtigt,<br />

durch die Vorschaltung einer Trenneinheit den Flüssigkeitsanteil signifikant zu vermindern und<br />

somit die Feststoffkonzentration im Filtersack zu steigern.<br />

Hierbei sollen zwei Systeme zum Einsatz kommen:<br />

• Wirbelabscheider<br />

• Siebeinrichtung<br />

Als Alternative zu den Wirbelabscheidern wird eine mechanische Abtrennung der Feststoffe<br />

durch ein (Bogen-)sieb vorgesehen. Auch hiervon sollen die Feststoffe dann in den Filtersack<br />

fallen.<br />

Für beide Modifikationen waren Arbeiten an den vorhandenen Anlagen erforderlich. Es war<br />

beabsichtigt, beide Filtersäcke umzurüsten und diese dann jeweils ein halbes Jahr zu betreiben.<br />

Insgesamt soll damit auch die Handhabung bzw. das „Handling“ des o.g. Systems verbessert<br />

werden.<br />

4.2.3 Aktualisierung der Internetpräsenz<br />

Zur Verbreitung der Projektergebnisse wird die vorhandene Internetpräsenz durch OtterWasser<br />

überarbeitet und an den aktuellen Stand angepasst. Hierzu gehören:<br />

• die Einarbeitung der wichtigsten Ergebnisse aus dem abgeschlossenen Forschungsprojekt<br />

• die Präsentation der Projektfortsetzung<br />

• Überarbeitung der Projektdarstellung.<br />

4.3 Umbau der Separationstoiletten<br />

Der geplante Austausch der Separationstoiletten im öffentlichen Bereich des Museums wurde<br />

nach intensiven Diskussionen mit dem Verein verworfen. Einerseits war der Verein mit der<br />

Toilette im Herrenbereich zufrieden und sah andererseits nicht die Notwendigkeit des<br />

Austauschs, der zudem auch wieder Unannehmlichkeiten für den Museumsbetrieb infolge der<br />

Bautätigkeiten mit sich gebracht hätte.<br />

Die Separationstoilette wird durch die Nutzer akzeptiert, ablehnende oder negative Äußerungen<br />

seitens der Nutzer wurden bisher durch den Verein nicht berichtet.<br />

Für die Damentoiletten wurde die Möglichkeit des Umtauschs insbesondere mit den bereits<br />

montierten Vorwandinstallationen geprüft. Ein Umbau hätte größere Bauarbeiten nach sich<br />

gezogen, da die Vorwandrahmen nicht kompatibel mit anderen Toiletten sind, d.h. es hätte die<br />

gesamte Vorwand entfernt und neu errichtet werden müssen. Dies hätte auch die gesamte<br />

Fliesenwand betroffen, die ebenfalls hätte erneuert werden müssen. In Abwägung zwischen<br />

Aufwand und Nutzen wurde auch auf den Austausch der Toiletten im Damenbereich verzichtet.<br />

Nach Angaben des Vereins werden die Toiletten auch im Damen-WC von den Nutzerinnen<br />

akzeptiert. Lediglich vereinzelt wird von mangelnder Akzeptanz und dem Verzicht auf den<br />

Toilettengang berichtet. Als Grund hierfür kann die fehlende Bereitschaft, sich bei öffentlichen<br />

Toiletten auf die Toilettenbrille zu setzen, vermutet werden.<br />

4.4 Modifikation des Filtersackes<br />

Die in der ersten Phase des Forschungsvorhabens gemachten Erfahrungen mit der Abtrennung<br />

der Fäkalien aus dem Braunwasser waren noch nicht zufrieden stellend. Die gesammelten<br />

Feststoffe waren noch sehr feucht, die Entwässerung der Feststoffe zudem unzureichend (s.<br />

Abb. 2). Ferner setzt der Feinkornanteil der Fäkalien die Maschen der Filtersäcke im Laufe<br />

einer fortschreitenden Nutzung zu. Lediglich im äußeren Randbereich des Filters war deutlich<br />

eine aufgelockerte, aerobe Struktur des Filtermaterials erkennbar, im inneren Bereich des<br />

Filters war das Material fest und kompakt.


Sanitärtechnik und Bodenfilter 6<br />

Abb. 2: Blick in den Filtersack vor dem Umbau der Anlage<br />

Eine Optimierung der Anlage sollte den folgenden Kriterien genügen:<br />

• Verbesserung der Fest/Flüssig-Trennung<br />

• Verbesserung der Entwässerungsleistung, d.h. Verringerung des Wasseranteils<br />

• Die Filterbehälter sollten nicht nur die Feststoffe sammeln, sondern auch als Container<br />

für eine weitere Behandlung dienen<br />

• Handhabung und Austausch der Filtereinheiten ohne die Notwendigkeit den Schacht<br />

besteigen zu müssen<br />

Es wurde recht schnell deutlich, dass eine Vorabtrennung der Feststoffe erforderlich sein wird,<br />

um den Wassergehalt im Filterbehälter(-sack) zu reduzieren.<br />

Die anfänglich geplante Möglichkeit des Einbaus eines Bogensiebs zum Rückhalt der<br />

Grobstoffe musste verworfen werden, da Erfahrungen aus anderen Projekten zeigten, dass<br />

eine ständige und kontinuierliche Überströmung des Siebs zum Abtransport der abgetrennten<br />

Feststoffe erforderlich sein wird. Bleiben Feststoffe (Fäkalien, Toilettenpapier etc.) auf dem Sieb<br />

liegen und trocknen an, können diese durch den Wasserstrom nicht mehr remobilisiert werden<br />

und langfristig zu einer Verstopfung des Siebes führen. Aufgrund der sehr schwankenden Benutzungszahlen<br />

durch den Museums- und Veranstaltungsbetrieb muss mit langen Beschickungspausen<br />

gerechnet werden. Hierdurch besteht eine höhere Gefahr der Feststoffablagerung<br />

gegenüber größeren Anlagen. Daher wurde der Einbau eines Bogensiebs zur<br />

Grobstoffentfernung in Übereinstimmung mit allen Projektbeteiligten frühzeitig zugunsten der<br />

jetzt realisierten Umbaumöglichkeit verworfen.<br />

4.4.1 Erweitung durch einen Wirbelabscheider<br />

Zur Verbesserung der Fest-Flüssig-Trennung des zufließenden Braunwassers wurde ein<br />

Wirbelabscheider (Hydrozyklon) installiert. Hierdurch war beabsichtigt, den Filtersäcken weniger<br />

feuchtes Material zuzuführen.


Sanitärtechnik und Bodenfilter 7<br />

Abb. 3: Funktionsprinzip des Wirbelabscheiders [Firmenunterlagen Aquatron]<br />

Bei dem eingebauten Wirbelabscheider handelt es sich um einen patentierten Separator aus<br />

der Baureihe AQUATRON 4x300. Die AQUATRON-Systeme aus Schweden werden vielfach<br />

zur Beschickung von Kompostier-Systemen mit Abwässern aus Wasserspültoiletten verwendet.<br />

Hierbei trennt der Separator nach dem Spülvorgang die Feststoffe (Fäkalien und Toilettenpapier)<br />

von den Flüssigkeiten (Spülwasser) und die Feststoffe werden in einem Kompostbehälter<br />

zur Kompostierung gesammelt. Üblicherweise sind diese Kompostbehälter in den<br />

Kellerräumen direkt unterhalb der Toilette angeordnet.<br />

In dem Anwendungsfall in der Lambertsmühle werden die Feststoffe nicht einer Kompostiereinheit<br />

sondern dem Filtersack zugeführt. Die festen Bestandteile des Braunwasser werden<br />

durch die Ausnutzung der Bewegungsenergie des ankommenden Braunwassers und der Gravitationskraft<br />

getrennt und gelangen in den Filtersack. Die flüssige Phase (Zentrat) wird auf<br />

Grund der Zentrifugalkraft abgesondert und fließt in den Absetzbereich (Vorklärung) für das<br />

Grauwasser innerhalb der Filtersackanlage.<br />

Um die Einbaubedingungen für den Separator zu erfüllen war es erforderlich ein Gefälle von 5%<br />

auf einer Strecke von ca. 1 m zu erreichen. Der Wirbelabscheider steht auf einem Höhenverstellbarem<br />

Dreieck, um die Geschwindigkeit (Gefälle des Einlaufrohres) des ankommenden<br />

Braunwasser regulieren zu können. Damit hat man eine Möglichkeit den Feuchtigkeitsgehalt<br />

der Fäkalien im Filtersack zu steuern.


Sanitärtechnik und Bodenfilter 8<br />

Abb. 4: Wirbelabscheider mit Höhenverstelleinrichtung nach Einbau<br />

Weiterhin war es erforderlich die Filtersäcke selber zu modifizieren. Sowohl das Material als<br />

auch Maschenweite und die Verarbeitung wurden verbessert. Alternativ zu den Filtersäcken<br />

wurde ein Filterkorb aus Edelstahl gefertigt.<br />

4.4.2 Modifikation der Filterbehälter und –säcke<br />

Die Materialeigenschaften und die Verarbeitung der bisher verwendeten Filtersäcke sind nicht<br />

für den Langzeiteinsatz geeignet. Schwachstellen waren dabei die verwendete Randeinfassung<br />

sowie die Tragfähigkeit des Materials selbst. Zusätzlich war das Herausheben der Säcke aus<br />

dem Schacht nur zusammen mit dem Stützgestell möglich.<br />

Auf Grund der gewählten Maschenweite ist die Entwässerungsfähigkeit der Filtersäcke unzureichend.<br />

Bei häufigen Spülungen steht Wasser auf dem Filtersack (Abb. 2) und fließt zu<br />

langsam ab.<br />

Folglich wurde die Maschenweite vergrößert und als Material PE (Polyethylen) gewählt. Dieses<br />

Material hat sich als beständiger im ständigen Einsatz bzw. Kontakt mit Abwasser hervorgetan.<br />

Der Filtersack hat umlaufende Tragegurte aus Nylon, wie sie auch bei der Herstellung von Big-<br />

Packs zum Transport von Steinen etc. verwendet werden.<br />

Alternativ zu den Filtersäcken wird die Sammlung der Feststoffe in einem konisch gefertigten<br />

Filterkorb aus Edelstahl-Lochblechen erprobt. Eine Seitenplatte des Korbes lässt sich<br />

entfernen. Damit dürfte das Entleeren und Reinigen des Filterkorbes sehr viel einfacher werden.<br />

4.4.3 Konstruktive Umbauten in der Filtersackanlage<br />

Alle Umbauten dienen einer besseren Handhabbarkeit. Bisher gab es keine Möglichkeit, in die<br />

Anlage hineinzusteigen. Für diesen Zweck wurde eine Steigleiter mit einer Einsteighilfe<br />

montiert.<br />

Die Filtersäcke bzw. der Filterkorb aus Edelstahl sind als Laufwagen auf Laufschienen montiert,<br />

so dass eine Bedienung erfolgen kann, ohne zwangsläufig in die Filtersackanlage hinein<br />

steigen zu müssen.


Sanitärtechnik und Bodenfilter 9<br />

Abb. 5: Blick in den Filterbehälter mit Wirbelabscheider (Bildmitte) und Laufwagen mit Filtersack (im<br />

Bild oberhalb des Wirbelabscheiders sichtbar)<br />

Die Laufwagen mit dem Filterkorb bzw. den Filtersäcken können von oben verschoben werden,<br />

so dass eine Positionierung unterhalb des Wirbelabscheiders zum Betrieb oder auch neben<br />

dem Wirbelabscheider zur weiteren Entwässerung oder zur Entnahme problemlos möglich ist.<br />

Die Entnahme erfolgt weiterhin von oben mittels eines Hebegeräts. Die Aufhängungen sind<br />

bereits vormontiert, so dass für die Entnahme der Laufwagen ein Besteigen der Anlage nicht<br />

mehr erforderlich ist.<br />

Somit muss lediglich zu Reinigungs- und Reparaturzwecken die Anlage noch über die Leiter<br />

betreten werden.<br />

4.4.4 Betrieb der Anlage<br />

Nach dem oben beschriebenen Umbau der Anlage hat sich das Abwasserkonzept der Lambertsmühle<br />

mit seinen Teilströmen wie folgt verändert:


Sanitärtechnik und Bodenfilter 10<br />

Abb. 6: Abwasserkonzept der Lambertsmühle<br />

In der ersten Betriebsphase wurde der Filterkorb verwendet. Es konnte ein deutlicher Unterschied<br />

im Feuchtigkeitsgehalt der abgetrennten Feststoffe aus dem Braunwasser gegenüber<br />

dem früheren Betrieb festgestellt werden. Das Material ist zwar weiterhin feucht, aber es steht<br />

kein Wasser mehr auf den Feststoffen.<br />

Abb. 7: Filterkorb aus Edelstahl nach drei Betriebswochen


Sanitärtechnik und Bodenfilter 11<br />

Abb. 8: Blick in die Anlage nach drei Wochen Betrieb mit dem Filterkorb aus Edelstahl; der Laufwagen<br />

mit dem Filtersack hängt links neben dem Wirbelabscheider<br />

4.4.5 Aktualisierung der Internetpräsenz<br />

Die Internetpräsenz für das Forschungsprojekt wurde auf die Darstellung der Lambertsmühle<br />

als Museum erweitert und an die derzeitige Situation im Forschungsprojekt angepasst. Die<br />

aktuelle Adresse der Homepage lautet www.lambertsmuehle-burscheid.de.<br />

5 Betriebsergebnisse<br />

5.1 Betriebsergebnisse des bewachsenen Bodenfilters<br />

Der bewachsenen Bodenfilter (Abb. 9) ist seit inzwischen 4 Jahren in Betrieb. Während dieser<br />

Zeit ist es bisher nicht zu nennenswerten Betriebsstörungen gekommen. Im Rahmen der 14tägigen<br />

Wartung der Anlage durch den Wupperverband wird der Zu- und Ablauf des Bodenfilters<br />

regelmäßig beprobt. Neben den behördlich geforderten Parametern CSB und BSB5<br />

wurden die Proben auf die Nährstoffe Stickstoff und Phosphor sowie auf abfiltrierbare Stoffe<br />

untersucht.<br />

In Abb. 10 und Abb. 11 sind die Ergebnisse der Untersuchungen über den Zeitraum November<br />

2000 bis November 2004 dargestellt. Die geforderten Grenzwerte für CSB und BSB5 (150 und<br />

40 mg/L) wurden zu jeder Zeit sicher eingehalten. Der mittlere CSB-Ablaufwert liegt bei<br />

45 mg/L. Das entspricht bei einer mittleren Zulaufkonzentration von 490 mg/L einer Reduktion<br />

des CSB um 91 %. Beim BSB5 sieht es ähnlich aus. Hier steht einer mittleren Zulaufkonzentration<br />

von 222 mg/L ein mittlerer Ablaufwert von 9,6 mg/L gegenüber. Dies entspricht<br />

einer Abbauleistung von 96 %.


Sanitärtechnik und Bodenfilter 12<br />

Abb. 9: Der bewachsene Bodenfilter<br />

CSB [mg/l]<br />

1000<br />

950<br />

900<br />

850<br />

800<br />

750<br />

700<br />

650<br />

600<br />

550<br />

500<br />

450<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

27.11.00<br />

13.02.01<br />

11.04.01<br />

28.08.01<br />

22.10.01<br />

06.12.01<br />

18.12.01<br />

30.01.02<br />

13.02.02<br />

20.03.02<br />

11.04.02<br />

06.05.02<br />

CSB-Meßwerte<br />

(Zu- und Ablauf Bodenfilter Lambertsmühle)<br />

06.06.02<br />

19.06.02<br />

04.07.02<br />

19.07.02<br />

14.08.02<br />

29.08.02<br />

23.09.02<br />

23.10.02<br />

Datum<br />

06.11.02<br />

19.11.02<br />

25.02.03<br />

03.06.03<br />

Abb. 10: CSB-Meßwerte im Zu- und Ablauf des Bodenfilters<br />

28.08.03<br />

04.11.03<br />

CSB (Zulauf)<br />

CSB (Ablauf)<br />

CSB (Grenzwert)<br />

03.12.03<br />

06.01.04<br />

03.02.04<br />

09.03.04<br />

19.04.04<br />

03.05.04<br />

03.06.04<br />

02.07.04<br />

09.08.04<br />

03.09.04<br />

25.10.04<br />

08.11.04


Sanitärtechnik und Bodenfilter 13<br />

BSB 5 [mg/l]<br />

800<br />

760<br />

720<br />

680<br />

640<br />

600<br />

560<br />

520<br />

480<br />

440<br />

400<br />

360<br />

320<br />

280<br />

240<br />

200<br />

160<br />

120<br />

80<br />

40<br />

0<br />

27.11.00<br />

11.04.01<br />

22.10.01<br />

18.12.01<br />

13.02.02<br />

11.04.02<br />

BSB 5-Meßwerte<br />

(Zu- und Ablauf Bodenfilter Lambertsmühle)<br />

06.06.02<br />

04.07.02<br />

14.08.02<br />

23.09.02<br />

Datum<br />

Abb. 11: BSB5-Meßwerte im Zu- und Ablauf des Bodenfilters<br />

06.11.02<br />

25.02.03<br />

28.08.03<br />

BSB5 (Zulauf)<br />

BSB5 (Ablauf)<br />

BSB5 (Grenzwert)<br />

Betrachtet man die Nährstoffe Stickstoff und Phosphor, so findet sich im Zulauf zum Bodenfilter<br />

vor allem Ammonium-Stickstoff und organisch gebundener Stickstoff in einer mittleren Konzentration<br />

von insgesamt 33 mg/L (Abb. 12) Bei der Graphik ist zu berücksichtigen, dass der<br />

Parameter Norg. nur an ausgewählten Tagen bestimmt wurde. Dieser Wert ist für Grauwasser<br />

relativ hoch, aber deutlich geringer als typische Stickstoffkonzentrationen im Zulauf von Kleinkläranlagen,<br />

die nach DIN prEN 12566-3 (1998) 40-60 mg/L betragen sollen. Der Grund hierfür<br />

ist, dass im Wohnbereich eine ständig genutzte Toilette den stickstoffreichen Urin über das<br />

Braunwasser ableitet, und somit ein Teil Urin über den Filtersack in den Zulauf zum Bodenfilter<br />

gelangt.<br />

Im Ablauf des Bodenfilters ist Nitrat nur phasenweise und nach dem Sommer 2003 nicht mehr<br />

im Ablauf nachzuweisen. Die Nitrifikation und anschließende Denitrifikation im Bodenfilter findet<br />

zwar zu keiner Zeit vollständig aber dennoch in hohem Masse statt, wie die niedrigen Messwerte<br />

am Ablauf verdeutlichen (Abb. 13). Es findet insgesamt eine sehr gute Stickstoffreduktion<br />

statt, sie liegt im Mittel bei 72% (Abb. 14).<br />

03.12.03<br />

03.02.04<br />

19.04.04<br />

03.06.04<br />

09.08.04<br />

25.10.04


Sanitärtechnik und Bodenfilter 14<br />

N ges.,anorg. [mg/l]<br />

60,0<br />

55,0<br />

50,0<br />

45,0<br />

40,0<br />

35,0<br />

30,0<br />

25,0<br />

20,0<br />

15,0<br />

10,0<br />

5,0<br />

0,0<br />

Norg (nicht immer bestimmt)<br />

NO3-N (Zulauf)<br />

NO2-N (Zulauf)<br />

NH4-N (Zulauf)<br />

N ges -Meßwerte<br />

(Zulauf Bodenfilter Lambertsmühle)<br />

28.08.2001<br />

22.10.2001<br />

06.12.2001<br />

18.12.2001<br />

30.01.2002<br />

13.02.2002<br />

20.03.2002<br />

11.04.2002<br />

06.05.2002<br />

06.06.2002<br />

19.06.2002<br />

04.07.2002<br />

19.07.2002<br />

14.08.2002<br />

29.08.2002<br />

23.09.2002<br />

23.10.2002<br />

06.11.2002<br />

19.11.2002<br />

25.02.2003<br />

03.06.2003<br />

28.08.2003<br />

04.11.2003<br />

03.12.2003<br />

06.01.2004<br />

03.02.2004<br />

09.03.2004<br />

19.04.2004<br />

03.05.2004<br />

03.06.2004<br />

02.07.2004<br />

09.08.2004<br />

03.09.2004<br />

25.10.2004<br />

08.11.2004<br />

Datum<br />

Abb. 12: Stickstoff-Meßwerte im Zulauf zum Bodenfilter<br />

N ges.,anorg. [mg/l]<br />

20,0<br />

18,0<br />

16,0<br />

14,0<br />

12,0<br />

10,0<br />

8,0<br />

6,0<br />

4,0<br />

2,0<br />

0,0<br />

Norg (erst ab 09/02)<br />

NO3-N (Ablauf)<br />

NO2-N (Ablauf)<br />

NH4-N (Ablauf)<br />

N ges -Meßwerte<br />

(Ablauf Bodenfilter Lambertsmühle)<br />

28.08.2001<br />

22.10.2001<br />

06.12.2001<br />

18.12.2001<br />

30.01.2002<br />

13.02.2002<br />

20.03.2002<br />

11.04.2002<br />

06.05.2002<br />

06.06.2002<br />

19.06.2002<br />

04.07.2002<br />

19.07.2002<br />

14.08.2002<br />

29.08.2002<br />

23.09.2002<br />

23.10.2002<br />

06.11.2002<br />

19.11.2002<br />

25.02.2003<br />

03.06.2003<br />

28.08.2003<br />

04.11.2003<br />

03.12.2003<br />

06.01.2004<br />

03.02.2004<br />

09.03.2004<br />

19.04.2004<br />

03.05.2004<br />

03.06.2004<br />

02.07.2004<br />

09.08.2004<br />

03.09.2004<br />

25.10.2004<br />

08.11.2004<br />

Datum<br />

Abb. 13: Stickstoff-Meßwerte im Ablauf des Bodenfilters


Sanitärtechnik und Bodenfilter 15<br />

N-Reduktion %<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Abb. 14: Stickstoffelimination im Bodenfilter<br />

N ges -Reduktion<br />

Bodenfilter Lambertsmühle<br />

23.09.2002<br />

23.10.2002<br />

06.11.2002<br />

19.11.2002<br />

25.02.2003<br />

03.06.2003<br />

28.08.2003<br />

04.11.2003<br />

03.12.2003<br />

06.01.2004<br />

03.02.2004<br />

09.03.2004<br />

19.04.2004<br />

03.05.2004<br />

03.06.2004<br />

02.07.2004<br />

09.08.2004<br />

03.09.2004<br />

25.10.2004<br />

08.11.2004<br />

Datum<br />

Delta Nges %<br />

Die Phosphorwerte zeigt Abb. 15. Sie liegen im Zulauf zum Bodenfilter im Mittel bei 8,7 mg/L<br />

und im Ablauf im Mittel bei 3,8 mg/L, die mittlere Elimination liegt somit bei 56%. Es ist aber zu<br />

beobachten, das der prozentuale Phosphorrückhalt im Filter jedes Jahr abnimmt. Dies ist auch<br />

zu erwarten, da mit der Zeit die Aufnahmekapazität des Filtermaterials für Phosphat abnimmt.<br />

Pges [mg/l]<br />

20<br />

18<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

28.08.2001<br />

22.10.2001<br />

06.12.2001<br />

18.12.2001<br />

Pges. (Zulauf)<br />

Pges.<br />

Delta P %<br />

Jahresmittel Delta P %<br />

30.01.2002<br />

13.02.2002<br />

20.03.2002<br />

11.04.2002<br />

06.05.2002<br />

06.06.2002<br />

P ges.-Meßwerte<br />

(Zu- und Ablauf Bodenfilter Lambertsmühle)<br />

19.06.2002<br />

04.07.2002<br />

19.07.2002<br />

14.08.2002<br />

29.08.2002<br />

23.09.2002<br />

23.10.2002<br />

06.11.2002<br />

Datum<br />

19.11.2002<br />

25.02.2003<br />

Abb. 15: Prozentualer Phosphorrückhalt und Phosphor-Meßwerte im Zu- und Ablauf des Bodenfilters<br />

03.06.2003<br />

28.08.2003<br />

04.11.2003<br />

03.12.2003<br />

06.01.2004<br />

03.02.2004<br />

09.03.2004<br />

19.04.2004<br />

03.05.2004<br />

03.06.2004<br />

02.07.2004<br />

09.08.2004<br />

03.09.2004<br />

25.10.2004<br />

08.11.2004<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0


Sanitärtechnik und Bodenfilter 16<br />

5.2 Mikrobiologische Untersuchungsergebnisse<br />

Der Zu- und Ablauf des Bodenfilters wurde im Rahmen des Projektes zweimal, am 25.10 und<br />

am 08.11.2004 auf mikrobielle Parameter untersucht. Wie schon im ersten Projekt, erfolgte die<br />

Probenahme durch den Wupperverband. Anschließend wurden die Proben vom Hygiene-Institut<br />

des Ruhrgebiets abgeholt und dort untersucht. Alle Proben wurden auf Gesamtkeimzahl bei 20<br />

und 36°C, E. coli, Clostridium perfringens und Salmonellen untersucht. Im Zulauf finden sich<br />

Gesamtkeimzahlen von 106 – 108/ml, wobei die Koloniezahl bei einer Bebrütungstemperatur<br />

von 20 °C geringfügig höher liegt als bei 36 °C. Bei den Fäkalbakterien schwankt der Wert für<br />

E. coli stark zwischen den beiden Proben (104/10 ml gegenüber 108/10 ml). Im Ablauf war für<br />

E. coli eine Abnahme um zwei Zehnerpotenzen zu verzeichnen. Bei der Gesamtkoloniezahl wie<br />

auch bei C. perfringens finden sich im Ablauf um eine Zehnerpotenz gegenüber dem Zulauf<br />

reduzierte Keimzahlen. Salmonellen wurden keine gefunden. Diese Ergebnisse decken sich in<br />

ihrer Größenordnung und Schwankungsbreite mit den Ergebnissen aus den Jahren 2001/2002.<br />

5.3 Betriebsergebnisse Wirbelabscheider<br />

Im Mai 2004 wurde im Rahmen der Umbaumaßnahmen an der Filtersackanlage ein Wirbelabscheider<br />

zur besseren Trennung der Fäkalien vom Spülwasser eingebaut (siehe Punkt<br />

4.4.1). Die Abscheideleistung des neu installierten Separators wurde zwischen Juni und August<br />

2004 getestet. Folgende Fragestellungen sollten beantwortet werden:<br />

Wieviel Wasser wird abgeschieden?<br />

Wieviel Wasser gelangt mit den Feststoffen in den Filtersack?<br />

Welche Qualität hat das abgeschiedene Wasser?<br />

Hierzu wurde die abgeschiedene Wasserphase in einem 60 Liter Fass gesammelt und als 24-<br />

Stunden Mischprobe analysiert. Eine weitere Probe wurde zum Vergleich am Ablauf des Filtersackes<br />

gezogen. Aus beiden Proben wurde der Feststoffgehalt sowie die Konzentration an<br />

CSB, Stickstoff und Phosphor bestimmt.<br />

In einer ersten Messphase im Juni 2004 ist das Probenahmegefäß am Ablauf des Separators in<br />

24 Stunden mehrfach übergelaufen. Die ankommende Wassermenge belief sich auf über 55<br />

Liter pro Tag. Dies erschien aufgrund der geringen Nutzung der Lambertsmühle und der kleinen<br />

Einwohnerzahl im Hause hoch. Es zeigte sich, dass diese Wassermenge durch verschiedene<br />

Maßnahmen zu verringern war. Erstens wurde die Braunwasserleitung mit Kondenswasser<br />

eines veralteten Heizgerätes beaufschlagt, welches ausgetauscht wurde und zweitens konnte<br />

die Spülwassermenge der Toiletten noch verringert werden.<br />

Ein weiteres während der ersten Messphase auftretendes Problem war die unzureichende Fest-<br />

Flüssig-Trennung. In der Wasserphase am Ablauf des Separators und damit im Zulauf zum<br />

bewachsenen Bodenfilter befand sich noch zuviel Feststoff. Diese Tatsache machte als dritte<br />

Maßnahme eine neue Ausrichtung des Separators zur Erlangung eines geringeren Gefälles<br />

notwendig.<br />

In einer zweiten Messphase im August 2004 konnten Probenahme und Analytik des abgeschiedenen<br />

Wassers durchgeführt werden.<br />

Bei der Auswertung wurde angenommen, dass das die Summe des aus dem Separator und<br />

dem Filtersack ausgetretenen Wassers 100% des über die Toilettenspülung eingetragenen<br />

Wassers beträgt. Verdunstung und Wasserverbleib im Filtersack wurden vernachlässigt.


Sanitärtechnik und Bodenfilter 17<br />

5.3.1 Ergebnisse<br />

Die Wassermenge, die in der zweiten Messphase täglich aus dem Ablauf des Wirbelabscheiders<br />

und dem Ablauf des Filtersackes entnommen wurde betrug im Mittel 55 Liter. Davon<br />

gelangten 98% in die Anlage und nur ein Rest von rund 2% konnte am Ablauf des Filtersackes<br />

gesammelt werden. Mit der Einschränkung, dass eine gewisse Wassermenge mit den Feststoffen<br />

im Filter verbleibt, ist die Trennwirkung des Separators dennoch sehr gut.<br />

Die Analysenergebnisse der beiden untersuchten Teilströme sind in Tab. 2 zusammengefasst.<br />

Im Ablauf des Filtersackes finden sich aus den Fäkalien stammende gelöste Nährstoffe, vor<br />

allem Phosphor, sowie CSB. Die Feststoffkonzentration ist am Ablauf des Filterkorbes<br />

erwartungsgemäß gering. Am Ablauf des Abscheiders zeigt sich, dass eine komplette<br />

Abtrennung der Feststoffe nicht möglich ist. Ein Teil bleibt in der Wasserphase, dieser ist mit<br />

meist unter 1g/L aber als gering einzustufen.<br />

Tab. 2: Analysenergebnisse der Teilströme „Ablauf Wirbelabscheider“ und „Ablauf Filtersack“<br />

Ablauf Filtersack CSB<br />

mg/l<br />

AFS<br />

mg/l<br />

NH4-N<br />

mg/l<br />

Pges<br />

mg/l<br />

ortho-P<br />

mg/l<br />

NO3-N<br />

mg/l<br />

NO2-N<br />

mg/l<br />

Nanorg<br />

mg/l<br />

Mittelwert Phase II 1052 163 5.7 36 29 8.1 0.2 14.0<br />

17.08.04 1104 178 3.1 37 34 7.0 0.2 10.2<br />

18.08.04 967 128 6.8 36 31 8.0 0.2 15.0<br />

19.08.04 885 114 5.0 36 26 8.6 0.3 14.0<br />

20.08.04 1250 230 7.8 36 26 8.9 0.2 16.8<br />

Ablauf Abscheider CSB AFS NH4-N Pges ortho-P NO3-N NO2-N Nanorg<br />

mg/l mg/l mg/l mg/l mg/l mg/l mg/l mg/l<br />

Mittelwert Phase II 1784 848 26.0 14 10 2.3 1.1 29.0<br />

17.08.04 871 438 11 13 2.1 2.2<br />

18.08.04 1651 680 16.9 14 8 2.8 1.8 21.6<br />

19.08.04 1313 652 30.7 14 8 2.1 0.1 33.0<br />

20.08.04 3302 1620 30.3 19 10 2.3 0.0 32.6


Sanitärtechnik und Bodenfilter 18<br />

6 Risikoabschätzung<br />

Die Risikobewertung umfasst die technischen Anlagen des Sanitärkonzepts in der Lambertsmühle.<br />

Der Betrachtungsrahmen beschränkt sich auf die Installationen vor Ort, d.h. die Sanitärinstallationen<br />

im Gebäude (Toiletten, Urinale, Rohrleitungen) und die Behandlungsanlage<br />

außerhalb des Gebäudes (Gelbwasserspeicher, Wirbelabscheider, Filtersack- bzw. Filterkorbund<br />

Pumpenanlage und bewachsener Bodenfilter).<br />

Bei der Bewertung werden zwei Zustände unterschieden:<br />

1. Betrieb<br />

ordnungsgemäßer Betrieb der Anlagen durch Benutzer und Betreiber<br />

2. Störung oder Versagensfall<br />

teilweiser oder totaler Ausfall der Anlage oder von Anlagenteilen, z.B. Stromausfall,<br />

Verstopfungen etc.<br />

Es werden die Auswirkungen der beiden Zustände sowohl für den Benutzer als auch für den<br />

Betreiber dargelegt. Die Beurteilung erfolgt dabei sowohl hinsichtlich der technischen Funktionalität<br />

als auch hinsichtlich gesundheitlicher Auswirkungen oder Gefährdungen für Benutzer<br />

und/oder Betreiber.<br />

Als Benutzer wird der unkundige Benutzer bezeichnet, der nicht mit der Funktionsweise einer<br />

solchen Anlage vertraut ist und ohne detaillierte Kenntnisse die Abwasseranlage benutzt. Als<br />

Betreiber wird der für den Anlagenbetrieb Verantwortliche bezeichnet, dem auch die Wartung<br />

obliegt.<br />

Es wird zudem eine Wertung des jeweiligen Aspekts der Risikopotentialabschätzung vorgenommen.<br />

Als Referenz dient eine konventionelle Kleinkläranlage, bestehend aus einer<br />

Mehrkammerausfaulgrube und einem vertikal beschickten bewachsenen Bodenfilter.<br />

6.1 Sanitärinstallationen im Gebäude<br />

Bei der Betrachtung der Sanitäranlagen im Gebäude ist für den Betrieb hauptsächlich die<br />

Ebene Benutzer zu betrachten, während bei Störungen der Betreiber relevant wird.


Sanitärtechnik & Bodenfilter 19<br />

Tab. 3: Expositionswege und Risikoeinschätzung am Beispiel der Sanitäranlagen in der<br />

Lambertsmühle<br />

Anlagenteil / Tätigkeit<br />

Zustand<br />

Betrieb Störung<br />

Exposition Risikopotential Wertung Erläuterung<br />

Urin-separierende Toilette<br />

Akzeptanz X Ablehnung durch<br />

Benutzer<br />

Reinigung der Toilette X Verwendung<br />

von<br />

Reinigungsmitteln<br />

Verstopfung des Urinabflusses<br />

bei Toilette mit<br />

Beckentrennung:<br />

Verstopfung des Urinabflusses<br />

bei Toilette ohne<br />

Beckentrennung:<br />

Verstopfung des<br />

Fäkalienabflusses<br />

Entfernung der<br />

Verstopfung<br />

Verstopfung der<br />

Braunwasserrohrleitung<br />

X<br />

X<br />

Ggf.<br />

Verstopfung<br />

des Urinbeckens<br />

mit<br />

Fäkalien z. B.<br />

durch Nutzung<br />

von Kleinkinder<br />

Abfluss in den<br />

Fäkalienteil<br />

X Ggf.<br />

Überlaufen der<br />

Toilette<br />

X Ggf.<br />

Chemikalien<br />

(z.B. Säure)<br />

X Ggf.<br />

Überlaufen der<br />

Toilette<br />

Abhängig von<br />

dem<br />

verwendeten<br />

Reinigungsmittel<br />

und -gerät<br />

Ggf. Kontakt mit<br />

Krankheitserregern<br />

für<br />

Benutzer<br />

möglich<br />

Kein Risiko<br />

Kontakt mit<br />

Krankheitserrege<br />

rn für Benutzer<br />

möglich<br />

In Abhängigkeit<br />

von der<br />

verwendeten<br />

Chemikalie<br />

Kontakt mit<br />

Krankheitserregern<br />

für Benutzer<br />

möglich<br />

- Ggf. werden<br />

Sanitäranlagen<br />

nicht genutzt,<br />

hinderlich für die<br />

Einführung des<br />

Systems<br />

Ο kein Unterschied<br />

gegenüber<br />

herkömmlicher<br />

Spültoilette<br />

-<br />

Ο<br />

Aufstau von Urin<br />

im Urinbereich,<br />

Reinigung des<br />

Urinablauf<br />

aufwendig<br />

kein Aufstau von<br />

Urin möglich, da<br />

freier Abfluss in<br />

den Fäkalienteil,<br />

kein Unterschied<br />

gegenüber<br />

herkömmlicher<br />

Spültoilette,<br />

Ο kein Unterschied<br />

gegenüber<br />

herkömmlicher<br />

Spültoilette<br />

Ο kein Unterschied<br />

gegenüber<br />

herkömmlicher<br />

Spültoilette<br />

Ο kein Unterschied<br />

gegenüber<br />

herkömmlicher<br />

Spültoilette<br />

Stromausfall X Kein Risiko Ο keine stromabhängigen<br />

Bauteile vorhanden


Sanitärtechnik & Bodenfilter 20<br />

Anlagenteil / Tätigkeit<br />

Wasserlose Urinale<br />

Auffüllen der<br />

Sperrflüssigkeit<br />

Zustand<br />

Betrieb Störung Exposition Risikopotential Wertung Erläuterung<br />

X Hygienevorschriften<br />

für<br />

Wechsel<br />

beachten<br />

Wechsel des Siphons X Hygienevorschriften<br />

für<br />

Wechsel<br />

beachten<br />

Verstopfung des<br />

Urinabflusses im Urinal<br />

Verstopfung der<br />

Gelbwasserrohrleitung<br />

X Hygienevorschriften<br />

für<br />

Wechsel<br />

beachten<br />

X Ggf. Rückstau<br />

im Urinal möglich<br />

Kein Risiko für<br />

Betreiber<br />

Kein Risiko für<br />

Betreiber<br />

Kontakt mit<br />

Krankheitserregern<br />

evtl.<br />

möglich<br />

Kontakt mit<br />

Krankheitserregern<br />

evtl.<br />

möglich<br />

Ο<br />

Ο<br />

Ο kein<br />

Unterschied<br />

gegenüber<br />

herkömmlichen<br />

Urinalen<br />

+ Verstopfungsgef<br />

ahr scheint bei<br />

schneller,<br />

wasserloser<br />

Ableitung<br />

geringer als bei<br />

Ableitung mit<br />

Spülwasser<br />

Stromausfall X Kein Risiko Ο keine stromabhängigen<br />

Bauteile<br />

vorhanden<br />

Wertung gegenüber Referenz (herkömmliche Spültoilette):<br />

+ besser als Referenz<br />

Ο kein Unterschied gegenüber Referenz<br />

- schlechter als Referenz


Sanitärtechnik & Bodenfilter 21<br />

Die Urin separierenden Toiletten entsprechen in ihrem Benutzungsverhalten den konventionellen<br />

Spültoiletten. Die Gefahr einer Verstopfung und des damit verbundenen Ausfalls der<br />

Toilette entspricht einer herkömmlichen Spültoilette.<br />

Bei der Beurteilung des Urinablaufs muss zwischen den verschiedenen Toilettentypen unterschieden<br />

werden. Bei den schwedischen Toilettentypen mit der Trennung zwischen Urin- und<br />

Fäkalienablauf hat ein Verstopfen des Urinablaufs den Überlauf des Beckenteils in den<br />

Fäkalienteil und daraus zwingend eine Reinigung des Urinbeckens zur Folge. Bei dieser<br />

Reinigung besteht natürlich die potentielle Exposition mit pathogenen Keimen und Viren, die in<br />

den ausgeschiedenen Fäkalien – und im Krankheitsfalle auch im Urin - enthalten sind.<br />

Bei der Toilette der Fa. Roediger hat ein Verstopfen der Urinleitung lediglich den Ausfall der<br />

getrennten Urinableitung zu Folge. Der Urin fließt dann wie bei einer herkömmlichen Toilette<br />

gemeinsam mit den Fäkalien ab. Hieraus ergibt sich nur eine Auswirkung auf technischer<br />

Ebene (eine Urintrennung findet nicht mehr statt), die Benutzungsmöglichkeit der Toilette ist<br />

weiterhin gegeben.<br />

Die unter der Rubrik Störung genannten Aspekte wirken nur auf den Betreiber. Hier sind die<br />

wichtigsten Punkte potentielle Verstopfungen und deren Beseitigung. Diese Punkte sind in ihrer<br />

Auswirkung dem System einer konventionellen Spültoilette bzw. eines wassergespülten Urinals<br />

gleichzusetzen.<br />

Nach dem derzeitigen Kenntnisstand ist der separierenden Toilette der Fa. Roediger der<br />

Vorzug gegenüber den anderen Modellen zu geben, auch wenn bei Ersterer noch<br />

Optimierungspotenzial besteht.<br />

6.2 Abwasserbehandlung<br />

Generell ist der Betreiber auf die hygienischen Risiken bei Arbeiten an der Abwasseranlage<br />

hinzuweisen, in der Regel wird der Betreiber dieses ja nicht selber übernehmen, sondern an<br />

fachkundiges Personal übergeben. Im Fall der Lambertsmühle wird die Wartung an der<br />

Abwasserbehandlungsanlage durch den Wupperverband durchgeführt.<br />

Nach dem Umbau in der zweiten Projektphase ist die Konstruktion der Feststoffabscheidung so<br />

gewählt worden, dass ein Einsteigen in die Abwasseranlage nur noch bei Störungen oder bei<br />

Wartungen durch eine Fachfirma erforderlich ist. Der Wechsel des Filterbehälters (Sack bzw.<br />

gelochter Korb) erfolgt durch Verschieben des Laufwagens, ein Austausch ist ebenfalls von<br />

oben möglich. Bei sachgemäßer Handhabung besteht kein Kontakt mit den gesammelten Feststoffen.<br />

Der einzig verbleibende Risikofaktor ist die Handhabung und der Transport des Filtersacks bzw.<br />

Filterkorbs nach Entnahme zur weiteren Behandlung. Hier besteht ein potentielles Risiko des<br />

Kontakts mit Krankheitserregern, daher sind die üblichen Schutzmassnahmen bei dem Umgang<br />

mit Abwasser zu beachten. Für die Handhabung sind daher Fachfirmen einzuschalten, die den<br />

Umgang mit Abwasser gewohnt sind und ausreichende Fachkenntnis über Hygiene- und<br />

Sicherheitsvorschriften haben. Gegenüber dem bei Absetz- und Ausfaulgruben üblichen<br />

Entleeren durch Saugfahrzeuge ist das Volumen deutlich reduziert und beschränkt sich lediglich<br />

auf die Feststoffe.<br />

Es kann somit davon ausgegangen, dass bei bestimmungsgemäßem Betrieb bei den Sanitäranlagen<br />

kein Unterschied gegenüber herkömmlicher Sanitärtechnik vorhanden ist. Die<br />

Behandlungsanlagen weisen gegenüber herkömmlichen Anlagen bei bestimmungsgemäßem<br />

Betrieb Vorteile auf, da die Nährstoffemissionen nach der Behandlung deutlich niedriger sind<br />

als bei konventionellen Anlagen. Analog zu herkömmlichen Anlagen besteht bei<br />

unsachgemäßem Betrieb ein potentielles Risiko für Benutzer und Betreiber.


Sanitärtechnik und Bodenfilter 22<br />

Tab. 4: Expositionswege und Risikoeinschätzung am Beispiel der Abwasseranlagen in der<br />

Lambertsmühle<br />

Zustand<br />

Anlagenteil / Tätigkeit Betrie<br />

b<br />

Gelbwassersammlung<br />

Stromausfall X stromunabhängig<br />

Störung Exposition Risikopotential Wertung Erläuterung<br />

Kein Risiko Ο Keine stromabhängigen<br />

Bauteile<br />

vorhanden<br />

Öffnen des Behälters X Kein Risiko Ο<br />

Füllstandskontrolle X Überlaufen<br />

des<br />

Behälters<br />

Entleerung X Tropfverluste<br />

am Schlauch<br />

und<br />

Entleerungss<br />

tutzen<br />

Feststofftrennung und –sammlung<br />

Filterbehälterwechsel X Wechsel des<br />

Filters durch<br />

Verschieben<br />

des<br />

Rollwagens<br />

Filterbehälterentnahme X Entnahme<br />

des Filters<br />

aus dem<br />

Schachtbauwerk<br />

Filterbehälteraustausch X Wie Filterbehälterentnahme<br />

Entleerung Filterbehälter<br />

X Entnahme<br />

der<br />

Feststoffe<br />

aus dem<br />

Filterbehälter<br />

Nährstoffeintrag in<br />

Boden und<br />

Grundwasser sowie<br />

Kontakt mit<br />

Krankheitserregern<br />

möglich<br />

Ggf. geringer<br />

Nährstoffeintrag in die<br />

belebte Bodenzone,<br />

Kontakt mit<br />

Krankheitserregern<br />

möglich<br />

- Nur bei<br />

fehlender oder<br />

nicht fachgerechterWartung/Kontrolle<br />

relevant<br />

Ο Wie bei<br />

konventioneller<br />

Entnahme, bei<br />

fachgerechter<br />

Entleerung<br />

unproblematisch<br />

Kein Risiko Ο Kein Kontakt<br />

mit Filter/Reststoffen<br />

Kontakt mit Feststoffen<br />

(Krankheitserregern)<br />

Kontakt mit Feststoffen<br />

(Krankheitserregern)<br />

Kontakt mit Feststoffen<br />

(Krankheitserregern)<br />

+ Im Gegensatz<br />

zum Inhalt<br />

Mehrkammergrube<br />

relativ<br />

einfache<br />

Entnahme der<br />

Feststoffe<br />

+ relativ einfacher<br />

Austausch<br />

- Entleerung<br />

zwecks<br />

Kompostierung<br />

z. Z. nur<br />

händisch bzw.<br />

manuell<br />

möglich


Sanitärtechnik und Bodenfilter 23<br />

Anlagenteil / Tätigkeit<br />

Zustand<br />

Betrieb Störung Exposition Risikopotential Wertung Erläuterung<br />

Gesamte Filteranlage X X Geruchs-<br />

und<br />

Gasbildung<br />

(z.B.: CH 4,<br />

H 2S)<br />

Verstopfung<br />

Wirbelabscheider<br />

X Reinigung<br />

des<br />

Wirbelabscheiders<br />

Stromausfall X Notüberlauf<br />

in bewachsenen<br />

Bodenfilter<br />

Pflanzenkläranlagen / bewachsener Bodenfilter<br />

Mahd des Schilfs X Kein Kontakt<br />

mit<br />

Abwasser<br />

Giftstoß im Abwasser<br />

bzw. Zufluss<br />

Pflanzenkläranlage<br />

X Kurzzeitige<br />

Schädigung<br />

der Biologie<br />

Stromausfall X Siehe<br />

Stromausfall<br />

Feststofftrennung<br />

Durch aerobe<br />

Bedingungen deutlich<br />

niedriger als bei<br />

Absetzanlagen<br />

Kontakt mit Feststoffen<br />

(Krankheitserregern)<br />

Unzureichende<br />

Reinigungsleistung,<br />

Eintrag in Gewässer<br />

(CSB, BSB 5)<br />

+ Gasbildungspotential<br />

signifikant<br />

niederiger als<br />

bei<br />

Mehrkammergrube<br />

Ο Nur bei<br />

fehlender oder<br />

nicht fachgerechterWartung/Kontrolle<br />

relevant<br />

+ Aufgrund<br />

Urinseparation<br />

erheblich geringere<br />

N-<br />

Emissionen<br />

Kein Risiko Ο Wie<br />

konventionell<br />

Unzureichende<br />

Reinigungsleistung,<br />

erhöhter<br />

Nährstoffeintrag ins<br />

Gewässer (CSB,<br />

BSB 5)<br />

Siehe Stromausfall<br />

Feststofftrennung<br />

Wertung gegenüber Referenz (herkömmliche Behandlung in Mehrkammergrube und bewachsenem Bodenfilter):<br />

+ besser als Referenz<br />

Ο kein Unterschied gegenüber Referenz<br />

- schlechter als Referenz<br />

+ Aufgrund<br />

Urinseparation<br />

erheblich geringere<br />

N-<br />

Emissionen<br />

+ Aufgrund<br />

Urinseparation<br />

erheblich geringere<br />

N-<br />

Emissionen


Sanitärtechnik und Bodenfilter 24<br />

7 Zusammenfassung<br />

Die Umbauten an der Feststoffabtrennung durch den Einbau eines Wirbelabscheiders zur<br />

Grobstoffentfernung und die Modifikation des Filterbehälters haben zu einer deutlichen Verbesserung<br />

der Feststoffsammlung und Entwässerung geführt.<br />

Die Handhabung der Anlage wurde optimiert und ist für den Betreiber, bzw. für die von ihm<br />

beauftragte Fachfirma zu Wartung der Anlage, deutlich verbessert worden. Die Feststoffe<br />

können nach Sammlung in dem Filterbehälter und einer Entwässerung einfacher mit dem<br />

Filterbehälter entnommen werden und einer weiteren Lagerung zur Hygienisierung zugeführt<br />

werden.<br />

Die Reinigungsleistung des bewachsenen Bodenfilters ist zufrieden stellend und die geforderten<br />

Ablaufwerte können ohne Probleme eingehalten werden. Deutlich sind die gegenüber<br />

konventionellen Anlagen erheblich niedrigeren Stickstoffablaufkonzentrationen, die auf die Urinseparation<br />

und eine weitgehende Stickstoffelimination des Reststickstoffs in dem bewachsenen<br />

Bodenfilter zurückzuführen ist. Der anfänglich gute Phosphorrückhalt des bewachsenen<br />

Bodenfilters verringert sich nach ca. zwei Jahren Betriebszeit, da die<br />

Phosphorrückhaltekapazität des verwendeten Bodenfiltermaterials erschöpft ist.<br />

Ein Versuch einer Risikoabschätzung für die installierte Sanitärtechnik im Haus zeigt als<br />

wichtigsten Faktor die von dem Benutzer ausgehende Akzeptanz einer veränderten<br />

Sanitärtechnik. Für die Behandlungsanlagen ist gegenüber einer konventionellen<br />

Hauskläranlage mit Mehrkammergrube und bewachsenem Bodenfilter für das gesamte<br />

Schmutzwasser von einem geringeren Risikopotential auszugehen, da die Geruchs- und<br />

Gasbildung erheblich niedriger einzuschätzen ist und im Falle eines Versagens bzw.<br />

Teilausfalls der Anlage nur in geringem Masse Stickstoff in das Gewässer emittiert wird.


