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Download pdf - city - das magazin für urbane gestaltung

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<strong>magazin</strong>-<strong>city</strong>.at<br />

Die Stadt und der Sommer<br />

judith eiblmayr über <strong>das</strong> stadtleben am donaukanal |<br />

manuela prusa über wohlfühloasen in der stadt | ilse huber<br />

über die stadt 2050 und londons southbank | barbara<br />

kanzian über urban farming | iris meder über wiener<br />

freibäder und london im höhenrausch | barbara jahn<br />

über 10 Jahre Museumsquartier und über Wiener und<br />

Londoner Designer | roland kanfer über die<br />

renaissance der städte<br />

2011 juni


Archiv<br />

02 | <strong>city</strong> editorial<br />

Impressum:<br />

Herausgeber Bohmann Druck und Verlag Ges.m.b.H. &<br />

Co. KG, KR Dr. Rudolf Bohmann Geschäftsführung<br />

Dr in . Gabriele Ambros, Gerhard Milletich Verleger<br />

Bohmann Druck und Verlag, GesmbH & Co. KG,<br />

A-1110 Wien, Leberstraße 122 Verlagsleitung<br />

Mag. Patrick Lenhart Chefredaktion Roland Kanfer<br />

(roland.kanfer@bohmann.at; Tel. 740 95-559) Autorinnen<br />

Manuela Prusa, Iris Meder, Barbara Jahn,<br />

Barbara Kanzian, Ilse Huber, Judith Eiblmayr<br />

Mediaberatung: AAC - Austria Advertising Consult/<br />

Mag. Thomas Parger Redaktionsassis tenz Michaela<br />

Kern (<strong>city</strong>@bohmann.at; Tel. 740 95-556) Vertriebsleitung<br />

Angelika Stola (a.stola@bohmann.at; Tel. 740 95-<br />

462) Aboverwaltung abo@bohmann.at; Tel. 740 95-<br />

466 Layout & Produktion Thomas Weber Hersteller<br />

Druckerei Berger, Wienerstraße 80, A-3580 Horn.<br />

Die Zeitschrift City ist ein unabhängiges Medium <strong>für</strong><br />

Architektur, Stadtentwicklung, Design und Urbanität.<br />

Nachdruck nur mit ausdrücklicher Genehmigung. Alle<br />

Rechte, auch die Übernahme von Beiträgen nach § 44<br />

Abs. 1 und 2 Urheberrechtsgesetz, sind vorbehalten.<br />

Coverbilder: Ingo Derschmidt; Rpbw, Renzo Piano Building<br />

Workshop; London Olympia 2012; Wolfgang_Simlinger;<br />

Iris Meder<br />

Foto: After Image Productions<br />

liebe leserinnen und leser!<br />

Nach einer kurzen kreativen Pause sind wir<br />

wieder da: „<strong>city</strong> – <strong>das</strong> <strong>magazin</strong> <strong>für</strong> <strong>urbane</strong> <strong>gestaltung</strong>“<br />

stellt sich rundum erneuert vor. In<br />

neuem, frischerem Layout präsentieren wir<br />

Ihnen ein Stadt<strong>magazin</strong>, <strong>das</strong> seine erweiterten<br />

Themenbereiche bereits im Titel trägt: Urbane<br />

Gestaltung - <strong>das</strong> ist Architektur, Stadtentwicklung<br />

und Design im Gefüge einer Großstadt.<br />

Refl exionen, Meinungsbildung und Debatten<br />

zu diesen Themen sind ein unverzichtbarer<br />

Bestandteil eines solchen Magazins. Wir haben<br />

uns daher nicht nur die sozialen Aspekte im<br />

<strong>urbane</strong>n Wohnbau angesehen, sondern berichten<br />

auch darüber, wie in- und ausländische<br />

Experten auf dem Gebiet der Stadtplanung,<br />

aber auch Projektentwickler und<br />

Industrielle die Entwicklung der Stadt in den<br />

nächsten Jahrzehnten einschätzen und welche<br />

Kriterien <strong>für</strong> ein lebenswertes Umfeld dabei<br />

wichtig sind, um die sich abzeichnende Renaissance<br />

der Städte zu unterstützen.<br />

Urban zu sein heißt aber auch, den Finger am<br />

Puls einer Stadt zu haben. Deshalb bietet <strong>city</strong><br />

nicht nur Raum <strong>für</strong> theoretische Fragen von<br />

Stadtentwicklung und Architektur oder Platz<br />

<strong>für</strong> architektonische Highlights. Ein Magazin<br />

<strong>für</strong> Urbanität sein zu wollen heißt auch, Ihnen<br />

als Leser Service zu bieten, um sich in der<br />

Stadt zurecht zu fi nden. Mit Tipps <strong>für</strong> Gastronomie,<br />

Freizeitlocations, Events, Ausstellungen<br />

und Bücher-Neuerscheinungen. Rechtzeitig<br />

vor Ferienbeginn liegt es <strong>für</strong> ein Magazin<br />

wie <strong>city</strong> natürlich nahe, sich mit den Freizeitangeboten<br />

einer Stadt auseinanderzusetzen.<br />

Wir unternehmen daher einen architektonischen<br />

Streifzug durch die Freibäder Wiens und<br />

die schönsten Plätze zum Chillen, Essen und<br />

Urlauben in der Stadt.<br />

Urbanität bedeutet aber auch Weltläufi gkeit.<br />

Der Blick auf andere Großstädte ist daher ein<br />

fi xer Bestandteil des neuen <strong>city</strong>. Wir starten in<br />

dieser Ausgabe mit der einzigen echten Mega<strong>city</strong><br />

Europas: London, die Stadt, die sich einst<br />

„swinging“ nannte und die die Austragung der<br />

Olympischen Spiele im nächsten Jahr zum<br />

Anlass nimmt, über sich und ihren Platz in einer<br />

Welt nachzudenken, in der Nachhaltigkeit<br />

und Energieeffi zienz immer wichtiger werden.<br />

Für die Liebhaber spektakulärer Architektur ist<br />

London immer eine gute Adresse: Wir stellen<br />

die neuesten Projekte vor, denen die Londoner<br />

bereits liebevolle Kosenamen wie Glasscherbe<br />

oder Käsereibe gegeben haben. Dass London<br />

auch eine dynamische Designerszene hatte<br />

und immer noch hat, zeigt ein Streifzug durch<br />

die Ateliers der britischen Hauptstadt.<br />

Die Muße kommt natürlich nicht zu kurz: Ein<br />

Vergleich der Flanier-, Gastronomie- und Kulturmeilen<br />

Londons und Wiens lohnt sich. Der<br />

kritische Blick darf dabei nicht fehlen. So hinterfragt<br />

die Wiener Architektin und Buchautorin<br />

Judith Eiblmayr, wie es mit der Entwicklung<br />

des Wiener Donaukanals zur Eventmeile<br />

weitergeht. Auch die Wiederentdeckung der<br />

Donau als Freizeitoase gehört zur Renaissance<br />

der Stadt Wien als Lebens-, Arbeits- und Freizeitmittelpunkt<br />

mit Qualität, ebenso wie die<br />

Etablierung <strong>urbane</strong>r Hot Spots wie <strong>das</strong> MuseumsQuartier,<br />

dessen zehnten Geburtstag wir<br />

zum Anlass <strong>für</strong> einen Rück- und Ausblick auf<br />

ein bewegtes Leben nehmen.<br />

Einen wunderschönen Sommer in der Großstadt<br />

und viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen<br />

Roland Kanfer<br />

alles leinwand<br />

SOMMERKINOS Vom Rathausplatz über den Karlsplatz bis zum Augarten: Auf besonders schönen Plätzen<br />

Wiens warten zahlreiche Filmhighlights unter freiem Himmel. Auch <strong>das</strong> VOLXkino kommt heuer wieder zu den<br />

Besuchern und präsentiert in 16 Bezirken der Stadt ein vielfältiges Programm. I manuela prusa<br />

Bereits zum 21. Mal geht heuer<br />

<strong>das</strong> Film Festival am Rathausplatz<br />

über die Bühne. Von 2. Juli bis 4.<br />

September laden musikalische<br />

und kulinarische Highlights zum<br />

Besuch ein. An 65 Abenden sind<br />

mehr als 40 Programmpunkte bei<br />

freiem Eintritt zu sehen. Im Rampenlicht<br />

stehen die Jahresregenten<br />

Gustav Mahler und Franz<br />

Liszt, aber auch Placido Domingo,<br />

der heuer seinen 70. Geburtstag<br />

und sein 50. Bühnenjubiläum feiert.<br />

Neben den großen Stars der<br />

klassischen Musik wie Anna Netrebko<br />

stehen auch Größen des<br />

Tanzes wie Jiri Kylian oder Jazzklassiker<br />

wie Ray Charles im<br />

Blickpunkt. Weiters gibt es Live-<br />

Übertragungen aus den bedeutendsten<br />

Opernhäusern Europas.<br />

So kann man beispielsweise am 3.<br />

September den Saisonauftakt der<br />

Wiener Staatsoper mit Guiseppe<br />

Verdis „Simon Boccanegra“ am<br />

Rathausplatz miterleben. Neben<br />

dem hochkarätigen Musikprogramm<br />

locken kulinarische Köstlichkeiten<br />

aus aller Welt. Rund 20<br />

Top-Gastronomen verwöhnen die<br />

Besucher schon ab den Vormittagsstunden.<br />

Einzigartiges Ambiente<br />

Am Karlsplatz fi ndet von 1. bis<br />

24. Juli „Kino unter Sternen“<br />

statt. Das Festival widmet sich<br />

dem Thema „Aus dem Koffer“<br />

und zeigt – ebenfalls bei freiem<br />

Eintritt – Filme über Heimatlose,<br />

Vertriebene, Reisende und<br />

Grenzgänger. Auf dem Programm<br />

stehen u. a. Streifen wie<br />

„Bock for President“, „Suzie<br />

Washington“ oder „Bon voyage“.<br />

Weiters wird in Kooperation<br />

mit dem Österreichischen<br />

Filmmuseum ein Special zu<br />

Max Steiner, dem Vater der<br />

Filmmusik, präsentiert.<br />

Das Sommerkino auf dem Dach<br />

der Hauptbücherei am Gürtel<br />

steht heuer ebenfalls im Zei-<br />

chen des Reisens. Reisen in<br />

fremde Kulturen, Länder, Erdteile<br />

und Galaxien, Reisen in die Zukunft<br />

und die Vergangenheit, aber<br />

auch Reisen in die Psyche. Bis 10.<br />

September bietet <strong>das</strong> höchste<br />

Open-Air-Kino der Stadt unter<br />

dem Titel „Reisefi eber“ cineastische<br />

Raritäten und aktuelle Produktionen.<br />

Zu sehen sind u. a.<br />

„Amacord“, „The Straight Story“,<br />

„Paris, Texas“ und „Into the<br />

Wild“.<br />

„Kino wie noch nie“, <strong>das</strong> Open-<br />

Air am Augartenspitz, lädt von<br />

30. Juni bis 14. August zu einer<br />

Reise durch die Welt und die Geschichte<br />

des Kinos ein. Der Spielplan<br />

sorgt <strong>für</strong> eine spannende Mischung<br />

aus Filmklassikern,<br />

Festival-Highlights und Österreich-Premieren.<br />

Ergänzt wird <strong>das</strong><br />

Hauptprogramm durch fünf Themen-Specials.<br />

So wird mit Jacques<br />

Tati ein großer Meister des<br />

Kinos gewürdigt und mit „Dark<br />

Stars“ ein Fenster in die Welt der<br />

Slash-Filme geöffnet – von Horror<br />

über Science-Fiction bis zu Fantasy.<br />

Bei den CinemaSessions dürfen<br />

sich die Besucher auf Stummfi<br />

lmschätze mit avantgardistischer<br />

Live-Musik freuen. Gezeigt wird<br />

u. a. der G.-W.-Pabst-Klassiker<br />

„Das Tagebuch einer Verlorenen“.<br />

Neben dem Kino im Filmarchiv-<br />

Garten wird wieder ein ambitio-<br />

niertes kulinarisches Angebot erstellt<br />

– „Gastronomie wie noch<br />

nie!“. Es warten hochwertige regionale<br />

Produkte von Biobauern,<br />

die in innovativen Rezepten köstlich<br />

veredelt werden.<br />

Wanderkino<br />

in den Bezirken<br />

Last but not least ist auch wieder<br />

<strong>das</strong> älteste Open-Air-Kino Wiens<br />

in 16 Bezirken unterwegs: Das<br />

VOLXkino geht in seine 22. Saison<br />

und präsentiert bis 16. September<br />

bei freiem Eintritt 100 österreichische<br />

und internationale<br />

Spiel-, Dokumentar-, Kurz- und<br />

Animationsfi lme. Einige davon<br />

sind bisher noch nie in österreichischen<br />

Kinos gezeigt worden.<br />

Auf dem Programm stehen u. a.<br />

Filme wie „Looking for Eric“,<br />

„Soul Kitchen“, „Farbrausch“ und<br />

„Monsters“. Gespielt wird überall<br />

dort, wo Platz ist – in Parkanlagen,<br />

zwischen Gemeindebauten,<br />

auf öffentlichen Plätzen und<br />

Märkten, am Gürtel oder am<br />

Stadtrand. ❙<br />

> Infos:<br />

www.wien-event.at<br />

www.kinountersternen.at<br />

www.kinoamdach.at<br />

www.kinowienochnie.at<br />

www.volxkino.at


Die Stadt in 40 Jahren hat viele<br />

Gesichter. Ihre räumliche Gestalt<br />

zeigt sich bestenfalls kompakt,<br />

grün und ressourceneffi zient hat<br />

eine Studie des österreichischen<br />

Instituts <strong>für</strong> Raumplanung (ÖIR)<br />

herausgefunden. Etliche Köpfe<br />

der Universität Klagenfurt (Institut<br />

<strong>für</strong> soziale Ökologie) sowie<br />

sieben weiterer europäischer Institutionen<br />

machten sich<br />

unter der Leitung<br />

des ÖIR<br />

Gedanken,<br />

welche Entwicklungen<br />

denn die<br />

Städte Athen,<br />

München, Newcastle upon Tyne,<br />

Porto, Stockholm, Wien und Marseille<br />

im Jahr 2050 nehmen<br />

könnten. Und weil die Untersuchungen<br />

nicht nur lokale Aussagekraft<br />

besitzen, hat sich auch die<br />

Chinesische Akademie der Wissenschaften<br />

mit dem Institut <strong>für</strong><br />

satellitengestützte Beobachtung<br />

der Siedlungsentwicklung am<br />

Projekt beteiligt.<br />

Phänomen Landfl ucht<br />

Genannt wurde <strong>das</strong> Forschungsprojekt<br />

SUME: Sustainable Urban<br />

Metabolism for Europe. Wenn<br />

auch die geographischen Voraus-<br />

schöne neue stadt<br />

setzungen durchaus unterschiedlich<br />

sind, so eint doch alle Metropolen<br />

der Welt, <strong>das</strong>s die<br />

Stoff fl üsse überall dieselben sind.<br />

Wasser, Erde, Luft, Abfall, Verkehr<br />

und Energie heißen die<br />

Faktoren, die den Stoffwechsel<br />

(Metabolism) einer Stadt kennzeichnen.<br />

Und Landfl ucht ist ein<br />

weltweites Phänomen, <strong>das</strong> alle<br />

Kontinente betrifft. War in der<br />

Vergangenheit die <strong>urbane</strong> Anziehungskraft<br />

immer wieder ein<br />

Thema, so wohnt nun erstmals in<br />

der Geschichte bereits mehr als<br />

die Hälfte aller Erdenbürger in<br />

(Mega)cities. Pakistans Hauptstadt<br />

Karatschi liegt mit seinen gezählten<br />

12 Millionen Einwohnern<br />

„nur“ auf Platz 20, der Großraum<br />

Moskau nimmt als erstes europäisches<br />

Gebiet mit seinen 14,61<br />

Millionen Einwohnern Platz 15<br />

ein, während New York, Mexiko-<br />

Stadt und Tokio-Yokohama die<br />

dichtesten Agglomerationen darstellen.<br />

Allein in der japanischen<br />

Metropole leben 37 Millionen<br />

Menschen, ein weltweit unübertroffener<br />

Wert.<br />

Wohntrends<br />

ändern Stadtbilder<br />

Acht europäische Länder und<br />

zwei Kontinente waren in die<br />

Forschungsarbeiten <strong>für</strong> SUME involviert<br />

und was dabei herauskam,<br />

ist der Versuch, die städtische<br />

Entwicklung der Zukunft<br />

nicht dem Zufall zu überlassen,<br />

sondern sie so zu planen, <strong>das</strong>s sie<br />

überschaubar bleibt. Es herrscht<br />

grundsätzliche Übereinstimmung<br />

unter den Experten, <strong>das</strong>s der Ressourcenverbrauch<br />

von Land und<br />

Energie nicht in dem Maß weitergehen<br />

kann wie bisher. So hat<br />

sich hierzulande in 20 Jahren<br />

(von 1981-2000) der individuelle<br />

Flächenbedarf um zwanzig Prozent<br />

erhöht. Das lässt sich im privaten<br />

Bereich am besten abbilden:<br />

Welche vierköpfi ge Familie<br />

wohnt heute schon auf rund 50<br />

Quadratmetern? Klappbetten, wie<br />

sie in den 1980er Jahren noch zur<br />

Platzersparnis<br />

in Einbauschränkenverschwanden,<br />

kann man<br />

wohl noch<br />

kaufen, sie<br />

sind aber nicht<br />

gerade der<br />

Werbeträger einer Imagekampagne<br />

von Möbelhäusern. Jede und<br />

jeder kalkuliert in größeren Wohnungseinheiten.Singlewohnungen,<br />

die unter 50 Quadratmetern<br />

angeboten werden, heißen dann<br />

schnell Vorsorgeimmobilie - sei es<br />

<strong>für</strong> den Alterssitz oder <strong>für</strong> die ersten<br />

eigenen vier Wände.<br />

So ein Trend schlägt sich auch im<br />

Aussehen einer Stadt nieder. Da<br />

<strong>city</strong> talk<br />

TREND In den nächsten<br />

Jahrzehnten zieht es weltweit<br />

immer mehr<br />

Menschen in städtische<br />

Räume. Was können die<br />

nächsten Generationen<br />

erwarten, wenn der<br />

Raum eng, die Ressourcen<br />

begrenzt und die<br />

Wege länger werden?<br />

Die Stadt 2050 -<br />

Anlass <strong>für</strong> Visionen.<br />

text I ilse huber<br />

fotos I iStockphoto (3)<br />

ilse huber (2)<br />

Für Sie geben wir auf 116 Linien unser Bestes.<br />

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www.wienerlinien.at<br />

01 Christof Schremmer leitet <strong>das</strong> internationale<br />

Forschungsprojekt SUME<br />

(Foto: Österr. Institut f. Raumplanung)<br />

02 + 03 Dicht an dicht stehende<br />

Gebäude signalisieren <strong>das</strong> gleiche<br />

Dilemma wie extensiv verteile Eigenheime<br />

mit Garten: Stadtraum ist kostbar<br />

Die Stadt gehört Dir.


04 | <strong>city</strong> talk<br />

04 Europas Blaue und Rote Wachstumsbanane:<br />

Hier fi nden sich die Ballungsräume<br />

der Zukunft.<br />

(Grafi k: Österr. Institut f. Raumplanung)<br />

05 München zeigt die größten Einsparungsmöglichkeiten<br />

unter den untersuchten<br />

Städten Europas<br />

06 + 07 Auto ade? Die Anbindung an<br />

den Öffentlicher Verkehr bestimmt auch<br />

die Zonen zur Stadterweiterung.<br />

kommt es allerdings<br />

darauf an,<br />

um welche Stadt<br />

es sich handelt,<br />

denn nicht jede<br />

ist gleich attraktiv.<br />

Die portugiesische<br />

Stadt<br />

Porto wird in<br />

Zukunft eher<br />

schrumpfen als<br />

wachsen, prognostiziert<br />

SUME.<br />

Andererseits resümiert<br />

<strong>das</strong> Forschungsprojekt,<br />

können Häuser<br />

durch bessere<br />

Wärmedämmungen hohe Reduktionspotenziale<br />

im Energiebereich<br />

erreichen. München und die<br />

nordostenglische Stadt Newcastle/<br />

Tyne, so die Analysen, zeigen unter<br />

den untersuchten Städten Europas<br />

mit 82 Prozent die größten<br />

Einsparungsmöglichkeiten bis<br />

2050, verglichen mit dem Stand<br />

des Jahres 2010.<br />

Mehr Menschen,<br />

aber weniger Verbrauch<br />

Die Einwohnerzahlen von Stockholm<br />

und Wien legen im Jahr<br />

2050 ordentlich zu. Verantwortlich<br />

da<strong>für</strong> sind die geopolitischen<br />

Voraussetzungen: „Sowohl Stockholm<br />

als auch Wien begegnen der<br />

internationalen Zuwanderung<br />

sehr offen“, erläutert Christof<br />

Schremmer vom ÖIR. Beide Metropolen<br />

kennzeichnet eine Topographie,<br />

die eine räumliche Ausdehnung<br />

zulässt. So sprechen<br />

Experten von einer östlichen und<br />

einer westlichen Wachstumsbanane<br />

in Europa. Die „blaue<br />

Wachstumsbanane“ zieht sich<br />

entlang der niederländisch-deutschen<br />

Grenze zwischen Düsseldorf<br />

und Venlo. Die östliche, auch<br />

die „rote Banane“ genannt, umfasst<br />

die Twin City Region Wien-<br />

Bratislava. Allein in Wien rechnet<br />

man in vier Jahrzehnten statt der<br />

aktuellen 1,8 Millionen Einwohner<br />

mit 2,4 Millionen – ein Plus<br />

von 35 Prozent. Würde man die<br />

aktuelle lineare Entwicklung einfach<br />

fortsetzen, hieße <strong>das</strong>, <strong>das</strong>s die<br />

Stadt um mehr als die Hälfte der<br />

Fläche zunimmt. Statt von 415<br />

Quadratkilometern entstünde<br />

eine <strong>urbane</strong><br />

Agglomeration<br />

von knapp 600<br />

Quadratkilometern.<br />

Die<br />

Ausdehnung<br />

von Wien hätte<br />

ihren Einfl ussbereich<br />

bis an<br />

die Staatsgrenzen im Osten bzw.<br />

Norden.<br />

Verdichtung gegen<br />

Wachstum<br />

Folglich lautet die Formel gegen<br />

<strong>das</strong> unbändige Wachstum: Ver-<br />

dichtung. Die erste Phase befi ndet<br />

sich gerade in der Umsetzung.<br />

Schremmer: „Wien hat <strong>das</strong> Glück,<br />

mehrere ehemalige Bahnhofsgelände<br />

mit neuen Stadtvierteln zu<br />

beleben.“ Gemeint sind West-,<br />

Nord- und Hauptbahnhof, die<br />

durch Wohn-, Schul- und Bürobauten<br />

aufgefüllt werden. Der<br />

nächste Schritt soll dann entlang<br />

von öffentlichen Verkehrsanbindungenerfolgen.<br />

Statt fl ächenintensiveEinfamilienhäuser<br />

zu errichten,<br />

bieten<br />

mehrgeschoßigeWohnbauten<br />

mehr<br />

Personen Unterkunft. Dem Transportsystem<br />

kommt laut Fachleuten<br />

wesentliche Bedeutung zu.<br />

Müsse der Passivhausbewohner<br />

täglich mit dem Auto fahren,<br />

würde <strong>das</strong> auf Dauer mehr Energie<br />

verschlingen als der klima-<br />

schonende Hausbau. Wird die<br />

SUME-Vision Wirklichkeit,<br />

könnte sich der Wiener Flächenverbrauch<br />

von plus 55 Prozent<br />

auf nur plus 14 Prozent reduzieren.<br />

Der Traum vom Grün<br />

darf bleiben<br />

Der raumplanerische Vorschlag<br />

hat <strong>für</strong> Wien eine einfache Botschaft:<br />

Gleiches Wachstum bei<br />

nur 20 Quadratkilometer mehr<br />

Flächenverbrauch. Wer sich jetzt<br />

schon sorgt, <strong>das</strong>s der Traum vom<br />

Grün in virtuelle Welten rückt,<br />

kann einen Stoßseufzer von sich<br />

geben. Nicht nur, <strong>das</strong>s der Nationalpark<br />

Donauauen bereits in der<br />

Lobau beginnt, begrenzt auch der<br />

Biosphärenpark Wienerwald <strong>das</strong><br />

<strong>urbane</strong> Wachstum. Soweit die<br />

großräumige naturnahe Abpufferung.<br />

Im direkten Wohnumfeld spielen<br />

in Hinkunft gemeinschaftlich genutzte<br />

Räume die tragende Rolle.<br />

Urbane Attraktivität spiegelt sich<br />

in gemischten Wohnformen wider.<br />

Der verdichtete bunte Mix<br />

aus Grünanlagen und Bauobjekten<br />

in U- oder S-Bahnnähe ist <strong>das</strong><br />

Konzept der Zukunft. Ob diese<br />

Vorstellungen die heute noch Ungeborenen<br />

auch umsetzen werden?<br />

❙<br />

> Forschungsprojekt SUME<br />

www.sume.at<br />

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www.wienerlinien.at Die Stadt gehört Dir.


