Der Aare entlang 2011 (pdf 5.7MB) - bxgrafik
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<strong>Der</strong> Geburtsort der <strong>Aare</strong> ist die Gletscherwelt an der Grimsel im Berner<br />
Oberland. Wie klein fühlt sich der Mensch hier am Fuss der Drei- und<br />
Viertausender!
<strong>Der</strong> Unteraargletscher hat sich in den letzten zwanzig Jahren um über<br />
einen Kilometer zurückgebildet. Wir gehen den Weg zur Lauteraarhütte<br />
auf unsicherem Boden. Vielleicht hat schon morgen der unruhig von einer<br />
Talflanke zur anderen pendelnde Fluss sein Bett wieder verlegt.
Im Feuchtgebiet „Sunnig Aar“ auf über 2’000 Meter Höhe gibt es eine<br />
Vielfalt von Pflanzenarten. Auch Insekten, Amphibien und Reptilien<br />
fühlen sich hier wohl. <strong>Der</strong> Gesteinsuntergrund der vielen kleinen Tümpel<br />
ist aus kompaktem Granit, so kann das Wasser nicht abfliessen. Das<br />
wissen auch die Grasfrösche zu schätzen, die in einem sonnenwarmen<br />
Tümpel in unmittelbarer Nähe des Gletschers ein Quakkonzert veranstalten.
Gletscherschliff im Quellgebiet der <strong>Aare</strong>. Noch fliesst das Wasser unbeschwert<br />
übers Gestein und plätschert durchs Gras, bevor es im langgezogenen<br />
Stausee verschwindet. Die Seitenflanken des Grimselpasses sind<br />
ein einziges Wasserschloss.
<strong>Der</strong> Grimselsee ist nach dem Lac des Dix im Wallis der zweitgrösste<br />
Stausee der Schweiz. Er hat eine Fläche von drei Quadratkilometer. <strong>Der</strong><br />
frühsommerliche Tiefstand des Seespiegels lässt sich gut an den hellen,<br />
wie poliert aussehenden Uferfelsen erkennen.
Die 42 Meter hohe Bogenstaumauer des Grimselsees staut das Schmelzwasser<br />
des Unteraargletschers. Sie wurde 1929 durch die Kraftwerke<br />
Oberhasli gebaut. Die Landschaft hat sich dadurch stark verändert, so<br />
dass man Mühe hat, sich das Gelände vor der Überflutung vorzustellen.
Die alte Bogenbrücke steht unterhalb der Mauer des Grimselsees. <strong>Der</strong><br />
alte Saumweg endet an der Staumauer. Die <strong>Aare</strong> früher hier ein reissender<br />
Gebirgsbach, ist heute ein Restwasser-Rinnsal. Das hochalpine Tal<br />
durch die Klimaveränderung mit üppiger Vegetation bedeckt.
Es ist ein langer Fussmarsch vom Quellgebiet der <strong>Aare</strong> bis zu dem Oberländer<br />
Bauerndorf Guttannen. Sowas darf angesichts des schweren<br />
Rucksacks und der sommerlichen Hitze durchaus als sportliche Leistung<br />
bewertet werden.
Vor Innertkirchen durchfliesst die <strong>Aare</strong> eine Schwemmebene. Danach<br />
bleibt ihr Flusslauf – von wenigen Ausnahmen abgesehen – kanalisiert.<br />
Zwischen der <strong>Aare</strong> und dem Steilanstieg ziehen sich Starkstromleitungen<br />
hin, die zu der grossen Kraftwerkzentrale in Innertkirchen führen.
Die <strong>Aare</strong>schlucht ist die wohl abenteuerlichste Strecke längs der <strong>Aare</strong>.<br />
Früher schafften es gerade mal ein paar verwegene Flösser auf Baumstämmen<br />
da durchzukommen. Heute gehen etwa 300‘000 Besucher<br />
jährlich durch die anderhalb Kilometer lange Schlucht. Die Touristen<br />
pflegen fleissig zu fotografieren – und auch wir haben ein paar schöne<br />
Bilder gemacht.