Analytik zur Bestimmung von Pharmaka in Böden und Urin 25<br />

Aufbau und Einsatz einer problemorientierten<br />

Analytik mit dem Ziel eines Monitorings ausgewählter<br />

Pharmaka in Böden und Urin<br />

Andrea Butzen, Dr. Friedrich Werres, Dr. Peter Balsaa<br />

IWW Rheinisch-Westfälisches Institut für Wasserforschung gemeinnützige GmbH<br />

Institut an der <strong>Universität</strong> Duisburg-Essen, Moritzstraße 26, 45476 Mülheim an der Ruhr<br />

Telefon: 0208-40303-0<br />

Korrespondenz: f.werres@iww-online.de<br />

1 Einleitung<br />

In Deutschland sind im Human- und Veterinärbereich derzeit über 2900 unterschiedliche<br />

Arzneimittelinhaltsstoffe zugelassen [1]. Die jährlich verordneten Arzneimittelmengen können in<br />

Einzelfällen Spitzenwerte von über 100 t erreichen. Da Humanpharmaka teilweise bis zu 50 %<br />

unverändert bzw. metabolisiert über den Urin ausgeschieden werden, ist mit einem Auftreten<br />

der Wirkstoffe im häuslichen Abwasser zu rechnen. Die Wirkstoffe besonders häufig verschriebener<br />

Arzneimittel werden daher in kommunalen Abwässern regelmäßig in erhöhten<br />

Konzentrationen nachgewiesen [2 bis 7]. Bei der im Projekt angedachten Rückführung<br />

einzelner Abwasserteilströme in den Ökokreislauf, insbesondere vor dem Hintergrund einer<br />

landwirtschaftlichen Nutzung des Gelbwassers als Düngemittel, ist vorgesehen, den Verbleib<br />

und die Konzentration ausgewählter Arzneimittelwirkstoffe in Urin und Boden zu überwachen,<br />

da ein Eintrag über den Boden in den Grundwasserleiter nicht auszuschließen ist.<br />

2 Zielsetzung<br />

Im Rahmen des Projektes wurde unter Einsatz leistungsstarker chromatographischer und<br />

spektroskopischer Systeme das Ziel verfolgt, empfindliche Analysenverfahren für die Bestimmung<br />

ausgewählter Arzneimittelwirkstoffe in Sickerwasser, Urin und Boden zu entwickeln und<br />

nach ihrer Validierung projektbezogen einzusetzen. Durch eine Weiterentwicklung bekannter<br />

Verfahren der Probenvorbereitung sollte in Kombination mit neu zu erarbeitenden Techniken<br />

ein rascher und präziser Nachweis dieser Wirkstoffe auch in schwieriger Matrix ermöglicht<br />

werden. Die Auswahl der in diesem Projekt zu untersuchenden Wirkstoffe erfolgte aufgrund<br />

einer Literaturrecherche sowie den Ergebnissen zahlreicher eigener Untersuchungen von<br />

Abwässern und Urin.<br />

3 Stoffauswahl<br />

Arzneimittelrückstände einschließlich Antibiotika lassen sich naturgemäß im Abwasser und Urin<br />

nachweisen. Die „Rote Liste“, die über 90 % der in Deutschland zugelassenen Arzneimittel<br />

aufführt, enthält allein mehr als 8000 Präparateintragungen [1]. Einige Wirkstoffe werden jedoch<br />

in der Humanmedizin relativ häufig und meist über einen längeren Zeitraum hinweg eingesetzt.<br />

Daher werden Rückstände und Metaboliten dieser pharmazeutischen Stoffe in kommunalen<br />

Abwässern regelmäßig in hohen Konzentrationen nachgewiesen [2 bis 7]. Hierbei handelt es<br />

sich insbesondere um Lipidsenker, Schmerz- und Rheumamittel. Literaturrecherchen und<br />

eigene Untersuchungen von Oberflächenwässern, Kläranlagenabläufen und Urinproben<br />

zeigten, dass sowohl Antirheumatika wie Ibuprofen, Diclofenac und Fenoprofen als auch das<br />

Antiepileptikum Carbamazepin relativ häufig nachgewiesen werden. Ebenfalls nachgewiesen<br />

wurde der Lipidsenker Bezafibrat sowie die Clofibrinsäure, ein Metabolit der drei Lipidsenker


Analytik zur Bestimmung von Pharmaka in Böden und Urin 26<br />

Clofibrat, Etofibrat und Etofyllinfibrat. In den letzten Jahren wurde vermehrt von Befunden<br />

antimikrobiell wirksamer Substanzen (Antibiotika) in der aquatischen Umwelt berichtet [2, 4, 8,<br />

9]. In Baden-Württemberg konnten beispielsweise drei Sulfonamide (Sulfamethoxazol,<br />

Sulfadiazin und Sulfamethazin) in einigen Grundwässern nachgewiesen werden [2, 8, 9]. Aufgrund<br />

dieser und vergleichbarer Befunde wird der Einfluss des Antibiotikaeintrags auf die Zunahme<br />

antibiotikaresistenter Bakterien im Oberflächenwasser diskutiert [10]. Im Rahmen des<br />

Projekts wurde es daher als wichtig erachtet, die Stoffgruppe der Antibiotika einzubeziehen.<br />

Tabelle 1 gibt einen Überblick über die in diesem Projekt ausgewählten Wirkstoffe und deren<br />

humantherapeutischen Einsatz.<br />

Tab. 1: Auflistung der in diesem Projekt ausgewählten Arzneimittelwirkstoffe.<br />

Wirkstoffbezeichnung humantherapeutischer Einsatz CAS-Nummer Summenformel Molmasse<br />

[g/mol]<br />

Carbamazepin Antiepileptikum 298-46-4 C15H12N2O 236,3<br />

Clofibrinsäure Metabolit der Lipidsenker Clofibrat,<br />

Etofibrat und Etofyllinfibrat<br />

882-09-7 C10H11ClO3 214,6<br />

Bezafibrat Lipidsenker 41859-67-0 C19H20ClNO 4 361,8<br />

Fenoprofen nichtsteroidales Antirheumatikum 53746-45-5 C30H26O6Ca 522,6<br />

Diclofenac nichtsteroidales Antirheumatikum 15307-79-6 C14H10Cl2NO2Na 318,1<br />

Ibuprofen nichtsteroidales Antirheumatikum 15687-27-1 C13H18O2 206,3<br />

Tetracyclin Antibiotikum 60-54-8 C22H24N2O8 444,4<br />

Sulfamethazin Antibiotikum 1981-58-4 C12H13N4NaO 2S 300,3<br />

Sulfadiazin Antibiotikum 68-35-9 C10H10N4O2S 250,3<br />

Sulfamethoxazol Antibiotikum 723-46-6 C10H11N3O3S 253,3<br />

4 Analytik<br />

4.1 HPLC-MS (Hochleistungsflüssigchromatographie-Massenspektrometrie)<br />

HPLC (Hochleistungsflüssigchromatographie). Die HPLC ist eine analytische Trennmethode,<br />

die eine Trennung sehr ähnlicher Verbindungen aus komplexen Gemischen ermöglicht. Die<br />

Trennung der gelösten Analyten findet zwischen einer festen stationären Phase und einer<br />

flüssigen mobilen Phase statt. Zur Detektion der untersuchten Stoffe stehen eine Vielzahl von<br />

Detektoren zur Verfügung. Neben UV-Absorptions- und Fluoreszenzdetektoren wird auch die<br />

Massenspektrometrie zur Detektion genutzt. Die HPLC wird heute neben der Gaschromatographie<br />

von nahezu allen Umweltlaboratorien schwerpunktsmäßig im Bereich der Spurenanalytik<br />

anthropogener organischer Kontaminanten eingesetzt.<br />

MS (Massenspektrometrie). In der Massenspektrometrie werden die zu analysierenden Komponenten<br />

mittels eines Interfaces in ionisierte Moleküle überführt und an Hand ihres<br />

Masse/Ladungsverhältnisses (m/z) unter Hochvakuum detektiert. Wird das MS im Rahmen der<br />

Spurenanalytik als Detektor eines chromatographischen Systems verwendet, so wird der<br />

Ausgang der chromatographischen Säule in den Einlass des Massenspektrometers geleitet.<br />

Durch den Einsatz von Ionisationsquellen, die unter Atmosphärendruck arbeiten, werden die im<br />

Lösungsmittel gelösten Analyten ionisiert, aufgrund ihrer Ladung vom Laufmittel getrennt und in<br />

den Massenanalysator geleitet. Ein wichtiger Vorteil der Kopplung einer HPLC-Anlage mit<br />

einem Massenspektrometer als Detektor im Vergleich zu einem Photodiodenarray-Detektor<br />

(PDA) ist die Absicherung der Analytik auch bei koeluierenden Stoffen. Weitere Vorteile in Ver-


Analytik zur Bestimmung von Pharmaka in Böden und Urin 27<br />

bindung mit der MS/MS-Technik sind, neben einer Verbesserung der Nachweissicherheit, die<br />

Ausblendung störender Matrixeinflüsse. Dies führt zu einer Steigerung der Analysenempfindlichkeit.<br />

4.2 Methodenentwicklung<br />

4.2.1 Chemikalien<br />

• Acetonitril, Methanol, HPLC-Wasser „HPLC-grade“, Promochem (Wesel, Deutschland)<br />

• Aceton „zur Rückstandsanalytik“, Promochem (Wesel, Deutschland)<br />

• Salzsäure, Essigsäure, Ameisensäure, Ethylacetat, Natriumsulfat (wasserfrei), Citronensäure,<br />

Dinatriumhydrogenphosphat-Monohydrat, Kaliumchlorid „zur Rückstandsanalytik“,<br />

Merck (Darmstadt, Deutschland)<br />

• Carbamazepin, Clofibrinsäure, Bezafibrat, Fenoprofen (Ca-Salz), Diclofenac (Na-Salz),<br />

Ibuprofen, Tetracyclin, Sulfamethazin (Na-Salz), Sulfadiazin, Sulfamethoxazol, alle mit<br />

einer Reinheit > 95 %, Sigma-Aldrich (Steinheim, Deutschland)<br />

• Seesand „zur Rückstandsanalytik“, Merck (Darmstadt, Deutschland)<br />

• Natürlicher Zeolith ‚Clinoptiolit‘ (Bulgarien)<br />

• Modellwasser (über Aktivkohle gefiltertes Mülheimer Trinkwasser)<br />

4.2.2 Modellböden<br />

Meckenheimer Krume: Parabraunerde aus Löß (0 - 30 cm)<br />

Burscheider Krume: Parabraunerde aus schluffigem Lehm<br />

Uedorfer Krume: sandiger Ton<br />

Versuchsgut Wiesengut: Braunauenboden aus der Hochflutebene<br />

4.2.3 Pufferlösungen<br />

Zur Durchführung der Analytik wurden folgende Pufferlösungen benötigt:<br />

• HCl/KCl-Puffer<br />

Lösung A: Kaliumchloridlösung, c = 0,2 mol/l<br />

Lösung B: HCl-Lösung, c = 0,2 mol/l<br />

25 ml A + 6,5 ml B → pH 2,0<br />

• McIlvaine-Puffer<br />

Lösung A: Citronensäurelösung, c = 0,1 mol/l<br />

Lösung B: Dinatriumhydrogenphosphat-Monohydratlösung, c = 0,2 mol/l<br />

43 ml A + 57 ml B → pH 5,5<br />

• Citrat-Puffer<br />

Lösung A: Natriumcitratlösung, c = 0,1 mol/l<br />

Lösung B: NaOH-Lösung, c = 0,1 mol/l<br />

82,2 ml A + 17,8 ml B → pH 2,0<br />

4.2.4 Material und Geräte<br />

• Festphasen-Kartusche Isolute ENV+, Separtis GmbH (Grenzach-Wyhlen, Deutschland)<br />

• HPLC-Säule (150 x 2,1 mm, 3 µm), Discovery HS C18, Supelco (Taufkirchen, Deutschland)<br />

• HPLC-Säule (250 x 3,0 mm, 5 µm), Nucleosil C18 HD, Macherey-Nagel (Düren, Deutschland)<br />

• HPLC-MS-System bestehend aus HPLC-Pumpe (P4000) mit vorgeschaltetem Degaser


Analytik zur Bestimmung von Pharmaka in Böden und Urin 28<br />

(SCM 1000), Autosampler (AS 3000), Säulenofen (Jet-Stream Plus), UV-Diodenarray<br />

Detektor (UV 6000 LP) und nachgeschaltetem Ion-Trap Massenspektrometer (LCQ Duo),<br />

Thermo (Dreieich, Deutschland)<br />

• Rotationsverdampfer (VV 2000), Heidolph (Deutschland) mit Hochvakuumpumpe (PIZ<br />

100), Saskia (Deutschland)<br />

• Turbo Vap (LV Evaporator), Zymark (Deutschland)<br />

• Schüttelmaschine, Gerhardt (Deutschland)<br />

4.2.5 Probenaufarbeitung<br />

Aufgrund unterschiedlicher chemischer Eigenschaften der Wirkstoffe mussten 3 verschiedene<br />

HPLC-MS-Methoden entwickelt werden. In diesem Zusammenhang wurden die Wirkstoffe in<br />

drei Stoffgruppen eingeteilt. Die Gruppe der Sulfonamide mit den Substanzen Sulfadiazin,<br />

Sulfamethazin und Sulfamethoxazol, die Stoffgruppe der Pharmaka mit den Substanzen<br />

Carbamazepin, Clofibrinsäure, Bezafibrat, Diclofenac, Fenoprofen und Ibuprofen und die<br />

Gruppe Tetracyclin mit der Substanz Tetracyclin. Auch die drei in diesem Projekt zu bearbeitenden<br />

Matrices (Wasser, Urin und Boden) verlangten unterschiedliche Aufarbeitungsschritte.<br />

Dies führte zu einer Entwicklung von 9 unterschiedlichen Methoden. Im folgenden sind die einzelnen<br />

Verfahren näher beschrieben.<br />

Matrix Wasser. Die Bestimmung von Tetracyclin im Wasser wurde mittels HPLC-MS nach<br />

Direktinjektion durchgeführt. Lediglich eine Glasfaserfiltration wurde zur Reinigung der Probe<br />

vorgeschaltet. Die Bestimmung von Sulfonamiden im Wasser setzte eine Festphasen-<br />

Extraktion voraus. Als Festphase wurde eine mit 200 mg Polystyroldivinylbenzol gefüllte SPE-<br />

Kartusche der Firma Separtis (ENV+) verwendet. Zur Konditionierung des SPE-Materials<br />

wurden 2 x 3 ml Methanol verwendet. 1 Liter der mit Salzsäure auf pH 3 angesäuerten<br />

Wasserprobe wurde zur Anreicherung mit einem Fluss von 10 ml/min über die Kartusche<br />

filtriert. Nach einer einstündigen Trocknung der Festphase im Luftstrom wurden die Wirkstoffe<br />

mit 5 x 2 ml Methanol eluiert, und das Eluat im Turbo Vap der Firma Zymark im Stickstoffstrom<br />

bis zur Trockene eingeengt. Der Rückstand wurde in 1 ml Acetonitril/Wasser (60/40; v/v) gelöst<br />

und konnte anschließend mittels HPLC-MS vermessen werden. Um die Wirkstoffe der<br />

Pharmaka-Gruppe in der Matrix Wasser zu analysieren war ebenfalls eine Anreicherung mittels<br />

Festphasenextraktion erforderlich. Zur Konditionierung der SPE-Kartusche wurden<br />

nacheinander 2 x 3 ml Aceton auf die Säule gegeben. Die mit Salzsäure auf pH 2 angesäuerte<br />

Wasserprobe (1 Liter) wurde analog zur Aufarbeitung der Sulfonamide über die Kartusche<br />

filtriert. Nach Trocknung im Luftstrom wurde mit 5 x 2 ml Aceton eluiert. Nach vollständiger<br />

Entfernung des organischen Lösungsmittels wurde der Rückstand in 1 ml Methanol/Wasser<br />

(65/35; v/v) aufgenommen und mittels HPLC-MS gemessen.<br />

Matrix Urin. Der Wirkstoff Tetracyclin ließ sich in der Matrix Urin aufgrund der hinreichenden<br />

Empfindlichkeit des verwendeten Analysenverfahrens für diesen Parameter ohne aufwendige<br />

Probenvorbereitung direkt analysieren. Es war lediglich eine Verdünnung (1 ml Urinprobe mit<br />

destilliertem Wasser auf 2 ml aufgefüllt) und anschließende Glasfaserfiltration notwendig. Für<br />

die Bestimmung der Wirkstoffe der Gruppen Sulfonamide und Pharmaka in der Matrix Urin<br />

musste eine Aufkonzentrierung mittels Flüssig/Flüssig-Extraktion als Probenaufarbeitung<br />

herangezogen werden. Dazu wurden 20 ml der Urinprobe in einem 100 ml Schütteltrichter<br />

vorgelegt. Zur Einstellung des pH-Werts wurde jedem Aliquot Urin 10 ml einer Pufferlösung<br />

zugefügt (Stoffgruppe Sulfonamide: McIlvaine-Puffer; Stoffgruppe Pharmaka: HCl/KCl-Puffer).<br />

Nach Zugabe von 80 ml Ethylacetat wurden die Proben 30 Minuten mit 150 Schütteleinheiten<br />

min-1 geschüttelt. Die organische Phase wurde über Natriumsulfat (wasserfrei) getrocknet und<br />

in einen 250 ml Rundkolben überführt. Dieser Vorgang wurde mit 20 ml Ethylacetat wiederholt.<br />

Nach Vereinigung der beiden Extrakte wurde das Lösungsmittel am Rotationsverdampfer im<br />

Wasserbad bei 40 °C bis auf ca. 1 ml eingeengt. Der Rückstand wurde mit Ethylacetat in ein<br />

Reagenzglas mit Spitzboden überführt und anschließend im Stickstoffstrom bis zur Trockene<br />

eingeengt. Die Sulfonamidwirkstoffe ließen sich in 1 ml Acetonitril/Wasser (60/40; v/v), die<br />

Wirkstoffe der Pharmaka-Gruppe in 1 ml Methanol/Wasser (65/35; v/v) aufnehmen. Beide<br />

Wirkstoffgruppen wurden anschließend separat mittels HPLC-MS analysiert.


Analytik zur Bestimmung von Pharmaka in Böden und Urin 29<br />

Matrix Boden. Zur Bestimmung der in diesem Projekt ausgewählten Wirkstoffe in der Matrix<br />

Boden mussten die Proben mittels einer Fest/Flüssig-Extraktion aufgearbeitet werden. Der<br />

Unterschied in der Aufarbeitung der einzelnen Stoffgruppen lag in der Wahl des pH-Wertes. Die<br />

Wirkstoffe der Sulfonamid-Gruppe wurden bei einem pH-Wert von 5,5, die der Pharmaka-<br />

Gruppe bei einem pH-Wert von 2 und Tetracyclin bei einem pH-Wert von 4,7 aufgearbeitet.<br />

Dazu wurden 10 g einer Bodenprobe in eine 250 ml Steilbrustflasche eingewogen. Je nach<br />

Stoffgruppe wurden 20 ml einer Pufferlösung [Sulfonamide → McIlwaine (pH 5,5); Pharmaka →<br />

HCl/KCl-Puffer (pH 2); Tetracyclin → Citrat-Puffer (pH 4,7)] zugegeben. Danach wurden die<br />

Proben jeweils 1 Stunde mit 100 ml Ethylacetat bei 180 Schütteleinheiten min -1 geschüttelt.<br />

Nach vollständiger Trennung der zwei Phasen wurde die Ethylacetat-Phase jeweils über Natriumsulfat<br />

getrocknet und mittels Dekantieren in einen 250 ml Rundkolben überführt. Danach<br />

wurde ein zweites und drittes mal mit je 20 ml Ethylacetat geschüttelt. Die Extrakte wurden wie<br />

oben beschrieben behandelt und anschließend mit dem ersten Extrakt vereinigt. Die vereinigte<br />

organische Phase wurde dann am Rotationsverdampfer bei 40 °C bis auf 1 ml eingeengt, mit<br />

Ethylacetat in ein Reagenzglas mit Spitzboden überführt und im Stickstoffstrom bis zur<br />

Trockene eingedampft. Anschließend wurde mit 1 ml des geeigneten Lösungsmittel [Sulfonamide<br />

→ Acetonitril/Wasser (60/40; v/v); Pharmaka → Methanol/Wasser (65/35; v/v); Tetracyclin<br />

→ Acetonitril/Wasser (10/90; v/v)] aufgenommen und mittels HPLC-MS analysiert.<br />

4.2.6 Chromatographie und Detektion<br />

Chromatographische Bedingungen. Die drei Wirkstoffe der Sulfonamid-Gruppe wurden mit<br />

der HPLC-Säule Nucleosil und einem Fluss von 0,4 ml/min chromatographiert. Als Laufmittel<br />

diente ein mit 0,1 % Essigsäure angesäuertes Acetonitril/Wasser-Gemisch. Die Trennung<br />

erfolgte isokratisch. Der Wirkstoff Tetracyclin wurde ebenfalls mit der Nucleosil-Säule<br />

chromatographiert. Als Laufmittel wurde Acetonitril und Wasser mit jeweils 0,5 % Ameisensäure<br />

verwendet. Hier wurde ein linear ansteigendes Gradientenprogramm gewählt. Die Chromatographie<br />

der Wirkstoffe der Stoffgruppe Pharmaka wurde mit der HPLC-Säule Discovery und<br />

einem Fluss von 0,2 ml/min durchgeführt. Als Laufmittel wurde Methanol und Wasser mit jeweils<br />

0,1 % Essigsäure verwendet. Die chromatographischen Bedingungen sind in Abbildung 1<br />

zusammengefasst dargestellt.


Analytik zur Bestimmung von Pharmaka in Böden und Urin 30<br />

Tetracyclin<br />

HPLC-Säule: Nucleosil C18 HD; 250 x 3 mm, 5 µm<br />

Säulentemperatur: 40 °C<br />

Laufmittelfluss: 0,4 ml/min<br />

Injektionsvolumen: 1000 µl (Wasser), 20 µl (Urin, Boden)<br />

Laufmittel: A: Acetonitril + 0,5 % Ameisensäure<br />

B: Wasser + 0,5 % Ameisensäure<br />

Gradienten Programm: Zeit Laufmittel A Laufmittel B<br />

0 min 10 % 90 %<br />

10 min 60 % 40 %<br />

15 min 60 % 40 %<br />

16 min 10 % 90 %<br />

21 min 10 % 90 %<br />

Sulfonamide<br />

HPLC-Säule: Nucleosil C18 HD; 250 x 3 mm, 5 µm<br />

Säulentemperatur: 45 °C<br />

Laufmittelfluss: 0,4 ml/min<br />

Injektionsvolumen: 200 µl (Wasser), 20 µl (Urin, Boden)<br />

Laufmittel: A: Acetonitril + 0,1 % Essigsäure<br />

B: Wasser + 0,1 % Essigsäure<br />

Gradienten Programm: nein isokratisch<br />

A/B = 60/40 (v/v)<br />

Pharmaka<br />

HPLC-Säule: Discovery C18 HS; 150 x 2,1 mm, 3 µm<br />

Säulentemperatur: 40 °C<br />

Laufmittelfluss: 0,2 ml/min<br />

Injektionsvolumen: 200 µl (Wasser), 20 µl (Urin, Boden)<br />

Laufmittel: A: Methanol + 0,1 % Essigsäure<br />

B: Wasser + 0,1 % Essigsäure<br />

Gradienten Programm: Zeit Laufmittel A Laufmittel B<br />

0 min '65 % 35 %<br />

10 min '72 % 28 %<br />

15 min 100 % '0 %<br />

16 min 100 % '0 %<br />

21 min '65 % 35 %<br />

30 min '65 % 35 %<br />

Abb. 1: Zusammenfassung der chromatographischen Bedingungen der in diesem Projekt untersuchten<br />

Wirkstoffe.<br />

Massenspektrometrische Bedingungen. Die Optimierung der massenspektrometrischen<br />

Bedingungen erfolgte für jeden einzelnen Wirkstoff mittels „flow injection“ . Unter „flow injection“<br />

versteht man die direkte Injektion der Bezugslösung eines Wirkstoffs in das Interface des<br />

Massenspektrometers durch eine regelbare Spritzenpumpe. Die Konzentrationen der einzelnen<br />

Bezugslösungen betrugen dabei jeweils 1 mg/l. Die Ionisation wurde sowohl in den Betriebsmodi<br />

APCI (atmospheric pressure chemical ionisation) als auch ESI (electrospray ionisation)<br />

durchgeführt. Die optimierten MS-Parameter sind in Tabelle 2 zusammengefasst.


Analytik zur Bestimmung von Pharmaka in Böden und Urin 31<br />

Tab. 2: Zusammenfassungen der massenspektrometrischen Bedingungen der untersuchten Wirkstoffe.<br />

Wirkstoff Interface Modus vaporizer spray capillary sheath Precursor Kollisions- Fragment<br />

temperature voltage voltage gas Ion Energie Ionen<br />

[°C] [kV] [V] [units] [M+H] +<br />

[%]<br />

Carbamazepin ESI + ---- 5,5 31 20 237 40 194<br />

Clofibrinsäure ESI - ---- 5 -37 20 213 45 85 / 127<br />

Bezafibrat ESI - ---- 5 -37 20 360 40 274<br />

Fenoprofen ESI - ---- 5 -37 20 241 40 197<br />

Diclofenac ESI - ---- 5 -37 20 294 45 250<br />

Ibuprofen ESI - ---- 5 -37 20 205 ---- ----<br />

Tetracyclin ESI + ---- 6 13 25 445 30 410 / 427<br />

Sulfadiazin APCI + 500 150 3 30 251 40 108 / 156 / 174<br />

Sulfamethazin APCI + 500 150 3 30 279 40 124 / 204<br />

Sulfamethoxazol APCI + 500 150 3 30 254 40 109 / 140 / 156<br />

4.3 Methodenvalidierung und Bewertung<br />

Im Rahmen der Methodenentwicklung wurden wichtige Verfahrenskenndaten wie die Bestimmungsgrenze,<br />

Reproduzierbarkeit, Linearität und Wiederfindung ermittelt. In Tabelle 3 bis 5<br />

sind diese Daten aufgelistet.<br />

Tab. 3: Verfahrenskenndaten zur Analytik der ausgewählten Wirkstoffe in der Matrix Wasser.<br />

Bestimmungsgrenze Reproduzierbarkeit Linearität Wiederfindung<br />

Wirkstoff<br />

(S/N = 6)<br />

BG in µg/l<br />

(n = 6; c = 1,0 µg/l)<br />

SA in %<br />

(0,02 bis 2,0 µg/l)<br />

r<br />

nach SPE<br />

WDF in %<br />

Tetracyclin 0,1 9,9 0,9919 ---<br />

Sulfadiazin 0,1 13,0 0,9734 53<br />

Sulfamethazin 0,02 6,0 0,9987 39<br />

Sulfamethoxazol 0,1 9,0 0,9903 40<br />

Carbamazepin 0,05 4,9 0,9969 67<br />

Clofibrinsäure 0,05 7,1 0,9914 95<br />

Bezafibrat 0,05 3,5 0,9972 97<br />

Fenoprofen 0,05 4,3 0,9996 107<br />

Diclofenac 0,05 2,9 0,9971 88<br />

Ibuprofen 0,1 9,5 0,9958 109


Analytik zur Bestimmung von Pharmaka in Böden und Urin 32<br />

Tab. 4: Verfahrenskenndaten zur Analytik der ausgewählten Wirkstoffe in der Matrix Urin.<br />

Wirkstoff<br />

Bestimmungsgrenze<br />

(S/N = 6)<br />

Reproduzierbarkeit<br />

(n = 6; c = 50 µg/l)<br />

Linearität<br />

(5 bis 50 µg/l)<br />

Wiederfindung<br />

nach Fl/Fl-Extraktion<br />

BG in µg/l SA in % r WDF in %<br />

Tetracyclin 10,0 7,0 0,9976 ---<br />

Sulfadiazin 10,0 3,0 0,9992 123<br />

Sulfamethazin 5,0 4,6 0,9997 110<br />

Sulfamethoxazol 8,0 10,3 0,9995 83<br />

Carbamazepin 1,0 8,4 0,9898 52<br />

Clofibrinsäure 2,0 9,4 0,9988 80<br />

Bezafibrat 5,0 14,6 0,9862 49<br />

Fenoprofen 5,0 11,6 0,9812 67<br />

Diclofenac 1,0 14,4 0,9968 86<br />

Ibuprofen 5,0 10,9 0,9988 95<br />

Tab. 5: Verfahrenskenndaten zur Analytik der ausgewählten Wirkstoffe in der Matrix Boden.<br />

Wirkstoff<br />

Bestimmungsgrenze<br />

(S/N = 6)<br />

Reproduzierbarkeit<br />

(n = 6; c = 1,0 mg/kg)<br />

Linearität Wiederfindung<br />

(0,1 bis 2,0 mg/kg) nach Fl/Fe-Extraktion<br />

BG in mg/kg SA in % r WDF in %<br />

Tetracyclin 0,5 19,8 0,9849 5<br />

Sulfadiazin 2,0 14,8 0,9999 123<br />

Sulfamethazin 2,0 11,2 0,9966 69<br />

Sulfamethoxazol 2,0 7,1 0,9969 76<br />

Carbamazepin 0,1 13,2 0,9819 42<br />

Clofibrinsäure 0,05 8,6 0,9982 105<br />

Bezafibrat 0,05 8,3 0,9984 82<br />

Fenoprofen 0,2 8,9 0,9983 89<br />

Diclofenac 0,05 6,8 0,9960 74<br />

Ibuprofen 0,1 10,3 0,9984 89<br />

Bestimmungsgrenze. Als Bestimmungsgrenze (BG) wird die Konzentration festgelegt, an dem<br />

ein Analyt in einer Probe mit einer geforderten statistischen Sicherheit als Wert quantifiziert<br />

werden kann. Für die Bestimmungsgrenze wurde ein Signal/Rausch-Verhältnis (S/R) von<br />

mindestens 6:1 festgelegt. Wie aus Tabelle 3 bis 5 zu ersehen ist, liegen die ermittelten Bestimmungsgrenzen<br />

in Wasser zwischen 0,02 und 0,14 µg/l. In Urin liegen sie, bedingt durch die<br />

komplexe Matrix und den daraus resultierenden kleineren Anreicherungsfaktor, zum Teil deutlich<br />

höher (1,0 bis 10,0 µg/l). Für die Matrix Boden konnten Bestimmungsgrenzen zwischen<br />

0,05 und 0,5 mg/kg erhalten werden. Eine Ausnahme bilden die Sulfonamide. Für die Wirkstoffe<br />

Sulfamethazin, Sulfadiazin sowie Sulfamethoxazol wurden Bestimmungsgrenzen von 2,0 mg/kg<br />

ermittelt.


Analytik zur Bestimmung von Pharmaka in Böden und Urin 33<br />

Linearität. Zur Ermittlung der Linearität, wurde eine Kalibrierreihe erstellt. Sie gibt die<br />

Abhängigkeit eines Messsignals von der Analytkonzentration wieder. Der Korrelationskoeffizient<br />

(r) der Regressionsgeraden stellt die Linearität der Kalibrierreihe dar. Die ermittelten<br />

Korrelationskoeffizienten aus 5-Punkt-Kalibrierungen, wie in den Tabellen 3 bis 5 zu sehen,<br />

zeigen, dass eine lineare Abhängigkeit aller entwickelten Verfahren gegeben ist. Sie nehmen<br />

bei Wasserproben Werte von r > 0,99 an. Eine Ausnahme bildet das Sulfadiazin mit 0,9734. In<br />

den schwierigen Matrices Urin und Boden liegen die ermittelten Korrelationskoeffizienten aller<br />

Wirkstoffe nur geringfügig niedriger.<br />

Reproduzierbarkeit. Die Reproduzierbarkeit ist ein Maß für die Übereinstimmung der<br />

Ergebnisse, wenn Proben wiederholt unter gleichen Bedingungen aufeinander folgend<br />

gemessen werden. Dadurch ermittelt man die Präzision einer Methode. Als Kenngröße wird die<br />

Standardabweichung in Prozent (SA in %; Variationskoeffizient) angegeben. Zur Ermittlung der<br />

Reproduzierbarkeit der Analysenverfahren für Wasserproben wurden 6 Wiederholmessungen<br />

bei einer Konzentration von 1,0 µg/l durchgeführt. Die Werte der einzelnen Arzneimittel liegen<br />

zwischen 2,9 % und 9,9 %. Eine Ausnahme bildet Sulfadiazin mit 13 %. Die Reproduzierbarkeiten<br />

der Verfahren für Urinproben wurden ebenfalls aus 6 Wiederholungsmessungen aber<br />

bei einer Konzentration von 50 µg/l ermittelt. Die Werte liegen zwischen 3,0 % und 14,6 %. Die<br />

ermittelten Standardabweichungen für die Bodenanalytik aus 6 Wiederholungsmessungen bei<br />

1,0 mg/kg liegen zwischen 6,8 % und 14,8 %. Eine Ausnahme bildet der Wirkstoff Tetracyclin.<br />

Hier liegt die Standardabweichung aufgrund der niedrigen Wiederfindung (5 %) naturgemäß<br />

deutlich höher, und zwar bei 19,8 %.<br />

Wiederfindung. Der Wert der Wiederfindung in Prozent ist die wiedergefundene Konzentration<br />

dividiert durch die vorgegebene Konzentration multipliziert mit 100. Für die Probenaufarbeitung<br />

der Matrix Wasser ergaben sich Wiederfindungen, die abhängig vom Wirkstoff zwischen 39 und<br />

109 % lagen. Für die Urinaufarbeitung lagen die Werte zwischen 49 % und 123 %. Für die<br />

Aufarbeitung der Bodenproben lagen die Werte zwischen 42 % und 123 %. Eine Ausnahme ist<br />

der Wirkstoff Tetracyclin, hierfür konnte lediglich eine Wiederfindung von 5 % erreicht werden.<br />

Die oben beschriebenen Verfahrenskenndaten zeigen, dass die entwickelten Analysenmethoden<br />

eine hinreichend empfindliche Bestimmung der in diesem Projekt ausgewählten<br />

Wirkstoffe in allen drei Matrices zulassen. Die Methoden zeichnen sich durch eine hohe<br />

Verfahrensreproduzierbarkeit und einer guten linearen Abhängigkeit des Messsignals zur<br />

Analytkonzentration aus. Aufgrund dieser Ergebnisse eigenen sich alle 9 Analysenverfahren für<br />

den projektbezogenen Routinebetrieb.<br />

5 Projektbegleitende Aufgaben<br />

5.1 Aufgaben<br />

Im Rahmen des Projekts wurde das Ziel verfolgt, insbesondere vor dem Hintergrund einer<br />

landwirtschaftlichen Nutzung des Gelbwassers als Düngemittel, den Verbleib und die<br />

Konzentrationen ausgewählter Arzneimittelwirkstoffe in Urin, Boden und Sickerwasser zu überwachen.<br />

Im Folgenden sind die Aufgaben des IWW aufgelistet.<br />

• Ermittlung der Abnahme der Wirkstoffkonzentration in der Matrix Urin während der<br />

Lagerung bei drei unterschiedlichen pH-Werten<br />

• Begleitende Analytik für den am Institut für <strong>Pflanzenernährung</strong> durchgeführten Versuch „<br />

Mikrobieller Abbau im Boden“<br />

• Begleitende Analytik für den am Institut für <strong>Pflanzenernährung</strong> durchgeführten<br />

„Gewächshausversuch“<br />

• Begleitende Analytik für den am Institut für <strong>Pflanzenernährung</strong> durchgeführten Versuch<br />

„Urinreinigung mit Zeolithen zur Herstellung eines arzneimittelfreien Düngers“<br />

• Begleitende Analytik für den an der Bauhaus <strong>Universität</strong> Weimar durchgeführten „Bodenfilterversuch“


Analytik zur Bestimmung von Pharmaka in Böden und Urin 34<br />

5.2 Ansetzen der Dotierlösung<br />

Zum Ansatz der unterschiedlichen Versuche wurden im Rahmen des Projektes verschiedene<br />

Dotierlösungen benötigt, deren Herstellung nachfolgend beschrieben wird.<br />

Versuch „Entwicklung der Stoffkonzentrationen im gelagerten Urin“. Für die Dotierung des<br />

Urins mit einer Konzentration von 100 µg/l je Einzelwirkstoff wurde die in Tabelle 6<br />

beschriebene Multikomponentenlösung angesetzt.<br />

Tab. 6 : Ansatzschema zur Herstellung der Multikomponentenlösung für den Versuch „Eliminierung im<br />

gelagerten Urin“.<br />

Wirkstoff Einwaage Endvolumen Konzentration dotiertes Volumen Urin Endkonzentration<br />

in Aceton Wirkstoff Volumen im Urin<br />

[mg] [ml] [g/l] [ml] [l] [µg/l]<br />

Carbamazepin 18,1 1,81 101<br />

Clofibrinsäure 18,1 1,81 101<br />

Bezafibrat 17,8 1,78 99<br />

Fenoprofen 20,7* 1,81 101<br />

Diclofenac 19,3** 1,75 97<br />

Ibuprofen 18,4<br />

10<br />

1,84<br />

2,5 45<br />

102<br />

Tetracyclin 20,1 1,91 106<br />

Sulfadiazin 18,0 1,80 100<br />

Sulfamethazin 19,6** 1,80 100<br />

Sulfamethoxazol 18,2<br />

1,82<br />

101<br />

*) Ca-Salz<br />

**) Na-Salz<br />

Versuch „Mikrobieller Abbau im Boden“. Für die Beschickung des Bodens mit Arzneimittelwirkstoffen<br />

war eine Konzentration von 10 mg/kg je Einzelstoff geplant. Aufgrund ihrer<br />

unzureichenden Löslichkeit in organischen Lösungsmitteln, war eine Dotierung mittels<br />

Lösungsmittel nicht möglich. Daher wurde in Absprache mit dem IPE inerter Seesand mit den<br />

ausgewählten Arzneimitteln versetzt und dieser als Intermedium zur Dotierung der Böden<br />

verwendet. Um einen homogen mit Wirkstoffen versetzten Sand herzustellen, wurden die<br />

benötigten Mengen Arzneimittelwirkstoffe zunächst in 700 ml Aceton gelöst. Die<br />

Multikomponentenlösung wurde gleichmäßig auf 1 kg Sand verteilt und das Lösungsmittel<br />

mittels Stickstoffstrom bis zur Trockene abgeblasen. Danach wurde der dotierte Sand 2<br />

Stunden homogenisiert und anschließend in einen Behälter aus Polyethylen (PE) überführt. Die<br />

genauen Angaben zur Konzentration der Einzelwirkstoffe sind in Tabelle 7 aufgelistet.


Analytik zur Bestimmung von Pharmaka in Böden und Urin 35<br />

Tab. 7: Ansatzschema zur Herstellung des dotierten Sandes für den Versuch „mikrobieller Abbau im<br />

Boden“.<br />

Wirkstoff Einwaage Endvolumen Konzentration dotiertes Masse Sand Endkonzentration<br />

in Aceton Volumen im Sand<br />

[g] [ml] [g/l] [ml] [kg] [mg/kg]<br />

Carbamazepin 1,001 1,43 1001<br />

Clofibrinsäure 1,000 1,43 1000<br />

Bezafibrat 1,001 1,43 1001<br />

Fenoprofen 1,080* 1,34 940<br />

Diclofenac<br />

Ibuprofen<br />

1,081**<br />

1,005<br />

700<br />

1,43<br />

1,44<br />

700 1<br />

1005<br />

1005<br />

Tetracyclin 1,149 1,56 1092<br />

Sulfadiazin 1,002 1,43 1002<br />

Sulfamethazin 1,083** 1,42 996<br />

Sulfamethoxazol 1,003<br />

1,43<br />

1003<br />

*)Ca-Salz<br />

**) Na-Salz<br />

Versuch „Gewächshausversuch“. Für die Dotierung des Bodens waren je Einzelstoff Konzentrationen<br />

von 5 mg/kg (bzw. 10 mg/kg für die Sulfonamide) vorgesehen. Hierzu wurde dem<br />

IPE die folgende, in Tabelle 8 aufgeführte Lösung zur Verfügung gestellt.<br />

* )


Analytik zur Bestimmung von Pharmaka in Böden und Urin 36<br />

Tab.8: Ansatzschema für die Herstellung der Dotierlösung für den „Gewächshausversuch“.<br />

Wirkstoff Einwaage Endvolumen Konzentration dotiertes Masse Boden Endkonzentration<br />

in Aceton/H2O (30/70;v/v)<br />

Volumen im Boden<br />

[mg] [ml] [g/l] [ml] [kg] [mg/kg]<br />

Carbamazepin 303,6 1,21 5,04<br />

Clofibrinsäure 302,9 1,21 5,04<br />

Bezafibrat 312,1 1,25 5,21<br />

Fenoprofen 346,4* 1,28 5,33<br />

Diclofenac<br />

Ibuprofen<br />

324,0**<br />

309,0<br />

250<br />

1,20<br />

1,24<br />

25 6<br />

5,00<br />

5,17<br />

Tetracyclin 307,0 1,23 5,13<br />

Sulfadiazin 606,9 2,43 10,10<br />

Sulfamethazin 611,0** 2,26 9,42<br />

Sulfamethoxazol 602,4<br />

2,41<br />

10,04<br />

*) Ca-Salz<br />

**) Na-Salz<br />

Versuch „Urinreinigung mit Zeolithen“. Um die Untersuchungen zum Sorptionsverhalten<br />

durchzuführen wurde dem IPE die in Tabelle 9 beschriebene Dotierlösung zur Verfügung<br />

gestellt.<br />

Tab. 9: Ansatzschema zur Herstellung der Dotierlösung für den „Zeolithversuch“.<br />

Wirkstoff Einwaage Endvolumen Konzentration dotiertes Volumen Urin Endkonzentration<br />

in Aceton Volumen im Urin<br />

[mg] [ml] [mg/l] [ml] [l] [µg/l]<br />

Carbamazepin 2,1 210 210<br />

Clofibrinsäure 2,0 200 200<br />

Bezafibrat 2,0 200 200<br />

Fenoprofen 2,2* 191 191<br />

Diclofenac 2,2** 205 205<br />

Ibuprofen 2,0<br />

20<br />

200<br />

1 1<br />

200<br />

Tetracyclin 4,6 437 437<br />

Sulfadiazin 4,0 400 400<br />

Sulfamethazin 4,4** 405 405<br />

Sulfamethoxazol 3,9<br />

390<br />

390<br />

*) Ca-Salz<br />

**) Na-Salz


Analytik zur Bestimmung von Pharmaka in Böden und Urin 37<br />

Versuch „Bodenfilter“. Die Beschickung der Säulen mit den in diesem Projekt ausgewählten<br />

Wirkstoffen wurde, wie im Versuch „Mikrobieller Abbau im Boden“ beschrieben, mittels<br />

dotiertem Sand durchgeführt. Der dotierte Sand wurde unmittelbar nach Ansatz der BUW<br />

zugeschickt. Tabelle 10 zeigt die zugehörigen Ansatzdaten.<br />

Tab. 10: Ansatzschema für die Herstellung des dotierten Sandes für den Versuch „Bodenfilter.“<br />

Wirkstoff Einwaage Endvolumen Konzentration dotiertes Masse Sand Endkonzentration<br />

in Aceton Volumen im Sand<br />

[g] [ml] [g/l] [ml] [kg] [mg/kg]<br />

Carbamazepin 1,001 1,43 1001<br />

Clofibrinsäure 1,000 1,43 1000<br />

Bezafibrat 1,001 1,43 1001<br />

Fenoprofen 1,080* 1,34 940<br />

Diclofenac 1,081** 1,43 1005<br />

Ibuprofen 1,005<br />

700<br />

1,44<br />

700 1<br />

1005<br />

Tetracyclin 1,149 1,56 1092<br />

Sulfadiazin 1,002 1,43 1002<br />

Sulfamethazin 1,083** 1,42 996<br />

Sulfamethoxazol 1,003<br />

1,43<br />

1003<br />

*) Ca-Salz<br />

**) Na-Salz<br />

6 Ergebnisse der projektbegleitenden Analytik<br />

6.1 Untersuchungen zur Abnahme der Wirkstoffkonzentration<br />

in gelagertem Urin<br />

Aufbauend auf die im Projekt „Lambertsmühle I“ ermittelten Daten, sollten weitere Versuche die<br />

Möglichkeiten der Reduktion einzelner Arzneimittelwirkstoffe im Urin durch Lagerung bei<br />

unterschiedlichen pH-Werten aufzeigen. Die Dauer des Lagerungsversuchs wurde auf 11<br />

Monaten festgelegt. Zur Durchführung wurden im Oktober 2003 50 Liter Urin aus dem<br />

Gelbwasserspeicher der Lambertsmühle in Burscheid entnommen. Der Urin wurde mit den zu<br />

untersuchenden Arzneimitteln dotiert, wobei die Konzentration 100 µg/l je Einzelstoff betrug; der<br />

pH-Wert lag bei 9,08. Nach Dotierung und Durchmischung wurden 6 Glasflaschen mit je 2 Liter<br />

Urin befüllt. Anschließend wurde ein pH-Wert von 4 durch Zugabe von 155 ml konz. Schwefelsäure<br />

eingestellt. Wiederum wurden 6 Flaschen zu je 2 Liter abgefüllt. Zuletzt wurde ein pH-<br />

Wert von 2 durch die weitere Zugabe von 22 ml konz. Schwefelsäure eingestellt und der angesäuerte<br />

Urin wie oben beschrieben abgefüllt. Die Lagerung erfolgte lichtgeschützt bei 14°C. Im<br />

Turnus von 2 Wochen wurde der pH-Wert überprüft. Die gemessenen pH-Werte blieben in allen<br />

18 Proben über den gesamten Messzeitraum von 11 Monaten stabil. In regelmäßigen Abständen<br />

von zwei Monaten erfolgte eine Beprobung. Die entnommenen Urinproben wurden in<br />

der Regel sofort vermessen. In einzelnen Fällen wurden sie bis zur Messung bei -18 °C eingefroren.<br />

In den Abbildungen 2 bis 4 sind die Versuchsergebnisse graphisch dargestellt.


Analytik zur Bestimmung von Pharmaka in Böden und Urin 38<br />

WDF [%]<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11<br />

Zeit [Monat]<br />

Abb. 2: Wiederfindung der ausgewählten Wirkstoffe in gelagertem Urin bei pH 2.<br />

WDF [%]<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11<br />

Zeit [Monat]<br />

Abb 3: Wiederfindung der ausgewählten Wirkstoffe in gelagertem Urin bei pH 4.<br />

weitere Wirkstoffe<br />

Sulfamethazin<br />

Sulfamethoxazol<br />

Tetracyclin<br />

Diclofenac<br />

Bezafibrat<br />

weitere Wirkstoffe<br />

Tetracyclin


Analytik zur Bestimmung von Pharmaka in Böden und Urin 39<br />

WDF [%]<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11<br />

Zeit [Monat]<br />

Abb. 4: Wiederfindung der ausgewählten Wirkstoffe in gelagertem Urin bei pH 9.<br />

weitere Wirkstoffe<br />

Fenoprofen Ibuprofen<br />

Carbamazepin<br />

Sulfamethoxazol<br />

Tetracyclin<br />

Wie der Vergleich der Abbildungen 2 bis 4 zeigt, war die Lagerung bei pH 2 hinsichtlich des<br />

Abbaus einzelner Wirkstoffe am effektivsten. Der Wirkstoff Tetracyclin hatte sich bereits nach 2<br />

Monaten auf 20 % der Ausgangskonzentration verringert. Das Antirheumatikum Diclofenac<br />

zeigte ebenfalls innerhalb der ersten 2 Monate eine starke Konzentrationsabnahme von mehr<br />

als 80 %. Bei Versuchsende betrug die Abbaurate fast 100 %. Für die beiden Sulfonamide<br />

wurde nach 11 Monaten eine Wirkstoffreduzierung von 38 % für Sulfamethazin und 45 % für<br />

Sulfamethoxazol ermittelt. Die restlichen 6 Wirkstoffe zeigten innerhalb der Messgenauigkeiten<br />

keine Veränderungen der Ausgangskonzentrationen. Auch bei der Lagerung der auf pH 4<br />

eingestellten Urinproben war Tetracyclin der Wirkstoff, dessen Ausgangskonzentration sich am<br />

deutlichsten verringert hatte. Eine Abnahme von 30 % konnte am Versuchsende festgestellt<br />

werden. Für die Sulfonamide Sulfamethazin, Sulfamethoxazol und Sulfadiazin ergaben sich<br />

Abbauraten von ca. 20 %. Alle weiteren Wirkstoffe wiesen nur geringe bis keine nennenswerten<br />

Veränderungen der Ausgangskonzentrationen auf. Abbildung 4 zeigt, dass selbst bei den nicht<br />

angesäuerten Urinproben ein Abbau stattfindet. Tetracyclin wies bei pH 9 die höchste Abbaurate<br />

auf. Bereits nach 4 Monaten war eine Abnahme der Ausgangskonzentration von 35 %<br />

erreicht. Für Fenoprofen, Ibuprofen, Carbamazepin und Sulfamethoxazol wurden Abbauraten<br />

von 15 bis 30 % ermittelt. Die Ausgangskonzentrationen aller weiteren Wirkstoffe veränderten<br />

sich während des Versuchs nicht.<br />

Die Ergebnisse zeigen, dass die Wirkstoffe sich abhängig vom pH-Wert sehr unterschiedlich<br />

verhielten. Die größten Konzentrationsabnahmen wurden im sauren Milieu festgestellt. Da eine<br />

Eliminierung der Wirkstoffe durch Lichteinwirkung aufgrund der Lagerung im Dunkeln auszuschließen<br />

ist, sind sowohl mikrobielle- als auch chemische Abbaumechanismen denkbar.<br />

Darüber hinaus kann die Abnahme der Wirkstoffkonzentration auch durch Sorptionsprozesse<br />

bedingt sein. Eine Sorption kann sowohl an der Glaswandung der Versuchsgefäße als auch an<br />

dem bei der Lagerung ausgefallenen Magnesiumammoniumphosphat (MAP, Struvit) stattfinden.<br />

Eine eindeutige Klärung des Abbauverhaltens bleibt somit weiteren Versuchen vorbehalten.<br />

6.2 Analytik zum Versuch „Mikrobieller Abbau in Böden“<br />

Ziel der Untersuchungen war es, den Einfluss eines mikrobiellen Abbaus ausgewählter Arzneimittel<br />

im Boden zu untersuchen. Hierzu wurden in geeigneten Gefäßen jeweils 100 g Boden mit<br />

den in diesem Projekt untersuchten Wirkstoffen versetzt und 8 ml Urin hinzugefügt. Im Versuch<br />

wurden vier verschiedene Bodentypen eingesetzt (siehe Kapitel 4.2.2). Die Feuchte der vier<br />

unterschiedlichen Böden betrug 90, 60 und 40 % der Wasserhaltekapazität, um ein unterschiedliches<br />

mikrobielles/pilzliches Spektrum zu erhalten. Die vier unterschiedlichen Böden mit


Analytik zur Bestimmung von Pharmaka in Böden und Urin 40<br />

jeweils drei verschiedenen Feuchten ergaben bei drei Wiederholmessungen und einer<br />

Kontrollprobe einen Umfang von 48 zu untersuchenden Proben. Diese wurden IWW nach<br />

Beendigung des Versuchs vom IPE zugeschickt. Sofort nach der Ankunft wurden Sie bei 4 °C<br />

gelagert und umgehend vermessen. Die Ergebnisse sind in den folgenden Tabellen aufgelistet.<br />

Tab. 11: Konzentrationsabnahme der ausgewählten Wirkstoffe in gelagerter „Meckenheimer Krume“ bei<br />

unterschiedlichen Feuchten.<br />

Wirkstoff<br />

40% Bodenfeuchte der WHK 60% Bodenfeuchte der WHK<br />

90% Bodenfeuchte der WHK<br />

Konzentration Konzentrations- SA Konzentration Konzentrations- SA Konzentration Konzentrations- SA<br />

im Boden abnahme in (n = 3) im Boden abnahme in (n = 3) im Boden abnahme in (n = 3)<br />

[mg/kg] [%] [%] [mg/kg] [%] [%] [mg/kg] [%] [%] [mg/kg]<br />

Carbamazepin 4,57 54,3 1,03 5,27 47,3 8,54 4,73 52,7 3,59 0,10<br />

Clofibrinsäure 6,90 31,0 1,18 7,00 30,0 4,04 7,13 28,7 5,65 0,05<br />

Bezafibrat 2,50 75,0 3,27 2,77 72,3 13,95 2,93 70,7 30,66 0,05<br />

Fenoprofen 4,23 57,7 7,30 3,90 61,0 10,88 5,20 48,0 5,77 0,20<br />

Diclofenac < BG > 99,5 ---- < BG > 99,5 ---- 0,06 99,4 27,22 0,05<br />

Ibuprofen 1,60 84,0 5,10 1,03 89,7 46,30 2,37 76,3 28,93 0,10<br />

Tetracyclin < BG > 95,0 ---- < BG > 95,0 ---- < BG > 95,0 ---- 0,50<br />

Sulfamethazin < BG > 80,0 ---- < BG > 80,0 ---- < BG > 80,0 ---- 2,00<br />

Sulfadiazin < BG > 80,0 ---- < BG > 80,0 ---- < BG > 80,0 ---- 2,00<br />

Sulfamethoxazol < BG > 80,0 ---- < BG > 80,0 ---- < BG > 80,0 ---- 2,00<br />

Tab 12: Konzentrationsabnahme der ausgewählten Wirkstoffe in gelagerter „Uedorfer Krume“ bei unterschiedlichen<br />

Feuchten.<br />

Wirkstoff<br />

40% Bodenfeuchte der WHK 60% Bodenfeuchte der WHK<br />

90% Bodenfeuchte der WHK<br />

Konzentration Konzentrations- SA Konzentration Konzentrations- SA Konzentration Konzentrations- SA<br />

im Boden abnahme in (n = 3) im Boden abnahme in (n = 3) im Boden abnahme in (n = 3)<br />

[mg/kg] [%] [%] [mg/kg] [%] [%] [mg/kg] [%] [%] [mg/kg]<br />

Carbamazepin 5,37 46,3 5,34 4,97 50,3 3,42 5,20 48,0 7,85 0,10<br />

Clofibrinsäure 5,47 45,3 3,11 5,70 43,0 5,16 6,03 39,7 3,41 0,05<br />

Bezafibrat 3,40 66,0 10,47 3,33 66,7 9,90 3,00 70,0 37,42 0,05<br />

Fenoprofen 5,27 47,3 0,90 5,07 49,3 13,42 6,10 39,0 6,13 0,20<br />

Diclofenac 0,10 99,0 12,90 0,07 99,3 30,86 0,09 99,2 5,88 0,05<br />

Ibuprofen 2,57 74,3 8,01 2,27 77,3 13,64 2,77 72,3 16,78 0,10<br />

Tetracyclin 4,40 56,0 37,95 3,93 60,7 21,30 2,20 78,0 22,27 0,50<br />

Sulfamethazin < BG > 80,0 ---- < BG > 80,0 ---- < BG > 80,0 ---- 2,00<br />

Sulfadiazin < BG > 80,0 ---- < BG > 80,0 ---- < BG > 80,0 ---- 2,00<br />

Sulfamethoxazol < BG > 80,0 ---- < BG > 80,0 ---- < BG > 80,0 ---- 2,00<br />

Tab. 13: Konzentrationsabnahme der ausgewählten Wirkstoffe in gelagerter „Burscheider Krume“ bei<br />

unterschiedlichen Feuchten.<br />

BG<br />

BG


Analytik zur Bestimmung von Pharmaka in Böden und Urin 41<br />

Wirkstoff<br />

40% Bodenfeuchte der WHK 60% Bodenfeuchte der WHK 90% Bodenfeuchte der WHK<br />

Konzentration Konzentrations- SA Konzentration Konzentrations- SA Konzentration Konzentrations- SA<br />

im Boden abnahme in (n = 3) im Boden abnahme in (n = 3) im Boden abnahme in (n = 3)<br />

[mg/kg] [%] [%] [mg/kg] [%] [%] [mg/kg] [%] [%] [mg/kg]<br />

Carbamazepin 8,83 11,7 9,88 9,33 6,7 0,51 7,77 22,3 2,19 0,10<br />

Clofibrinsäure 10,73 0,0 2,45 10,87 0,0 3,04 9,47 5,3 4,98 0,05<br />

Bezafibrat 0,37 96,3 25,71 0,33 96,7 27,53 0,20 98,0 27,01 0,05<br />

Fenoprofen 0,35 96,5 42,06 < BG > 98,0 ---- 0,45 95,5 33,77 0,20<br />

Diclofenac < BG > 99,5 ---- 0,09 99,1 81,28 0,15 98,5 21,52 0,05<br />

Ibuprofen < BG > 99,0 ---- < BG > 99,0 ---- < BG > 99,0 ---- 0,10<br />

Tetracyclin 0,95 90,5 12,89 1,23 87,7 38,22 0,63 93,7 19,69 0,50<br />

Sulfamethazin < BG > 80,0 ---- < BG > 80,0 ---- < BG > 80,0 ---- 2,00<br />

Sulfadiazin < BG > 80,0 ---- < BG > 80,0 ---- < BG > 80,0 ---- 2,00<br />

Sulfamethoxazol < BG > 80,0 ---- < BG > 80,0 ---- < BG > 80,0 ---- 2,00<br />

Tab. 14: Konzentrationsabnahme der ausgewählten Wirkstoffe in gelagertem Boden „Versuchsgut<br />

Wiesengut“ bei unterschiedlichen Feuchten.<br />

Wirkstoff<br />

40% Bodenfeuchte der WHK 60% Bodenfeuchte der WHK<br />

90% Bodenfeuchte der WHK<br />

Konzentration Konzentrations- SA Konzentration Konzentrations- SA Konzentration Konzentrations- SA<br />

im Boden abnahme in (n = 3) im Boden abnahme in (n = 3) im Boden abnahme in (n = 3)<br />

[mg/kg] [%] [%] [mg/kg] [%] [%] [mg/kg] [%] [%] [mg/kg]<br />

Carbamazepin 8,27 17,3 6,43 7,13 28,7 4,77 4,40 56,0 4,55 0,10<br />

Clofibrinsäure 11,13 0,0 4,88 11,30 0,0 11,36 7,65 23,5 0,65 0,05<br />

Bezafibrat 2,03 79,7 6,13 2,83 71,7 27,99 1,60 84,0 0,10 0,05<br />

Fenoprofen 6,07 39,3 7,41 6,13 38,7 21,89 5,10 49,0 7,84 0,20<br />

Diclofenac 0,07 99,3 12,86 0,10 99,0 4,56 0,30 97,0 3,57 0,05<br />

Ibuprofen 0,63 93,7 14,89 0,62 93,8 11,29 1,95 80,5 48,72 0,10<br />

Tetracyclin 0,72 92,8 49,77 0,60 94,0 72,01 0,65 93,5 7,69 0,50<br />

Sulfamethazin < BG > 80,0 ---- < BG > 80,0 ---- < BG > 80,0 ---- 2,00<br />

Sulfadiazin < BG > 80,0 ---- < BG > 80,0 ---- < BG > 80,0 ---- 2,00<br />

Sulfamethoxazol < BG > 80,0 ---- < BG > 80,0 ---- < BG > 80,0 ---- 2,00<br />

Die Tabellen 11 bis 14 geben die Ergebnisse der Wiederfindungen der ausgewählten Wirkstoffe<br />

in den vier verschiedenen Böden bei drei unterschiedlichen Feuchten wieder. Die Ergebnisse<br />

der Standardabweichungen, ermittelt aus 3 Wiederholmessungen, liegen mit einigen<br />

Ausnahmen zwischen 0,10 % und 28,0 %. Dies zeigt, dass trotz der aufwendigen Bodenhomogenisierung<br />

eine gute Reproduzierbarkeit des Verfahrens gegeben ist. Bei zwei Werten lagen<br />

die ermittelten Standardabweichungen oberhalb 50 %. Eine Ursache hierfür kann darin bestehen,<br />

dass in beiden Fällen die gemessene Konzentration nahe der analytischen Bestimmungsgrenze<br />

lag.<br />

6.3 Ergebnisse der begleitenden Analytik des „Gewächshausversuchs“<br />

Ziel dieser Untersuchungen war, eine weitestgehend realistische Abschätzung der Eliminierungsleistung<br />

und des Auswaschungspotentials des Bodens zu erhalten. Darüber hinaus sollte<br />

BG<br />

BG


Analytik zur Bestimmung von Pharmaka in Böden und Urin 42<br />

der Stofftransport einzelner Wirkstoffe in die Pflanze untersucht werden. Hierzu wurden durch<br />

das IPE drei unterschiedliche Böden in jeweils 4 Mittscherlichgefäßen (1 Blindwert und 3<br />

Wiederholungen) gefüllt und Weidelgras ausgesät (siehe Kapitel 4.2.2). Nach der Keimung<br />

wurde der Boden mit den ausgewählten Arzneimittelwirkstoffen dotiert. Anschließend wurde<br />

Urin als Dünger aufgebracht. Die Böden wurden während ihrer Vegetationsperiode bewässert.<br />

Nach Abschluss wurde sowohl der Boden als auch anfallendes Sickerwasser vom IWW auf die<br />

dotierten Wirkstoffe untersucht. Das IPE übernahm zusätzlich die Untersuchung der Pflanzen.<br />

In den Tabellen 15 bis 17 sind die Ergebnisse der Untersuchungen der Sickerwasserproben<br />

aufgeführt.<br />

Tab. 15: Ermittelte Konzentrationen der ausgewählten Arzneimittel im Sickerwasser der mit „Burscheider<br />

Krume“ gefüllten Mittscherlichgefäße. Die aufgegebene Wirkstoffmenge betrug je kg Boden 10<br />

mg. Das Fassungsvermögen der Gefäße lag bei etwa 6 kg Boden.<br />

Wirkstoff Sickerwasser aus Burscheider Krume<br />

Blind Wiederholung 1 Wiederholung 2 Wiederholung 3<br />

[mg/l] [mg/l] [mg/l] [mg/l] [mg/l]<br />

Carbamazepin 0,001 4,60 11,10 17,20 0,001<br />

Clofibrinsäure 0,021 79,10 64,80 111,00 0,004<br />

Bezafibrat 0,002 42,60 36,50 50,40 0,004<br />

Fenoprofen


Analytik zur Bestimmung von Pharmaka in Böden und Urin 43<br />

Tab. 16: Ermittelte Konzentrationen der ausgewählten Arzneimittel im Sickerwasser der mit „Uedorfer<br />

Krume“ gefüllten Mittscherlichgefäße. Die aufgegebene Wirkstoffmenge betrug je kg Boden 10<br />

mg. Das Fassungsvermögen der Gefäße lag bei etwa 6 kg Boden.<br />

Wirkstoff Sickerwasser aus Uedorfer Krume BG<br />

Blind Wiederholung 1 Wiederholung 2 Wiederholung 3<br />

[mg/l] [mg/l] [mg/l] [mg/l] [mg/l]<br />

Carbamazepin


Analytik zur Bestimmung von Pharmaka in Böden und Urin 44<br />

Tab. 18: Ermittelte Konzentrationen der ausgewählten Arzneimittel im Boden der mit „Burscheider<br />

Krume“ gefüllten Mittscherlichgefäße. Die aufgegebene Wirkstoffmenge betrug je kg Boden 10<br />

mg. Das Fassungsvermögen der Gefäße lag bei etwa 6 kg Boden.<br />

Wirkstoff Burscheider Krume SA BG<br />

Blind Wiederholung 1 Wiederholung 2 Wiederholung 3 (n=3)<br />

[mg/kg] [mg/kg] [mg/kg] [mg/kg] [%] [mg/kg]<br />

Carbamazepin


Analytik zur Bestimmung von Pharmaka in Böden und Urin 45<br />

Tab. 20: Ermittelte Konzentrationen der ausgewählten Arzneimittel im Boden der mit „Meckenheimer<br />

Krume“ gefüllten Mittscherlichgefäße. Die aufgegebene Wirkstoffmenge betrug je kg Boden 10<br />

mg. Das Fassungsvermögen der Gefäße lag bei etwa 6 kg Boden.<br />

Wirkstoff Meckenheimer Krume SA BG<br />

Blind Wiederholung 1 Wiederholung 2 Wiederholung 3 (n=3)<br />

[mg/kg] [mg/kg] [mg/kg] [mg/kg] [%] [mg/kg]<br />

Carbamazepin


Analytik zur Bestimmung von Pharmaka in Böden und Urin 46<br />

Tab. 21: Wiederfindung der ausgewählten Wirkstoffe im Urin nach einer Arzneimittelentfrachtung<br />

mittels Zeolith.<br />

Wirkstoff WDF nach WDF nach WDF nach WDF nach WDF nach WDF Mittelwert SA<br />

Zeolithbehand. Zeolithbehand. Zeolithbehand. Zeolithbehand. Zeolithbehand. [n = 5] ( n = 5)<br />

WH 1 WH 2 WH 3 WH 4 WH 5<br />

[%] [%] [%] [%] [%] [%] [%]<br />

Carbamazepin 100 95 93 94 85 92 5,3<br />

Clofibrinsäure 105 106 107 166* 114 109 3,2<br />

Bezafibrat 108 112 114 150* 122 116 4,4<br />

Fenoprofen 86 126 111 128 116 120 12,5<br />

Diclofenac 107 109 111 113 113 112 2,1<br />

Ibuprofen 109 111 109 106 116 111 3,0<br />

Tetracyclin < 10 < 10 < 10 < 10 < 10 < 10 ----<br />

Sulfadiazin 84 106 109 118 114 112 10,6<br />

Sulfamethazin 82 99 100 107 107 103 8,9<br />

Sulfamethoxazol 79 102 104 110 118 109 12,0<br />

* ) nicht in die Berechnung einbezogen!<br />

Die Standardabweichungen aus den 5 Wiederholungsmessungen liegen zwischen 2,1 und 12,5<br />

%. Die berechneten Mittelwerte zeigen, dass alle untersuchten Wirkstoffe keiner oder nur einer<br />

geringfügigen Sorption am Zeolith unterlagen. Eine Ausnahme bildet der Wirkstoff Tetracyclin.<br />

Dieser konnte nach der Behandlung mit Zeolith nicht mehr nachgewiesen werden. Zur<br />

Überprüfung dieses wichtigen Sachverhaltes wurde der gesamte Versuch ausschließlich mit<br />

Tetracyclin ein weiteres Mal im IWW durchgeführt. Hierzu wurden 500 ml Urin mit dem Wirkstoff<br />

Tetracyclin dotiert. Die Konzentration betrug 200 µg/l Anschließend wurden 100 ml Urin mit 10 g<br />

Zeolith versetzt und 5 Minuten geschüttelt. Der Zeolith wurde separiert und der Urin mittels<br />

HPLC-MS analysiert. Das Ergebnis wurde reproduziert. Auch in diesem Versuch konnte Tetracyclin<br />

im Urin nicht mehr nachgewiesen werden.<br />

6.5 Ergebnisse der begleitenden Analytik des „Bodenfilterversuches“<br />

Ziel der Untersuchungen war es, eine Aussage über die Sorption und die Eliminierung<br />

ausgewählter Wirkstoffe an und in unterschiedlichen Bodenfiltern zu treffen. Die Durchführung<br />

fand an der BUW statt. Mit verschiedenen Materialien befüllte und mit ausgewählten<br />

Arzneimittelwirkstoffen dotierte, unbewachsene Säulenreaktoren wurden mit Urin beaufschlagt.<br />

Als Füllmaterial wurden neben Aktivkohle, Rheinsand und Kompost auch zwei Böden<br />

eingesetzt. Bei den verwendeten Böden handelt es sich um die „Meckenheimer Krume“ sowie<br />

die „Uedorfer Krume“ (siehe Kapitel 4.2.2). Das nach einer Beregnung im Ablauf der Säulen<br />

anfallende Sickerwasser wurde in Glasflaschen gesammelt und zum IWW geschickt. Die<br />

Sickerwässer wurden bei 4 °C aufbewahrt und umgehend analysiert. Die Ergebnisse dieser<br />

Untersuchungen sind nachfolgend in den Tabellen 22 bis 26 zusammengefasst.