aspern Die Seestadt<br />

Eine Stadt ist nicht nur zum Arbeiten<br />

da. In ihr muss auch gelebt<br />

werden können. Wohn-, Freizeit-<br />

und Arbeitsqualität sind die Fundamente<br />

<strong>für</strong> ein richtiges Lebensgefühl.<br />

Nur wenn der richtige<br />

„Vibe“ in einer Stadt vorhanden<br />

ist, kann sie im internationalen<br />

Wettbewerb bestehen.<br />

Binsenweisheiten? Nicht unbedingt,<br />

wenn man an so manche<br />

City, vorwiegend im außereuropäischen<br />

Raum denkt, die zwar<br />

untertags von Business People bevölkert<br />

wird, darüber hinaus aber<br />

wenig zu bieten hat. Die Wiener<br />

können sich glücklich schätzen:<br />

Ihre Stadt ist ein attraktiver<br />

Wohn- und Arbeitsort. Dass <strong>das</strong><br />

so bleibt, ist auch der Industrie<br />

ein Anliegen. Für Georg Kapsch,<br />

den Präsidenten der Wiener Industriellenvereinigung,<br />

ist Wien<br />

in diese Hinsicht in den letzten<br />

Jahren einen guten Weg gegangen.<br />

Es sei der Stadt gelungen,<br />

Zielgebiete wie <strong>das</strong> Messegelände,<br />

die Krieau, aber auch den Donaukanal<br />

oder <strong>das</strong> Gründerzeitviertel<br />

Westgürtel erfolgreich zu beleben<br />

und auszubauen, meint Kapsch.<br />

Bei Projekten wie dem Hauptbahnhof,<br />

dem Erdberger Mais, der<br />

neuen Wirtschaftsuniversität oder<br />

der Seestadt Aspern sieht der Industrielle<br />

Potenzial und damit<br />

verbunden Prestige, trotz vereinzelter<br />

Schwachpunkte wie fehlende<br />

oder unzureichende Anbindungen<br />

an den öffentlichen<br />

Verkehr.<br />

Integrierte<br />

Stadtentwicklung<br />

Wo es nach Meinung von Georg<br />

Kapsch jedoch noch Bedarf gibt,<br />

ist Beschleunigung: Beschleunigung<br />

bei der Schaffung geeigneter<br />

Rahmenbedingungen <strong>für</strong> eine integrierte<br />

Stadtplanung. Was unter<br />

integrierter Stadtplanung zu verstehen<br />

ist, erläuterte er anlässlich<br />

des von der IV Wien veranstaltetenStadtentwicklungs-Symposiums<br />

„future.forums“: „Wir müssen<br />

über Eigentümergrenzen<br />

hinweg denken“, so der Appell<br />

des Industriellen an die Wiener<br />

Kommunalpolitik und alle anderen<br />

an der Stadtentwicklung Beteiligten<br />

zu mehr Flexibilität und<br />

Eigeninitiative.<br />

Nun ist ja die Forderung nach<br />

mehr Flexibilität von Seiten der<br />

renaissance der städte<br />

Industrie meist an die Arbeitnehmerseite<br />

gerichtet. In diesem Fall<br />

richtet sich der Appell an die Politik<br />

„auch wieder ans Produzieren<br />

zu denken“, so Kapsch –<br />

sprich: wirtschaftsfreundlichere<br />

Rahmenbedingungen <strong>für</strong> die In-<br />

dustrie zu schaffen. Mit dem<br />

Stadtentwicklungsplan 2005<br />

(STEP 05) sei <strong>das</strong> weitgehend gelungen,<br />

zeigt sich der Wiener<br />

Wohnbaustadtrat Michael Ludwig<br />

überzeugt.<br />

Dieser Plan,<br />

der die Verteilung<br />

von<br />

Nutzungen bestimmt<br />

und<br />

Entwicklungsgebiete,Grünund<br />

Freiräume<br />

sowie Verkehrsinfrastrukturausweist,<br />

sei, so<br />

Ludwig, unter<br />

den drei Gesichtspunkten<br />

Ökologie und<br />

Sozialverträglichkeit, aber auch<br />

Wirtschaftlichkeit erarbeitet worden<br />

und soll die Entwicklung einer<br />

nachhaltigen Stadt ermöglichen.<br />

Stadt gewinnt<br />

wieder an Bedeutung<br />

Für die Wiener Industrie habe<br />

die Stadt damit grundsätzlich den<br />

richtigen Ansatz gewählt, meint<br />

deren Vertreter – nämlich weg<br />

vom strengen „Flächendenken“,<br />

hin zu einer verstärkten Konzentration<br />

auf konkrete Stadtentwicklungsgebiete.<br />

Was ihr noch<br />

fehle, sei <strong>das</strong> Denken über Grenzen<br />

hinweg, meint Kapsch. Und<br />

zwar einerseits über die Landesgrenzen<br />

hinweg – in Österreich,<br />

wo Fragen der Raumordnung<br />

ebenso wie Bauordnungen und<br />

Förderbestimmungen fest in<br />

Bundesländerhänden sind, ein<br />

Ding der Unmöglichkeit. Und die<br />

zweite Herausforderung liege <strong>für</strong><br />

die Stadtplanung in der Integration<br />

von Wohnen, Arbeiten, Freizeit<br />

und Mobilität. Denn der<br />

Trend geht, wie Experten bestätigen,<br />

wieder zurück in die Stadt.<br />

„Der Wert der Stadt gewinnt wieder<br />

an Bedeutung“, bestätigt Rudolf<br />

Scheuvens, Professor <strong>für</strong><br />

Stadtentwicklung an der Techni-<br />

G. Kapsch<br />

D. Polkowski<br />

R. Scheuvens<br />

C. Nutz<br />

Foto: Franz Ertl<br />

schen Universität Wien und stellvertretender<br />

Vorsitzender des<br />

Grundstücksbeirats, eines Gremiums,<br />

<strong>das</strong> Wohnbauvorhaben in<br />

Wien auf ihre<br />

planerischen,<br />

ökonomischen<br />

und ökologischenQualitätenuntersucht.<br />

„Es gibt<br />

viele Men-<br />

schen, die in<br />

der Stadt leben<br />

und sie auch<br />

nicht verlassen<br />

möchten“,<br />

meint der vor<br />

drei Jahren<br />

aus Dortmund<br />

nach Wien<br />

übersiedelte Raumplaner.<br />

Urbane Quartiere<br />

brauchen Konsens<br />

Und diese Menschen, die sich bewusst<br />

<strong>für</strong> ein Leben in der Großstadt<br />

entscheiden, suchen natürlich<br />

nach einer Wohnqualität, die<br />

bezahlbar ist und in der sie auch<br />

ihre Freizeit verbringen können.<br />

Ein solches „<strong>urbane</strong>s Quartier“<br />

will die Stadt Wien in den nächsten<br />

Jahren auf dem ehemaligen<br />

Flugfeld Aspern aus dem Boden<br />

stampfen. Mit rund 240 Hektar<br />

Fläche ist es nicht nur <strong>das</strong> größte<br />

Stadtentwicklungsgebiet Wiens,<br />

sondern auch eines der größten<br />

Europas. 20.000 Bewohner und<br />

ebenso viele Arbeitsplätze sollen<br />

bis zum Jahr 2030 „aspern Die<br />

Seestadt Wiens“ bevölkern. „As-<br />

pern ist keine Siedlung, sondern<br />

eine städtisch durchmischte<br />

Struktur. Das ganze Leben soll<br />

dort Platz haben, dazu gehören<br />

Arbeiten, Wohnen und Freizeit“,<br />

zeigt sich Claudia Nutz, Vorstand<br />

des Projektentwicklers Wien 3420<br />

Development AG visionär.<br />

Soziale Durchmischung ist auch<br />

die Vision der HafenCity Hamburg.<br />

„Dazu benötigt man ein<br />

breites Angebot an Arbeitsplät-<br />

zen“, bestätigt Dieter Polkowski,<br />

Baudirektor <strong>für</strong> Stadtentwicklung<br />

in Hamburg und zuständig<br />

<strong>für</strong> die HafenCity, die Forderung<br />

der Industrie. Breit heißt, eine<br />

Konzentration auf den Dienstleistungsbereich<br />

in der Stadtentwicklung<br />

zu vermeiden. Das sei<br />

zu wenig, warnt Polkowski. Aber<br />

den potenziellen Investoren Nutzungen<br />

in der Planungsphase<br />

vorzuschreiben, <strong>das</strong> hat man sich<br />

in Hamburg denn doch nicht getraut.<br />

Immerhin sei es aber gelungen,<br />

allen Projektentwicklern<br />

Erdgeschoßzonen mit fünf Metern<br />

Raumhöhe abzuverlangen.<br />

Ob sich damit die Hoffnung des<br />

Hamburger Baudirektors langfristig<br />

die gewünschte Durchmischung<br />

sicherstellen zu können<br />

erfüllt, bleibt abzuwarten. Ob so<br />

etwas auch in Wien möglich<br />

wäre? „Die Ziele, die eine Stadt<br />

in der Entwicklung verfolgt,<br />

brauchen Konsens“, so Polkowski.<br />

Eine g´mahte Wies´n <strong>für</strong><br />

Wien: Wo wird der Konsens<br />

schließlich ausgiebiger zelebriert<br />

als in der Hauptstadt des Kompromisses?<br />

❙<br />

<strong>city</strong> talk | 05<br />

INTEGRIERTE STADT-<br />

ENTWICKLUNG<br />

Wohn-, Freizeit- und<br />

Arbeitsqualität sind die<br />

Fundamente <strong>für</strong> ein<br />

richtiges Lebensgefühl.<br />

Nur wenn der richtige<br />

„Vibe“ in einer Stadt vorhanden<br />

ist, kann sie im internationalen<br />

Wettbewerb<br />

bestehen. I roland kanfer<br />

01 40.000 Menschen sollen in aspern Die<br />

Seestadt Wiens im Jahr 2030 leben und<br />

arbeiten. (Rendering: schreinerkastler)<br />

02 HafenCity Hamburg: Erdgeschoßzonen<br />

mit fünf Metern Raumhöhe sollen<br />

Durchmischung garantieren. (Foto:<br />

ELBE&FLUT)<br />

03 Dieter Polkowski, HafenCity Hamburg:<br />

„Ziele der Stadt in der Entwicklung<br />

brauchen Konsens.“ (Foto: Amt <strong>für</strong> Landes-<br />

und Landschaftsplanung Bezirk<br />

Hamburg Mitte - Projektgruppe Hafen-<br />

City)<br />

04 Georg Kapsch, Industriellenvereinigung<br />

Wien: „Wiens Stadtentwicklung fehlt<br />

noch <strong>das</strong> Denken über Grenzen hinweg.“<br />

(Foto: Markus Prantl)<br />

05 Rudolf Scheuvens, TU Wien: „Wert<br />

der Stadt gewinnt wieder an Bedeutung.“<br />

(Foto: Ralf Emmerich)<br />

06 Claudia Nutz, Wien 3420<br />

Development: „Aspern ist eine städtisch<br />

durchmischte Struktur.“ (Foto: Ludwig<br />

Schedl)<br />

+ + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOP<br />

Wolfgang Vasko: „Nicht ohne<br />

Grund wird Wien als eine der lebenswertesten<br />

Städte der Welt bezeichnet.<br />

Die ansteigende Zahl der<br />

Wientouristen ist ein Beweis <strong>für</strong><br />

die Qualität der Stadt – die Anziehungskraft<br />

auf potente Investoren<br />

aber letztlich der Beleg da<strong>für</strong>, <strong>das</strong>s in Wien auch<br />

eine starke Zukunft gesehen wird. Das soziale Gefüge<br />

hat sich in Wien bereits historisch bedingt immer<br />

aus einer Vielfalt an Nationen zusammengesetzt,<br />

bis 2050 könnte eine multikulturelle Gesellschaft<br />

entstehen, durch Schaffung von Themenzentren<br />

wie z. B. St. Marx, durch den Ausbau des<br />

öffentlichen Verkehrs und durch die Verdichtung<br />

des bereits bebauten und aufgeschlossenen Gebieta<br />

der Stadt entsteht eine kompakte übersehbare Met-<br />

HafenCity Hamburg<br />

ropole. Das Zusammenleben von Alt und Jung wird<br />

von der Stadt gefördert, was ich persönlich als sehr<br />

wichtig erachte. Ich habe – mit Sicherheit eine idealisierte<br />

– Vision, wie die Stadt Wien 2050 aussehen<br />

wird: Elektroautos neben einem lückenlosen, dichten<br />

öffentlichen Verkehrsnetz, einer ausreichenden<br />

Anzahl an Wohnungen, eine unabhängige Energieversorgung<br />

– die Stadt erzeugt die Energie, die sie<br />

braucht, selbst – und gesunden, glücklichen Bewohnern.“<br />

Wolfgang Vasko, Jahrgang 1943, Bauingenieur,<br />

Geschäftsführender Gesellschafter Vasko+Partner Ziviltechniker<br />

GmbH mit 250 Mitarbeitern. Aktuelles Großprojekt:<br />

Generalkonsulent (Generalplanung, Tragwerksplanung,<br />

Gebäudetechnik und Bauphysik) <strong>für</strong> den<br />

Neubau der WU Wien.


<strong>city</strong> planning<br />

text I ilse huber<br />

fotos I ilse huber<br />

renderings (3) I Tillner und<br />

Willinger<br />

01 Vom grünen Dach der interethnischen<br />

Nachbarschaft in Wien Liesing blickt man<br />

ins Grüne<br />

02–04 Beim Join In Projekt hat jede<br />

Wohnung ihren Balkon, der Freiraum<br />

wird Treffpunkt<br />

miteinander wohnen<br />

STADTENTWICKLUNG Interkulturalität hält Einzug in den Wiener Wohnbau. Die Philosophie ist zwar nicht<br />

neu, aber immer noch aktuell. Denn die Gesellschaft wird heterogener, die Zuziehenden wechseln nicht nur die<br />

Stadtbezirke, sondern mitunter auch die Kontinente.<br />

Interkulturell bedeutet etwas anderes<br />

als multikulturell. Während<br />

früher überall von multikulti die<br />

Rede war, hat sich gezeigt, <strong>das</strong>s<br />

vieles auch nebeneinander abgelaufen<br />

ist. Parallelwelten haben<br />

sich etabliert und die will man so<br />

gar nicht. Also heißt es nun modern„interkultu-<br />

rell“, ein anderer<br />

Begriff <strong>für</strong> Vermischung.Austausch.Interaktion.<br />

Im weitesten<br />

Sinn geht es darum,<br />

sich mit seinem<br />

Gegenüber<br />

auseinander zu<br />

setzen.<br />

Miteinander Wohnen bedeutet im<br />

besten Fall auch gemeinsam wohnen.<br />

Das wussten schon Pioniere<br />

des kommunalen Wohnbaus in<br />

den vergangenen Jahrzehnten.<br />

Sie planten und bauten Stätten,<br />

die nicht nur <strong>das</strong> Grundbedürfnis<br />

nach dem Dach über dem Kopf<br />

stillten, sondern auch noch die<br />

Gemeinschaft förderten. Aus dieser<br />

Zeit sind uns großzügige,<br />

grüne Innenhöfe erhalten. Diese<br />

versorgen auch heute noch die<br />

Bewohner mit Schatten, frischer<br />

Luft und Aufenthaltsmöglichkeiten<br />

vor der Haustür. Stellte einst<br />

der halböffentliche Freiraum eine<br />

Art Klammer um den persönlichen<br />

Wohnraum dar, so haben<br />

sich die Ansprüche der Bewohner<br />

stetig weiterentwickelt. In den<br />

1970er/80er Jahren des<br />

vorigen Jahrhunderts verlangten<br />

viele Betroffene<br />

mehr Mitbestimmung im<br />

Wohnbau. Dies ist nach<br />

wie vor ein Wunsch etlicher<br />

Beteiligter, bloß mit<br />

dem Unterschied, <strong>das</strong>s die<br />

Bewohnerinnen kulturell<br />

durchmischter sind und<br />

eine neue Dynamik im<br />

Denken, Planen und Umsetzen<br />

notwendig wird.<br />

2006 –<br />

<strong>das</strong> Jahr der Öffnung<br />

Die klassischen Wiener<br />

Gemeindebauten waren<br />

ursprünglich ausschließlich<br />

<strong>für</strong> österreichische<br />

Staatsangehörige reser-<br />

viert. Doch dann kam der EU Beitritt<br />

Österreichs und mit ihm<br />

neue Bestimmungen: die Wohnungen<br />

müssen seitdem auch <strong>für</strong><br />

Drittstaatenangehörige geöffnet<br />

werden. Nicht nur EU Bürger,<br />

sondern auch Türken, Amerikaner,<br />

Schweizer und Norweger sollen<br />

in den ge-<br />

förderten<br />

Wohnungen<br />

leben dürfen.<br />

Was sich auf<br />

dem Papier<br />

recht einfach<br />

liest, ist in<br />

Wirklichkeit<br />

ein langer<br />

Weg. In anderen<br />

Metropolen bilden sich ethnische<br />

Minitowns heraus,<br />

die im besten Fall erfreulich<br />

<strong>urbane</strong> Abwechslung<br />

bringen, im schlechtesten<br />

Fall aber zu Ghettos führen.<br />

Um derartige Fehlentwicklungenabzuwenden,<br />

beschloss die Wiener<br />

Stadtregierung im geförderten<br />

Wohnbau neben<br />

Architektur, Ökologie und<br />

Ökonomie die soziale<br />

Nachhaltigkeit zu forcieren.<br />

Die sogenannte vierte<br />

Säule nimmt allmählich<br />

konkrete Formen an: neben<br />

dem Wohnen in Gemeinschaft<br />

soll auch <strong>das</strong><br />

Wohnen <strong>für</strong> wechselnde<br />

Bedürfnisse reichen.<br />

> Interethnisches Wohnen:<br />

„Das ist so gestaltet,<br />

<strong>das</strong>s man miteinander zu<br />

tun haben muss, da<br />

kann man nicht in seiner<br />

Wohnung bleiben.“ <<br />

Wohnbaustadtrat Michael<br />

Ludwig setzt auf Vielfalt:<br />

„Der Grund warum ich<br />

Themenbauten wie Interethnisches<br />

Wohnen initiiert<br />

habe, liegt darin begründet,<br />

<strong>das</strong>s sich die<br />

Bauträger mit der sozialen<br />

Durchmischung intensiv<br />

auseinandersetzen sollen.“<br />

Beispiele und<br />

Aussichten<br />

Im Jahr 2000 entstand der<br />

erste geförderte Wohnbau<br />

mit dieser Ausrichtung in<br />

Wien Liesing. Seit elf Jahren<br />

wohnen Menschen<br />

aus 18 verschiedene Nati-<br />

onen „in der Wies’n“. Mit<br />

viel Aufwand, Diskussion,<br />

Aufklärung und Abwehr<br />

von Störaktionen hat sich<br />

eine Gemeinschaft gebildet,<br />

wie der Hausbetreuer<br />

Ahmadschah Akrami resümiert:<br />

„Im ersten Jahr<br />

sind mehrere Male Skinheadgruppen<br />

gekommen<br />

und haben uns als Gesindel<br />

beschimpft.“ Viele<br />

Vorurteile mussten abgebaut<br />

werden, doch nun<br />

hat sich wirklich so etwas<br />

wie eine Gemeinschaft<br />

herausgebildet, die im eigenen<br />

Veranstaltungssaal<br />

Feste feiert oder Turnstunden<br />

organisiert. Eine<br />

Bewohnerin lobt die Architektur:<br />

„Das ist so gestaltet,<br />

<strong>das</strong>s man miteinander zu tun haben<br />

muss, wie in einem Dorf, da<br />

kann man nicht in seiner Wohnung<br />

bleiben.“ Architekt Peter<br />

Scheifi nger plante den „Globalen<br />

Hof“ <strong>für</strong> die Sozialbau AG mit deren<br />

Vordenker Herbert Ludl er da<strong>für</strong><br />

im Jahr 2009 den ersten Wiener<br />

Wohnbaupreis erhielt.<br />

Mit diesem Projekt kam eine Entwicklung<br />

in Gang, die mehrere<br />

Nachfolgeprojekte in Wien ermöglichte.<br />

Aktuelle Vorhaben<br />

kümmern sich immer mehr um<br />

interethnische Ansätze. So entstehen<br />

gerade auf dem Nordbahnhof<br />

derartige Projekte und auf<br />

den Mautner-Markhof-<br />

Gründen werden insgesamt<br />

700 Wohnungen errichtet.<br />

Bei dem<br />

Bauträgerwettbewerb in<br />

Simmering setzte sich auf<br />

einem der fünf Bauplätze<br />

<strong>das</strong> Projekt ‚Join In-Vielfalt<br />

gemeinsam leben’ von<br />

Silja Tillner und Alfred<br />

Willinger durch. Die beiden<br />

Architekten erarbeiten<br />

mit dem Garten- und<br />

Landschaftsplaner Jakob<br />

Fina und der moderierenden<br />

Stadtplanerin Andrea<br />

Breitfuss<br />

sozialpädagogische Konzepte<br />

wie sich Zusammenleben<br />

gedeihlich bewerkstelligen<br />

lassen könnte. Nicht<br />

endgültige Vorstellungen werden<br />

mit dem Bauträger ÖSW bzw. Familienwohnbau<br />

verwirklicht, sondern<br />

die Bewohner bringen sich<br />

aktiv ein, welche Form der Nachbarschaft<br />

sie anstreben. Dazu<br />

kommt ihnen <strong>das</strong> Wiener Hilfswerk<br />

zugute, <strong>das</strong> die Erdgeschoßzone<br />

beziehen wird und als Ansprechstelle<br />

<strong>für</strong> alle dient. Alfred<br />

Willinger erklärt die Intention dahinter:<br />

„Wohnen muss begleitet<br />

und betreut werden. Gibt es jemanden,<br />

der zuhört oder fi ndet<br />

sich eine Anlaufstelle, die sicherstellt,<br />

<strong>das</strong>s <strong>das</strong> ganze Zusammenleben<br />

moderiert wird, ist viel gewonnen.“<br />

Wohnen funktioniert<br />

durch die richtigen Personen am<br />

richtigen Ort. Die Interethnische<br />

Nachbarschaft in Wien Liesing hat<br />

mit ihrem Hausbetreuer Ahmadschah<br />

Akrami jene Persönlichkeit<br />

gefunden, die ausgleicht, eingreift<br />

oder auch durchgreift, wenn es<br />

Schwierigkeiten gibt. Man kann<br />

gut und intelligent bauen, doch<br />

wenn die Menschen nicht zueinander<br />

fi nden, läuft etwas schief.<br />

Miteinander wohnen hat sich neben<br />

der „Hardware“ Baukörper,<br />

wie es Architekt Alfred Willinger<br />

nennt, auch mit den Soft Skills<br />

ihrer Bewohner auseinanderzusetzen.<br />

Das ist ein ordentliches<br />

Stück Arbeit und man ist noch<br />

lange nicht am Ende aller Wege. ❙


flexibler grundriss –<br />

die wohnung passt sich an<br />

AKAZIA TERRASSEN In Oberlaa – nahe Rothneusiedl – wurde vom Bauträger KALLCO inmitten des historisch<br />

