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9. Die Verkehrswege. - geschichte-ana.de

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Moritz von Süßmilch gen. Hörnig: Das Erzgebirge. Annaberg 188<strong>9.</strong><br />

<strong>9.</strong> <strong>Die</strong> <strong>Verkehrswege</strong>.<br />

A l t e S t r a ß e n . G e b i r g s p ä s s e . C h a u s s e e n . E i s e n b a h n e n .<br />

<strong>Die</strong> Entwickelung <strong>de</strong>r Kultur eines Lan<strong>de</strong>s wird durch die großen Han<strong>de</strong>lsstraßen<br />

bedingt, welche dasselbe durchschnei<strong>de</strong>n. Je reger <strong>de</strong>r Verkehr, um so dichter die Bevölkerung<br />

und mit ihr das Netz von bewohnten Orten und belebten Straßen.<br />

Lan<strong>de</strong>sherrliche und Kaiserliche Privilegien bevorzugten schon frühzeitig die an<br />

<strong>de</strong>n Hauptstraßenzügen gelegenen Städte und sie erhielten <strong>de</strong>n Zwang, und nicht blos<br />

das Recht, <strong>de</strong>r Innehaltung <strong>de</strong>r Straße, <strong>de</strong>r Einkehr, <strong>de</strong>r Waarennie<strong>de</strong>rlage, <strong>de</strong>r Ausbesserung<br />

und <strong>de</strong>s Wechsels von Schiff und Geschirr, <strong>de</strong>r Vorspann u. s. w. Der Zustand<br />

<strong>de</strong>r alten Landstraßen und Heerstraßen gestattete we<strong>de</strong>r große Tagereisen noch<br />

umfangreiche Frachtwagen und beanspruchte verhältnismäßig viel Menschen- und<br />

Thierkräfte zur Bewegung nicht gar großer Lasten. Aus <strong>de</strong>m Gebrauche, daß die<br />

Wagenzüge von Sonnenaufgang bis zu Sonnenuntergang von <strong>de</strong>r einen Station zur<br />

an<strong>de</strong>rn gelangen sollten, entwickelte sich in <strong>de</strong>r Ebene die regelmäßige Entfernung<br />

<strong>de</strong>r Städte. Eine Strecke von vier Meilen – etwa 37 km – bil<strong>de</strong>te die regelmäßige<br />

Tagesleistung und an <strong>de</strong>n Haltepunkten für Obdach und Nahrung von Menschen und<br />

Vieh entwickelten sich mit Privilegien reich ausgestattete Städte.<br />

Aehnlich gestaltete sich dies an <strong>de</strong>n Hauptstraßenzügen im Berglan<strong>de</strong>, wenngleich<br />

hier die Veranlassung zur Gründung von Städten vorwiegend <strong>de</strong>n Massenansie<strong>de</strong>lungen<br />

bergmännischer Elemente angehörte, welche gesicherte und nach Befin<strong>de</strong>n<br />

wi<strong>de</strong>rstandsfähige Wohnplätze verlangte.<br />

Schon im frühesten Mittelalter führte eine große Straße aus Franken, o<strong>de</strong>r wie es<br />

gebräuchlich war „a u s d e m R e i c h “ nach Schlesien und Polen schräg durch das<br />

nie<strong>de</strong>re Erzgebirge hindurch. Sie trat aus <strong>de</strong>m Voigtlan<strong>de</strong> über Neumark und Altschönfels<br />

nach Zwickau, führte über Mülsen, Lichtenstein, Lungwitz, mit nur<br />

geringen Abweichungen von <strong>de</strong>m gegenwärtigen Chausseetrakt, über Reichenbrand<br />

nach Chemnitz; von da über Flöha, Oe<strong>de</strong>ran, am Rittergute Oberschöna vorüber, nach<br />

Freiberg, wo sich die Straße theilte. <strong>Die</strong> o b e r e S t r a ß e ging über <strong>de</strong>n<br />

Silberhammer, Naundorf, Herzogswal<strong>de</strong>, Kesselsdorf nach Dres<strong>de</strong>n; die k l e i n e<br />

S t r a ß e führte über Hilbersdorf, Bobritzsch, Klingenberg, Höckendorf, Kleinölsa,<br />

Wilmsdorf, Rippchen, Röcknitz nach D r e s d e n . <strong>Die</strong> Linie Räcknitz-Dres<strong>de</strong>n führte<br />

gera<strong>de</strong> nach <strong>de</strong>m Altmarkte <strong>de</strong>r Stadt, ist aber schon bei Anlage <strong>de</strong>r Befestigungen<br />

von Dres<strong>de</strong>n unter Kurfürst Moritz verbaut wor<strong>de</strong>n.<br />

Im Sü<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Erzgebirges lag im Mittelalter <strong>de</strong>r Straßenzug durch Böhmen zum<br />

größten Theile weit ab vom Gebirge. Derselbe ging von Eger über Falkenau und Horn<br />

nach Carlsbad, wie jetzt, aber von da über Engelhaus, Buchau, Schno<strong>de</strong>n, Po<strong>de</strong>rsam,<br />

Saatz, Brüx, Teplitz nach Außig. <strong>Die</strong> Straße längs <strong>de</strong>s Gebirgsfußes, von Schlackenwerth<br />

über Klösterle, Kommotau, Görkau, Brüx, Teplitz ist neueren Ursprunges, und<br />

zum großen Theil erst in diesem Jahrhun<strong>de</strong>rt erbaut.<br />

Auf die alte Reichsstraße Zwickau – Chemnitz – Freiberg – Dres<strong>de</strong>n stießen mehrere<br />

alte Straßenzüge von Nor<strong>de</strong>n, aus <strong>de</strong>m Nie<strong>de</strong>rlan<strong>de</strong>, herkommend und sich nach<br />

Sü<strong>de</strong>n, über das Gebirge hin, fortsetzend und dasselbe überschreitend.<br />

Fürs Erste die große Straßen von Leipzig über Borna und Altenburg nach Zwickau.<br />

<strong>Die</strong>selbe setzte sich in zwei Aesten fort. Der erste über Wilkau, Kulitzsch, Kirchberg,<br />

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Moritz von Süßmilch gen. Hörnig: Das Erzgebirge. Annaberg 188<strong>9.</strong><br />