Analytik zur Bestimmung von Pharmaka in Böden und Urin 47<br />

Tab. 22: Ergebnisse der ermittelten Wirkstoffkonzentrationen der angefallenen Sickerwässer aus<br />

Säule 1 (Füllmaterial: „Meckenheimer Krume“) in Zeitraum 1 bis 9.<br />

Wirkstoff Säule I (Meckenheimer Boden) BG<br />

Zeitraum 1 Zeitraum 2 Zeitraum 3 Zeitraum 4 Zeitraum 5 Zeitraum 6 Zeitraum 7 Zeitraum 8 Zeitraum 9<br />

[µg/l] [µg/l] [µg/l] [µg/l] [µg/l] [µg/l] [µg/l] [µg/l] [µg/l] [µg/l]<br />

Carbamazepin 13,00


Analytik zur Bestimmung von Pharmaka in Böden und Urin 48<br />

Tab. 24: Ergebnisse der ermittelten Wirkstoffkonzentrationen der angefallenen Sickerwässer aus<br />

Säule 3 (Füllmaterial: „Rheinsand“) in Zeitraum 1 bis 9.<br />

Wirkstoff Säule III (Rheinsand) BG<br />

Zeitraum 1 Zeitraum 2 Zeitraum 3 Zeitraum 4 Zeitraum 5 Zeitraum 6 Zeitraum 7 Zeitraum 8 Zeitraum 9<br />

[mg/l] [mg/l] [mg/l] [mg/l] [mg/l] [mg/l] [mg/l] [mg/l] [mg/l] [mg/l]<br />

Carbamazepin 5,00 9,70 10,80 k.P.* 1,00 k.P.* 17,10 k.P.* 3,03 0,20<br />

Clofibrinsäure 57,00 16,50 10,00 k.P.* 0,83 k.P.* 5,30 k.P.* 5,38 0,20<br />

Bezafibrat 33,00 16,80 12,20 k.P.* 1,00 k.P.* 6,50 k.P.* 5,05 0,20<br />

Fenoprofen 19,00 15,70 30,10 k.P.* 0,83 k.P.* 7,20 k.P.* 4,69 0,50<br />

Diclofenac 5,00 6,50 2,90 k.P.*


Analytik zur Bestimmung von Pharmaka in Böden und Urin 49<br />

Tab. 26: Ergebnisse der ermittelten Wirkstoffkonzentrationen der angefallenen Sickerwässer aus<br />

Säule 5 (Füllmaterial: „Kompost“) in Zeitraum 1 bis 9.<br />

Wirkstoff Säule V (Kompost) BG<br />

Zeitraum 1 Zeitraum 2 Zeitraum 3 Zeitraum 4 Zeitraum 5 Zeitraum 6 Zeitraum 7 Zeitraum 8 Zeitraum 9<br />

[µg/l] [µg/l] [µg/l] [µg/l] [µg/l] [µg/l] [µg/l] [µg/l] [µg/l] [µg/l]<br />

Carbamazepin 1,70


Analytik zur Bestimmung von Pharmaka in Böden und Urin 50<br />

Sulfamethoxazol wurden zu fast 50 % entfernt. Eine Zwischenlagerung des Gelbwassers bei<br />

niedrigen pH-Werten kann somit erfolgreich zu einer deutlichen Verringerung der Konzentration<br />

einzelner Stoffe beitragen.<br />

Die Versuche zur Nährstoffentfrachtung des Urins mit einem natürlichen Zeolith ergaben hinsichtlich<br />

des Verbleibs der Pharmaka, dass sich von den dotierten Wirkstoffen nur Tetracyclin<br />

nahezu vollständig am Zeolith anlagert. Unter der Annahme, dass Tetracyclin im natürlichen<br />

Urin ohnehin nur in eher geringen Konzentrationen zu erwarten ist, dürfte der auf diese Weise<br />

hergestellte Depotdünger somit nahezu keinen der untersuchten Wirkstoffe enthalten.<br />

Die Untersuchungen zum mikrobiellen Abbau im Boden zeigten für alle Wirkstoffe eine Abnahme<br />

der Ausgangskonzentration, wobei die Abnahme einiger Wirkstoffe (Carbamazepin,<br />

Clofibrinsäure) geringer war. Eine Abhängigkeit von der eingestellten Bodenfeuchte war nur in<br />

Einzelfällen erkennbar.<br />

Aus den Ergebnisse der Gewächshausversuche wird deutlich, dass in keinem der untersuchten<br />

Sickerwässer Tetracyclin nachzuweisen war. Auch die Konzentration an Diclofenac war sehr<br />

niedrig und im Falle der „Meckenheimer Krume“ lag die Konzentration an Diclofenac unterhalb<br />

der Bestimmungsgrenze. Die Wirkstoffe Carbamazepin, Clofibrinsäure, Bezafibrat, Fenoprofen,<br />

Ibuprofen und Sulfamethoxazol lagen in deutlich messbaren Konzentrationen vor. Im Boden<br />

selbst konnten nur einige der eingesetzten Wirkstoffe nachgewiesen werden. Die gemessenen<br />

Werte lagen dabei unter 30 % des Ausgangswertes.<br />

Die Ergebnisse der Sickerwasseruntersuchungen der 5 eingesetzten Bodenfilter zeigten, dass<br />

die Sickerwässer stark matrixbehaftet waren, was dazu führte, dass die Bestimmungsgrenzen<br />

abhängig vom Säulenfüllmaterial variierten. Trotz der Verschiedenheit der eingesetzten Materialien<br />

konnte in allen Sickerwässern der Wirkstoff Clofibrinsäure nachgewiesen werden. Selbst<br />

mittels Aktivkohle wurde dieser Wirkstoff nicht vollständig zurückgehalten.<br />

8 Anhang<br />

8.1 Literaturverzeichnis<br />

[1] Rote Liste 2003. Arzneimittelverzeichnis des BPI, VFA, BAH u. VAP. Editio Cantor Verlag<br />

für Medizin und Naturwissenschaften GmbH, Aulendorf (1999).<br />

[2] Sacher, F., Gabriel, S., Metzinger, M., Stretz, A., Wenz, M., Lange, F. Th., Brauch, H.-J.<br />

u. Blankenhorn, I.: Arzneimittelwirkstoffe im Grundwasser – Ergebnisse eines<br />

Monitoring-Programms in Baden-Württemberg. Vom Wasser 99, 183-196 (2002).<br />

[3] Ternes, Th. A.: Analytical methods for the determination of pharmaceuticals in aqueous<br />

environmental samples. Trends in analytical chemistry 20 (8), 419-434 (2001).<br />

[4] Ternes, Th. A.: Vorkommen von Pharmaka in Gewässern. Wasser & Boden 53 (4), 9-14<br />

(2001).<br />

[5] Heberer, T. u. Stan, H.-J.: Arzneimittelrückstände im aquatischen System. Wasser &<br />

Boden 50 (4), 20-25 (1998).<br />

[6] Stumpf, M., Ternes, Th. A., Haberer, K., Seel, P. u. Baumann, W.: Nachweis von Arzneimittelrückständen<br />

in Kläranlagen und Fließgewässern. Vom Wasser 86, 291-303 (1996).<br />

[7] Möhle, E., Horvath, S., Merz, W. u. Metzger, J. W.: Bestimmung von schwer abbaubaren<br />

organischen Verbindungen im Abwasser – Identifizierung von Arzneimittelrückständen.<br />

Vom Wasser 92, 207-223 (1999).<br />

[8] Christian, Th., Schneider, R. J., Färber, H. A., Skutlarek, D., Meyer, M. T. u. Goldbach,<br />

H. E.: Determination of antibiotic residues in manure, soil and surface water. Acta<br />

hydrochim. hydrobiol. 31 (1), 36-44 (2003).


Analytik zur Bestimmung von Pharmaka in Böden und Urin 51<br />

[9] Hirsch, R., Ternes, Th., Haberer, K. u. Kratz, K.-L.: Occurence of antibiotics in the<br />

aquatic environment. The Science of the Total Environment 225, 109-118 (1999).<br />

[10] Feuerpfeil, I., López-Pila, J., Schmidt, R., Schneider, E. u. Szewzyk, R.: Antibiotikaresistente<br />

Bakterien und Antibiotika in der Umwelt. Bundesgesund-heitsbl-<br />

Gesundheitsforsch-Gesundheitsschutz 42, 37-50 (1999).


Analytik zur Bestimmung von Pharmaka in Böden und Urin 52<br />

8.2 Stoffdaten ausgewählter Arzneimittelwirkstoffe<br />

Molmasse<br />

Name Strukturformel Summenformel CAS-Nr.<br />

[g/mol]<br />

Carbamazepin N<br />

C15H12N2O 236,3 298-46-4<br />

Clofibrinsäure Cl O COOH<br />

C10H11ClO3 214,6 882-09-7<br />

Cl<br />

Bezafibrat C19H20ClNO4 361,8 41859-67-0<br />

O<br />

H<br />

N<br />

O<br />

NH 2<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

O<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

COOH<br />

CH 3<br />

O C<br />

Fenoprofen H COOH C30H26O6Ca 522,6 53746-45-5<br />

COOH<br />

Cl<br />

H<br />

N<br />

Diclofenac C14H10Cl2NO2Na 318,1 15307-79-6<br />

Cl<br />

Ibuprofen<br />

H3C H3C CH3 CH<br />

C13H18O2 206,3 15687-27-1<br />

C<br />

COOH<br />

H 3<br />

H C 3<br />

CH3 H H C 3 OH H N<br />

OH<br />

Tetracyclin C22H24N2O8 444,4 60-54-8<br />

OH<br />

O<br />

OH<br />

OH O<br />

O<br />

NH 2


Analytik zur Bestimmung von Pharmaka in Böden und Urin 53<br />

Molmasse<br />

Name Strukturformel Summenformel CAS-Nr.<br />

[g/mol]<br />

O N<br />

Sulfamethazin H2N S<br />

O<br />

N<br />

H<br />

N<br />

C12H13N4NaO2S 300,3 1981-58-4<br />

O N<br />

Sulfadiazin H N 2<br />

S<br />

O<br />

N<br />

H<br />

N<br />

C10H10N4O2S 250,3 68-35-9<br />

O N O<br />

Sulfamethoxazol H2N S<br />

O<br />

N<br />

H<br />

CH3 C10H11N3O3S 253,3 723-46-6<br />

CH 3<br />

CH 3


Pharmaka im Urin: Abbau und Versickerung vs. Pflanzenaufnahme<br />

Pharmaka im Urin: Abbau und Versickerung vs.<br />

Pflanzenaufnahme<br />

PD Dr. Rudolf J. Schneider<br />

IPE Institut für <strong>Pflanzenernährung</strong>, <strong>Universität</strong> <strong>Bonn</strong>, Karlrobert-Kreiten-Str. 13, 53115 <strong>Bonn</strong><br />

Telefon: 0228/732856<br />

eMail: schneider@uni-bonn.de<br />

1 Einleitung und Zielsetzung<br />

Im Vorgängerprojekt („Lambertsmühle I“ = „Das Projekt Lambertsmühle – Zukunftsfähiges Abwassermanagement<br />

im ländlichen Raum?“) wurden in dem in der Mühle gesammelten Urin<br />

Arzneimittelrückstände gefunden. Dadurch wurde die Frage nach dem Verhalten der im Urin<br />

enthaltenen Arzneimittelreste bei der Urinverwertung aufgeworfen, insbesondere der Verbleib<br />

im Boden. Dieser Aspekt sollte in dem hier beschriebenen Arbeiten genauer untersucht werden.<br />

Die Untersuchungen an Urin betrafen das Abbauverhalten von Arzneimitteln nach der Ausbringung,<br />

die mögliche Verlagerung ins Grundwasser sowie einen eventuellen Transfer von<br />

Pharmaka in Pflanzen<br />

Dazu wurden 2 verschiedene Prozesse in Modellversuchen beobachtet:<br />

A) Biotischer (mikrobieller) und abiotischer Abbau in Böden vs. Akkumulation<br />

Ziel dieser Untersuchung war, den Abbau ausgewählter Medikamente, die in Urin auftreten, zu<br />

bestimmen. Der Versuch wurde an der <strong>Universität</strong> <strong>Bonn</strong> angesetzt, die Bestimmung der Rückstände<br />

wurde in Arbeitsteilung mit dem IWW Mülheim durchgeführt (s. Kapitel 4).<br />

B) Auswaschung vs. Transfer in Pflanzen<br />

Ziel dieser Studie war es, eine weitestgehend realistische Abschätzung des Abbaus von - mit<br />

Urin ausgebrachten - Medikamenten im bepflanzten Boden, sowie des Auswaschungspotenzials<br />

und der Möglichkeit zum Transfer in die Pflanze, zu erhalten (s. Kapitel 5).<br />

Auch hier erfolgte eine Arbeitsteilung mit dem IWW Mülheim (s. Kapitel 3.1.3 Wirkstoffauswahl<br />

und Dotierlösungen).<br />

2 Stand des Wissens<br />

2.1 Antibiotika in der Umwelt<br />

2.1.1 Ausscheidung<br />

Nach der oralen oder parenteralen Verabreichung unterliegen Arzneimittelwirkstoffe dem<br />

körpereigenen Metabolismus, durch den die Substanzen je nach chemischer Eigenschaft mehr<br />

oder weniger gut ab- bzw. umgebaut werden.<br />

Pharmaka zählen überwiegend zu den eher persistenten Substanzen, da sie ja eine gewisse<br />

Zeit wirksam sein sollen und daher im Körper nicht vorzeitig abgebaut oder inaktiviert werden<br />

dürfen. Wie Hirsch et al. (1999) beschreiben, kann dies dazu führen, daß manche Substanzen<br />

zu 85 % metabolisiert werden und nur 15 % der Ursprungssubstanz in Urin oder Faeces zu<br />

finden sind (Sulfamethoxazol).<br />

54


Pharmaka im Urin: Abbau und Versickerung vs. Pflanzenaufnahme<br />

Ansonsten geben über die Ausscheidung von Arzneimittelrückständen v.a. Studien über den<br />

Verbleib der Wirkstoffe in der Gülle behandelter Nutztiere Aufschluß. Bei den antimikrobiellen<br />

Wirksubstanzen wird dabei ein großer Anteil unverändert ausgeschieden, im Schnitt bei an<br />

Tiere therapeutisch verabreichten Antibiotika 70 - 90 % (Pfeffer & Güthler, 2000), z.B. Penicillin<br />

G 50 - 70 %, Tetracycline 70 - 90 % (Hirsch et al., 1999). Unter Berücksichtigung der therapeutischen<br />

Dosen für Tetracycline (ca. 40 mg TC/kg/d), und der üblichen Exkrementmengen<br />

ergeben sich während der Behandlung Rückstands-Konzentrationen bis 200 mg/kg oder Liter<br />

Gülle (Kühne et al., 2000).<br />

Zur Lagerungsstabilität der Wirkstoffe in Gülle ist weiterhin bekannt, daß die Wirkstoffe noch<br />

über längere Zeiträume stabil bleiben. Meyer et al. (2000) fanden Tetracycline in Konzentrationen<br />

zwischen 5 und 870 µg/l in allen von 13 untersuchten Schweinegüllelagern. Auch<br />

Sulfonamide sind in der Gülle stabil bis zur Ausbringung (Migliore et al., 1995; Böhm, 1996;<br />

Langhammer, 1989; Berger et al., 1986), besonders bei ungünstigen Bedingungen (z.B. kalte<br />

Witterung, anaerobe Verhältnisse) (Richardson & Bowron, 1985; Gavalchin & Katz, 1994).<br />

Metaboliten (z.B. das Glucuronid von Chloramphenicol oder das N-4-Acetylsulfamethazin)<br />

können in der Gülle wieder in die aktiven Substanzen zurückverwandelt werden, so daß deren<br />

Konzentration wieder zunimmt (Langhammer, 1989). Dieser Vorgang kann auch im Urin für<br />

manche Substanzen beobachtet werden.<br />

Im Humanbereich können besonders belastete Abwässer von Krankenhäusern stammen, in<br />

denen meist eine erhöhte Anwendung von Antibiotika erfolgt. Untersuchungen von Krankenhausabwässern<br />

im Auftrag des Landesumweltamtes Nordrhein-Westfalens belegen, daß im<br />

gesammelten Abwasser eines <strong>Universität</strong>sklinikums Konzentrationen vieler verschiedener<br />

Antibiotika im µg/L-Bereich auftreten, mit Spitzenkonzentrationen von Piperacillin von 26 µg/L,<br />

Sulfamethoxazol von 17 µg/L oder Ofloxacin von 24 µg/L (Färber et al., 2004).<br />

2.1.2 Verbleib im Boden<br />

Bezüglich des Eintrags und Verbleibs von Wirkstoffen in Böden sind v.a. aus der tiermedizinischen<br />

Anwendung von Antibiotika und der anschließenden Ausbringung mit der Gülle Untersuchungen<br />

bekannt geworden. Mit der Gülle können z.B. Tetracycline in einer Größenordnung<br />

von einigen hundert Gramm bis zu wenigen Kilogramm je Hektar ausgebracht werden (Pressemitteilung<br />

Nr. 47/00 des Umweltbundesamtes). Manche Wirkstoffe, wie etwa Streptomycin,<br />

binden sehr fest an die Bodenmatrix (Gavalchin & Katz, 1994), andere, wie das Humanarzneimittel<br />

Sulfamethoxazol sind dagegen im Boden relativ mobil und wurden bereits im<br />

Grundwasser (bis 0,47 µg/l) nachgewiesen (Meyer et al., 2000). Für ein anderes Sulfonamid,<br />

Sulfachlorpyridazine, wurden geringe Sorptionskoeffizienten im Boden bestimmt und auch eine<br />

bevorzugte Verlagerung mit dem Dränagewasser gefunden. Das Versickerungspotential war<br />

dagegen relativ gering (Boxall et al., 2002). Das Sulfonamid Sulfapyridin wurde in feuchten<br />

Böden stärker adsorbiert als in trockenen (Thiele 2000).<br />

Für die Beurteilung wichtige physikalisch-chemische Parameter sind für viele Substanzklassen<br />

(nur Antibiotika) in Reviews von Tolls (2001) und Thiele-Bruhn (2003) enthalten. Diese können<br />

sehr unterschiedlich sein. So betragen z.B. die Verteilungskoeffizienten (Kd-Werte) zwischen<br />

Boden und Wasser für verschiedene Sulfonamide in diversen Böden zwischen 0,9 und 10,<br />

wogegen Tetracycline Werte zwischen 417 und 1026 annehmen, also stark sorbiert werden.<br />

Der Abbau von Sulfonamiden betrug unter 1 % in bis zu 2 Monaten Versuchsdauer. Dies wurde<br />

auch in Arbeiten von Wehrhan et al. (2004) am Forschungszentrum Jülich kürzlich nachgewiesen.<br />

Ein Durchbruch von Sulfadiazin durch Bodensäulen erfolgt nur leicht verzögert nach dem<br />

Tracer (ab 100 d nach 50 d für Chlorid).<br />

Die vielfach ungeklärte Problematik wird noch an zwei Aktivitäten deutlich:<br />

Der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft herausgegebene Sachstandsbericht/Mitteilung<br />

4 der Arbeitsgruppe „Zur Beurteilung von potenziellen Schadorganismen und<br />

Stoffen in Futtermitteln sowie in tierischen Fäkalien“ der Senatskommission zur Beurteilung von<br />

Stoffen in der Landwirtschaft weist unter der Rubrik „Stoffe zur Verbesserung der Futterver-<br />

55


Pharmaka im Urin: Abbau und Versickerung vs. Pflanzenaufnahme<br />

wertung“ unter Punkt 3.3.1.5 als Forschungsbedarf weitere ökotoxikologische<br />

Untersuchungen über Wirkungen von mit der Gülle ausgeschiedenen Antibiotikaresten in der<br />

Umwelt, insbesondere im Boden, aus. Da der Boden Produktionsgrundlage für pflanzliche<br />

Lebensmittel ist, ist hier auch dieser Bereich betroffen.<br />

Der Wissenschaftliche Beirat Bodenschutz beim BMU weist in seinem Gutachten „Wege zum<br />

vorsorgenden Bodenschutz“ auf Defizite in der Umweltüberwachung von Tierarzneimitteln hin<br />

und empfiehlt eine umfassende Prüfung von Umwelteffekten. Im Weißbuch „Lebensmittelsicherheit“<br />

der EU (Februar 2000) wurde die Einrichtung einer Europäischen Lebensmittelbehörde<br />

gefordert, die sich auch verstärkt um eine lückenlose Überwachung des Verbleibs von<br />

Tierarzneimitteln beschäftigen soll.<br />

2.1.3 Nachgewiesene Gewässerbelastung<br />

In den letzten Jahren wurden Pharmaka immer wieder in Gewässern nachgewiesen. Watts et<br />

al. (1983) berichteten über Flußgewässerbelastungen um 1 µg/l mit Erythromycin, Sulfamethoxazol<br />

und Tetracyclin. In der Lutter in Bielefeld, wurde Erythromycin mit 0,62 µg/l<br />

nachgewiesen. Am ESWE-Institut der Mainzer Wasserwerke konnten 1999 von 55<br />

untersuchten Pharmawirkstoffen, 36 in Kläranlagenabläufen, sowie 31 in deutschen<br />

Fließgewässern nachgewiesen werden, sowie jeweils 5 von 9 Metaboliten (Wilken, 1999).<br />

Sulfamethoxazol fand sich bei einer Probenahme in der Nähe eines Kläranlageneinflusses<br />

(Hirsch et al., 1998). In Oberflächengewässern wurden von Hirsch et al. (1999) vom<br />

Wiesbadener ESWE-Institut v.a. Humanantibiotika gefunden (Erythromycin bis 6 µg/l,<br />

Roxithromycin, Trimethoprim, Sulfamethoxazol). Im Grundwasser konnte Sulfamethoxazol (0,47<br />

µg/l) und Sulfamethazin (0,16 µg/l) nachgewiesen werden. Meyer et al. (2000) vom United<br />

States Geological Survey konnten Tetracyclin in Gewässern in Spuren (< 1 µg/l) nachweisen.<br />

Die Werte für chronische Toxizität liegen meist um Größenordnungen höher, werden aber u.U.<br />

bei der Behandlung von Gewässern für die Fischzucht erreicht (Wollenberger et al., 2000).<br />

Es ist inzwischen deutlich geworden, daß Gewässerbelastungen mit Arzneimitteln v.a. aus der<br />

Humananwendung stammen und die Einträge nach ungenügender Eliminierung über die<br />

Abläufe der Kläranlagen erfolgt (Christian, 2004). Da jedoch auch vereinzelt Veterinärantibiotika<br />

in Gebieten, in denen Gülle ausgebracht wurde, nachgewiesen wurden, dürfte zumindest für<br />

diese Gruppe auch ein Eintrag nach Bodenapplikation über Abschwemmung oder Dränwasser<br />

möglich sein bzw. nach Versickerung ins Grundwasser durch Übergang von dort in Oberflächengewässer.<br />

2.1.4 Aufnahme in Pflanzen<br />

Es gibt eine ganze Reihe von Untersuchungen, die zeigen, daß Rückstände, die in der Bodenlösung<br />

vorkommen, bzw. reversibel an Bodenbestandteile adsorbiert sind, von Pflanzen<br />

aufgenommen werden können (Jjemba, 2002). Chlortetracyclin und Oxytetracyclin wurden in<br />

Wasserkulturversuchen als auch im Gefäßversuch mit Boden untersucht (Batchelder,<br />

1981,1982). Bei Weizen und Mais wurde auf einem sandigen Lehmboden die<br />

Stickstoffaufnahme stimuliert. Mais nimmt auch Lasalocid und Monensin auf (King et al., 1983).<br />

In Laborversuchen wurde festgestellt, daß mit der Aufnahme von Sulfadimethoxin in Hirse,<br />

Erbse und Mais deren Entwicklung sich verändert und dann von der Bioakkumulation der<br />

Spezies abhängt; die sei für C4-Pflanzen (Hirse und Mais) größer als für C3-Pflanzen (Erbse)<br />

(Migliore et al., 1995).<br />

Aus Hydroponik-Kultur (300 mg/l Sulfadimethoxin) nahmen die Pflanzen bis zu Endkonzentrationen<br />

von 180 - 2000 mg/kg auf. Dabei akkumulierten die Wurzeln von Mais und Hirse erheblich<br />

mehr Wirkstoff im Verhältnis zum jeweiligen Sproß. Ähnliches ergaben Tests an Roggen,<br />

Karotte, Mais, Hirse und Erbse und mit Roggen im Feldversuch (Migliore et al., 1996).<br />

Teilweise ist unklar, ob die negativen Wirkungen auf die Pflanze auf eine direkte Schädigung<br />

der Pflanze durch Aufnahme der Wirkstoffe zurückzuführen ist, oder ob die antimikrobielle<br />

56


Pharmaka im Urin: Abbau und Versickerung vs. Pflanzenaufnahme<br />

Wirkung auf die Bodenmikroorganismen, die ebenfalls nachgewiesen wurde (vgl. z.B.<br />

Colinas et al., 1994; Halling-Sørensen et al., 2002), dafür verantwortlich zu machen ist.<br />

Gealterte Rückstände, die im Boden stärker gebunden vorliegen, führen allerdings oft zu einem<br />

starken Rückgang der Aufnahme, beispielsweise von 15 auf 32 % bei Sulfadimidin (Langhammer<br />

et al., 1990).<br />

2.1.5 Negative Wirkungen<br />

a) Resistenzbildung bei non-target Mikroorganismen<br />

Bei Antibiotika ist stets die Resistenzproblematik ein Thema. Daß Resistenzen in der Umwelt<br />

auftreten zeigen einige Studien, unklar ist oft der Auslöser: in Flüssen und Seen Nordgriechenlands<br />

zeigten 24 % der daraus isolierten Salmonellen-Stämme einfache bzw. multiple<br />

Resistenzen gegen 20 getestete Antibiotika, v.a. gegen Streptomycin. Eine Reihe von Bakterien<br />

waren auch in der Lage, Resistenzgene zu übertragen (Arvanitidou et al., 1997), dies konnte<br />

auch in landwirtschaftlichen Böden nachgewiesen werden (z.B. Haak et al., 1996). Auf Flächen,<br />

die Chlortetracyclin aus Hühnergülle enthielten, entwickelten sich multiple Antibiotikaresistenzen<br />

der Intestinalflora bei nicht-behandelten Schweinen (Warman und Thomas, 1981).<br />

b) Ökotoxizität<br />

Bei Antibiotikaeintrag in Böden besteht die Problematik in einer Störung von Bodenlebensgemeinschaften:<br />

eine Abnahme der Bakterienzahl im Boden führt auch zu einem Futtermangel<br />

bei der Bodenfauna (Protozoen, Nematoden, Microarthropoden) und beeinflußt wichtige<br />

Bodenfunktionen: Pflanzenrückstände würden langsamer zersetzt und so Nährstoffe<br />

verlangsamt in den Kreislauf zurückgeführt (Opalinski et al.,1998), die Denitrifikation und die<br />

Detoxifikation von Pestiziden und Xenobiotika im Boden würde verlangsamt. Es wurde auch die<br />

Beeinflussung der Gewässerfauna beschrieben, etwa die akute und chronische Toxizität von<br />

Oxytetracyclin (v.a. in Fisch-Farmen als Futterzusatzstoff benutzt), Tetraycyclin, Streptomycin<br />

und Sulfadiazin auf Daphnia magna (Wollenberger et al., 2000). Eine Schädigung aquatischer<br />

als auch terrestrischer Ökosystemen ist offensichtlich möglich (Brambilla et al., 1994). Auch<br />

eine Gefährdung des Menschen über die Nahrungskette sei nicht auszuschließen (Kennedy et<br />

al., 2000).<br />

2.2 Analytik von Antibiotikarückständen in Pflanze und Boden<br />

2.2.1 Extraktion<br />

Die Rückstandsanalytik kommt nicht ohne eine vorherige Extraktion der Substanzen und ihrer<br />

Metaboliten aus der jeweiligen Matrix aus. In der Literatur sind jedoch kaum Angaben zur Matrix<br />

Pflanzengewebe zu finden – sieht man von Futtermitteln ab. Da die Rückstandsanalytik von<br />

Antibiotika v.a. in der Überwachung der maximalen Rückstandskonzentrationen (MRL)<br />

angesiedelt ist, wird bei flüssiger Matrix v.a. aus Blut, Urin, Milch und Eiern, bei fester Matrix<br />

v.a. aus tierischem Gewebe unterschiedlicher Art (Muskel, Niere, Leber, etc.) extrahiert. Dabei<br />

kommen v.a. die Soxhlet-Extraktion, Schüttelextraktion, Ultraschallextraktion und die<br />

Mikrowellenextraktion zur Anwendung. Vereinzelt wurden auch die SFE (Extraktion mit<br />

überkritischem Kohlendioxid) und neuerdings zunehmend auch die ASE (Beschleunigte<br />

Lösemittelextraktion, s.u.), eingesetzt. Die Extrahierbarkeit und die Eignung verschiedener<br />

Lösungsmittel hängen erheblich von der Polarität und Löslichkeit der Wirkstoffe, die teilweise<br />

sehr unterschiedlich ist, ab. Die Polyether-Antibiotika etwa sind ausgezeichnet wasserlöslich<br />

und lassen sich mit Wiederfindungsraten um 100 % aus Futtermitteln durch eine einfache<br />

Homogenisierung/Ultraschallbehandlung mit einem Wasser-Lösemittelgemisch isolieren.<br />

Bei der Auswahl der zu untersuchenden Stoffe wurde darauf geachtet, daß eine größere Bandbreite<br />

bzgl. der Wasserlöslichkeit der Substanzen untersucht wird. Darunter finden sich die<br />

Tetracycline (z.B. Chlortetracyclin: 500 mg/l), Sulfonamide (Sulfadimidin: 1500 mg/l, Sulfa-<br />

57


Pharmaka im Urin: Abbau und Versickerung vs. Pflanzenaufnahme<br />

methoxazol 610 mg/l, Sulfadiazin 80 mg/l) und die Clofibrinsäure (583 mg/l) und das sehr gut<br />

lösliche Diclofenac (als Diclofenac nur 2,37 mg/l, als Anion bzw. Diclofenac-Na: 21.300 mg/l).<br />

Für dieses Vorhaben wurde zur Bodenextraktion die im Folgenden näher beschriebene<br />

"Beschleunigte Lösemittelextraktion" (Accelerated Solvent Extraction: ASE) benutzt. Die<br />

beschleunigte Lösemittelextraktion ist vor einigen Jahren als Routinemethode verfügbar<br />

geworden, im Wesentlichen durch die Markteinführung eines kommerziellen Systems (ASE<br />

200, Fa. Dionex). Bei dieser Methode wird die Probe unter hohem Druck (z.B. 20 MPa) in<br />

statischer oder dynamischer Arbeitsweise von einem Lösemittel(gemisch) extrahiert, wobei<br />

bedingt durch das geschlossene System auch erhöhte Temperaturen (bis ca. 200°C)<br />

anwendbar sind. Dadurch werden die für die Extraktion benötigten Zeiten drastisch reduziert<br />

(z.B. 18 h Soxhlet � < 22 min.) und gleichzeitig der Verbrauch an organischem Lösungsmittel<br />

herabgesetzt (z.B. 300 ml � < 80 ml) (Zhu et al., 2000). In der Folgezeit zeigte sich, daß die<br />

ASE die wichtigsten routinemäßig verwendeten Extraktionsmethoden wie Soxhlet-Extraktion,<br />

Schüttelextraktion und Ultraschallextraktion ersetzen kann. Dies gilt offensichtlich insbesondere<br />

für apolare (PAHs, PCBs) und polare Substanzen (Herbizide etc.) v.a. aus polaren Matrices wie<br />

Böden. Wasserhaltige Proben können dabei durch Zugabe eines Absorbens wie Kieselgur<br />

(Diatomeenerde) („Hydromatrix“, Fa. Varian, Extrelut, Fa. Merck) getrocknet und besser<br />

verarbeitbar gemacht werden (Obana et al., 1997). Nahezu alle Autoren, die die Methode<br />

benutzt haben, äußerten sich positiv. Betont wird stets die Reduzierung der Arbeitsschritte, so<br />

daß einer Artefaktbildung entgegengewirkt wird. Inzwischen wird die ASE daher bereits in<br />

standardisierte Analysenmethoden übernommen (z.B. U.S. EPA Methode 3545).<br />

2.2.2 Immunoassays zur Bestimmung von Antibiotikarückständen<br />

Pharmaka-Rückstände werden meist über chromatographische Verfahren bestimmt. Da es in<br />

diesem niedrigen Konzentrationsbereich gilt, eine hohe Selektivität des Detektionsverfahrens zu<br />

erzielen (alle anderen Matrixkomponenten sind im riesigen Überschuß vorhanden), wird hier<br />

bevorzugt die Massenspektrometrie, mit der Markteinführung routinetauglicher Analysengeräte<br />

in jüngerer Zeit v.a. die hochauflösendende Massenspektrometrie (HRMS), Tandem-<br />

Massenspektrometrie (MS/MS) bzw. die Multi-Massenspektrometrie (MSn) angewendet (z.B.<br />

Carbamazepin, Miao & Metcalfe, 2003).<br />

Der Einsatz von Immunoassays in der Antibiotikaanalytik ist Legion (Märtlbauer 1993,<br />

Märtlbauer et al. 1994). Für die Milch etwa existieren Verfahren für Chlortetracyclin,<br />

Dihydrostreptomycin, Sulfamethazin, Sulfadiazin und Sulfamethoxypyridazin (Usleber et al.<br />

1994). Die erzielbaren Nachweisgrenzen sind meist sehr gut (z.B. < 0,02 µg/l an Sulfamethazin<br />

in Milch). Teilweise wurden auch gruppenspezifische Tests beschrieben (Korpimäki et al., 200x;<br />

Grubelnik et al., 2001). Für die Anwendung auf Boden- und Pflanzenextrakte lagen in der<br />

Literatur kaum Hinweise vor, allerdings bestehen eigene Vorarbeiten zu Messungen in Gülle<br />

und Bodenextrakten (Christian, 2004; Christian et al., 2003).<br />

58


Pharmaka im Urin: Abbau und Versickerung vs. Pflanzenaufnahme<br />

3 Material und Methoden<br />

3.1 Wirkstoffe<br />

Bei den Gesprächen zur Vorbereitung der Antragstellung wurde eine Substanzauswahl<br />

getroffen, die eine realistische Anzahl an, bezüglich ihrer Stoffeigenschaften möglichst<br />

unterschiedlichen, Wirkstoffen, umfassen sollte. Gleichzeitig waren die analytischen Möglichkeiten<br />

und die Befunde im Vorgängerprojekt (relative Stabilität bzw. Vorkommen im Urin) zu<br />

berücksichtigen.<br />

Es wurde eine Auswahl von 10 Stoffen getroffen, welche bezüglich ihrer Wirkeigenschaften<br />

sowohl Antibiotika als auch Arzneimittel anderer Einsatzbereiche umfaßte. Diese Substanzauswahl<br />

ist im Teilbericht des IWW Mülheim, "Aufbau und Einsatz einer problemorientierten<br />

Analytik mit dem Ziel eines Monitorings ausgewählter Pharmaka in Böden und Urin" näher<br />

erläutert.<br />

Hauptsächlich handelt es sich bei den ausgewählten Wirkstoffen, insbesondere bei den nicht<br />

antimikrobiellen Pharmaka, um Inhaltsstoffe von sog. „Blockbuster“-Medikamenten, Arzneimitteln,<br />

die in großer Menge für einen breiten Anwendungsbereich eingesetzt werden. So<br />

betrugen etwa die Verbrauchsmengen dieser Wirkstoffe in Deutschland im Jahr 2001 für<br />

Ibuprofen rund 425 Tonnen, für Carbamazepin ca. 88 t und für Diclofenac rund 86 Tonnen (IMS<br />

Health chemical country profile, 2002).<br />

Sulfadimidin und Sulfamethoxazol wurden als die in der Literatur am häufigsten untersuchten<br />

Sulfonamid-Antibiotika-Wirkstoffe ausgewählt. Sulfadimidin (engl. Sulfamethazine oder<br />

Sulphamethazine) ist ein sehr häufig verwendetes Veterinärantibiotikum und zu seinem<br />

Verhalten liegen erste Studien vor (Christian, 2004). Es wurde in Konzentrationen bis zu 17<br />

µg/kg Boden gefunden. Da es häufig in Schweinegülle vorkommt, ist es nicht auszuschließen,<br />

daß die Untersuchungsböden bereits einmal damit in Kontakt kamen.<br />

Sulfamethoxazol ist ein Standardantibiotikum bei Erkältungskrankheiten im Menschen und wird<br />

entsprechend oft bei Gewässermonitorings gefunden.<br />

Da in diesem Projekt an einigen Substanzen auch Detailuntersuchungen mit der sehr empfindlichen<br />

und kostengünstigen Analysenmethode Immunoassay (ELISA-Test) durchgeführt werden<br />

sollten, wurde die Substanzauswahl auch noch von der Verfügbarkeit der dafür benötigten<br />

Antikörpern abhängig gemacht. Die Tabelle 1 gibt die Substanzauswahl für Immunoassayanalytik<br />

wieder. Die Abbildung 1 zeigt die zugehörigen Strukturen.<br />

Tab. 1: Arzneimittelwirkstoffe für die Analytik mit Immunoassay<br />

Wirkstoff Kürzel Strukturklasse Anwendung<br />

Sulfadimidin SDM Sulfonamid Veterinärantibiotikum<br />

Sulfamethoxazol SMX Sulfonamid Humanantibiotikum<br />

Diclofenac DCF Carbonsäure Antirheumatikum<br />

59


Pharmaka im Urin: Abbau und Versickerung vs. Pflanzenaufnahme<br />

NH 2<br />

O<br />

S N<br />

H<br />

O<br />

R<br />

Sulfonamidgrundstruktur Diclofenac<br />

Sulfadimidin<br />

(syn. Sulfamethazin)<br />

(vet.)<br />

Sulfamethoxazol<br />

(hum.)<br />

R =<br />

R =<br />

N<br />

N<br />

N<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

O CH 3<br />

Abb. 1: Strukturen der Sulfonamide und von Diclofenac<br />

Das ursprünglich vorgesehene dritte Sulfonamid-Antibiotikum wurde wegen der hohen zu<br />

erwarteten Redundanz der Ergebnisse gestrichen, auch weil bereits die Vorarbeiten zu dem Vegetationsversuch<br />

erheblich mehr Zeit in Anspruch genommen hatten, als vorausgeplant werden<br />

konnte.<br />

Im Antrag war noch Clofibrinsäure als Analyt vorgesehen. Es konnten dafür aber letztlich die<br />

Antikörper nicht mehr rechtzeitig erhalten werden. Der Parameter wurde durch Diclofenac<br />

ersetzt, welches ebenfalls eine Carbonsäure darstellt und eine ähnlich hohe Mobilität zeigen<br />

sollte. Im Antrag war solch eine situationsbezogene Anpassungsmöglichkeit der Stoffauswahl<br />

bereits vorgesehen worden.<br />

3.2 Bodenextraktion<br />

COOH<br />

H<br />

N<br />

Die Bodenproben (je 10 g Trockenmasse) wurden mittels beschleunigter Lösemittelextraktion<br />

(Acclerated Solvent Extraction, ASE) durchgeführt und zwar mit einem ASE® 200 Extraktor der<br />

Firma Dionex. Für die Extraktion wurden 11 ml-Edelstahl-Extraktionszellen benutzt. Die Fritten<br />

der Zellenköpfe wurden durch Glasfaserfilter und Hydromatrix (Isolute® HM-N, Part. No. 9800-<br />

1000, Fa. Separtis) vor dem Verstopfen geschützt. Die Extraktsammlung erfolgte in 40 ml-<br />

Sammelvials mit teflonbeschichteten Silikon-Septen.<br />

Die Tabelle 2 zeigt die Parameter für die Bodenextraktion mittels ASE.<br />

Cl<br />

Cl<br />

60


Pharmaka im Urin: Abbau und Versickerung vs. Pflanzenaufnahme<br />

Tab. 2: Parameter für die Bodenextraktions mittels ASE<br />

Parameter Wert<br />

Vorheizen 10 min.<br />

Aufheizen der Zelle 5 min.<br />

Stationäre Extraktion 8 min.<br />

Druck 140 bar<br />

Temperatur 80 °C<br />

Lösungsmittel 90 % Methanol : 10 % Wasser v/v<br />

Spülvolumen 50 % des Zellenvolumens<br />

Extraktionszyklen 2<br />

Freiblasen (Purge) 60 sec.<br />

Nach der Extraktion im ASE-Automaten wurden ca. 15 - 20 ml Extrakt (je nach Wassergehalt<br />

der Bodenprobe und nach deren Porenvolumen) erhalten. Die Extrakte wurden im Wasserbad<br />

(30 °C) durch Abblasen mit Stickstoff (Qualität 5.0) aus Edelstahlnadeln bis nahezu zur Trockne<br />

eingedampft. Dabei verdampft zunächst das Methanol und aus dem sich bildenden Azeotrop<br />

eine Mischung aus Methanol und Wasser. Der Rückstand ist fast ausschließlich wässrig, der<br />

Lösemittelanteil braucht so nicht mehr bei der Messung mittels Immunoassay berücksichtigt zu<br />

werden.<br />

Danach wurde der Rückstand mit 5 ml Reinstwasser versetzt und für 30 Sekunden im Ultraschallbad<br />

behandelt um den Wirkstoff komplett zu lösen. Ein Aliquot dieses wäßrigen Extraktes<br />

wurde durch einen Membran-Spitzenvorsatzfilter (GHP Acrodisc 13 mm, 0,2 bzw. 0,45 µm,<br />

Gelman Corp.) filtriert. Ein 100 µl-Aliquot des Filtrates wurde mit 9,9 ml Reinstwasser um den<br />

Faktor 100 verdünnt und diese Meßprobe bis zur Messung in braunen 10 ml-Glasfläschchen mit<br />

Kunststoffdeckel mit Teflon-Liner im Kühlschrank bei 4 °C gelagert.<br />

3.3 Pflanzenextraktion<br />

Der Aufwuchs der Pflanzen "Welsches Weidelgras" (ohne Wurzeln) war sofort nach der Ernte<br />

eingefroren worden. Der Wassergehalt dieser gefrorenen Gräser wurde nicht gesondert<br />

bestimmt bzw. berücksichtigt. Er dürfte bei lediglich ca. 5 % der Frischmasse liegen.<br />

Zur Extraktion wurden ohne Auftauen ca. 10 g Frischmasse Pflanze in einen Porzellanmörser<br />

gegeben, mit flüssigem Stickstoff vollständig überschichtet und dann manuell mit einem<br />

Porzellanpistill zu einer vollständig gleichmäßigen Probe homogenisiert. Diese Probe läßt sich<br />

nach dem fast vollständigen Verdampfen des Stickstoffs ausgezeichnet aliquotieren.<br />

Um die 5 g Homogenat (exakt gewogen: 5,00 ± 0,05 g) wurden in einen kurzen 100 ml-Standzylinder<br />

aus Glas eingewogen. Es wurden 50,0 ± 0,5 ml Reinstwasser zugefügt und die<br />

Mischung mit einem Rührstab hoher Umdrehungszahl (Ultra-Turrax) für 60 sec. homogenisiert.<br />

Von dem Überstand wurden ca. 5 ml durch ein Faltenfilter und anschließend durch einen<br />

Membranfilter (Porenweite 0,45 µm) filtriert. Aus dem Filtrat wurden 100 µl entnommen und mit<br />

9,90 ml Reinstwasser um den Faktor 100 verdünnt.<br />

61


Pharmaka im Urin: Abbau und Versickerung vs. Pflanzenaufnahme<br />

Anschließend wurden diese Proben direkt für die Messung mittels ELISA eingesetzt und die<br />

Ergebnisse aus den Tests mit den entsprechenden Faktoren auf den Rückstand in mg<br />

Pharmakon je kg Frischmasse rückgerechnet.<br />

3.4 Immunoassay<br />

Immunoassays (in der eingesetzten Form auch ELISAs genannt), sind biochemische<br />

Nachweisverfahren, die auf der selektiven Erkennung der Analyten durch spezifische Antikörper<br />

beruhen. Der Nachweis der Bindung der Analytmoleküle aus der Probe erfolgt nicht direkt, sondern<br />

wird über die Konkurrenzreaktion mit einem markierten Analytderivat vermittelt, dem sogenannten<br />

Tracer. Durch den Einsatz von Enzymtracern läßt sich die Nachweisempfindlichkeit<br />

dieses Labels sehr stark steigern, was zu entsprechend niedrigen Nachweisgrenzen der Analyten<br />

direkt aus der wäßrigen Probe - ohne Anreicherung - führt. Häufig werden Bestimmungsgrenzen<br />

von 10 ng/l und darunter erreicht.<br />

Die Immunoassay-Prozedur entspricht dem Vorgehen beim sog. direkten ELISA im Fall von<br />

Sulfadimidin und Sulfamethoxazol. Für Diclofenac wurde ein indirekter ELISA durchgeführt.<br />

Die in unseren Labors übliche Prozedur ist bei Schneider et al. (2004) beschrieben. Alle Tests<br />

wurden ursprünglich für andere Überwachungsaufgaben (v.a. Sulfonamid-Antibiotika in Milch<br />

bzw. Serum) entwickelt, waren von uns aber vorgetestet worden und sollten im Projekt<br />

endgültig auf ihre Tauglichkeit bzw. die Rahmenbedingungen (Verdünnung, Vorreinigung) für<br />

ihre Anwendung auf Boden- und Pflanzenextrakte überprüft werden.<br />

Der Test für Sulfadimidin verwendet die Antikörper die bei Fránek et al. (1999) beschrieben<br />

wurden und wurde durch von dieser tschechischen Arbeitsgruppe zur Verfügung gestellt. Der<br />

ELISA für Sulfamethoxazol ist eine Eigenentwicklung unserer Arbeitsgruppe und im Detail bei<br />

Christian (2004) beschrieben. Die Immunreagenzien für die Bestimmung von Diclofenac<br />

stammen von der Arbeitsgruppe Knopp, München und ist mit allen Details für den indirekten<br />

ELISA beschrieben (Deng et al., 2003).<br />

Zur Beurteilung der Analysenqualität sind in der Tabelle 3 die Kennzahlen der Analytik aufgelistet.<br />

Unter Selektivität sind dabei die Querempfindlichkeiten der ELISA-Tests gegenüber den<br />

anderen im Versuch applizierten Wirkstoffe - falls relevant (strukturverwandt) - aufgelistet, die<br />

bei Immunoassays als Kreuzreaktivitäten (KR), angegeben in Prozent bezogen auf den eigentlichen<br />

Analyten (KR = 100 %), angegeben werden.<br />

Tab. 3: Verwendete Immunoassays mit Kennzahlen für die Analysen, n.b. = nicht bestimmt<br />

Wirkstoff<br />

Nachweisgrenze<br />

Sickerwasser<br />

[µg/l]<br />

Boden<br />

[mg/kg]<br />

Pflanze<br />

[mg/kg]<br />

durchschn<br />

Varianz<br />

(bei n = 3)<br />

%<br />

Selektivität<br />

Kreuzreaktivitäten<br />

Sulfadimidin 5 0,005 0,1 21 SMX, SDZ <<br />

Sulfamethoxazol 10 0,01 0,1 17 SDM, SDZ <<br />

Diclofenac n.b. n.b. 0,05 n.b. k.A.<br />

[%]<br />

62


Pharmaka im Urin: Abbau und Versickerung vs. Pflanzenaufnahme<br />

Matrixeffekte<br />

Bei Immunoassays treten - insbesondere beim der Bestimmung in Bodenextrakten öfter Matrixeffekte<br />

auf, die in der Literatur v.a. auf die Koextraktion von Huminstoffen zurückgeführt werden<br />

und die zu Überbestimmungen führen. Da die Affinität dieser Störstoffe zum Antikörper viel<br />

geringer ist und auch die Bindungsmechanismen andersartig sind, gelingt es meist - im Rahmen<br />

der gewünschten Empfindlichkeit - durch Verdünnen der Probe die Störung zu beseitigen.<br />