gewachsenen Wohngebietes am Fuße des Laaer Berges ein Eigentumsprojekt mit rundum viel Grün und Natur<br />

verwirklicht.<br />

Konzept dieses Projektes war,<br />

Wohnungen zu schaffen, die ein<br />

Leben lang den Bedürfnissen gerecht<br />

werden: Durch <strong>das</strong> offene<br />

Raumkonzept, in dem rund um<br />

einen in der Wohnungsmitte angeordneten<br />

haustechnischen Versorgungskern<br />

hierarchiefreie<br />

Räume angeordnet sind, die in ihrer<br />

defi nitiven Aus<strong>gestaltung</strong> vom<br />

Nutzer weitgehend frei festgelegt<br />

werden können. Wohnungstrennwände<br />

und der zentrale Versorgungskern<br />

sind die einzigen<br />

festen Parameter der Wohnungsgrundrisse,<br />

die über leichte<br />

Trennwände ganz nach individuellen<br />

Anforderungen an Lebens-<br />

oder Arbeitssituationen fl exibel<br />

angepasst werden können - <strong>für</strong><br />

den Single bis zur Familie mit<br />

Kindern, alles ist möglich. Die<br />

Wohnung passt<br />

sich an – vom<br />

Loft bis zur Fünfzimmerwohnung.<br />

Hinwendung<br />

zur Sonne<br />

Die 28 Eigentumswohnungen<br />

mit einer Größe<br />

zwischen 98 m²<br />

bis 142 m² sind<br />

im Erdgeschoß<br />

und 1.OG als Ge-<br />

schoßwohnungen mit Eigengärten<br />

im Westen oder mit großen<br />

Loggien ausgebildet. Entsprechend<br />

der Umgebungscharakteristik<br />

ist <strong>das</strong> architektonische Konzept<br />

des Hauses in der Oberlaaer<br />

Straße 210 auf Offenheit, Einbeziehung<br />

der grünen Umgebung,<br />

Hinwendung zur Sonne und naturbezogenes<br />

Wohnen ausgerichtet.<br />

Die Ost-West-Orientierung<br />

der Anlage ermöglicht durchwegs<br />

von beiden Seiten belichtete und<br />

quer durchlüftete Wohneinheiten<br />

und kommt somit diesem freiraumbezogenen<br />

Wohnthema entgegen.<br />

Die lichtdurchfluteten<br />

Wohnungen sind über offene<br />

Laubengänge erreichbar und<br />

zeichnen sich durch große Loggien<br />

oder Gartenterrassen aus.<br />

Günstiger Preis<br />

Dachterrassen zur gemeinsamen<br />

Nutzung, ein Gemeinschaftsgarten<br />

mit Kinderspielzone und Ab-<br />

stellräume <strong>für</strong> Fahrräder/Kinderwagen<br />

sowie eine bequeme<br />

Tiefgarage runden <strong>das</strong><br />

Angebot ab. Den Bewohnern<br />

stehen generell<br />

breite Stellplätze in<br />

der Tiefgarage, niveaugleiche<br />

Zugänge zu allen<br />

Bereichen des<br />

Hauses, ein behindertengerechter<br />

Lift sowie<br />

beidseitig sperrbare<br />

Schließzylinder bei<br />

den Eingangstüren zur Verfügung.<br />

Der günstige Preis dieser geförderten<br />

Eigentumswohnungen<br />

braucht keinen Vergleich mit<br />

Mietwohnungen zu scheuen - bei<br />

langfristiger Betrachtung hat <strong>das</strong><br />

Eigentumsprojekt „Akazia Terrassen“<br />

entscheidende Kostenvorteile.<br />

Um den Einstieg <strong>für</strong> junge<br />

Familien attraktiver zu machen,<br />

ist auch eine Mietvariante mit<br />

späterer Kaufoption möglich. ❙<br />

<strong>city</strong> planning | 07<br />

Informationen:<br />

www.kallco.at<br />

Kallco Bauträger GmbH<br />

Wimbergergasse 14, 1070 Wien<br />

Tel : 01 546 25 DW 44<br />

wohnen@kallco.at<br />

DIE PLATTFORM FÜR DEN KREATIVEN WETTBEWERB<br />

Wettbewerbe sind eine Herausforderung zu außergewöhnlichen<br />

Leistungen. Seit 33 Jahren dokumentiert <strong>das</strong> Architekturjournal<br />

wettbewerbe den Beitrag der österreichischen Architekten zur<br />

Baukultur und zur Qualität, die den Wettbewerb zur Grundlage hat.<br />

Das Architekturjournal wettbewerbe berichtet aber auch über<br />

realisierte Projekte, Trends und Innovationen auf dem Gebiet des<br />

Bauens und der Baustoffe sowie über Themen in Zusammenhang<br />

mit Architektur, Bauen, Nachhaltigkeit,<br />

Energieeffizienz, Facility Management.<br />

Wir freuen<br />

uns auf Ihre<br />

Bestellung<br />

Termin<br />

21. Jänner bis 7. Mai 2011<br />

Ort<br />

vai – vorarlberger architektur<br />

institut<br />

Marktstraße 33<br />

6850 Dornbirn<br />

Öffnungszeiten<br />

Dienstag bis Freitag 14 bis 17 Uhr,<br />

Samstag 11 bis 17 Uhr<br />

Weitere Informationen<br />

www.v-a-i.at<br />

Termin<br />

16. März bis 29. April 2011<br />

Ort<br />

Lichtzentrum Prag<br />

Jankovcova 2<br />

170 00 Praha 7<br />

Öffnungszeiten<br />

Montag bis Donnerstag 9 bis<br />

17 Uhr, Freitag 9 bis 15 Uhr<br />

Weitere Informationen<br />

T: +420 (266) 782 200<br />

praha@zumtobel.com<br />

© Gabriella Gerber/Lukas Bardill<br />

DER NICHT MEHR GEBRAUCHTE STALL. AUSSTELLUNG<br />

BAUEN IM KONTEXT. AUSSTELLUNG<br />

Eine hochkarätige Ausstellung des Architekturbüros<br />

Dietrich І Untertrifaller<br />

konnte Zumtobel <strong>für</strong> zwei seiner Standorte<br />

gewinnen. Helmut Dietrich und<br />

Much Untertrifaller, die in ihrer Generation<br />

zu den erfolgreichsten Architekten<br />

Vorarlbergs zählen, präsentieren in ihrer<br />

Ausstellung „Bauen im Kontext“ einen<br />

Streifzug durch ihre Werke. Nach dem<br />

Zumtobel Lichtforum in Wien wandert<br />

die Ausstellung nun in <strong>das</strong> Zumtobel<br />

Lichtzentrum nach Prag.<br />

Die Baukunst von Dietrich І Untertrifaller<br />

entwickelt sich stets aus dem Kontext<br />

heraus. Dabei setzen die Architekten<br />

städtebauliche Zeichen, die sich gleichzeitig<br />

respektvoll in die Landschaft und<br />

Umgebungsstruktur eingliedern. In<br />

der Wanderausstellung zeigen sie ihre<br />

wichtigsten Werke: So werden unter<br />

anderem Modelle aus Bildung, Kultur,<br />

Wohnen/Hotel, Gewerbe und Einfamilienhäuser<br />

vorgestellt. Die verschiedenen<br />

Projekte werden zum Teil über Modelle<br />

und diverse Fotostrecken anschaulich<br />

präsentiert. Einleitende Texttafeln, detaillierte<br />

Schnittzeichnungen und eine<br />

Bildschirmpräsentation runden <strong>das</strong> Gesamtkonzept<br />

ab.<br />

Fotos: Kallco<br />

wettbewerbe 293/294<br />

19<br />

Berichte<br />

Stall, Stadel und Scheune sind traditionsreiche Bautypen,<br />

die durch den Strukturwandel der Landwirtschaft<br />

jedoch zunehmend an Funktion verlieren – sie stehen<br />

leer, werden umgenutzt, abgerissen oder verfallen.<br />

Neue Wirtschaftsgebäude entstehen jedoch durch moderne<br />

Bewirtschaftungstechniken, wachsende Betriebsgrößen<br />

und veränderte Organisationsformen. Orts-,<br />

Siedlungs- und Landschaftsbilder geraten in Auflösung,<br />

da dieser Bautypus seit Jahrhunderten unverrückbar die<br />

Dorfstruktur geprägt hat. Die Ausstellung erkundet die<br />

Architektur und Soziologie des Stalls in Graubünden,<br />

Südtirol und Vorarlberg. Das Projekt möchte nicht nur<br />

ein Porträt des Kulturverlusts zeichnen, sondern Orientierung<br />

geben und zum Handeln anregen. Begleitende<br />

Veranstaltungen an acht verschiedenen Orten in Vorarlberg<br />

bieten offene Diskussionsforen <strong>für</strong> Eigentümer,<br />

Planer und Gemeinden an.<br />

Festspielhaus Bregenz, 2006 von Dietrich I Untertrifaller.<br />

Stadthalle Wien, 2006 von Dietrich I Untertrifaller.<br />

Bangkoker Innenstadtviertels Sathorn setzt. Alle 370 Nominierung<br />

Wohnungen werden allseitig belichtet und belüftet, Projekt: Aqua Tower,<br />

was ein besonders nachhaltiges tropisches Wohnen Chicago, USA<br />

ohne Klimaanlage ermöglicht.<br />

Planung: Studio Gang<br />

Der Burj Khalifa erhielt eine besondere Anerkennung <strong>für</strong> Architects, Chicago<br />

technologische Innovation aufgrund zahlreicher Neu- Höhe: 262 Meter<br />

erungen auf dem Gebiet der Baukonstruktion und der Geschoße: 82<br />

Aufzugstechnik.<br />

Fertigstellung: 2010<br />

Nutzung: Wohnungen,<br />

Preis<br />

Hotel, Einzelhandel<br />

Projekt: The Met, Bangkok, Thailand Foto: Steve Hall,<br />

Planung: WOHA Architects, Singapur; © Hedrich Blessing<br />

Assoziierte Architekten: Tandem Architects,<br />

Thailand<br />

Auszug Jurybegründung:<br />

Höhe: 231 Meter<br />

Die Jury ist von der überzeugenden skulpturalen Her-<br />

Geschoße: 69<br />

angehensweise eingenommen, mit der eine konventi-<br />

Fertigstellung: 2009<br />

onelle, flexible Box umhüllt wird und dabei doch klare<br />

Nutzung: Wohnungen<br />

Funktionen erfüllt werden. Den Aqua Tower zeichnen<br />

Fotos: © Kirsten Bucher, © Patrick seine herausragende Balkon<strong>gestaltung</strong> aus, die zugleich<br />

Bingham-Hall<br />

die Verschattung des Gebäudes begünstigt, sowie die<br />

Ausblicke, die sich durch die bodentiefe Verglasung<br />

Auszug Jurybegründung:<br />

hindurch ergeben. Das verschafft dem Gebäude eine<br />

The Met ist entschieden programma- starke Identität, obwohl es nicht durch eine besondere<br />

tisch im Hinblick auf seine Funktiona- Höhe heraussticht.<br />

lität. Die Idee ist dabei, ein Hochhaus<br />

so zu öffnen, <strong>das</strong>s es inmitten einer<br />

Mega<strong>city</strong> nahezu buchstäblich atmet. Nominierung<br />

Indem <strong>das</strong> traditionelle Hochhaus Projekt: Mode Gakuen<br />

von innen nach außen gekehrt wird Cocoon Tower, Tokio,<br />

und die äußeren Freiräume nach Japan<br />

innen platziert werden, ermöglicht Planung: Tange Associ-<br />

es ein sehr angenehmes tropisches ates, Tokio<br />

Leben in einer ökonomisch sehr effizi- Höhe: 203,65 Meter<br />

enten Struktur, die richtungsweisend Geschoße: 50<br />

sein wird bei der Suche nach innova- Fertigstellung: 2008<br />

tiven lokalen Entwurfsansätzen. Nutzung: Bildung<br />

Foto: © Horiuchi / Shin<br />

Besondere Anerkennung<br />

Shashin Kobo<br />

Projekt: Burj Khalifa, Dubai, VAE<br />

Planung: Skidmore, Owings & Merrill Auszug Jurybegründung:<br />

LLP, Chicago<br />

Der Mode Gakuen Cocoon Tower ist darin einzigartig,<br />

Höhe: 828 Meter<br />

wie er inmitten eines dicht besiedelten Stadtviertels<br />

Geschoße: 163 nutzbar, 206 insge- eine neue Typologie auf nahezu unbekanntem Gebiet<br />

samt<br />

entwirft. Das Gebäude setzt einen neuen Standard, in-<br />

Fertigstellung: 2010<br />

dem es drei Bildungseinrichtungen komplett integriert<br />

Nutzung: Hotel, Wohnungen, Büros und dabei eine neue Nutzungsart in die Welt der Hoch-<br />

Foto: SOM | Nick Merrick © Hedrich häuser einführt, die bis dato immer Büros und Wohnun-<br />

Blessing<br />

gen vorbehalten war.<br />

Auszug Jurybegründung:<br />

Der Burj Khalifa, weltweit <strong>das</strong> zur Zeit Nominierung<br />

höchste Hochhaus, ragt unter den Projekt: Shanghai<br />

fünf Finalisten nicht allein wegen World Financial Center,<br />

seiner Höhe hervor, sondern auch Shanghai, China<br />

wegen der bedeutenden technolo- Planung: Kohn Pedergischen<br />

Fortschritte im Entwurf und sen Fox Associates,<br />

beim Bau. Seine besondere Leistung New York<br />

besteht auch darin, einen neuen Höhe: 492 Meter<br />

Typus des Hochhauses entwickelt zu Geschoße: 101<br />

haben, <strong>das</strong> eine ganze Stadt <strong>für</strong> 10- Fertigstellung: 2008<br />

15.000 Menschen in sich fasst und da- Nutzung: Büros, Hotel,<br />

bei zugleich eine Ikone von globaler Einzelhandel<br />

Statur kreiert.<br />

Foto: © Shinkenchiku<br />

Fotos: Bruno Klomfar<br />

Bestell-Hotline<br />

01/740 95 - 477<br />

via e-Mail:<br />

abo@bohmann.at<br />

3 Hefte zum<br />

Sonderpreis von €15,–<br />

Der Sonderpreis gilt <strong>für</strong> 3 Ausgaben. Danach verlängert sich<br />

<strong>das</strong> Abonnement automatisch (bis auf Widerruf) um ein weiteres<br />

Jahr zum jeweils gültigen Jahres-Abonnementpreis. Eine<br />

Kündigung des Abonnements ist jeweils bis 30 Tage vor Bezugsjahresende<br />

schriftlich (per Post, Fax oder eMail) möglich.<br />

wettbewerbe 293/294<br />

13<br />

Berichte


08 | <strong>city</strong> planning<br />

01 Seit Mai hat <strong>das</strong> Wiener Schützenhaus<br />

geöffnet: In dem denkmalgeschützten Otto-<br />

Wagner-Bau wird nach Originalrezepten<br />

der Jahrhundertwende gekocht. (Foto:<br />

Zielinski) 02 Der Donaukanal hat sich zu<br />

einem trendigen Treffpunkt entwickelt.<br />

(Foto: iStockphoto) 03 Die summer stage<br />

lädt zum Relaxen direkt am Wasser ein.<br />

(Foto: summerstage) 04 Sand und Liegestühle:<br />

Am Donaukanal kann man den<br />

Sommer in der Stadt genießen. (Foto: Ingo<br />

Derschmidt) 05 Die Schiffstation Wien<br />

City dient den Ausfl ugsschiffen der DDSG<br />

Blue Danube und der Twin City Liner-<br />

Flotte als „Stadthafen“. (Foto: Wien Holding/Wulz)<br />

wohlfühloase am wasser<br />

NEUE IMPULSE Von Otto Wagners Schützenhaus über die summerstage und <strong>das</strong> Badeschiff bis zur Strandbar<br />

Herrmann: Der Donaukanal lockt mit einer pulsierenden Lokal- und Kulturszene, Erholungs- und Freizeitangeboten<br />

sowie einer architektonisch spannenden Umgebung. In den kommenden Jahren soll der <strong>urbane</strong> Raum im<br />

Herzen der Stadt noch attraktiver gestaltet und weiterentwickelt werden. I manuela prusa<br />