<strong>Der</strong> Talboden von Meiringen liegt auf knapp 600 Meter Höhe. Hier hat<br />
die <strong>Aare</strong> den grössten Teil ihres Gefälles bereits hinter sich. Fortan ist<br />
sie ein eigentlicher Flachlandfluss, der auf einfachem, geradem Weg in<br />
den Brienzersee mündet.
Bei strömendem Regen gehts mit dem Schiff von Brienz nach Interlaken.<br />
Über dem See hängen dicke Nebel. Kein Ausblick auf die nahen Bergketten.<br />
Als wir die Schifflände in Interlaken Ost erreichen, hat der Regen<br />
aufgehört. Ein kleiner Spaziergang führt uns an die Stelle, wo die <strong>Aare</strong><br />
den Brienzersee wieder verlässt.
Am Mühlewehr stauten die Klosterleute von Interlaken im 13. Jahrhundert<br />
die <strong>Aare</strong>, einerseits zur Nutzung der Wasserkraft für den Betrieb<br />
einer Mühle, anderseits zur Sicherung der Fischbestände im Brienzersee.<br />
Heute steht das Wehr in Verbindung mit einem Kraftwerk.
Blick auf das Städtchen Unterseen vom westlichen <strong>Aare</strong>ufer gegenüber.<br />
Die beiden Fremdenverkehrsorte Unterseen und Interlaken sind in den<br />
letzten Jahren markant expandiert. Vor allem auf dem Areal um den<br />
Bahnhof Interlaken West sind grosse Einkaufszentren entstanden, die<br />
zusammen mit Hotels und Wohnbauten in dichter Überbauung das Gelände<br />
prägen.
Bevor die <strong>Aare</strong> flussabwärts von Interlaken den Thunersee erreicht,<br />
streift sie das Naturschutzgebiet Weissenau. Die Fussgängerbrücke über<br />
die <strong>Aare</strong> gehört zum Uferweg von Interlaken zum Strandbad Neuhaus.<br />
Er führt fünf Kilometer der Länge nach durch die Schwemmebene vom<br />
„Bödeli“. Auf unseren Bilder im Hintergrund der pyramidenförmige<br />
Niesen.
Im Bereich des Stadtzentrums von Thun trennt sich die <strong>Aare</strong> in zwei<br />
Arme. Die dadurch entstandene Insel heisst Bälliz; sie ist das eigentliche<br />
Geschäftszentrum. Vom Bälliz aus führen nicht weniger als sechs Brücken<br />
über die innere <strong>Aare</strong> hin in die historische Altstadt. Rechts im Bild<br />
der Turm der Stadtkirche und das Schloss.
Obere Schleusenbrücke und Thunerhof vom Freienhofquai aus. <strong>Der</strong><br />
Thunerhof wurde 1875 als Luxushotel gebaut, ging aber bald in Konkurs.<br />
Heute ist ein Teil der Stadtverwaltung und das Kunstmuseum darin.<br />
Unterhalb der Schleusenbrücke fliesst die <strong>Aare</strong> mit beachtlichen<br />
Wellen und Wirbeln. Manchmal stehen dort Surfer auf ihren Brettern,<br />
um die Wellen für ein paar Minuten zu meistern. Oder nicht.
Zwischen Thun und Bern wird die <strong>Aare</strong> an beiden Ufer von bescheidenen<br />
Resten einer einstigen Auenlandschaft gesäumt. Doch die umliegenden<br />
Felder mit ihrem Mineraldüngergehalt haben dafür gesorgt, dass<br />
dort vorallem nährstoffreiche Pflanzen gedeihen. Eine weitere Beeinträchtigung<br />
ist der Verkehr. Auf weiten Strecken führt die Autobahn<br />
direkt an unmittelbarer Ufernähe vorbei.
Bodenackerfähre in Muri bei Bern. Das Fährschiff ist mit einem über<br />
den Fluss gespannten Drahtseil verbunden und lässt sich so, quer zur<br />
Strömung, durch die Kraft des aufprallenden Wassers ans gegenüberliegende<br />
Ufer treiben. Wer mit der Fähre über den Fluss will, muss eine<br />
Klingel betätigen. Manchmal dauert es eine Weile, bis der Fährmann<br />
kommt.