Lichtenau, Hundshübel, Eibenstock, Wil<strong>de</strong>nthal, Hirschenstand, Neu<strong>de</strong>ck nach Carlsbad;<br />

<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re über Haßlau, nördlich von Griesbach vorbei, über Lin<strong>de</strong>nau, Zschorlau,<br />

Bockau, Conradswiese nach Schwarzenberg. Hier gabelte sich <strong>de</strong>rselbe wie<strong>de</strong>rum<br />

in zwei Linien. <strong>Die</strong> eine führte über Bermsgrün, Crandorf, Breitenbrunn, Rabenberghaus,<br />

Hammer, Wittigsthal, über <strong>de</strong>n Ziegenrück, Platten, Bäringen, über <strong>de</strong>n Bäringer<br />

Berg nach E<strong>de</strong>rsgrün und nach Carlsbad. <strong>Die</strong> an<strong>de</strong>re Linie ging über <strong>de</strong>n Berg<br />

nach Grünstädtel, Raschau, Oberscheibe, Crottendorf, Cranzahl, Kuhberg, <strong>de</strong>n<br />

Blechhammer, Weißen Hirsch, Pleil, Preßnitz, Reischdorf, Pölma, Laucha, Wernsdorf<br />

nach Kaa<strong>de</strong>n. <strong>Die</strong>ser Straßenzug heißt heute noch zwischen Oberscheibe und Pleil<br />

„d i e b ö h m i s c h e S t r a ß e “.<br />

Von <strong>de</strong>r großen Straße Leipzig-Zwickau zweigte in Borna die Straße Penig-Chemnitz<br />

ab. <strong>Die</strong>selbe wird schon 1295 erwähnt, als König Adolf die Mark Meißen zu gewinnen<br />

trachtete und a u f d e r g r o ß e n H e e r s t r a ß e von Leipzig auf<br />

Chemnitz zog.<br />

Von Chemnitz führte eine alte Straße nach <strong>de</strong>m westlichen Erzgebirge. <strong>Die</strong>se zweigte<br />

sich von <strong>de</strong>r Reichsstraße in Kappel als F ü r s t e n w e g ab und ging oberhalb<br />

Stelzendorf, durch Oberneukirchen, an <strong>de</strong>r Kirche von Leuckersdorf vorbei, zwischen<br />

Nie<strong>de</strong>rwürschnitz und Nie<strong>de</strong>rdorf über die Höhe nach Stollberg. Von hier ging sie<br />

über Beutha und <strong>de</strong>n Hubert nach <strong>de</strong>r Eisenbrücke, und von dieser über das Brünnlaßgut<br />

nach Zschorlau, wo sie sich an die Eibenstöcker Straße anschloß. Von <strong>de</strong>m<br />

Stollberger Straßenzuge ging eine an<strong>de</strong>re Straße aus Mitteldorf am Dreilagensteine<br />

vorüber, durch <strong>de</strong>n Streitwald nach Zwönitz, durch Kühnhai<strong>de</strong> nach Grünhain, über<br />

<strong>de</strong>n Fürstenberg, die Oswaldkirche und <strong>de</strong>n Graul nach Raschau, zum Anschluß an<br />

die böhmische Straße.<br />

Zu diesem Punkte führte auch eine an<strong>de</strong>re Linie, welche vor <strong>de</strong>r Markersdorfer<br />

Schenke (d. h. vor <strong>de</strong>m Punkte, wo diese Schenke gegenwärtig steht) nach <strong>de</strong>m<br />

Schlosse von Neukirchen südwärts abbog unter <strong>de</strong>r Bezeichnung „Hofeweg“ nach<br />

Burckhardtsdorf führte. Von hier geht dieser Straßenzug unter <strong>de</strong>m Namen „Fürstenweg“<br />

durch <strong>de</strong>n Abtswald, am Steinbusche vorüber, nach Auerbach und von da in <strong>de</strong>n<br />

Wald, über die Honigwiese, an <strong>de</strong>r Abschiedstanne vorbei, nach <strong>de</strong>m oberen Kutten<br />

und nach Elterlein, sodann über das Tännigtgut nach Langenberg und zur böhmischen<br />

Straße nach Raschau. <strong>Die</strong>ses ist wahrscheinlich die von Schreiter (1781 Pfarrer<br />

in Elterlein) in seinen „Denkwürdigkeiten“ als „S a l z s t r a ß e “ aufgeführte<br />

Straße.<br />

Von <strong>de</strong>r Straße über die Eisenbrücke (über die Mul<strong>de</strong>) zweigt aber auch oberhalb<br />

Albero<strong>de</strong> <strong>de</strong>r „E i s e n w e g “, eine je<strong>de</strong>nfalls sehr frühzeitig angelegte Verbindung<br />

nach Nordost, mit <strong>de</strong>r von Chemnitz aus führen<strong>de</strong>n Straße nach <strong>de</strong>m Obergebirge und<br />

mit <strong>de</strong>r großen Straße aus <strong>de</strong>m Reich ab. <strong>Die</strong>selbe trennt sich am Graustein, geht<br />

nördlich vom Katzenstein vorüber, nach <strong>de</strong>r Schenke von Brünnloß, kreuzt an <strong>de</strong>r<br />

Tabakstanne die vorher genannte Straße, und führt auf <strong>de</strong>m Höhenzuge, oberhalb<br />

Claffenbach, bis in das Zwönitzthal bei Einsie<strong>de</strong>l. Von hier steigt sie als Fürstenweg<br />

zur Höhe, kreuzt die Straße nach <strong>de</strong>m Obergebirge und führt als „Heege-“ o<strong>de</strong>r „Spurweg“<br />

nach Euba und zur großen Straße.<br />

Eine alte „E i s e n s t r a ß e “ ist von Gornau an <strong>de</strong>r Obergebirgischen Straße auf<br />

<strong>de</strong>m Höhenzug zwischen Zwönitz und Wilisch in südwestlicher Richtung bis Auerbach<br />

zu verfolgen; eine Fortsetzung <strong>de</strong>rselben ist aber nicht zu erkennen, wie auch überhaupt<br />

zahlreiche als Fürstenweg, Kalkstraße, Eisenweg bezeichnete Wegstrecken<br />

nicht als Theile größerer Straßenzüge zu erkennen o<strong>de</strong>r in Verbindung zu bringen<br />

sind.<br />

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Moritz von Süßmilch gen. Hörnig: Das Erzgebirge. Annaberg 188<strong>9.</strong><br />