Die Anfänge des Donaukanals liegen<br />

bereits lange zurück: Mit der<br />

Donauregulierung in den Jahren<br />

1870 bis 1875 verlandeten die<br />

zahllosen Donauinseln und bildeten<br />

eine kompakte Fläche. Zu dieser<br />

Zeit entstand auch die Idee,<br />

den „Wiener Arm“ der Donau,<br />

über den jahrhundertelang Waren<br />

bis direkt an die Stadtmauern verschifft<br />

worden waren, zu regulieren.<br />

Heute ist dieser südlichste<br />

Arm 17,3 Kilometer lang. Die<br />

erste Brücke über den Kanal war<br />

die „Schlagbrücke“, anstelle der<br />

heutigen Schwedenbrücke. Sie<br />

wurde Mitte des 14. Jahrhunderts<br />

errichtet und 1945 – wie alle Donaukanalbrücken<br />

– von deutschen<br />

Truppen gesprengt, jedoch<br />

von sowjetischen Pionieren wieder<br />

instandgesetzt.<br />

Vom Gestern zum Heute<br />

Nach dem Wiederaufbau entstanden<br />

links und rechts des Kanals<br />

die ersten imposanten Gebäude,<br />

wie beispielsweise der Ringturm.<br />

Unter dem ehemaligen Planungsstadtrat<br />

Rudi Schicker wurde im<br />

Rahmen des Stadtentwicklungsplans<br />

STEP 05 der Donaukanal als<br />

eines der <strong>urbane</strong>n Zielgebiete defi<br />

niert. Zur Weiterentwicklung<br />

hat der Gemeinderat 2007 die<br />

Ausarbeitung eines Masterplans<br />

unter der Leitung von Bernhard<br />

Engleder beschlossen. Im Rahmen<br />

dieses Masterplans wurden neben<br />

einer Einteilung der künftig <strong>für</strong><br />

weitere Nutzungen und Projekte<br />

heranzuziehenden Flächen auch<br />

Maßnahmen hinsichtlich Erreichbarkeit,<br />

Barrierefreiheit, sanitäre<br />

Einrichtungen und Infrastrukturerweiterungen<br />

defi niert sowie<br />

Vorgaben <strong>für</strong> eine weitere qualitätsvolle<br />

Entwicklung festgelegt.<br />

In den vergangenen Jahren<br />

konnte entlang des <strong>urbane</strong>n<br />

Flusslaufs eine Reihe städtebaulicher<br />

Akzente gesetzt werden, z.<br />

B. mit dem Mediatower, dem<br />

UNIQA-Gebäude und dem Kaipalast<br />

(K47). Weiters wurden u. a.<br />

Projekte wie der Twin City Liner,<br />

der Skywalk Spittelau, die Wohnhausanlage<br />

der Architektin Zaha<br />

Hadid und die Schiffstation Wien<br />

City realisiert. Für eine Belebung<br />

der Szene sorgen vor allem die<br />

summerstage, <strong>das</strong> Flex, die<br />

Strandbar Herrmann, <strong>das</strong> Badeschiff<br />

und der Tel Aviv Beach.<br />

Vom Heute zum Morgen<br />

Die Weiterentwicklung des Donaukanals<br />

zu einem vielfältigen<br />

Freizeit<strong>gestaltung</strong>s- und Naherholungsraum<br />

wird 2011 durch gezielte<br />

Maßnahmen fortgesetzt. So<br />

sollen ein Konzept zur einheitlichen<br />

und nutzungsoffeneren Möblierung<br />

<strong>das</strong> Angebot zum Relaxen<br />

erhöhen oder ein Pfl ege- und<br />

Entwicklungskonzept <strong>für</strong> die<br />

Grünfl ächen die ökologischen Potenziale<br />

stärker nutzen.<br />

„Wir sind froh, <strong>das</strong>s wir mit dem<br />

Masterplan Donaukanal viele Potenziale<br />

sichtbar machen konnten,<br />

die wir nun strukturiert ausschöpfen“,<br />

sagt Donaukanalkoordinator<br />

Bernhard Engleder. Zum Beispiel<br />

werden heuer wieder Aktionen<br />

unter dem Motto „Fairness zone<br />

am Donaukanal“ durchgeführt.<br />

Seit 1. April kann man gratis<br />

kleine Fahrradreparaturen bei der<br />

„Selber Service Station“ im Bereich<br />

der Strandbar Herrmann<br />

durchführen. Von 4. bis 8. Juli<br />

werden „FairRadler“ unterwegs<br />

sein, die Menschen am Donaukanal<br />

auf <strong>das</strong> Thema Fairness und<br />

gegenseitige Rücksichtnahme ansprechen<br />

und Vorschläge zu Verbesserungen<br />

einholen. Weiters ist<br />

es bei der summerstage ab Juli<br />

möglich, sein Rad gratis in Schuss<br />

bringen zu lassen.<br />

Der Masterplan gibt auch bei der<br />

Bürgermit<strong>gestaltung</strong> wichtige<br />

Handlungsschwerpunkte vor. So<br />

wird der im Vorjahr begonnene<br />

Beteiligungsprozess <strong>für</strong> die Gestaltung<br />

des Ermöglichungsraumes<br />

bei der Friedensbrücke heuer abgeschlossen.<br />

Dabei sollen erste<br />

Maßnahmen, wie z. B. eine Hundezone,<br />

umgesetzt werden. Dazu<br />

die zuständige Stadträtin Maria<br />

Vassilakou: „Die Ermöglichungsräume<br />

am Donaukanal beweisen,<br />

<strong>das</strong>s Bürgerbeteiligung und Partizipation<br />

ein wichtiges Anliegen<br />

bei der Entwicklung des Donaukanals<br />

sind.“<br />

Darüber hinaus weist der Masterplan<br />

die letzte kommerziell bespielbare<br />

Freifl äche zwischen Marienbrücke<br />

und Schwedenbrücke<br />

(im 2. Bezirk) aus. Über ein transparentes<br />

Verfahren soll dort ein<br />

geeigneter Investor gefunden<br />

werden. Vor Kurzem wurde außerdem<br />

<strong>das</strong> neu genutzte Otto<br />

Wagner Schützenhaus eröffnet,<br />

<strong>das</strong> im Sinne des historischen<br />

Ambientes mit Fischgerichten aus<br />

der Monarchie beleben will – ein<br />

weiterer Qualitätsbaustein in der<br />

Angebotsvielfalt. Auch mit der<br />

Neubelebung des Gastronomie-<br />

Bereiches bei der Salztorrampe im<br />

1. Bezirk wird die Aufwertung des<br />

Angebotes einen Schritt vorangehen.<br />

Geplante Projekte am Donaukanal<br />

sind zudem ein Wellness-Schiff,<br />

eine schwimmende<br />

Kulturplattform und <strong>das</strong> „Kaiserbad<br />

– Flex“. ❙<br />

> LINK<br />

wien.at/verkehr-stadtentwicklung/


less is more<br />

DONAUKANAL Obiger aussagekräftige Satz des berühmten Architekten der klassischen Moderne<br />

Ludwig Mies van der Rohe gilt auch <strong>für</strong> eine funktionierende Stadtprogrammatik: Urbanität soll<br />

womöglich von selbst „in Fluss kommen“. Das Stadtleben am Donaukanal, ein Beispiel.<br />

Der Donaukanal war seit jeher als hoch frequentiertes<br />

Infrastrukturband durch Wien<br />

angelegt. Die Regulierung des Donaustromes<br />

1870-75 zog ein infrastrukturelles Folgeprojekt<br />

nach sich, <strong>für</strong> <strong>das</strong> 1892 ein Wettbewerb<br />

ausgeschrieben wurde: Der<br />

Generalregulierungsplan <strong>für</strong> Wien sollte<br />

nicht nur die gezielte Nutzung des Donaukanals<br />

mit begleitender Anlage von Abwasser-Hauptsammelkanälen,<br />

sondern auch die<br />

Errichtung eines Stadtbahnnetzes festlegen.<br />

Entlang des Donaukanals wurden somit<br />

Entsorgung und Versorgung der Stadt festgeschrieben.<br />

Bereits nach Schleifung der<br />

Stadtmauern 1858 war der Franz Josefs Kai<br />

der erste provisorisch fertig gestellte Straßenzug<br />

der Stadterweiterung und anders als<br />

die Ringstraße war dieser nie als Prachtstraße<br />

angelegt, sondern - in Verlängerung<br />

der Einfallstraße Rossauer Lände - als breiter<br />

Handelsweg neben der Wasserstraße.<br />

Dies ist im Prinzip bis heute gleich geblieben:<br />

Am Donaukanal liegen Müllverbrennungsanlagen<br />

und Hauptkläranlage, aber<br />

auch eine der wichtigsten Einfallstraßen<br />

bzw. Durchzugsstraßen in Wien. Von der<br />

Idee der Wiener Stadtplanung aus den 60er<br />

Jahren, eine Stadtautobahn an die Unterkais<br />

des Donaukanals zu legen, blieb der<br />

Flusslauf zwar verschont, die Oberkais jedoch<br />

sind primär <strong>für</strong> den motorisierten Verkehr<br />

freigegeben.<br />

Spiel des Zufalls<br />

und der Spannung<br />

Das veränderte Mobilitäts- und Freizeitverhalten<br />

der letzten Jahre hat gleichzeitig<br />

dazu geführt, <strong>das</strong>s sich an den mittlerweile<br />

üppig zugewachsenen Ufern am Kanal <strong>für</strong><br />

Fußgänger bzw. mit Fahrrad oder Inlineskates<br />

ein eigener Bereich etablieren konnte<br />

– sei es <strong>für</strong> den täglichen Weg oder die Freizeit.<br />

Aus der permanenten Bewegung in<br />

menschlichem Tempo scheint hier noch ein<br />

Spiel des Zufalls und der Spannung möglich,<br />

welches letztendlich <strong>das</strong> Gefühl der<br />

Stadtbewohner von gelungener Urbanität<br />

beschreibt.<br />

Diese Entwicklung zum „Wasser-Boulevard“<br />

(Zitat Architekt Boris Podrecca) zieht<br />

die organisierte Bespielung nach sich: Einfache<br />

Lokale, „Beach Locations“, <strong>das</strong> Badeschiff<br />

oder die wieder etablierte sinnvolle<br />

Nutzung der Wasserstraße wie durch den<br />

Twin City Liner, dem Personenschiff nach<br />

Bratislava. Ist ein Stadtraum allerdings erst<br />

einmal mit „soft skills“ aufbereitet und<br />

durch eine expansive Besucherfrequenz in<br />

seiner spezifi schen Qualität verlässlich anerkannt,<br />

lassen die Investoren nicht lange<br />

auf sich warten und versuchen den Ort zu<br />

verwerten: An den Oberkais durch die Errichtung<br />

von Hochhäusern, an den Unterkais<br />

durch Freizeiteinrichtungen, die ebenfalls<br />

eine „Wertschöpfung“ bringen sollen.<br />

Schleichende Privatisierung<br />

Dies ist allerdings der kritische Punkt: Eine<br />

durchschnittliche „Eventisierung“ des öffentlichen<br />

Raumes ist notwendig und<br />

bringt Leben in die Stadt, sobald mit Urbanität<br />

jedoch primär Geschäft gemacht werden<br />

soll, gerät der Stadtraum zur Kulisse<br />

und kann seine eigene Qualität nicht mehr<br />

entfalten. Die schleichende Privatisierung<br />

führt zu einer Zonierung des Freiraums<br />

und engt die Nutzer erst recht wieder ein.<br />

Der Wiener Stadtplanung ist es dankenswerterweise<br />

bewusst, <strong>das</strong>s der „Hype“ um<br />

die neu entdeckte Gegend nicht dem freien<br />

Spiel der Kräfte überlassen werden darf.<br />

Denn wenn der wahre Satz „Eigentlich ist<br />

es schön am Donaukanal!“ zum Leitmotiv<br />

der sogenannten Betreiber und der freie öffentliche<br />

Raum mit zu vielen aufgesetzten<br />

Nutzungen besetzt wird, kann der funktionierende,<br />

schöne Ort empfi ndlich gestört<br />

werden. Das kann nicht Sinn der Sache<br />

sein?! ❙<br />

text I judith eiblmayr<br />

fotos I metroverlag<br />

<strong>city</strong> planning | 09<br />

+ + TALK DIREKT + + + TALK<br />

Judith Eiblmayr ist Architektin,Architekturpublizistin,<br />

Kuratorin<br />

in Wien. Zahlreiche<br />

Textbeiträge, Ausstellungen<br />

und Publikationen.<br />

Zum Thema ist im<br />

Mai 2011 <strong>das</strong> Buch: Judith Eiblmayr /<br />

Peter Payer: „Der Donaukanal – Die Entdeckung<br />

einer Wiener Stadtlandschaft“<br />

im Metroverlag erschienen.<br />

Andere Publikationen: „Der Attersee –<br />

Die Kultur der Sommerfrische“, „Haus<br />

Hoch – Das Hochhaus Herrengasse und<br />

seine berühmten Bewohner“, „Der Teufel<br />

steckt im Detail – Architekturkritik<br />

und Stadtbetrachtung“<br />

01 Funktionierendes Sommerleben am Donaukanal:<br />

Herrmanns Strandbar. 02 Personenschifffahrt als<br />

sinnhafte Nutzung am Donaukanal: Die Schiffsanlegestelle<br />

<strong>für</strong> den Twin City Liner vom Architektenteam<br />

fasch & fuchs.


<strong>city</strong> life<br />

oben v.l.n.r<br />

01 Naturparadies zum Bummeln und<br />

Verweilen: die Alte Donau<br />

02 Sommeroase und Kunstareal:<br />

<strong>das</strong> MuseumsQuartier<br />

03 Für Romantiker:<br />

Abendstimmung an der Alten Donau<br />

v.l.n.r<br />

04 Treffpunkt Donaukanal:<br />

Relaxen mitten in der Stadt.<br />

05 Ein Klassiker unter freiem Himmel:<br />

die summerstage.<br />

06 Zwei-Hauben-Restaurant:<br />

Holy-Moly! am Badeschiff.<br />

07 Hot Spot <strong>für</strong> Nachtschwärmer:<br />

der Tel Aviv Beach.<br />

> Infos<br />

www.donauinsel.at<br />

www.alte-donau.info<br />

www.sandinthe<strong>city</strong>.at<br />

www.summerstage.at<br />

www.strandbarherrmann.at<br />

www.badeschiff.at<br />

www.motto.at/mottoamfl uss<br />

www.adriawien.at<br />

www.tlvbeach.at<br />

www.neni.at<br />

Foto: WienTourismus/Bernd Preiml<br />

cooler sommer in der stadt<br />

FREIZEITOASEN Strandfeeling, kulinarische Genüsse, erfrischende Cocktails und laue Nächte am Wasser:<br />

An den schönsten Tagen im Jahr bietet Wien zahlreiche Möglichkeiten zum Relaxen und die perfekten Plätze<br />

zum Chillen unter freiem Himmel. City präsentiert Ihnen die Hot Spots der Sommersaison. I manuela prusa<br />

Urlaub in der Großstadt? Wien<br />

hat allen Daheimgebliebenen und<br />

Gästen aus dem Ausland eine<br />

Menge zu bieten: Auf der Donauinsel,<br />

an der Alten Donau und im<br />

Prater sind Erholung und Freizeitspaß<br />

garantiert. Straßencafés,<br />

Gastgärten und Heurige laden<br />

zum Besuch ein. Dazu kommen<br />

beliebte Treffpunkte im Zentrum<br />

der Stadt wie der Naschmarkt mit<br />

seinen vielen Lokalen und <strong>das</strong><br />

MuseumsQuartier mit seinen<br />

trendigen Liegemöbeln. Auch der<br />

größte City Beach Club Österreichs<br />

befi ndet sich im Herzen<br />

Wiens – SandintheCity am Heumarkt<br />

bietet 6.000 m2 Fläche und<br />

jede Menge südliches Flair mit<br />

Palmen und feinstem Sand. Darüber<br />

hinaus hat sich an den Ufern<br />

des Donaukanals eine vielfältige<br />

Gastro- und Ausgehszene angesiedelt.<br />

Klassiker summerstage<br />

Wiens Klassiker unter den Outdoor-Locations<br />

ist die summerstage<br />

bei der Rossauer Lände. Der<br />

schöne Platz <strong>für</strong> sonnige Tage und<br />

gemütliche Abende öffnete bereits<br />

Mitte der 1990er-Jahre seine<br />

Pforten. Der von Oswald Schellmann<br />

geschaffene Kultur-Kulinarik-Treff<br />

ist ein Fixpunkt des Sommers<br />

– <strong>für</strong> Kunstinteressierte (u.<br />

a. gibt es einen Skulpturengarten)<br />

und Gourmets ebenso wie <strong>für</strong><br />

Sportler (Boule, Beach Volleyball<br />

und Trampolin) und Fans von<br />

Live-Konzerten. Dank des Glaspavillons<br />

können die Gäste auch bei<br />

Regen und frischeren Temperaturen<br />

die Sicht aufs Wasser genießen.<br />

Ab 20. Juli fi nden Kochkurse<br />

statt und ab 24. Juli gibt es<br />

jeden Sonntag Literatur und Wein<br />

unter dem Motto „Gemischter<br />

Satz“.<br />

Feiner Sand, Liegestühle, eine Bar<br />

und coole Sounds warten auf die<br />

Foto: AG „Die Schöne Alte Donau”<br />

Foto: Citronenrot<br />

Foto: summerstage<br />

Besucher in der Strandbar Herrmann<br />

bei der Urania. Am Wochenende<br />

gibt’s den beliebten<br />

Brunch im Pavillon – samstags<br />

mit Jazz vom Feinsten und sonntags<br />

mit chilligem Sound. Außerdem<br />

kann man an Sonntagen<br />

Yoga am Strand praktizieren. Von<br />

22. bis 24. Juli fi ndet in der<br />

Strandbar Herrmann zudem die<br />

erste österreichische Beachhockey<br />

Trophy statt.<br />

Baden und Essen<br />

am Schiff<br />

Wer gerne mitten in der Stadt im<br />

Outdoor-Pool seine Längen<br />

schwimmen und sich am Sonnen-<br />

deck bräunen möchte, ist am Badeschiff<br />

bestens aufgehoben. Dort<br />

lädt auch <strong>das</strong> 2010 von GaultMillau<br />

mit zwei Hauben ausgezeichnete<br />

Restaurant Holy Moly zum<br />

Besuch ein. Am Festland locken<br />

Foto: Citronenrot<br />

der „Urban Biergarten“ und ein<br />

Fischmarkt.<br />

Im Vorjahr eröffnet hat <strong>das</strong><br />

„Motto am Fluss“ in der Schiffsstation<br />

Wien – mit einem schicken,<br />

ganzjährigen Gastronomieangebot<br />

mit Café und Restaurant. Im Sommer<br />

ist die Terrasse des neuen Hot<br />

Spots bis auf den letzten Platz besetzt.<br />

Auch der Outdoor-Bereich<br />

des nahe gelegenen Flex Cafés ist<br />

ein Publikumsmagnet.<br />

Tel Aviv in Wien<br />

Am linken Donaukanal-Ufer konzentriert<br />

sich die Lokalszene zwischen<br />

Augartenbrücke und Salztorbrücke.<br />

Die „Adria Wien“<br />

offeriert neben dem schönen<br />

Blick aufs Wasser einen Sandstrand,<br />

Liegen, Grill und eine Bar<br />

im Glaspavillon.<br />

Ein paar Meter weiter hat der „Tel<br />

Aviv Beach“ sein Quartier aufgeschlagen,<br />

der seit seiner Eröff-<br />

+ + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE<br />

Ossi Schellmann: Ich reise sehr<br />

viel und habe dadurch die Gelegenheit<br />

viele vergleichbare Städte<br />

rund um die Welt kennen zu lernen.<br />

Bis heute habe ich bei aller<br />

Schönheit keine Stadt gefunden,<br />

in der ich lieber leben würde als in<br />

Wien. Wien ist <strong>für</strong> mich die lebens- und liebenswerteste<br />

Stadt der Welt. Besonders angenehm fi nde<br />

ich die extrem hohe Sicherheit, <strong>das</strong> unvergleichliche,<br />

vielfältige Kulturangebot und die effi ziente<br />

und bürgernahe Verwaltung. Meine Lieblingsplätze<br />

sind mein Arbeitsplatz – die summerstage am Donaukanal,<br />

<strong>das</strong> Museumsquartier und der Musikverein.<br />

Ich lebe und arbeite seit nunmehr 35 Jahren in<br />

Wien und die Entwicklung der Stadt in diesem<br />

Zeitraum ist <strong>für</strong> mich atemberaubend und eine<br />

echte Erfolgsgeschichte. Ich fühle mich rundum<br />

wohl in Wien und wünsche mir <strong>für</strong> die Zukunft<br />

nur, <strong>das</strong>s Wien auch in Zukunft zu den lebenswertesten<br />

Städten der Welt gehören wird und ich sehe<br />

auch keinen Grund, <strong>das</strong>s sich <strong>das</strong> in naher Zukunft<br />