Bern. Münsterplattform mit Erlacherhof und Mietshäuser in der Matte.<br />
Das Schwellenmätteli (direkt unterhalb der Kirchenfeldbrücke) war seit<br />
dem Mittelalter der Landeplatz der Flusschiffer. 1890 wurde das erste<br />
Matte-Kraftwerk gebaut. <strong>Der</strong> Zuflusskanal zum Kraftwerk ist oberhalb<br />
der Schleusen.
Bern. Blick von der „Villa Sarepta“ auf die <strong>Aare</strong>schleife mit dem unteren<br />
Teil der Altstadt. Bis 1841 führte in Bern einzig die im Vordergrund<br />
stehende Untertorbrücke über die <strong>Aare</strong>. Am linken <strong>Aare</strong>ufer – ein wenig<br />
verdeckt hinter der Nydeggbrücke – ist die Anlage des neuen Bärenparks<br />
zu sehen.
Die Expansion Berns aus seiner strategisch ausgezeichneten Lage innerhalb<br />
der <strong>Aare</strong>schleife war nur möglich durch den Bau grosszügiger<br />
Übergänge über die <strong>Aare</strong>. Alle Hochbrücken (Monbijou-, Kirchenfeld-,<br />
Kornhaus-, Tiefenau-, Eisenbahn- und Autobahnbrücke) sind ein Zeichen<br />
für die zunehmenden Agglomerationen um Bern. Und damit auch<br />
ein sichtbares Zeichen für den heutigen Mobilitätswahnsinn.
Als schönstes Flussschwimmen der Schweiz bezeichnen Kenner das Berner<br />
<strong>Aare</strong>schwimmen. Davor oder danach muss das Vergnügen allerdings<br />
verdient werden - durch einen mehr oder weniger langen Marsch mit<br />
nackten Füssen längs des Ufers. Erfahrungsgemäss dauert dieser Gang<br />
doppelt so lange wie der „Schwumm“ in der <strong>Aare</strong>.
Von Bern aus setzen wir unsere Reise flussabwärts Richtung Seeland und<br />
Bielersee per Velo fort. Die gedeckte Holzbrücke bei Bremgarten knapp<br />
drei Kilometer unterhalb von Bern, heisst „Neubrügg“, auch wenn sie<br />
bereits 1535 erbaut wurde. Sie verband damals Herrenschwanden mit<br />
dem Berner Ufer der <strong>Aare</strong> und war bis zum Bau der Tiefenaubrücke der<br />
einzige befahrbare Flussübergang zwischen Bern und Hinterkappelen.
<strong>Der</strong> Wohlensee ist der grösste Stausee am <strong>Aare</strong>lauf im Mittelland. Er<br />
staut die <strong>Aare</strong> unterhalb Bern auf einer Länge von 14 Kilometer, um für<br />
das Wasserkraftwerk Mühleberg eine Staustufe zu schaffen. <strong>Der</strong> Aufstau<br />
des Gewässers, für das 20 Millionen Kubikmeter Erde und Kies ausgebaggert<br />
werden mussten, begann im Juli 1920. Heute ist der Wohlensee<br />
ein beliebtes Freizeitsziel für Bootsfahrer, Fischer und Wanderer. Das<br />
linke Seeufer, die „Eymatt“, ist ein Naturschutzgebiet, in dem auch der<br />
Biber wieder heimisch ist.
Durch die Wasserkraftwerke Mühleberg, Niederried und Aarberg mit<br />
ihren Staustufen veränderte sich die Flusstopografie zwischen Wohlen<br />
und Bielersee. Die Mündung der Saane in die <strong>Aare</strong> unweit des Bauerndorfes<br />
Oltigen war früher ein Landschaft mit ausgedehnten Kiesbänken.<br />
Heute ist dort eine untiefe, schlammige Uferzone mit ausgedehnten<br />
Schilfbeständen. Wir lassen die Velos stehen und wandern durch das<br />
Feuchtgebiet. Enten rufen im Schilf. Ein weisser Vogel fliegt von einem<br />
abgestorbenen Baum auf, ein Seidenreiher.