Von Chemnitz führte ferner nach <strong>de</strong>m Gebirge die Straße, <strong>de</strong>ren Anfang durch <strong>de</strong>n<br />

tiefen Hohlweg bezeichnet wird, <strong>de</strong>r nach Reichenhain führt. Sie ging durch Reichenhain,<br />

über <strong>de</strong>n Krieghübel, Gornau, Zschopau, Großolbersdorf.<br />

Zwischen Chemnitz und Großolbersdorf bestand jedoch allem<br />

Vermuthen nach eine zweite Straße, welche bei Reichenhain<br />

die Zwönitz überschritt, über <strong>de</strong>n Berg <strong>de</strong>r alten Harth nach<br />

Einsie<strong>de</strong>l ging, und nunmehr als „Hofeweg“ über Dittersdorf,<br />

Weißbach und Grießbach die Zschopaubrücke von Scharfenstein<br />

erreichte, von wo sie nach Großolbersdorf führte. Von<br />

Großolbersdorf ging sie nach <strong>de</strong>m Sü<strong>de</strong>n<strong>de</strong> von Gehringswal<strong>de</strong>,<br />

und von da auf <strong>de</strong>r „K ä r n e r s t r a ß e “ oberhalb Großrückerswal<strong>de</strong><br />

bis in <strong>de</strong>n Wald. Hier „im langen Fel<strong>de</strong>“, nahe <strong>de</strong>r jetzigen<br />

Eisenbahnhaltestelle verliert sich auf fast einen<br />

Kilometer Länge je<strong>de</strong> Spur <strong>de</strong>s alten Weges, bis zur alten Görkauer<br />

Straße, welche über Kühnhai<strong>de</strong>, Natzschung nach <strong>de</strong>r<br />

Annasäule, Platten, Sperbersdorf und von da östlich nach Görkau,<br />

südlich nach Kommotau führte.<br />

Abbildung 1: <strong>Die</strong> Annasäule im<br />

Winter 1937 (Foto: www.komotau.<strong>de</strong>/heinrichsdorf.htm)<br />

Nach Chemnitz kam von Nor<strong>de</strong>n her von Rochlitz die alte<br />

Straße über Wie<strong>de</strong>rau und Auerswal<strong>de</strong>; eine an<strong>de</strong>re von Nordost,<br />

von Mittweida; dieselbe ist von oberhalb Ottendorf bis<br />

oberhalb Ebersdorf als „kleine Straße“ noch nachzuweisen, und eine dritte wahrscheinlich<br />

von Hainichen über Frankenberg und Ebersdorf her. Wahrscheinlich kam<br />

dieselbe von Döbeln, auf <strong>de</strong>m Höhenzuge <strong>de</strong>r Schenkenleh<strong>de</strong> her, über Dittersdorf und<br />

Arnsdorf, ziemlich geradlinig nach Hainichen.<br />

Nach Freiberg führte von Roßwein her, durch Etzdorf und Berbersdorf <strong>de</strong>r „Freiberger<br />

Steig“ an <strong>de</strong>r Südwestecke <strong>de</strong>s Zell'schen Wal<strong>de</strong>s vorbei, über Reichenbach<br />

ziemlich geradlinig nach Freiberg.<br />

Nach Freiberg kam von Nordwest her die sogenannte „S a l z s t r a ß e “ über Mittweida,<br />

Hainichen, Bräunsdorf.<br />

<strong>Die</strong> alte böhmische Straße, <strong>de</strong>r „a l t e b ö h m i s c h e S t e i g “, wie die Stiftungsurkun<strong>de</strong><br />

vom Kloster Altenzella sagt, auf <strong>de</strong>m Höhenzuge und <strong>de</strong>m Hügel Gronau<br />

(Obergruna bei Siebenlehn) führte aus <strong>de</strong>m sorbenwendischen Hügellan<strong>de</strong> ziemlich<br />

gera<strong>de</strong> nach Sü<strong>de</strong>n bis zum Gebirgskamme. Von Nossen nach Freiberg und von da aus<br />

ging sie über <strong>de</strong>n Zug, am oberen En<strong>de</strong> von Berthelsdorf vorüber, durch Müdisdorf,<br />

Helbigsdorf, Zethau, Voigtsdorf und Sayda; von hier über Purschenstein, Deutsch-<br />

Einsie<strong>de</strong>l, Kreutzweg, Hammer nach Brüx.<br />

Von dieser Straße zweigte sich eine Verbindung mit <strong>de</strong>r Straße über <strong>de</strong>n Paß <strong>de</strong>r<br />

Annasäule ab. <strong>Die</strong>se führte über Großhartmannsdorf, Mittelsaida, Forchheim, die<br />

Nennigmühle nach Zöblitz, und von da über die Hüttstadt nach <strong>de</strong>m Forsthause im<br />

Kriegwald – die sogenannte alte Kommotauer Straße läuft noch als einfacher Waldweg<br />

<strong>de</strong>r Schneuse No. 9 ziemlich parallel – und erreichte dieselbe in Natzschkau.<br />

Eine Verbindung von Oe<strong>de</strong>ran an <strong>de</strong>r Reichsstraße und Sayda wur<strong>de</strong> durch die<br />

„a l t e b ö h m i s c h e S t r a ß e “ hergestellt, welche über Gahlenz, Eppendorf,<br />

Großwaltersdorf, Mittelsaida und Sayda führte.<br />

Im Jahre 1318 erhielt die Stadt Freiberg durch Markgraf Friedrich das Recht bestätigt,<br />

daß kein Wagen eine an<strong>de</strong>re Straße nach Böhmen fahren solle, als durch Freiberg.<br />

Gleichzeitig wur<strong>de</strong> das Recht <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rlage erneuert.<br />

Nach Südost führte von Freiberg eine Straße nach Frauenstein, zum Theil gegenwärtig<br />

als Chaussee hergestellt; durch Burkersdorf geht sie jedoch weiter abwärts, als<br />