ändern wird.<br />

Foto: Ali Schafl er<br />

Foto: Claudio Farkasch<br />

nung im Mai 2009 eine <strong>urbane</strong><br />

Feelgood-Oase ist. Der Tel Aviv<br />

Beach ist <strong>für</strong> Wien ein trendiges<br />

Aushängeschild mit internationaler<br />

Anerkennung. Haya, Elior,<br />

Ilan und Nuriel Molcho betreiben<br />

ihn als Familienbetrieb und versuchen<br />

den positiven „Vibe“ aus<br />

Tel Aviv nach Wien zu bringen.<br />

Neben mediterran-orientalischen<br />

Köstlichkeiten und Drinks gibt es<br />

DJ-Acts und Live-Auftritte. Haya<br />

Molcho führt auch <strong>das</strong> „Neni“ am<br />

Naschmarkt und im Sofi tel <strong>das</strong><br />

neue „Neni im Zweiten“.<br />

Gleich neben dem Tel Aviv Beach<br />

ist mit dem Wiener Schützenhaus<br />

kürzlich eine neue Location dazugekommen.<br />

In dem Otto-Wagner-<br />

Bau werden Küche aus der Monarchie,<br />

eine Weinbar und ein<br />

Gastgarten geboten, wo man die<br />

Abendsonne wunderbar genießen<br />

kann. ❙<br />

Haya Molcho: Für mich<br />

ist Wien der Schmelztiegel<br />

der östlichen Hemisphäre<br />

Europas. Das Gefühl<br />

von Urbanität gibt<br />

mir Antrieb und neue<br />

Ideen. Ich liebe die kleinen<br />

versteckten Plätze in<br />

dieser Stadt, die sich einem<br />

erst nach längerem<br />

Suchen oder durch Zufall<br />

eröffnen. Meine<br />

Lieblingslocations in<br />

Wien sind der Naschmarkt,<br />

der Donaukanal,<br />

der 2., 6., 7. und 8. Bezirk.<br />

Ich verbinde mein Lebensgefühl immer stark<br />

mit gutem Essen. Wenn ich in Wien zum Beispiel<br />

ausgezeichneten Fisch essen will, gehe ich immer<br />

ins Nautilus am Naschmarkt. Wien bietet kulinarisch<br />

eine große Auswahl an interessanten Locations<br />

mit dem richtigen Flair und ausgezeichnetem<br />

Essen. Die Liebe zur Stadt wird erwidert...<br />

Foto: AG „Die Schöne Alte Donau”<br />

Foto: Peter M. Mayr


Sommer in der Stadt <strong>city</strong> life | 11<br />

Am Anfang waren die Heilbäder.<br />

Erhalten haben sich mit Vöslau<br />

und Fischau am nördlichen Rand<br />

der „Thermenline“ zwei Badeanstalten<br />

aus dem frühen 20. Jahrhundert,<br />

die dank ihres Kurort-<br />

Charmes öfter auch als Filmsets<br />

dienen. Dort schwimmt man zwischen<br />

alten Holz-Umkleiden in<br />

den als Becken mit Kiesboden gefassten<br />

kühlen Quellteichen. In<br />

derselben Zeit entstand <strong>das</strong> Thermalstrandbad<br />

Baden. Art-Déco-<br />

Bleiglasfenster im Foyer und die<br />

Umkleiden sowie Sand und Palmen<br />

im Freien evozieren ein altertümliches<br />

Adria-Gefühl.<br />

01 Quellteich im Themalfreibad<br />

Bad Vöslau 02 Becken der Kristalltherme<br />

Bad Fischau-Brunn 03 Art-Déco-Bleiglasfenster<br />

im Strandbad Baden<br />

04 Kabinengebäude im Flussbad Plank<br />

am Kamp 05 „Turmkabanen“ im Gänsehäufel<br />

06 Café-Pavillon im Bundesbad<br />

Alte Donau 07 Streng getrennt im Neuwaldegger<br />

Bad 08 Jazzband-Sgraffi to von<br />

1961 im Krapfenwaldl 09 Das Kongressbad,<br />

der Gemeindebau unter Wiens<br />

Bädern 10 Badeschiff im Donaukanal<br />

strandferien in der stadt<br />

Etwas weniger mondän badet<br />

man im Kamptal, <strong>das</strong> um die<br />

Jahrhundertwende eine kurze<br />

„Hausse“ als Sommerfrische erlebte.<br />

In den träge dahinfl ießenden<br />

Kamp mit seinem samtig-lehmigen<br />

Boden steigt man am<br />

stilvollsten im Flussbad Langenlois,<br />

entstanden um 1900, oder im<br />

reizenden kleinen Bad von Plank<br />

mit seinen charakteristischen rotweiß<br />

gesteiften Kabinengebäuden<br />

aus dem Jahr 1928. Vor wenigen<br />

Jahren neu angelegt wurden die<br />

eleganten Holzplattformen des<br />

Moorbades Schrems, entworfen<br />

von Thomas Konrad und Jakob<br />

Fina, und die von<br />

Hans Kupelwieser geplante<br />

Plattform des<br />

Seebades Lunz, die<br />

auch als Seebühne<br />

genutzt wird.<br />

Wien am<br />

Mittelmeer<br />

Der Klassiker unter<br />

den Wiener Flussbädern<br />

ist <strong>das</strong> Gänsehäufel,<br />

vom Lebens-<br />

reformer Florian Berndl auf einer<br />

Insel in der Alten Donau begründet.<br />

Nach Kriegszerstörungen<br />

bauten die Architekten Max Fellerer<br />

und Eugen Wörle <strong>das</strong> Bad<br />

1947 als leichte Sichtbeton-Konstruktion<br />

mit einem fi ligranen System<br />

aus Brücken, Stegen und Terrassen<br />

wieder auf. Der vor<br />

kurzem sorgsam restaurierte<br />

Komplex bietet ausreichend Platz<br />

<strong>für</strong> alle, vom rustikalen Donaustädter<br />

bis zum Neubauer<br />

Bobo.<br />

International vielfach publiziert,<br />

beeinfl usste <strong>das</strong> Gänsehäufel auch<br />

<strong>das</strong> wunderbare Bundesbad Alte<br />

Donau, ehemals ein Militärbad,<br />

<strong>das</strong> die Bundesgebäudeverwaltung<br />

1958 gemeinsam mit dem Landschaftsarchitekten<br />

J. O. Wladar<br />

neu errichtete. Das Bad punktet<br />

mit einem der nahen UNO-City<br />

geschuldeten internationalen Publikum,<br />

schnittigen Dauerkabinen<br />

und einem Café-Pavillon in bester<br />

Fünfziger-Jahre-Dynamik, dem<br />

schönsten Kiesstrand der Stadt<br />

und einer großen Liegewiese mit<br />

Pappeln und Platanen. Hier stellt<br />

sich mehr als anderswo<br />

<strong>das</strong> Gefühl<br />

ein, eigentlich am<br />

Mittelmeer zu sein –<br />

wenn die Boote der<br />

Segelschule vorbeiziehen,<br />

ist der Süden in<br />

Wien.<br />

Wem der Sinn eher<br />

nach dem Wienerwald<br />

steht, der wird<br />

seinem Paradies im<br />

Neuwaldegger Bad<br />

näherkommen. Das<br />

privat geführte Bad<br />

entstand in seiner jetzigen<br />

Form 1927. Die<br />

Stamm-Klientel liebt<br />

die trotz vieler Familien<br />

mit Kleinkindern<br />

immer ruhige Atmosphäre<br />

ebenso wie<br />

den Geruch von Harz,<br />

alten Holzplanken<br />

und der Wiener Küche.<br />

Parcours der<br />

Bauepochen<br />

Einst Mittelstation der Zahnradbahn<br />

zum Kahlenberg, hat auch<br />

<strong>das</strong> Krapfenwaldl eine lange Geschichte.<br />

Der älteste Teil ist ein<br />

Salettl aus dem 18. Jahrhundert,<br />

Rest eines adligen Landschaftsgartens,<br />

in dem heute <strong>das</strong> Buffet untergebracht<br />

ist. Nach der Stilllegung<br />

der Zahnradbahn wurde der<br />

Park 1921 zum städtischen Bad.<br />

Das weitläufi ge Areal ist ein Parcours<br />

der Bauepochen; in den<br />

Sechzigern entstand, dem Zeitgeist<br />

entsprechend, eine Terrasse<br />

mit Tanzfl äche und einer wandhohen<br />

Jazzband als Sgraffi to-Relief.<br />

Der Fußweg windet sich zwischen<br />

hohen Kiefern zum<br />

obersten Bassin: ein Logenplatz<br />

mit Blick nicht nur auf die malerisch<br />

drapierten durchtrainierten<br />

Körper am Beckenrand, sondern<br />

über ganz Wien bis zum Anninger<br />

und den kleinen Karpaten.<br />

Gemeindebau<br />

unter den Bädern<br />

Das Rote Wien der Zwischenkriegszeit<br />

setzte eher auf reellen<br />

Sport als auf Panorama-Posing. So<br />

etwa mit dem 1928 von Erich<br />

Leischner geplanten Kongressbad.<br />

Das immer gut besuchte „Kongo“<br />

mit seinen rot-weiß gestreiften<br />

Holzbauten ist der Gemeindebau<br />

unter den Wiener Bädern. Das<br />

bodenständige Pathos der Arbeiterbewegung<br />

wird am Eingang<br />

von zwei konstruktivistischen<br />

Fahnenmasten unterstrichen. Mit<br />

ihrem 100-m-Becken war die<br />

Anlage damals <strong>das</strong> größte Bad Europas,<br />

auch Schauplatz der Ausscheidungskämpfe<br />

zur Arbeiterolympiade<br />

von 1931.<br />

Die lange verschwundenen Donaukanalbäder<br />

des 19. Jahrhunderts<br />

fi nden heute eine <strong>urbane</strong><br />

Entsprechung im Wiener Badeschiff.<br />

An lauen Sommerabenden<br />

ist <strong>das</strong> Schwimmen im von unten<br />

beleuchteten Becken durch nichts<br />

zu schlagen. Strandferien mitten<br />

in der Stadt. Perfekt. ❙<br />

ARCHITEKTUR Die<br />

Sommer bäder von Wien<br />

und Umgebung bieten<br />

jede Menge Außergewöhn<br />

liches, Besonderes<br />

und sommerlich Bezauberndes<br />

– von<br />

historischen Kurbädern<br />

und Militär schwimm -<br />

schulen bis zu den Sportarealen<br />

und Wettkampfbecken<br />

des Roten Wien.<br />

text I iris meder<br />

fotos I iris meder


12 | <strong>city</strong> life Sommer in der Stadt<br />

01 + 02 Belgrad ist die Zweifl üssestadt,<br />

wo sich Save und Donau treffen und ist<br />

damit eine beliebte Anlegestelle <strong>für</strong> Schiffe<br />

aller Art.<br />

03 Unter der wieder errichteten Freiheitsbrücke<br />

in Novisad, Serbien, erholen sich<br />

viele am Štrand<br />

04 Auf dem Weg ins Schwarze Meer passieren<br />

Schiffe die Stadt Hainburg..<br />

05 ...ohne Schleusen geht es nicht!<br />

Es ist nicht verwunderlich, <strong>das</strong>s<br />

die Engen und Weiten des Donautales<br />

auch <strong>für</strong> <strong>das</strong> breite Publikum<br />

interessant werden. Der Balkankrieg<br />

in den 1990er Jahren<br />

schränkte die Schiffbarkeit des<br />

Stromes enorm ein. An den Folgen<br />

der Kriegsereignisse laborierten<br />

Kroatien und Serbien noch<br />

lange. Erst seit dem Jahr 2005, als<br />

die zerstörte Brücke im serbischen<br />

Novi Sad wieder errichtet wurde,<br />

ist die freie Fahrt wieder möglich.<br />

Und <strong>das</strong> beginnen die Besucher<br />

zu genießen. Schließlich begleiten<br />

beeindruckende Landschaften den<br />

Strom zu seiner Mündung: Vom<br />

Naturschutzgebiet Donauleiten in<br />

Bayern, über <strong>das</strong> UNESCO Weltkulturerbegebiet<br />

Wachau, den<br />

Nationalpark Donauauen, den<br />

Nationalpark Donau-Eipel in Ungarn,<br />

den kroatischen Naturpark<br />

„Kopački rit“, zwei serbische Naturschutzgebiete<br />

bis zum rumänischen<br />

Donaudelta. Nicht nur Österreich<br />

allein weiß die Werte der<br />

Donaulandschaft zu nützen. Auch<br />

die anderen Anrainerstaaten fokussieren<br />

ihr Interesse auf den<br />

insgesamt 2880 Kilometer langen<br />

Strom quer durch Mittelosteuropa.<br />

Dabei hilft ihnen die von<br />

der Europäischen Union ins Leben<br />

gerufene Donauraumstrategie,<br />

aber auch die Reiselust der<br />

Menschen. In Zeiten, wo die Zahl<br />

der globalen Krisenherde zunimmt,<br />

besinnt man sich gern auf<br />

<strong>das</strong> Gute, <strong>das</strong> bestenfalls auch<br />

noch nah ist. Die Donau ist „in“<br />

und <strong>das</strong> freut besonders die<br />

Kreuzfahrts- und Ausfl ugsbootunternehmer.<br />

„Unsere Passagierzahlen<br />

sind in den letzten fünf<br />

Jahren leicht, jedoch kontinuierlich<br />

gestiegen“, sagt Wolfgang<br />

Hanreich von der DDSG-Blue Danube<br />

Schifffahrt. Die einst staatlicheDonaudampfschifffahrtsgesellschaft<br />

ist heute zu gleichen<br />

Teilen in Händen des Wiener Verkehrsbüros<br />

und des Wiener Hafens.<br />

Seit 1996, der ersten Saison<br />

unter der Flagge DDSG, sind sechs<br />

Schiffe stromauf und stromab unterwegs.<br />

Das Unternehmen ist<br />

Marktführer auf den österreichischen<br />

Gewässern. „Insgesamt befördern<br />

wir auf unseren eigenen<br />

Schiffen im Rahmen der Linienschifffahrt<br />

in Wien und in der<br />

Wachau, im Bereich Charter und<br />

Themenfahrten annähernd<br />

300.000 Passagiere jährlich“, so<br />

Prokurist Hanreich weiter.<br />

Von den Donauwellen lassen sich<br />

gern auch noch<br />

andere Schiffsbäucheumspülen.<br />

Im Inland<br />

bauen die<br />

„Brandner<br />

Schifffahrt“ und<br />

die Gesellschaft<br />

„Wurm und<br />

Köck“ ihr Angebot<br />

stetig aus.<br />

Dabei ist nicht<br />

nur der Weg <strong>das</strong><br />

Ziel, sondern es<br />

zählen <strong>das</strong> Er-<br />

lebnis und die Kombinationsmöglichkeit<br />

mit regionalen Ver anstaltungen.<br />

Ein Festival, eine<br />

Landesausstellung oder ein persönliches<br />

Jubiläum will schon bei<br />

der Anreise genossen werden.<br />

Wenn einem auch noch der Donauwind<br />

um die Ohren bläst und<br />

die Aussicht vom Oberdeck neue<br />

Perspektiven eröffnet, dann ist die<br />

Chance groß, als Eindruck unvergessen<br />

zu bleiben.<br />

Eine Kreuzfahrt,<br />

die ist lustig...<br />

Spannt man einmal an den österreichischen<br />

Ufern des Flusses aus<br />

und beobachtet gedankenverloren<br />

donau ahoi!<br />

LEBEN AM FLUSS Europas zweitlängster Fluss hat nicht nur Musiker, Politiker und Versicherungsgründer in<br />

ihrem Wirken maßgeblich beeinfl usst, sondern er lockt zunehmend immer mehr Menschen zwischen Deutschland<br />

und dem Schwarzmeerdelta an Bord. Die Donauschifffahrt fährt mit enormer Schubkraft voraus.<br />

text I ilse huber<br />

fotos I ilse huber (3)<br />

via donau (2)<br />

den Schiffsverkehr, so fällt auf,<br />

<strong>das</strong>s Frachtschiffe unvergleichlich<br />

seltener unterwegs sind als Ausfl<br />

ugsschiffe. Und hier nehmen<br />

auch die Kabinenschiffe immer<br />

mehr zu. Eva Michlits leitet die<br />

Unternehmenskommunikation<br />

der österreichischen Wasserstraßen<br />

Gesellschaft Via Donau. Sie<br />

erzählt, <strong>das</strong>s jedes Jahr durchschnittlich<br />

drei neue Anbieter<br />

dazu kommen. Über 100 Kreuzfahrtschiffe<br />

befördern die Gäste<br />

meist von Deutschland ins<br />

Schwarzmeer-Delta. Der Donauhafen<br />

Passau zählt hier zu den<br />

wichtigsten An- und Ablegestellen<br />

<strong>für</strong> die sieben- bis zehntägige<br />

Reise, die in eine Richtung<br />

stromab geht. Interessanterweise<br />

gibt es Jahre, wo weniger Kreuzfahrtschiffe<br />

unterwegs sind, da<strong>für</strong><br />

aber mehr Personen befördert<br />

werden. So auch im Jahr 2010.<br />

Da legten in Wien tatsächlich weniger<br />

Schiffe an, die Anzahl der<br />

abgefertigten Passagiere hingegen<br />

stieg an. „Pro Jahr sind mehr als<br />

eine Million Fahrgäste auf Passagier-<br />

und Kabinenschiffen auf der<br />

Donau unterwegs“, hält der Geschäftsführer<br />

der Via Donau,<br />

Hans-Peter Hasenbichler, fest. Für<br />

<strong>das</strong> Unternehmen sei nicht nur<br />

der Verkehr auf der Donau relevant,<br />

sondern auch <strong>das</strong> Flussbett<br />

samt Hochwassersicherheit, bemerkt<br />

Hasenbichler: „Als Infrastrukturbetreiber<br />

kümmert sich<br />

Via Donau um rund 500 km Treppelwege<br />

in Österreich, die als<br />

Radwege von rund 1,5 Millionen<br />

Personen pro Jahr genutzt werden.“<br />

Zeitreisen am Weg<br />

Die Donauschifffahrt boomt nicht<br />

erstmals in der Geschichte. Schon<br />

Anfang des 20. Jahrhunderts<br />

baute man eine Flotte, die vereinzelt<br />

auch heute noch zu sehen ist.<br />

Nahe der Schleuse Freudenau<br />

steht <strong>das</strong> ehemalige K.u.K.-<br />

Dampfschiff „Fréderic Mistral“,<br />

<strong>das</strong> von Franz Scheriau Ende der<br />

1990er Jahre von Rumänien nach<br />

Wien geschleppt wurde und nun<br />

von ihm bewohnt wird. Gleichzeitig<br />

dient es als An- und Ablegestelle<br />

<strong>für</strong> Überfuhren zur Donauinsel.<br />

Zufall oder nicht, kurz<br />

danach gründete sich der Verein<br />

„Freunde Historischer Schiffe“.<br />

Inzwischen fasst die Gruppe 250<br />

Mitglieder, der Vereinsstandort ist<br />

Korneuburg. Wer sich mit nautischen<br />

Themen aus der Vergangenheit<br />

beschäftigen möchte,<br />

kann sich der Reise des Vereins<br />

anschließen, die heuer Ende September<br />

nach Budapest geht. ❙<br />

+ + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> P<br />

Die Stadt ist dort, wo viele<br />

Menschen leben wollen.<br />

Die oberste Prämisse ist es <strong>für</strong><br />

mich an einer Stadt zu arbeiten,<br />

an einem Wien zu arbeiten, in<br />

dem viele, viele, viele Menschen<br />

leben wollen. Nicht leben, weil<br />

sie es müssen, sondern weil sie es<br />

wollen. Ich will, <strong>das</strong>s die Stadt so<br />

gestaltet wird, <strong>das</strong>s sie jenen, die<br />

glauben im Umland, im vermeintlich<br />

Grünen ihr Heil zu suchen,<br />

ein Angebot macht. Dazu<br />

braucht es mehr Lebensqualität<br />

in der Stadt, mehr Grün- und<br />

Freiräume auch im dicht verbauten<br />

Gebiet. Für mich ist eine<br />

Stadt dort, wo Begegnung und<br />

Inspiration ist. Die Stadt ist keine<br />

Ansammlung<br />

von Häusern,<br />

Fenstern, Eingängen<br />

und Toren.<br />

Sie fi ndet<br />

nicht in geschlossenen<br />

Räumen statt, sondern in den<br />

Freiräumen, den öffentlichen<br />

Räumen, den Parks. Wien<br />

braucht Räume <strong>für</strong> Begegnung<br />

und Inspiration, denn sie sind<br />

<strong>das</strong> eigentliche Herz der Stadt.<br />

Maria Vassilakou: Geb. 1969 in<br />

Athen, 2004-2010 Klubobfrau der<br />

Grünen im Wr. Gemeinderat, seit<br />

2010 Vizebürgermeisterin und Planungsstadträtin<br />

der Stadt Wien.<br />

Foto: Lukas Beck


Fotos: iStockphoto (2)<br />

Sommer in der Stadt <strong>city</strong> life | 13<br />

+ + TALK DIREKT + + + TALK DIREKT + + + TALK DIREKT + + + TALK DIREKT<br />

Lebendige Stadt<br />

Sie können sich sicher noch an die Alltagsgeschichten<br />

der Elizabeth T. Spira erinnern.<br />

Diese mehrmals ausgezeichnete<br />

Fernsehproduktion stellte die „kleinen<br />

Leute“ in den Mittelpunkt und versuchte<br />

die „österreichische Seele“ zu zeigen. All<br />

<strong>das</strong>, was dem Österreicher, meistens dem<br />

Wiener, ein Anliegen ist, wurde von Spira<br />

fi lmisch umgesetzt: Da ging es um Menschen<br />

im Prater und beim Heurigen, um<br />

die Beziehung von Menschen zu ihren<br />

Hunden oder um „Das kleine Glück im<br />

Schrebergarten“. Dabei zeigte sie Orte zum<br />

Träumen und Leut’ ausrichten, ließ Vereinsmeier<br />

und verfeindete Nachbarn zu<br />

Wort kommen, die die Gartenanlage kontrollierten.<br />

Spira zeigte aber auch die andere<br />

Seite: eine einsame Dame, die in ihrem<br />

verwilderten Garten mit Spatzen und<br />

Amseln spricht – ein Stück Poesie eben.<br />

Ausgleich <strong>für</strong> geplagte Städter<br />

19 Jahre ist <strong>das</strong> nun her. Die Bewegung<br />

der Schrebergärtner reicht allerdings ins<br />

19. Jahrhundert zurück. In der Zeit der<br />

Industrialisierung boten Kleingärten in<br />

der Stadt den Menschen die Möglichkeit,<br />

sich mit frischem Obst und Gemüse zu<br />

versorgen. Sie waren auch als Armen-<br />

oder Arbeitergärten bekannt. Jahre später<br />

entstanden die Schrebergärten: Sie wurden<br />

nach dem Leipziger Arzt Moritz<br />

Schreber benannt, dem es vor allem um<br />

die Gesundheit der Stadtjugend innerhalb<br />

karger Mietskasernen ging. Er propagierte<br />

die Arbeit in den Gärten.<br />

Der Schrebergarten hat seinen Ursprung<br />

darin, einen Ausgleich <strong>für</strong> die von den<br />

Folgen der Industrialisierung geplagten<br />

Städter darzustellen. Da sind die Motive<br />

der heute trendigen Bewegung der Urban<br />

Farmer anders gelagert. Sie sind Teil einer<br />

Foto: Barbara Kanzian<br />

vernetzten und globalen<br />

Gesellschaft, einer Welt,<br />

in der in einem unglaublichen<br />

Tempo ständige<br />

Veränderungen passieren.<br />

Mit ihren<br />

landwirtschaftlichen Aktionen<br />

in der Stadt treten sie bewusst auf<br />

die Bremse, entschleunigen, nehmen <strong>das</strong><br />

Tempo zurück, erden sich wieder.<br />

Urban Farmers irritieren<br />

Sie legen ihre Gärten in unterschiedlichen<br />

Formen an, sei es in Gemeinschaftsgärten,<br />

in offenen landwirtschaftlichen Höfen<br />

oder in „Nacht-und-Nebel-Aktionen“, wo<br />

sie ihre Pfl anzen querfeldein verstreuen.<br />

Die Urban Farmers defi nieren den Begriff<br />

der Stadt neu, irritieren mit ihren Aktionen<br />

oft den gewohnten Blick und machen<br />

die Stadt so anders erfahrbar. Sie besetzen<br />

Orte mit anderen Nutzungen, stellen damit<br />

automatisch <strong>für</strong> die Stadtentwicklung<br />

neue Weichen.<br />

Es ist kein Zufall, <strong>das</strong>s in ihren Gärten oft<br />

alte oder seltene Pfl anzen gesät werden.<br />

Es ist vielmehr ein Zeichen da<strong>für</strong>, <strong>das</strong>s sie<br />