Der Effekt ist beispielhaft in der Abbildung 2 dargestellt. Der extrahierte Boden wies einen<br />

Grundgehalt an Sulfadimidin zwischen 15 und 20 µg/kg auf. In dem unter 4A) beschriebenen<br />

Vorversuch zur Erprobung der Analytik wurde mit der geringen Dotierung von 8 µg/kg (einfach)<br />

und 16 µg/kg (doppelt) aufdotiert. Die Bodenextrakte wurden dann unverdünnt und um den<br />

Faktor 10 (1 : 10) verdünnt, gemessen. Man sieht, daß die Wiederholungen der undotierten<br />

Extrakte keine signifikant unterschiedlichen Werte liefern, daß aber die einfache Dotierung bei<br />

drei unterschiedlichen Böden (und damit unterschiedlichem Störstoffanteil in den Extrakten)<br />

nicht sicher nachgewiesen werden kann, es kommt zu erheblichen Überbestimmungen. Bei<br />

Verdünnung um den Faktor 10 wird die höchste Überbestimmung bereits stark reduziert.<br />

Verdünnung: unv. 1 : 10<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

a<br />

undotiert undotiert undotiert<br />

a<br />

undotiert undotiert undotiert<br />

b<br />

1-fach 1-fach 1-fach<br />

doppelt doppelt doppelt<br />

c<br />

*SDM-ELISA, n = 3; 1-fach = 8 µg/kg<br />

e<br />

doppelt doppelt doppelt<br />

Abb. 2: Reduzierung von Matrixeffekten durch Verdünnung bei der Bestimmung von Sulfadimidin in<br />

Bodenextrakten mittels Immunoassay<br />

Durch die Anwendung sehr hoher Gehalte wurden in den tatsächlichen Versuchen (Inkubation<br />

und Versickerung) so hohe Extraktkonzentrationen erhalten, daß alle Proben mindestens um<br />

den Faktor 100 verdünnt wurden, manche um den Faktor 1000, viele sogar um den Faktor<br />

10.000. In diesen Messungen konnten keine Matrixeffekte mehr nachgewiesen werden. Die<br />

Messung der undotierten Kontrollen lieferte stets Gehalte unter 1 % der Dotierungen.<br />

Bei den Messungen am Sickerwasser war zunächst die Besorgnis da, daß dieses ja in erheblichem<br />

Maße Bestandteile des Urins enthalten könne, die u.U. zu Fehlbestimmungen führen<br />

könnten. Daher wurde die Störung der Bestimmung durch Urininhaltsstoffe durch Messungen<br />

an dotiertem Urin evaluiert. Der Urin wurde mit 100 µg/l an Sulfadimidin und an Sulfamethoxazol<br />

dotiert und anschliessend unverdünnt, 1 : 10 verdünt und um den Faktor 100 verdünnt,<br />

gemessen. Die Ergebnisse sind in Abbildung 3 dargestellt.<br />

a<br />

undotiert undotiert undotiert<br />

a<br />

undotiert undotiert undotiert<br />

b<br />

1-fach 1-fach 1-fach<br />

c<br />

doppelt doppelt doppelt<br />

d<br />

doppelt doppelt doppelt<br />

63


Pharmaka im Urin: Abbau und Versickerung vs. Pflanzenaufnahme<br />

Verdünnung: unv. 1 : 10 1 : 100<br />

Wiederfindungsrate [%]<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

Urin Urin original original<br />

+ + Mix Mix<br />

+ + 100 100 µg/l µg/l SDM SDM<br />

+ + 100 100 µg/l µg/l SDM SDM<br />

+ + 100 100 µg/l µg/l SMX SMX<br />

NG: 5 µg/l<br />

*SDM-ELISA, n = 3, 2 Wh.<br />

SDM ... Sulfadimidin<br />

SMX ... Sulfamethoxazol<br />

Abb. 3: Eliminierung von Matrixeffekten bei Urin durch Verdünnung beim Immunoassay für Sulfadimidin<br />

Während bei der Messung des unverdünnten dotierten Urins eine Überbestimmung um 100 %<br />

(Wiederfindungsrate ca. 200 %) erhalten wird und sich die Situation bei der Verdünnung um<br />

den Faktor 10 nur unwesentlich ändert, bringt eine Verdünnung um den Faktor 100 das<br />

gewünschte Ergebnis: die gemessene Konzentration liegt im plausiblen Bereich im 4 Wochen<br />

gelagerten Urin: es wird eine Wiederfindungsrate von 84 % erzielt. Gleichzeitig ist zu sehen,<br />

daß der ebenfalls dotierte Wirkstoff Sulfamethoxazol im Sulfadimidin-ELISA zu keiner Verfälschung<br />

des Ergebnisses führt. Er wird aufgrund seiner minimalen Kreuzreaktivität nicht detektiert.<br />

Selbst bei einer Verdünnung der Extrakte um den Faktor 100 beträgt durch die hohe Sensitivität<br />

von Immunoassays, gerade auch des SDM-ELISAs, die Nachweisempfindlichkeit im Sickerwasser<br />

immer noch 5 µg/l, bezogen auf den Ausgangsextrakt. Dafür reichen 10 µl Ausgangsextrakt,<br />

der auf 1 ml verdünnt wird und dann noch eine Dreifachbestimmung zuläßt, aus.<br />

3.5 Untersuchte Böden<br />

Es wurden Böden unterschiedlicher Zusammensetzung für die Vergleichsuntersuchungen<br />

ausgewählt. Zwei der Böden stammten von Freilandversuchsflächen des Instituts für <strong>Pflanzenernährung</strong>,<br />

einer vom Versuchsgut für Organischen Landbau der <strong>Universität</strong> <strong>Bonn</strong>. Der vierte<br />

Boden wurde in der Nähe der Lambertsmühle entnommen, am Versuchsgut Höfchen (der Bayer<br />

Crop Science AG) in Burscheid. Dieser Boden unterlag den Witterungsverhältnissen in<br />

Burscheid und wäre ein typischer denkbarer Rezipient bei einer landwirtschaftlichen Verwertung<br />

des Urins im Umkreis der Mühle. Die Tabelle 4 listet die verfügbaren Bodendaten auf.<br />

64


Pharmaka im Urin: Abbau und Versickerung vs. Pflanzenaufnahme<br />

Tab. 4: Kenndaten der verwendeten Böden<br />

Boden Eigenschaft<br />

Meckenheim Krume: 0 – 30 cm (aus 2002)<br />

Lage Meckenheim bei <strong>Bonn</strong>; mittl. jährlicher<br />

Niederschl.: 620 mm)<br />

Ausgangboden Parabraunerde auf tiefgründigem Löß<br />

Korngrößenverteilung 16 % Ton, 77,2 % Schluff, 6,9 % Sand (Scherer et<br />

al., 2003)<br />

Zusammensetzung der Tonmineralfraktion<br />

Bodenart toniger Schluff<br />

Gehalt an organischem Kohlenstoff 1,2 %<br />

pH 6,26<br />

5 % Smectit, 16 % Vermiculit, 69 % Illit, 10 % Kaolinit<br />

Nutzung Dauerversuch zu organischen Düngung des Inst.<br />

f. Pflanzenern., Univ. <strong>Bonn</strong>;<br />

Mineraldüngervariante<br />

Uedorf Krume: 0 – 30 cm (aus 2002)<br />

Lage Uedorf bei <strong>Bonn</strong><br />

Bodenart Sand<br />

Nutzung Versuchsfläche des IPE, Univ. <strong>Bonn</strong><br />

Burscheid Krume (2004, Daten: 2002)<br />

Lage Versuchsgut Höfchen bei Burscheid (Nähe<br />

Lambertsmühle, mittl. jährl. Niederschlag 925 mm)<br />

Bodenart sL, uL, L<br />

Gehalt an organischem Kohlenstoff Humusgehalt 1,7 %<br />

pH 6,5<br />

Nutzung Versuchsboden Bayer Crop Science AG Schlag<br />

„Hohenseh“<br />

Boden Eigenschaft<br />

Hennef Krume<br />

Lage Wiesengut bei Hennef/Siegburg<br />

Ausgangsboden Braunauenboden aus Hochflutlehm<br />

Korngrößenverteilung 17,4 % Ton, 63,8 % Schluff, 18,8 % Sand<br />

Hennef Krume<br />

Gehalt an organischem Kohlenstoff 2,68 %<br />

pH 5,8<br />

Nutzung Versuchsfläche des Wiesengutes, Betrieb der<br />

Univ. <strong>Bonn</strong>, Inst. f. Org. Landbau<br />

65


Pharmaka im Urin: Abbau und Versickerung vs. Pflanzenaufnahme<br />

Die Bodenproben von der Versuchsgütern wurden bereits Monate vor Verwendung aus der<br />

Pflugschicht entnommen, luftgetrocknet und durch Siebe der Maschenweite 5 mm gesiebt. Der<br />

Burscheider Boden war kurz vor den Inkubationsversuchen frisch entnommen worden und<br />

wurde nur für die Laborinkubationsversuche luftgetrocknet.<br />

Für die Laborversuche wurden alle Böden auf 2 mm gesiebt.<br />

3.6 Urin<br />

Der für die Abbauversuche verwendete Urin ist identisch mit dem im Projektteil „Kompostierung“<br />

beschriebenen Urin (Bearbeiter: Simons et al.). Er wurde in der Lambertsmühle im<br />

Lagerbehälter gesammelt und diskontinuierlich entnommen.<br />

Die Dotierung des Urins mit Wirkstoffen erfolgte für die hier beschriebenen Untersuchungen<br />

nicht getrennt, sondern zentral für alle Untersuchungen zur Urinverwertung durch das IWW<br />

Mülheim. Im Urin wurde zum Zeitpunkt der Dotierung ein pH-Wert von ca. 9 bestimmt.<br />

3.7 Dotierlösungen<br />

Die Dotierlösungen wurden vom IWW Mülheim hergestellt und sind im Bericht zu deren Teilprojekt<br />

„Aufbau und Einsatz ...“ beschrieben.<br />

Dies gilt insbesondere für den Ersatz von dotiertem Urin durch dotierten Sand beim Versuch<br />

zum mikrobiellen Abbau. Dieser wurde mit der Sollkonzentration 1,000 g/kg dotiert. Die aus der<br />

Tabelle 7 des IWW-Berichtes hervorgehenden Abweichungen vom Sollwert für die von uns<br />

untersuchten Substanzen (SDM: 996 mg/kg; SMX: 1003 mg/kg; DCF: 1005 mg/kg) liegen unter<br />

0,5 % Abweichung und wurden nicht weiter bei den Berechnungen berücksichtigt.<br />

Bei der Dotierlösung für den Gewächshausversuch war nur die Abweichung der Sulfadimidin(Sulfamethazin-)-Konzentration<br />

gegenüber der Sollkonzentration etwas hoch (SDM: 9,42<br />

mg/kg; SMX: 10,04 mg/kg). Diclofenac wurde aufgrund der Ergebnisse von Vorversuchen<br />

niedriger dosiert (5,00 mg/kg).<br />

4 Studie 1: Mikrobieller Abbau in Böden vs. Akkumulation<br />

Der mikrobielle Abbau der Wirkstoffe wurde in einem stark vereinfachten Inkubationsversuch<br />

als Miniaturansatz im Labor bzw. in einem Klimaschrank durchgeführt. Hier ging es v.a. um das<br />

differentielle Verhalten der Wirkstoffe, da feldähnliche Bedingungen sowieso nur sehr<br />

eingschränkt in kleinformatigen Modellversuchen nachgestellt werden können. Die Vorteile des<br />

Laborversuchs waren die Möglichkeit mit homogenen Bodenkompartimenten zu arbeiten und<br />

Randbedingungen, wie Temperatur und Feuchte exakt kontrollieren zu können<br />

A) Vorversuch<br />

Vor dem eigentlichen Inkubationsversuch wurde ein Versuch als Mikroansatz mit 10g Boden in<br />

kleinen Glasgefäßen (10 ml-Schnappdeckelgläschen) durchgeführt. Dieser Versuch diente<br />

insbesondere der Gewinnung erster Bodenproben um die Immunoassay-Analytik optimieren zu<br />

können. Der Versuch ist in Tabelle 5 charakterisiert.<br />

66


Pharmaka im Urin: Abbau und Versickerung vs. Pflanzenaufnahme<br />

Tab. 5: Kenndaten des Mikro-Inkubationsversuchs zur Gewinnung von Modellproben<br />

Parameter Wert<br />

Inkubationsgefäß ("Mikrokosmos") 10 ml-Schnappdeckelgläschen, Glas<br />

Boden (1 Stufe) Meckenheim (s. Tab. 4)<br />

Bodenfeuchte (1 Stufe) 14 % der maximalen Wasserhalte-kapazität<br />

(WHKmax.) von 62 %<br />

Behandlung ("Ausbringung") 0,8 ml bzw. 1,6 ml Urin<br />

Dotierung des Urins 10 Wirkstoffe à 100 µg/l<br />

Resultierende Bodenkonzentration 8 µg/kg (ca. 1 kg/ha) bzw. 16 µg/kg<br />

Klima Temperatur: 20 °C; rel. Luftfeuchte: 80 %;<br />

Dunkelheit<br />

Zahl der Wiederholungen 2 Kontr., 2 x 1-fach, 2 x 2-fach<br />

Beprobung nach 4 Wochen<br />

Extraktion Gesamtprobe mittels ASE, Methanol<br />

: Wasser 80 : 20<br />

Bei diesem Versuch erwies sich v.a. die nur ungenügend erreichbare Homogenisierung als<br />

auch die großen Schwankungen bezüglich der Feuchte als Problem, was zu dem Schluß führte,<br />

daß Abbauversuche in solch kleinen Gefäßen nicht besonders verläßlich durchführbar sind. Die<br />

Meßergebnisse aus diesem Versuch waren bereits unter dem Kapitel zur Immunoassayanalytik<br />

3.4 vorgestellt worden. Neben den Erkenntnissen zur Analytik war insbesondere<br />

ermittelt worden, daß die Wiederfindungsraten aus den Böden selbst nach 4 Wochen noch etwa<br />

84 % betragen.<br />

B) Laborversuch - Miniaturversuch<br />

Da aufgrund von Studien zum Abbau anderer Schadstoffe zu vermuten war, daß die<br />

Bodenfeuchte, die insbesondere für die Sorption der Stoffe und das Wachstums der<br />

Bodenmikrobiologie (insbesondere des Verhältnisses von mikrobiellen zu pilzlichen<br />

Destruenten) eine entscheidende Rolle spielen, wurden die Versuche an 4 unterschiedlichen<br />

Böden und bei 3 unterschiedlichen Feuchtestufen durchgeführt.<br />

In Tabelle 6 ist der Laborversuch steckbriefartig beschrieben.<br />

67


Pharmaka im Urin: Abbau und Versickerung vs. Pflanzenaufnahme<br />

Tab. 6: Kenndaten des Laborversuchs zum Abbau im Boden<br />

Parameter Wert<br />

Inkubationsgefäß ("Mikrokosmos") 250 ml-Erlenmeyerkolben<br />

Böden (4 Böden, Details in Tab. 4) Meckenheim, Uedorf, Burscheid, Hennef<br />

Bodenfeuchte (3 Stufen) 40 %, 60 % 90 %<br />

der WHKmax.<br />

Behandlung ("Ausbringung") 8 ml Urin<br />

Dotierung über 10 g Seesand, dotiert mit 10 Wirkstoffen<br />

zu 1 g/kg (s. Kap. 3.7)<br />

Resultierende Bodenkonzentration 10 mg/kg (± max. 0,5 %)<br />

Klima Temperatur: 20 °C rel. Luftfeuchte: 80 %<br />

Dunkelheit<br />

Pflege Wägen im Abstand von 2 – 3 Tagen, Nachdosierung<br />

von deion. Wasser<br />

Zahl der Wiederholungen 4 (3 + 1 Kontrolle)<br />

Beprobung<br />

nach 3, 6, 9 Wochen:<br />

Homogenisierung, Entnahme von je ca. 10 g<br />

Trockenmasse (TM) Boden<br />

nach 12 Wochen:<br />

Homogenisierung, Aliquotierung<br />

(10 g TM IPE, 60 g TM IWW)<br />

Extraktion mittels ASE; LM: Methanol : Wasser 90 : 10<br />

Das Verhalten der gesamten Palette an Medikamenten wurde vom IWW Mülheim mittels LC-<br />

MS-Analytik untersucht (siehe den Berichtsteil des IWW Mülheim). Ziel der Untersuchungen<br />

mittels Immunoassay an den ausgewählten Substanzen war es, beispielhaft einen Einblick in<br />

den zeitlichen Verlauf (schnelles Einsetzen des Abbaus, sog. lag-Phasen etc.) zu erhalten.<br />

Für die Versuchsdurchführung günstig erwiesen sich die Erlenmeyer-Kolben mit ihrer<br />

spezifischen Form. Zusätzlich waren sie noch mit einem leichten „Deckel“ aus Aluminiumfolie<br />

abgedeckt worden waren, was die Evaporation weiter unterdrückte. Dadurch ließ die<br />

Bodenfeuchte über einen langen Zeitraum konstant halten und mußte nur in den Varianten mit<br />

90 % Feuchte einige Male angepaßt werden.<br />

Die Beladung von Seesand mit Wirkstoffen ergab eine sehr gute Möglichkeit der homogenen<br />

Dotierung des Bodens mit einer hohen Dotierung. Die 10 g Seesand ließen sich homogen in die<br />

100 g Bodenprobe einmischen und bliebe dem Augenschein nach homogen verteilt. Dadurch<br />

war die Desorption und der Übergang in den Boden wohl sehr gleichmäßig.<br />

Als problematisch erwies sich die Feuchtestufe 90 %. Da bei der Bestimmung der maximalen<br />

Wasserhaltekapazität oft andere Lagerdichten des Bodens vorliegen, war die WHK wohl überschätzt<br />

worden. Die Feuchtestufe 90 % wies daher im gesamten Versuchsverlauf sehr hohe<br />

Wassersättigung bzw. Übersättigung vor. Daher sind anaerobe Zustände in diesen Varianten<br />

nicht auszuschließen.<br />

68


Pharmaka im Urin: Abbau und Versickerung vs. Pflanzenaufnahme<br />

5 Studie 2: Auswaschung vs. Transfer in Pflanzen<br />

In dieser, im Projektverlauf oft „Gewächshausversuch“ genannten Studie ging es um die<br />

Bewertung der entgegengesetzt wirkenden Mechanismen von Auswaschung und Pflanzenaufnahme.<br />

Der dabei auch stattfindende Abbau, der in einem durchwurzelten Gefäß mit starken<br />

Temperaturschwankungen durchaus anders sein kann, als in der Studie 1 ermittelt, konnte hier<br />

nur indirekt berücksichtigt werden.<br />

In diesem Versuch wurde mit der Pharmakaauswahl angereicherter Urin zu Weidelgras als<br />

Futterpflanze gedüngt. Im Gegensatz zu den Laborversuchen sollten die Gefäße nicht bei<br />

konstanter Feuchte gehalten werden. Es sollte vielmehr eine Bewässerung erfolgen, die sich<br />

am Regenregime des Bergischen Landes/Burscheid orientiert. Nach Abschluß der Vegetationsperiode<br />

würde das angefallene Sickerwasser, der Boden und die Pflanzen auf die ausgewählten<br />

Substanzen untersucht werden.<br />

Der Vegetationsversuch fand in der Vegetationshalle („Gewächshaus“) des Instituts für <strong>Pflanzenernährung</strong><br />

statt. Da dieses über ein Gleissystem verfügt, war es auch möglich, bei guter<br />

Witterung die Pflanzen ins Freie zu schieben, wodurch dem Freiland ähnlichere Witterungsbedingungen<br />

(insbesondere Wind) erzielt werden.<br />

Die Pflanzen wurden in sog. Mitscherlichgefäßen angezogen. Deren Gefäßoberfläche ist aus<br />

Emaille, so daß unerwünschte Sorptionsprozesse zwischen den zu untersuchenden Chemikalien<br />

und der Wandung minimiert sind. Weiterhin besitzen die Gefäße über ein System, welches<br />

es erlaubt, daß Sickerwasser nach unten in ein Sammelgefäß austritt, während der Boden<br />

zurückgehalten wird. Mitscherlichgefäße fassen ca. 10 l Boden, hier wurden jeder Boden so eingefüllt,<br />

daß 6 kg Trockenmasse erreicht wurden.<br />

Aufgrund zahlreicher Probleme, die unten näher diskutiert sind, war es notwendig, nach dem<br />

ersten – mißglückten – Gewächshausversuch einen zweiten Versuch zum Substanzscreening<br />

einzubauen. Danach wurde ein zweiter, modifizierter Gewächshausversuch durchgeführt, aus<br />

dem die in Kapitel 6 aufgeführten Ergebnisse stammen. Dieser zweite Laborversuch ist in<br />

Tabelle 7 steckbriefartig beschrieben.<br />

Erkenntnisse auf dem Weg zu diesem Versuchsdesign folgen unmittelbar darauf.<br />

69


Pharmaka im Urin: Abbau und Versickerung vs. Pflanzenaufnahme<br />

Tab. 7: Kenndaten des Gewächshausversuchs zur Pflanzenaufnahme<br />

Parameter Wert<br />

Inkubationsgefäß ("Mikrokosmos") 10 l-Mitscherlichgefäß (weiß emailliert, mit<br />

Ablauf, Fläche 0,03 m 2 )<br />

Böden je 6 kg TM (3 Böden, Details in Tabelle<br />

4)<br />

Meckenheim, Uedorf, Burscheid<br />

Vegetation Bestockung mit Welschem Weidelgras (Lolium<br />

multiflorum italicum; Sorte Turilo); Aussaat:<br />

1,0 g/Gefäß<br />

Behandlung ("Ausbringung") je 480 ml Urin, Details s.u.<br />

Dotierung 10 Wirkstoffe, Details s.u.<br />

Bewässerung Austrockungs-/Sättigungs-Wechsel, Details<br />

s.u.<br />

Zahl der Wiederholungen 4 (3 + 1 Kontrolle)<br />

Beprobung Sickerwasser 7 Zeitpunkte (für ELISA, letzter auch für LC-<br />

MS: 100 ml)<br />

Beprobung Boden 200 g nach Versuchsende (für IWW)<br />

Beprobung Pflanze Beerntung von 2 Aufwüchsen<br />

Extraktion s. Kapitel 3, Sickerwasser: Verdünnung<br />

1:100 – 1: 10.000, Bodenproben: ASE,<br />

dann Verdünnung 1 : 100 (SDM), 1 : 10.000<br />

(SMX) Pflanzen:<br />

Mahlen in fl. N2, Dispersion in H2O,<br />

Verdünnen 1 : 100<br />

Behandlung (Ausbringung) und Dotierung<br />

In den Voruntersuchungen und Vorgesprächen bei den Projekttreffen war mit dem IWW Mülheim<br />

vereinbart worden, die Wirkstoffkonzentrationen auf 10 mg/kg Trockenmasse Boden je<br />

Wirkstoff heraufzusetzen. Analog zum Inkubationsversuche sollten daher die Gefäßversuche<br />

mit dotiertem Sand, der unter die ersten Zentimeter des Bodens gemischt wurde, beaufschlagt<br />

werden. Dies geschah auch beim ersten Vegetationsversuch, jedoch keimten die Pflanzen in<br />

den dotierten Varianten kaum (Näheres s. Kapitel 6).<br />

Anders als im Inkubations-(Abbau-)Versuch wurden die Wirkstoffe daher im erfolgreichen<br />

zweiten Vegetationsversuch wieder mit dem Urin ausgebracht, allerdings nach der Bestockung.<br />

Vom IWW Mülheim war dazu eine Dotierlösung erstellt worden (siehe im dortigen Bericht<br />

Tabelle 8), die bzgl. der für uns relevanten Parameter an Diclofenac 1,20 g/l, Sulfadimidin 2,26<br />

g/l und and Sulfamethoxazol 2,41 g/l enthielt. Zu 6 kg Boden waren dann 25 ml dieses<br />

Lösemittelgemisches (Aceton : Wasser, 30 : 70 v/v) zuzugeben, um eine Belastung von 30<br />

(DCF), 56,5 (SDM) bzw. 60,2 (SMX) mg/kg zu erhalten. Die etwas größere Abweichung der<br />

70


Pharmaka im Urin: Abbau und Versickerung vs. Pflanzenaufnahme<br />

Einwaage bei SDM (ca. 6 % zu wenig) wurde bei den späteren Berechnungen nicht mehr<br />

berücksichtigt.<br />

Die Dotierung des Bodens erfolgte nach Auflaufen des Grases, ca. 3 Wochen nach Aussaat<br />

(Grashalme ca. 20 – 25 cm lang). Damit das Lösungsmittel Aceton nicht direkt in Berührung mit<br />

der Pflanze bzw. den Bodenmikroorganismen kam, wurden die 25 ml Dotierlösung erst mit 480<br />

ml Urin vermischt (ergibt 3,5 % Aceton in Urin) und dann bei einer aktuellen Bodenfeuchte von<br />

75 % WHKmax. aufgebracht.<br />

Bewässerung<br />

Die Wassermenge für die Bewässerung muß in Gefäßversuchen gegenüber dem Freiland<br />

höher angesetzt werden, da in exponierten Gefäßen erhöhte Evapotranspiration stattfindet,<br />

insbesondere, da sich bei hohen Umgebungstemperaturen und Sonneneinstrahlung die Töpfe<br />

stark aufheizen. Bei Antragstellung war geplant worden, die Bewässerung nach einem<br />

„Regenregime Burscheid“ auszurichten. Der Vergleich mit früheren Versuchen und die<br />

Erfahrungen mit dem ersten Vegetationsversuch zeigte aber, daß so kein Sickerwasser<br />

entstanden wäre und die Gefahr des starken Austrocknens des Bodens und ggf. Absterben der<br />

Pflanzen bestanden hätte. Es wurde daher dazu übergegangen, die Freilandsituation durch<br />

Austrockungs-/ (Über-)Sättigungswechsel zu simulieren, so daß der Boden auch trockenfallen<br />

konnte (was zu Veränderungen in der Mikroorganismenpopulation führen kann) und daraufhin<br />

durch starkes Gießen auch ein „worst case“-Szenario für die Auswaschung simuliert werden<br />

konnte. Nach jedem dieser „Starkregenereignisse“ konnte Sickerwasser aus dem<br />

Auffangbehälter abgesammelt, gewogen und aliquotiert werden.<br />

Substanzscreening<br />

Im ersten Vegetationsversuch kam es zu einer erheblichen Wachstumsdepression beim<br />

Aufwuchs (Details s. Kapitel 6). Es wurde daher vermutet, daß ein einzelner Wirkstoff oder eine<br />

Wirkstoffgruppe für diese Wirkung verantwortlich zu machen sei. In einem Screeningversuch<br />

wurde versucht, die Wirkung der einzelnen Substanzen bzw. Substanzklassen zu differenzieren.<br />

Hierzu wurden abweichend vom in Tabelle 7 beschriebenen Versuch 1 l-Kunst-stoffschalen als<br />

Pflanzgefäße verwendet, die mit je 800 g Boden befüllt wurden, jeweils in 2 Replikaten.<br />

Gedüngt wurde mit 64 ml Urin. Erst nach der Keimung des Grases wurde die Dotierung<br />

durchgeführt. Die drei verschiedenen Dotierungslösungen wurden vom IWW Mülheim<br />

angefertigt und enthielt die Einzelstoffe in Konzentrationen von 9,4 - 11,4 mg/ml (SMX: 15,1<br />

mg/ml; Details siehe Bericht des IWW Mülheim).<br />

Bestimmung der Pflanzenaufnahme<br />

Es war geplant, während der Vegetationsperiode ausgewählte Varianten (1 Boden, vier Wiederholungen)<br />

in einer Feuchtigkeitskammer (ca. 100 % relative Luftfeuchte) zur Guttation, also<br />

zur Ausbildung von „Schwitztröpfchen“ an den Blattenden anzuregen. Dies ist in der Literatur<br />

als ein Verfahren zur nicht-invasiven, zerstörungsfreien Beprobung des Xylems der Pflanzen,<br />

z.B. bei Mais, beschrieben worden. Es zeigte sich jedoch in entsprechenden Versuchen, daß<br />

mit der Auswahl der Versuchspflanze „Welsches Weidelgras“ dieser Weg nicht mehr gangbar<br />

war. Die aus den Pflanzen austretenden Tröpfchen sind bei Gras viel zu klein, als daß sie<br />

eingesammelt hätten werden können und eine ausreichende Menge für eine Messung liefern<br />

können.<br />

Daraufhin wurde versucht, die Pflanzenaufnahme durch Beprobung des Xylemsaftes des<br />

Grases mit der Technik der sog. „Scholander-Bombe“ zu ermitteln. Mit diesem Druckapparat<br />

lassen sich Pflanzenstengel auspressen und der austretende Pflanzensaft auffangen. Am<br />

Institut wird dies erfolgreich am Mais und an verschiedenen anderen Pflanzen betrieben.<br />

Welsches Weidelgras erwies sich jedoch als zu dünn und fragil, als daß man es hätte in die<br />

71


Pharmaka im Urin: Abbau und Versickerung vs. Pflanzenaufnahme<br />

Apparatur dicht einspannen können. Außerdem wären so nur Mikroliter an Probevolumen zu<br />

erzielen.<br />

Schließlich wurde die Aufnahme durch Anfertigung eines Gesamtpflanzenextraktes des Aufwuchses<br />

(die Wurzeln bleiben bei der Beerntung im Boden) ermittelt. Das Verfahren wurde<br />

unter 3.3 vorgestellt.<br />

6 Ergebnisse<br />

6.1 Abbau im Boden<br />

Die Daten für den Abbau im Boden wurden nach ASE-Extraktion der Bodenproben (genau 10 g<br />

Trockenmasse je Boden), Aliquotierung und Filtration durch Messung mit ELISA gewonnen. Bei<br />

der Aliquotierung sollten jeweils 3,0 ml Aliquot erhalten werden, dies war aber meist nur<br />

annähernd der Fall, die Volumina lagen zwischen 2,6 und 3,3 ml. Aufgrund der allgemeinen<br />

Streuung der Daten wurde auf eine weitergehende Korrektur der Daten verzichtet, da sowieso<br />

eine Mittelung über 3 Gefäße erfolgt.<br />

Die Abbildungen 4 und 5 zeigen die rückgerechneten Rückstandwerte in den 4 Böden für die<br />

Substanzen Sulfadimidin resp. Sulfamethoxazol bei allen drei Feuchtestufen.<br />

Bodenkonzentration<br />

[mg/kg]<br />

Bodenkonzentration<br />

[mg/kg]<br />

6,0<br />

4,5<br />

3,0<br />

1,5<br />

0<br />

9,0<br />

7,5<br />

6,0<br />

4,5<br />

3,0<br />

1,5<br />

0<br />

Meckenheim<br />

40 % WHK 60 % WHK 90 % WHK<br />

1 2 3 4<br />

Probenahmezeitpunkt<br />

Probenahmezeitpunkt<br />

Burscheid<br />

40 % WHK 60 % WHK 90 % WHK<br />

1 2 3 4<br />

Probenahmezeitpunkt<br />

Bodenkonzentration<br />

[mg/kg]<br />

Bodenkonzentration<br />

Bodenkonzentration<br />

Bodenkonzentration<br />

[mg/kg] [mg/kg] [mg/kg]<br />

6,0<br />

6,0<br />

4,5<br />

4,5<br />

3,0<br />

3,0<br />

1,5<br />

1,5<br />

0<br />

0<br />

9,0<br />

7,5<br />

6,0<br />

4,5<br />

3,0<br />

1,5<br />

0<br />

Hennef<br />

40 % WHK 60 % WHK 90 % WHK<br />

1 2 3 4<br />

Probenahmezeitpunkt<br />

Uedorf<br />

40 % WHK 60 % WHK 90 % WHK<br />

1 2 3 4<br />

Probenahmezeitpunkt<br />

Abb. 4: Rückstände von Sulfadimidin in den 4 Böden des Abbauversuches<br />

Die Probenahmezeitpunkte entsprechen 3, 6, 9 und 12 Wochen; Die dotierte Konzentration<br />

betrug 10,0 mg/kg<br />

72


Pharmaka im Urin: Abbau und Versickerung vs. Pflanzenaufnahme<br />

Bodenkonzentration<br />

[mg/kg]<br />

Bodenkonzentration<br />

[mg/kg]<br />

6,0<br />

4,5<br />

3,0<br />

1,5<br />

0<br />

4,5<br />

3,0<br />

1,5<br />

0<br />

Meckenheim<br />

40 % WHK 60 % WHK 90 % WHK<br />

1 2 3 4<br />

Probenahmezeitpunkt<br />

Burscheid<br />

40 % WHK 60 % WHK 90 % WHK<br />

1 2 3 4<br />

Probenahmezeitpunkt<br />

Bodenkonzentration<br />

[mg/kg]<br />

Bodenkonzentration<br />

[mg/kg]<br />

10,5<br />

9,0<br />

7,5<br />

6,0<br />

4,5<br />

3,0<br />

1,5<br />

0<br />

15,0<br />

12,0<br />

9,0<br />

6,0<br />

3,0<br />

0<br />

Hennef<br />

40 % WHK 60 % WHK 90 % WHK<br />

1 2 3 4<br />

Probenahmezeitpunkt<br />

Uedorf<br />

40 % WHK 60 % WHK 90 % WHK<br />

1 2 3 4<br />

Probenahmezeitpunkt<br />

Abb. 5: Rückstände von Sulfamethoxazol in den 4 Böden des Abbauversuches<br />

Die Probenahmezeitpunkte entsprechen 3, 6, 9 und 12 Wochen. Die dotierte Konzentration<br />

betrug 10,0 mg/kg<br />

Zunächst fällt auf, daß die Wirkstoffe in allen Böden, bei allen Feuchtestufen und auch nach 12<br />

Wochen noch durchaus nachweisbar sind.<br />

Bei Sulfadimidin läßt sich in den Böden Meckenheim und Hennef nicht einmal eine signifikante<br />

Abnahme der Gehalte nachweisen. Lediglich im Boden Burscheid, der ja ein frischer Feldboden<br />

ist, der niemals vollständig luftgetrocknet wurde, ist eine Abnahme zu verzeichnen, bis auf etwa<br />

20 % der dotierten Konzentration nach 3 Monaten. Beim Uedorfer Sandboden ist der Abbau am<br />

geringsten. Die hohen gefundenen Konzentrationen, die auch nach 3 Monaten noch über 50 %<br />

der Ausgangskonzentration liegen, sind allerdings auch eine Folge der leichten Desorbierbarkeit<br />

der Rückstände aus diesem Boden. So kann auch bei dem Burscheider Boden davon<br />

ausgegangen werden, daß wohl nicht 80 % des Wirkstoffs abgebaut wurden, sondern evtl. auch<br />

nur 50 % und die restlichen 30 % sind eine festere Bindung mit der organischen Matrix dieses<br />

Bodens eingegangen. Die Bioverfügbarkeit nimmt dadurch natürlich ebenso ab.<br />

Bei Sulfamethoxazol werden ähnliche Verhältnisse vorgefunden. Auch hier ist eine Abhängigkeit<br />

des Abbaus von der Feuchtestufe nicht klar zu sehen. Allerdings erscheint die höchste<br />

Feuchtestufe zu einem verzögerten Abbau zu führen. Wie bereits erwähnt, kann bei der eingestellten<br />

90 %igen Wassersättigung davon ausgegangen werden, daß der Boden zumindest<br />

zeitweise in anaerobe Verhältnisse übergeht. Unter diesen Bedingungen scheint Sulfamethoxazol<br />

besonders schlecht abbaubar zu sein. Im Burscheider frischen Feldboden erfolgt ein Abbau<br />

bis ca. 15 %, ebenso im Hennefer Auenboden. Im Uedorfer Sandboden werden jedoch<br />

73


Pharmaka im Urin: Abbau und Versickerung vs. Pflanzenaufnahme<br />

Konzentrationen gemessen, die im Rahmen der Fehlerschwankungen im Bereich der<br />

Ausgangsdotierung liegen. Dieser Boden scheint besonders wenig in der Lage zu sein, SMX<br />

abzubauen. Lediglich die trockeneren Varianten zeigen einen gewissen Abbau. Bei den<br />

feuchten Inkubationen scheint auch so wenig Wirkstoff sorbiert zu werden, daß die ASE die<br />

Rückstände praktisch quantitativ extrahiert.<br />

Bei den Untersuchungen am IWW Mülheim wurden keine Rückstände über 2,0 mg/kg<br />

detektiert. Dies könnte auf die dort verwendete Extraktionsmethode zurückzuführen sein, die<br />

offensichtlich weit weniger in der Lage ist, Rückstände zu desorbieren. Die Extraktion mittels<br />

ASE lieferte in den hochdotierten Versuchen Extraktkonzentrationen, welche so hoch waren,<br />

daß die Proben bis zu einem Faktor von 10.000 verdünnt werden mußten, um in den<br />

Meßbereich der ELISAs zu fallen.<br />

6.2 Pflanzenaufnahme<br />

A) Erster Vegetationsversuch<br />

Im ersten Vegetationsversuch waren – um eine homogene Verteilung der Pharmaka im Bodenvolumen<br />

des Mitscherlichgefäßes zu erreichen – die Wirkstoffe auf Seesand adsorbiert in die<br />

oberste Bodenschicht des Topfes eingearbeitet worden und mit Urin angegossen worden.<br />

Danach wurde das Gefäß zunächst auf ca. 40 % der maximalen Wasserkapazität gehalten um<br />

ein Keimen der Grassamen zu ermöglichen. Nach dem Auflaufen wurde die Bodenfeuchte<br />

erhöht, um ein optimales Wachs-tum zu erhalten.<br />

Bei den ersten Vorgesprächen im Rahmen der regelmäßigen Treffen war festgelegt worden, die<br />

Bodenkonzentration auf 10 mg/kg Wirkstoff hochzusetzen, nachdem sie in den ersten<br />

Inkubationsversuchen noch 8 µg/kg betragen hatte. 10 mg/kg an Wirkstoff, also 60 mg je Topf,<br />

entsprechen bei den Topfabmessungen (Mitscherlichgefäß mit ca. 0,03 m2) einer Ausbringung<br />

von 20 kg/ha je Wirkstoff, was sicher eine sehr hohe Belastung darstellen würde. Die Konzentration<br />

war so hoch gewählt worden, damit auch bei einem 80 – 90 %igen Abbau noch<br />

Rückstände in den Böden bzw. im Sickerwasser durch das IWW Mülheim nachgewiesen<br />

werden könnte.<br />

Es zeigte sich jedoch sehr schnell, daß in den dotierten Bodensäulen im Vergleich zu den<br />

undotierten, aber mit Urin gedüngten, Kontrollen, eine erhebliche Wachstumsverzögerung<br />

eintrat, bei dem Uedorfer Sandboden war auch nach mehrwöchigem Giessen und damit<br />

Verlagern von Rückständen, kein Pflanzenbewuchs zu erzielen. Die Abbbildung 6 zeigt<br />

beispielhaft die Situation in diesem Boden.<br />

Abb. 6: Wachstumshemmung im ersten Vegetationsversuch (Boden: Uedorf, links: dotiert, rechts:<br />

Kontrolle)<br />

74


Pharmaka im Urin: Abbau und Versickerung vs. Pflanzenaufnahme<br />

Da kein Aufwuchs zustande kam, konnte in diesem Versuch auch nicht die Pflanzenaufnahme<br />

untersucht werden. Danach wurde nach Lösungsmöglichkeiten gesucht, bei hohen<br />

Dotierungsniveaus dennoch einen Aufwuchs zu erzielen.<br />

B) Screeningversuch<br />

Es war der Verdacht aufgekommen, daß der für die Wachstumshemmung verantwortliche<br />

Wirkstoff die Clofibrinsäure sein könnte. Clofibrinsäure (CFA) hat eine ähnliche chemische<br />

Struktur wie Mecoprop, ein Herbizid (CFA = 2-(4-Chlorphenoxy)-2-methylpropionsäure;<br />

Mecoprop = (2R)-2-(4-Chloro-2-methylphenoxy)propionsäure; Summenformel für beide:<br />

C10H11ClO3). In manchen Literaturangaben wird Clofibrinsäure überdies als anti-Auxin<br />

bezeichnet, also als ein Antagonist zu den Auxinen, pflanzlichen Wachstumshormonen.<br />

Andererseits hätte die Hemmung auch von Wirkstoffen, die besonders gut aufgenommen<br />

werden, herrühren können. Die sauren Wirkstoffe (Carbonsäuren) und die Sulfonamide mit ihrer<br />

guten Löslichkeit waren hier in Betracht zu ziehen.<br />

Daher war ein Screeningversuch zur Differenzierung der Wirkung der Wirkstoffe im Vegetationsversuch<br />

angesetzt worden. Das Ergebnis läßt sich wie folgt zusammenfassen:<br />

• Kontrollen Wachstum normal<br />

• Mischung aller Wirkstoffe starke Wachstumsdepression<br />

• Mischung aller, ohne Clofibrinsäure etwas geringere Depression<br />

• Mischung aller, ohne saure Wirkstoffe noch etwas geringere Depression<br />

Die Abbildung 7 zeigt die Wirkungen der unterschiedlichen Wirkstoffmischungen.<br />

Abb. 7: Differenzierte Wirkungen im Screeningversuch; oben links: Kontrolle; oben rechts: volle<br />

Dotierung links: Mix ohne Clofibrinsäure; u. rechts: Mix ohne saure Wirkstoffe<br />

Leider waren die Aussagen nicht immer einfach zu treffen, da bei den beobachteten qualitativen<br />

Wirkungen große Unterschiede auftraten und nur 2 Wiederholungen vorlagen.<br />

75


Pharmaka im Urin: Abbau und Versickerung vs. Pflanzenaufnahme<br />

Dennoch war eine Schlußfolgerung klar aus den Beobachtungen abzuleiten: die Hemmwirkung<br />

hängt wohl nicht von einem einzelnen Wirkstoff oder einer Gruppe selbst ab, sondern die<br />

in der Summe zusammenkommende hohe Dosierung bewirkt die Unverträglichkeit bei den<br />

Pflanzen.<br />

C) Zweiter Vegetationsversuch<br />

Für diesen Versuch war eine wichtige Modifikation des Versuchsablaufs vorgenommen worden:<br />

Urin und Wirkstoffe wurden erst aufgegeben, als die Pflanzen schon ausgewachsen waren (vgl.<br />

Abbildung 8, links). Außerdem wurde noch einmal bezüglich der nachgeschalteten Multiwirkstoffanalytik<br />

(IWW Mülheim) überprüft, welche Wirkstoffe in ihrer Dosis reduziert werden<br />

konnten, ohne daß Gefahr bestünde, daß die Werte unterhalb der Nachweisgrenze liegen.<br />

Dabei ergab sich, daß alle Wirkstoffe in ihrer Dosis reduziert werden konnten, außer die<br />

Sulfonamide. Diese wurden weiterhin mit 10 mg/kg Trockenmasse Boden dotiert, alle anderen<br />

Stoffe mit 5 mg/kg TM.<br />

Auch bei diesem Versuch zeigten sich nach ca. 1 Woche Unterschiede im Wachstum zwischen<br />

den Kontrollen und den dotierten Varianten und dies bei allen Bodentypen und in allen Wiederholungen.<br />

Dennoch überlebte die Vegetation und es konnte nach ca. 4 Wochen eine erste<br />

Beerntung der Gefäße ("1. Schnitt") durchgeführt werden.<br />

Abb. 8: Zweiter Vegetationsversuch; links: Zustand vor Dotierung (Boden: Burscheid); rechts: Zustand<br />

1 Woche nach erstem Schnitt (Boden: Meckenheim; li: dotiert, re: Kontrolle)<br />

Nach weiteren zwei Wochen konnte sogar in den dotierten Gefäßen ein zweiter Schnitt durchgeführt<br />

werden, um die fortgesetzte Aufnahme beurteilen zu können.<br />

Etwa zweimal wöchentlich wurden die Böden auf 110 % maximale Wasserhaltekapazität übersättigt,<br />

so daß alsbald Sickerwasser austrat (ca. 40 - 960 ml, je nach Boden), dessen Volumen<br />

bestimmt wurde und welches in Aliquoten der Rückstandsanalytik unterzogen wurde.<br />

Sickerwasser<br />

Nach der ersten Aberntung von Weidelgras wurden die Mitscherlich-Gefäße stärker bewässert<br />

und Sickerwasser quantifiziert und aufgefangen. Das Sickerwasser wurde mittels ELISA auf<br />

SDM und SMX untersucht. Zusammen mit den aufgefangenen Volumnia konnten Frachten<br />

ermittelt werden. Diese sind für SDM in Abbildung 9 dargestellt. Man sieht, daß der<br />

Hauptaustrag unmittelbar bei der ersten stärkeren Beregnung erfolgt. Durch die Interpolation<br />

ergibt sich als Integral unter der Kurve die Gesamtfracht.<br />

76


Pharmaka im Urin: Abbau und Versickerung vs. Pflanzenaufnahme<br />

Fracht [mg]<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

Burscheid Meckenheim Uedorf<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

Probenahmezeitpunkt<br />

Abb. 9: Verlagerung von Sulfadimidin mit dem Sickerwasse; Durchbruchskurve mit Frachten<br />

Für unsere Zwecke wurde die Gesamtfracht zunächst nur als Summe der einzelnen Tagesfrachten<br />

errechnet. Sie betragen im Meckenheimer Boden ca. 6 mg, im Burscheider Boden ca.<br />

10 mg und im Uedorfer Boden ca. 12 mg. Dies bedeutet, daß eine erhebliche Menge der Wirkstoffe<br />

auch verlagert werden kann.<br />

Pflanzen<br />

Die Abbildung 10 zeigt die gefundenen Rückstandskonzentrationen im Weidelgras. Es wurden<br />

Werte für 3 Substanzen, Sulfadimidin (SDM), Sulfamethoxazol (SMX) und Diclofenac (DCF)<br />

ermittelt.<br />

Rückstandskonzentration [mg/kg]<br />

24<br />

22<br />

20<br />

18<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

Burscheid<br />

Meckenheim<br />

Uedorf<br />

SDM SMX DCF<br />

Burscheid<br />

Meckenheim<br />

Abb. 10: Rückstandskonzentrationen im Welschen Weidelgras; aus den Vegetationsversuchen in<br />

Mitscherlichgefäßen; links: erster Aufwuchs, rechts: Aufwuchs nach dem ersten Schnitt<br />

Uedorf<br />

77


Pharmaka im Urin: Abbau und Versickerung vs. Pflanzenaufnahme<br />

Man erkennt, daß die Aufnahme zu Anfang entsprechend der Verfügbarkeit der Wirkstoffe<br />

erfolgt, so wie sie sich aus dem Abbauversuch ergeben hat. Der Uedorfer Sandboden verfügt<br />

lange Zeit über leicht mobilisierbare Rückstände, die Konzentrationen in der Bodenlösung sind<br />

hoch, daher kommt es zu einer erheblichen Aufnahme. Wenn man von einer ersten Aufwuchsmasse<br />

von 200 – 500 g ausgeht, werden durch das Gras Milligramm-Mengen an Sulfamethoxazol<br />

und auch Sulfadimidin dem Boden entzogen. Beim Burscheider Boden ist die Aufnahme<br />

deutlich geringer, da hier Abbau- und Sorptionsprozesse viel stärker mit der Aufnahme durch<br />

die Pflanze konkurrieren. Diclofenac kann in den Pflanzen nur in sehr geringer Konzentration<br />

nachgewiesen werden. Es ist als Carbonsäure bei den pH-Werten des uringedüngten Bodens<br />

offensichtlich kaum in der Lage, über die Wurzeln in die Pflanzen zu gelangen.<br />

Nachdem mit dem Sickerwasser bereits größere Mengen an Wirkstoff nach unter verlagert<br />

wurden, kehren sich die Verhältnisse nach einer Weile nahezu um. Da im Uedorfer Boden<br />

nunmehr viel niedrigere Bodenwasserkonzentrationen vorliegen, geht auch die Aufnahme beim<br />

zweiten Aufwuchs zurück. Der Burscheider Boden liefert dagegen noch Wirkstoff nach, so daß<br />

die Aufnahme hier nun größer ist als in den Böden Uedorf und auch Meckenheim.<br />

7 Bewertung des Risikopotentials<br />

7.1 Abbau<br />

Es wurde festgestellt, daß ein Abbau einiger ausgewählter Wirkstoffe stattfindet, daß die Sulfonamide<br />

aber in allen untersuchten Böden bis zu 3 Monaten nicht einmal zur Hälfte abgebaut<br />

werden. Außerdem ist zu vermuten, daß sogar weniger Wirkstoff tatsächlich metabolisiert<br />

wurde, sondern vielmehr stärker an die Bodenmatrix adsorbiert oder gebunden wurde, was<br />

auch ein reversibler Vorgang sein kann. Der Abbau findet offensichtlich v.a. aerob und mikrobiell<br />

statt.<br />

Damit erweisen sich diese Wirkstoffe ähnlich wie beim Abbau im Körper und in der Kläranlage<br />

als schlecht abbaubar. Bis zu 50 % der Wirkstoffe können über 3 Monate und länger im Boden<br />

verbleiben.<br />

7.2 Pflanzenaufnahme von Pharmaka<br />

Es wurde festgestellt, daß einige polare Wirkstoffe in die Pflanze aufgenommen werden. Die<br />

Pflanzenkonzentrationen lagen in der Größenordnung mg/kg, vergleichbar mit den Bodenkonzentrationen.<br />

So wurden zwischen 15 und 30 % eines Wirkstoffs aufgenommen. Die<br />

Pflanzenaufnahme konkurriert allerdings mit der Auswaschung, so daß nach einem Verarmen<br />

der Bodenlösung an Wirkstoff die Aufnahme stark zurück geht, so daß nicht von einer Dauerbelastung<br />

ausgegangen werden muß.<br />

7.3 Versickerung<br />

Eine Verlagerung der Sulfonamid-Wirkstoffe findet in erheblichem Maße statt. Polare Wirkstoffe<br />

(SDM) werden bevorzugt verlagert und die Sickerwasserkonzentrationen liegen im mg/l-<br />

Bereich. Eine Frachtbetrachtung zeigt, daß v.a. mit den ersten „Niederschlägen“ die Hauptfracht<br />

verlagert wird. Die Fracht betrug dabei zwischen 10 und 20 % der ausgebrachten Menge (6 –<br />

12 mg).<br />

Fazit:<br />

Insgesamt konnte mit dieser vorläufigen und modellhaften Untersuchung der Verbleib von 2 – 3<br />

Substanzen nach Ausbringung mit Urin nachgezeichnet werden. Es ist jedoch noch einmal klar<br />

vor Augen zu führen, daß es sich bei dieser Untersuchung um eine Art „worst-case“-Studie<br />

handelt. Zum einen sind die Sulfonamidwirkstoffe eine sehr gut lösliche und polare Gruppe von<br />

78


Pharmaka im Urin: Abbau und Versickerung vs. Pflanzenaufnahme<br />

Pharmaka, zum anderen wurde aus analysentechnischen Gründen mit einer sehr hohen<br />

Wirkstoffkonzentration gearbeitet, die weit von der Realität entfernt ist. Bei niedrigeren<br />

Konzentrationen und im Freiland können durchaus Ergebnisse erzielt werden, die sich von den<br />

hier gezeigten deutlich abheben würden.<br />

Dennoch konnte mit den hier vorgestellten Untersuchungen gezeigt werden, daß ein Gefährdungspotential<br />

durch landwirtschaftlichen Verwertung von Urin, der Pharmakarückstände<br />

enthält, nicht völlig auszuschließen ist.<br />

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81


Säulenversuche mit Urin<br />

Säulenversuche zum Rückhalt von Pharmaka in<br />

Bodenfiltern<br />

Jan Mauriz Kaub, Jörg Londong<br />

Professur Siedlungswasserwirtschaft, Bauhaus-<strong>Universität</strong> Weimar, Coudraystr. 7, 99423<br />

Weimar<br />

1 Einleitung<br />

Im Rahmen des Forschungsprojektes „Lambertsmühle II“ wurden neben der Optimierung des<br />

bestehenden Anlagenkonzeptes weitere Verwertungsmöglichkeiten für die anfallenden<br />

Stoffströme untersucht. Zudem wurden sich aus der Nutzung dieser Ströme ergebene Gefährdungspotenziale<br />

betrachtet.<br />

Seitens des IPE ist im ersten Teil des Forschungsprojektes die grundsätzliche Eignung des in<br />

der Lambertsmühle gesammelten Urins (Gelbwasser) als landwirtschaftlicher Dünger bestätigt<br />

worden (Simons et al., 2003). Im zweiten Teil des Projektes sollte untersucht werden, welche<br />

Gefährdungspotenziale sich aus dieser Verwendung ergeben können. Von besonderem<br />

Interesse waren hier die im menschlichen Urin enthaltenen Pharmaka. Vom Menschen<br />

eingenommene Pharmaka werden größtenteils über den Urin unverändert bzw. metabolisiert<br />

ausgeschieden. Vom IWW sind dazu in den Jahren 2001-2003 regelmäßig Analysen des<br />

Gelbwassers auf gängige Arzneimittel durchgeführt worden. Eine Reihe der untersuchten<br />

Arzneimittel, wie Ibuprofen, Carbamazepin und Ibuprofen konnten über den gesamten<br />

Untersuchungszeitraum im Gelbwasserspeicher mit Konzentrationen im µg/l-Bereich<br />

nachgewiesen werden (Strompen et al., 2003).<br />

Zum Verhalten dieser Stoffe, wenn Urin als Dünger in der Landwirtschaft eingesetzt wird,<br />

wurden im Projekt sondierende Untersuchungen durchgeführt. Die Professur Siedlungswasserwirtschaft<br />

der Bauhaus-<strong>Universität</strong> Weimar untersuchte den Stofftransport in unbewachsenen<br />

Bodensäulen.<br />

2 Zielsetzung und Arbeitsansatz<br />

Anhand von fünf mit unterschiedlichen Materialien befüllten, unbewachsenen Bodensäulen<br />

sollen mögliche Gefährdungspotenziale aufgezeigt werden, die aus dem Eintrag von Pharmaka<br />

über das Gelbwasser in das Grundwasser rühren können.<br />

Die Füllung der Säulen sind neben einem schluffigen und einem sandigen Boden Quarzsand,<br />