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Moritz von Süßmilch gen. Hörnig: Das Erzgebirge. Annaberg 188<strong>9.</strong><br />

die vor<strong>de</strong>re Straße, und um <strong>de</strong>n Thurmberg herum. Von Frauenstein wen<strong>de</strong>te sich<br />

dieselbe südwärts über Rechenberg, dann südöstlich nach <strong>de</strong>m Zollhause, nach Fleyh<br />

und über Langewiese und Riesenberg auf Dux. 1341 erhielt Borso von Riesenburg vom<br />

König Johann von Böhmen die Genehmigung, die an <strong>de</strong>r Riesenburg vorüberführen<strong>de</strong><br />

Straße von Fleyh über Willersdorf und <strong>de</strong>n Dreiherrenstein nach Klostergrab zu<br />

verlegen.<br />

<strong>Die</strong>ser Gebirgsübergang wur<strong>de</strong> von Dres<strong>de</strong>n aus auf <strong>de</strong>r Straße über Dippoldiswal<strong>de</strong><br />

nach Frauenstein erreicht. <strong>Die</strong>se verließ die sogenannte kleine Straße bei Possendorf<br />

und ging von Wendisch-Carsdorf über die Hei<strong>de</strong>mühle nach Dippoldiswal<strong>de</strong>; von hier<br />

im F ü r s t e n w e g e an das obere En<strong>de</strong> von Sadisdorf und über die Steinbrückmühle<br />

nach Frauenstein.<br />

Weiter ostwärts führten noch zwei Uebergänge<br />

über das Gebirge.<br />

Von Dippoldiswal<strong>de</strong> aus die Straße über<br />

Oberfrauendorf, Johnsbach, Falkenhain, Altenberg,<br />

Geising, Fürstenau nach <strong>de</strong>m M ü c k ­<br />

e n t h ü r m c h e n und von da über Graupen<br />

nach <strong>de</strong>r böhmischen Ebene; von Dohna die<br />

Straße über Nie<strong>de</strong>rsei<strong>de</strong>witz, Börnersdorf,<br />

Fürstenwal<strong>de</strong>, Ebersdorf und <strong>de</strong>n G e y e r s ­<br />

b e r g . Der „a l t e K ö n i g s w e g “, gegenwärtig<br />

zum größten Theile ein Feldrain,<br />

wahrscheinlich die älteste Straße <strong>de</strong>r ganzen Gegend nach <strong>de</strong>m Gebirgskamme, ging<br />

von Zehista am oberen En<strong>de</strong> von Ottendorf vorüber, nach <strong>de</strong>m Jagdsteine, <strong>de</strong>m Spitzberge,<br />

durch Hartmannsbach nach Breitenau, wo er an die Straße über <strong>de</strong>n Geyersberg<br />

sich anschloß, o<strong>de</strong>r möglicher Weise auch <strong>de</strong>ren Ursprung bil<strong>de</strong>te.<br />

<strong>Die</strong>sen alten Gebirgsübergängen, von <strong>de</strong>nen ein Theil schon im 12. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

bestand, wur<strong>de</strong>n seit En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 15. Jahrhun<strong>de</strong>rts, bez. Anfang <strong>de</strong>s 16. Jahrhun<strong>de</strong>rts,<br />

die Straße von Breitenbrunn über Halbmeil und die Spitzberghäuser nach Joachimsthal,<br />

die „T h a l e r s t r a ß e “ von Crottendorf auf <strong>de</strong>m Höhenzuge zwischen <strong>de</strong>r<br />

großen Mittweida und <strong>de</strong>r Zschopau, über Gottesgab nach Joachimsthal, die Straße<br />

von Kuhberg über Oberwiesenthal nach Gottesgab, ferner <strong>de</strong>r Gebirgsübergang von<br />

Kühnhai<strong>de</strong> über Sebastiansberg (Basberg) nach Kommotau, sowie endlich die Straße<br />

von <strong>de</strong>r Platte (Platten) nach Neu<strong>de</strong>ck, über die Wolfsberghäuser, angefügt. <strong>Die</strong> Zahl<br />

<strong>de</strong>r Gebirgsübergänge hatte sich vermehrt; ihr Zustand blieb jedoch im Allgemeinen<br />

ein sehr mittelmäßiger, so daß <strong>de</strong>r Uebergang über das Gebirge <strong>de</strong>n größten Theil <strong>de</strong>s<br />

Jahres hindurch mit einer ganzen Reihe von Schwierigkeiten verbun<strong>de</strong>n war. Größere<br />

Strecken auf <strong>de</strong>m Hochplateau <strong>de</strong>s Gebirgsrückens waren nur durch Knüppelwege,<br />

welche mitten durch die Moor- und Sumpfterrains durchgeführt waren, zu überschreiten.<br />

M. Chr. Lehmann erwähnt bei <strong>de</strong>r Aufzählung <strong>de</strong>r Gebirgsübergänge im „Schauplatz“<br />

noch beson<strong>de</strong>rs: <strong>de</strong>n „neuen Weg“ (welchen General Holke durch Aufhauen <strong>de</strong>s<br />

Wal<strong>de</strong>s ließ räumen auf böhmische Mühle und gül<strong>de</strong>ne Höhe) und <strong>de</strong>n Weg von<br />

Wiesenthal bis Johanngeorgenstadt („geht hinter Gottesgabe durch eitel morastige<br />

Wildniß, zum Theil auf lauter faulen Brücken und rauhen Strecken nach <strong>de</strong>r Halben<br />

Meil.“) Vom „Zwönitzer Wege“ sagt er „er ist sehr enge, halb mit Schaalhölzern überbrückt,<br />

von Alters her konnten we<strong>de</strong>r die Harzer Bleiwägen noch die Salzkärner<br />

passiren.“<br />

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Abbildung 2: Das Mückentürmchen (Foto:<br />

http://www.peterswald.org/)


Moritz von Süßmilch gen. Hörnig: Das Erzgebirge. Annaberg 188<strong>9.</strong><br />

Gleichzeitig hatte sich aber auch das Straßennetz nach Innen be<strong>de</strong>utend verdichtet,<br />

im engsten Zusammenhange mit <strong>de</strong>m Wachsthume <strong>de</strong>r Ansie<strong>de</strong>lungen und ihrer Bewohner,<br />

wie vor Allem mit <strong>de</strong>m Anbruch zahlreicher Erzlagerstätten.<br />