einen ganz bewussten Umgang mit dem<br />

Ursprünglichen pfl egen. Damit steuern sie<br />

agrarindustriellen Bewegungen und Gentechnik-Entwicklungen<br />

entgegen und<br />

machen ihren gesellschaftspolitischen<br />

Standpunkt klar sichtbar.<br />

Die Schrebergärtner frönen ihrer Lust<br />

nach Grün, schaffen sich mit ihrem Garten<br />

eine Oase und einen Rückzugsort innerhalb<br />

der Stadt. Urban Farmer hingegen<br />

gärtnern auf offenen Plätzen, laden<br />

andere ein, ihre Bewegung mit zu tragen.<br />

Eines haben beide gemeinsam: Sie sind<br />

ein lebendiger <strong>urbane</strong>r Teil, der dazu beiträgt,<br />

die Grenze zwischen Land und Stadt<br />

verschwimmen zu lassen.<br />

Foto: Werner Merzeder<br />

kartoffel<br />

statt bomben<br />

URBAN FARMING Das Landwirtschaften in der Stadt liegt ganz<br />

im Trend: Auf brach liegenden Flächen, in Hinterhöfen oder in<br />

abgewirtschaf teten Gärten und Parks werden Urban Farmer immer<br />

aktiver. Es ist nicht nur die Ernte, die den Kick ausmacht, sondern oft<br />

ist der Weg dorthin <strong>das</strong> Ziel. I barbara kanzian<br />

U3-Endstation Wien-Ottakring: Wir verlassen<br />

den Bahnhof und gehen Richtung Heigerleinstraße,<br />

zahlreiche Neubauten<br />

säumen hier abwechselnd mit Gründerzeithäusern<br />

den Weg. Die dichte Verbauung<br />

wird dazwischen immer wieder von<br />

Grünfl ächen aufgelockert. Plötzlich stehen<br />

wir vor einem rund 1000 Quadratmeter<br />

großen Garten, in dem an diesem Samstagvormittag<br />

rund 20 Leute mit Sense, Schaufel<br />

und Gartenschlauch am Werk sind. Sie<br />

haben sich eines der insgesamt 24 Beete<br />

des Nachbarschaftsgartens Heigerleinpark<br />

gemietet, bepfl anzen diese nach Belieben,<br />

plaudern und genießen einfach die Zeit<br />

miteinander. Die Idee zu diesem Garten<br />

knüpft an die erfolgreichen „interkulturellen<br />

Gärten“ an, wie es sie in Paris, Berlin<br />

oder New York gibt. Zentraler Punkt ist die<br />

Begegnung, der Austausch und die Kommunikation<br />

von Menschen unterschiedlichen<br />

Alters und Herkunft. Was in einem<br />

Bezirk wie Ottakring mit einem relativ hohen<br />

Ausländeranteil besonders wichtig erscheint,<br />

23,8 % der Gesamtbevölkerung<br />

haben hier Migrationshintergrund. „Durch<br />

<strong>das</strong> gemeinsame Gärtnern entsteht ein<br />

gleichberechtigtes Miteinander“, beschreibt<br />

Nadja Madlener, eine der Initiatorinnen<br />

<strong>das</strong> Projekt, <strong>das</strong> gemeinsam mit der Stadt<br />

Wien realisiert wurde.<br />

Auch die Bewohner des benachbarten Hauses<br />

der Barmherzigkeit kommen einmal in<br />

der Woche zum Gärtnern hier vorbei. Für<br />

sie gibt es ein Hochbeet mit einer rollstuhlgerechten<br />

Umfahrung. Auf speziellen Kinderbeeten<br />

lernt auch der Nachwuchs, wie<br />

der Weg der Lebensmittel vom Samen zur<br />

Frucht aussieht.<br />

Vorreiter Berlin<br />

Steht im Wiener Heigerleinpark speziell der<br />

Gedanke des Gemeinsamen im Vordergrund,<br />

so verfolgt z. B. der Prinzessinnengarten<br />

am Berliner Moritzplatz einen etwas<br />

anderen Ansatz. Auf einer vom Liegenschaftsfonds<br />

gemieteten 6000 Quadratmeter<br />

großen Fläche wird seit 2009 eine biologische<br />

Landwirtschaft betrieben, die alte<br />

und seltene Sorten kultiviert. Angebaut<br />

wird in recycelten Industriekörben, die ein<br />

transportables Beetsystem darstellen. So<br />

bleiben diese Gärtner mobil und können<br />

woanders Brachfl ächen, Hausdächer und<br />

Wände in Orte verwandeln, an denen Gemüse<br />

lokal und in Bioqualität wächst. Der<br />

Prinzessinnengarten versteht sich als Versuchslabor<br />

<strong>für</strong> die nachhaltige Stadt der Zukunft.<br />

In Berlin gedeiht die Urban Farming-Bewegung<br />

prächtig. Das mag einerseits mit der<br />

städtebaulichen Situation zu tun haben: Da<br />

gibt es mehr Flächen, die nicht an eine bestimmte<br />

Nutzung gebunden sind, <strong>das</strong> mag<br />

auch mit der Kreativität und Lockerheit der<br />

Berliner zu tun haben. Außerdem ist die<br />

Stadt pleite, also froh, wenn gewisse Eigeninitiativen<br />

von den Bürgern übernommen<br />

werden, meint die gebürtige Berlinerin<br />

Nadja Madlener. Bevor sie nach Wien zog,<br />

war sie bei Rosa Rose mit dabei, einer der<br />

ersten Vereine, die einen Nachbarschaftsgarten<br />

in Berlin-Friedrichshain realisiert<br />

haben.<br />

Um die Urban-Farming Vorreiterrolle Berlins<br />

künftig noch weiter auszubauen, entwickeln<br />

Forscher der TU Berlin und des<br />

Leibniz-Zentrums bis zum Jahr 2013 Potenziale,<br />

Chancen und einen Fahrplan zur<br />

Umsetzung von Anbaukonzepten in der<br />

Stadt. Mit mehr Landwirtschaft in der City<br />

soll auch die derzeitige Trennung zwischen<br />

Land und Stadt, zwischen globalisierter Agrarproduktion<br />

und städtischem Konsum<br />

aufgebrochen werden.<br />

Guerilla Gardeners<br />

Dass mitten in der Stadt Landwirtschaft betrieben,<br />

neben U-Bahn-Stationen Kartoffel<br />

geerntet werden, irritiert den üblichen<br />

Blick auf die Stadt und ermöglicht, sie anders<br />

und neu zu erfahren. Welche Generation<br />

steckt eigentlich hinter den Urban Farmers?<br />

Die Soziologin Christa Müller<br />

defi niert den Prototyp als jung und weiblich.<br />

Es ist im Speziellen die Internet-Generation,<br />

die den Garten zum Entschleunigen<br />

nutzt; er dient als Gegenmodell zum virtuellen,<br />

schnellen Raum des World Wide<br />

Web. Der Garten auch als Sinnbild <strong>für</strong> <strong>das</strong><br />

Schöne, der die Menschen auf die Qualität<br />

der Lebensmittel sensibilisiert. Und nach<br />

Müller sind diese Stadtgärten hoch politische<br />

Orte, denn die Stadtgärtner wollen mit<br />

ihrem Tun autonom sein, sich nicht in Abhängigkeiten<br />

zu großen Lebensmittelkonzernen<br />

begeben.<br />

Der politische Wille wird schon im Namen<br />

einer weiteren Form von Stadtgärtnern<br />

deutlich: Guerilla Gardeners sind bereits in<br />

zahlreichen europäischen Großstädten vertreten.<br />

Mit ihrem Versuch kleine Gärten in<br />

der Stadt ohne Lizenz anzulegen machen<br />

sie sich <strong>für</strong> die gemeinschaftliche Nutzung<br />

des öffentlichen Raums stark. Statt Bomben<br />

gibt es bei der Wiener Delegation Seedbombs,<br />

<strong>das</strong> sind Erd/Ton/Samen-Kugeln,<br />

die leicht in der Stadt verteilt werden können<br />

mit dem Ziel, <strong>das</strong>s da und dort Pfl anzen<br />

keimen und aufgehen. So friedvoll sollten<br />

alle Guerilla-Kriege ausgehen. ❙<br />

> Buchtipp und Blog<br />

Urban Gardening, über die Rückkehr der<br />

Gärten in die Stadt von Christa Müller,<br />

erschienen im oekom Verlag<br />

Blog von Barbara Kanzian<br />

www.ueber-land.eu


<strong>city</strong> architecture<br />

10 JAHRE MQ Zwei<br />

Buchstaben, die die Stadt<br />

dieses Jahr besonders bewegen:<br />

Das MQ feiert<br />

zehnten Geburtstag. Die<br />

Geburt war alles andere<br />

als leicht. I barbara jahn<br />

01 Wegweiser (Foto: Ali Schafl er)<br />

02 MUMOK (Foto: MUMOK)<br />

03 Zoom (Foto: Cathrine Stukhard<br />

ZOOM Kindermuseum)<br />

04 Wagner Raum (Foto: LEOPOLD<br />

MUSEUM Wien Promota)<br />

05 Klanghimmel (Foto: Paul Frank)<br />

Chronologie eines<br />

architektonischen Abenteuers<br />

1713 Johann Bernhard Fischer von<br />

Erlach (1656-1723) plant Hofstallgebäude<br />

am Glacis vor dem äußeren<br />

Burgtor. Beginn der Bauarbeiten 1719<br />

1725 Fertigstellung der Hauptfront<br />

1850 – 1854 Um<strong>gestaltung</strong> der<br />

Hofstallungen durch Leopold Mayer,<br />

Erweiterung um Winterreit schule und<br />

Sommerreitbahn<br />

1919 Versteigerung eines Großteils<br />

der Hofstallungen<br />

1921 Hinter der Winterreithalle wird<br />

eine große Halle errichtet<br />

1922 Bezeichnung „Messepalast“<br />

1946 Im Haupthof werden zwei<br />

große Hallen errichtet<br />

1983 Konzept <strong>für</strong> ein Kulturforum<br />

1986 Ausschreibung der ersten Stufe<br />

eines Architekturwettbewerbs mit Ausstellungshalle<br />

und Museum Moderner<br />

Kunst. Die Jury ermittelt sieben Preisträgern,<br />

darunter die Brüder Laurids und<br />

Manfred Ortner<br />

Juni 1989 Start der zweiten Wettbewerbsphase<br />

April 1990 Die Jury empfi ehlt einstimmig<br />

den Ortner-Entwurf zur Ausführung.<br />

Er sieht u.a. zwei Türme vor<br />

1995 Neuplanung. Kubatur um die<br />

Hälfte verkleinert, „Leseturm“ gekappt.<br />

Das MUMOK verliert ein Stockwerk, die<br />

Grundfl äche ist um 25% kleiner<br />

1997 Baubewilligung und positiver<br />

Bescheid des Denkmalamts. Dezember<br />

Spatenstich<br />

1998 Baubeginn<br />

Juni 2001 Abschluss der Bauphase I,<br />

offi zielle Eröffnung des Areals<br />

Sommer 2002 Das Architektenteam<br />

PPAG kreiert <strong>das</strong> Sitzmöbel „Enzi“<br />

September 2002 Abschluss der<br />

Bauphase II d.h. Renovierung des<br />

historischen Fischer-von-Erlach-Trakts<br />

Oktober 2003 Abschluss der Bauphase<br />

III, Renovierung der Räume im<br />

Mittelrisalit (Barocke Suiten)<br />

Oktober 2004 Fertigstellung MQ<br />

West, Breite Gasse<br />

eine dekade voller leidenschaft<br />

Es war schon immer ein tages-<br />

und abendfüllendes Gesprächsthema<br />

jener Generation, die mit<br />

ihm groß geworden ist. Und ist es<br />

bis heute. Damals noch Studenten,<br />

heute vielleicht schon junge<br />

Eltern, die seit 2001 den Platz<br />

heimsuchen, der sie immer bewegt<br />

hat: <strong>das</strong> MuseumsQuartier.<br />

Es ist <strong>das</strong> Kind jener Stadtväter,<br />

dessen Geburt keine leichte war.<br />

Die Frage, ob es ein Junge oder<br />

ein Mädchen werden sollte, blieb<br />

lange ungeklärt. Und doch kam es<br />

auf die Welt und hat gleich einmal<br />

polarisiert. Die einen waren<br />

zurückhaltend, denn vom ganzen<br />

Kind blieb ihrer Meinung nach<br />

„nur der Rumpf“ übrig. Die anderen<br />

jubelten, denn die Geburt war<br />

der Startschuss <strong>für</strong> etwas, <strong>das</strong> die<br />

ehemaligen Hofstallungen, nein,<br />

den siebten Bezirk, nein, ganz<br />

Wien zu etwas Besonderem<br />

machte. Wien war Gesprächsthema,<br />

weltweit. Und macht<br />

durch <strong>das</strong> MuseumsQuartier seit<br />

damals immer wieder von sich reden.<br />

Heute ist es allen egal, ob der<br />

Leseturm gebaut wurde oder<br />

nicht. Das MuseumsQuartier<br />

würde sich niemand mehr wegnehmen<br />

lassen. Zu sehr ist es den<br />

Wienern ans Herz gewachsen. Zu<br />

schauen im MUMOK und im Leopold<br />

Museum, zu essen im<br />

Dschungel, in der Halle oder im<br />

Glacis Beisl, sich auf den legendären<br />

Enzis zu sonnen oder sich<br />

überraschen zu lassen, was in die-<br />

sem großen Wohnzimmer gerade<br />

passieren könnte – alles zusammen<br />

ergibt ein Gefühl, <strong>das</strong> man<br />

nur schwer beschreiben kann. Es<br />

ist leicht, es ist schön, es ist befl ügelnd<br />

und fühlt sich so an wie<br />

eine Mischung aus Markusplatz<br />

und Versailles. Das Beste daran<br />

ist: Es dürfen alle mitmachen. Sogar<br />

die Kinder, die im ganzen<br />

Komplex nicht nur geduldet, sondern<br />

sogar willkommen sind. Eine<br />

Rarität in Wien.<br />

Die gebaute Vision<br />

Der menschliche Zustrom wird jeden<br />

Tag stärker - gerade jetzt, je<br />

näher der Sommer rückt, erlebt<br />

<strong>das</strong> MuseumsQuartier seine absolute<br />

Hochblüte. Das wäre auch<br />

ohne zehnjähriges Jubiläum so.<br />

Mit den Kommenden und Gehenden,<br />

mit den Lustwandelnden<br />

und Schaulustigen, erinnert man<br />

sich gerne zurück an eine bewegte<br />

Zeit. An echte Ruhephasen<br />

in der 300-jährigen Geschichte<br />

der Architektur kann sich niemand<br />

erinnern. Als kaiserliche<br />

barocke Hofstallungen Anfang des<br />

18. Jahrhunderts konzipiert und<br />

als späteres Messe- und Ausstellungsgelände<br />

genutzt, war es fast<br />

obligatorisch, erneut Hand anzulegen<br />

und im beginnenden Jahr-<br />

tausend einen weiteren Stempel<br />

der Zeit aufzudrücken. Wie ein<br />

roter Faden zieht es sich durch die<br />

Baugeschichte, <strong>das</strong>s man Plänen<br />

Einhalt gebot, um wieder neue<br />

Strategien zu ersinnen, die immer<br />

nur auf einer Unschlüssigkeit beruhten,<br />

die dem Bauwerk den<br />

perfekten Guss versagte. Das war<br />

vor 300 Jahren nicht anders als<br />

vor zehn Jahren. Und man fragt<br />

sich hinterher, warum eigentlich?<br />

Warum erzeugt man äußerliche<br />

Homogenität, wenn es gar keine<br />

gibt? Warum werden Unterbrechungen<br />

kaschiert und warum<br />

müssen sich die Museumsbauten<br />

vor Ehrfurcht brav „ducken“ und<br />

der Leseturm darf erst gar nicht<br />

entstehen? Im Grunde sind <strong>das</strong><br />

alles architektonische Halbwahrheiten.<br />

Trotzdem ist <strong>das</strong> Erscheinungsbild<br />

des MuseumsQuartiers,<br />

so wie es heute <strong>das</strong>teht, ein ehrliches,<br />

ein prägendes, ein nachhaltiges.<br />

Das österreichische Architekturbüro<br />

Ortner & Ortner hat es<br />

geschafft, vorhandene historische<br />

Bausubstanz mit zeitgenössischer<br />

Architektur zu verbinden, und<br />

zwar so, <strong>das</strong>s die Verknüpfung<br />

zwischen Alt und Neu, Kunst und<br />

Naherholung, Künstlern und Publikum<br />

funktioniert und authen-<br />

tisch wirkt. Schon damals bildete<br />

der Bau als architektonischer Abschluss<br />

des „Kaiserforums“ ein<br />

historisch einzigartiges Kraftfeld,<br />

<strong>das</strong> sich in seiner ganzen Wirkung<br />

über die Jahrhunderte herüber<br />

retten konnte. Doch statt aristokratischem<br />

Pferdemist gibt es<br />

heute Kultur querbeet und <strong>für</strong><br />

alle – <strong>das</strong> ist der Unterschied. Das<br />

MuseumsQuartier geht als größter<br />

Kulturbau in die Geschichte<br />

der Republik Österreich ein, der<br />

die einzelnen Kulturräume der<br />

Stadt noch näher zusammenrücken<br />

lässt. Gleichzeitig ist es zu<br />

einem Lexikon der zeitgenössi-<br />

schen Architekturszene herangewachsen,<br />

<strong>das</strong> einen repräsentativen<br />

Querschnitt darstellt. Namen<br />

wie PPAG Anna Popelka und<br />

Georg Poduschka, awg_Alles-<br />

WirdGut, BEHF, Gregor Eichinger<br />

von ehemals EOK, die französischen<br />

Architekten Anne Lacaton<br />

und Jean Philippe Vassal oder Arkan<br />

Zeytinoglu schrieben die<br />

jüngsten Kapitel dieser Geschichte,<br />

die vielleicht auch noch<br />

die nächsten 300 Jahre Österreich<br />

und die ganze Welt in Atem halten,<br />

überzeugen, begeistern wird.<br />

Die nächsten Dekaden können<br />

kommen. ❙<br />

+ + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + +<br />

Daniela Enzi, interimistische Leiterin des MuseumsQuartiers,<br />

mit CITY im Gespräch – über Vergangenheit,<br />

Gegenwart und Zukunft.<br />

City: Wenn Sie an den Anfang<br />

zurückdenken, hätten Sie mit einer<br />

so fulminanten Entwicklung<br />

des MuseumsQuartier gerechnet?<br />

Daniela Enzi: Das Museums-<br />

Quartier hat alle Erwartungen<br />

übertroffen. Als es 2001 eröffnet<br />

wurde, rechnete man mit rund<br />

einer Million Besuchern in den<br />

Institutionen, heute zählen wir<br />

3,6 Millionen pro Jahr. Ein<br />

Großteil davon kommt aus<br />

Wien, <strong>das</strong> beweist, <strong>das</strong>s <strong>das</strong><br />

MuseumsQuartier nicht nur ein<br />

beliebtes Ziel <strong>für</strong> Touristen ist,<br />

sondern auch ein Zentrum der<br />

Kultur und Erholung <strong>für</strong> die<br />

Wiener und Wienerinnen im<br />

Zentrum der Stadt.<br />

City: Realisiert wurde leider nur<br />

die „abgespeckte“ Version. Was<br />

hätte aus Ihrer Sicht verwirklicht<br />

werden sollen?<br />

Daniela Enzi: Als <strong>das</strong> MuseumsQuartier<br />

eröffnet wurde,<br />

wäre ein Bau wie der „Leseturm“<br />

ein deutlich sichtbares<br />

Signal nach außen gewesen, um<br />

es zu bewerben. Heute ist <strong>das</strong><br />

nicht mehr notwendig, denn<br />

<strong>das</strong> MuseumsQuartier ist über<br />

die Grenzen Österreichs hinaus<br />

bekannt. Dennoch wäre es<br />

schön ein architektonisches oder<br />

künstlerisches Zeichen zu haben,<br />

um zu zeigen, <strong>das</strong>s hinter<br />

den barocken Fassaden moderne<br />

und zeitgenössische Kunst und<br />

Kultur stattfi ndet.<br />

City: Was bedeutet<br />

<strong>das</strong> MuseumsQuartier<br />

<strong>für</strong> Wien?<br />

Daniela Enzi: Es ist ein Symbol<br />

<strong>für</strong> <strong>das</strong> moderne, zeitgenössische<br />

und kreative Wien. Jedes Jahr<br />

genießen tausende Touristen die<br />

weltweit einzigartige Atmosphäre<br />

dieses Areals sowie die<br />

Möglichkeit, einen Kulturbesuch<br />

mit Entspannung und <strong>urbane</strong>m<br />

Szene-Flair zu verbinden.<br />

City: Und <strong>für</strong> Sie persönlich?<br />

Daniela Enzi: Für mich ist <strong>das</strong><br />

MuseumsQuartier ein gelungenes<br />

Beispiel da<strong>für</strong>, auch junge<br />

Leute <strong>für</strong> Kunst und Kultur begeistern<br />

zu können. Durch die<br />

vielen Kulturveranstaltungen in<br />

den Höfen, wie Lesungen, Filmfestivals<br />

oder Musikprogramme,<br />

die bei freiem Eintritt stattfi nden,<br />

bieten wir unseren Besuchern<br />

einen unkonventionellen<br />

Zugang: Man kann Kultur konsumieren,<br />

muss es aber nicht.<br />

City: Wie sieht die Zukunft des<br />

MuseumsQuartier aus?<br />

Daniela Enzi: Unser Ziel ist es,<br />

unseren Besuchern auch weiterhin<br />

ein umfangreiches und abwechslungsreiches<br />

Programm zu<br />

bieten. Gleichzeitig sollen <strong>das</strong><br />

dreidimensionale Konzept des<br />

MuseumsQuartier – Kunstraum,<br />

Schaffensraum, Lebensraum –<br />

weiter fortgeführt und noch<br />

mehr als bisher Kunstprojekte<br />

im öffentlichen Raum gefördert<br />

werden.<br />

Foto: Pilo Pichler


<strong>city</strong> international<br />

<strong>city</strong> talk Zusatz | 15<br />

stadt im höhenrausch<br />

SWINGING LONDON Seit der Jahrtausendwende erlebt London einen neuen Hochhausboom. Zurzeit sind im<br />

Finanzdistrikt mehr als 30 Bürohochhäuser von mehr als 150 m Höhe in Bau. Engagierte Architekten planen und<br />

bauen aber auch <strong>für</strong> die Bevölkerung jenseits von Börsen und Banken. I iris meder<br />