Aktivkohle sowie ein Kompost. Die Häufigkeit und Menge der Urinzugabe ist an die Düngegaben<br />

in der Landwirtschaft angepasst. Mit dem Urin werden definierte Mengen der zu<br />

untersuchenden Pharmaka auf die Säulen aufgebracht, um die Analytik und Bilanzierung zu<br />

vereinfachen. Der Ablauf der Säulen (Sickerwasser) wird dann auf die betreffenden Pharmaka<br />

untersucht. Die Beregnung der Säulen erfolgt so, dass zum einen für die Analytik eine<br />

ausreichende Sickerwassermenge bereitgestellt werden kann, aber trotzdem die Säulen<br />

zumindest partiell trockenfallen.<br />

Aufbauend auf den Ergebnissen soll dann eine vorläufige Bewertung vorgenommen werden.<br />

82


Säulenversuche mit Urin<br />

3 Beschreibung Versuchsanlage<br />

3.1 Allgemein<br />

Die Versuchsanlage besteht aus fünf Glassäulen DN 200, die jeweils paarweise in ein Gestell<br />

eingebaut sind, des weiteren aus zwei PVC-Säulen, die hinsichtlich Material und Menge wie die<br />

Glassäulen I und II gefüllt sind. Diese Säulen (Dummy-Säulen) stehen auf Wagen, damit sie zur<br />

Wiegung auf eine Waage geschoben werden können. Durch diese Säulen soll die Entwicklung<br />

der Feuchtigkeit in den Böden über die Versuchsdauer untersucht werden.<br />

Standort der Versuchsanlage in ein Raum im Containerkomplex der Professur auf der<br />

Kläranlage Weimar-Tiefurt. Im gesamten Komplex werden durch eine stationäre Klimaanlage<br />

gleichmäßige Bedingungen hinsichtlich des Raumklimas eingestellt. Zusätzlich verfügt der<br />

Versuchsraum über eine mobile Klimaanlage, damit während Sommermonate die gewünschte<br />

Raumtemperaturbereich von 15 bis 17 °C eingehalten werden konnte.<br />

In den Raum fällt kein Tageslicht, so dass die gesamte Anlage im Dunkeln betrieben wird.<br />

Während der täglichen Probenahmen bzw. Kontrollen erfolgt die Beleuchtung des Raumes<br />

durch künstliches Licht (Leuchtstofflampen).<br />

Mittels eines PC werden minütlich Säulentemperatur, Raumtemperatur, relative Luftfeuchte im<br />

Versuchsraum sowie das Gewicht einer der Dummy-Säulen erfasst und abgespeichert.<br />

Die folgende Abb. 16 zeigt die Anordnung der Versuchsanlage.<br />

Abb. 16 Ansicht Glas- und Dummy-Säulen<br />

3.2 Aufbau und Befüllung Säulen<br />

3.2.1 Glassäulen<br />

Die Säulen sind aus Glasrohren mit einem Außendurchmesser von 215 mm gefertigt, so dass<br />

sich bei einer Wandung von 7 mm ein Innendurchmesser von 201 mm ergibt (DN 200). Sie<br />

werden unten von einem Rundboden abgeschlossen, an dessen tiefster Stelle sich ein Stutzen<br />

mit Glasgewinde GL 25 befindet. Die Nutzhöhe der Säulen im zylindrischen Teil beträgt 500<br />

83


Säulenversuche mit Urin<br />

mm. Dieser Bereich wird mit dem jeweiligen Material befüllt. Des weiteren verfügen die Säulen<br />

noch über einen Freibord von 30 mm.<br />

Auf der Mantelfläche der Säulen befinden sich zusätzlich zwei weitere Stutzen GL 25 in Höhe<br />

von 166 bzw. 322 mm bezogen auf die Unterkante der zylindrischen Mantelfläche. Die Stutzen<br />

sind mit Blindstopfen verschlossen, deren eingesetzte Dichtung mit PTFE beschichtet ist. PTFE<br />

(Teflon) gilt als sorptionsarmer Kunststoff. Die Abb. 17 zeigt den Aufbau der Säulen.<br />

Der Glasstutzen am Bodenauslauf mündet über eine<br />

Schraubverbindungskappe in einen Einweg-Glaskugelhahn<br />

mit Glasküken (Bohrung 6 mm). Als Dichtungsmaterial in<br />

der Schraubverbindungskappe wurde mit PTFE<br />

überzogenes Silikon gewählt, um auch hier die Sorption zu<br />

minimieren.<br />

Um zu verhindern, dass das eigentliche Füllmaterial der<br />

Säule in den Bodenauslauf gelangt, wurde in den<br />

Rundboden jeder Säule ein Lochblech mit aufliegender<br />

Kiesstützschicht eingebaut. Das verwendete Edelstahl-<br />

Lochblech hat eine Lochweite von 3 mm und einen<br />

Durchmesser von ca. 110 mm. Der Rand ist mit<br />

Silikonschlauch eingefasst, um eine gleichmäßige<br />

Verteilung der aufliegenden Lasten (Stützschicht +<br />

Füllmaterial, teilweise wassergesättigt) auf den Rundboden<br />

zu gewährleisten.<br />

3.2.2 Dummy-Säulen<br />

Abb. 17:Aufbau einer Glassäule<br />

Bei diesen Säulen wurde bewusst ein robuster Aufbau gewählt, da die Säulen täglich bewegt<br />

werden müssen, um sie zu wiegen. Die Säulen sind aus PVC-Rohr (KG-Rohr) DN 190 gefertigt.<br />

Sie besitzen keinen Rundboden, sondern sind unten offen. Das Füllmaterial und die<br />

Stützschicht lagert auf einem Edelstahllochblech (3 mm<br />

Lochdurchmesser). Der Aufbau und die Befüllung entsprechen<br />

ansonsten den Glassäulen I und II, die mit den beiden Böden<br />

gefüllt sind. Die eingebrachten Massen der einzelnen Material<br />

sind identisch mit den zugehörigen Glassäulen.<br />

Die Säulen stehen jeweils auf einem Wagen, so dass sie<br />

einfach auf die im Podest eingelassene Waage geschoben<br />

werden können. Eine Säule verbleibt dauernd auf der Waage,<br />

so dass von dieser das Gewicht online erfasst werden kann.<br />

Auftretendes Sickerwasser wird über eine Schütte abgeleitet<br />

und separat gesammelt, so dass es nicht mit gewogen wird. Das<br />

Sickerwasser der anderen Dummy-Säule wird in einer Schale<br />

unterhalb des Wagens aufgefangen.<br />

Die Abb. 18 zeigt die Dummy-Säulen während der Versuche.<br />

Die Dummy-Säule I befindet sich im Bild auf der Waage.<br />

3.2.3 Befüllung Säulen<br />

Abb. 18: Ansicht Dummy-Säulen<br />

84


Säulenversuche mit Urin<br />

Im folgenden werden der Auf- und Einbau der Materialien in die einzelnen Säulen<br />

beschreiben sowie die eingebauten Materialien kurz beschreiben.<br />

3.2.3.1 Allgemeiner Aufbau<br />

Auf dem Lochblech wurde eine zweilagige Stützschicht aus Kiesen der Körnung 4/8 mm und<br />

darüber 2/4 mm aufgebracht. Dieser Aufbau ist für alle fünf Glassäulen sowie die Dummy-<br />

Säulen identisch.<br />

Für die Stützschichten kam jeweils Kies zum Einsatz, der von den Industriesandwerken Gebrüder<br />

Willersinn, Raunheim bezogen wurden. Die Kiese sind vom Hersteller entschlämmt, gesiebt<br />

und getrocknet worden.<br />

Auf die Stützschicht wurden dann lagenweise die jeweiligen Füllmaterialien eingebracht. Jede<br />

Lage hatte eine Höhe von ca. 10-15 mm und wurde leicht (mit Hand bzw. Löffel) verdichtet. Die<br />

Füllhöhe für die Materialien betrug jeweils 500 mm. Der Aufbau der mit Boden gefüllten Säulen<br />

unterteilt sich in 200 mm Unterboden und 300 mm Oberboden. Die Böden sowie der Quarzsand<br />

wurden in luftgetrocknetem Zustand, die Aktivkohle genässt und der Kompost herstellungsfeucht<br />

einbaut. Die Einwaage aller Materialien wurden notiert und protokolliert. Die<br />

Dummy-Säulen I und II, entsprechen vom Aufbau und Massen den Glassäulen I und II. Folgende<br />

Abb. 19 zeigt die Glassäulen mit Füllung sowie die dazugehörigen Einwaagen.<br />

Abb. 19: Füllung Glassäulen<br />

3.2.3.2 Säule I: Meckenheimer Boden<br />

Der Boden ist ein lehmiger Schluff aus der Lage: Meckenheim bei <strong>Bonn</strong>. Der Ausgangsboden<br />

ist eine Parabraunerde auf tiefgründigem Löss. Mit dem Boden wird seit 1959 ein Langzeitversuch<br />

zur organischen Düngung durchgeführt. Der Versuchsboden entstammt der Mineraldüngervariante<br />

und wurde im Jahr 2002 entnommen. Die Zusammensetzung ist Tab. 5 zu<br />

entnehmen, die Daten stammen vom IPE.<br />

85


Säulenversuche mit Urin<br />

Tab. 5: Fraktionen Meckenheimer Boden<br />

Oberboden<br />

[Masse-%]<br />

Unterboden<br />

[Masse-%]<br />

Corg 0,75 0,42<br />

CaCO3 < 0,2 < 0,2<br />

Grobsand 1,3 1,0<br />

Mittelsand 2,5 1,5<br />

Feinsand 3,1 2,3<br />

Grobschluff 50,3 48,3<br />

Mittelschluff 20,9 17,7<br />

Feinschluff 6,0 5,4<br />

Ton 16,0 23,9<br />

Sowohl Unter- als auch Oberboden waren durch das IPE auf < 2 mm abgesiebt und an der Luft<br />

getrocknet worden. Dieser Boden ist auch in Dummy-Säule I eingebaut.<br />

Die Lagerungsdichten sind folgender Tab. 6 zu entnehmen:<br />

Tab. 6:Lagerungsdichten Meckenheimer Boden in Säulen<br />

Glassäule I<br />

[kg/m³]<br />

Dummy-Säule I<br />

[kg/m³]<br />

Oberboden (Krume) 1464,44 1453,12<br />

Unterboden 1192,40 1288,98<br />

Auffällig ist, dass die Lagerungsdichten der Krumen in beiden Säulen gut übereinstimmt<br />

(Abweichung < 1%), während sich die Lagerungsdichten der Unterboden um ca. 7,5 %<br />

unterscheiden. Die eingewogenen Massen sind in beiden Fällen identisch. Es ist zu vermuten,<br />

dass die Verdichtung in der robusteren und einfacher zugänglichen Dummy-Säule stärker war,<br />

als in den unteren Schichten der Glassäulen. Die Messung der Füllhöhen in den Dummy-<br />

Säulen erfolgte von der Oberkante Säule bis zur Schicht, da die Säule nicht durchsichtig ist.<br />

Dadurch können sich zusätzlich Fehler besonders in der unteren Schicht ergeben haben.<br />

3.2.3.3 Säule II: Uedorfer Boden<br />

Es handelt sich um einen sandigen Boden aus Uedorf bei <strong>Bonn</strong>.<br />

Auch bei diesem Boden wurde durch das IPE der Skelettanteil von > 2 mm abgesiebt und<br />

sowohl Unter- als auch Oberboden luftgetrocknet. Dieser Boden ist auch in Dummy-Säule II<br />

eingebaut. Die Anteile der einzelnen Fraktionen sind nachfolgender Tab. 7 zu entnehmen. Die<br />

Daten wurden vom IPE zur Verfügung gestellt.<br />

86


Säulenversuche mit Urin<br />

Tab. 7: Fraktionen Uedorfer Boden<br />

Oberboden<br />

[Masse-%]<br />

Unterboden<br />

[Masse-%]<br />

Corg 0,85 0,23<br />

CaCO3 < 0,2 < 0,2<br />

Grobsand 3,1 3,5<br />

Mittelsand 55,4 64,6<br />

Feinsand 17,8 17,6<br />

Grobschluff 8,2 4,7<br />

Mittelschluff 5,6 3,2<br />

Feinschluff 4,6 3,1<br />

Ton 5,3 3,4<br />

Die Lagerungsdichten sind Tab. 8 zu entnehmen:<br />

Tab. 8: Lagerungsdichten Uedorfer Boden in Säulen<br />

Glassäule I<br />

[kg/m³]<br />

Dummy-Säule I<br />

[kg/m³]<br />

Oberboden (Krume) 1580,10 1582,04<br />

Unterboden 1452,13 1585,23<br />

Auch hier unterscheiden sich die Dichten der Unterböden mit über 8 % stark, während die<br />

Oberböden gut übereinstimmen.<br />

3.2.3.4 Säule III: Quarzsand<br />

Der verwendete Sand, ein Raunheimer Quarzsand RQ 16 mit der Körnung 0,9 – 2 mm, wurde<br />

über das F.A. Finger-Institut der Bauhaus-<strong>Universität</strong> Weimar von den Industriesandwerken<br />

Gebrüder Willersinn bezogen. Der Sand wurden durch einen Nassbagger gewonnen und vom<br />

Lieferanten entschlämmt, gesiebt und getrocknet. Weitere Daten (Herstellerangaben) zum Sand<br />

sind folgenden Tabellen zu entnehmen.<br />

87


Säulenversuche mit Urin<br />

Tab. 9: Korngrößen Quarzsand 0,9 – 2,0 mm<br />

Kornklasse<br />

[mm]<br />

Anteil Masse-%<br />

> 2,0 mm 1<br />

1,4 – 2,0 mm 39<br />

1,0 – 1,4 mm 54<br />

0,9 – 1,0 mm 4<br />

< 0,9 mm 2<br />

Tab. 10: chem. Analyse Quarzsand 0,9 – 2,0 mm<br />

Verbindung Anteil Masse-%<br />

SiO2<br />

Al2O3<br />

Fe2O3<br />

95,4<br />

2,31<br />

0,32<br />

CaO 0,08<br />

MgO 0,01<br />

K2O 1,39<br />

Da diese Säule vor allem als Referenz für die anderen Säulen dient, wurde bewusst eine grobe<br />

Körnung mit geringem Feinkornanteil gewählt. Effekte, die an den anderen Säulen verzögert zu<br />

erkennen sind, sollten hier schneller auftreten. Sande mit ähnlicher Körnung aber höherem<br />

Feinkornanteil werden beispielsweise in Bodenfiltern eingesetzt.<br />

Für die Füllung von 500 mm wurden 24,638 kg Sand benötigt. Dies ergibt eine Lagerungsdichte<br />

von 1590 kg/m³.<br />

3.2.3.5 Säule IV: Aktivkohle<br />

In der Säule wurde eine Aktivkohle des Typs GAC 830 von der Herstellerfirma NORIT eingebaut.<br />

Es handelt sich hierbei, um eine Kornkohle, welche üblicherweise in Festbettabsorbern<br />

(Aktivkohlefiltern) z.B. in der Trinkwasseraufbereitung eingesetzt wird. Weitere Daten (Herstellerangaben)<br />

sind folgender Tab. 11 zu entnehmen.<br />

88


Säulenversuche mit Urin<br />

Tab. 11: Daten GAC 830<br />

Korngröße<br />

> 8 mesh (2,36 mm)<br />

< 30 mesh (0,60 mm)<br />

Anteil Masse-%<br />

≤ 15<br />

≤ 4<br />

effektive Größe 1,0 mm<br />

Gleichförmigkeitsfaktor 1,7<br />

Jodzahl 1000<br />

Gesamtoberfläche (BET) 1100 m²/g<br />

Schüttdichte 500 kg/m³<br />

pH-Wert alkalisch<br />

Die in der Säule verwendete Frischkohle wurde von einem Wasserversorger zur Verfügung<br />

gestellt. Sie wurde bei diesem per Silozug am 07.06.2004 angeliefert und im Frischkohlebunker<br />

gelagert. Um die Kohle in Rohrleitungen zu transportieren, wurde sie genässt. Der Einbau in die<br />

Säulen erfolgte am 29.06.04.<br />

Für eine Füllhöhe von 500 mm wurden 14,778 kg nasse Aktivkohle in die Säulen eingefüllt. Bis<br />

zum 02.07.04 liefen insgesamt 2,999 kg Sickerwasser ab, so dass zu diesem Zeitpunkt die<br />

Masse der in den der Säule enthaltenden Kohle 11,779 kg betrug.<br />

3.2.3.6 Säule V: Kompost<br />

Für die Säule wurde ein von Dr. Kulle (MFPA Weimar) zusammengestellter Kompost gewählt,<br />

welcher sich gut als Material für einen Festbettfilter zur Sickerwasseraufbereitung auf Deponien<br />

bewährt hat. Zu anderen wird er derzeit in einem von der DBU finanzierten Projekt zur<br />

Behandlung von Abwässern aus Autobahntoilettenanlagen eingesetzt. Von der Professur Siedlungswasserwirtschaft<br />

der Bauhaus-<strong>Universität</strong> Weimar wird dazu eine Versuchsanlage an der<br />

BAB 4 betrieben.<br />

Bei Kompost ist von Interesse, ob ein biologisch aktives Material, welches selber weiter mineralisiert<br />

wird, besondere Effekte auf das Verhalten der Pharmaka hat.<br />

Für die Füllung von 500 mm wurden 12,956 kg Kompost benötigt. Dies ergibt eine Lagerungsdichte<br />

von 825 kg/m³.<br />

3.2.4 Online-Meßtechnik<br />

Um die Umgebungsbedingungen der Säulen zu überwachen, wurden Sensoren installiert.<br />

Mittels je eines Temperaturfühlers (Pt100, Endress+Hauser) wird in den Glassäulen I (Meckenheimer<br />

Boden) sowie III (Quarzsand) die Temperatur gemessen. Ein weiterer Pt 100 erfasst die<br />

Raumtemperatur. Über einen kapazitiven Feuchtesensor (E+E Elektronik) wird die relative<br />

Luftfeuchte im Raum bestimmt. Alle genannten Sensoren sind an einen Analog-Digital-<br />

Umsetzer (Gantner Electronic) angeschlossen. Über eine serielle Schnittstelle kann der PC die<br />

aktuellen Messwerte von diesem abrufen.<br />

Die Messwerte der 60 kg-Waage, Auflösung d = 2 g, (Kern & Sohn) wird ebenfalls über eine<br />

serielle Schnittstelle vom PC erfasst, so kann das Gewicht einer Dummy-Säule mitgeschrieben<br />

werden.<br />

Alle Werte werden minütlich vom PC abgerufen, auf dem Bildschirm dargestellt und in einer<br />

Tagesdatei gespeichert.<br />

89


Säulenversuche mit Urin<br />

4 Versuchsvorbereitung<br />

Vor Beginn der eigentlichen Versuche wurden alle Säulen gesättigt. Sowie als Anhaltspunkt für<br />

die nachfolgenden Versuche die Wasserhaltekapazität der Böden in den Dummy-Säulen<br />

bestimmt.<br />

4.1 Glassäulen<br />

Die Säulen wurden bei geschlossenem Bodenablauf von oben mit Wasser beaufschlagt. Es<br />

wurde solange Wasser zu gegeben, bis der Wasserspiegel im Überstand konstant blieb. Dieser<br />

Vorgang zog sich, besonders bei den Säulen I und II, über insgesamt 2 d hin.Vor der Urinzugabe<br />

wurde der Ablauf aller Säulen geöffnet und zwei Stunden gewartet.<br />

4.2 Dummy-Säulen<br />

Diese Säulen wurden von unten her gesättigt. Dazu wurden die Säulen in ein Fass gestellt, in<br />

welchem ein Wasserspiegel leicht über der Oberkante der Säulenfüllung eingestellt wurde.<br />

Innerhalb eines Tages haben sich die Säulen dann aufgesättigt. Sie wurden aus dem<br />

Wasserbad entnommen und in regelmäßigen Abständen gewogen. Je nach Bodentyp<br />

stabilisierte sich das Gewicht der Säulen innerhalb 2 bis 3 h. Dieser Wert wurde als<br />

Wasserhaltekapazität der Säule für die weiteren Versuche festgelegt. Nach 16 bzw. 20 h wurde<br />

bei den Säulen eine Kontrollmessung durchgeführt. Hier zeigte sich, dass die weitere<br />

Gewichtsabnahme der Säulen nach diesen ersten 2-3 h nicht mehr so groß war und daher die<br />

zuvor ermittelten Werte als Wasserhaltekapazität herangezogen werden können. Kurz vor dem<br />

Beginn der Urinzugabe wurden die Dummy-Säulen wieder aufgesättigt, um einen mit den<br />

Glassäulen vergleichbaren Zustand einzustellen. Die nun ermittelten Werte stimmen gut mit<br />

denen der ersten Sättigung überein. Besonders gilt dies für den Meckenheimer Boden. Der<br />

Mittelwert aus beiden Sättigungen wurde für die weiteren Berechnungen genutzt.<br />

Die genauen Werte sind nachfolgender Tab. 12 zu entnehmen. Die Gewichte in der letzten<br />

Spalte beziehen sich auf die reinen Bodenmassen, das Gewicht der Säulen sowie der Stützsicht<br />

ist hier abgezogen. Das Gesamtgewicht Säule ist der real gemessene Wert an der Waage.<br />

Tab. 12: Bestimmung Wasserhaltekapazität Dummy-Säule I und II<br />

Dummy-Säule I (Meckenheimer<br />

Boden)<br />

Datum Uhrzeit Gesamtgewicht<br />

Säule<br />

1. Sättigung 03.07.04 14:30 Entnahme<br />

Wassebad<br />

Gewicht<br />

Boden<br />

in Säule<br />

Dummy-Säule II (Uedorfer Boden)<br />

Datum Uhrzeit Gesamtgewicht<br />

Säule<br />

02.07.04 16:00 Entnahme<br />

Wassebad<br />

Gewicht<br />

Boden<br />

in Säule<br />

17:50 32,864 27,264 18:30 34,338 28,746<br />

04.07.04 8:45 32,798 27,198 03.07.04 14:30 33,972 28,380<br />

2. Sättigung 08.07.04 10:50 Entnahme<br />

Wassebad<br />

08.07.04 10:50 Entnahme<br />

Wassebad<br />

13:30 32,920 27,320 13:30 34,108 28,516<br />

Mittelwert 27,290 28,631<br />

90


Säulenversuche mit Urin<br />

5 Versuchsdurchführung<br />

5.1 Bestimmung Bezugsgewicht<br />

Die Säulenversuche wurden im Kontext mit den Pflanzenversuchen des IPE durchgeführt. Um<br />

die Vergleichbarkeit mit diesen Versuchen zu schaffen, wurden die Zugaben sowohl der<br />

Pharmaka als auch des Urins abgestimmt.<br />

Die Dotierung für die Pflanzenversuche erfolgte bezogen auf die Masse Boden im Versuchsgefäß.<br />

Da die Säulen bei gleichem Volumen mit Materialien unterschiedlicher Dichte befüllt sind<br />

und alle Säulen zur besseren Vergleichbarkeit untereinander gleich beaufschlagt werden,<br />

musste ein Referenzgewicht festgelegt werden.<br />

In den Säulenversuchen soll das Verhalten von Pharmaka in Böden mit anderen Materialien<br />

verglichen werden. Daher wurden die Gewichte der beiden Bodensäulen als Referenz herangezogen.<br />

Die Massen der in die Glassäulen eingebrachten luftgetrockneten Böden betrug<br />

21,294 kg für Säule I (Meckenheimer Boden) und 24,016 kg für Säule II (Uedorfer Boden). Als<br />

Referenzwert wurde der Mittelwert beider Säulenfüllungen gerundet auf ein Kilogramm<br />

bestimmt. Der Wert beträgt 23 kg.<br />

5.2 Dotierung Pharmaka<br />

Zusammen mit dem Urin sollte eine definierte Menge der zu untersuchenden Pharmaka einmalig<br />

auf die Säulen gegeben werden.<br />

Versuche des IWW zeigten, dass sich in der Matrix Urin die verschiedenen Wirkstoffe nicht in<br />

der gewünschten Konzentration lösen ließen. Die direkte Zugabe der Pharmaka mit dem Urin<br />

war daher nicht möglich. Daher wurden die Wirkstoffe mit einem Lösungsvermittler an Reinsand<br />

gebunden. Dieser Sand wurde vor der Urinzugabe auf die Säulen gegeben. Durch den Urin<br />

sowie die Beregnung werden die Stoffe vom Sand gelöst und in die Säulen eingetragen.<br />

Der Reinsand wurde vom IWW mit Clofibrinsäure, Carbamazepin, Bezafibrat, Fenoprofen,<br />

Diclofenac, Ibuprofen, Tetracyclin, Sulfadiazin, Sulfamethazin und Sulfamethoxazol dotiert und<br />

der BUW zur Verfügung gestellt. Die Dotierung betrug pro Kilogramm Reinsand 1 g Wirkstoff.<br />

Entsprechend den Pflanzversuchen des IPE wurden pro kg Boden 10 mg Wirkstoff aufgegeben.<br />

Bei einem festgesetzten Bezugswert für die Säulenfüllung von 23 kg, wurden also jeweils 230<br />

mg der einzelnen Wirkstoffe auf die Säulen dotiert. Bezogen auf den Reinsand sind dies 230 g<br />

Sand pro Glassäule. Auf die Dummy-Säulen wurden die Restmenge von jeweils 180 g dotierter<br />

Sand aufgegeben, um eine gewissen Vergleichbarkeit bezüglich des Aufbaus der Säulen zu<br />

erhalten.<br />

Der dotierte Sand wurde kurz vor der Urinzugabe auf die gesättigten Säulen aufgebracht.<br />

5.3 Urinzugabe<br />

Entsprechend der Pflanzenversuche des IPE wurden pro kg Boden 80 ml des in der Lambertsmühle<br />

gesammelten Urins aufgegeben. Tab. 13 zeigt die Analyse des aufgegebenen Urins.<br />

91


Säulenversuche mit Urin<br />

Tab. 13: Analyse Urin<br />

Urin<br />

Lambertsmühle<br />

Pges.<br />

[mg/l]<br />

CSBhomo.<br />

[mg/l]<br />

CSBfilt.<br />

[mg/l]<br />

165 2190 460<br />

Für den Urin ergibt sich demnach eine Zugabemenge von 1,840 l pro Säule, bei einem<br />

Referenzgewicht der Füllung von 23 kg. Diese Menge wurde sowohl auf die Glas- wie auch die<br />

Dummy-Säulen gegeben. Aufgrund eines Rechenfehlers ist auf Säule II anstelle der<br />

berechneten 1,840 l eine Menge von 2,468 l aufgegeben worden.<br />

5.4 Beregnung<br />

Die Beregnung sollte sich an den Gegebenheiten des Standortes Burscheid orientieren. Dazu<br />

wurde die Daten des Regenschreibers Burscheid, welcher vom Wupperverband betrieben wird,<br />

aus dem Jahr 2002 herangezogen. Dieses Jahr wies für den Standort einen Niederschlag von<br />

1121 mm auf. Anhand der Tageswerte des Schreibers wurden die täglichen<br />

Beregnungsmengen flächenbezogen für die Säulen berechnet. Kleinere Beregnungsmengen<br />

verteilt über mehrere Tage wurden zu einer größeren Tagesmenge zusammengefasst.<br />

Begonnen wurde die Beregnung mit den Mengen des niederschlagsreichen Juli 2002 (99,3<br />

mm/Monat) am 09.07.04 taggenau. Es zeigte sich jedoch, dass die Mengen zu gering waren,<br />

um die für die Analytik benötigten Sickerwassermengen bereitzustellen. Verstärkt wurde dieser<br />

Effekt durch die starke zeitliche Differenzierung der Zugabe, die die Verdunstung von der<br />

Säulenoberfläche begünstigt. Ab dem 02.08.04 erfolgte die Beregnung nach folgendem<br />

Regime:<br />

• 1. Woche: Beregnung mit jeweils 300 ml am Montag, Mittwoch und Freitag<br />

• 2. Woche: keine Beregnung, so dass die Säulen partiell trockenfallen können<br />

Die Beregnung mit 300 ml entspricht einem Regenereignis von 10 l/m³. Die Aufgabe des<br />

Wassers erfolgt in einem Zug, so dass je nach Füllmaterial die Säulenoberfläche kurzzeitig<br />

einstaut.<br />

Mit diesem Regime konnten die für die Analytik benötigten Sickerwassermengen von 400 – 500<br />

ml je Mischprobe (Woche) bereitgestellt werden.<br />

Die aufgegebenen Mengen wurden durch eine Waage abgewogen. Zur Beregnung wurde<br />

Trinkwasser aus dem Leitungsnetz der Stadt Weimar genutzt.<br />

5.5 Probenahme<br />

5.5.1 Glassäulen<br />

Die Ablaufhähne der Säulen sind, bis auf die erste Woche der Versuche, durchgehend geöffnet.<br />

Ablaufendes Wasser wurde in 500- bzw. 1000 ml Glasflaschen gesammelt. Die anfallenden<br />

Mengen werden täglich mit einer Waage (Ohaus, d = 10 mg) quantifiziert und in eine<br />

wöchentliche Mischprobe überführt. Die Mischprobe wird ebenfalls in einer Glasflasche<br />

gesammelt, die Lagerung erfolgt im Kühlschrank. Pro Woche wurde eine Mischprobe angesetzt.<br />

Der Probenanfall schwankt zwischen den Beregnungs- und den trockenen Wochen. So beginnt<br />

eine neue Probenahme montags in der Beregnungswoche, wenn die ersten 300 ml Wasser auf<br />

die Säulen gegeben werden. Dies Probenahme endet am darauffolgenden Montag bzw.<br />

92


Säulenversuche mit Urin<br />

Dienstag, da dann i.d.R. kein Sickerwasser mehr aus den Säulen austritt. Die Proben aus<br />

den Beregnungswochen werden nach Beendigung der Probenahme geteilt, der größere Teil der<br />

Proben wurde in Glasflaschen zur Pharmakaanalyse an das IWW geschickt. Der kleinere Teil<br />

wurde zur Bestimmung des CSB und Pges sowie zur Messung von pH-Wert und Leitfähigkeit<br />

genutzt.<br />

In den trockenen Wochen fiel in den Säulen I, II (Böden) sowie V (Kompost) keine Probe an.<br />

Bei den mit gröberem Material gefüllten Säulen III (Quarzsand) und IV (A-Kohle) fallen an<br />

trockenen Tagen teilweise 6-10 ml Probe an. Hauptsächlich dürfte es sich hier um Kondenswasser<br />

handeln.<br />

5.5.2 Dummy-Säulen<br />

Der Ablauf der Dummy-Säulen wird ebenfalls aufgefangen und täglich in die Mischprobe<br />

überführt bzw. als Einzelprobe untersucht. Seitens der BUW erfolgt eine Analyse auf die<br />

Abwasserstandardparameter sowie pH-Wert und Leitfähigkeit.<br />

Zu beachten ist, dass die Proben aufgrund der Bauweise der Dummy-Säulen in offenen<br />

Schalen gesammelt werden und daher die Proben einen Verdunstungsverlust gegenüber denen<br />

aus den Glassäulen aufweisen.<br />

Das Gewicht der Dummy-Säulen wird täglich vor Ort notiert. Eine Säule verbleibt ständig auf<br />

der Waage, so dass das Gewicht online erfasst werden kann. Im Zweiwochen-Rhythmus<br />

(Regenregime) werden für die Erfassung die Säulen getauscht, um für beide Säulen Online-<br />

Werte zu erhalten.<br />

6 Ergebnisse<br />

6.1 Analytik Sickerwasser<br />

Bei den im folgenden dargestellten Ergebnissen wird der Zeitraum vom Start der Versuche am<br />

08.07.04 bis zum 20.09.04 betrachtet. Am 20.09.04 wurde (vorerst) die letzte Probenahme<br />

beendet, die bezüglich Pharmaka untersucht wurde.<br />

In dieser Zeit sind insgesamt neun Probenahmen durchgeführt worden. Für die<br />

Pharmakaanalytik konnten auf grund des benötigten Probevolumens nur die Mischproben aus<br />

den Beregnungswochen herangezogen werden. In den trockenen Wochen fiel in den Säulen I,<br />

II (Böden) sowie V (Kompost) keine Probe an. Bei den mit gröberem Material gefüllten Säulen<br />

III (Quarzsand) und IV (A-Kohle) fielen an trockenen Tagen teilweise 6-10 ml Probe an. Die<br />

CSB- und Pges-Konzentrationen dieser Proben waren vergleichbar mit den Proben aus den<br />

Beregnungswochen bzw. lagen teilweise auch darüber. Aufgrund der im Vergleich geringen<br />

Sickerwassermengen der trockenen Wochen spielen diese Proben für die Frachtberechnung<br />

keine Rolle. Es besteht die Vermutung, dass sich diese Proben zu einem großen Teil aus<br />

Kondenswasser zusammensetzen, welches an der Wandung bzw. dem Füllmaterial besonders<br />

im unteren Teil der Säulen kondensiert und teilweise abfließt. Im unteren Bereich dieser Säule<br />

konnte ein Feuchtigkeitsniederschlag an der Wandung lokalisiert werden.<br />

Anhand der vom IWW ermittelten Pharmakakonzentrationen im Sickerwasser sowie den<br />

Gesamtabfluss der Säule im jeweiligen Probenahmezeitraum konnten die Frachten für die<br />

einzelnen Wirkstoffe im Sickerwasser errechnet werden. Das gleiche wurde auch für die<br />

Parameter Pges und CSB durchgeführt, welche von der BUW analysiert wurden.<br />

In den folgenden Diagrammen sind die kumulierten Wirkstofffrachten im Sickerwasser für die<br />

jeweiligen Probenahmen dargestellt. Probenahmezeiträume, in den keine Pharmakaanalytik<br />

durchgeführt wurde (gerade Nummer), sind nicht dargestellt.<br />

93


Säulenversuche mit Urin<br />

Fracht (kum.) [µg]<br />

bei 230.000 µg<br />

dotiertem Wirkstoff<br />

Abb. 20: kumulierte Frachten ausgewählter Pharmaka im Ablauf von Säule I<br />

Fracht (kum.) [µg]<br />

bei 230.000 µg<br />

dotiertem Wirkstoff<br />

30000<br />

25000<br />

20000<br />

15000<br />

10000<br />

5000<br />

30000<br />

25000<br />

20000<br />

0<br />

15000<br />

10000<br />

5000<br />

0<br />

MP 1<br />

MP 1<br />

MP 2<br />

MP 3<br />

MP 5<br />

Mischprobennr.<br />

MP 3<br />

Abb. 21: kumulierte Frachten ausgewählter Pharmaka im Ablauf von Säule II<br />

MP 5<br />

Mischprobennr.<br />

Säule I<br />

(Meckenheimer Boden)<br />

Säule II<br />

(Uedorfer Boden)<br />

MP 7<br />

MP 7<br />

MP 9<br />

MP 9<br />

Clofibrinsäure BG = 5 [µg/l]<br />

Bezafibrat BG = 5 [µg/l]<br />

Fenoprofen BG = 5 [µg/l]<br />

Ibuprofen BG = 5 [µg/l]<br />

Carbamazepin BG = 1 [µg/l]<br />

Diclofenac BG = 5 [µg/l]<br />

Clofibrinsäure BG = 7 [µg/l]<br />

Ibuprofen BG = 10 [µg/l]<br />

Bezafibrat BG = 7 [µg/l]<br />

Diclofenac BG = 10 [µg/l]<br />

Fenoprofen BG = 7 [µg/l]<br />

Carbamazepin BG = 5 [µg/l]<br />

Frachten,<br />

kumuliert<br />

Frachten,<br />

kumuliert<br />

Wirkstoff<br />

Wirkstoff<br />

94


Säulenversuche mit Urin<br />

Fracht (kum.) [mg]<br />

bei 230 mg<br />

dotiertem Wirkstoff<br />

MP 1<br />

MP 2<br />

MP 3<br />

MP 5<br />

Mischprobennr.<br />

Abb. 22: kumulierte Frachten ausgewählter Pharmaka im Ablauf von Säule III<br />

Fracht (kum.) [µg]<br />

bei 230.000 µg<br />

dotiertem Wirkstoff<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

140<br />

120<br />

100<br />

0<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

MP 1<br />

MP 2<br />

MP 3<br />

MP 5<br />

Mischprobennr.<br />

Säule III<br />

(Quarzsand)<br />

Abb. 23: kumulierte Frachten ausgewählter Pharmaka im Ablauf von Säule IV<br />

MP 7<br />

MP 7<br />

MP 9<br />

Säule IV<br />

(Aktivkohle)<br />

MP 9<br />

Clofibrinsäure BG = 0,2 [mg/l]<br />

Bezafibrat BG = 0,2 [mg/l]<br />

Fenoprofen BG = 0,5 [mg/l]<br />

Ibuprofen BG = 0,5 [mg/l]<br />

Carbamazepin BG = 0,2 [mg/l]<br />

Diclofenac BG = 0,5 [mg/l]<br />

Ibuprofen BG = 2 [µg/l]<br />

Frachten,<br />

kumuliert<br />

Bezafibrat BG = 0,7 [µg/l]<br />

Carbamazepin BG = 0,5 [µg/l]<br />

Wirkstoffe<br />

Frachten,<br />

kumuliert<br />

Clofibrinsäure BG = ,07 [µg/l]<br />

Diclofenac BG = 2 [µg/l]<br />

Fenoprofen BG = 2 [µg/l]<br />

Wirkstoff<br />

95


Säulenversuche mit Urin<br />

bei 230.000 µg<br />

dotiertem Wirkstoff<br />

Fracht (kum.) [µg]<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

MP 1<br />

MP 2<br />

MP 3<br />

MP 5<br />

Mischprobennr.<br />

Säule V<br />

(Kompost)<br />

Abb. 24: kumulierte Frachten ausgewählter Pharmaka im Ablauf von Säule V<br />

MP 7<br />

MP 9<br />

Clofibrinsäure BG = 2 [µg/l]<br />

Diclofenac BG = 2 [µg/l]<br />

Sulfamethazin BG = 10 [µg/l]<br />

Bezafibrat BG = 2 [µg/l]<br />

Ibuprofen BG = 2 [µg/l]<br />

Wirkstoff<br />

Fenoprofen BG = 5 [µg/l]<br />

Carbamazepin BG = 1 [µg/l]<br />

Frachten,<br />

kumuliert<br />

Aus den Diagrammen ist insgesamt erkennbar, dass die Clofibrinsäure den größten Durchgang<br />

durch alle Säulen hat. Der Kompost verzögert den Durchbruch der Clofibrinsäure am längsten,<br />

jedoch erhöht sich ab der Probenahme 7 und besonders Probenahme 9 die Fracht dieses<br />

Metaboliten im Sickerwasser der Säule V (Kompost) sehr stark.<br />

Andere Untersuchungen kommen zu ähnlichen Ergebnissen. So sagt Mersmann (2003) aus,<br />

dass der Transport der Clofibrinsäure nicht durch Abbau- und Sorptionsprozesse charakterisiert<br />

ist und somit die Eigenschaften eines Tracers aufweist.<br />

Insgesamt weist Säule IV (Aktivkohle) die geringsten Frachten im Sickerwasser auf. Die größte<br />

Fracht gelangte zu beginn der Versuche nach der Urinzugabe ins Sickerwasser. Danach gibt<br />

die Säule kleine recht konstante Frachten ab. Das gleiche Verhalten zeigt sich für Diclofenac.<br />

Die Säule III als Referenzsäule, gefüllt mit einem Quarzsand der Körnung 0,9 – 1,0 mm, weist<br />

ein großes Porenvolumen auf, demzufolge brechen hier die meisten Pharmaka schon mit der<br />

Urinzugabe im mg-Bereich durch. So finden sich in der Mischprobe 1 109,21 mg Clofibrinsäure,<br />

dies sind 47 % der am dotierten Reinsand gebunden Fracht von 230 mg dieses Stoffes. Die<br />

Antibiotika werden auch von diesem Material sehr gut zurückgehalten. Erst in Probenahme 9<br />

bricht Sulfamethazin nachhaltig durch.<br />

Die Frachten der beiden mit Bodenmaterial gefüllten Säulen bewegen sich, abgesehen von der<br />

Clofibrinsäure, etwa in der gleichen Größenordnung. Die vom Meckenheimer Boden<br />

abgegebene Clofibrinsäurefracht ist um den Faktor 3,4 geringer gegenüber dem sandigen<br />

Uedorfer Boden. Interessant ist, dass in keiner Probe der Säule II (Uedorfer Boden)<br />

Carbamazepin, Fenoprofen sowie Diclofenac zu finden war. Diese Stoffe werden (noch) vom<br />

Boden gut zurückgehalten.<br />

Beim Vergleich mit anderen Böden ist zu beachten, dass die Bestimmungsgrenzen für die<br />

verschiedenen Säulen unterschiedlich sind. D.h., dass in einer Säule eine Konzentration<br />

unterhalb der Bestimmungsgrenze liegt, die in einer mit einem anderen Material befüllten Säule<br />

noch quantifizierbar ist. Näheres hierzu enthält der Bericht des IWW.<br />

96


Säulenversuche mit Urin<br />

Bezüglich der Parameter Pges und CSB ist zu sagen, dass der Meckenheimer Boden (Säule I)<br />

die geringsten Phosphorfrachten aller Säulen an das Sickerwasser abgibt. Als lehmiger Schluff<br />

hat der Boden eine sehr gute Phosphorsorptionskapazität. Die CSB-Frachten sind in Säule I<br />

sowie Säule IV (Aktivkohle) am geringsten, darauf folgt der Uedorfer Boden. Der Quarzsand<br />

sowie der Kompost liegen in der selben Größenordnung und weisen die höchsten abgebenen<br />

CSB-Frachten auf.<br />

In der Anlage befinden sich die Tabellen mit den berechneten Frachten aller 5 Säulen.<br />

6.2 Gewichtsüberwachung Dummy-Säulen<br />

Die von Füllmaterial und Masse analog zu den Glassäulen I und II aufgebauten Dummy-Säulen<br />

wurden abwechselnd für jeweils 14 d (1 Beregnungs-/Trockenzyklus) ständig mit einer Waage<br />

gewogen.<br />

Exemplarisch wird in den folgenden Abbildungen die Gewichtsentwicklung je einer Dummy-<br />

Säule während einer Probenahmephase über 14 d dargestellt. Für Dummy-Säule I erfolgte dies<br />

beispielsweise während der Probenahmen 11/12 (27.09. – 11.10.04) und für Dummy-Säule II<br />

während Probenahme 9/10 (13.09. – 27.09.04). Des weiteren ist zur Information das<br />

Bodengewicht im Sättigungszustand für die jeweilige Säule angegeben. Die Werte sowohl die<br />

Online-Werte als auch das Sättigungsgewicht der Säule sind bereinigt, dass heißt, dass das<br />

Leergewicht der Säulen, der Stützsicht usw. abgezogen wurde. Er wird also nur das reine<br />

Bodengewicht in der Säule dargestellt. Die auftretenden Sickerwassermengen werden über<br />

eine Schütte von der Waage abgeleitet und getrennt aufgefangen, so dass nicht mitgewogen<br />

werden. Sehr gut sind in beiden Abbildungen die Beregnung mit 300 ml (= 300 g) zu erkennen.<br />

Gewicht Boden in kg<br />

28,0<br />

27,5<br />

27,0<br />

26,5<br />

27.09. 12:00<br />

1. Beregnung<br />

28.09. 00:00<br />

28.09. 12:00<br />

29.09. 00:00<br />

2. Beregnung<br />

29.09. 12:00<br />

30.09. 00:00<br />

30.09. 12:00<br />

01.10. 00:00<br />

01.10. 12:00<br />

02.10. 00:00<br />

Dummy-Säule I<br />

Probenahmephase 11/12 (27.09. - 11.10.04) Meckenheimer Boden<br />

3. Beregnung<br />

Abb. 25: Verlauf Bodengewicht Dummy-Säule I vom 27.09. bis 11.10.04<br />

02.10. 12:00<br />

03.10. 00:00<br />

03.10. 12:00<br />

04.10. 00:00<br />

04.10. 12:00<br />

Zeit<br />

05.10. 00:00<br />

Bodengewicht Sättigung (gemittelt: 27,292 kg)<br />

05.10. 12:00<br />

06.10. 00:00<br />

06.10. 12:00<br />

07.10. 00:00<br />

Bodengewicht Online-Messung<br />

07.10. 12:00<br />

08.10. 00:00<br />

08.10. 12:00<br />

09.10. 00:00<br />

09.10. 12:00<br />

10.10. 00:00<br />

10.10. 12:00<br />

11.10. 00:00<br />

11.10. 12:00<br />

97


Säulenversuche mit Urin<br />

Gewicht Boden in kg<br />

28,8<br />

28,3<br />

27,8<br />

27,3<br />

13.09. 00:00<br />

1. Beregnung<br />

13.09. 12:00<br />

14.09. 00:00<br />

2. Beregnung<br />

14.09. 12:00<br />

15.09. 00:00<br />

15.09. 12:00<br />

16.09. 00:00<br />

16.09. 12:00<br />

17.09. 00:00<br />

17.09. 12:00<br />

18.09. 00:00<br />

Dummy-Säule II<br />

Probenahmephase 9/10 (13.09. - 27.09.04)<br />

3. Beregnung<br />

Abb. 26: Verlauf Bodengewicht Dummy-Säule II vom 13.09. bis 27.09.04<br />

18.09. 12:00<br />

19.09. 00:00<br />

19.09. 12:00<br />

20.09. 00:00<br />

Zeit<br />

20.09. 12:00<br />

21.09. 00:00<br />

21.09. 12:00<br />

22.09. 00:00<br />

22.09. 12:00<br />

23.09. 00:00<br />

23.09. 12:00<br />

24.09. 00:00<br />

24.09. 12:00<br />

Uedorfer Boden<br />

Bodengewicht Sättigung (gemittelt: 28,631 kg)<br />

Bodengewicht Online-Messung<br />

Bei beiden Säulen erfolgt durch die erste Beregnung eine Aufsättigung des Bodens. Die<br />

austretenden Sickerwassermengen sind kleiner als nach den folgenden Beregnungen 2 und 3.<br />

Bei Säule I wurde vom 27.09. auf den 28.09. ein Probenvolumen von 30 ml quantifiziert. Nach<br />

der Beregnung 27.09.04 15:50 verliert die Dummy-Säule I bis 21:00 66 g Gewicht. Diese<br />

Menge ist größtenteils als Sickerwasser ausgetreten, wie die rasche Gewichtsabnahme der<br />

Säule nach der 1. Beregnung in Abb. 27 zeigt.. Die Differenz von 36 g zur am nächsten Tag<br />

quantifizierten Menge von 30 mg ist in Verdunstung aus der offenen Probennahmeschale (nach<br />

dem Austritt aus der Säule ) begründet. Dummy-Säule II zeigt diesen Verlauf nicht nach der 1.<br />

Beregnung am 13.09.04, jedoch ist auch hier eine Sickerwassermenge von 6 g am nächsten<br />

Tag in der Schale ermittelt worden. Diese Menge dürfte ebenfalls größer gewesen sein, der<br />

Verdunstungsverlust müsste auf dem gleichen Niveau bewegen, wie bei der Probe aus der<br />

Dummy-Säule I.<br />

Bei den nachfolgenden Beregnung ist bei beiden Säulen zu erkennen, dass nach der<br />

Wasserzugabe ein Abfluss einsetzt. Bei Dummy-Säule I (Meckenheimer Boden) werden<br />

innerhalb von ca. 4 h 170 ml Sickerwasser abgegeben. Die gleiche Menge läuft tritt aus der<br />

Dummy-Säule II (Uedorfer Boden) nach ca. 13,5 h aus. Dies deutet daraufhin, dass der<br />

Meckenheimer Boden eine höhere hydraulische Leitfähigkeit aufweist als der Uedorfer Boden.<br />

Der Gewichtsverlauf der Säulen nach den Beregnungen 2 und 3 entsprechen sich sehr gut und<br />

bestätigt die obengemachte Aussage.<br />

Durch Verdunstung von der Säulenoberfläche verlieren beide Böden ca. 30 – 50 g an Gewicht<br />

pro Tag. Dies ist gut in den trocken Wochen zu erkennen, gilt aber auch für die Beregnungswochen,<br />

wie der parallele Verlauf des Graphen für Dummy-Säule II nach der 1. Beregnung im<br />

Vergleich zur trockenen Woche zeigt.<br />

25.09. 00:00<br />

25.09. 12:00<br />

26.09. 00:00<br />

26.09. 12:00<br />

27.09. 00:00<br />

27.09. 12:00<br />

98


Säulenversuche mit Urin<br />

6.3 Einordnung Ergebnisse<br />

Ziel der sondierenden Versuche ist das Gefährdungspotential bezüglich des Eintrages von<br />

ausgewählten Humanpharmaka bzw. deren Metabolite in Böden bzw. Grundwasser abzuschätzen,<br />

wenn der in der Lambertsmühle gesammelte Urin landwirtschaftlich genutzt wird.<br />

Dazu wird im folgenden versucht, die Ergebnisse sowohl in den landwirtschaftlichen als auch<br />

den siedlungswasserwirtschaftlichen Kontext einzuordnen.<br />

6.3.1 Vergleichsrechnung Düngegabe<br />

Wie schon erwähnt wurden aus analytischen Gründen bei den Säulenversuchen sehr hohe<br />

Wirkstoffmengen über den Reinsand auf die Säulen dotiert. Um die gewonnen Ergebnisse mit<br />

Werten aus der landwirtschaftlichen Praxis vergleichen zu können, müssen sie zunächst<br />

größenordnungsmäßig eingeordnet werden.<br />

Durch die Hochrechnung soll ermittelt werden, wie lange ein Feld mit Urin aus der Lambertsmühle<br />

gedüngt werden kann, bis die in den Versuchen dotierte Menge von 230 mg je Wirkstoff<br />

erreicht ist.<br />

Es werden dabei folgende Annahmen getroffen: die Düngemittelgabe, bezogen auf Ammonium-<br />

Stickstoff, soll 170 kg NH4-N/(ha⋅a) betragen. Die Ammoniumkonzentration im gelagerten Urin<br />

liegt bei ca. ρ*(NH4-N)Urin=1,2 kg/m³ (Simons et al., 2003). Damit ergibt sich folgende Menge an<br />

Urin, die pro Jahr auf einen Hektar Fläche aufgebracht werden muss:<br />

VUrin, Düngung,<br />

a<br />

3<br />

170 kg ⋅ m m³<br />

=<br />

≈ 142<br />

1,<br />

2 kg ⋅ ha ⋅ a ha ⋅ a<br />

Im ersten Teil des Projektes Lambertsmühle wurde der Urin im Gelbwasserspeicher zwischen<br />

September 2001 und Januar 2003 insgesamt 29 Mal auf eine ausgewählte Anzahl von<br />

Pharmaka untersucht (Strompen et al., 2003). Die in den Analysen ermittelten<br />

Höchstkonzentrationen wurden für die folgende Frachtberechnung herangezogen. In der Tab.<br />

14 sind fünf Stoffe aufgeführt, die im Gelbwasser der Lambertsmühle gefunden wurden.<br />

Zusätzlich ist das entsprechende Probenahmedatum angegeben. Aus den gefundenen<br />

Maximalkonzentrationen wird die Jahresfracht FUrin,a für den Wirkstoff ermittelt, die durch die<br />

Urindüngung auf eine Ackerfläche von 1 ha aufgebracht würde.<br />

FUrin, a VUrin,<br />

Düngung,<br />

a<br />

∗<br />

= ⋅ ρ<br />

(Wirkstoff )<br />

max<br />

99


Säulenversuche mit Urin<br />

Tab. 14: Hochrechnung Pharmakaaustrag durch Urindüngung<br />

Pharmaka Datum<br />

ρ*(Wirkstoff)max<br />

[mg/l]<br />

FUrin,a<br />

[mg/(ha⋅a)]<br />

Expositionsdauer<br />

[a]<br />

Carbamazepin 07.01.02 6,5 921 80572<br />

Clofibrinsäure 18.12.01 21 2975 24939<br />

Diclofenac 13.02.02 34 4817 15404<br />

Fenoprofen 13.02.02 4,8 680 109108<br />

Ibuprofen 06.06.02 161 22808 3253<br />

Bei den Säulen wurden die jeweils 230 mg Wirkstoff auf eine Fläche von 0,031 m² aufgegeben.<br />

Bezogen auf eine Fläche von 1 ha = 10.000 m³ wären dies eine Jahresfracht Fdot. Säule, a von<br />

74.193.548 mg/(ha⋅a) bzw. 74,19 kg/(ha⋅a). Teilt man diese Fracht Fdot. Säule, a durch die<br />

Jahresfracht jedes Wirkstoffes FUrin, a so erhält man für den jeweiligen Stoff den Zeitraum in<br />

Jahren, in welchem bei reiner Urindüngung 230 mg aufgebracht würden.<br />

In dieser Rechnung ist kein Abbau der Pharmaka bzw. Metaboliten berücksichtigt. Unter Ansatz<br />

eines gewissen Abbaus im Boden würde sich die Expositionsdauer entsprechend verlängern.<br />

6.3.2 Vergleich mit vorhandenen Messwerten<br />

In folgender Tab. 15 sind die Maximalwerte verschiedener Pharmaka aus den Sickerwasserproben<br />

ausgewählter Säulen aufgeführt. Neben den beiden Bodensäulen wurde die<br />

Aktivkohlensäule (Säule IV) in die Betrachtung einbezogen, da sie insgesamt die geringsten<br />

Wirkstoffkonzentrationen im Sickerwasser aufweist.<br />

100


Säulenversuche mit Urin<br />

Tab. 15: Vergleich Messwerte aus Versuchen mit Literaturwerten<br />

Pharmaka Versuche BUW 2004 (Studie MUNLV NRW, 2004) (BLAC, 2003)<br />

Carbamazepin <br />

Clofibrinsäure<br />

Abl.<br />

Säule I<br />

(Meckenheim)<br />

Abl.<br />

Säule II<br />

(Uedorf)<br />

Abl.<br />

Säule IV<br />

(Aktivkohle)<br />

Ablauf Faktor zu Rhein Faktor zu<br />

Kläranlage*<br />

Säule<br />

I<br />

Säule<br />

II<br />

Säule<br />

IV<br />

Kleve-<br />

Bimmen<br />

Säule<br />

I<br />

Säule<br />

II<br />

[µg/l] [µg/l] [µg/l] [µg/l] [-] [-] [-] [µg/l] [-] [-] [-]<br />

101<br />

Säule<br />

IV<br />

19,00 < BG 8,69 1,7 -11,18 – -5,11 0,31 -61,29 – -28,03<br />

14700 40300 2,80 0,23 -63913 -175217 -12,17 < BG – – –<br />

Bezafibrat 38,80 65,20 4,30 0,59 -65,76 -111 -7,29 0,061 -636 -1069 -70,49<br />

Diclofenac 12,00 < BG 5,10 1,8 -6,67 – -2,83 0,11 -109 – -46,36<br />

Ibuprofen 16,20 81,80 6,46 0,4 -40,50 -205 -16,15 < BG – – –<br />

Sulfadiazin 1,90 < BG 1,14 – – – – – – – –<br />

Sulfamethazin <br />

Sulfamethoxazol<br />

3,95 4,00 < BG – – – – – – – –<br />

2,60 < BG < BG 1,9 -1,37 – – 0,106 -24,53 – –<br />

Alle aufgeführten Konzentrationen sind Maximalwerte<br />

*KA Köln-Stammheim<br />

Diese Werte werden Literaturwerten gegenüber gestellt, zum einen Werte aus dem Ablauf der<br />

KA Köln-Stammheim (MUNLV NRW, 2004) sowie Daten des Rheins bei Kleve-Bimmen (BLAC,<br />

2003). Für die Literaturdaten werden Faktoren angegeben, die die Unter- bzw. Überschreitung<br />

in Bezug auf die Werte aus den Säulenversuchen quantifizieren.<br />

Durch die hohe Dotierung der Säulen liegen die Pharmakakonzentrationen im Sickerwasser der<br />

Säulen erheblich über den Werte, die in der aquatischen Umwelt auftreten. Das Extremum ist<br />

der Maximalwert für die Clofibrinsäure aus Säule II, der die Konzentration im Ablauf der Kläranlagen<br />

um das 175.217-fache überschreitet. Zu beachten ist, dass die Verordnungsmengen<br />

der Ausgangswirkstoffe Clofibrat, Etafibrat und Etafyllinclofibrat des Metabilits Clofibrinsäure<br />

sehr stark rückläufig sind. In Oberflächengewässern sind dadurch die Konzentrationen dieses<br />

Stoffes gesunken. Jedoch ist er weiterhin als Markersubstanz bezüglich des Eintrags von Arzneimitteln<br />

besonders im Grundwasser anzusehen (BLAC, 2003).<br />

Die Konzentration der Pharmaka im Oberflächengewässer (Rhein) liegt etwa um eine log-Stufe<br />

niedriger als im Ablauf der Kläranlage.<br />

Die Werte für den Rhein beziehen sich auf 7 Beprobungen (BLAC, 2003), die Konzentrationen<br />

im Ablauf der KA Köln-Stammheim beinhalten 4 bzw. bei Carbamazepin 9 Probenahmen<br />

(MUNLV NRW, 2004). Bezüglich weiterer Angaben (Untersuchungszeitraum, Bestimmungsgrenzen<br />

usw.) wird auf die zitierte Literatur verwiesen.