Beson<strong>de</strong>rs auffallend ist die strahlenförmige Verbreitung <strong>de</strong>r Straßen von Freiberg<br />

gebirgsaufwärts. Außer <strong>de</strong>n bereits vorhan<strong>de</strong>nen Straßen entstand die Z i n n s t r a ­<br />

ß e über Bobritzsch und Ammelsdorf nach Altenberg, die M u l d e n e r G e l e i t s s ­<br />

t r a ß e über Weigmannsdorf, Mul<strong>de</strong> und Claußnitz nach Rechenberg; die<br />

A n n a b e r g e r S t r a ß e über Langenau, Rauenstein, Wolkenstein, die Z s c h o ­<br />

p a u e r S t r a ß e über Langenau, Eppendorf, Borstendorf. Im Osten <strong>de</strong>s Gebirges<br />

entstan<strong>de</strong>n noch die Straße von Lockwitz über Maxen, Glashütte, Börnchen, Lauenstein<br />

nach Fürstenau; die Mittelgebirgische o<strong>de</strong>r „B u t t e r s t r a ß e “ von Pottschappel<br />

über Somsdorf, Beerwal<strong>de</strong> nach Frauenstein; die Obergebirgische o<strong>de</strong>r<br />

M a r i e n b e r g e r S t r a ß e von Dippoldiswal<strong>de</strong> über Pretzschendorf, Mul<strong>de</strong>, Mittelsayda,<br />

Marterbüschel nach Marienberg.<br />

Zahlreich sind die Wie<strong>de</strong>rholungen <strong>de</strong>r Bezeichnung „F ü r s t e n w e g “, aber nur in<br />

einzelnen Fällen läßt sich aus <strong>de</strong>n noch erkennbaren Strecken ein längerer Straßenzug<br />

nachweisen. Der bemerkenswertheste <strong>de</strong>rselben reicht von Wolkenstein über<br />

Lengefeld, Mittel- und Obersayda, Helbigsdorf, und von Pretzschendorf über die<br />

„Hölzerne Brücke“ an <strong>de</strong>r wil<strong>de</strong>n Weißeritz bis zur Butterstraße bei Höckendorf.<br />

<strong>Die</strong>se sämmtlichen Straßen gehen, wenn auch in <strong>de</strong>r Hauptsache in ziemlich gera<strong>de</strong>r<br />

Richtung, bergauf, bergab, meist auf <strong>de</strong>n Höhenrücken, die Thäler kurz überschreitend.<br />

A. F. Zürner beschäftigte sich von 1712 bis 1732 fast ausschließlich mit <strong>de</strong>r Vermessung<br />

<strong>de</strong>r Straßen Sachsens. Er bearbeitete für <strong>de</strong>n König 40 Spezial- und Generalkarten,<br />

sowie eine große Postkarte <strong>de</strong>s Kurfürstenthum Sachsen. Peter Schenck in<br />

Amsterdam gab diese Karten 1745 bis 1760 als „N e u e r S ä c h s i s c h e r<br />

A t l a s “, enthaltend die sieben Kreise <strong>de</strong>s Kurfürstenthum Sachsen etc., Amsterdam<br />

und Leipzig, heraus. <strong>Die</strong> Ausgabe von 1760 enthält 57 Karten und 11 Blatt Prospekte.<br />

Alle Land- und Hauptstraßen von Sachsen wur<strong>de</strong>n 1722 mit steinernen Meilen- und<br />

Postsäulen versehen. <strong>Die</strong>selben bestan<strong>de</strong>n aus viereckigen, auf einen würfelförmigen<br />

Postament stehen<strong>de</strong>n Obelisken von Sandstein mit <strong>de</strong>m Kurfürstlich Sächsischen und<br />

Königlich Polnischen Wappen und <strong>de</strong>r Königskrone. An <strong>de</strong>n vier Seiten <strong>de</strong>s Sockels<br />

waren zahlreiche Poststationen <strong>de</strong>s In- und Auslan<strong>de</strong>s, zum großen Theile mit Angabe<br />

<strong>de</strong>r Entfernungen, genannt. Einzelne dieser Säulen stehen noch in Orten <strong>de</strong>s Gebirges,<br />

wo <strong>de</strong>r Straßenzug längst eine an<strong>de</strong>re Richtung angenommen hat.<br />

Zürner's „N e u e C h u r s ä c h s i s c h e P o s t k a r t e “, 1730, giebt nachverzeichnete<br />

Straßenzüge:<br />

<strong>Die</strong> g r o ß e S t r a ß e aus <strong>de</strong>m Reich nach Polen von Reichenbach über Zwickau,<br />

Chemnitz, Freiberg, Herzogswal<strong>de</strong>, Kesselsdorf, Dres<strong>de</strong>n.<br />

<strong>Die</strong> k l e i n e S t r a ß e : Reichenbach, Kirchberg, Weißbach.<br />

<strong>Die</strong> m i t t l e S t r a ß e : Zwickau, Silberstraße, Schneeberg.<br />

<strong>Die</strong> k l e i n e S t r a ß e : Schneeberg, Neustädtel, Oberblauenthal, Eibenstock,<br />

Wil<strong>de</strong>nthal, Steinbach, Johanngeorgenstadt, (über <strong>de</strong>n Ziegenrück), Platten (über <strong>de</strong>n<br />

Bäringer Berg), Voigtsgrün, Carlsbad.<br />

<strong>Die</strong> k l e i n e S t r a ß e , Grünstädtel, Crandorf, Breitenbrunn, Bau (? wahrscheinlich<br />

Rabenberg), Johanngeorgenstadt.<br />

<strong>Die</strong> k l e i n e S t r a ß e : Grünstädtel, Scheibenberg, Schlettau, Annaberg.<br />

= 5/9 =


Moritz von Süßmilch gen. Hörnig: Das Erzgebirge. Annaberg 188<strong>9.</strong><br />

<strong>Die</strong> k l e i n e S t r a ß e : Schneeberg, Wildbach, Stein, Hartenstein, Dürfeld, Stollberg,<br />

Neukirchen, Chemnitz.<br />

<strong>Die</strong> m i t t l e S t r a ß e : Chemnitz, Harthau, Burkersdorf, Gelenau, Thum, Ehrenfrie<strong>de</strong>rsdorf,<br />