Man könnte meinen, im fi ebrigen<br />

New York der Dreißiger zu sein.<br />

Damals wetteiferten Empire State<br />

und Chrysler Building um die Rekordmarke<br />

des höchsten Gebäudes<br />

der Welt. Heute heißen die<br />

Ehrgeizlinge „The Shard“, die<br />

Scherbe, und „The Pinnacle“, die<br />

Zinne. Überhaupt scheint die City<br />

of London, <strong>das</strong> Finanzzentrum<br />

der Stadt, eine einzige Baustelle<br />

zu sein. Beinahe verzwergt wirken<br />

da Landmarks wie „The<br />

Gherkin“, <strong>das</strong> Gewürzgurkerl,<br />

bürgerlich Swiss Re Building,<br />

2001-04 gebaut vom Architekten<br />

Lord Norman Foster und mit läppischen<br />

180 m knapp zwei Drittel<br />

so hoch wie Scherbe und Zinne.<br />

Wegen seiner wackligen Themse-<br />

Fußgängerbrücke hinüber zur<br />

Tate Modern wird Foster gerne<br />

auch „Lord Wobbler“, Lord Wackler,<br />

genannt. Fast harmlos mutet<br />

da der Kosename „Inside-Out<br />

Building“ <strong>für</strong> den High-Tech-Büroturm<br />

der Versicherung Lloyd‘s<br />

of London an, entworfen 1978-86<br />

von Fosters ehemaligem Partner,<br />

dem (mittlerweile zum Lord geadelten)<br />

Architekten Richard Rogers.<br />

Glasscherbe, Zinne<br />

und Käsereibe<br />

Auch heute bauen die Großen der<br />

englischen Architektur in Londons<br />

Zentrum. Von Rogers<br />

stammt der Entwurf der steilen<br />

Pyramide des „Shard“, die an der<br />

London Bridge emporwächst. Ihre<br />

310 Höhenmeter werden auf 71<br />

Etagen ein Restaurant, ein Fünf-<br />

Sterne-Hotel, Luxuswohnungen<br />

und vor allem Büros beherbergen.<br />

Der offi ziell Bishopsgate Tower<br />

genannte „Pinnacle“, geplant vom<br />

New Yorker Architekturbüro<br />

Kohn Pederson<br />

Fox und Heimat<br />

<strong>für</strong> 88 000 qm<br />

Bürofl äche, wird<br />

zwar nur 288 m<br />

und 63 Stockwerke<br />

hoch, da<strong>für</strong><br />

aber etwas<br />

früher fertig als<br />

die Scherbe und<br />

darf sich so wohl zumindest eine<br />

Zeitlang als (nach dem Mercury<br />

City Tower in Moskau) zweithöchstes<br />

Gebäude Europas fühlen<br />

– auf jeden Fall aber als Bau mit<br />

der größten Solarzellenfläche<br />

Englands. Kohn Pedersen Fox<br />

bauen gerade auch den Heron Tower<br />

(46 Stockwerke), der New<br />

Yorker Architekt Rafael Vinoly<br />

„The Walkie-Talkie“ (36 Stock),<br />

Lord Rogers „die Käsereibe“ (Leadenhall<br />

Building) mit 48 Etagen,<br />

während sich <strong>das</strong> vom Pariser Architekten<br />

Jean Nouvel entworfene<br />

Bürohaus „One New<br />

Change“ wohl nur wegen seines<br />

Standortes gegenüber St. Paul‘s<br />

Cathedral mit einer bescheidenen<br />

Höhe begnügt.<br />

Mega<strong>city</strong> London<br />

400 000 m 2 Bürofl äche sind zurzeit<br />

in der City in Bau, ein Viertel<br />

davon vermietet; im gesamten<br />

Zentrum von London sind es fast<br />

eine Million Quadratmeter. Die<br />

Vermietungsumsätze steigen, so<br />

die Makler, und auch Wohnraum<br />

gibt es: In Rogers‘ kürzlich fertiggestellten<br />

NEO Bankside Towers<br />

nahe der Tate Modern, die zu den<br />

> 400.000m 2 Bürofl äche<br />

sind zurzeit in Londons<br />

CIty in Bau <<br />

teuersten Wohnlagen der Stadt<br />

gehören, richtete die Lifestyle-<br />

Zeitschrift Wallpaper jüngst zwei<br />

todschicke Muster-Apartments<br />

ein.<br />

London war im Grunde die erste<br />

asiatische Mega<strong>city</strong> auf europäischem<br />

Boden. Im 19. Jahrhundert<br />

explodierte die Bevölkerungszahl<br />

der im Zuge der industriellen Revolution<br />

fl orierenden Stadt. 1939<br />

war mit 8,6 Millionen Einwohnern<br />

ein kaum noch erträgliches<br />

Bevölkerungsmaximum erreicht.<br />

Als sich die Stadt<br />

unkontrolliert in<br />

<strong>das</strong> Umland aus-<br />

zudehnen<br />

drohte, schuf<br />

man 1965 die<br />

Verwaltungsregion<br />

„Greater<br />

London“, mit<br />

heute etwa 14<br />

Millionen Einwohnern<br />

– London<br />

selbst hat derzeit 7,5 Millionen.<br />

1981 startete ein großes<br />

Stadtentwicklungsprogramm u. a.<br />

mit dem Ausbau von Canary<br />

Wharf und der Isle of Dogs, vernachlässigten<br />

Industriebrachen im<br />

Osten der City.<br />

Armer Osten<br />

East London ist immer noch ein<br />

sozial schwaches Gebiet. Durch<br />

die Olympischen Spiele soll die<br />

Gegend nachhaltig aufgewertet<br />

werden. Aber auch jenseits der<br />

Olympics tut sich einiges. So wird<br />

derzeit der „London Sustainable<br />

Industries Park“ in Dagenham erschlossen,<br />

ein von der London<br />

Thames Gateway Development<br />

Corporation beauftragtes und<br />

vom Architekturbüro Sergison<br />

Bates entwickeltes langfristiges<br />

Konzept eines nachhaltigen, CO2neutralen,<br />

energieautarken Gewerbegebiets<br />

mit optimaler Ökobilanz.<br />

In dem 142 ha großen<br />

Industriegebiet am Fluss soll ein<br />

Verkehrskonzept mit öffentlicher<br />

Anbindung, Rad- und Fußwegen<br />

die Mitarbeiter der Technologieunternehmen<br />

von einer Anreise<br />

mit dem Auto abhalten. Das Zür-<br />

cher Büro Vogt Landschaftsarchitekten<br />

entwickelte mit den Architekten<br />

eine Freiraumplanung mit<br />

40 m breiten Baumstreifen sowie<br />

Blumen, Gräsern und Kräutern,<br />

die dazu beitragen, den kontaminierten<br />

Boden zu reinigen.<br />

Mehr als nur Banken<br />

Jonathan Sergison und Stephen<br />

Bates haben sich bei dem Projekt<br />

nicht <strong>das</strong> erste Mal mit East London<br />

beschäftigt. So entstand 2008<br />

eine städtische Wohnhausanlage<br />

in Canning Town im Stadtteil Newham.<br />

Die 2- bis 3-Zimmer-Wohnungen<br />

haben sorgfältig geplante<br />

Grundriße mit fl exiblen, nutzungsneutralen<br />

Zonen. Alle verfügen<br />

über große, raumhohe<br />

Fenster und Balkon oder Loggia.<br />

Außen tragen die Gebäude eine<br />

langlebige Ziegelhaut, wie man sie<br />

aus den historischen englischen<br />

Arbeiter-Wohnvierteln kennt.<br />

Innen ist die Wohnqualität aber<br />

trotz aller fi nanziellen Einschränkungen<br />

erstklassig. Die Stadt<br />

besteht eben nicht nur aus Banken.<br />

❙<br />

+ + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE<br />

In Wien geht man auf einen Kaffee, in London mit<br />

einem Kaffee. Zeit ist nach Geld wohl <strong>das</strong> wichtigste<br />

Gut. Der Londoner läuft daher ständig der<br />

Zeit hinterher – daran erkennt man ihn. Öfter jedoch<br />

sitzt er in U-Bahn und Bus oder steht geduldig<br />

in Warteschlangen – und bleibt freundlich: Daran<br />

erkennt man ihn auch. Hat man es als<br />

„Newbie“ (<strong>das</strong> ist man mindestens vier Jahre lang)<br />

einmal eilig und versteht nicht, warum der Schichtwechsel<br />

am Ticketschalter gerade bei einem selbst<br />

vollzogen wird, während hinten keiner mehr steht,<br />

erntet man schnell ein „That‘s so continental!“.<br />

Auch territoriale Kriterien sind wichtig. Grob wird<br />

in Ost und West geteilt, was durchaus mit dem Gefälle<br />

von West- und Osteuropa zu vergleichen ist<br />

(Österreich liegt östlich ungefähr zwischen Stoke<br />

Newington und Bethnal Green). Gemäß dem Rat<br />

von Vivienne Westwood werden Kleidungsstücke<br />

01 „Shard“, die Glasscherbe, entworfen<br />

von Richard Rogers, wächst direkt bei der<br />

London Bridge bis auf 310 Meter in die<br />

Höhe. (Rpbw, Renzo Piano Building<br />

Workshop)<br />

02 Das 240 Meter hohe Leadenhall<br />

Building („The Cheese Grater“) von<br />

Lord Richard Rogers entsteht in unmittelbarer<br />

Nachbarschaft zum Swiss Re<br />

Building („The Gherkin“) von Konkurrenten<br />

Sir Norman Foster. (British Land)<br />

03 Wohnqualität trotz Einschränkungen:<br />

Wohnhausanlage in Canning Town,<br />

Stadtteil Newham, 2008 vom Architekturbüro<br />

Sergison Bates entworfen. (David<br />

Grandorge)<br />

so lange getragen, bis sie von den<br />

Füßen oder Schultern fallen. Dabei<br />

ist nicht festzustellen, ob die<br />

löchrigen Schuhe und abgetragenen<br />

Jacken auf Mangel oder<br />

Überschuss (an Coolness) zurückzuführen<br />

sind. Aber <strong>das</strong> ist auch<br />

ziemlich egal – in London kann man sich alles erlauben,<br />

ohne abschätzende Blicke zu ernten. Interesse<br />

aber schon: Als Kate Middleton aus dem Hochzeitsauto<br />

stieg, brach die Website der BBC<br />

zusammen – 34 Millionen Briten wollten ihr Kleid<br />

sehen (nicht den Kuss!). London wird man wohl<br />

nicht so schnell verstehen. Aber <strong>das</strong> muss man<br />

auch nicht immer.<br />

Manuela Hötzl ist Architekturkritikerin und -theoretikerin.<br />

Sie lebt derzeit als Studentin (MA Research<br />

Architecture, Goldsmiths) in East London.<br />

Foto: iris meder


16 | <strong>city</strong> international London<br />

text I ilse huber<br />

fotos I iStockphoto<br />

01 Das London Eye ist nicht nur Europas größtes<br />

Riesenrad, es bietet auch den besten Ausblick über die<br />

Metropole an der Themse<br />

02 Shakespears Globe Theatre wurde zum 300 Jahr<br />

Jubiläum endgültig wieder aufgebaut, nachdem es etliche<br />

Male zerstört worden war<br />

03 Die vielfältige Museumslandschaft erhält mit der<br />

Tate Modern einen weiteren Anziehungspunkt<br />

04 Auch <strong>das</strong> 2002 vom Londoner Architekten Norman<br />

Foster entworfene Rathaus von London steht an<br />

der Southbank.<br />

05 Zur Ausspannung <strong>für</strong> zwischendurch lädt die<br />

Uferpromenade ein, wo Veranstaltungen und Lokale<br />

<strong>für</strong> Abwechslung sorgen<br />

vom anderen ufer der themse<br />

SOUTHBANK Im April fokussierten sich die Kameras auf die royale Hochzeit des Jahres diesseits des<br />

Flusses. Kate Middleton und Prinz William gaben sich in der Westminster Abbey <strong>das</strong> Jawort. Nach dem<br />

Großereignis erweitert sich der Blick auf die andere Seite der Themse, der bunten Welt der Southbank.<br />

Eigentlich ist die Geschichte des rechten<br />

Flussufers alles andere als glamourös. Der<br />

Mittelpunkt der Politik fand seit jeher auf<br />

der anderen Seite seinen Repräsentationsort.<br />

Das Parlament, die Residenz des Premierministers<br />

- besser bekannt unter Downing<br />

Street Nr. 10, und der Sitz des<br />

Königshauses, der Buckingham Palace, sie<br />

alle befi nden sich am linken Ufer der<br />

Themse. The City of London hatte eben<br />

schon früh ihre eigenen Rechte. Jenseits<br />

des Flusses hingegen herrschte lange Ruhe.<br />

Die Häuser fädeln sich entlang enger kopfsteingepfl<br />

asteter Gassen, die so schmal sind,<br />

<strong>das</strong>s gerade mal ein Auto durchfahren<br />

kann. Jahre vor dem Milleniumswechsel<br />

wiegte sich <strong>das</strong> Viertel in stiller Ruhe. „Die<br />

Southbank war kein Ort, der in Reiseführern<br />

erwähnt wurde. Es war fi nster, die<br />

Straßenbeleuchtung schummrig, die Stimmung<br />

sogar leicht beklemmend und es waren<br />

kaum Leute auf der Straße“, beschreibt<br />

Monika Krzizala ihre Eindrücke aus ihren<br />

ersten Londonbesuchen. Sie kennt die<br />

Stadt schon seit ihrer Schulzeit. Nach wie<br />

vor fährt sie regelmäßig und begeistert immer<br />

wieder hin. Doch in den 1980er Jahren<br />

ignorierte <strong>das</strong> Stadtmarketing dieses<br />

Viertel an der Biegung der Themse völlig.<br />

Nicht zuletzt deswegen, weil es in den<br />

Jahrhunderten zuvor ein zwielichtiges<br />

Image erworben hatte. Bordelle und Spielhöllen<br />

in Form von Tierwettkämpfen wie<br />

dem „Bear baiting“, bei dem Kampfhunde<br />

auf einen krallen- und fangzahnlosen Bären<br />

gehetzt wurden, fanden hier ihre Unterkunft.<br />

Und da ist auch noch die Themse,<br />

die zeitweise weniger ein Fluss als eine<br />

Kloake war. Manche Sitzungen des Unterhauses<br />

in Westminster mussten vor der Kanalisierung<br />

unterbrochen werden, weil der<br />

Gestank nicht auszuhalten war. Doch auch<br />

Shakespeares Globe Thea-<br />

tre siedelte sich im 17.<br />

Jahrhundert hier an.<br />

Seine Geschichte ist eine<br />

durchaus durchwachsene.<br />

Wohl wirkte an dem Ort<br />

William Shakespeare<br />

höchstpersönlich als<br />

Schauspieler und Teilhaber,<br />

doch Vernichtung und<br />

Aufbau des Gebäudes wechselten einander<br />

ab. 1997, zum 300 Jahr Jubiläum, wurde es<br />

endgültig rekonstruiert.<br />

Glanz im neuen Jahrtausend<br />

Die Milleniumsfeierlichkeiten brachten einen<br />

Umschwung. „Die Southbank wurde<br />

zum offi ziellen Entwicklungsgebiet“, resümiert<br />

die jahrelange Londonliebhaberin<br />

Monika Krzizala, „<strong>das</strong> London Eye wurde<br />

aufgestellt, die Tate Modern ergänzt <strong>das</strong><br />

Museumsangebot und die Künstlerszene<br />

hat einen neuen Anziehungspunkt.“ Vom<br />

weltgrößten Riesenrad aus kann man ein<br />

Auge auf die Innenstadt werfen. Ein Sea<br />

Life Aquarium beherbergt etliche Meeresle-<br />

> Die Milleniumsfeierlichkeiten<br />

brachten den Umschwung.<br />

Der Bezirk wandelte sich zum<br />

vielbesuchten Ausgehviertel.<br />

Altes kontrastiert Neues. <<br />

bewesen, was auch gar nicht einmal so<br />

weit hergeholt ist. Schließlich ist die<br />

Themse ein Gezeitenfl uss, dessen Wasserstände<br />

durch die Nordsee ständig schwanken,<br />

<strong>das</strong> Wasser ist leicht brackig, weil salzhaltig.<br />

Von dem Tidenhub merkt man<br />

allerdings seit 1980 nur mehr wenig. In<br />

Woolwich Reach wurde ein Sperrwerk errichtet,<br />

um die schweren Flutwellen aus<br />

der Nordsee abzuwehren. Immer wieder<br />

gab es Katastrophen mit etlichen Toten. Mit<br />

der „Zähmung“ des marin beeinfl ussten<br />

Flusses konnten auch Schiffsanlegestellen<br />

eingerichtet werden, öffentliche Verkehrsmittel<br />

benutzen die Wasserstraße. Die so<br />

genannten Thames Clippers setzen als<br />

schnelle Bootsverbindungen die Menschen<br />

von Waterloo nach Greenwich über. Der<br />

> Die City of London<br />

hatte eben schon früh<br />

ihre eigenen Rechte.<br />

Jenseits des Flusses<br />

hingegen herrschte<br />

lange Ruhe. <<br />

Gabriels Wharf zieht mit seinen Bars, Cafés<br />

und Geschäften mit Blick aufs Wasser<br />

Schlenderer, Genießer und Schaulustige<br />

an. Der Bezirk wandelte sich von der vergessenen<br />

Seite im Schatten der pompösen<br />

Prunk-, Palast- und Politikszene zum vielbesuchten<br />

Ausgehviertel. Altes kontrastiert<br />

Neues. So gesellte sich zum traditionellen<br />

Old Vic Theatre <strong>das</strong> Young Vic als Veranstaltungsort<br />

<strong>für</strong> junge<br />

Talente hinzu. Etliche Galerien<br />

bringen zeitgenössische<br />

Kunst, es gibt ein<br />

Imax Kino neben dem BFI<br />

Southbank Filmcenter.<br />

„Wie lange habe ich früher<br />

nach bestimmten Orten<br />

gesucht“, erzählt Monika<br />

Krzizala, „nichts war<br />

angeschrieben, kein Wegweiser weit und<br />

breit.“ Davon kann heute keine Rede mehr<br />

sein. Individuell zusammengestellte Stadtrouten,<br />

die über soziale Netzwerke kommuniziert<br />

auf <strong>das</strong> Handy geladen werden<br />

können oder nach eigenen Vorlieben komponiert<br />

werden, sind die moderne Form<br />

der Reiseplanung. Längst spielt die Southbank<br />

Webadresse alle Stückeln der elektronischen<br />

Vermittlung.<br />

Hedonismus pur<br />

Die Qualität des <strong>urbane</strong>n Gewässers beginnt<br />

sich in sämtlichen Lebensbereichen<br />

durchzusetzen. Gern fällt in diesem Zusammenhang<br />

auch der Begriff Künstlerenklave.<br />

Das Savoir-vivre auf Englisch fi ndet immer<br />

mehr Anhänger. Schon sprießen die Festivals<br />

aus dem Boden. Von Juni bis September<br />

2011 spielt <strong>das</strong> Old Vic Theatre unter<br />

der Leitung von Kevin Spacey Shakespeares<br />

Richard III. Im Juli fi ndet <strong>das</strong> London<br />

Literatur Festival statt, ebenso <strong>das</strong> Vintage<br />

Festival. Und bis in den Herbst hinein<br />

spielt es sich zwischen Gabriel’s Wharf, Oxo<br />

Tower Wharf and Bernie Spain Gardens ordentlich<br />

ab: Straßentheater, Musik und<br />

Performances beleben die Flussufer. Da<br />

bräuchte es fast gar nicht mehr <strong>das</strong> 60-jährige<br />

Kronjubiläum von Queen Elisabeth.<br />

Aber so ist es doch dankbarer Anlassgeber<br />

<strong>für</strong> Veranstaltungen aller Art. Ob mit Familie<br />

oder mit Freunden, mit Kunstbesonnen<br />

oder Lebenskünstlern, <strong>das</strong> Angebot reicht<br />

von kulinarischen Höhepunkten bis zu diversen<br />

Wellnessaktionen. Dass London an<br />

der Themse liegt, lernt man wohl schon in<br />

der Schule, was <strong>das</strong> aber konkret bedeutet,<br />

musste auch die englische Metropole erst<br />

herausfi nden. ❙<br />

> Link<br />

www.southbanklondon.com


London <strong>city</strong> international | 17<br />

architektur <strong>für</strong> londons zukunft<br />

OLYMPIA 2012 Die in London entstehenden Bauten <strong>für</strong> die Sommerspiele sollen dauerhafte ökologische, aber<br />

auch infrastrukturelle und sozialpolitische Auswirkungen haben. Dazu kommt ein hoher architektonischer und<br />