Säulenversuche mit Urin<br />

7 Ausblick<br />

Die dargestellten Versuche zeigen, wie zu erwarten, starke Unterschiede hinsichtlich des Verhaltens<br />

von Pharmaka in den jeweiligen Säulen. Bei den Böden und dem Kompost zeigte sich<br />

in den letzten beiden Probenahmen ein zunehmender Durchbruch einiger Wirkstoffe in das<br />

Sickerwasser. Eine weitere Sammel-Mischprobe wird dem IWW zur Analyse noch zugeschickt.<br />

Zudem soll eine definierte Menge des dotierten Reinsandes, der sich auf der Säule I befindet,<br />

mituntersucht werden, um Aufschlüsse darüber erhalten, welche Wirkstoffe in welcher<br />

Konzentration noch am Sand gebunden sind. Dies ist für eine Gesamtbilanzierung wichtig.<br />

Die Säulen werden von der BUW entsprechend dem hier dargestellten Regime weiterbetrieben.<br />

Ziel ist eine Laufzeit für die Säulen von einem Jahr. Die letzten Probenahmen zeigten ja, dass<br />

weiterhin interessante Ergebnisse zu erwarten sind. Seitens der BUW besteht die Bereitschaft<br />

die Säulen kostenneutral weiter zu betreiben, jedoch ist die Finanzierung der Pharmakaanalytik<br />

noch offen.<br />

Die Wirkmechanismen bezüglich des Verhaltens einzelner Stoffe in den Säulen kann derzeit<br />

nicht beschrieben werden. Dies war auch nicht Gegenstand dieser Sondierungsversuche. Die<br />

BUW möchte aufbauend auf die beschriebenen Untersuchungen in weiterer Forschungsarbeit<br />

Klärung hierzu schaffen.<br />

8 Literatur<br />

Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes<br />

Nordrhein-Westfalen (MUNLV NRW) 2004<br />

Abschlußbericht zum Forschungsvorhaben „Untersuchungen zum Eintrag und zur Elimination<br />

von gefährlichen Stoffen in kommunalen Kläranlagen“<br />

Bund/Länderausschuss für Chemikalien Sicherheit (BLAC) 2003<br />

Arzneimittel in der Umwelt – Auswertung der Untersuchungsergebnisse<br />

Bericht an die 61. Umweltministerkonferenz am 19./20. November 2003 in Hamburg<br />

Simons, J.; Goldbach, H.; Schirmer, G.; Thuir, H.; Clemens, J. (2003)<br />

Verwertungsmöglichkeiten separierter Nährstoffe in der Landwirtschaft<br />

Tagungsband zur Abschlusstagung des Projektes „Lambertsmühle – Zukunftsfähiges Abwassermanagement<br />

im ländlichen Raum“ am 15.05.03 in Burscheid<br />

Strompen, S.; Werres, F.; Balsaa, P.; Overath, H. (2003)<br />

Analytik polarer Arzneimittelrückstände in Urinproben einschließlich der Entwicklung der hierzu<br />

notwendigen adäquaten Verfahren mittels GC-MS/MS<br />

Tagungsband zur Abschlusstagung des Projektes „Lambertsmühle – Zukunftfähiges Abwassermanagement<br />

im ländlichen Raum“ am 15.05.03 in Burscheid<br />

Mersmann, P. (2003)<br />

Transport- und Sorptionsverhalten der Arzneimittel Carbamazepin, Clofibrinsäure, Diclofenac,<br />

Ibuprofen und Propyphenazon in der wassergesättigten und –ungesättigten Zone<br />

Dissertation am Institut für Angewandte Geowissenschaften der Technischen <strong>Universität</strong> Berlin<br />

102


Säulenversuche mit Urin<br />

9 Anlagen<br />

9.1 Frachtberechnungen der Glassäulen<br />

Zeitraum: 08.07.04 – 20.09.04<br />

Säule I<br />

Meckenheimer Boden<br />

Standardparameter<br />

Frachten Pges, CSB und Pharmaka/Metabolite Dotierung: 230 mg/(Pharmaka bzw. Metabolit)<br />

Datum Probe- pH-Wert Temp. Pges CSB Carbamazepin Clofibrinsäure Bezafibrat Fenoprofen<br />

Ende nahme<br />

Fracht Fracht Fracht kumul. Fracht kumul. Fracht kumul. Fracht kumul.<br />

PN MP<br />

[-] [°C] [µg] [mg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg]<br />

16.07.04 MP 1 0,10 127,28 7,70 7,70 5,33 5,33 6,51 6,51 < BG < BG<br />

02.08.04 MP 2 0,02 63,37 < BG 7,70 0,28 5,60 < BG 6,51 < BG < BG<br />

10.08.04 MP 3 7,57 12,0 0,07 31,59 11,10 18,79 29,78 35,39 10,51 17,02 3,15 3,15<br />

24.08.04 MP 5 8,21 11,8 0,02 16,39 0,03 18,83 224,94 260,33 0,02 17,05 < BG 3,15<br />

07.09.04 MP 7 8,18 17,9 0,07 43,27 < BG 18,83 1887,60 2147,93 < BG 17,05 < BG 3,15<br />

20.09.04 MP 9 8,02 11,7 0,12 30,00 < BG 18,83 5968,20 8116,13 15,75 32,80 < BG 3,15<br />

Datum Probe- Diclofenac<br />

Ibuprofen<br />

Tetracyclin<br />

Sulfadiazin Sulfamethazin Sulfamethoxazol<br />

Ende nahme Fracht kumul. Fracht kumul. Fracht kumul. Fracht kumul. Fracht kumul. Fracht kumul.<br />

PN MP<br />

[µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg]<br />

16.07.04 MP 1 1,18 1,18 1,78 1,78 < BG < BG < BG < BG < BG < BG < BG < BG<br />

02.08.04 MP 2 0,01 1,19 0,06 1,84 < BG < BG < BG < BG < BG < BG < BG < BG<br />

10.08.04 MP 3 7,01 8,20 9,46 11,30 < BG < BG 1,11 1,11 1,34 1,34 1,52 1,52<br />

24.08.04 MP 5 < BG 8,20 0,24 11,54 < BG < BG < BG 1,11 < BG 1,34 < BG 1,52<br />

07.09.04 MP 7 < BG 8,20 < BG 11,54 < BG < BG < BG 1,11 < BG 1,34 < BG 1,52<br />

20.09.04 MP 9 < BG 8,20 2,53 14,07 < BG < BG < BG 1,11 1,60 2,95 < BG 1,52<br />

PN = Probenahme MP = Mischprobe < BG = kleiner Bestimmungsgrenze kumul. = kumuliert<br />

Säule II<br />

Uedorfer Boden<br />

Standardparameter<br />

Frachten Pges, CSB und Pharmaka/Metabolite Dotierung: 230 mg/(Pharmaka bzw. Metabolit)<br />

Datum Probe- pH-Wert Temp. Pges CSB Carbamazepin Clofibrinsäure Bezafibrat Fenoprofen<br />

Ende nahme<br />

Fracht Fracht Fracht kumul. Fracht kumul. Fracht kumul. Fracht kumul.<br />

PN MP<br />

[-] [°C] [µg] [mg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg]<br />

16.07.04 MP 1 < BG < BG 5179,40 5179,40 3,31 3,31 < BG < BG<br />

10.08.04 MP 3 7,57 12,0 288,90 89,56 < BG < BG 1669,20 6848,60 < BG 3,31 < BG < BG<br />

24.08.04 MP 5 7,8 11,0 200,96 60,60 < BG < BG 3925,00 10773,60 3,20 6,51 < BG < BG<br />

07.09.04 MP 7 8,12 16,8 158,08 71,14 < BG < BG 5366,40 16140,00 < BG 6,51 < BG < BG<br />

20.09.04 MP 9 7,99 13,2 87,60 65,41 < BG < BG 11767,60 27907,60 19,04 25,55 < BG < BG<br />

Datum Probe- Diclofenac Ibuprofen<br />

Tetracyclin Sulfadiazin Sulfamethazin Sulfamethoxazol<br />

Ende nahme Fracht kumul. Fracht kumul. Fracht kumul. Fracht kumul. Fracht kumul. Fracht kumul.<br />

PN MP<br />

[µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg]<br />

16.07.04 MP 1 < BG < BG 25,35 25,35 < BG < BG < BG < BG 4,41 4,41 < BG < BG<br />

10.08.04 MP 3 < BG < BG < BG 25,35 < BG < BG < BG < BG < BG 4,41 < BG < BG<br />

24.08.04 MP 5 < BG < BG 2,10 27,45 < BG < BG < BG < BG < BG 4,41 < BG < BG<br />

07.09.04 MP 7 < BG < BG < BG 27,45 < BG < BG < BG < BG < BG 4,41 < BG < BG<br />

20.09.04 MP 9 < BG < BG < BG 27,45 < BG < BG < BG < BG < BG 4,41 < BG < BG<br />

PN = Probenahme MP = Mischprobe < BG = kleiner Bestimmungsgrenze kumul. = kumuliert<br />

103


Säulenversuche mit Urin<br />

Säule III<br />

Quarzsand<br />

Standardparameter<br />

Frachten Pges, CSB und Pharmaka/Metabolite Dotierung: 230 mg/(Pharmaka bzw. Metabolit)<br />

Datum Probe- pH-Wert Temp. Pges CSB Carbamazepin Clofibrinsäure Bezafibrat Fenoprofen<br />

Ende nahme<br />

Fracht Fracht Fracht kumul. Fracht kumul. Fracht kumul. Fracht kumul.<br />

PN MP<br />

[-] [°C] [mg] [mg] [mg] [mg] [mg] [mg] [mg] [mg] [mg] [mg]<br />

16.07.04 MP 1 9,58 9,58 109,21 109,21 63,23 63,23 36,40 36,40<br />

02.08.04 MP 2 8,44 15,3 10,71 597,54 6,41 15,99 10,91 120,12 11,10 74,33 10,38 46,78<br />

10.08.04 MP 3 7,82 11,3 12,52 402,38 8,73 24,72 8,08 128,20 9,86 84,19 24,32 71,10<br />

24.08.04 MP 5 7,63 8,8 6,66 243,02 0,73 25,45 0,61 128,81 0,73 84,92 0,61 71,71<br />

30.08.04 MP 6 6,98 12,7 0,26 18,51 PV gering PV gering PV gering PV gering PV gering PV gering PV gering PV gering<br />

07.09.04 MP 7 7,82 14,2 3,77 178,34 12,65 38,10 3,92 132,73 4,81 89,73 5,33 77,04<br />

13.09.04 MP 8 0,32 27,30 k. P. k. P. k. P. k. P. k. P. k. P. k. P. k. P.<br />

20.09.04 MP 9 8,04 6,2 3,46 143,62 2,33 40,43 4,13 136,86 3,88 93,61 3,60 80,64<br />

Datum Probe- Diclofenac Ibuprofen<br />

Tetracyclin Sulfadiazin Sulfamethazin Sulfamethoxazol<br />

Ende nahme Fracht kumul. Fracht kumul. Fracht kumul. Fracht kumul. Fracht kumul. Fracht kumul.<br />

PN MP<br />

[mg] [mg] [mg] [mg] [mg] [mg] [mg] [mg] [mg] [mg] [mg] [mg]<br />

16.07.04 MP 1 9,58 9,58 38,32 38,32 < BG < BG < BG < BG < BG < BG < BG < BG<br />

02.08.04 MP 2 4,30 13,88 9,98 48,30 < BG < BG < BG < BG < BG < BG < BG < BG<br />

10.08.04 MP 3 2,34 16,22 5,58 53,88 < BG < BG < BG < BG < BG < BG < BG < BG<br />

24.08.04 MP 5 0,15 16,37 0,66 54,54 0,00 0,003 < BG < BG < BG < BG < BG < BG<br />

30.08.04 MP 6 PV gering PV gering PV gering PV gering PV gering PV gering PV gering PV gering PV gering PV gering PV gering PV gering<br />

07.09.04 MP 7 1,33 17,70 3,55 58,09 < BG 0,003 < BG < BG < BG < BG < BG < BG<br />

13.09.04 MP 8 PV gering PV gering PV gering PV gering PV gering PV gering PV gering PV gering PV gering PV gering PV gering PV gering<br />

20.09.04 MP 9 14,38 32,08 5,88 63,96 < BG 0,003 < BG < BG 0,78 0,78 < BG < BG<br />

PN = Probenahme MP = Mischprobe < BG = kleiner Bestimmungsgrenze kumul. = kumuliert k. P. = keine Probe PV = Probevolumen<br />

Säule IV<br />

Aktivkohle<br />

Standardparameter<br />

Frachten Pges, CSB und Pharmaka/Metabolite Dotierung: 230 mg/(Pharmaka bzw. Metabolit)<br />

Datum Probe- pH-Wert Temp. Pges CSB Carbamazepin Clofibrinsäure Bezafibrat Fenoprofen<br />

Ende nahme<br />

Fracht Fracht Fracht kumul. Fracht kumul. Fracht kumul. Fracht kumul.<br />

PN MP<br />

[-] [°C] [µg] [mg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg]<br />

16.07.04 MP 1 1,42 1,42 18,25 18,25 4,06 4,06 < BG < BG<br />

02.08.04 MP 2 8,35 21,9 3,30 27,30 0,14 1,56 0,76 19,02 1,17 5,23 2,18 2,18<br />

10.08.04 MP 3 8,92 12,8 2,94 32,31 0,38 1,94 1,50 20,51 1,27 6,50 3,51 5,70<br />

24.08.04 MP 5 8,57 10,0 1,89 5,78 0,15 2,08 0,38 20,90 0,31 6,81 0,66 6,35<br />

07.09.04 MP 7 8,49 16,3 3,17 10,28 < BG 2,08 0,96 21,85 < BG 6,81 < BG 6,35<br />

14.09.04 MP 8 0,12 0,30 PV gering PV gering PV gering PV gering PV gering PV gering PV gering PV gering<br />

20.09.04 MP 9 8,98 9,2 2,82 13,52 2,55 4,64 < BG 21,85 0,34 7,15 1,42 7,77<br />

Datum Probe- Diclofenac Ibuprofen<br />

Tetracyclin Sulfadiazin Sulfamethazin Sulfamethoxazol<br />

Ende nahme Fracht kumul. Fracht kumul. Fracht kumul. Fracht kumul. Fracht kumul. Fracht kumul.<br />

PN MP<br />

[µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg]<br />

16.07.04 MP 1 8,11 8,11 < BG < BG < BG < BG < BG < BG < BG < BG < BG < BG<br />

02.08.04 MP 2 0,90 9,01 1,72 1,72 0,22 0,22 < BG < BG < BG < BG < BG < BG<br />

10.08.04 MP 3 1,79 10,80 1,90 3,62 0,46 0,68 < BG < BG < BG < BG < BG < BG<br />

24.08.04 MP 5 1,75 12,56 0,67 4,29 < BG 0,68 < BG < BG < BG < BG < BG < BG<br />

07.09.04 MP 7 < BG 12,56 < BG 4,29 < BG 0,68 < BG 0,00 < BG 0,00 < BG 0,00<br />

14.09.04 MP 8 PV gering PV gering PV gering PV gering PV gering PV gering PV gering PV gering PV gering PV gering PV gering PV gering<br />

20.09.04 MP 9 1,07 13,63 1,90 6,19 < BG 0,68 0,34 0,34 < BG 0,00 < BG 0,00<br />

PN = Probenahme MP = Mischprobe < BG = kleiner Bestimmungsgrenze kumul. = kumuliert PV = Probevolumen<br />

104


Säulenversuche mit Urin<br />

Säule V<br />

Kompost<br />

Standardparameter<br />

Frachten Pges, CSB und Pharmaka/Metabolite Dotierung: 230 mg/(Pharmaka bzw. Metabolit)<br />

Datum Probe- pH-Wert Temp. Pges CSB Carbamazepin Clofibrinsäure Bezafibrat Fenoprofen<br />

Ende nahme<br />

Fracht Fracht Fracht kumul. Fracht kumul. Fracht kumul. Fracht kumul.<br />

PN MP<br />

[-] [°C] [µg] [mg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg]<br />

16.07.04 MP 1 2,48 2,48 < BG < BG 33,49 33,49 < BG < BG<br />

02.08.04 MP 2 7,19 19,2 35,85 506,74 < BG 2,48 < BG < BG 0,03 33,52 < BG < BG<br />

10.08.04 MP 3 7,83 13,7 22,83 413,98 < BG 2,48 1,52 1,52 0,30 33,83 < BG < BG<br />

24.08.04 MP 5 8,38 11,0 11,32 258,18 < BG 2,48 1,44 2,96 0,09 33,92 < BG < BG<br />

07.09.04 MP 7 8,32 16,4 10,21 206,95 < BG 2,48 25,00 27,97 < BG 33,92 < BG < BG<br />

20.09.04 MP 9 8,63 9,4 6,44 124,80 3,44 3,44 104,00 131,97 3,91 37,83 4,68 4,68<br />

Datum Probe- Diclofenac Ibuprofen<br />

Tetracyclin Sulfadiazin Sulfamethazin Sulfamethoxazol<br />

Ende nahme Fracht kumul. Fracht kumul. Fracht kumul. Fracht kumul. Fracht kumul. Fracht kumul.<br />

PN MP<br />

[µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg] [µg]<br />

16.07.04 MP 1 65,52 65,52 < BG < BG < BG < BG < BG < BG < BG < BG < BG < BG<br />

02.08.04 MP 2 5,96 71,48 < BG < BG < BG < BG < BG < BG < BG < BG < BG < BG<br />

10.08.04 MP 3 0,08 71,56 < BG < BG < BG < BG < BG < BG < BG < BG < BG < BG<br />

24.08.04 MP 5 2,26 73,82 1,12 1,12 < BG < BG < BG < BG < BG < BG < BG < BG<br />

07.09.04 MP 7 < BG 73,82 < BG 1,12 < BG < BG < BG < BG < BG < BG < BG < BG<br />

20.09.04 MP 9 11,20 85,02 14,88 16,00 < BG < BG < BG < BG 71,36 71,36 < BG < BG<br />

PN = Probenahme MP = Mischprobe < BG = kleiner Bestimmungsgrenze kumul. = kumuliert<br />

105


Keimtest mit Urin<br />

Urin-/Pharmaka-Keimtest<br />

Jürgen Simons, Joachim Clemens<br />

Institut für <strong>Pflanzenernährung</strong> , <strong>Universität</strong> <strong>Bonn</strong> Karlrobert-Kreiten-Str. 13 , 53115 <strong>Bonn</strong><br />

Andrea Butzen, Dr. Friedrich Werres, Dr. Peter Balsaa<br />

IWW Rheinisch-Westfälisches Institut für Wasserforschung gemeinnützige GmbH<br />

Institut an der <strong>Universität</strong> Duisburg-Essen, Moritzstraße 26, 45476 Mülheim an der Ruhr<br />

1 Einleitung<br />

Ein Keimtest mit Pharmaka versetztem Urin zu Weidelgras sollte zeigen, welchen Einfluss<br />

Pharmaka auf das Keimverhalten ausüben können. Die im Gewächshaus des IPE durchgeführten<br />

Pflanzenversuche zum mikrobiellen Abbau von im Urin vorkommenden Medikamenten<br />

im Boden und den Transfer in Pflanzen hatten gezeigt, dass es zu starkem Keimverlust und<br />

Wachstumsdepressionen kommen kann. Es wurde vermutet, dass dies auf Tetracyclin und/oder<br />

Clofibrinsäure zurückzuführen ist. Clofibrinsäure wird als anti-Auxin eingestuft und hat<br />

strukturelle Ähnlichkeit mit dem Herbizid Mecoprop, so dass es zu Wachstumsdepressionen<br />

gekommen sein könnte. Aufgrund dessen wurde ein zusätzlicher Versuch zum Keimverhalten<br />

von Weidelgras in verschiedenen Pharmakakonzentrationen durchgeführt. Es wurden zwei<br />

Versuchsansätze ausgewählt (siehe Tabelle 1). Der 1. Versuch sollte zeigen, ab welcher Urinkonzentration<br />

es zu Keim- und Wachstumsschäden kommt. Weiterhin sollte ermittelt werden,<br />

ob der klassische Kressekeimtest mit Weidelgras vergleichbar ist. Versuch 1 wurde in 500 ml<br />

Glasschalen, Versuch 2 in 400 ml Honiggläsern durchgeführt. Als Trägermaterial für die Samen<br />

dienten Wattepads. Nach der Aussaat wurde das Urin-Wassergemisch bzw. Urin-Wasser-<br />

Pharmakagemisch appliziert. Der dabei verwendete Urin stammte von der Lambertsmühle. Die<br />

Versuchsdauer betrug jeweils 10 Tage. Fehlendes Wasser wurde täglich durch destilliertes<br />

Wasser aufgefüllt. Die applizierten Pharmaka sowie deren Konzentrationen im Urin Lambertsmühle<br />

sind in Tabelle 2 dargestellt.<br />

Tab. 1: Darstellung der Versuchsansätze zum Urin-/Pharmaka-Keimtest<br />

Ziel<br />

Kulturen Mischungsverhältnis Pharmakas Konzentrationen Wiederholungen<br />

Urin/Wasser [ml] [µg/l]<br />

Versuch 1 Ermittlung der Urinmenge 0/40<br />

für Keimtest und Vergleich Kresse 10/30 0 0 4<br />

des Keimverhalten von Weidelgras 20/20<br />

Kresse und Weidelgras 40/0<br />

Versuch 2 Ermittlung des Keimverhal- Tetracyclin 0; 10<br />

ten von Weidelgras bei un- Weidelgras 10/30 Clofibrinsäure 100 4<br />

terschiedlichen Pharmaka- Multikompo- 1000<br />

Konzentrationen nenetenlösung 10000<br />

106


Keimtest mit Urin<br />

Tab. 2: Applizierte Pharmakas im Keimtest und deren Wirkstoffkonzentrationen im Urin Lambertsmühle<br />

in µg*l -1 ; BG: Bestimmungsgrenze, (Butzen, 2004)<br />

2 Ergebnisse Keimtest<br />

Wirkstoff<br />

Konzentration<br />

undotierter Urin<br />

BG<br />

[µg/l]<br />

[µg/l]<br />

Tetracyclin < BG 10<br />

Sulfadiazin < BG 10<br />

Sulfamethazin < BG 5<br />

Sulfamethoxazol < BG 8<br />

Carbamazepin < BG 1<br />

Clofibrinsäure < BG 2<br />

Bezafibrat 24 5<br />

Fenoprofen < BG 5<br />

Diclofenac 13 1<br />

Ibuprofen 121 5<br />

Bei Versuch 1 zeigte sich, dass bei einer Konzentration von 20 ml Urin/20 ml H2O es zu einem<br />

Keimverzug kommt. Dies war besonders deutlich bei der 40 ml Urin/0 ml H2O Variante. Die<br />

Keimlinge wuchsen nur sehr kümmerlich und gingen schließlich ein. Das Keimverhalten von<br />

Kresse und Weidelgras entsprachen einander, so dass für Versuch 2 Urin in einem Mischungsverhältnis<br />

von 10 ml Urin/30 ml H2O zu Weidelgras verwendet wurde. In Abbildung 1 sind<br />

Ergebnisse zum Einfluss ausgewählter Pharmaka auf das Keimverhalten von Weidelgras<br />

dargestellt.<br />

Abb. 1: Ergebnisse zum Einfluss ausgewählter Pharmaka auf das Keimverhalten von Weidelgras; 4:<br />

Kontrolle (aq. dest); 6: Uringemisch (U); 22: U+Multikomponentenlösung (M) 100 µg;<br />

36: U+M 1000 µg; 45: U+M 10.000 µg<br />

107


Keimtest mit Urin<br />

In Einzellösung zeigten Tetracyclin und Clofibrinsäure bis zu 10.000 µg*l -1 Wirksubstanz<br />

keinen Einfluss auf das Keimverhalten von Weidelgras. Sowohl in der Keimung als auch beim<br />

Aufwuchs konnten keine Unterschiede zur Kontrolle festgestellt werden. Dies galt jedoch nicht<br />

für die Mehrkomponentenlösung. Bei einer Konzentration von 1000 µg*l -1 traten leichter Keimverzug<br />

und verkümmertes Wachstum der Pflanzen auf. Bei einer Konzentration von 10.000<br />

µg*l -1 konnten nur vereinzelt Samen keimen. Dies entspricht einer mehr als 10.000fach höheren<br />

Konzentration für Carbamazepin oder Diclofenac, dessen Konzentrationen in undotiertem Urin<br />

Lambertsmühle unter 1 µg*l -1 lagen. Ein mit Pharmakas zudotierter Urin Lambertsmühle zeigte<br />

also in einer je nach Wirkstoff 2-200fach höheren Konzentration (+100 µg*l -1 ), keinen Einfluss<br />

auf das Keim- und Wachstumsverhalten von Weidelgras.<br />

3 Risikobewertung<br />

Eine Keim- und Wuchshemmung konnte erst bei sehr hohen Mengen an Pharmaka beob-achtet<br />

werden. Unter der Annahme, dass landwirtschaftliche Flächen mit unbehandeltem Urin (mit<br />

einer angenommenen mittleren Wirkstoffkonzentration von 10µg*l -1 ) einmal pro Jahr gedüngt<br />

werden (80 kg N*ha -1 ; 1,6 g*l -1 ) und die Wirkstoffe jährlich zu 5 bzw. 10% abgebaut werden,<br />

erhöht sich die Wirkstoffmenge im Boden um den Faktor 10 bzw. 5 innerhalb von etwa 60 bzw.<br />

30 Jahren. Hierbei gelangen jährlich ca. 0,5 g Wirkstoff in die Bodenkrume. Durch die regelmäßige<br />

Bodenbearbeitung insbesondere auf Ackerflächen werden die Wirkstoffe innerhalb der<br />

ersten 30 cm des Bodens verteilt und verdünnt. Bei dem o.g. Szenario entspricht dies einem<br />

jährlichen Eintrag von 0,11 µg/kg Boden. Bezogen auf den Ap-Horizont von 30 cm würden die<br />

Wirkstoffe –unter der Annahme, dass kein leeching erfolgt- eine maximale Konzentration von<br />

1,1 µg/kg bzw. 0,55 µg/kg Boden erreichen.<br />

Wirkstoff (g ha -1 )<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

0 50 100 150<br />

Jahre<br />

5%<br />

10%<br />

Abbildung 11: Akkumulation von Pharmakas im Boden bei jährlicher Urinapplikation und einer<br />

Abbaurate von 5 bzw. 10 % (angenommene Pharmakakonzentration: 10 µg*l -1 ;<br />

Urinapplikation: 50 m 3 *ha -1<br />

108


Keimtest mit Urin<br />

4 Zusammenfassung<br />

Weidelgras und Kresse zeigen bei Urinapplikation ein entsprechendes Keimverhalten.<br />

Die in der Mehrkomponentenlösung applizierten Pharmaka zeigten ab einer Konzentration von<br />

1000 µg*l -1 Wirksubstanz einen deutlich hemmenden Effekt auf das Keimverhalten von Weidelgras.<br />

Für Tetracyclin und Clorfibrinsäure konnte keine Einzelwirkung festgestellt werden.<br />

5 Literatur<br />

Butzen, A.: Ergebnisse zum Projektgruppentreffen vom 28.05.2004 des Rheinisch-<br />

Westfälischen Institut für Wasserforschung.<br />

109


Biologische Behandlung der Fäkalien<br />

Biologische Behandlung der Fäkalien<br />

Jürgen Simons *) , Joachim Clemens *) , Jan-Mauriz Kaub **)<br />

*) Institut für <strong>Pflanzenernährung</strong>, <strong>Universität</strong> <strong>Bonn</strong> Karlrobert-Kreiten-Str. 13, 53115 <strong>Bonn</strong><br />

**) Professur Siedlungswasserwirtschaft, Bauhaus-<strong>Universität</strong> Weimar, D-99421 Weimar<br />

1 Einleitung<br />

Die Fäkalien im Rottesack müssen einer weiteren Behandlung zugeführt werden. Prinzipiell<br />

können diese mit aeroben und anaeroben Verfahren behandelt werden. Während an der<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Bonn</strong> aerobe Verfahren untersucht wurden, erfolgten an der <strong>Universität</strong> Weimar<br />

Versuche zur anaeroben Behandlung.<br />

2 Aerobe Verfahren<br />

Der Verbleib und die Verwertung der Fäkalien aus der Filtersackanlage der Lambertsmühle<br />

waren bislang ungeklärt. In konventionellen Dauervererdungsversuchen und Vermikulturversuchen<br />

(Zusatz von Wurmkulturen) wurde der dabei entstandene Kompost auf Nährstoff-<br />

und Keimgehalt untersucht. Ziel der Untersuchungen war die Herstellung eines hygienisch<br />

unbedenklichen Komposts.<br />

2.1 Langzeitrotte<br />

2.1.1 Material und Methoden<br />

In zwei zu unterschiedlichen Zeitpunkten angelegten Dauervererdungsversuchen wurde der<br />

Inhalt der Rottesäcke mit einem Kompost-Erdgemisch versetzt und in handelsüblichen Kompostierungsbehältern<br />

vererdet. Das Substrat wurde schaufelweise in mehreren Schichten<br />

hinzugegeben. Die Versuchsansätze sind in Tabelle 1 dargestellt.<br />

Tab. 1: Versuchsparameter des Langzeitrotteversuches<br />

Anlegedatum<br />

Mischungsverhältnis<br />

Kompost/Fäkalien<br />

Versuch 1 Versuch 2<br />

Behälter 1 Behälter 2 Behälter 3 Behälter 4<br />

25.04.2002 28.02.2003<br />

1:1 5:3 1:1 5:3<br />

Schichten 3 7 6 6<br />

Probenahmen<br />

3<br />

untersuchte Parameter N, P, K, Keimgehalt<br />

Die Probenahmen zur Feststellung des Keimgehaltes und Nährstoffgehaltes erfolgte mit einem<br />

PVC Rohr an verschiedenen Stellen des Kompostbehälters. Die Proben wurden am gleichen<br />

Tag zur Untersuchung des Keimgehaltes an das Institut für öffentliche Hygiene weitergegeben.<br />

Ein Teil der Probe verblieb zur Bestimmung der Nährstoffgehalte am Institut für <strong>Pflanzenernährung</strong>.<br />

Dazu wurden die Proben bei 105°C über 24 Stunden getrocknet und der Wassergehalt<br />

des Kompostes bestimmt. An einer Schwingscheibenmühle erfolgte die Zermahlung der getrockneten<br />

Proben. Der Stickstoffgehalt der Proben wurde durch einen Kjeldahlaufschluss an<br />

einem Gerhardt Vapodest Kjeldahlgerät durchgeführt. Die Phosphor- und Kaliumgehalte sowie<br />

110


Biologische Behandlung der Fäkalien<br />

die Schwermetallgehalte wurden durch einen Druck- und Königswasseraufschluss flammenphotometrisch<br />

an einem Atom-Adsorbtions-Spektrometer bestimmt. Ein abschließender<br />

Kressetest mit gesiebtem Kompost der letzten Probenahme gab Aufschluss über die Güte des<br />

Kompostmaterials. Hierzu wurden 400g Frischkompost der verschiedenen Varianten mit einer<br />

Kontrollvariante (Einheitskomposterde) verglichen und das Keimverhalten und Wachstum über<br />

einen Zeitraum von 10 Tagen dokumentiert.<br />

2.1.2 Ergebnisse<br />

Im Gegensatz zur Kompostierung von Bioabfällen in großen Mieten handelte es sich bei der<br />

Behandlung der Fäkalien eher um eine Vererdung. In den Rottecontainern überstieg die<br />

Temperatur zu keinem Zeitpunkt die Außentemperatur um mehr als 4 °C.<br />

Die Nährstoffgehalte der Komposte sind in Abbildung 1 dargestellt. Über den Probenahmezeitraum<br />

war der Stickstoffgehalt des Kompostes nahezu konstant. Die in 2002 angelegten<br />

Versuche zeigten eine leichte N-Anreicherung von 0,8-1,0 %, wogegen die in 2003 angelegten<br />

Versuche über den Untersuchungszeitraum einen N-Gehalt von 1,7-1,8 % aufwiesen. Im<br />

zweiten Ansatz könnte eventuell der Stickstoffeintrag mit dem zur Mischung der Fäkalien<br />

verwendete Kompost höher gewesen sein. Eklind & Kirchmann (2000) fanden bei der<br />

Kompostierung von Fäkalien Stickstoffverluste zwischen 10-50 %. Ein zusätzlicher Austrag<br />

könnte über den längeren Kompostierungszeitraum des in 2002 angelegten Versuch<br />

stattgefunden haben. Die Phosphorgehalte lagen zwischen 0,2–0,3 %, die Kaliumgehalte<br />

zwischen 0,2-0,4 %. Hier konnte keine Regelmäßigkeit im Laufe der Rotte festgestellt werden.<br />

Unterschiedlich hohe Gehalte können sich hier aus Proben- und Analyseschwankungen<br />

ergeben haben. Bei Phosphor und Kalium kann von einer hohen Pflanzenverfügbarkeit dieser<br />

Nährstoffe ausgegangen werden (Jönsson, et al., 2004).<br />

Nährstoffgehalte [%]<br />

2<br />

1,8<br />

1,6<br />

1,4<br />

1,2<br />

1<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0<br />

Nges<br />

Versuch<br />

2002<br />

Nges<br />

Versuch<br />

2003<br />

Pges<br />

Versuch<br />

2002<br />

Pges<br />

Versuch<br />

2003<br />

Abb. 1: Nährstoffgehalte der gesammelten Kompostproben<br />

Kges<br />

Versuch<br />

2002<br />

Kges<br />

Versuch<br />

2003<br />

Probe Okt.`03<br />

Probe März`04<br />

Probe Juli`04<br />

In Abbildung 2 ist das Keimverhalten der Kresse nach 5 Tagen dargestellt. Der in 2002<br />

angelegte Versuch 1 unterschied sich in Keimung und Aufwuchs nicht gegenüber der<br />

Kontrollvariante. Sowohl Behälter 3 als auch Behälter 4 des in 2003 angelegten Versuches 2<br />

zeigten einen geringeren Aufwuchs.<br />

111


Biologische Behandlung der Fäkalien<br />

Kontrolle Versuch 1 Versuch 2<br />

Abb. 2: Kressetest zur Bestimmung der Kompostgüte<br />

Nach 10 Tagen konnte kein Unterschied im Aufwuchs zur Kontrolle festgestellt werden.<br />

Allerdings bildete die Kontrollvariante ein dichteres Wurzelsystem aus und in Versuch 2 wurden<br />

keimfähige Tomatensamen gefunden. Eine Übersicht der Ergebnisse des Kressetestes der<br />

Langzeitrotte zeigt Tabelle 2.<br />

Die Auswertung der Keimbelastung des Kompostes wurde am Institut für öffentliche Hygiene<br />

vorgenommen.<br />

Tab. 2: Darstellung der Ergebnisse des Kressetestes der Langzeitrotte verglichen mit einer Einheitserde.<br />

Keimung Aufwuchs Wurzelwachstum keimfähige Tomatennach<br />

5 Tagen nach 10 Tagen nach 10 Tagen samen nach 10 Tagen<br />

Einheitserde + + + nein<br />

Versuch 2002 + + - nein<br />

Versuch 2003 - + - ja<br />

2.2 Wurmkompostierung<br />

Eine weitere Möglichkeit zur Kompostierung der Fäkalien ist die Wurmkompostierung. Bei der<br />

Wurmkompostierung, bei der die Substrattemperatur nicht über 40 °C ansteigt, kann das Ausgangssubstrat<br />

im Laufe der Rotte auf bis zu 15 % reduziert werden. Zudem beschleunigt die<br />

Wurmkompostierung die Rotte und verbessert die Qualität des Kompostes (Graff, 1984).<br />

2.2.1 Material und Methoden<br />

Durch Zusatz unterschiedlicher Wurmkulturen, sollte die Herstellung eines hygienisch unbedenklichen<br />

Kompostes aus Fäkalien der Filtersackanlage erprobt werden. Dazu wurden die<br />

Wurmarten Eisenia fetida und Eisenia hortensis ausgewählt. Eisenia fetida ist auch unter dem<br />

Namen Kompostwurm bekannt und zählt zu den heimischen Wurmarten, von denen es 39<br />

verschiedene in Deutschland gibt. Das durchschnittliche Gewicht dieses Wurmes beträgt etwa<br />

112


Biologische Behandlung der Fäkalien<br />

330 mg bei einer Länge von 3-10 cm. Ohne ausreichende Mengen organischen Materials<br />

kann er nicht überleben und ist deshalb nur in Mist- und Komposthaufen und nicht im normalen<br />

Garten- oder Ackerboden anzutreffen. Weitere Bezeichnungen für diesen Wurm sind<br />

Tennessee Wiggler, Gelbschwanz oder Tigerwurm (Graff, 1984). Der Wurm Eisenia hortensis<br />

(früher Dendrobaena veneta) wird auch als Riesenrotwurm oder European Nightcrawler<br />

bezeichnet. Mit einem Gewicht von 0,7 –1,6 g und einer Länge von 5-16 cm ist er größer und<br />

schwerer als der Kompostwurm. Die Kompostierungsversuche wurden in handelsüblichen<br />

sogenannten „Oscartonnen“ durchgeführt. Um eine für die Würmer ausreichende Durchlüftung<br />

des Kompostmaterials zu gewährleisten, wurden die Behälter im Abstand von ca. 3 cm mit<br />

einem Bohrer von 2 mm Durchmesser durchbohrt. Jeder Wurmbehälter enthielt 9 kg eines<br />

Kompost- Fäkaliengemisches. Die Würmer wurden gezählt und gewogen und anschließend<br />

dem Kompost beigegeben. Ein detaillierter Versuchsaufbau ist in Tabelle 3 dargestellt.<br />

Tab. 3: Versuchsparameter des Vermikompostierungsversuches<br />

Eisenia fetida Eisenia hortensis<br />

Wurmmasse [g] 150 230<br />

Anzahl Würmer 450 200<br />

Versuchsdauer<br />

Wiederholungen<br />

Substratmenge [kg]<br />

Mischungsverhältnis<br />

Kompost/Fäkalien<br />

7 Wochen<br />

4<br />

9<br />

Probenahmen 4<br />

untersuchte Parameter<br />

N, P, K, Ni, Cu, Cd, Zn, Pb,<br />

Keimgehalt<br />

Die Wurmbehälter wurden bei einer Raumtemperatur von 20-25°C geschlossen gelagert. Für<br />

konstante Versuchsbedingungen wurde der Wassergehalt des Wurmkompostes auf 60 % eingestellt<br />

und regelmäßig kontrolliert. Es erfolgten 4 Probenahmen. Die erste Probenahme erfolgte<br />

zu Beginn und die vierte Probenahme zum Ende des Versuches. Dabei wurden sowohl<br />

Kompostproben als auch Wurmproben zur Bestimmung des Nährstoff- und Keimgehaltes entnommen.<br />

Bei der 2. und 3. Probenahme wurden jeweils nur Kompostproben entnommen. Die<br />

Bestimmung des Keimgehaltes erfolgte am Institut für öffentliche Hygiene der <strong>Universität</strong> <strong>Bonn</strong>.<br />

Der restliche Teil der Proben wurde wie bereits in der Langzeitrotte beschrieben behandelt und<br />

analysiert.<br />

1:1<br />

113


Biologische Behandlung der Fäkalien<br />

2.2.2 Ergebnisse<br />

Das mit Würmern versetzte Gemisch aus Kompost und Fäkalien wurde innerhalb der 7 Wochen<br />

gut umgesetzt. In Abbildung 3 rechts ist die Umsetzung von Fäkalien durch Eisenia hortensis<br />

ohne zusätzlichen Kompostzusatz nach 8 Wochen dargestellt. Innerhalb dieser Zeit konnte aus<br />

den Fäkalien eine Komposterde hergestellt werden. Buest et al. (2004) erzielte vergleichbar<br />

gute Resultate mit Eisenia fetida zur Umsetzung von Fäkalien.<br />

Kontrolle Wurmkompost<br />

Abb. 3: Wurzelwachstum der Kresse im Vergleich zur Kontrolle und Wurmkompost (links);<br />

Umsetzung der Fäkalien durch Eisenia hortensis nach 8 Wochen (rechts);<br />

oben :umgesetztes Substrat; unten: Frischsubstrat aus der Filtersackanlage<br />

Eine zusätzliche Vermischung der Fäkalien mit Kompostmaterial ist für die Wurmkompostierung<br />

nicht erforderlich. Dies zeigte sich insbesondere an einen an der Lambertsmühle auf<br />

bewachsenen Boden gelagerten Rottesack. Hier hatten sich innerhalb von drei Monaten eine<br />

Vielzahl an Würmern in den Fäkalien vermehrt und begonnen, das Substrat umzusetzen. Der<br />

Kressetest des mit Würmern behandelten Kompostes zeigte nach 5 Tagen keinen Unterschied<br />

im Keimverhalten gegenüber der Kontrollvariante aus Einheitserde. Auch die nicht mit Würmern<br />

versetzte unbehandelte Variante zeigte keinen Unterschied. Nach 10 Tagen war jedoch der<br />

unbehandelte Kompost gegenüber den anderen Varianten im Aufwuchs geringer und erhielt<br />

eine leichte Gelbfärbung. Die Kontrollvariante bildete wie im Kressetest der Langzeitrotte ein<br />

dichteres Wurzelsystem aus. Im Aufwuchs waren jedoch keine Unterschiede sichtbar. Eine<br />

Übersicht der Ergebnisse des Kressetestes der Wurmkomposte zeigt Tabelle 4.<br />

Tab. 4: Darstellung der Ergebnisse des Kressetestes der Wurmkomposte verglichen<br />

mit einer Einheitserde.<br />

Keimung Aufwuchs Wurzelwachstum keimfähige Tomatennach<br />

5 Tagen nach 10 Tagen nach 10 Tagen samen nach 10 Tagen<br />

Einheitserde + + + nein<br />

Kontrolle (unbeh.) + - - nein<br />

Eisenia fetida + + - nein<br />

Eisenia hortensis + + - nein<br />

114


Biologische Behandlung der Fäkalien<br />

Die Wiederfindungsrate der Würmer bei Versuchende variierte stark. Die Ergebnisse der<br />

Auszählung und der Gewichte der Würmer ist in Tabelle 5 dargestellt. Die Wurmmasse von<br />

Eisenia fetida hatte sich innerhalb 7 Wochen um nahezu 70 % von 150 g auf ca. 50 g reduziert.<br />

Die Anzahl der Würmer hingegen reduzierte sich nur um 10-30 %. Bei Eisenia hortensis nahm<br />

die Wurmmasse bis zu 13 % ab, bzw. erhöhte sich um bis zu 64 %. Die Anzahl der Würmer<br />

reduzierte sich jedoch um 17-48 %. Vergleicht man die Masse und Anzahl der Würmer, so hat<br />

sich das durchschnittliche Gewicht zu Versuchende bei Eisenia hortensis etwa verdoppelt und<br />

bei Eisenia fetida um die Hälfte reduziert.<br />

Tab. 5: Ergebnisse der Wurmauszählung des Vermikompostversuches nach Versuchsende<br />

Masse [g] Anzahl Würmer Masse Wurm -1 [g]<br />

vorher nachher vorher nachher vorher nachher<br />

Eisenia fetida 150 49 450 323 0,33 0,15<br />

150 47 450 406 0,33 0,12<br />

150 50 450 378 0,33 0,13<br />

150 48 450 369 0,33 0,13<br />

Eisenia hortensis 230 224 250 131 0,92 1,72<br />

230 200 250 118 0,92 1,70<br />

230 360 250 208 0,92 1,73<br />

230 305 250 154 0,92 1,98<br />

In Abbildung 4 und Tabelle 6 sind die Nährstoff- und Schwermetallgehalte der Wurmproben<br />

dargestellt. Bis auf Cadmium konnte eine tendenzielle Zunahme der Schwermetallkonzentrationen<br />

festgestellt werden. Die Schwermetallkonzentrationen zwischen den Wurmarten waren<br />

nicht signifikant verschieden. Auch bei den Nährstoffgehalten konnte zwischen Eisenia fetida<br />

und Eisenia hortensis keine signifikante Veränderung festgestellt werden.<br />

Schwermetallkonzentration [ppm]<br />

50<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Cu Ni Pb Cd<br />

Eisenia fetida<br />

Start<br />

Eisenia fetida<br />

Ende<br />

Eisenia hortensis<br />

Start<br />

Eisenia hortensis<br />

Ende<br />

Abb. 4: Kupfer-, Nickel-, Blei- und Cadmiumgehalte der Wurmproben zu Beginn und Ende des Kompostierungsversuches<br />

in ppm (n=4, Balken = Standard-abweichung, zu Beginn des Versuches n=1).<br />

115


Biologische Behandlung der Fäkalien<br />

Tab. 6: Zink- und Nährstoffgehalte der Wurmproben zu Beginn und Ende des<br />

Kompostierungsversuches in ppm (n=4, zu Beginn des Versuches n=1).<br />

Eisenia fetida Eisenia hortensis<br />

[ppm] Start Ende Start Ende<br />

Zink 119,8 227,3 106,0 140,5<br />

Stickstoff 2313 2144 1821 1822<br />

Phosphor 884 908 810 750<br />

Kalium 864 915 794 853<br />

Der Anteil der organischen Trockenmasse reduzierte sich von anfänglich 33,4 % im Eisenia<br />

fetida als auch im Eisenia hortensis Kompost auf 28 bzw. 27 % signifikant. Zwischen den<br />

Wurmarten waren die Unterschiede trotz unterschiedlicher Wurmmasse und Wiederfindungsrate<br />

jedoch nicht signifikant (Abbildung 5).<br />

Organische Trockenmasse [%]<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Kontrolle Eisenia fetida Eisenia hortensis<br />

26.04.2004<br />

04.05.2004<br />

21.05.2004<br />

Abb. 5: Vergleich des Anteil der org. Trockenmasse im Wurmkompost von Eisenia fetida und Eisenia<br />

hortensis in % (n=4, Balken = Standardabweichung, zu Beginn des Versuches n=1).<br />

Die Nährstoffgehalte der Kompostproben sind in Abbildung 6 dargestellt.<br />

116


Biologische Behandlung der Fäkalien<br />

Nges [%]<br />

Pges [%]<br />

Kges [%]<br />

1,4<br />

1,2<br />

1<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0<br />

0,60<br />

0,50<br />

0,40<br />

0,30<br />

0,20<br />

0,10<br />

0,00<br />

0,70<br />

0,60<br />

0,50<br />

0,40<br />

0,30<br />

0,20<br />

0,10<br />

0,00<br />

Cu [ppm]<br />

Start Kontrolle Eisenia fetida Eisenia hortensis<br />

Start Kontrolle Eisenia fetida Eisenia hortensis<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

Start 60<br />

Kontrolle Eisenia fetida Eisenia hortensis<br />

40<br />

Abb 6: Nährstoffgehalte 20der<br />

Wurmkompostproben Eisenia fetida und Eisenia hortensis im Vergleich zur<br />

Kontrollvariante und dem Ausgangsmaterial in % (n=4, Balken = Standardabweichung, zu Beginn<br />

des Versuches und 0 Kontrolle n=1).<br />

Start Kontrolle Eisenia fetida Eisenia hortensis<br />

117<br />

05.04.2004<br />

26.04.2004<br />

04.05.2004<br />

21.05.2004<br />

18.08.2004


Biologische Behandlung der Fäkalien<br />

Die Stickstoffgehalte der Komposte lagen zwischen 0,85-1,0 %. Die N-Gehalte vom Eisenia<br />

fetida Kompost waren zur letzten Probennahme signifikant niedriger als zur 1. Probenahme, die<br />

zu diesem Zeitpunkt signifikant höhere Gehalte aufwies als die Kontrollvariante. Zwischen den<br />

Wurmarten gab es keine signifikanten Unterschiede. Die Stickstoffgehalte des Eisenia hortensis<br />

Kompost unterschieden sich ebenfalls nicht signifikant von der Kontrolle. Die Phosphorgehalte<br />

blieben bis zur Probe am 21.05.04 konstant. Auffällig ist die signifikante Zunahme der<br />

Nährstoffkonzentration sowohl im Eisenia fetida als auch Eisenia hortensis Kompost. zur letzten<br />

Probenahme. Hier könnte eine Akkumulation aufgrund des reduzierten Ausgangmateriales des<br />

Kompostierungsprozesses stattgefunden haben. Die Kaliumgehalte nahmen im Eisenia fetida<br />

Kompost signifikant zu. Sie waren zur ersten Probennahme signifikant niedriger gegenüber des<br />

Eisenia hortensis Kompost. Zur letzten Probe am 18.08.04 waren die Unterschiede jedoch nicht<br />

mehr signifikant verschieden.<br />

In Tabelle 7 werden die Nährstoffgehalte im Wurm und Kompost zu Beginn und Ende des<br />

Versuches bilanziert. Insgesamt wurden zu Versuchende zwischen 22 und 31 % weniger<br />

Nährstoffe im Kompost und Wurm wiedergefunden als zu Beginn. Bei Stickstoff können<br />

gasförmige Verluste in Form von NH3, N2O und N2 auftreten. Dagegen ist dies für Phosphor und<br />

Kalium nicht der Fall. Aber auch hier gab es signifikante Verluste. Es ist denkbar, dass hier ein<br />

Probenahmefehler vorliegt. Denn über die Versuchsdauer hatte sich in den Wurmkisten ein<br />

Bodensatz unverdaulichem, anorganischem Materials mit Sickerwasser gebildet. Ein geringer<br />

Teil des Sickerwassers ging dabei über die zur Belüftung des Kompostes dienenden Bohrungen<br />

verloren. Hier kann ein zusätzlicher Nährstoffaustrag stattgefunden haben.<br />

Tab. 7: Bilanzierung der Nährstoffgehalte im Wurm und Kompost zu Beginn und Ende des Versuches;<br />

Gehalte bezogen auf Trockensubstanz in mg/Ansatz; E.f.: Eisenia fetida; E.h.: Eisenia hortensis<br />

(n=4, zu Beginn des Versuches n=1).<br />

N P K<br />

[mg/Ansatz] E. f. E. h. E. f. E. h. E. f. E. h.<br />

Kompost Start 3478 3478 1425 1425 1894 1894<br />

Kompost Ende 2414 2629 1096 1105 1409 1470<br />

Wurm Start 67 71 28 32 27 31<br />

Wurm Ende 23 84 9 35 9 39<br />

Komp.& Wurm Start 3544 3549 1453 1457 1921 1925<br />

Komp.& Wurm Ende 2437 2713 1106 1140 1418 1509<br />

Verlust [%] 31 24 24 22 26 22<br />

Die Abbildungen 7 und 8 stellen die Schwermetallkonzentrationen im gesammelten Wurmkompost<br />

dar.<br />

118


Biologische Behandlung der Fäkalien<br />

Zn [ppm]<br />

Ni [ppm]<br />

Pb [ppm]<br />

450<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

0<br />

200<br />

180<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

Cu [ppm]<br />

20<br />

0<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

Start Kontrolle Eisenia fetida Eisenia hortensis<br />

Start Kontrolle Eisenia fetida Eisenia hortensis<br />

Start Kontrolle Eisenia fetida Eisenia hortensis<br />

Abb. 7: Schwermetallgehalte 20<br />

der Wurmkompostproben Eisenia fetida und Eisenia hortensis im Vergleich<br />

zur Kontrollvariante und dem Ausgangsmaterial in ppm (n=4, Balken = Standardabweichung, zu<br />

Beginn des 0 Versuches und Kontrolle n=1, Rote Linie: Richtwerte für<br />

Schwermetallkonzentrationen in Kompost nach Bioabfallverordnung).<br />

Start Kontrolle Eisenia fetida Eisenia hortensis<br />

05.04.2004<br />

26.04.2004<br />

04.05.2004<br />

21.05.2004<br />

18.08.2004<br />

119


Biologische Behandlung der Fäkalien<br />

Cu [ppm]<br />

Cd [ppm]<br />

200<br />

180<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

Cu [ppm]<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

Start Kontrolle Eisenia fetida Eisenia hortensis<br />

Start Kontrolle Eisenia fetida Eisenia hortensis<br />

05.04.2004<br />

26.04.2004<br />

04.05.2004<br />

21.05.2004<br />

18.08.2004<br />

20<br />

Abb. 8: Schwermetallgehalte der Wurmkompostproben Eisenia fetida und Eisenia hortensis im Vergleich<br />

zur Kontrollvariante 0 und dem Ausgangsmaterial in ppm (n=4, Balken = Standardabweichung, zu<br />

Start Kontrolle Eisenia fetida Eisenia hortensis<br />

Beginn des Versuches und Kontrolle n=1, Rote Linie: Richtwerte für<br />

Schwermetallkonzentrationen in Kompost nach Bioabfallverordnung).<br />

Die Wurmkompostierung zeigte bis auf Cadmium keinen signifikanten Einfluss auf die<br />

Schwermetallkonzentrationen. Die Bioabfallverordnung fordert für die Einhaltung der Qualitätskriterien<br />

und Güterichtlinien für Fertig- und Substratkompost, die in den Abbildungen 7 und 8<br />

durch die rote Linie dargestellten Höchstmengen an Schwermetalle. Die nach Bioabfallverordnung<br />

geforderten Höchstmengen an Zink und Blei konnten zu jeder Zeit eingehalten werden.<br />

Die Nickel- und Kupfergehalte erreichten zum Ende der Kompostierung zum Teil Werte<br />

oberhalb des Richtwertes. Die Cadmiumgehalte des Wurmkompostes lagen bei Eisenia fetida<br />

gegenüber Eisenia hortensis und der Kontrolle signifikant höher und lagen zu jeder Zeit über<br />

dem geforderten Wert von 1,5 mg/kg TS.<br />

Rothstein & Schröder (2001) weisen darauf hin, dass die Ausbringung von Kompost ein<br />