Annaberg.<br />

<strong>Die</strong> k l e i n e S t r a ß e : Annaberg, Bärenstein, Weipert, Schlössel, Unterwiesenthal,<br />

Oberwiesenthal, Gottesgab, Joachimsthal.<br />

<strong>Die</strong> k l e i n e N e b e n s t r a ß e : Chemnitz, Weißbach, Zschopau.<br />

<strong>Die</strong> g r o ß e H a u p t s t r a ß e Chemnitz, Altenhain, Zschopau, Heinzebank, Marienberg,<br />

Reitzenhain, Sebastiansberg, Kommotau.<br />

<strong>Die</strong> N e b e n s t r a ß e Annaberg, Wiesenbad, Wolkenstein, Heinzebank, Rauenstein,<br />

Großwaltersdorf, Freiberg.<br />

<strong>Die</strong> g r o ß e N e b e n s t r a ß e : Freiberg, Weißenborn, Burkersdorf, Frauenstein,<br />

Zollhaus, Moldau, Neustadt, Teplitz.<br />

<strong>Die</strong> k l e i n e N e b e n s t r a ß e : Dres<strong>de</strong>n, Possendorf, Dippoldiswal<strong>de</strong>, Falkenhain,<br />

Altenberg, Zinnwald, Eichwald, Teplitz.<br />

<strong>Die</strong> k l e i n e S t r a ß e : Altenberg, Geising, Fürstenau, Ebersdorf, Geiersberg, Mariaschein.<br />

<strong>Die</strong> k l e i n e S t r a ß e : Dres<strong>de</strong>n, Dohna, Börnersdorf, Fürstenwal<strong>de</strong>, Ebersdorf,<br />

über <strong>de</strong>n Geiersberg.<br />

<strong>Die</strong> k l e i n e S t r a ß e : Pirna, Zehista, Berggießhübel, Rollendorf, Außig.<br />

Auf <strong>de</strong>r von Schliebenschen Karte von Sachsen (Schulkarte) 1810 ist nur die Straße<br />

Pirna, Außig zur Hauptstraße erhoben; die übrigen sind unverän<strong>de</strong>rt. Auch die Güßefeld'sche<br />

Karte von Sachsen, 1817, bringt dasselbe. Beiläufig sei bemerkt, daß das Bepflanzen<br />

<strong>de</strong>r Chausseen mit Pappeln Folge einer Napoleonischen Vorschrift war, aber<br />

nur im Nie<strong>de</strong>rgebirge bei einigen Chausseen Anwendung fand.<br />

Nach <strong>de</strong>n Napoleonischen Kriegen legte man einen sehr be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n Werth auf die<br />

Vermehrung und die Verbesserung <strong>de</strong>r Straßenverbindungen. Daher wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n<br />

Jahren bis 1820 eine be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Anzahl von Straßen chaussirt, o<strong>de</strong>r auch neue<br />

Chausseen erbaut. Man kann annehmen, daß bis 1820 gegen 100 Meilen (zu 16000<br />

Ellen, also über 900 km) Straßen gebaut o<strong>de</strong>r chaussirt wur<strong>de</strong>n. <strong>Die</strong> Kriegsjahre<br />

hatten alle Wege zu Grun<strong>de</strong> gerichtet; von allen Seiten klagte man über die Beschaffenheit<br />

<strong>de</strong>r Straßen; nach allen Seiten hin hätte Hülfe geschafft wer<strong>de</strong>n mögen, und<br />

die so große Menge <strong>de</strong>r zu Grun<strong>de</strong> gerichteten Straßen und Wege verhin<strong>de</strong>rte ihre<br />

schnelle Wie<strong>de</strong>rherstellung. Dessen ungeachtet wur<strong>de</strong> mit großer Energie <strong>de</strong>r Straßenzug<br />

Zwickau-Hof, Zwickau-Eibenstock, Leipzig-Chemnitz-Marienberg bis zur<br />

Grenze, Freiberg-Frauenstein bis zur Grenze in Stand gesetzt und die Chaussee Dres<strong>de</strong>n-Tharandt-Naundorf<br />

neu erbaut.<br />

Nach 1820 trat ein gewisser Stillstand im Straßenbau ein; dagegen wur<strong>de</strong>n zwischen<br />

1830 und 1835 wie<strong>de</strong>rum eine be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Zahl von Chausseen neu angelegt<br />

und Straßen zu Chausseen umgebaut. Es waren abermals gegen 100 Meilen Chausseen,<br />

so daß 1836 etwa 200 Meilen (= 1800 km) Chausseen in Sachsen vorhan<strong>de</strong>n<br />

waren, von <strong>de</strong>nen ein guter Theil auf das Erzgebirge zu rechnen ist. Nachstehen<strong>de</strong><br />

Straßen wur<strong>de</strong>n in dieser Zeit in Chausseen umgebaut: Freiberg-Frauenstein bis zur<br />

Grenze, Freiberg-Forchheim-Natzschung bis zur Grenze, Zwickau-Schneeberg-<br />

Eibenstock bis zur Grenze, Schwarzenberg-Annaberg, Schwarzenberg-Johanngeorgenstadt,<br />

Schwarzenberg-Eibenstock, u. A. m. *<br />

* Vergl. A. S c h i f f n e r , Beschreibung von Sachsen. Stuttgart, Scheible 1840. S. 100 ff.<br />

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Moritz von Süßmilch gen. Hörnig: Das Erzgebirge. Annaberg 188<strong>9.</strong><br />

Gegenwärtig beträgt die Länge <strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>m Erzgebirge vorhan<strong>de</strong>nen Chausseen<br />

1340 km, ohne Straßen und Nebenstraßen. <strong>Die</strong> Straßen <strong>de</strong>s Gebirges sind beinahe<br />

ausnahmslos in vortrefflichem Zustan<strong>de</strong> und die zahlreichen Wegeverbindungen<br />

selbst unter weniger günstigen Witterungsverhältnissen in <strong>de</strong>r Hauptsache ohne<br />