Jetzt sind wir im Seeland, einer Landschaft, deren Gesicht und Schicksal<br />
von der <strong>Aare</strong> wesentlich geprägt worden ist. Die <strong>Aare</strong> fliesst hier durch<br />
ein künstliches Flussbett in den Bielersee. Früher strömte die <strong>Aare</strong> von<br />
Aarberg aus mit vielen Windungen in nordöstlicher Richtung Büren entgegen.<br />
Da es in dem flachen Gebiet immer wieder zu massiven Überschwemmungen<br />
gekommen war, hatte man 1878 im Rahmen der Ersten<br />
Juragewässerkorrektion den Hagneckkanal gebaut.
Am Hagneckkanal ist es immer wieder zum Abrutschen der instabilen<br />
Kanalböschung gekommen. So stürzten z.B. im März 2007 rund 15‘000<br />
Kubikmeter Molassefels auf einer Breite von 180 Meter in den Kanal.<br />
Seit Februar <strong>2011</strong> wird nun an der Sanierung des Kanals gearbeitet.<br />
Man schüttet die alterschwachen Dämme neu auf. Man betoniert einen<br />
Überlauf für den Fall, dass der Wasserspiegel zu weit ansteigt. Und auch<br />
ein neues Wasserkraftwerk mit Kosten in der Höhe von 150 Millionen<br />
Franken soll bis 2015 fertig sein.
Ebenfalls zur Ersten Juragewässerkorrektion von 1878 gehört der Bau<br />
des Nidau-Büren-Kanals als künstlicher Bielerseeabfluss der <strong>Aare</strong>. Er<br />
beginnt bei dem Städtchen Nidau, das heute mit Biel, Port und Ipsach zu<br />
einer Agglomeration verschmolzen ist. Kernstück des Nidau-Büren-Kanals<br />
ist die Schleuse in Port, die für Schiffe den Höhenunterschied von<br />
rund zwei Meter bewältigt. An heissen Sommertagen finden sich hier gerne<br />
Badegäste ein, um im ruhigen Wasser vor der Schleuse zu schwimmen.
Mitten im dichtbesiedelten und landwirtschaftlich intensiv genutzten<br />
Seeland befindet sich eine romantische Naturlandschaft für Wanderer<br />
und Träumer, Pflanzensammler und Vogelbeobachter – die Alte <strong>Aare</strong>.<br />
Wo bis 1878 der Fluss in seiner vollen Grösse von Aarberg nach Büren<br />
an der <strong>Aare</strong> floss, schlängelt sich heute ein munterer Bach durch einen<br />
dichten Auenwald. Hier gibt es urwaldartige Stellen. <strong>Der</strong> Lauf der Alten<br />
<strong>Aare</strong> ist die grösste noch einigermassen intakte Auenlandschaft im Mittelland.
Das Häftli ist eine von Büren Richtung Norden ausgreifende Doppelschlinge<br />
der Alten <strong>Aare</strong>. Hier hat das Flussbett noch seine einstige Breite.<br />
Kritisch ist aber die Überdüngung des Gewässers durch eingeschwemmte<br />
Nährstoffe. Dadurch wird das Algenwachstum gefördert und der Sauerstoff<br />
im Wasser verbraucht. Zeitweise erinnert die trübe Flüssigkeit<br />
an eine Gülle. Um die Zirkulation durch Frischwasserzufuhr aus dem<br />
Nidau-Büren-Kanal zu fördern, ist im Meienried eine Schleuse errichtet<br />
worden, was aber nur leicht zur Verbesserung der Wasserqualität beigetragen<br />
hat.
Die 1821 gebaute gedeckte Holzbrücke in Büren an der <strong>Aare</strong> wurde 1989<br />
durch Brandstiftung zerstört und 1991 originalgetreu wieder errrichtet.<br />
Die <strong>Aare</strong> fliesst hier sehr träge und erweckt so den Eindruck eines gestauten<br />
Flusses, obwohl die nächste Staustufe erst unterhalb von Solothurn,<br />
rund 30 Kilometer flussabwärts bei Flumenthal liegt.
Störche im solothurnischen Altreu. Hier hatte 1955 der Storchenvater<br />
Max Blösch für die vom Aussterben bedrohten Vögel eine Siedlung gegründet.<br />
Heute gibt es in der Schweiz wieder ungefähr hundert Brutpaare.<br />
Doch Leitungen aller Art und der Verlust von Feuchtgebieten<br />
machen den Vögel das Leben schwer.