Umverteilungsvorgang von Schadstoffen ist, während die Einträge von Schadstoffen mit<br />

Mineraldüngern „echte“ Neueinträge darstellen. Die Gehalte an Nähr- und Schadstoffen im<br />

Kompost sind letztlich auch ein Spiegelbild dessen, was die Landwirte zuvor an Nähr- und<br />

120


Biologische Behandlung der Fäkalien<br />

Schadstoffen aufgebracht haben - sofern keine Störstoffe im Bioabfall vorhanden sind. Die<br />

gemessenen Schwermetallkonzentrationen in Fäkalien können jedoch auch stark variieren.<br />

Vinneras (2002) fand bei Messungen aus unterschiedlichen Siedlungen mit separierenden<br />

Toiletten signifikant unterschiedliche Konzentrationen. Eine signifikant höhere Zinkkonzentration<br />

war dabei auf mit Zink galvanisierten Leitungen zurückzuführen. Die Zinkgehalte<br />

lagen dort über 1500 ppm und somit um das 5fache höher als der schwedische Durchschnitt.<br />

Der Grund für einen erhöhten Bleigehalt von 46 ppm war nicht bekannt. Die durchschnittlichen<br />

Schwermetallgehalte in Fäkalien einer schwedischen Studie sind in Tabelle 8 dargestellt. Die<br />

Ergebnisse weichen – auch in Relation zueinander - z.T. stark von den an der Lambertsmühle<br />

gemessenen Schwermetallkonzentrationen ab.<br />

Tab. 8: Schwermetallkonzentration in Fäkalien in ppm; TS-Gehalt: 20 %; (Jönsson, et al., 2004)<br />

verändert.<br />

[ppm] Cu Zn Ni Pb Cd<br />

Fäkalien 33,3 325,0 2,3 0,6 0,3<br />

In Tabelle 9 werden die Schwermetallgehalte im Wurm und Kompost zu Beginn und Ende des<br />

Versuches bilanziert.<br />

Tab. 9: Bilanzierung der Schwermetallgehalte im Wurm und Kompost zu Beginn und Ende des<br />

Versuches; Gehalte bezogen auf Trockensubstanz in mg/Ansatz; E.f.: Eisenia fetida; E.h.:<br />

Eisenia hortensis, (n=4, zu Beginn des Versuches n=1).<br />

Zn Pb Ni<br />

[mg/Ansatz] E. f. E. h. E. f. E. h. E. f. E. h.<br />

Kompost Start 835,9 835,9 253,0 253,0 119,9 119,9<br />

Kompost Ende 671,9 702,5 223,9 216,2 116,8 80,2<br />

Wurm Start 3,7 4,1 0,0 0,5 0,1 0,0<br />

Wurm Ende 2,3 6,5 0,2 1,2 0,1 0,4<br />

Komp.& Wurm Start 839,6 840,0 253,1 253,5 120,0 119,9<br />

Komp.& Wurm Ende 674,2 709,0 224,1 217,4 116,9 80,6<br />

Verlust Saldo<br />

[%] 19,7 15,6 11,4 14,2 2,5 32,8<br />

Cu Cd<br />

[mg/Ansatz] E. f. E. h. E. f. E. h.<br />

Kompost Start 186,2 186,2 3,0 3,0<br />

Kompost Ende 304,7 181,9 6,7 4,8<br />

Wurm Start 0,4 0,9 0,0 0,1<br />

Wurm Ende 0,3 1,2 0,0 0,1<br />

Komp.& Wurm Start 186,6 187,1 3,0 3,1<br />

Komp.& Wurm Ende 305,0 183,0 6,7 4,8<br />

Verlust<br />

Saldo<br />

[%] -63,5 2,1 -123,3 -55,8<br />

Die Bilanzierung der Schwermetallgehalte wies Fehlbeträge von bis zu 123,3 % auf (Cadmium,<br />

Eisenia fetida). Zink, Blei und Nickel wiesen zu Versuchende insgesamt weniger Schwermetalle<br />

auf als zu Versuchstart. Die Schwermetallmengen im Wurm können vernachlässigt werden.<br />

121


Biologische Behandlung der Fäkalien<br />

Durch die Kompostbeprobung während des Versuches wurden ca. 500 g Frischmasse<br />

entnommen, so dass die hier dargestellten Verluste um ca. 5 % nach unten korrigiert werden<br />

können. Für Kupfer und Cadmium wurden jedoch zu Versuchsende zum Teil höhere Gehalte<br />

gefunden als zu Versuchsstart. Es konnte im Eisenia fetida Kompost 63,5 % mehr Kupfer<br />

nachgewiesen werden, wohingegen der Cu-Gehalt im Eisenia hortensis Kompost konstant<br />

geblieben ist. Cadmium war in beiden Proben zu Versuchende signifikant höher. Hier war der<br />

Gehalt im Eisenia hortensis Kompost durchschnittlich 55,8 % und der Eisenia fetida Kompost<br />

123,3 % höher. Eine mögliche Erklärung hierfür wäre, dass die aus Kunststoffmaterial<br />

bestehenden, grünen Wurmkompostbehälter Cadmium enthalten. Ob es zu einer Desorption<br />

von Cadmium in das Kompostmaterial gekommen ist, ist jedoch unklar.<br />

2.2.3 Risikobewertung<br />

Die Umsetzung der Fäkalien aus der Filtersackanlage zu Kompost kann mit herkömmlichen<br />

Kompost verglichen werden. Sowohl die Langzeitrotte als auch die Wurmkompostierung zeigten<br />

gute Ergebnisse, allerdings erscheint eine Wurmkompostierung zu aufwendig. Für den Umgang<br />

der Fäkalien an der Lambertsmühle kann folgende Empfehlung gegeben werden:<br />

Nach der Lagerung der Fäkalien im Rottesack sollte eine weitergehende Behandlung des<br />

Substrates durch Kompostierung stattfinden. Für die Lambertsmühle ist eine zweijährige<br />

Vererdung geeignet. Hierfür kann das Substrat durch Fachpersonal in sogenannte<br />

Schnellkomposter eingefüllt werden. Das Material sollte mit Erde in einem ungefähren<br />

Volumenverhältnis Erde zu Material 1 zu 2 vermischt werden.<br />

Im Anschluss an die zweijährige Vererdungsphase kann das vererdete Material als Phosphor<br />

und Kaliumreiches Strukturmaterial eingesetzt werden. Eine Düngung von Gemüsebeeten ist zu<br />

vermeiden. Die Entnahme und Ausbringung des Materials erfolgt analog zur Kompostverwertung.<br />

3 Anaerobes Verfahren zur Stabilisierung des Braunwassers<br />

3.1 Einleitung<br />

Das Braunwasser aus den Toiletten in der Lambertsmühle wird im Wirbelabscheider grob<br />

entwässert und gelangt dann in den Filtersack bzw. –korb, wo es weiter durch die Schwerkraft<br />

eingedickt. Ein vollständiger Rotteprozess läuft unter den im Behälter herrschenden<br />

Bedingungen im Filtersack nicht ab, wie der erste Teil des Forschungsprojektes gezeigt hat. Im<br />

zweiten Teil sollte daher untersucht werden, mit welchen weiteren Verfahren eine Stabilisierung<br />

des Substrates erreicht werden kann.<br />

Während das IPE die Kompostierung als aerobes Verfahren untersuchte, führte die Professur<br />

Siedlungswasserwirtschaft der Bauhaus-<strong>Universität</strong> Weimar (BUW) Versuche zur anaeroben<br />

Faulung des Materials durch.<br />

Ziel war es in beiden Fällen ein stabilisiertes Substrat zu erhalten, welches einer weiteren<br />

Nutzung zugeführt werden kann.<br />

3.1.1 Zielsetzung und Arbeitsansatz<br />

In temperierbaren Reaktoren wird die Stabilisierungseignung des Substrates durch anaerobe<br />

Prozesse untersucht, welches sich einerseits im Alter (gelagert, frisch) und im Wassergehalt<br />

(roh, verdünnt) unterscheidet. Der Gasertrag sowie pH-Wert und Temperatur werden täglich vor<br />

Ort bestimmt. Der Stabilisierungsgrad wird im Labor ermittelt.<br />

Anhand der Ergebnisse wird ein Verfahrensvorschlag zu den Möglichkeiten der anaeroben<br />

Stabilisierung des Substrates gemacht.<br />

122


Biologische Behandlung der Fäkalien<br />

3.2 Beschreibung Versuchsanlage<br />

3.2.1 Allgemein<br />

Die Laboranlage besteht aus vier doppelwandigen Plexiglas-Reaktoren, die jeweils in einem<br />

Gestell drehbar gelagert sind. Die Beheizung der Reaktoren erfolgt über die Doppelmäntel,<br />

durch den temperiertes Wasser zirkuliert. An ausgewählten Reaktoren wird der pH-Wert und die<br />

Temperatur online gemessen.<br />

Standort der Versuchsanlage ist ein Container im Versuchskomplex der Professur auf dem<br />

Gelände der Kläranlage Weimar-Tiefurt.<br />

Nachfolgende Abbildung 9 zeigt die Versuchsanlage<br />

Abb. 9: Versuchsanlage<br />

3.2.2 Aufbau Reaktor<br />

Die Reaktoren bestehen aus zwei ineinanderstehenden, konzentrisch angeordneten<br />

PMMA(Plexiglas)-Rohren mit einem Außendurchmesser von 200 bzw. 250 mm. Über einen<br />

Flansch aus PMMA sind die Rohre an ihren Enden verklebt. Die Länge der Rohr beträgt 300<br />

mm. Dies ergibt einen Reaktorgesamtinhalt von 14 l, der Nutzinhalt beträgt 6 l. Der<br />

Doppelmantel zwischen den beiden Rohren hat ein Volumen von 4,4 l. Über den Mantel erfolgt<br />

die Beheizung des Reaktors, dazu verfügt das äußere Rohr über zwei Stutzen mit ½Zoll-<br />

Innengewinde. An diese Stutzen werden die Zirkulationsleitungen angeschlossen.<br />

Die Abdichtung zwischen den Reaktorflanschen und den Deckeln erfolgt durch je einen O-Ring.<br />

Die Verschraubung des Deckels mit dem Reaktor erfolgt über acht Schrauben M8.<br />

Die Deckel sind aus 20 mm starken PVC-U gefertigt und haben einen Durchmesser von 330<br />

mm. Der obere Deckel verfügt mittig über eine d63-Verschraubung mit Blinddeckel, über die<br />

eine Befüllung des Reaktors und Probenahmen möglich sind ohne den gesamten Deckel zu<br />

öffnen. Des weiteren ist im oberen Deckel ein Kugelhahn DN 16 eingeklebt, über den<br />

entstehendes Gas abgeführt wird. Zur Aufnahme eines Temperaturfühlers wurde in zwei<br />

Deckeln zusätzlich Bohrungen mit ½ Zoll-Innengewinden eingebracht. Der untere Deckel<br />

verfügt über keine Öffnungen.<br />

123


Biologische Behandlung der Fäkalien<br />

In folgender Abbldung 10 ist ein Reaktor dargestellt.<br />

Abb. 10: Reaktor ohne Gestell<br />

Die Reaktoren sind in drehbare Gestelle aus 20 mm Edelstahl-Kastenprofil eingebaut. Durch<br />

die Drehung um die Querachse wird der Reaktorinhalt intensiv durchmischt. Dazu müssen die<br />

Gas- sowie die Zirkulationsleitungen getrennt werden. Die Zirkulationsleitungen verfügen an<br />

den Gestellen über Kugelhähne mit Schnellkupplungen (Gardena), um den einzelnen Reaktor<br />

rasch vom Wasserkreislauf trennen zu können. In die Gas-Kugelhähne sind Schlauchtüllen<br />

eingeklebt, so dass die Gasleitung ebenfalls einfach getrennt werden kann.<br />

Die Gassammlung erfolgt für jeden Reaktor in einem 10 l-Gassack (Linde).<br />

Zur Beheizung von zwei Reaktoren ist jeweils ein Thermostat mit 12 l-Wasserbad<br />

(Prüfgerätewerk Dresden) vorgesehen. Um eine ausreichende Zirkulation des Wasser durch die<br />

beiden in Reihe geschalteten Wassermäntel der einzelnen Reaktoren zu gewährleisten, wurden<br />

in den Wasserbädern jeweils eine Zusatzpumpe installiert.<br />

3.2.3 Online-Messtechnik<br />

Zur Überwachung der Temperaturen verfügen zwei Reaktoren, jeweils die letzten in der Reihe,<br />

über einen Temperaturfühler (Pt 100, Endress+Hauser). Drei Reaktoren verfügen über eine pH-<br />

Messung. Es wird dazu ein 2-Kanal-pH-Meter mit Gel-pH-Elektroden und Temperaturkompensation<br />

(WTW) sowie ein pH-Meter (WTW) mit ebenfalls einer Gel-pH-Elekrode<br />

(Sensortechnik Meinsberg) eingesetzt. Beim zweiten pH-Meter erfolgt die Temperaturkompensation<br />

manuell.<br />

Alle Messwerte werden von einem Bildschirmschreiber (Endress+Hauser) erfasst und minütlich<br />

aufgezeichnet.<br />

3.3 Versuchsdurchführung<br />

Die Versuche werden im Batch-Betrieb unter mesophilen Bedingungen (35°C) durchgeführt.<br />

Täglich wird der Gasertrag jedes Reaktors bestimmt. Dazu wird der Gassack vom Reaktor<br />

getrennt und mittels einer Vakuumpumpe (KNF) geleert. Über einen zwischengeschalteten<br />

Trommelgaszähler (Ritter Apparatebau) wird das abgezogene Volumen, also der Inhalt des<br />

Gassacks, bestimmt. Anschließend wird der Reaktorinhalt durch mehrmaliges Drehen um die<br />

Querachse durchmischt.<br />

124


Biologische Behandlung der Fäkalien<br />

3.3.1 Versuche mit gelagertem Material<br />

Der erste Ansatz wurde mit gelagertem Substrat aus dem Filterkorb der Lambertsmühle<br />

durchgeführt. Die Probenahme erfolgte am 09.08.04. Dies war die erste Entnahme von Substrat<br />

aus dem Filterkorb seit dem Umbau des Rottebehälters im Mai 2004. Start der Versuche war<br />

der 11.10.04. In der Zwischenzeit wurde das Substrat unter ähnlichen Bedingungen wie im<br />

Rottebehälter der Lambertsmühle gelagert.<br />

Die einzelnen Ansätze sind in Tabelle 10 zu entnehmen.<br />

Tab.10: Ansätze mit gelagertem Substrat<br />

Reaktor/Ansatz<br />

Bezeichnung 10 % TS mit<br />

Urin<br />

Substratalter gelagert<br />

Substrateinwaage<br />

1/1 2/1 3/1 4/1 5/1<br />

Originalsubstrat<br />

(18 % TS)<br />

10% TS Originalsubstrat<br />

+<br />

Impfschlamm<br />

125<br />

10% TS mit<br />

Impfschlamm<br />

gelagert gelagert gelagert gelagert<br />

[kg] 3,00 1,74 3,00 2,00 2,50<br />

Wasser [kg] 1,00 – 3,00 – 2,50<br />

Impfschlamm [kg] – – – 0,4 1,00<br />

Urin [kg] 2,00 – – – –<br />

Summe [kg] 6,00 1,74 6,00 2,40 6,00<br />

Probenahme [kg] 0,62 0,60 0,60 0,50 0,55<br />

Reaktorinhalt [kg] 5,38 1,14 5,40 1,90 5,45<br />

pH-WertStart [-] 7,07 6,46 6,32 6,64 6,66<br />

Temperatur [°C] 14,2 10,3 11,0 10,6 14,0<br />

TSStart [%] 8,29 18,1 8,92 15,43 7,64<br />

oTSStart [%] 86,69 85,4 87,81 83,79 86,04<br />

TOCStart [%] 47,18 47,21 47,06 48,05 46,35<br />

Laufzeit 04.11.-<br />

27.12.04<br />

11.10.-<br />

04.11.04<br />

11.10.-<br />

27.12.04<br />

11.10.-<br />

04.11.04<br />

11.10.-<br />

04.11.04<br />

Laufzeit [d] 53 24 77 24 24<br />

Das Rohsubstrat hatte einen TS von 18,1 % sowie einen oTS von 85,4 %. Der Impfschlamm<br />

wurde am 11.10.04 der mesophilen Faulung der kommunalen Kläranlage Weimar-Tiefurt<br />

entnommen, der TS lag bei 3,53 % und der oTS bei 59,1 %. Der Urin entstammt dem<br />

Gelbwasserspeicher der Lambertsmühle, die Probenahme erfolgte am 09.08.04.<br />

Die Online-Messung des pH-Wertes und der Temperatur erfolgte in den Reaktoren 3 und 5,<br />

sowie ab 04.11.04 zusätzlich in Reaktor 1.


Biologische Behandlung der Fäkalien<br />

3.3.2 Versuche mit frischem Material<br />

Am 01.11.04 wurde eine weitere Probenahme des Substrates an der Lambertsmühle<br />

durchgeführt. Im Gegensatz zum gelagerten Material wirkte das neue Substrat durch seine<br />

helle Färbung sehr frisch. Die letzte Beräumung des Korbes zuvor, erfolgte durch das IPE Mitte<br />

Oktober 2004. Am 31.10.04, einen Tag vor der Probenahme, wurden in der Lambertsmühle fünf<br />

Trauungen mit großem Publikumsverkehr durchgeführt.<br />

Der Ansatz der Reaktoren erfolgte am 04.11.04. Die Menge reichte zur Befüllung von zwei<br />

Reaktoren aus. Die Zusammensetzung ist nachfolgender Tabelle 11 zu entnehmen.<br />

Tab. 11.: Ansätze mit frischem Substrat<br />

Reaktor/Ansatz 4/2 5/2<br />

Bezeichnung 10 % TS +<br />

Impfschlamm<br />

(alter Ansatz)<br />

Substratalter<br />

10% TS +<br />

Urin<br />

frisch frisch<br />

Substrateinwaage [kg] 3,70 2,70<br />

Wasser [kg] 1,30 0,73<br />

Impfschlamm [kg] 1,00<br />

Urin [kg] – 1,00<br />

Summe [kg] 6,00 4,43<br />

Probenahme [kg] 0,60 0,58<br />

Reaktorinhalt [kg] 5,40 3,85<br />

pH-WertStart [-] 6,26 6,82<br />

Temperatur [°C] 14,2 14,0<br />

TSStart [%] 9,11 8,92<br />

oTSStart [%] 88,17 87,96<br />

TOCStart [%] 49,45 48,46<br />

Laufzeit 04.11.-<br />

27.12.04<br />

04.11.-<br />

27.12.04<br />

Laufzeit [d] 53 53<br />

Das Rohsubstrat hatte einen TS von 13,45 % sowie einen oTS von 88,26 %. Der Impfschlamm<br />

stammte aus alten Ansatz des Reaktor 5, der am 04.11.04 beendet wurde.<br />

Die Online-Messung des pH-Wertes Temperatur erfolgte im Reaktor 4.<br />

126


Biologische Behandlung der Fäkalien<br />

3.4 Ergebnisse<br />

Die Ansätze 2/1, 4/1 und 5/1 (gelagertes Material) liefen bis zum 04.11.04<br />

Abb. 11: Summenlinien Gasertrag für Ansätze mit gelagertem Substrat<br />

Bei den Versuchen mit dem gelagerten Material sind zum jetzigen Zeitpunkt (13.12.04) die<br />

Ansätze 2/1, 4/1 und 5/1 beendet. Die Ansätze 1/1 und 3/1, wie auch die beiden Ansätze 4/2<br />

und 5/2 mit dem frischem Material werden am 27.12.04 beendet.<br />

Es können daher für die meisten Versuche noch keine abschließenden Bewertungen<br />

vorgenommen werden. Im folgenden werden für beide Reihen daher die kumulierten<br />

Gaserträge bezogen auf den zugeführten oTS dargestellt.<br />

127


Biologische Behandlung der Fäkalien<br />

Abb. 12: Summenlinien Gasertrag für Ansätze mit frischem Substrat<br />

Bei den beiden Ansätzen 2/1 und 4/1 mit nahezu 20 % TS zeigte sich an den Gaserträgen im<br />

Vergleich zu den Ansätzen 1/1 und 5/1 keine zufriedenstellende Entwicklung. Das Substrat<br />

schmierte sehr stark an den Reaktorwandungen. Es zeigte sich zudem, dass das Handling<br />

eines Substrates mit diesem TS-Gehalt in kleinen Anlagen schwierig ist. Die Ansätze 2/1 und<br />

4/1 sind daher nach 24 d abgebrochen worden. Die Gaserträge des gelagerten Substrates ohne<br />

Impfschlamm sind unabhängig vom TS-Gehalt vergleichbar, wie die Ansätze 2/1 und 3/1<br />

zeigen.<br />

Das Ausgangs-pH-Niveau des Substrates und damit auch der Ansätze liegt für eine Faulung<br />

recht niedrig, wie die Tabellen 1 und 2 zeigen.<br />

Untersuchungen zur Faulung von stark fäkalienhaltigem Abwasser einer Toilettenanlage an der<br />

BAB 4 bei Weimar, die innerhalb des von der DBU-finanzierten Projektes „KOMPEX“ vom<br />

Institut für Siedlungswasserwirtschaft der TU Braunschweig durchgeführt werden, kommen zu<br />

ähnlichen Gaserträgen wie bei den hier dargestellten Versuchen.<br />

Beim Vergleich der Ansätze 1/1, 3/1 und 5/1, also gelagertes Substrat auf 10 % TS eingestellt,<br />

zeigte sich, dass der pH-Wert des Ansatz 3/1, der nicht angeimpft bzw. mit Urin gepuffert ist,<br />

mit zunehmender Gasproduktion, also biologischer Aktivität, stark abfällt (s. Abb. 13).<br />

128


Biologische Behandlung der Fäkalien<br />

Abb 13: Entwicklung pH-Wert und Gasproduktion für Ansatz 3/1<br />

Demzufolge bricht dann die Gasproduktion ein. Mehrere pH-Stützungen durch Natronlaugezugabe<br />

führten zwar zu einer Steigerung der Gasproduktion, jedoch blieben die Werte weit<br />

hinter den Erträgen der Ansätze 1/1 bzw. 5/1 zurück. Die Summenlinien der Gaserträge für die<br />

Ansätze 1/1 und 5/1 zeigen etwa den gleichen Verlauf, in beiden Fällen wird nach 24 d 113<br />

bzw. 119 Nl Gas/kg oTSzu produziert. In beiden Fällen lag der pH-Wert höher als bei Reaktor 3.<br />

Es scheint also unbedingt erforderlich zu sein, dass durch einen Puffer ein stabiles pH-Wert-<br />

Niveau von mindestens 6,5 im Reaktor eingestellt wird. Eine tägliche Stützung des pH-Wertes<br />

durch die Dosierung einer Base, wie bei Ansatz 3/1, hat nicht die gleiche Wirkung. Der weitere<br />

Vergleich der Ansätze 1/1 und 5/1 zeigt, dass der Impfschlamm eher als Puffer dient, denn als<br />

Lieferant einer funktionierenden Biozönose. Beide haben einen sehr ähnlichen Verlauf der<br />

Gassummenkurve. Es ist also zu vermuten, dass das Substrat, welches im menschlichen<br />

Körper schon anaerob behandelt wurde, über Anaerobier verfügt, die den Abbau durchführen<br />

können. Auch während der Lagerung im Filterkorb ist davon auszugehen, dass im Inneren<br />

anaerobe Bedingungen herrschen. Es ist zu beachten, dass der anaerobe Abbau im Vergleich<br />

zu kommunalem Klärschlamm sehr viel schwieriger zu sein scheint, wie der Verlauf der<br />

Gasertragskurve zeigt.<br />

Bei den beiden Ansätzen 4/2 und 5/2 die am 04.11.04 mit dem frischen Material gestartet<br />

wurden, ist im Vergleich zu den Ansätzen 1/1 und 5/1 die Entwicklung der Gaserträge sehr viel<br />

langsamer. So betrug die kumulierte Gasmenge nach 20 d weniger als 50 % der Menge aus<br />

den Ansätze 1/1 bzw. 5/1. Dies legt den Schluss nahe, dass eine Lagerung vor der Faulung<br />

notwendig ist, damit ein gewisser Aufschluss des Substrates durch hydrolisierende Bakterien<br />

erfolgt.<br />

129


Biologische Behandlung der Fäkalien<br />

Tab. 12: Endanalyse; Ansätze mit gelagertem Substrat<br />

Reaktor/Ansatz 2/1 4/1 5/1<br />

Bezeichnung Originalsubstrat<br />

(20 % TS)<br />

20 % TS +<br />

Impfschlamm<br />

10% TS +<br />

Impfschlamm<br />

TSEnde [%] 15,85 12,97 5,97<br />

oTSEnde [%] 85,55 83,97 82,83<br />

TOCEnde [%] 43,45 43,79 47,92<br />

Org. Säuren [mg/l] 11136,60 9337,80 4984,20<br />

Wie Tabelle 12 zeigt, war insgesamt nach 24 d kein ausreichender Stabilisierungsgrad zu<br />

verzeichnen. Es sind, wie auch schon dargelegt, für eine anaerobe Stabilisierung des<br />

Substrates aus der Lambertsmühle deutlich längere Zeiten vorzusehen. Für stabilisierten<br />

Faulschlamm werden Werte von kleiner 300 mg/l org. Säure angegeben (Bischofsberger et al.,<br />

2005)<br />

3.5 Bewertung<br />

Als Ergebnisse können festgehalten werden:<br />

• Die Hydrolyse der Fäkalien im Rottebehälter (Filterkorb) ist für die Gasentwicklung<br />

entscheidend<br />

• Das Ausgangssubstrat muss gut gepuffert sein. Reines Substrat aus dem Filtersack ist<br />

dies nicht. Eine Pufferung durch die Zugabe einer dosierten Urinmenge ist zielführend<br />

und der Nachführung des pH-Wertes durch eine Base (Natronlauge) vorzuziehen.<br />

• Auf eine Zugabe von Impfschlamm kann verzichtet werden, da gelagertes Substrat eine<br />

aktive Biozönose enthält.<br />

• Der TS-Gehalt sollte aus praktischen Gründen (Umwälzung, Gastransport) nicht zu hoch<br />

liegen.<br />

• Eine Stabilisierung kann bei den untersuchten Faulzeiten nicht erreicht werden.<br />

Die Anwendung einer anaeroben Nachbehandlung erscheint aufgrund der hier gewonnenen<br />

Erkenntnisse für Verhältnisse wie die Lambertsmühle als nicht ratsam.<br />

4 Schlussfolgerungen<br />

Die Kompostierung/Vererdung der Fäkalien sowohl durch eine konventionelle Langzeitrotte als<br />

auch durch Vermikultur haben gezeigt, dass eine gute Umsetzung der Fäkalien möglich ist.<br />

Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die Fäkalien der Filtersackanlage durch Vermikultur<br />

rasch umgesetzt werden können. Der Kompost erreicht dabei eine Qualität, der mit<br />

herkömmlichen Kompost vergleichbar ist. Eine Mischung der Fäkalien mit Kompost ist für die<br />

Umsetzung der Fäkalien durch Vermikultur nicht nötig. Bei einer im Freien stattfindenden<br />

Kompostierung der Fäkalien kann davon ausgegangen werden, dass es zu einer natürlichen<br />

Wurmanreicherung und Umsetzung des Substrates kommt. Aus hygienischer Sicht sollte<br />

allerdings das Kompostbeet abgedeckt oder Schnellkomposter verwendet werden.<br />

130


Biologische Behandlung der Fäkalien<br />

5 Empfehlungen zur Kompostierung für die Lambertsmühle<br />

Nach der Lagerung der Fäkalien im Rottesack sollte eine weitergehende Behandlung des<br />

Substrates durch Kompostierung stattfinden. Für die Lambertsmühle ist eine zweijährige<br />

Vererdung geeignet. Hierfür kann das Substrat durch Fachpersonal in sogenannte<br />

Schnellkomposter eingefüllt werden. Das Material sollte mit Erde in einem ungefähren<br />

Volumenverhältnis Erde zu Material 1 zu 2 vermischt werden.<br />

Im Anschluss an die zweijährige Vererdungsphase kann das vererdete Material als P- und Kreiches<br />

Strukturmaterial eingesetzt werden. Eine Düngung von Gemüsebeeten ist aus<br />

Vorsorgegründen zu vermeiden. Die Entnahme und Ausbringung des Materials erfolgt analog<br />

zur Kompostverwertung.<br />

6 Literatur<br />

Bischofsberger, W.; Dichtl, N.; Rosenwinkel, K.-H.; Seyfried, C.F.; Böhnke, B.<br />

2005: Anaerobtechnik; 718 S.; 2. Auflage; Springer-Verlag; Berlin, Heidelberg.<br />

Buch, W. 1986: Der Regenwurm im Garten, 128 S., Ulmer E.<br />

Buest B., Otterpohl R., Behrendt J., Gulyas H., Shalabi M. 2004: Vermicomposting of Brown<br />

water using the Rottebehälter system as a component of ecological sanitation with urine<br />

diverting flush toilets, www.tu-harburg.de/aww/projekte/rottebehaelter.pdf<br />

Eklind, Y & Kirchmann, H. 2000: Composting and storage of organic household waste with<br />

different litter amendments. II. Nitrogen turnover and losses, Bioresource Technology<br />

74(2): 125-133<br />

Graff, Otto 1984: Unsere Regenwürmer, 112 S., Schaper, M. & H.<br />

Jönsson, H., Richert Stinzing, A., Vinnerås, B., Salomon, E. 2004: Guidelines on the Use of<br />

Urine and Faecs in Crop Production, EcoSanRes Publications Series, Report 2004-2.<br />

Rothstein, B., Schröder, D. 2001: Differenzierung zwischen organischem Abfall und Produkt -<br />

eine juristische, naturwissenschaftliche und ökonomische Betrachtung -, Mitteilungen der<br />

Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft, 2001, Bd. 95, 233-236.<br />

Vinnerås, B., Holmquist, A., Bagge, E., Albihn, A. & Jönnson, H. 2003: Potential of disinfection<br />

of separated faecal matter by urea and PAA for hygienic nutrient recycling. Bioresource<br />

Technology 89(2): 155-161.<br />

131


Hygieneuntersuchungen von Fäkalkomposten<br />

Hygieneuntersuchung von Fäkalkomposten<br />

Andrea Rechenburg<br />

Institut für Hygiene und öffentliche Gesundheit, <strong>Universität</strong> <strong>Bonn</strong><br />

1 Einleitung<br />

"Regenwürmer können nicht beissen, weil sie vorne und hinten nur einen Schwanz haben" (aus<br />

einem Schüleraufsatz)<br />

In dem ersten Projekt an der Lambertsmühle konnten keine zufriedenstellenden Ergebnisse<br />

durch einfache Rottesysteme zur Kompostierung erstellt werden. Es zeigte sich, dass eine zur<br />

Hygienisierung notwendige Temperatur nicht erreicht werden konnte. Deshalb wurden in<br />

diesem Projekt Untersuchungen mittels Vermikultur und Dauervererdungsuntersuchungen<br />

durchgeführt. Ziel war die Herstellung eines hygienisch unbedenklichen Substrates.<br />

Das Substrat aus dem Rottesack wurde durch Zusatz von Zuschlagstoffen konventionell und<br />

durch Zusatz von Wurmkulturen kompostiert. Der entstehende Kompost wurde auf<br />

verschiedene Mikroorganismen untersucht. Neben Indikatoren wie allgemeiner Koloniezahl und<br />

Escherichia coli wurden auch Bakteriensporen (Clostridiensporen) und Salmonellen<br />

nachgewiesen. Zur Durchführung der Untersuchungen wurden Chargen mit verschiedenen<br />

Mischungsverhältnissen aus Substrat aus dem Rottesack sowie einem Material wie z.B.<br />

Kartonage oder abgesiebten Kompost angesetzt und mit Würmern (Eisenia foetida und Eisenia<br />

hortensis) versetzt. Die mikrobielle Belastung des Wurmbestandes, des entstehenden<br />

Vermikompostes und des Substrates aus der Langzeitrotte wurden analysiert.<br />

2 Methoden<br />

2.1 Aufbereitung der Regenwürmer<br />

Die Regenwürmer wurden unter fliessendem Wasser gewaschen und anschliessend etwa 10 g<br />

eingewogen. Zur Abtötung und äußeren Desinfektion wurden die Würmer anschliessend mit<br />

Ethanol abs. übergossen und nach 30 sec. der Überstand abgegossen. Alkoholreste wurden<br />

mit sterilem A. dest abgespült. Die Homogenisierung erfolgte im desinfizierten Ultrathorax (Fa.<br />

IKA) , wobei die Probe mit 100 mL sterilem Leitungswasser aufgefüllt wurde. Die so gewonnene<br />

Suspension wurde weiterverarbeitet.<br />

2.2 Aufbereitung der Komposte<br />

Der gelieferte Kompost wurde homogenisiert und anschliessend in sterile Gefässe eingewogen.<br />

Jeweils 10g Kompost wurden mit 100 mL sterilem Leitungswasser versetzt und kräftig<br />

geschüttelt. Nach einminütigem Absetzen der Suspension, wurde wurde der Überstand in ein<br />

steriles Gefäß dekantiert und anschliessend weiterverarbeitet.<br />

2.3 Bakteriologische Parameter<br />

Aufgrund der erwarteten Keimdichten wurden die Probensuspensionen mit steriler<br />

physiologischer NaCl-Lösung 1:10 bis 1:100 verdünnt und anschließend weiter verarbeitet.<br />

132


Hygieneuntersuchungen von Fäkalkomposten<br />

2.3.1 Koloniezahl<br />

Die Bestimmung der allgemeinen Koloniezahl erfolgte gemäß Trinkwasser-verordnung vom<br />

21.5.2001 mit dem Koch’schen Plattengussverfahren. Für jede Bebrütungstemperatur wurde 1<br />

ml der Wasserprobe bzw. der Verdünnung in eine sterile Petrischale mit Zählraster pipettiert.<br />

Nach 44 ± 4 Stunden Bebrütung bei 20 ± 1 °C bzw. 36 ± 1 °C wurden die unter 6 - 8 facher<br />

Lupenvergrößerung sichtbaren Kolonien ausgezählt. Die Angabe erfolgte als Koloniebildende<br />

Einheiten KBE/ml.<br />

2.3.2 Escherichia coli (E. coli)<br />

Zum Nachweis von E. coli wurde je 1ml der Proben auf Chromocult®-Coliformen-Agar<br />

ausgespatelt und im Brutschrank bei 36°C ± 1 °C über 20 ± 4 Stunden inkubiert. Analog hierzu<br />

wurde aus Verdünnungsstufen je 1 ml der verdünnten Probe ausgespatelt und inkubiert. Alle<br />

dunkelblauen Kolonien auf Chromocult®-Coliformen-Agar wurden als E. coli gezählt. Die<br />

Angabe erfolgte jeweils in KBE/g.<br />

2.3.3 Sulfitreduzierende sporenbildende Anaerobier (Clostridien)<br />

Teile der Probensuspension wurden in ein steriles Gefäß überführt und für 15 Minuten im<br />

temperierten Wasserbad bei 75°C ± 5°C pasteurisiert. Die pasteurisierte Probe wurde danach<br />

sofort auf Raumtemperatur abgekühlt. Je 1ml der Proben und der Verdünnungen wurde auf<br />

Tryptose-Sulfit-Cycloserin-Agar (TSC-Agar) ausgespatelt. Die Inkubation erfolgte im<br />

Anaerobiertopf bei 36°C ± 1°C für 44 ± 4 Stunden. Schwarze Kolonien wurden als Clostridien<br />

im Sinne dieser Untersuchung gewertet. Die Angabe erfolgte in KBE/g.<br />

2.3.4 Salmonella spp.<br />

Der Nachweis erfolgte qualitativ in Anlehnung an die ISO 6579 „General guidance on methods<br />

for the detection of Salmonella“ vom 1.9.1993 mit Flüssigkeitsanreicherung<br />

(„presence/absence“ -Test). Aufgrund der relativ hohen Kontamination der meisten Proben<br />

wurde auf eine unselektive Voranreicherung mit Peptonwasser verzichtet. 10 mL der<br />

Wurmsuspension (entspricht 1 g Wurmmasse), bzw. 1 g des Kompstes wurde in 100 ml<br />

Rappaport-Vassiliadis-Bouillon gegeben und für 44 ± 4 Stunden bei 36 ± 1 °C bebrütet. Bei<br />

Trübung der Bouillon wurde ein fraktionierter Ausstrich auf SS-Agar angelegt und die Platte im<br />

Brutschrank bei 36 ± 1 °C für 20 ± 4 Stunden bebrütet. Verdächtige, schwarzgefärbte Kolonien<br />

wurden mit einem polyvalenten Salmonella-Antiserum überprüft. Bei Agglutination wurde die<br />

Probe als positiv bewertet. Die Angabe erfolgte als „nachweisbar in einem Gramm“.<br />

3 Ergebnisse und Diskussion<br />

3.1 Bakteriengehalt der Kompostwürmer<br />

Die eingesetzten Kompostwürmer wurden zu Versuchsbeginn auf ihren Bakteriengehalt<br />

untersucht und die gefundenen Konzentrationen mit denen aus Wildstämmen verglichen. Die<br />

Wildwürmer stammten aus einem an der Lambertsmühle verrottenden Rottesack, in den sie<br />

eingewandert waren. In Tabelle 1 sind die nachgewiesenen Bakterienkonzentrationen<br />

dargestellt. Im Gegensatz zu den Kulturstämmen enthielten die Wildwürmer Salmonellen, aber<br />

deutlich weniger Clostridien/g. Auch die allgemeine Koloniezahl war bei den Wildwürmern<br />

deutlich höher als bei den Kulturstämmen (s. Tab. 1).<br />

Nach erfolgter Kompostierung des Rottesackes wurden wieder Würmer entnommen und auf<br />

ihren Bakteriengehalt untersucht. Das Mischungsverhältnis des Rottesackes mit Startmaterial<br />

(1:1 und 5:3) verursacht keinen Unterschied im Bakteriengehalt der Wümer (s. Tab.2).<br />

133


Hygieneuntersuchungen von Fäkalkomposten<br />

Tab. 1: Bakteriengehalte der eingesetzten Kompostwürmer vor der Kompostierung im Vergleich zu<br />

Wildstämmen aus einer natürlichen Rotte<br />

Bakterien/g Eisenia foetida. Eisenia hortensis Kompostwürmer<br />

Wildstämme<br />

E.coli 30 30


Hygieneuntersuchungen von Fäkalkomposten<br />

Tab. 2: Bakterienkonzentrationen in den Kompostwürmern der Vermicultur nach 3 Monaten<br />

Kompostierung<br />

Bakterien/g E. hortensis I E. hortensis II E. hortensis III E. hortensis IV Mittelwert<br />

E. coli


Hygieneuntersuchungen von Fäkalkomposten<br />

2002, der Unterschied kann aber auch durch die inhomogene Verteilung der<br />

Mikroorganismen im Material hervorgerufen worden sein (s. Tab. 3). Salmonellen wurden in den<br />

vier untersuchten Proben nicht nachgewiesen.<br />

Tab. 3 : Bakteriengehalt der beiden Langzeitrotten im Oktober 2003; angesetzt wurden pro Rottesack<br />

jeweils zwei Mischungverhältnisse<br />

Oktober Probe 1 Probe 2 Probe 3 Probe 4<br />

Mischungsverhältnis<br />

1:1 5: 3 1:1 5: 3<br />

Bakterien/g Rottesack aus 2002 Rottesack aus 2003<br />

E.coli 140 140 150 190<br />

KBE 36 3.240.000 1.600.000 21.600.000 2.700.000<br />

KBE 20 4.900.000 5.400.000 37.800.000 21.600.000<br />

Clostridien 420 1900 12500 460<br />

Salmonellen negativ negativ negativ negativ<br />

Im Projektverlauf wurden die angesetzten Vererdungsversuche noch dreimal beprobt (März, Juli<br />

und Dezember 2004). Unterschiede im Bakteriengehalt abhängig vom Mischungsverhältnis<br />

wurden nicht festgestellt. Während im März 2004 keine Salmonellen nachgewiesen wurden,<br />

wurde im Juli 2004 im Rottesack aus dem Jahr 2002 ein positiver Nachweis erbracht. Da eine<br />

nachträgliche Kontamination auszuschließen ist, gehen wir von einer Salmonellenkontamination<br />

des Rottesackes aus, die bei den vorherigen Proben zufällig nicht nachgewiesen werden<br />

konnte. Für die hygienisch-mikrobiologische Untersuchung wird nur eine geringe<br />

Untersuchungs-masse bezogen auf die Sackmenge entnommen. Inhomogene Bakterienverteilungen<br />

wirken sich damit direkt auf die Untersuchung aus, da Inselvorkommen bestimmter<br />

Bakterien zum Teil nicht erfaßt werden. Allerdings konnten in einer abschließenden Beprobung<br />

im Dezember 2004 keine Salmonellen gefunden werden.<br />

136


Hygieneuntersuchungen von Fäkalkomposten<br />

Tab. 4: Bakteriengehalt der Langzeitrotten (Mischungsverhältnis 1:1) im Untersuchungszeitraum<br />

Oktober 2003-Juli 2004.<br />

Langzeitrotte aus 2002<br />

Okt 03 Mrz 04 Jul 04<br />

E.coli 140 1 40<br />

Clostridien 420 53.000 28.000<br />

KBE 36 3.240.000 17.000.000 7.800.000<br />

KBE 20 4.900.000 6.400.000 2.020.000<br />

Langzeitrotte aus 2003<br />

E.coli 150 10 40<br />

Clostridien 12.500 130.000 24.000<br />

KBE 36 21.600.000 19.800.000 930.000<br />

KBE 20 37.800.000 11.500.000 5.340.000<br />

Der Gehalt an dem Fäkalindikator E. coli nimmt im Versuchsverlauf ab, während bei den<br />

Clostridiensporen eine Zunahme der nachgewiesenen Dauerformen zu beobachten ist (s. Tab.<br />

4). Bei den allgemeinen Koloniezahlen ist eine Abnahme bei dem Rottesack aus dem Jahre<br />

2003 zu beobachten (s. Tab.4), nicht aber bei dem Sack aus dem Jahre 2002. Bei beiden<br />

Säcken wurde aber eine Verschiebung der Bakterienflora hin zu aeroben Sporenbildnern<br />

beobachtet.<br />

137


Hygieneuntersuchungen von Fäkalkomposten<br />

3.3 Bakteriengehalt des Vermiculturkompostes<br />

Die Vermiculturkomposte wurden im Mai/Juni und August 2004 untersucht. Dabei wurde der<br />

Bakteriengehalt einer Kontrolle und je vier Proben mit Eisenia foetida, bzw. Eisenia hortensis<br />

Würmern verkompostierten Materiales bestimmt. Abbildung 1 zeigt die Ergebnisse der<br />

hygienisch-mikrobiologischen Untersuchungen im Überblick.<br />

Bakteriengehalte/g<br />

1000000000<br />

100000000<br />

10000000<br />

1000000<br />

100000<br />

10000<br />

1000<br />

100<br />

10<br />

1<br />

Ausgangsmaterial<br />

Bakteriengehalte der Vermiculturkomposte im Vergleich zur Kontrolle<br />

Kontrolle Naturrotte<br />

1. Ernte Mai/Juni 2004 2. Ernte August 2004<br />

E. hortensis Kompost<br />

E. foetida Kompost<br />

Kontrolle Naturrotte<br />

E. hortensis Kompost<br />

E. foetida Kompost<br />

Abb. 1 : Bakteriengehalt des Vermiculturkompostes im Versuchsverlauf im Vergleich zu einer Naturrotte<br />

Zum Zeitpunkt der ersten Ernte waren im Kompost E. coli-Konzentrationen von 662 bzw. 387<br />

KBE/g feststellbar, in der Kontrolle, die ohne Zusatz von Würmern verrottete 120 KBE/g. Bei der<br />

zweiten Beprobung im August 2003 waren nur noch in den Kompostproben, die mit<br />

Eiseniawürmern versetzt waren E. coli nachweisbar. Die Konzentration lag bei 20 KBE/g. Die<br />

allgemeine Koloniezahl fiel nur geringfügig im Vergleich zur Ausgangskonzentration ab. Es<br />

wurde aber auch hier wie bei der Untersuchung der Langzeitrotten festgestellt, daß sich das<br />

Bakterienspektrum zu aeroben Sporenbildnern verschiebt. Bei den Clostridiensporen wurde<br />

eine Zunahme der nachgewiesenen Sporen festgestellt. Bei der ersten Ernte wurden etwa 1-2<br />

Log-Stufen mehr Sporen pro Gramm Kompost ermittelt, als bei dem Ausgangsmaterial. Bei der<br />

zweiten Probenahme im August hatten sich die Konzentrationen auf 14.000 bis 20.000 KBE/g<br />

eingependelt. Unterschiede zwischen Vermicultur und Naturrotte konnten nicht nachgewiesen<br />

werden.<br />

138<br />

E.coli<br />

KBE 36<br />

KBE 20<br />

Clostridien


Hygieneuntersuchungen von Fäkalkomposten<br />

4 Diskussion der Ergebnisse<br />

Ziel der Untersuchungen war die Produktion eines hygienisch einwandfreien Kompostes.<br />

Daneben sollte auch untersucht werden, inwieweit Regenwürmer, die zur Kompostierung<br />

eingesetzt werden, hygienisch-mikrobiologisch bedenklich sind.<br />

Es wurde festgestellt, daß sich die untersuchten Regenwürmer hinsichtlich ihres<br />

Bakteriengehaltes nicht von Regenwürmern unterscheiden, die in der Natur vorkommen (vgl.<br />

Tab. 1 und 2). Die gefundenen Bakterienkonzentrationen sind als gering zu bewerten. Da in den<br />

Eisenia foetida Würmern Salmonellen nachgewiesen wurden, kann eine Übertragung der<br />

Salmonellen bei Verfütterung der Regenwürmer möglich sein. Derzeit ist nicht bekannt, wie<br />

hoch das Infektionsrisiko in diesem Fall für die gefütterten Tiere ist, da zur Zeit keine<br />

detaillierten Daten zur Salmonellen-konzentration in Regenwürmern erhältlich sind. Die einzigen<br />

verfügbaren Daten stammen von Finola et al (1995), die weder E. coli noch Salmonellen in<br />

Eiseniawürmern aus kompostierten Hühnerfäkalien nachweisen konnten.<br />

Das Infektionsrisiko für den Menschen kann als gering angesehen werden, da die<br />

Infektionsdosis in der Regel bei 10 3 - 10 5 Salmonellen liegt. Geht man von einem<br />

durchschnittlichen Wurm aus, der 2 g wiegt, und nimmt 100 Salmonellen/g Wurm an, dann<br />

müßte man mindestens 5 Würmer essen, um sich zu infizieren. Dies kann auch bei Kindern mit<br />

grosser Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.<br />

Bakterienkonzentrationen<br />

(KBE/g)<br />

10000000<br />

1000000<br />

100000<br />

10000<br />

1000<br />

100<br />

10<br />

1<br />

Bakteriengehalte unterschiedlicher Komposte<br />

E.coli KBE 36 KBE 20 Clostridien<br />

Untersuchte Parameter<br />

Abb. 2: Bakteriengehalt verschiedener Komposte im Vergleich. Vermiculturkompost (n=8) nach 6<br />

Monaten Kompostierung; Rottesäcke neun Monate nach Versuchsbeginn (n=4);<br />

Grünabfall/Schaftsmist Kompost mindestens 12 Monate alt (n=2)<br />

Abkürzung: KBE = Kolonie-bildende Einheiten<br />

Wurmkompost (August 2004)<br />

Rotte (Juli 2004)<br />

Kompost Grünabfall und Schafsmist<br />

139


Hygieneuntersuchungen von Fäkalkomposten<br />

Sowohl durch die Langzeitrotte, als auch durch die Vermikompostierung wird ein<br />

hygienisch-mikrobiologisch gutes Substrat produziert. Abbildung 2 zeigt eine Übersicht zum<br />

Vergleich von Vermikulturkompost und Langzeitrotte. Um einen Vergleich mit gewöhnlichem<br />

Kompost zu ermöglichen, wurden auch auf einem Biobauernhof Kompostproben entnommen.<br />

Dort wurden Grünabfälle zusammen mit Schaftsmist kompostiert. Alle Komposte weisen eine<br />

geringe Konzentration mit E.coli Bakterien auf. Durch die Kompostierung wird eine deutliche<br />

Reduktion erreicht; nach zwei Monaten Vermikultur 99,9 %, nach sechs Monaten 99,99 %. Die<br />

gefundenen Werte sind mit den von Fittschen (1999) in Kompostproben aus Komposttoiletten<br />

eines Kleingartenvereins nachgewiesenen vergelichbar. Fittschen fan 1,4 x 10 1 - 4,3x10 2 KBE/g<br />

E. coli in sechs Monate alten Komposten. Der von der US-amerika-nischen National Sanitation<br />

Foundation geforderte Grenzwert von 200 Fäkalcoliformen (entspricht E. coli) wird sowohl in<br />

den Komposten aus der Dauververerdung als auch in den Vermikulturkomposten eingehalten.<br />

Gemäß dem Nordic Ecolabeling (2000) hält der Eisenia hortensis-Kompost den geforderten<br />

Grenzwert von 2 Fäkalcoliformen ein. Im Eisenia foetida-Kompost wurde dieser Wert nach<br />

sechs Monaten Kompostierung noch gering überschritten (s. Abb. 1)<br />

Salmonellen konnten nach sechs-monatiger Kompostierung nachgewiesen werden, in der<br />

abschließenden Untersuchung waren jedoch keine Salmonellen nachweisbar. Die Produktprüfungskriterien<br />

der BioAbfV (1998) für Kompost aus Grosskompostanlagen werden somit<br />

eingehalten. In der Literatur wird mehrfach beschrieben, daß Salmonellen im Boden sehr lange<br />

überleben (Islam et al (2004): 203 - 231 Tage; Strauch et al (1981): 424 -820 Tage im Sommer,<br />

104 -350 Tage im Winter) und auch im Kompost des Biobauernhofes waren Salmonellen<br />

nachweisbar. Allerdings ist das Infektionsrisiko für den Menschen gering, da wie bereits<br />

beschrieben hohe Dosen oral aufgenommen werden müssen, um eine Infektion auszulösen.<br />

Ein Parameter, der sich ähnlich wie resistente Parasiteneier in der Umwelt verhält, sind Sporen<br />

von Bakterien, hier Clostridiensporen. In den untersuchten Komposten wurde eine Zunahme<br />

der nachgewiesenen Clostridiensporen beobachtet. Wahrscheinlich spielen verschiedene<br />

Effekte für die Zunahme eine Rolle. Der Nachweis der Bakterien erfolgte in einem Gramm<br />

Substrat. Sinkt der Wassergehalt im Substrat, findet eine relative Anreicherung der Bakterien<br />

statt. Auf der anderen Seite verändert sich durch die Kompostierung das Substrat. Die<br />

Durchmischung wird verbessert und eine besser Durchlüftung findet statt. Da Clostridien streng<br />

anaerob leben, findet bei Zunahme des Sauerstoffgehaltes eine größer Sporulation statt.<br />

Hiermit schützen sich die Bakterien vor dem schädlichen Sauerstoff und als Spore sind sie in<br />

der Lage lange Zeit schädliche Umweltbedingungen zu überdauern. Da mit dem angewandten<br />

Verfahren nur Clostridiensporen, nicht aber die vegetative Form nachgewiesen wird, kann eine<br />

Erhöhung des Nachweises auch auf eine Abnahme der vegetativen Formen, aufgrund<br />

schlechter Umweltbedingungen, zurückzuführen sein. Die Clostridiensporen sind also nur<br />

bedingt geeignet, um das Verhalten von Parasiten-Dauerformen zu simulieren. Parasiten-<br />

Dauerformen würden sich zwar auch relativ anreichern, wenn der Wassergehalt der Probe<br />

sinkt, Veränderungen der Gasatmosphäre beeinflussen ihre Anzahl jedoch nicht.<br />

Insgesamt werden durch die Dauervererdung und die Vermikultur aus menschlichen Fäkalien<br />

Komposte produziert, die in ihrer Qualität mit anderen Komposten vergleichbar sind. Die sichere<br />

Elimination von Salmonellen in kleinen Komposteinheiten kann über einen Zeitraum von sechs<br />

Monaten jedoch nicht gewährleistet werden. Hier kann eine längere Lagerzeit verbessernd<br />

wirken. In die Betrachtung des Gesundheitsrisikos, das von den Komposten ausgeht, muss<br />

aber nicht nur der Gehalt an Mikroorganismen eingehen, sondern auch die tatsächliche<br />

Nutzung der Produkte. In der Bevölkerung ist bekannt, daß Kompost Bakterien und andere<br />

Mikroorganismen enthält und somit potenziell Krankheiten übertragen werden können.<br />

Aufgrund dessen werden allgemeine Hygienemaßnahmen, wie das Händewaschen<br />

eingehalten. Somit ist eine Verwendung von kompostierten, humanen Fäkalien im Land- und<br />

Gartenbau aus hygienisch-mikrobiologischer Sicht akzeptabel. Aussagen über die<br />

Übertragbarkeit der Ergebnisse auf andere Klimate sind derzeit jedoch nicht möglich. Hier<br />

besteht weiterer Forschungsbedarf, um bestehende Wissenslücken zu Absterberaten<br />

unterschiedlicher Pathogene während der Vermikultur zu schließen<br />

140


Hygieneuntersuchungen von Fäkalkomposten<br />

5 Literatur<br />

BioAbfV (1998): Verordnung über die Verwertung von Bioabfällen auf landwirtschaftlich,<br />

forstwirtschaftlich und gärtnerisch genutzten Böden vom 21. September 1998<br />

Clivus Multrum Inc. (1989): Health Testing Clivus. Prospekt zu bakteriologischen<br />

Untersuchungen des Endproduktes von Clivus-Multrum Toiletten. Bestellbar über<br />

www.clivusmultrum.com<br />

Finola, M., Rodriguez, C., Beoletto, V. Gastrointestinal bacteriology of the earthworm Eisenia<br />

foetida grown in composted broiler litter: Rev. Argent. Microbiol. 1995; 27(4):210-3<br />

Islam M, Morgan J, Doyle MP, Phatak SC, Millner P, Jiang X. Fate of Salmonella enterica<br />

serovar Typhimurium on carrots and radishes grown in fields treated with contaminated<br />

manure composts or irrigation water: Appl Environ Microbiol. 2004 Apr;70(4):2497-502.<br />

Strauch D, Konig W, Philipp W, Evers FH. Survival of salmonellas and ascaris eggs during<br />

sludge utilization in forestry (author's transl): Zentralbl Bakteriol Mikrobiol Hyg [B]. 1981<br />

Dec;174(5):461-70<br />

I. Fittschen: Entsorgungsverfahren in Kleingartenanlagen mit Schwerpunkt Trockentoiletten,<br />

Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V., Schriftenreihe Nr. 140 /1999, "Zukunft<br />

