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Susan Djahangard - Jugendpresse BW

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REPORTAGE<br />

8<br />

LIEBER EKLIG ALS UMWELTSCHÄDLICH<br />

Kaufen und Wegwerfen trägt nicht gerade dazu bei, die Welt zu retten. NOIR-Autorin<br />

Silke Brüggemann hat eine Woche lang versucht, absolut nachhaltig zu leben.<br />

Text: Silke Brüggemann | Layout: Tobias Fischer | Illustration: Sebastian Nikoloff<br />

NOIR NOIRNNr.<br />

21 (August 2011)<br />

Ein gemütlicher Abend auf der Couch mit<br />

dem Buch »The Story of Stuff«. Autorin<br />

Annie Leonard schreibt über Recycling<br />

und eine Reise nach Bangladesch. Denn dort gibt<br />

es keine Mülltonnen. Was nicht mehr gebraucht<br />

wird, wird weiterverwendet oder verschenkt.<br />

Nach der Lektüre bin ich schockiert und �ühle<br />

mich schuldig. Ich bin froh, wenn Schmierzettel,<br />

Verpackungen und abgenutzte Filzsti� e auf<br />

Nimmerwiedersehen in der Tonne verschwinden.<br />

Kann ich etwas von dem System in Bangladesch<br />

lernen? Ich entscheide mich, eine Woche ohne<br />

Mülleimer zu leben.<br />

Mein erster Morgen beginnt mit einem Fehltri� .<br />

Sechs Uhr ist eindeutig zu früh, um nachhaltig<br />

zu sein. Mein Kosmetiktuch fl iegt ein paar Mal<br />

übers Gesicht und dann ab in den Mülleimer neben<br />

dem Waschbecken. Mein Arm kann einfach<br />

nicht anders. Das war das letzte Mal in dieser Woche<br />

– versprochen!<br />

Nachmi� ags fl aniere ich über den Stu� garter<br />

Schlossplatz. Die Sonne scheint, ich laufe durchs<br />

grüne Gras, geselle mich zu den anderen Sonnenanbetern<br />

und schlürfe meinen La� e Macchiato to<br />

go. Kaum ist der Kaff ee weg, habe ich ein Problem:<br />

Wohin mit dem leeren Becher und dem Strohhalm?<br />

Ich stelle ihn erstmal vorsichtig in meine Tasche<br />

und hoff e, dass die Bibliotheksbücher keinen Kaffeefl<br />

eck abbekommen. Zum Pappbecher kommt<br />

an diesem Tag noch einiges dazu: Papiertüten,<br />

Yoghurtbecher, gebrauchte Spielsachen. Zeit, den<br />

Müll gleich zu verarbeiten, habe ich nicht. Das Re-<br />

sultat: Abends quellen mir Plastikfolien aus der<br />

Hosentasche. Ich hole mir eine Kiste, schleudere<br />

alles hinein und setze einen Müllverarbeitungstermin<br />

in den Kalender.<br />

Auf dem Balkon fi nde ich den alten Spielzeugbaukasten<br />

meines Bruders. Früher hä� e ich das in<br />

hohem Bogen in die Mülltonne geworfen. Heute<br />

putze ich die Sachen liebevoll, bis alles glänzt. Aus<br />

feuerwehrautorot ist bei meinem Eifer blassrosa<br />

geworden. Trotzdem suche ich ein Kind, dem ich<br />

das schenken könnte. Mein neues nachhaltiges Ich<br />

merkt sich: »Kauf nichts, was du nicht später irgendwie<br />

loswirst.«<br />

Später durchsuche ich meine Müllkiste und frage<br />

mich, was ich mit dem Strohhalm denn jetzt<br />

machen soll. In Zukun� werde ich wohl als zickige<br />

Ökodiva mit eigenem mitgebrachten Strohalm die<br />

Bedienung im Cafe zur Weißglut treiben. Bleibt<br />

vom La� e to go noch der Becher.<br />

Was ich damit machen soll, weiß ich nicht. Das<br />

nächste Mal trinke ich meinen Kaff ee nur dort, wo<br />

es echte Porzellantassen gibt, beschließe ich. Plötzlich<br />

verstehe ich, warum es Leute gibt, die ohne<br />

� ermokaff eebecher nicht leben können. In meiner<br />

Kiste glitzert mir ein Haufen Schokoladenpaa-pierchen, Hundefu� er- und Chipstüten entgegen.<br />

Mir �ällt ein, dass ich als Kind Bastelanleitungen<br />

�ür Folienperlen ha� e. Früher fand ich das doof,<br />

heute ist die Idee meine Re� ung. Bleibt nur noch<br />

die Frage, wer so eine Perlenke� e tragen würde.<br />

Was mache ich aber mit den durchsichtigen Folien?<br />

Ich packe sie in meine Kiste mit gebrauch-

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