Schwierigkeiten zu benutzen.<br />

Der Gebirgsrücken wird im Ganzen von siebzehn großen Straßenzügen überschritten,<br />

ungerechnet die zahlreichen Nebenwege, welche sämmtlich zu Fuß begangen<br />

wer<strong>de</strong>n können.<br />

Zahlreiche Neben- und Querverbindungen haben das Straßennetz zu einem engmaschigen<br />

gemacht. Alle Verbindungswege, und nicht bloß die Hauptstraßen, sind be<strong>de</strong>utend<br />

verbessert. Zwischen <strong>de</strong>n zahlreichen Dörfern und Ortschaften sind die Wege<br />

zum großen Theile vortrefflich. Man hat keine Mühe und Arbeit gescheut, sie in guten<br />

Stand zu setzen und sie in diesem Zustan<strong>de</strong> zu erhalten; Gemein<strong>de</strong>n und Privatleute<br />

wetteifern mit <strong>de</strong>m Staate, um auch ihrerseits Wege und Straßen ijn gleichmäßig guter<br />

Beschaffenheit zu besitzen.<br />

Während früher die Straßenzüge die Thäler vermie<strong>de</strong>n, suchen sie gegenwärtig<br />

dieselben auf, um allmälig mit <strong>de</strong>n Thalsohlen im Gebirge aufwärts zu steigen.<br />

Seit <strong>de</strong>m Jahre 1845 begann man, vom Nie<strong>de</strong>rlan<strong>de</strong> aus, auch das Erzgebirge mit<br />

E i s e n b a h n e n zu versehen, und auch diesem, wenn auch nur allmälig und mit<br />

Ueberwindung großer technischer und finanzieller Schwierigkeiten, die Erleichterung<br />

und Belebung <strong>de</strong>s Verkehrs zu gewähren, wie sie für das ausge<strong>de</strong>hnte und dicht bevölkerte<br />

Industriegebiet erfor<strong>de</strong>rlich gewor<strong>de</strong>n war.<br />

<strong>Die</strong> 1845 begonnene, aber erst 1852, nach<strong>de</strong>m sie in die Hän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Staates übergegangen<br />

war, vollen<strong>de</strong>te Eisenbahn Riesa-Chemnitz stellte die erste Verbindung mit<br />

<strong>de</strong>m zu jener Zeit noch sehr weitmaschigen Eisenbahnnetze von Deutschland her.<br />

Aber nach<strong>de</strong>m Chemnitz 1858 auch nach Westen, über Glauchau und Zwickau Verbindung<br />

mit <strong>de</strong>r Bairischen Eisenbahn gewonnen hatte, drängten die Verkehrsverhältnisse<br />

allmälig dahin, die uralte Straße aus <strong>de</strong>m Voigtlan<strong>de</strong> nach Schlesien auch<br />

mit einer direkten Eisenbahnlinie zu versehen. <strong>Die</strong> Eisenbahnlinie Zwickau-Glauchau-Chemnitz-Flöha-Freiberg-Hainsberg-Dres<strong>de</strong>n<br />

wur<strong>de</strong> 1869 durch <strong>de</strong>n Bau <strong>de</strong>r Strecke<br />

Freiberg-Flöha geschlossen und bil<strong>de</strong>t die Hauptlinie, an welche sich fast<br />

sämmtliche erzgebirgischen Eisenbahnlinien anschließen. <strong>Die</strong> Länge <strong>de</strong>rselben beträgt<br />

128,2 km.<br />

Abgesehen von <strong>de</strong>n zahlreichen Zufahrtslinien, welche aus <strong>de</strong>m Nie<strong>de</strong>rlan<strong>de</strong> und<br />

aus <strong>de</strong>m Hügellan<strong>de</strong> von Nor<strong>de</strong>n her auf diese Hauptverkehrsa<strong>de</strong>r stoßen, muß man<br />

doch die Eisenbahnstrecken Chemnitz-Burgstädt, 14,9 km, Wittgensdorf-Limbach,<br />

6,4 km, Chemnitz-Mittweida-Crossen, 22 km, Nie<strong>de</strong>rwiesa-Hainichen, 17,7 km, Freiberg-Nossen,<br />

24 km, unzweifelhaft zu <strong>de</strong>n erzgebirgischen Eisenbahnen rechnen; zusammen<br />

85 km.<br />

Nach Sü<strong>de</strong>n, gebirgsaufwärts, sind jedoch zahlreiche Schienenwege ins Gebirge eingedrungen<br />

und überschreiten dasselbe auch in zwei Hauptlinien.<br />

Von Zwickau führt eine Eisenbahnlinie nach Schwarzenberg und ist bis Johanngeorgenstadt<br />

gebirgsaufwärts fortgesetzt; ihre Länge beträgt 40,4 km. An diese Linie<br />

schließt sich die Schmalspurbahn Wilkau-Saupersdorf, 10 km, und die Nebenbahn<br />

Nie<strong>de</strong>rschlema-Schneeberg, 5,2 km.<br />

Von Mosel führt eine Schmalspurbahn durch <strong>de</strong>n Mülsener Grund bis Ortmannsdorf,<br />

13,9 km.<br />

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Moritz von Süßmilch gen. Hörnig: Das Erzgebirge. Annaberg 188<strong>9.</strong><br />

Von St. Egidien geht eine Eisenbahn nach Stollberg, 19,5 km, an welche sich die<br />

von Wüstenbrand nach Höhlteich führen<strong>de</strong> Linie, 13,2 km anschließt. <strong>Die</strong>se bei<strong>de</strong>n<br />

Linien erhalten ihre Fortsetzung durch die, wahrscheinlich im Sommer 1889 eröffnete<br />

Linie Stollberg-Zwönitz, 16,25 km lang, welche in einer großen Schleife die Katzensteinerhebung<br />

umzieht.<br />

Von Chemnitz führt die Eisenbahnlinie Chemnitz-Aue-Adorf in südwestlicher Richtung<br />

bis zum äußersten Endpunkte <strong>de</strong>s Erzgebirges bei Schöneck. <strong>Die</strong> Bahn hat bis<br />

zum Bahnhofe Schöneck eine Länge von 96 km, bis zum Bahnhofe Zwota 101,3 km<br />

Länge.<br />

Eine Verbindung <strong>de</strong>r Stationen Hammerbrück und Falkenstein (an <strong>de</strong>r Voigtländischen<br />