Kleingarten mit naturnaher und ökologischer Bewirtschaftung"<br />

141


Depotdünger aus Urin<br />

Zeolithversuche zur Adsorption von Ammonium aus<br />

Urin und Herstellung eines Depotdüngers<br />

Maria Hogrebe *) & Jürgen Simons **)<br />

*) Gewitra mbH, Karlrobert-Kreiten-Str. 13 , 53115 <strong>Bonn</strong><br />

**) Institut für <strong>Pflanzenernährung</strong> , <strong>Universität</strong> <strong>Bonn</strong> Karlrobert-Kreiten-Str. 13, 53115 <strong>Bonn</strong><br />

1 Einleitung<br />

Menschlicher Urin enthält neben Pflanzennährstoffen auch Substanzen wie z.B. Pharmaka die<br />

bei der Herstellung von Düngern aus Urin unerwünscht sind. In Sorptionsversuchen wurden<br />

speziell für Depotdünger geeignete Zeolithe in Urin eingesetzt und deren Wirkung als<br />

Depotdünger untersucht. Ziel dieser Untersuchungen war die medikamentenfreie Nährstoffentfrachtung<br />

von Urin mittels natürlicher Zeolithe, die anschliessend als Deopotdünger in der<br />

Landwirtschaft eingesetzt werden sollen.<br />

2 Material und Methoden<br />

Natürliche Zeolithe sind Minerale mit der Fähigkeit zum Ionenaustausch. Sie besitzen eine<br />

reguläre Kristallstruktur aus Si/Al-O4-Tetraedern mit einem geordneten System von Poren<br />

einheitlicher Abmessungen. In Abbildung 1 ist die Kristallstruktur von Zeolith dargestellt. Je<br />

nach Typ des Zeolithen liegt eine Kanal- oder Käfigstruktur vor. Durch Ionenaustausch können<br />

Protonen und verschiedene Metallionen in die Zeolithstruktur eingebaut werden. Zeolithe<br />

werden deshalb auch als Molekularsiebe<br />

bezeichnet, d.h. Moleküle mit bestimmter Größe<br />

können schlecht oder gar nicht in das<br />

Porensystem eindringen (Gies &.Marler 2004).<br />

Für die Versuche standen natürliche Zeolithe<br />

mit Kationenaustauschkapazitäten zwischen<br />

150-200 meq*100 g -1 zur Verfügung. Sie<br />

wurden auf ihre Sorptionsfähigkeit im Urin<br />

Lambertsmühle getestet und auf Nährstoff- und<br />

Pharmakagehalt analysiert.<br />

Abbildung 1: Kristallstruktur von Zeolith<br />

Es wurden 4 verschiedene Versuchsreihen durchgeführt:<br />

1. Screeningversuch zur Adsorption von Ammonium, Kalium und Natrium aus einer<br />

hergestellten Einzel- und Komponentenlösung in entsprechender Urinkonzentration.<br />

2. Screeningversuch zur Adsorption von Ammonium, Kalium und Natrium aus frischem<br />

Urin.<br />

3. Screeningversuch zur Ermittlung der Adsorption von Ammonium in gelagertem Urin mit<br />

unterschiedlichen Zeolithen.<br />

4. Screeningversuch zur Adsorption von Pharmakas in gelagertem Urin.<br />

142


Depotdünger aus Urin<br />

Im Screeningversuch 1 wurde ein in Nährstoffkonzentration des Urin Lambertsmühle<br />

entsprechender künstlicher Urin hergestellt. Bei diesem Versuch sollte erprobt werden, wie sich<br />

das Adsorbtionsverhalten von Zeolith in unterschiedlichen Nährstofflösungen verhält. Hierzu<br />

wurde Stickstoff in Form von Ammoniumsulfat [(NH4)2SO4], Kalium in Form von Kaliumchlorid<br />

[KCl] und Natrium in Form von Natriumchlorid [NaCl] sowohl als Einzellösung als auch als<br />

Mischlösung appliziert. Die Nährstoffkonzentrationen der Komponenten betrugen<br />

N (0,107 mol*l -1 ); K (0,013 mol*l -1 ); Na (0,022 mol*l -1 ).<br />

Im Screeningversuch 2 wurde Zeolith mit frischem Urin beladen. Die Versuchsreihe sollte<br />

zeigen ob in nicht hydrolisiertem Urin mehr Kalium und Natrium von Zeolith aufgenommen wird.<br />

In frischem Urin liegt Stickstoff in Form von Harnstoff vor und ist noch nicht zu Ammonium<br />

hydrolysiert (Hanaeus et al., 1996). Harnstoff kann vom Zeolith nicht adsorbiert werden. Der<br />

Urin wurde am Institut für <strong>Pflanzenernährung</strong> gesammelt. Es handelte sich dabei um 24<br />

Stundenproben. Zum Zeitpunkt der Beladung hatte der Urin einen pH-Wert von 6,6 mit einer<br />

NH4-N Konzentration von nur 460 mg/l. Durch unterschiedliche Schüttelzeiten sollte das<br />

Adsorbtionsverhalten des Zeolith über die Zeit beobachtet werden.<br />

Im Screeningversuch 3 wurde Zeolith mit gelagertem Urin Lambertsmühle beladen, um das<br />

Adsorbtionsverhalten von Zeolith in hydrolisiertem Urin zu testen. Aus drei zur Verfügung<br />

stehenden natürlichen Zeolithen sollte zusätzlich der Zeolith mit der höchsten Ammonium<br />

Adsorptionsrate bestimmt werden. Die Depotdüngerherstellung wurde dann mit diesem Zeolith<br />

vorgenommen.<br />

Im Screeningversuch 4 wurde Zeolith mit gelagertem Urin Lambertsmühle, der zusätzlich mit<br />

ausgewählten Arzneimittelwirkstoffen versetzt wurde, auf die Adsorption am Zeolith getestet.<br />

Der Versuch sollte zeigen, ob eine arzneimittelfreie Nährstoffentfrachtung von Urin möglich ist.<br />

Die applizierte Konzentration der Stoffgruppe der Sulfonamide und Tetracyclin betrug 200 µg* l -<br />

1 -1<br />

, die der weiteren Pharmakas 100 µg*l . Die Beladung des Zeoliths erfolgte am Institut für<br />

<strong>Pflanzenernährung</strong>. Die Analyse und Auswertung erfolgte am Institut für Wasserforschung<br />

Mülheim.<br />

Die Versuche 1-3 wurden folgendermaßen durchgeführt. Zur Beladung wurden 5 g Zeolith in<br />

200 ml Zentrifugenbecher eingewogen und anschließend mit 100 ml Urin bzw. der<br />

Komponetenlösung versetzt. Die verwendeten natürlichen Zeolithe besaßen unterschiedliche<br />

Kationenaustauschkapazitäten. Der Bulgarische Zeolith hatte eine Austauschkapazität von<br />

1,8 meq*g -1 , der griechische Zeolith von 1,6 meq*g -1 und der italienische Zeolith von 1,5-<br />

2,0 meq*g -1 . Das Verhältnis Urin zu Zeolith entsprach bei einer NH4-N Konzentration von 1,5 g*l -<br />

1 einer Konzentration, die 19 % über der Kationenaustauschkapazität des bulgarischen<br />

Zeolithen lag. Umgehend nach der Applikation wurde das Gemisch in einem Schüttler vermengt<br />

und anschließend bei 10.000 U*min -1 über 10 Minuten zentrifugiert. Die feste und flüssige<br />

Phase wurde zur Analyse verwendet. Die NH4-N Bestimmung erfolgte an einem Gerhardt<br />

Vapodest Kjeldahlgerät. Zur gesamt Kalium- und Natriumbestimmung wurden die Proben durch<br />

einen Druckaufschluss mit Salpetersäure an einem Atom-Adsorbtions-Spektrometer flammenfotometrisch<br />

bestimmt. Für den vierten Screeningversuch wurde analysetechnisch eine höhere<br />

Zeolith- und Urinmenge benötigt. Ein Versuchsplan der Screeningversuche ist in Tab 1<br />

dargestellt.<br />

143


Depotdünger aus Urin<br />

Tab. 1: Versuchsplan der Zeolithversuche: 1: Bulgarischer Zeolith (1,8 meq*g -1 ), 2: Griechischer<br />

Zeolith (1,6 meq*g -1 ), 3: Italienischer Zeolith (1,5-2,0 meq*g -1 )<br />

verwendete Zeolithmenge Urinmenge Schüttelzeiten untersuchte Anzahl<br />

Zeolithe [g] [ml] [min] Parameter Wiederholungen<br />

Versuch 1 1 5 100 5 N, K, Na 4<br />

Versuch 2 1 5 100 2; 10; 60 N, K, Na 4<br />

Versuch 3 1; 2; 3 5 100 2; 60 N 4<br />

Versuch 4 1 20 200 5 Pharmaka 9<br />

2.1 Ergebnisse<br />

2.1.1 Screeningversuch 1<br />

2.1.1.1 Einkomponentenlösung<br />

In Abbildung 2 sind die Adsorptionsraten von Stickstoff, Kalium und Natrium des 1.<br />

Screeningversuches in der Einkomponentenlösung dargestellt.<br />

Aufnahme [mol ]<br />

0,12<br />

0,1<br />

0,08<br />

0,06<br />

0,04<br />

0,02<br />

0<br />

N K Na<br />

Applizierte<br />

Menge<br />

Aufgenommene<br />

Menge<br />

Abb. 2: Adsorptionsraten von Chabazit Bulgarien nach 5 Minuten Schüttelzeit bei Applikation der<br />

Einzellösungen (n=4, Balken = Standardabweichung).<br />

Hierbei zeigte sich das bei einer applizierten NH4-N Menge von 0,107 mol der Lösung 0,034<br />

mol entzogen werden konnte. Für Kalium (0,013 mol) und Natrium (0,022 mol) lagen die<br />

Entzüge mit 1,3 mmol und 1,0 mmol weitaus niedriger. Dies entspricht einer vom Zeolith<br />

adsorbierten Molmenge von 32,1 % für Stickstoff, 10,1 % für Kalium und 4,5 % für Natrium.<br />

Trotz geringerer Konzentration konnte mehr Kalium als Natrium vom Zeolith aufgenommen<br />

werden. Die vom Zeolith adsorbierte NH4-N Menge entspricht 38 % der theoretischen<br />

Kationenaustauschkapazität von 180 meq*100g -1 des Zeolith. Die adsorbierte Kaliummenge<br />

entspricht 1,5 %, die adsorbierte Natriummenge 1,1 % der Austauschkapazität.<br />

144


Depotdünger aus Urin<br />

2.1.1.2 Mehrkomponentenlösung<br />

Abbildung 3 zeigt die Adsorptionsraten des Bulgarischen Zeoliths nach Applikation der 3-<br />

Komponentenlösung (N, K, Na).<br />

Aufnahme [mol ]<br />

0,03<br />

0,025<br />

0,02<br />

0,015<br />

0,01<br />

0,005<br />

0<br />

-0,005<br />

-0,01<br />

N K Na<br />

Abb. 3: Adsorptionsraten von Chabazit Bulgarien nach 5 Minuten Schüttelzeit bei Applikation der<br />

Komponentenlösung (n=4, Balken = Standardabweichung).<br />

Nach einer Schüttelzeit von 5 Minuten konnten 22 % (0,024 mol) des in Lösung befindlichen<br />

NH4-N entzogen werden. Kalium und Natrium hingegen wurden nicht adsorbiert sondern<br />

resorbiert. Die Komponentenlösung hatte nach der Versuchsdurchführung einen um jeweils 7 %<br />

höheren Kalium- und Natriumgehalt. Die vom Zeolith adsorbierte NH4-N Menge entspricht<br />

26,3 % der theoretischen Kationenaustauschkapazität von 180 meq*100g -1 .<br />

Durch diesen Versuch konnte gezeigt werden, dass eine Nährstofflösung, die in ihren N- und Kkonzentrationen<br />

dem Urin der Lambertsmühle ähnelt, NH4-N sowohl in der Einkomponentenlösung<br />

als auch in der Mehrkomponentenlösung in ähnlicher Menge adsorbiert werden kann<br />

2.1.2 Screeningversuch 2<br />

In Abbildung 4 sind die vom Zeolith Bulgarien entzogenen Stoffmengen des mit Frischurin<br />

behandelten Zeoliths dargestellt.<br />

Wie zu erwarten, war die Ammoniumkonzentration mit 460 mg/l (33 mmol*l -1 ) im Frischurin<br />

gering. Nach 60 Minuten Schüttelzeit konnte sämtliches Ammonium am Zeolith adsorbiert<br />

werden. Im Gegensatz zur Mehrkomponentenlösung wurde in frischem Urin, Kalium und<br />

Natrium adsorbiert. Trotz 2fach höherer Natriumkonzentration wurde mehr Kalium als Natrium<br />

vom Zeolith aufgenommen. 75 % des enthaltenen Kaliums und 15 % des Natriums konnten<br />

adsorbiert werden. Eine Verlängerung der Schüttelzeit von 10 auf 60 Minuten, erbrachte für<br />

Stickstoff und Kalium eine signifikante Steigerung in der am Zeolith adsorbierten Molmenge.<br />

Eine Verlängerung der Schüttelzeiten erbrachte für Natrium jedoch keine signifikanten<br />

Unterschiede.<br />

145


Depotdünger aus Urin<br />

Aufnahme [mol ]<br />

0,12<br />

0,1<br />

0,08<br />

0,06<br />

0,04<br />

0,02<br />

0<br />

Start N-<br />

Urin<br />

N-<br />

Zeolith<br />

Start K-<br />

Urin<br />

K-<br />

Zeolith<br />

Start<br />

Na-Urin<br />

Na-<br />

Zeolith<br />

2 Minuten<br />

10 Minuten<br />

60 Minuten<br />

Abb. 4: Applizierte Ammoniumstickstoff-, Natrium- und Kaliumstoffmengen von Chabazit Bulgarien und<br />

deren Entzüge nach 2, 10, 60 Minuten Schüttelzeit mit Frischurin (n=4, Balken =<br />

Standardabweichung).<br />

Im Vergleich zu den Ergebnissen der Mehrkomponentenlösung des 1. Screeningversuches,<br />

wurde eine gleich große Menge NH4-N aufgenommen. Jedoch war die Aufnahme von Natrium<br />

und Kalium im unverdünnten Frischurin etwa 4mal höher und die Stickstoffkonzentration etwa<br />

3mal niedriger verglichen mit der künstlich hergestellten Lösung.<br />

Nach 60 Minuten Schüttelzeit wurde die theoretische Kationenaustauschkapazität des Zeolithen<br />

von 1,8 meq*g -1 zu 96 % erreicht. Dabei entfielen 38 % auf NH4-N, 40 % auf Kalium und 18 %<br />

auf Natrium. Trotz niedrigerer Konzentration an NH4-N, konnte nach 60 Minuten Schüttelzeit,<br />

eine gleich große Menge Stickstoff wie Kalium aufgenommen werden. Nahezu 100 % des<br />

enthaltenen Ammonium konnte adsorbiert werden. Die Adsorption erfolgte in der Reihenfolge:<br />

NH4 + > K + > Na + .<br />

2.1.3 Screeningversuch 3<br />

Die Ergebnisse zur Ermittlung der Adsorptionsleistung von Ammonium drei unterschiedlicher<br />

Zeolithe ist in Abbildung 5 dargestellt.<br />

146


Depotdünger aus Urin<br />

Aufnahme [mol]<br />

0,12<br />

0,1<br />

0,08<br />

0,06<br />

0,04<br />

0,02<br />

0<br />

applizierte Menge Clinoptiolit<br />

Bulgarien<br />

d e ab c a b*<br />

Chabazit Italien Clinoptiolit<br />

Griechenland<br />

2 Minuten<br />

60 Minuten<br />

Abb. 5: Adsorption von Ammonium verschiedener Zeolithe nach Urinapplikation; Schüttelzeiten: 2 min;<br />

60 min; *: unterschiedliche Buchstaben bedeuten signifikante Unterschiede zu einem<br />

Signifikanzniveau von 5 %, (n=4).<br />

Die Versuchsreihe zeigte, dass ein Großteil der Ammoniumadsorption am Zeolith innerhalb der<br />

ersten 2 Minuten abgeschlossen ist. Von den applizierten 0,11 mol NH4-N wurden nach 2<br />

Minuten 0,024 mol sorbiert. Eine Verlängerung der Schüttelzeit um das 30fache auf 60 Minuten<br />

hatte eine 23 %ige Steigerung für den bulgarischen Zeolith, eine 42 %ige Steigerung für den<br />

Italienischen Zeolith und eine 32 %ige Adsorptionssteigerung für den Griechischen Zeolith zur<br />

Folge. Der bulgarische Zeolith erreichte sowohl nach 2 Minuten als auch nach 60 Minuten eine<br />

signifikant höhere Adsorptionsrate gegenüber den anderen Zeolithen. Nach 60 Minuten wurden<br />

0,030 mol NH4-N sorbiert. Dies entspricht 33 % der theoretischen Kationenaustauschkapazität.<br />

Für die Herstellung der Depotdünger wurde deshalb der bulgarische Zeolith ausgewählt.<br />

Die Zeolithversuche haben gezeigt das mit Hilfe von natürlichen Zeolithen eine Kationen<br />

spezifische Nährstoffentfrachtung von frischem und gelagertem Urin möglich ist. Lind et al.<br />

(2000) konnte in Zeolithversuchen zur Ammoniumadsorption aus synthetisch hergestelltem Urin<br />

Adsorptionsraten von bis zu 80 % erreichen. Hierbei lagen aber die Konzentrationen um das bis<br />

zu 10fache höher und die Zeolithmenge war um den Faktor 10 reduziert. Die Aufnahmerate<br />

korrelierte dabei mit der Korngröße des Zeolithen, Ionenkonzentration der Lösung und der<br />

Kontaktzeit. Der durchschnittliche Stickstoffgehalt von uverdünntem Urin liegt bei ca. 9,2 g/l<br />

(Larsen & Gujer, 1996), der Urin Lambertsmühle hingegen, weist nur durchschnittlich 1,5 g/l<br />

auf. Wie die Ergebnisse mit Frischurin gezeigt haben, ist auch hier anzunehmen das bei<br />

höheren Nährstoffkonzentrationen im Urin höhere Aufnahmeraten zu erwarten sind. Um weitere<br />

Aussagen treffen zu können, sollten noch Versuche mit gelagertem unverdünntem Urin<br />

durchgeführt werden.<br />

147


Depotdünger aus Urin<br />

2.1.4 Screeningversuch 4<br />

Die Ergebnisse der Untersuchungen zur Adsorption von Pharmakas in gelagertem Urin sind im<br />

Teilbericht des IWW zu finden. Das Ergebnis dieses Versuches war, dass die untersuchten<br />

Pharmakastoffgruppen bis auf Tetracyclin nach der Zeolithbehandlung in der flüssigen Phase<br />

verblieben. Eine pharmakafreie Depotdüngerherstellung ist deshalb in einem einzigen<br />

Behandlungsschritt mit Zeolith nicht möglich. Es wäre jedoch denkbar Tetracyclin in Frischurin<br />

in einem ersten Behandlungsschritt zu entfernen. Aufgrund der Ergebnisse der Vorversuche ist<br />

anzunehmen, dass Tetracyclin, ein Großteil des enthaltenen Kalium und dem in ammoniumform<br />

vorliegende Stickstoff entzogen wird. Dem hydrolisierten Urin könnte dann in einem 2 Schritt<br />

das Ammonium entzogen werden. Es gilt jedoch zu beachten das die Konzentration für<br />

Tetracyclin im 4. Screeningversuch 200 µg*l -1 entsprach. Die gemessene<br />

Tetracyclinkonzentration in undotiertem Urin lag unterhalb der Nachweisgrenze von 10 µg* l-1 .<br />

Wie hoch die Adsorption von Tetracyclin am Zeolith in undotiertem ist, kann deshalb nicht<br />

beantwortet werden. Weitere Versuche zur Adsorption von Tetracyclin sollten folgen.<br />

2.2 Zusammenfassung<br />

Natürliche Zeolithe können zur Nährstoffentfrachtung in Urin eingesetzt und zur<br />

Depotdüngerherstellung verwendet werden. Die adsorbierte Stickstoffmenge hängt von der<br />

Nährstoffkonzentration im Urin ab. In frischem unverdünnten Urin konnte die Kationenaustauschkapazität<br />

des Zeoliths zu 96 % erreicht werden, in gelagertem Urin Lambertsmühle<br />

zu 33 %. Der verwendete Zeolith war auch in unterschiedlich konzentrierten Lösungen<br />

ammoniumselektiv. Durch Beladung des Zeolith mit frischem bzw. gelagertem Urin können<br />

Zeolithe mit unterschiedlichen Nährstoffgehalten hergestellt werden, die für verschiedene<br />

Düngezwecke Verwendung finden könnten. Die Verdünnung des Urins mit Spülwasser sollte<br />

jedoch geringer sein, um eine höhere Nährstoffkonzentration im Zeolith zu erreichen.<br />

3 Einsatz von Zeolithen zur Herstellung von Depotdüngern im Gartenbau<br />

3.1 Einleitung<br />

In Gewächshausversuchen wurden Zeolithe, die mit Urin der Lambertsmühle behandelt wurden<br />

und dabei Ammonium und Kalium sorbierten, auf deren Eignung als Depotdünger getestet. Die<br />

Gemische wurden nach der Sorptionsphase dem Urin entnommen und als Depotdünger im<br />

Zierpflanzenbau eingesetzt. Diese Vegetationsversuche mit Topfgerbera, Maranthen und<br />

Usambaraveilchen haben zum Ziel, die Düngedepots in Bezug auf Pflanzenverträglichkeit und –<br />

wachstum sowie Wirkungsdauer der Düngedepots zu testen.<br />

3.2 Material und Methoden<br />

3.2.1 Versuchspflanzen, Substrate und Versuchsgefäße<br />

Als Versuchspflanzen wurden Gerbera L., Saintpaulia ionantha L. und Calathea warscewiczi L.<br />

verwendet. Insbesondere bei Saintpaulia ionantha wurde aufgrund ihrer Salzempfindlichkeit<br />

vorwiegend die Verträglichkeit der Düngedepots getestet. Gerbera L., Saintpaulia ionantha L.<br />

und Calathea warscewiczi L. wurden in das Substrat Einheitserde Typ Null kultiviert.<br />

3.2.2 Herstellung der Düngedepots<br />

Bei der Herstellung des Gemisches wurde zunächst das Zeolith mit Urin versetzt, so dass das<br />

Ammonium aus dem Urin an das Zeolith angelagert wurde. Danach wurden weitere Nährsalze<br />

hinzugegeben (P, Mg, Mo, B, N, Mg, Cu, Mn, Zn und Fe). Um eine homogene Verteilung der<br />

Nährsalze zu erreichen, wurden die Spurenelemente als Lösung dem Zeolith beigemischt.<br />

148


Depotdünger aus Urin<br />

Nachstehend wurden diese Gemische im Trockenschrank bei 40 °C getrocknet und<br />

anschließend im Mörser zermahlen.<br />

3.2.3 Depotdüngung<br />

Die Anordnung der Düngedepots in den Pflanzentöpfen für die Vegetationsversuche mit<br />

Gerbera L., Saintpaulia ionantha L. und Calathea warscewiczi L. erfolgte entsprechend<br />

Abbildung 6.<br />

Dabei wurden die Pflanzen zuerst in die Töpfe getopft und anschließend die Düngedepots mit<br />

der Öffnung nach unten seitlich in die Töpfe platziert.<br />

Abb. 6: Platzierung der Düngedepots in den Pflanzentöpfen bei den Versuchen mit Gerbera L.,<br />

Saintpaulia ionantha L. und Calathea warscewiczi L.<br />

3.2.4 Analytik<br />

Die getrockneten Pflanzenproben wurden in einer Scheibenschwingmühle (Siebtechnik)<br />

feinvermahlen. Für die Bestimmung der Gesamtgehalte der Nährstoffe P, K und Mg erfolgte<br />

eine trockene Veraschung im Muffelofen bei 550 °C. Der Ascherückstand wurde durch kurzes<br />

Aufkochen in 1:1 verdünnter HCl gelöst, anschließend durch Filtration in 100 ml Messkolben<br />

überführt und mit H2O aufgefüllt. Zur Analyse der Elemente dienten Aliquote dieses Filtrats.<br />

Aus dem Filtrat wurden bestimmt:<br />

• Phosphat kolorimetrisch mit Ammonium-Vanadat-Molybdat<br />

• Kalium und Calcium flammenphotometrisch<br />

• Magnesium atomabsorptionsspektrometrisch<br />

Die N-Gehalte wurden im getrockneten Pflanzenmaterial nach einem Aufschluss von Kjeldahl<br />

mit konzentrierter H2SO4 unter Zusatz von Selen/K2SO4-Katalysator und durch Destillation in der<br />

Parnaß-Wagner-Apparatur titrimetrisch bestimmt.<br />

Für die Analyse der Restnährstoffgehalte in den Depots wurden die getrockneten Depotproben<br />

in einem Mörser homogenisiert. Danach wurden sie mit 65 %iger HNO3 im Autoklaven<br />

(Loftfield) unter Druck aufgeschlossen und anschließend in 50 ml Messkölbchen filtriert und mit<br />

H2O aufgefüllt. Die Gehalte von N, P, K, Mg und Ca wurden wie in Kapitel 3.2.1. beschrieben<br />

ermittelt. Zusätzlich wurden die Na-Gehalte in den Proben flammenphotometrisch bestimmt.<br />

Die Pflanzen wurden während ihrer Entwicklung bonitiert.<br />

149


Depotdünger aus Urin<br />

4 Ergebnisse<br />

Bei allen drei Versuchen mussten die Varianten, die mit einem „Urindüngerdepot“ versehen<br />

waren, mehrfach (3-4 mal) nachgedüngt werden, um einen Aufwuchs ohne Nährstoffmangel zu<br />

ermöglichen. Exemplarisch sind die Ergebnisse mit Gerbera L. dargestellt.<br />

4.1 Wachstumsbeobachtungen<br />

Die Pflanzen der Depotvariante zeigten zunächst Verfärbungen an den Blättern. Dies ist auf<br />

einen Nährstoffmangel zurückzuführen, da die Nährstoffversorgung aus dem Düngedepot zu<br />

Beginn unzureichend war. Während der gesamten Versuchsdauer mussten bei der<br />

Depotvariante mehrere Nachdüngungen erfolgen, um Wachstumshemmungen hinsichtlich<br />

Nährstoffmangels zu vermeiden.<br />

In der Tabelle 2 sind die pH- und Salzgehalte für diesen Versuch aufgeführt. Sowohl<br />

Salzgehalte als auch pH-Werte sind in einem für Topfgerbera optimalen Bereich.<br />

Tab. 2: pH-Werte und Salzgehalte im oberen und unteren Bereich des Topfes im Versuch mit Gerbera<br />

Varianten Kontrolle Depot Urin<br />

pH-Wert oben 5,64 5,65<br />

unten 5,39 5,34<br />

Salzgehalte (mS/cm) Oben 0,4 0,2<br />

4.2 Bonitur<br />

unten 0,4 0,7<br />

Am 23.7.2004 und 6.9.2004 erfolgte die Bonitur des Versuches mit Gerbera anhand der<br />

Bewertungskriterien „Anzahl der Blätter“, „Anzahl der geschlossenen Blüten“ und „Anzahl der<br />

offenen Blüten“ (Abbildungen 7 und 8).<br />

Anzahl pro Pflanze<br />

35,0<br />

30,0<br />

25,0<br />

20,0<br />

15,0<br />

10,0<br />

5,0<br />

0,0<br />

-5,0<br />

Anzahl der<br />

Blätter<br />

geschlossene<br />

Blüten<br />

offene Blüten<br />

Kontrolle<br />

Depot Urin<br />

Abb. 7: Bewertung des Versuches mit Gerbera am 23.07.2004; dargestellt sind Mittelwerte (n=14,<br />

Balken: Standardabweichung).<br />

150


Depotdünger aus Urin<br />

Anzahl pro Pflanze<br />

45,0<br />

40,0<br />

35,0<br />

30,0<br />

25,0<br />

20,0<br />

15,0<br />

10,0<br />

5,0<br />

0,0<br />

-5,0<br />

Anzahl der<br />

Blätter<br />

geschlossene<br />

Blüten<br />

offene Blüten<br />

Kontrolle<br />

Depot Urin<br />

Abb.8: Bewertung des Versuches mit Gerbera am 6.09.2004; dargestellt sind Mittelwerte (n=14,<br />

Balken: Standardabweichung).<br />

Es zeigte sich, dass die Depotvariante Urin hinsichtlich der Bewertungskriterien „Anzahl der<br />

Blätter“, „Anzahl der geschlossenen Blüten“ und „Anzahl der offenen Blüten“ mit der Kontrollvariante<br />

konkurrieren konnte.<br />

4.3 Erträge<br />

In Abbildung 9 sind die Erträge an Frisch- und Trockenmasse bei der Topfgerbera zum Ende<br />

des Versuches dargestellt, die sich nicht signifikant von einander unterschieden.<br />

Pflanzemasse in g<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

Frischmasse Trockenmasse<br />

Kontrolle<br />

Depot Urin<br />

Abb. 9: Erträge an Frisch- und Trockenmasse bei der Topfgerbera zu Versuchende. Dargestellt sind<br />

Mittelwerte (n=14, Balken: Standardabweichung).<br />

Bei der Topfgerbera wiesen die depotgedüngten Pflanzen ähnliche N-Gehalte wie die<br />

konventionell gedüngten auf. Auch die Gehalte an Phosphor, Magnesium und Kalium zeigten<br />

zwischen den Varianten keine signifikanten Unterschiede (Abbildung 10).<br />

151


Depotdünger aus Urin<br />

Die N-Entzüge waren bei der Depotvariante mit der Kontrolle vergleichbar. Bei der<br />

Depotvariante waren die ermittelten P-, K- und Mg-Entzüge pro Pflanze gegenüber den<br />

Entzügen der mit praxisüblicher Flüssigdüngung versehenen Kontrolle nicht signifikant.<br />

Gehalte in % TS<br />

2,0<br />

1,8<br />

1,6<br />

1,4<br />

1,2<br />

1,0<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0,0<br />

N P K Mg<br />

Nährstoffe<br />

Kontrolle<br />

Depot Urin<br />

Abb. 10: Gesamtnährstoffgehalte bei Gerbera zu Versuchende. Dargestellt sind Mittelwerte (n=14,<br />

Balken: Standardabweichung).<br />

Nach 105 Tagen wurden noch 56 % des Ausgangsgehaltes von 270 mg N im Düngedepot<br />

nachgewiesen. Auffällig erschien, dass unter Berücksichtigung des Ausgangsgehaltes von 291<br />

mg K/Düngedepot nur 10 % an Kalium aus dem Düngedepot herausdiffundiert war (Abbildung<br />

11). Überdies konnten in den Düngedepots nur noch 27 % des Ausgangsgehaltes von 81<br />

mg/Düngedepot ermittelt werden.<br />

mg/Depot<br />

350,0<br />

300,0<br />

250,0<br />

200,0<br />

150,0<br />

100,0<br />

50,0<br />

0,0<br />

N P K Mg<br />

Nährstoffe<br />

Restnährstoffgehalt<br />

Basisgehalt<br />

Abb. 11: Restnährstoffgehalte in dem Düngedepot des Versuches mit; Gerbera zum Versuchsende.<br />

Dargestellt sind Mittelwerte (n=14).<br />

152


Depotdünger aus Urin<br />

5 Schlussfolgerung<br />

Eine pharmakafreie Nährstoffentfrachtung ist für die im Urin untersuchten Stoffgruppen von<br />

Pharmaka bis auf Tetracyclin möglich. Dennoch ist eine Depotdüngerherstellung mit Urin in<br />

Nährstoffkonzentration der Lambertsmühle nicht zu empfehlen. Zierpflanzen können mit aus<br />

Urin hergestellten Düngedepots wachsen, jedoch bedarf es mehrfacher Nachdüngung mit<br />

Stickstoff. Die aus dem Urin der Lambertsmühle hergestellten Düngedepots konnten aufgrund<br />

der geringen Ammoniumkonzentration (ca. 1,4 g NH4-N l -1 ) nicht ausreichend mit N beladen<br />

werden. Der Einsatz von größeren Depots, mit der eine größere N-Menge zur Verfügung<br />

gestellt werden könnte, ist technisch nicht möglich, da dadurch das Volumen für die<br />

Blumenerde im Topf zu stark verringert werden würde. Urin mit höherer N-Konzentration könnte<br />

jedoch geeignet für die Herstellung von Düngedepots im Zierpflanzenbau sein.<br />

6 Quellenangabe<br />

Gies, H., Marler, B.: Zeolithe erobern den Alltag: Das Spiel mit den Strukturen, 2004,<br />

Mineralogie – Kristallographie, Institut für Geologie, Mineralogie und Geophysik, Fakultät<br />

für Geowissenschaften, www.ruhr-uni-bochum.de/rubin/rbin1_04/texte/beitrag2.rtf<br />

Hanaeus, A., Hellström, D., Johansson, E., 1996. Convertion of urea during storage of human<br />

urine. Vatten 52, pp.263-270.<br />

Larsen, T.A., Gujer, W. 1996, Separate management of anthropogenic nutrient solution (human<br />

urine), Water Science and Technology, Vol. 34 (3-4), 87-94.<br />

Lind, B., Ban, Z., Bydén, S. 2000, Nutrient recovery from human urine by struvite crystallization<br />

with ammonia adsorption on zeolite and wollastonite, Bioresource Technology 73, Issue<br />

2, pp. 169-174.<br />

153


Zusammenfassende Risikobewertung<br />

Zusammenfassende Risikobewertung<br />

Jörg Londong<br />

Professur Siedlungswasserwirtschaft, Bauhaus-<strong>Universität</strong> Weimar, Coudraystr. 7, 99421<br />

Weimar<br />

1. Einleitung<br />

Das für die Lambertsmühle entwickelte Abwasserkonzept unterscheidet sich von dem<br />

hierzulande im ländlichen Raum üblichen, da es auf einer separaten Behandlung der Teilströme<br />

Grauwasser, Urin und Fäkalien mit dem Ziel der weitgehenden Nutzung der Inhaltsstoffe der<br />

Teilströme beruht.<br />

Welche Risiken im Verhältnis zum konventionellen System das neue Konzept beinhaltet, sollte<br />

in den in diesem Bericht dokumentierten Untersuchungen festgestellt werden.<br />

Im Folgenden werden die Risiken beleuchtet, die sich aus der Sanitärtechnik selbst und aus der<br />

Behandlungstechnik ergeben. Ein Schwerpunkt der Untersuchungen lag auf der Abschätzung<br />

des Verbleibs von mit Urin bei der Urinnutzung transportierten und verteilen Arzneimitteln und<br />

auf dem Aspekt Hygiene bei der Behandlung der Fäkalien und der Verwendung von<br />

Fäkalienkompost.<br />

2. Risiko Sanitär- und Behandlungstechnik<br />

Die Risikoabschätzung für die installierte Sanitärtechnik im Haus zeigt als wichtigsten Faktor die<br />

Akzeptanz der Benutzer für eine veränderte Sanitärtechnik. Trenntoiletten und wasserlose<br />

Urinale haben einen höheren Wartungsaufwand. Der Betrieb der Grauwasserbehandlung über<br />

Bodenfilter und das Sammeln von Urin in einem geschlossenen Tank sind problemlos. Der<br />

Betrieb der Rottesäcke und des Abscheiders sind aufwändiger als der Betrieb einer 3-Kammer-<br />

Grube. Wartungsarbeiten am Rottesacksystem können schon aus ästhetischen Gründen dem<br />

Betreiber nicht zugemutet werden. Gleiches gilt für die Entnahme von Rottesäcken und das<br />

Ansetzen zur Kompostierung. Hier muss sich der Betreiber der Anlage eines Dritten (Fachfirma)<br />

bedienen, bei welcher von einem sachgemäßen Umgang mit den genannten Stoffen<br />

ausgegangen werden kann.<br />

Für die Behandlungsanlagen ist gegenüber einer konventionellen Hauskläranlage mit<br />

Mehrkammergrube und bewachsenem Bodenfilter für das gesamte Schmutzwasser von einem<br />

geringeren Risikopotential auszugehen, da die Geruchs- und Gasbildung erheblich niedriger<br />

einzuschätzen ist. Im Falle eines Versagens bzw. Teilausfalls der Anlage wird nur in geringem<br />

Maße Stickstoff in das Gewässer emittiert.<br />

3. Risiko Arzneimittel<br />

Tabelle 1 gibt einen Überblick über die in diesem Projekt untersuchten Wirkstoffe und deren<br />

humantherapeutischen Einsatz.<br />

154


Zusammenfassende Risikobewertung<br />

Tab. 1: Auflistung der in diesem Projekt untersuchten Arzneimittelwirkstoffe.<br />

Wirkstoffbezeichnung humantherapeutischer Einsatz]<br />

Carbamazepin Antiepileptikum<br />

Clofibrinsäure Metabolit der Lipidsenker Clofibrat, Etofibrat und Etofyllinfibrat<br />

Bezafibrat Lipidsenker<br />

Fenoprofen nichtsteroidales Antirheumatikum<br />

Diclofenac nichtsteroidales Antirheumatikum<br />

Ibuprofen nichtsteroidales Antirheumatikum<br />

Tetracyclin Antibiotikum<br />

Sulfamethazin Antibiotikum<br />

Sulfadiazin Antibiotikum<br />

Sulfamethoxazol Antibiotikum<br />

3.1 Urinlagerung<br />

Nur bei saurer Lagerung des separierten Urins (pH 2) über 3 bis 4 Monate ist ein erheblicher<br />

Rückgang der Konzentrationen einiger Pharmaka (80 bis 90% bei Diclofenac und Tetracyclin)<br />

zu verzeichnen. Bei pH 9 findet in dieser Zeit ein Konzentrationsrückgang bei Tetracyclin (~<br />

40%), Sulfamethoxazol (~30%), Carbamazepin, Fenoprofen und Ibuprofen (je ~20%) statt. Eine<br />

Lagerung allein ist also nicht ausreichend, um Arzneimittel gänzlich zu entfernen.<br />

3.2 Abbau, Speicherung im Boden<br />

Beim IWW in Mülheim wurden die Wiederfindungsraten der untersuchten Arzneimittel (s. Tab.<br />

1) bei 4 verschiedenen Böden mit Bodenfeuchten zwischen 40 und 90% in einem Labortest<br />

untersucht, nachdem die jeweiligen Arzneimittel in einer Konzentration von 10 mg/kg zugegeben<br />

und 3 Monate gelagert wurden.<br />

Die sehr polare Clofibrinsäure hatte immer die höchsten Wiederfindungsraten, die Konzentrationsabnahme<br />

lag nur im Bereich zwischen 0 und ~40%.<br />

Diclofenac, Ibuprofen, Tetracyclin, Sulfamethazin, Sulfadiazin und Sulfamethoxazol konnten<br />

kaum oder in Konzentrationen unter der Bestimmungsgrenze gefunden werden, woraus sich<br />

eine Konzentrationsreduktion von >80% (für die Sulfonamide) und bis >99,5% für die anderen<br />

Wirkstoffe ergibt.<br />

Zeitreihenuntersuchungen anhand der Wirkstoffe Sulfamethazin (Sulfadimidin) und<br />

Sulfamethoxazol an der <strong>Universität</strong> <strong>Bonn</strong> (s. dieser Bericht) zeigten allerdings, dass die<br />

Abnahme der extrahierbaren Rückstände bei diesen Wirkstoffen zumindest teilweise durch eine<br />

stärkere Festlegung dieser Wirkstoffe bedingt ist: die verwendeten „verschärften“<br />

Extraktionsbedingungen extrahieren auch nach 3 Monaten immer noch ca. 40 – 60 % an<br />

Sulfamethazin und 15 – 50 % an Sulfamethoxazol, wobei in feldfrischem Boden (Burscheider<br />

Krume) die höchsten Abbauraten > 80 % erzielt werden. Ein Abbau vollzieht sich v.a. biotisch<br />

und aerob, wobei bereits nach 3 Wochen durch Sorptionsprozesse die leicht verfügbaren<br />

Wirkstoffanteile bis auf ca. 50% abgenommen haben.<br />

Carbamazepin, Bezafibrat und Fenoprofen wurden in den 4 untersuchten Böden sehr<br />

unterschiedlich zurückgehalten und lagen zwischen 7% (Carbamazepin 7% in der Burscheider<br />

Krume, aber ~50% in der Meckenheimer Krume) und 98% (Bezafibrat 98% in der in<br />

Burscheider Krume aber ~70% in der Uedorfer Krume).<br />

Der Abbau respektive die Speicherung von Arzneimittelwirkstoffen im Boden scheint nach den<br />

Untersuchungen stark vom Wirkstoff abzuhängen. Eine Differenzierung zwischen Abbau und<br />

Speicherung kann nicht vorgenommen werden.<br />

3.3 Pflanzenaufnahme<br />

155


Zusammenfassende Risikobewertung<br />

Einige polare Wirkstoffe werden in die Pflanze aufgenommen. Die Konzentrationen im<br />

Pflanzenmaterial lagen in der Größenordnung 1 mg/kg, vergleichbar mit den Bodenkonzentrationen.<br />

So wurden zwischen 15 und 30 % eines Wirkstoffs aufgenommen. Die<br />

Pflanzenaufnahme konkurriert allerdings mit der Auswaschung, so dass nach einem Verarmen<br />

der Bodenlösung an Wirkstoff die Aufnahme stark zurückgeht. Eine Düngung mit Urin wird<br />

daher nicht zu einer Dauerbelastung führen.<br />

3.4 Versickerung<br />

In den Untersuchungen an den Pflanzgefäßen der <strong>Universität</strong> <strong>Bonn</strong> wurde eine Verlagerung der<br />

Sulfonamid-Wirkstoffe ins Sickerwasser in erheblichem Maße gefunden. Polare Wirkstoffe<br />

(SDM) werden bevorzugt verlagert. Eine Frachtbetrachtung zeigt, dass v.a. mit den ersten<br />

„Niederschlägen“ die Hauptfracht verlagert wird. Die Frachtverlagerung betrug dabei zwischen<br />

10 und 20 % der ausgebrachten Menge (6 –12 mg).<br />

Die Versuche an den Bodensäulen der Bauhaus-<strong>Universität</strong> Weimar laufen noch, da hier die<br />

Effekte sehr viel langsamer ablaufen als in den kleineren Pflanzgefäßen. Nach einem Betrieb<br />

von einem halben Jahr gibt es aus allen untersuchten Böden bzw. Substraten Austräge von<br />

Arzneimitteln, jedoch hinsichtlich Fracht und zeitlichem Verlauf sehr unterschiedlich. Je höher<br />

der Feinkornanteil der Böden ist, desto langsamer erfolgt der Austrag.<br />

Insgesamt konnte mit dieser vorläufigen und modellhaften Untersuchung der Verbleib einiger<br />

ausgewählter Arzneimittel nach Ausbringung mit Urin nachgezeichnet werden. Es ist jedoch<br />

noch einmal klar vor Augen zu führen, dass es sich bei dieser Untersuchung um eine Art „worstcase“-Studie<br />

handelt. Die Höhe der gemessenen Konzentrationen kann sowohl in den<br />

Pflanzgefäßen als auch in den Bodensäulen nur sehr bedingt zur Abschätzung von<br />

Gefährdungspotentialen dienen, da aufgrund der analytischen Randbedingungen sehr hohe<br />

Inputfrachten notwendig waren, die weit von der Realität entfernt sind. Bei niedrigeren<br />

Konzentrationen und im Freiland können durchaus Ergebnisse erzielt werden, die sich von den<br />

hier gezeigten deutlich abheben würden.<br />

Dennoch konnte mit den hier vorgestellten Untersuchungen gezeigt werden, dass ein<br />

Gefährdungspotential durch die landwirtschaftliche Verwertung von Urin, der<br />

Pharmakarückstände enthält, nicht völlig auszuschließen ist.<br />

4. Risiko Hygiene<br />

4.1 Sanitärtechnik im Haus<br />

Die Verwendung von Urin separierenden Toiletten und wasserlosen Urinalen stellt kein höheres<br />

Hygienerisiko dar als die Nutzung konventioneller Spültoiletten.<br />

4.2 Kompostverwendung<br />

Sowohl durch die Langzeitrotte, als auch durch die Vermikompostierung wird ein hygienischmikrobiologisch<br />

gutes Substrat produziert.<br />

Salmonellen konnten nach sechsmonatiger Kompostierung noch nachgewiesen werden, in der<br />

abschließenden Untersuchung waren jedoch keine Salmonellen nachweisbar. Die<br />

Produktprüfungskriterien der BioAbfV (1998) für Kompost aus Großkompostanlagen werden<br />

somit eingehalten.<br />

In der Literatur wird mehrfach beschrieben, dass Salmonellen im Boden sehr lange überleben.<br />

Allerdings ist das Infektionsrisiko für den Menschen gering, da hohe Dosen (Infektionsdosis in<br />

der Regel bei 10 3 - 10 5 Salmonellen) oral aufgenommen werden müssen, um eine Infektion<br />

auszulösen.<br />

156


Zusammenfassende Risikobewertung<br />

Insgesamt werden durch die Dauervererdung und die Vermikultur aus menschlichen<br />

Fäkalien Komposte produziert, die in ihrer Qualität mit anderen Komposten vergleichbar sind.<br />

Die sichere Elimination von Salmonellen in kleinen Komposteinheiten kann über einen Zeitraum<br />

von sechs Monaten jedoch nicht gewährleistet werden. Hier würde eine längere Lagerzeit<br />

verbessernd wirken. In die Betrachtung des Gesundheitsrisikos, das von den Komposten<br />

ausgeht, muss aber nicht nur der Gehalt an Mikroorganismen eingehen, sondern auch die<br />

tatsächliche Nutzung der Produkte. In der Bevölkerung ist bekannt, dass Kompost Bakterien<br />

und andere Mikroorganismen enthält und somit potenziell Krankheiten übertragen werden<br />

können. Aufgrund dessen werden allgemeine Hygienemaßnahmen, wie das Händewaschen<br />

eingehalten. Somit ist eine Verwendung von kompostierten, humanen Fäkalien im Land- und<br />

Gartenbau aus hygienisch-mikrobiologischer Sicht akzeptabel.<br />

4.3 Umgang mit Rottegut und Urin<br />

Lediglich die Entnahme des Inhaltes der Rottebehälter und das Ansetzen zur Kompostierung<br />

bieten die Gefahr des direkten Kontaktes mit Krankheitserregern, die sich in den Feststoffen<br />

(Fäkalien) befinden können. Das Risiko ist höher einzuschätzen als das beim Betrieb von<br />

konventionellen Kleinkläranlagen mit Ausfaulgruben und einer Fäkalschlammabfuhr über LKW.<br />

Der spätere Umgang mit dem fertigen Kompost und die Abfuhr des Urins werden als<br />

unbedenklich angesehen.<br />

5. Risiko der Verwertung von Urin und Fäkalien<br />

5.1 Urin<br />

Da das Risiko des Eintrags von Humanpharmaka über unbehandelten Urin in Böden, Pflanzen<br />

und ins Grundwasser nicht gänzlich auszuschließen ist, wurde untersucht, ob ein<br />

arzneimittelfreier Dünger aus Urin hergestellt werden kann.<br />

Natürliche Zeolithe können zur Nährstoffentfrachtung in Urin eingesetzt und zur<br />

Depotdüngerherstellung verwendet werden. Die adsorbierte Stickstoffmenge hängt von der<br />

Nährstoffkonzentration im Urin ab. In frischem unverdünntem Urin konnte die<br />

Kationenaustauschkapazität des Zeoliths zu 96% erreicht werden, in gelagertem Urin<br />

Lambertsmühle zu 33%. Der verwendete Zeolith war auch in unterschiedlich konzentrierten<br />

Lösungen ammoniumselektiv. Durch Beladung des Zeoliths mit frischem bzw. gelagertem Urin<br />

können Zeolithe mit unterschiedlichen Nährstoffgehalten hergestellt werden, die für<br />

verschiedene Düngezwecke Verwendung finden könnten.<br />

Eine pharmakafreie Nährstoffanreicherung ist für die untersuchten Pharmaka im Urin bis auf<br />

Tetracyclin möglich.<br />

Dennoch ist eine Depotdüngerherstellung aus Urin mit Nährstoffkonzentrationen wie in der<br />

Lambertsmühle nicht zu empfehlen. Zierpflanzen können mit aus Urin hergestellten<br />

Düngedepots wachsen, jedoch bedarf es mehrfacher Nachdüngung mit Stickstoff. Die aus dem<br />

Urin der Lambertsmühle hergestellten Düngedepots konnten aufgrund der geringen<br />

Ammoniumkonzentration (ca. 1,4 g NH4-N/l) nicht ausreichend mit Stickstoff beladen werden.<br />

Der Einsatz von größeren Depots, mit der eine größere N-Menge zur Verfügung gestellt werden<br />

könnte, ist technisch nicht möglich, da dadurch das Volumen für die Blumenerde im Topf zu<br />

stark verringert werden würde. Urin mit höherer N-Konzentration könnte jedoch für die<br />

Herstellung von Düngedepots im Zierpflanzenbau geeignet sein.<br />

An anderen Stellen wird versucht schadstofffreies MAP (Magnesium-Ammonium-Phosphat) aus<br />

Urin herzustellen. Einfache, prozessstabile und kostengünstige Verfahren bedürfen noch der<br />

Entwicklung. Eine unbedenkliche Verwendung für separat gesammelten, arzneimittelbelasteten<br />

Urin gibt es z.Zt. nicht.<br />

157


Zusammenfassende Risikobewertung<br />

5.2 Fäkalien<br />

Eine anaerobe Nachbehandlung der im Rottesack gesammelten Fäkalien ist für Anlagen der<br />

Größenordnung Lambertsmühle nicht ratsam, da das Filtersacksubstrat für eine ungeregelte<br />

Faulung nicht ausreichend gepuffert ist. Zudem muss sich auch bei einer Faulung eine aerobe<br />

Nachbehandlung anschließen, um das Substrat einer Verwendung zuführen zu können.<br />

Nach der Lagerung der Fäkalien in der Filtereinheit sollte eine weitergehende Behandlung des<br />

Substrates durch Kompostierung stattfinden. Für die Lambertsmühle ist eine zweijährige<br />

Vererdung geeignet. Hierfür kann das Substrat durch Fachpersonal in sogenannte<br />

Schnellkomposter eingefüllt werden. Das Material sollte mit Erde in einem ungefähren<br />

Volumenverhältnis von 1 zu 2 (Erde zu Material) vermischt werden.<br />

Die Kompostierung/Vererdung der Fäkalien sowohl durch eine konventionelle Langzeitrotte als<br />

auch durch Vermikultur hat gezeigt, dass eine gute Umsetzung der Fäkalien möglich ist.<br />

Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die Fäkalien der Filtersackanlage durch Vermikultur<br />

rasch umgesetzt werden können. Der Kompost erreicht dabei eine Qualität, die mit<br />

herkömmlichem Kompost vergleichbar ist. Eine Mischung der Fäkalien mit Kompost ist für die<br />

Umsetzung der Fäkalien durch Vermikultur nicht nötig. Bei einer im Freien stattfindenden<br />

Kompostierung der Fäkalien kann davon ausgegangen werden, dass es zu einer natürlichen<br />

Wurmanreicherung und Umsetzung des Substrates kommt. Aus hygienischer Sicht sollte<br />

allerdings das Kompostbeet abgedeckt oder Schnellkomposter verwendet werden.<br />

Im Anschluss an die zweijährige Vererdungsphase kann das vererdete Material als P- und Kreiches<br />

Strukturmaterial eingesetzt werden. Eine Düngung von Gemüsebeeten ist aus<br />

Vorsorgegründen zu vermeiden. Die Entnahme und Ausbringung des Materials erfolgt analog<br />

zur Kompostverwertung.<br />

6. Zusammenfassung<br />

Die Untersuchungen der zweiten Phase zum Abwasserkonzept Lambertsmühle haben folgende<br />

Ergebnisse:<br />

• Die Sanitär- und Behandlungstechnik weist keine erhöhten Risiken gegenüber<br />

konventionellen Techniken auf.<br />

• Der Betrieb der Behandlungsanlagen hat lediglich in Bezug auf die Fäkalienkompostierung<br />

ästhetische und evt. auch hygienische Nachteile. Die Wartung des Fäkalienabscheiders,<br />

das Entleeren der Filtersäcke und das Ansetzen der Fäkalienkompostierung sind dem<br />

Betreiber nicht zuzumuten. Diese Arbeiten müssen von Fachleuten ausgeführt werden.<br />

• Arzneimittel können sehr weitgehend dem Gewässer ferngehalten werden, da eine fast<br />

vollständige Abtrennung durch die Separation von Urin und Fäkalien erfolgt.<br />

• Bei Verwendung von lediglich gelagertem Urin in der Landwirtschaft werden die<br />

überwiegend im Urin enthaltenen Arzneimitteln auf den Boden ausgebracht.<br />

• In der bewachsenen Bodenschicht kann ein Teil der Arzneimittel zurückgehalten<br />

(adsorbiert, abgebaut) werden. Der größte Anteil versickert jedoch. Ein Teil wird von<br />

Pflanzen aufgenommen.<br />

• Der Transport der Arzneimittel im Boden ist wesentlich abhängig von den<br />

Bodeneigenschaften. Ein hoher Feinkornanteil reduziert die Transportgeschwindigkeit und<br />

begünstigt den Stoffrückhalt.<br />

• Über potenzielle Konzentrationen im Sickerwasser kann aufgrund der durch die<br />

analytischen Bestimmungsgrenzen vorgegebenen Randbedingungen noch keine<br />

belastbare Aussage gemacht werden. Ein vollständiger Rückhalt im Boden ist nicht<br />

158


Zusammenfassende Risikobewertung<br />

wahrscheinlich, wohl aber eine deutliche Frachtreduktion insbesondere bei Böden mit<br />

hohem Feinkornanteil.<br />

• Das neue Konzept wird unter dem Aspekt Arzneimittelrückhalt besser als konventionelle<br />

Hauskläranlagen mit Mehrkammergrube und bewachsenem Bodenfilter eingeschätzt, da<br />

bei der konventionellen Abwassertechnik nahezu die vollständige Arzneimittelfracht in die<br />

aquatische Umwelt (Fließgewässer) abgegeben wird, bei der Verwendung von Urin als<br />

Dünger jedoch ein deutlicher Frachtrückhalt erfolgt.<br />

• Die Herstellung von arzneimittelfreiem Dünger aus Urin erscheint möglich. Verfahren hierzu<br />

müssen noch weiterentwickelt werden.<br />

• Die Verwendung von Fäkalienkompost ist aus hygienischer Sicht akzeptabel.<br />

Im Hinblick auf den Gewässerschutz weist das neue Konzept deutliche Vorteile gegenüber der<br />

konventionellen Abwasserbeseitigung auf. Eine weitere Optimierung der Trenn- und<br />

Behandlungstechnik sowie die Nutzung der Stoffe in den Teilströmen sind zu empfehlen, um<br />

die identifizierten Schwachstellen zu beseitigen.<br />

Die hier vorgestellten Untersuchungen lassen insbesondere hinsichtlich des Transport- und<br />

Rückhalteverhaltens von Arzneimitteln in Böden Fragen offen. Um hier Risiken sicherer<br />

abschätzen zu können, sollten die Versuche hierzu fortgeführt werden.<br />

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