Schwanenfamilie auf Erkundungsfahrt in der Nähe der „Selzacherwiti“.<br />
Als „anpassungsfähige“ Wasservögel verstehen es die Schwäne recht gut,<br />
mit und neben den Menschen zu leben. Und auch mit der Wasserqualität<br />
der <strong>Aare</strong> geben sie sich zufrieden.
Solothurn von der Wengibrücke flussaufwärts. <strong>Der</strong> Krumme Turm ist<br />
eine markante Sehenswürdigkeit. Er gehört zusammen mit dem alten<br />
Spital zu den beherrschenden Gebäuden der Vorstadt. Auch die Eisenbahnbrücke<br />
im Vordergrund steht noch auf den Pfeiler der ersten Brücke<br />
von 1905, lediglich die Brückenkörper wurden ersetzt.
Solothurn von der Wengibrücke flussabwärts. Rechts das Landhausquai,<br />
dahinter die St. Ursen-Kathedrale. Im Vordergrund das Kreuzackerquai.<br />
Obwohl sich an der historischen Bausubstanz der Stadt<br />
wenig geändert hat, ist Solothurn eine Stadt im Umbruch. Viele ehemals<br />
freie Landflächen um die Stadt sind überbaut und die Nachbardörfer<br />
mit Solothurn zu einer Agglomeration verschmolzen.
Die Zellulosefabrik Attisholz aus dem Jahre 1891 (heute Booregaard<br />
AG). Die Lage von Industrieanlagen an der <strong>Aare</strong> ist nicht zufällig gewählt,<br />
weil hier Wasserkraft und Brauchwasser zur Verfügung stehen.<br />
Früher spielte auch der Wassertransport eine Rolle – so hatte man das<br />
zur Zelluloseherstellung benötigte Holz aus dem Berner Oberland auf<br />
der <strong>Aare</strong> nach Attisholz geflösst.
Die alte Holzbrücke von Wangen an der <strong>Aare</strong> wird auch heute noch für<br />
den Durchgangsverkehr benutzt und musste dazu mehrmals verstärkt<br />
werden. <strong>Der</strong> Flussabschnitt zwischen Wangen an der <strong>Aare</strong> und Murgenthal<br />
ist einer der wenigen im Unterland, wo die <strong>Aare</strong> noch frei fliesst.<br />
Hier befinden sich auch mehrere Flussinseln, die von allen Seiten von<br />
Wald umgeben sind.
Bei Aarburg verengt sich das Flusstal der <strong>Aare</strong> auf einer Länge von paar<br />
hundert Meter, um die erste Jurakette zu durchbrechen. Schon die Römer<br />
bauten an dieser Stelle ein Kastell. Die Burg, über die Jahrhunderte<br />
immer wieder erweitert, ist heute Museum und Kantonales Jugendheim.<br />
Auf der Suche nach einer Einkaufsmöglichkeit für das abendliche Picknick,<br />
müssen wir durch die Agglomeration zu einem Einkaufszentrum in<br />
Oftringen fahren.
Olten ist Eisenbahnknotenpunkt. Um die Stadt und bis zu den Jurahöhen<br />
hinauf fressen sich die Industrie- und Wohnbauten ins Land, igeln<br />
die malerische Altstadt ein, die zu Fuss direkt vom Bahnhofsareal her<br />
über die alte, gedeckte Holzbrücke erreichbar ist.
Die weisse Fahne vom Kernkraftwerk Gösgen. Was da in den blauen<br />
Julihimmel steigt, ist <strong>Aare</strong>wasser. Zu Dampf erhitzt, treibt es die Turbinen<br />
an und verlässt dann als Rauch den Kühlturm. Kernkraftwerke<br />
brauchen viel Wasser, deshalb stehen sie vorwiegend an Flüssen. Längs<br />
der <strong>Aare</strong> gibt es deren drei, nämlich Mühleberg (BE), Gösgen (SO) und<br />
Beznau (AG).
Auf den Grundmauern der um 1250 erbauten Burg Falkenstein in Niedergösgen<br />
hatte man 1901 eine barocke Schlosskirche gebaut, der Turm<br />
der Burg wurde in diesen Bau integriert und mit einem Dachaufbau<br />
gekrönt. Einfamilienhäuser mit ihrem seit je grässlichen individuellen<br />
Vorgartencharme beherrschen heute das Bild um die zum Hotelrestaurant<br />
umgebaute Burgruine.