Bahn) ist beabsichtigt.<br />

Nach <strong>de</strong>m Centrum <strong>de</strong>s Erzgebirges führt die 1866 bis Annaberg, 1872 bis Weipert<br />

bez. Kommotau, eröffnete Eisenbahn Flöha-Weipert-Krima – Neudorf-Kommotau.<br />

<strong>Die</strong>selbe hat eine Länge von Flöha-Weipert 62,1 km, Weipert-Kommotau 72 km, im<br />

Ganzen = 134,1 km, von <strong>de</strong>nen weit über 40 km auf <strong>de</strong>m Kamme <strong>de</strong>s Gebirges in weiten<br />

Bogen und tiefen Einschnitten dahin gehen.<br />

Von dieser Linie zweigt ab die Schmalspurbahn Wilischthal-Ehrenfrie<strong>de</strong>rsdorf mit<br />

ihrem Nebenzweige Herold-Thum, mit einer Gesammtlänge von 15,8 km. Von Schönfeld<br />

führt eine Nebenbahn, ebenfalls Schmalspur, 9,27 km lang, nach Geyer.<br />

Zwischen <strong>de</strong>r Schwarzenberger und <strong>de</strong>r Annaberger Linie ist eine Verbindungsbahn,<br />

(Aue) Schwarzenberg-Buchholz (Annaberg) gebaut, mit einer Abzweigung nach<br />

Rittersgrün und einer nach Crottendorf, in <strong>de</strong>r Gesammtlänge von ungefähr 32 km.<br />

<strong>Die</strong> Eisenbahnlinie Flöha-Reitzenhain-Krima – Neudorf, in <strong>de</strong>r Länge von 71,4 km,<br />

überschreitet ebenfalls, jedoch auf kürzerer Linie, <strong>de</strong>n Gebirgskamm. Von ihr zweigen<br />

ab die Linie Eppendorf-Großhartmannsdorf ca. 16 km, welche im Lößnitzthale gebaut<br />

und sich in Flöha anschließen wird, sowie die 10,6 km lange Zweigbahn Pockau-<br />

Lengefeld-Olbernhau.<br />

Von Freiberg führt die Eisenbahnlinie Moldau-Osseg wie<strong>de</strong>rum über das Gebirge.<br />

Sie ist 59,1 km lang und durch die hohen landschaftlichen Reize, mit <strong>de</strong>nen sie beson<strong>de</strong>rs<br />

vom Austritte durch <strong>de</strong>n Tunnel bei Niklasberg an ausgestattet ist, beachtenswerth.<br />

Eine Zweigbahn Freiberg-Halsbrücke ist im Bau; eine Verbindungsbahn Berthelsdorf-Großhartmannsdorf<br />

mit Brand-Langenau in Vorbereitung.<br />

<strong>Die</strong> Schmalspurbahn Hainsberg-Kipsdorf, 25,5 km führt im Thale <strong>de</strong>r rothen Weißeritz<br />

nahe bis an <strong>de</strong>n Gebirgskamm heran.<br />

Auf <strong>de</strong>r Nordostseite <strong>de</strong>s Gebirges, aus <strong>de</strong>m Elbthale, führen die im Bau befindliche<br />

Schmalspurbahn im Müglitzthale, bis Lauenstein 30 km, bis Geising 33,5 km, und die<br />

Eisenbahn Pirna-Berggießhübel, 14,9 km, in das Gebirge hinein.<br />

In ihrer Gesammtheit beträgt die Länge dieser Eisenbahnlinien 845 km, und zwar<br />

737 km für Bahnen mit vollem und mit vermin<strong>de</strong>rtem Betrieb, 108 km für Schmalspurbahnen.<br />

Längs <strong>de</strong>s Südfußes <strong>de</strong>s Gebirges führt die Eisenbahnlinie Tellnitz-Osseg-Kommotau<br />

(66 km) und Kommotau-Karlsbad-Falkenau (92,5 km). Von dieser Linie zweigen<br />

gebirgsaufwärts in Falkenau die Eisenbahn Klingenthal-Zwota (33 km), in Chodau die<br />

Eisenbahn nach Neu<strong>de</strong>ck (13 km).<br />

Unter <strong>de</strong>n projektirten Eisenbahnen darf die Preßnitzthalbahn, von Wolkenstein<br />

nach Jöhstadt, wohl in erster Linie genannt wer<strong>de</strong>n.<br />

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Moritz von Süßmilch gen. Hörnig: Das Erzgebirge. Annaberg 188<strong>9.</strong><br />

Im Allgemeinen sei noch bemerkt, daß <strong>de</strong>r Fahrplan <strong>de</strong>r sächsischen Bahnen ein<br />

sehr reichhaltiger ist. <strong>Die</strong> Schmalspurbahnen haben min<strong>de</strong>stens 4, einzelne sogar<br />

6 Züge täglich in je<strong>de</strong>r Richtung; die übrigen Bahnen min<strong>de</strong>stens 4, sehr viele 5, einzelne<br />

6 Züge in je<strong>de</strong>r Richtung, wobei zu berücksichtigen ist, daß außer <strong>de</strong>r Hauptlinie<br />

Zwickau-Dres<strong>de</strong>n, mit 8 durchgehen<strong>de</strong>n Zügen in je<strong>de</strong>r Richtung, kein Nachtdienst<br />

stattfin<strong>de</strong>t. <strong>Die</strong> böhmischen Bahnen haben weniger, zum Theil recht unbequem<br />

liegen<strong>de</strong> Züge, was bei Entwurf eines Reiseplanes sehr ins Gewicht fällt.<br />

Noch ist zu bemerken, daß in Sachsen auch zahlreiche Postverbindungen zwischen<br />

einzelnen Städten und Eisenbahnstationen, wie auch von Städten unter sich selbst<br />

stattfin<strong>de</strong>n, welche das Reisen, wie die Beför<strong>de</strong>rung von Gepäck u. s. w. wesentlich<br />

erleichtern.<br />

Abschrift aus: Moritz von Süßmilch gen. Hörnig: Das Erzgebirge. Annaberg 188<strong>9.</strong><br />

S. 119 – 130. Adresse: http://www.<strong>geschichte</strong>-<strong>ana</strong>.<strong>de</strong>/download/suessmilch/<strong>Verkehrswege</strong>.pdf<br />

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