Die <strong>Aare</strong> zwischen Niedergösgen und Aarau. <strong>Der</strong> Fluss ist begradigt,<br />
zum Teil kanalisiert und an vielen Stellen ohne natürliche Ufer. Wie fast<br />
überall im Unterland ist auch hier das <strong>Aare</strong>ufer völlig in die Ufervegetation<br />
eingewachsen.
Das Kraftwerk von Aarau. Es nützt einen Höhenunterschied von sieben<br />
Meter zur Stromerzeugung aus. Die <strong>Aare</strong> ist hier in verschiedene Arme<br />
aufgeteilt und fliesst zwischen Uferböschungen hindurch, die noch bescheidene<br />
Reste einer Auenlandschaft aufweisen. Während der Fahrt<br />
auf dem staubigen Kiesweg nach Brugg begegnen uns immer wieder Wanderer<br />
und Jogger.
<strong>Aare</strong>abwärts von Aarau nach Brugg treffen wir noch auf grössere Reste<br />
einer Auenlandschaft. Eindrücklich ist hier einmal mehr das Überhandnehmen<br />
der Vegetation mit „standortfremden“ Pflanzen wie dem Indischen<br />
Springkraut, das in dichtem Bewuchs zwischen Sträuchern und<br />
Bäumen wuchert.
Die Eisenbahnbrücke über der <strong>Aare</strong> vor Brugg. Die Brücke wurde 1875<br />
erbaut und der Brückenoberbau in den letzten hundert Jahren zweimal<br />
ersetzt, die Brückenpfeiler mit dem darin integrierten Fussgängersteg<br />
blieben dabei erhalten. In den Stromschnellen flussabwärts kommt uns<br />
ein Mann in einem roten Kanu entgegen.
Zwischen Brugg und Turgi ist das Wasserschloss, d.h. hier fliessen zuerst<br />
die Reuss und dann die Limmat in die <strong>Aare</strong>. Es gibt zahlreiche Inseln mit<br />
grossen Kiesbänken und die Flusslandschaft erinnert ein wenig an jene<br />
Zeiten, da das Gewässer seinen Lauf frei wählen und immer wieder verlegen<br />
konnte.
Auf dem letzten Abschnitt zwischen Stilli und Döttingen nimmt die <strong>Aare</strong><br />
das Ausmass eines Stroms an. Verschwunden sind die Inseln und Seitenarme,<br />
die Uferpartien sind mit hohem Wald bewachsen. Das Landschaftsbild<br />
wird dominiert von den Infrastrukturen der Kraftwerke<br />
Beznau und Starkstromleitungen.
<strong>Der</strong> 1935 im Zusammenhang mit einem Kraftwerkbau errichtete Klingnauer<br />
Staussee ist am Verlanden. An untiefen Stellen dehnen sich Schilffelder<br />
aus. Ganze Heerscharen von Jogger und Rollschuhläufer ziehen<br />
an uns vorbei. Auf der anderen Seite des Sees ist eine massive Überbauung<br />
und Zersiedelung rund um die Ortschaft Klingnau zu sehen.
Es ist ein warmer Sommerabend. Und wir übernachten auf einer Wiese<br />
an einem Kanal in der Nähe vom Stausee. Am nächsten Morgen machen<br />
wir die Velofahrt bis zu der Stelle, wo die <strong>Aare</strong> in den Rhein mündet,<br />
samt Kaffeepause in Koblenz, in zwei Stunden.
Und dann sind wir am Ziel: nach rund 300 Kilometer Länge und einem<br />
Gefälle von 1‘600 Meter zum Quellgebiet an der Grimsel fliesst die <strong>Aare</strong><br />
nach dieser schönen alten Gitterbogenbrücke bei Koblenz in den Rhein.<br />
Gemäss hydrologischen Messungen ist hier die Abflussmenge der <strong>Aare</strong><br />
meist grösser als die des Rheins. Müsste man da nicht eher sagen, dass<br />
der Rhein in die <strong>Aare</strong> fliesst?
Für Doris Schneider (✝2007)<br />
„Time is a River Without Banks“ Marc Chagall