künstlerischer Anspruch.<br />

London hat <strong>für</strong> <strong>das</strong> Jahr 2012<br />

Olympische Spiele der Nachhaltigkeit<br />

angekündigt. Die wenig<br />

später am selben Ort stattfi ndenden<br />

Paralympics sind bereits Teil<br />

dieser Nachhaltigkeit. Barrierefreiheit<br />

war demgemäß Voraussetzung.<br />

Aber nicht nur: Nachhaltigkeit<br />

heißt ganz unspektakulär<br />

auch, <strong>das</strong>s bestehende Infrastruktur<br />

genutzt und permanente Neubauten<br />

nur bei gesicherter<br />

Nachnutzung errichtet werden.<br />

Außer der Kernzone in East London<br />

sind also auch andere Schauplätze<br />

in <strong>das</strong> Konzept eingebunden<br />

– so etwa Wimbledon <strong>für</strong><br />

Tennis und Eton <strong>für</strong> Rudern.<br />

Konzept<br />

„One Planet Living“<br />

Für London geht es vor allem darum,<br />

die Lebensqualität im infrastrukturschwachen<br />

Lower Lee<br />

Valley dauerhaft zu steigern. Basierend<br />

auf dem Konzept „One<br />

Planet Living“ gründen sich die<br />

Planungen auf fünf Kernthemen,<br />

deren Berücksichtigung von einer<br />

unabhängigen Kommission überprüft<br />

wird: Minimierung von<br />

CO 2 -Emissionen, Müllvermeidung,<br />

Biodiversität – Habitats sollen<br />

erhalten bleiben und neue geschaffen<br />

werden –, Involvierung<br />

breiter Bevölkerungsschichten mit<br />

dem Ziel ethnischer und sozialer<br />

Vielfalt und schließlich die Propagierung<br />

eines nachhaltigen, gesunden<br />

Lebensstils.<br />

Den Bewohnern brachten die Planungen<br />

zunächst einmal eine<br />

Verbesserung der öffentlichen<br />

Verkehrsanbindung sowie ein<br />

Netz von Fuß- und Radwegen.<br />

Das neue Umspannwerk (Entwurf<br />

NORD architects), in dessen Ziegelmauern<br />

Vögel<br />

nisten sollen, wurde<br />

schon Ende 2009<br />

fertig, wenig später<br />

die von John Lyall<br />

Architects entworfene<br />

Kläranlage mit<br />

blau beleuchtetem<br />

Turm, Gründach<br />

und Fledermaushöhlen<br />

sowie ein<br />

vom Londoner Architekturbüro<br />

John<br />

McAslan & Partners<br />

geplantes Biomasse-<br />

Holzschnitzel-Heizwerk.<br />

Olympic Park auf ehemaligem<br />

Industriegelände<br />

Abgesichert durch einen hohen<br />

Bauzaun entstehen die olympischen<br />

Neubauten im 2,5 km² großen<br />

„Olympic Park“. Gemäß dem<br />

Masterplan der Architekten Allies<br />

& Morrison werden, an die große<br />

Tradition englischer Gärten anknüpfend,<br />

auf dem dekontaminierten<br />

früheren Industriegelände<br />

Wasserläufe gereinigt, mehr als<br />

4000 heimische Bäume gepfl anzt,<br />

Feuchtbiotope und Wildblumen-<br />

wiesen angelegt und damit, vor<br />

allem im Nordteil, Lebensräume<br />

<strong>für</strong> Amphibien, Reptilien, Vögel<br />

und Insekten geschaffen. Der<br />

Südteil wiederum sieht einer<br />

Nachnutzung mit Veranstaltungsfl<br />

ächen und Cafés entgegen. Für<br />

heftige Kontroversen im Park<br />

sorgt eine 115 m hohe rote Turm-<br />

Spirale, entworfen vom Turner-<br />

Preisträger Anish Kapoor und<br />

dank der Finanzierung durch den<br />

indischen Stahlmagnaten<br />

Lakshmi „ArcelorMittal Orbit“ genannt.<br />

Ansammlung von<br />

Spitzen architektur<br />

Der größte Bau im Park ist <strong>das</strong><br />

spinnenartig über dem Wasser sitzende,<br />

über fünf Fußgängerbrücken<br />

zugängliche Olympiastadion,<br />

entworfen von der Designergruppe<br />

Populous, gemeinsam mit<br />

dem englischen Architekten Peter<br />

Cook. Den 25.000 permanenten<br />

Plätzen des Stadions wurde eine<br />

temporäre leichte Stahlbetonkonstruktion<br />

mit weiteren 55.000<br />

Plätzen aufgesetzt. Das Brückensystem,<br />

<strong>das</strong> während der Spiele<br />

der Hauptzugang zum Park ist,<br />

bildet gleichzeitig einen Teil des<br />

Dachs des von Zaha Hadid entworfenen<br />

wellenförmigen Aquatics<br />

Centre. Der elegante holzverkleidete<br />

Bau des <strong>für</strong> die<br />

Kanu-Slalom-Bewerbe von FaulknerBrowns<br />

Architects geplanten<br />

„Lee Valley White Water Centre“<br />

wird bereits seit April genutzt.<br />

Weiter stehen im Park die Basketball<br />

Arena (Planung: Wilkinson<br />

Eyre / KSS Design<br />

Group), eine leichte,<br />

helle Fachwerkkonstruktion<br />

und mit<br />

12 000 Plätzen der<br />

drittgrößte Bau auf<br />

dem Gelände, die<br />

Handball Arena<br />

(Make Architects /<br />

PTW / Ove Arup),<br />

ein Quader mit kupferverkleidetem<br />

Stahlrahmen und natürlicher Belichtung<br />

über 88 Deckenöffnungen<br />

und <strong>das</strong> von Michael Hopkins<br />

Architects entworfene Velodrom<br />

mit emporschwingendem doppelt<br />

gewelltem Stahldach – so soll<br />

auch die nordwestenglische Stahlindustrie<br />

unterstützt werden.<br />

Für Nachnutzung<br />

ist gesorgt<br />

Großes Lob, auch von der Eminenz<br />

der britischen Architektur<br />

Lord Richard Rogers, kommt vor<br />

allem <strong>für</strong> <strong>das</strong> Stadion, während<br />

<strong>das</strong> Medienzentrum, eine gigantische<br />

Schachtel <strong>für</strong> 20 000 Journalisten<br />

und Catering-Zentrum <strong>für</strong><br />

täglich 50 000 Mahlzeiten, nicht<br />

nur von Anwohnern kritisch beurteilt<br />

wird. Sie äußern die Ver-<br />

mutung, <strong>das</strong>s sich die ersehnten<br />

Technologieunternehmen garantiert<br />

woanders ansiedeln würden,<br />

sollten deren Vertreter die trostlosen<br />

Räumlichkeiten sehen.<br />

Schließlich wurde als kosmetische<br />

Maßnahme die Außenhaut des<br />

Baus überarbeitet – mit einem<br />

Schachbrettmuster.<br />

Ob die Unternehmen nun kommen<br />

oder nicht – im Olympischen<br />

Dorf, <strong>das</strong> von mehreren Architekten<br />

in <strong>das</strong> Freiraumkonzept des<br />

Zürcher Büros Vogt Landschaftsarchitekten<br />

eingebettet wurde,<br />

stehen nach dem<br />

Auszug der 17.000<br />

Sportler, Trainer und<br />

Funktionäre 2.800<br />

neue Wohnungen,<br />

davon die Hälfte Sozialwohnungen,<br />

zur<br />

Verfügung, die auch<br />

von der Infrastruktur<br />

mit Läden, Restaurants<br />

und Poliklinik<br />

profitieren. Zur<br />

Wohnsiedlung gehört<br />

auch <strong>das</strong> von<br />

den Architekten Allford<br />

Hall Monaghan<br />

Morris geplante<br />

Schulzentrum<br />

„Chobham Academy“.<br />

Nicht zuletzt <strong>das</strong> wird <strong>für</strong><br />

ein lebendiges neues Stadtviertel<br />

sorgen. ❙<br />

+ + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE<br />

Im Vergleich zu London fühlte sich Wien in den ersten<br />

Monaten zu langsam an. Mit der Zeit realisierte<br />

ich aber, <strong>das</strong>s man in Wien in einer normalen,<br />

menschlichen Geschwindigkeit lebt und in London<br />

eine unnatürliche Geschwindigkeit herrscht. Es gibt<br />

zweifellos mehr Möglichkeiten im Bereich der Kultur<br />

in einer Stadt wie London, die Arbeits- und Lebensqualität<br />

ist in Wien aber ganz anders. In der<br />

Stadtentwicklung gibt es zwar Ähnlichkeiten, aber<br />

text I iris meder<br />

fotos/renderings I London 2012<br />

01 + 02 Aquatic Center <strong>für</strong><br />

Olympia 2012<br />

03 + 04 Velodrome<br />

05 Handballarena<br />

auch große Unterschiede. Und ich<br />

hoffe sehr, <strong>das</strong>s gerade diese Unterschiede<br />

bleiben.<br />

Jasper Sharp ist Kunsthistoriker<br />

und Kurator. Nach London, Venedig<br />

und New York lebt er seit 2006 in<br />

Wien, wo er als Kurator <strong>für</strong> Moderne und Zeitgenössische<br />

Kunst im Kunsthistorischen Museum arbeitet<br />

Foto: Archiv


18<br />

<strong>city</strong><br />

| <strong>city</strong> talk Zusatz<br />

design<br />

text I barbara jahn<br />

fotos I hersteller<br />

Aus der Feder von Barber & Osgerby stammen<br />

der Kleiderständer „Saturn <strong>für</strong>“ Classicon und<br />

der Stuhl „Tip Ton“ <strong>für</strong> Vitra.<br />

Terence Conran kennt beinahe jeder. Tom<br />

Dixon auch. Von Tricia Guild gar nicht erst<br />

zu reden. Diese Namen sind jedem designsinnigen<br />

Ohr geläufi g. Zwangsläufi g reduziert<br />

sich die britische Gestaltungslandschaft<br />

auf ein paar Stars, die dem britischen<br />

Design auf die Sprünge geholfen haben,<br />

denn sie haben es geschafft die Blümchen-<br />

Tapete salonfähig zu machen, den Chesterfi<br />

eld-Stil an <strong>das</strong> dritte Jahrtausend anzupassen<br />

und mit einem Schuss Ironie die<br />

Kreativszene auf der Insel aufzumischen.<br />

London leistet sich sogar ein eigenes Design-Museum,<br />

ein eindeutiger Beweis da<strong>für</strong>,<br />

<strong>das</strong>s hinter den altehrwürdigen Mauern<br />

der Docks und Wharfs entlang der<br />

Themse mehr kreatives Potenzial stecken<br />

muss, als der Durchschnittverbraucher<br />

überhaupt erahnen kann. Und es ist ziemlich<br />

wahrscheinlich, <strong>das</strong>s gerade dieser<br />

auch schon ein Stück „besessen“, „begriffen“<br />

oder in Augenschein genommen hat,<br />

auf dessen Etikett nicht gerade Namen wie<br />

Conran, Dixon oder Guild stehen.<br />

Zwei Strategien – ein Weg<br />

Ganz egal, was auf sie auch zukommt, die<br />

beiden packen´s an: Luke Pearson und Tom<br />

Lloyd sind seit 1997 mit ihrem eigenen und<br />

unter anderem auch preisgekrönten Londoner<br />

Designstudio unterwegs zu neuen<br />

Herausforderungen. Eigentlich ist es genau<br />

umgekehrt, denn die Herausforderungen<br />

kommen zu ihnen. Ihr Repertoire reicht<br />

von der Gestaltung von Möbeln, Leuchten<br />

und Gebrauchsgegenständen bis hin zu<br />

Konzepten <strong>für</strong> Interieurs und öffentliche<br />

Plätze, vieles davon wurde mit den höchsten<br />

Designauszeichnungen belohnt. Und<br />

die Namen ihrer Auftraggeber können sich<br />

ebenfalls sehen lassen, denn sie heißen Artemide,<br />

Bene, Classicon, Fritz Hansen,<br />

Knoll International, Lufthansa, Walter<br />

Knoll oder Virgin Airlines. Das Erfolgsgeheimnis<br />

dieser harmonischen „Design-Ehe“<br />

liegt wohl in der speziellen Art, wie die beiden<br />

miteinander umgehen – in ihrer Herangehensweise<br />

völlig unterschiedlich, ergänzen<br />

sie einander perfekt und pfl egen<br />

den intensiven Dialog und die tiefe Auseinandersetzung<br />

mit den Aufgaben, die auf sie<br />

zukommen. Arbeitsteilung halten die beiden<br />

<strong>für</strong> nicht sinnvoll, zu sehr schätzen sie<br />

PearsonLloyd entwarfen unter anderem den Stuhl „Lox“ <strong>für</strong> Walter Knoll,<br />

den Sessel „Eleven“ <strong>für</strong> Alias und <strong>das</strong> System „Parcs“ <strong>für</strong> Bene (v.l.n.r.).<br />

die Inputs und die Kritik des anderen. „Wir<br />

mögen die Komplexität von Beziehungen,<br />

die Komplexität der Produktion und die<br />

Komplexität der Branchen“, sagt Tom<br />

Lloyd, der Möbeldesign in Nottingham und<br />

Industriedesign am Royal College of Art<br />

studierte. Dort lernte er sein späteres Alter<br />

Ego Luke Pearson kennen, der <strong>das</strong> Fach<br />

Möbeldesign belegt hatte und Industriedesign<br />

am Central Saint Martins College<br />

of Art ebenfalls mit dem Master<br />

abschloss. Dem Royal College<br />

of Art in London sind beide bis<br />

heute treu geblieben, als<br />

Gastdozenten. Wie Tom<br />

Lloyd ist auch Luke Pearson<br />

davon überzeugt, <strong>das</strong>s<br />

sich die Disziplinen Industrie-,<br />

Möbel- und Produktdesign<br />

intelligent miteinander<br />

verknüpfen<br />

lassen: „Einer der interessantesten<br />

und zugleich wichtigsten<br />

Aspekte im Designprozess<br />

ist immer die Augen offen<br />

zu halten und ständig neue Informationen<br />

zu sammeln. Man sollte nie<br />

davon ausgehen, <strong>das</strong>s man bereits alles erfasst<br />

hat.“<br />

Zwei Namen – ein Gedanke<br />

Wie fruchtbar müssen die Neunziger Jahre<br />

am Royal College of Art in London gewesen<br />

sein? Denn auch Edward Barber and<br />

Jay Osgerby machten dort beide ihren Abschluss.<br />

Allerdings in Architektur und Innenarchitektur.<br />

Doch die Brücke zum Design<br />

war bald geschlagen: Schon bei ihren<br />

Diplomarbeiten setzten sie sich<br />

mit dem großen Thema Design<br />

auseinander. Noch<br />

intensiver dann danach,<br />

als sie immer<br />

wieder versucht<br />

haben, die<br />

richtigen Objekte<br />

<strong>für</strong> die<br />

von ihnen gestalteten<br />

Räume zu<br />

finden. Das stellte<br />

sich jedes Mal als sehr<br />

schwierig heraus, und so<br />

begannen sie, die <strong>für</strong> sie „richtigen“<br />

Möbel einfach selber zu entwerfen.<br />

Begonnen hat alles ebenfalls 1997, als auf<br />

der „100 % Design“ ihr Tisch „Loop“ entdeckt<br />

wurde, der Teil eines Restaurantprojektes<br />

gewesen war. Niemand geringerer als<br />

der italienische Design-Zampano Giulio<br />

Cappellini war von dem mit spartanischem<br />

Surrounding präsentierten Tisch dermaßen<br />

fasziniert, <strong>das</strong>s er ihn sofort produzieren<br />

wollte. Jasper Morrison ist Zeuge. In der<br />

Zwischenzeit gehören auch sie zu den ge-<br />

mister, master, musterknaben<br />

KREATIVES LONDON Briten ticken manchmal anders. Ja. Aber sie lachen nicht nur im Keller und stricken<br />

dabei Design <strong>für</strong> Backyard-Architektur. Man muss nicht zweimal hinsehen, um die wahren Qualitäten<br />

der britischen Designer herauszufi nden und um zu verstehen, wie gut sie eigentlich wirklich sind.<br />

fragtesten zeitgenössischen Designern.<br />

Auch sie lassen sich aber nicht in eine bestimmte<br />

Schablone quetschen, sondern<br />

verstehen sich viel mehr als Schnittstelle<br />

von Industriedesign, Möbeldesign und Architektur.<br />

Eine Qualität, die neben Cappellini<br />

auch Vitra, Classicon, Established &<br />

Sons, Flos und Venini, aber auch Stella Mc-<br />

Cartney, H&M, Paul Smith und Damien<br />

Hirst erkannten, <strong>für</strong> die die beiden<br />

Designer unter dem Label Universal<br />

Design Studio ihre Architekturprojekte<br />

durchzogen. Der<br />

Name BarberOsgerby hingegen<br />

ist und bleibt ausschließlich<br />

dem Design<br />

vorbehalten. Man soll die<br />

Dinge eben nie unnötig<br />

miteinander vermischen.<br />

Ein Mann –<br />

viele Talente<br />

Der geborene Londoner Michael<br />

Sodeau studierte Produktdesign<br />

am Central Saint<br />

Martins College of Art & Design,<br />

wo er 1994 graduierte. Er war ein<br />

Gründungsmitglied von Infl ate, und auch<br />

er startete schließlich 1997 mit seinem eigenen<br />

Designstudio „Michael Sodeau Partnership“<br />

voll durch. Und er konnte durch<br />

sein Multitalent viele Hersteller <strong>für</strong> sich gewinnen,<br />

darunter Abet, Architectural Lighting,<br />

Asplund, Gervasoni, Isokon Plus,<br />

Liv‘it, Magis und Modus sowie Offecct, Royal<br />

Doulton, SCP, Swedese, Tronconi, Thonet<br />

Vienna und Wedgwood. Doch <strong>das</strong> ist<br />

<strong>für</strong> ihn noch immer nicht genug Arbeit:<br />

Michael Sodeau kuratiert Ausstellungen<br />

in Großbritannien<br />

und den großen<br />

Eines der bekanntesten<br />

Produkte von Michael Sodeau (o.)<br />

ist der Drehstuhl „Oyster“<br />

<strong>für</strong> Offecct.<br />

Städten der ganzen<br />

Welt, gestaltet<br />

Messestände,<br />

entwirft Restaurants<br />

und<br />

Geschäfte und<br />

entwickelt Markenidentitäten,<br />

Grafi ken und Web-<br />

Design. Daneben blieb<br />

ihm sogar noch ein bisschen<br />

Zeit, ein Buch mit dem Titel<br />

„Once upon a line“ zu verfassen und da<strong>für</strong><br />

zu sorgen, <strong>das</strong>s einige seiner Entwürfe in<br />

der ständigen Sammlung des „Victoria &<br />

Albert Museums“ zu sehen sind.<br />

Ganz ehrlich? Es gibt etwas, was diese Herren<br />

so sympathisch macht. Sie schreien<br />

nicht am lautesten, wenn es darum geht,<br />

einen Auftrag zu ergattern. Sie blühen fast<br />

im Verborgenen und sind trotzdem präsenter<br />

als so manch anderer. Echte Gentlemen<br />

eben. ❙<br />

> Infos<br />

www.barberosgerby.com<br />

www.michaelsodeau.com<br />

www.pearsonlloyd.com


„Dune“ von Rainer Mutsch <strong>für</strong> Eternit<br />

schmankerl zum aperitivo<br />

KREATIVES ÖSTERREICH Die Ausstellung „Design Vision Austria“ während des „Salone Internazionale del<br />

Mobile 2011“ ließ vergessen, <strong>das</strong>s zwischen Wien und dem Designmekka Mailand 800 Kilometer liegen. Österreich<br />

mischt mit in der internationalen Designszene. Und zwar ordentlich.<br />

Der Deutsche Rat <strong>für</strong> Formgebung,<br />

junges Design aus Polen<br />

und Serbien, aus Israel und aus<br />

Belgien – sie alle präsentierten<br />

sich im Rahmen des Fuori Salone<br />

in Mailand in den heruntergekommenen<br />

ehemaligen Fabriksgebäuden,<br />

die diesen<br />

unbestechlichen<br />

Bohemien-<br />

Charme haben.<br />

Eine Art nationaleMikrodörfer,<br />

die scheinbar<br />

zur Tradition<br />

werden.<br />

In der Via Bugatti,<br />

einer<br />

eher unscheinbarenSeitengasse<br />

der pulsierenden<br />

Via Tortona,<br />

sprach man österreichisch<br />

und zwar auf die<br />

ganz besondere Art. Die Austrian<br />

Design Party war nur der<br />

Auftakt einer glanzvollen Ausstellungswoche<br />

österreichischer<br />

Gestaltungstradition, an der Unternehmen<br />

genauso teilnahmen<br />

wie Designer und internationale<br />

Kreative, die mit einheimischen<br />

Institutionen eng zusammenarbeiten.<br />

So reihte sich etwa<br />

Pearson Lloyds Bürokonzept<br />

„Parcs“ von<br />

Bene an Wolfgang<br />

Joops Hochlehner<br />

„Harlem“ <strong>für</strong> die<br />

Neue Wiener<br />

Werkstätte, die<br />

Kommode<br />

„Mrs. Robinson“<br />

von Pudelskern<br />

nahm<br />

neben der Neuaufl<br />

age des Universalmöbels<br />

„Enzi“ von MN*LS<br />

und PPAG Platz. Während<br />

Sitzmöbel „Dune“<br />

von Rainer Mutsch und<br />

Pfl anzgefäß „DuneCubik S“ von<br />

Martin Mostböck – beide aus<br />

Eternit – die Gesellschaft von Philipp<br />

Brunis „Pinocchio“ <strong>für</strong> die<br />

Porzellanmanufaktur Augarten<br />

spannend fanden, hielt die Möbelgruppe<br />

High-Tech Low-Tech<br />

Furniture des Designduos Walking<br />

Chair neben der Serie<br />

„Vindobona“ von Claesson Koivisto<br />

Rune ein Pläuschchen mit<br />

Thomas Feichtners „Vienna Teapot“,<br />

allesamt Kreationen <strong>für</strong> die<br />

Wiener Silber Manufaktur. Kurz<br />

und gut: Eine echt gute Melange.<br />

Schluss mit<br />

Fußstapfen-Treten<br />

Es liegt nicht nur an der gemeinsamen<br />

Landesgrenze, <strong>das</strong>s sich<br />

Österreich mit Italien stark verbunden<br />

fühlt. Es ist <strong>das</strong> Fingerspitzengefühl<br />

<strong>für</strong> Formge-<br />

„Pinocchio“ von<br />

Philipp Bruni <strong>für</strong> Augarten<br />

bung, wie es in einem<br />

Objekt von Lobmeyr<br />

Ausdruck findet,<br />

selbst wenn dieses<br />

nicht funkelt und<br />

glitzert, sondern als<br />

nüchterner Basket<br />

von Marco Dessi<br />

von der Decke<br />

hängt und trotzdem<br />

ebenso glänzt. Das<br />

Feinsinnige findet<br />

man aber auch in der<br />

hauchdünnen Glasserie<br />

von Monica Singer oder<br />

im „One Crystal Chandelier“ von<br />

Thomas Feichtner, die nicht nur<br />

die Marke Lobmeyr, sondern ihre<br />

ganze Umgebung zum Strahlen<br />

bringen. Ebenso viel Sensibilität<br />

erfordern auch Kooperationen<br />

mit Augarten und der Silbermanufaktur,<br />

die beide ihren Traditionen<br />

stark verpflichtet<br />

sind. Da können Produzenten<br />

wie Team 7<br />

oder Bene wesentlich<br />

entspannter<br />

„Harlem“ von Wolfgang Joop<br />

<strong>für</strong> Neue Wiener Werkstätte<br />

sein: Sie sind<br />

zwar auch stolze<br />

Österreicher,<br />

aber bei Weitem<br />

flexibler, was<br />

die historische<br />

Verpfl ichtung<br />

angeht. Nichtsdestotrotz<br />

werden<br />

auch hier die Designer<br />

sorgfältigst aus-<br />

gewählt. Schließlich<br />

hat man viel zu verlieren:<br />

Österreich hat sich endlich<br />

aus dem Erbe Josef Hoffmanns<br />

und der Wiener Werkstätte befreit<br />

und bewegt sich – dank ambitioniertem<br />

und talentiertem<br />

Nachwuchses – selbstbewusst<br />

über <strong>das</strong> internationale Design-<br />

Parkett. Erlesen und – Verzeihung<br />

– fast aristokratisch. Doch<br />

Aristokratie ist längst Geschichte,<br />

wenn auch die Affi nität zum<br />

Glanz alter Zeiten da und dort<br />

noch immer ein wenig durchblitzen<br />

darf.<br />

Wirtschaftsfaktor Design<br />

Längst hat man auch in Österreich<br />

erkannt, <strong>das</strong>s man aus guter<br />

Gestaltung Potenzial gewinnen<br />

kann. Während man <strong>für</strong> den Tourismus<br />

immer noch alles Mögliche<br />

unter die schützende Glasglocke<br />

stellt, durchdringen junge,<br />

neue Ansätze den Alltag, die eine<br />

gewisse Würze und Frische spüren<br />

lassen. Um <strong>das</strong> auch nach außen<br />

zu tragen, durften sich die so<br />

genannten „Österreicher“ heuer<br />

bereits zum zweiten Mal im Rahmen<br />

eines Benchmark-Events<br />

präsentieren. Veranstaltet wurde<br />

die Inszenierung heimischen<br />

Könnens von der Außenwirtschaft<br />

Österreich (AWO)<br />

im Rahmen einer Initiative<br />

von Wirtschaftsministerium,Wirtschaftskammer<br />

und in Kooperation<br />

mit der Österreichischen<br />

Möbelindustrie<br />

und Wien Products.<br />

„Altes<br />

Handwerk und<br />

neues Design verbinden<br />

sich hier zu<br />

einer spezifi sch österreichischen,<br />

sehr qualitätsorientierten<br />

Form von<br />

Produktkultur“, erklärt AWO-<br />

Abteilungsleiter Walter Koren.<br />

Aufstieg zur Design-Nation<br />

In Mailand hat es sich nun einmal<br />

mehr herumgesprochen:<br />

„Möbel ,Made in Austria‘ stehen<br />

<strong>für</strong> die Verbindung von handwerklichen<br />

Traditionen, spannendem<br />

Design und industrieller<br />

Präzision. Dadurch ist eine hohe<br />

Qualität der Produkte gewährleistet“,<br />

heißt es von Seiten der Österreichischen<br />

Möbelindustrie,<br />

die sich mit dem fulminanten Erfolg<br />

des Events sehr zufrieden<br />

zeigt. Schließlich leistet die Veranstaltung<br />

einen weiteren wichtigen<br />

Beitrag <strong>für</strong> die internationale<br />

Anerkennung des Designlandes<br />

Österreich, <strong>das</strong> viel zu lange unterbewertet<br />

war und endlich –<br />

dank potenter und vor allem<br />

ernsthafter Initiativen - wieder<br />

verstärkt wahrgenommen wird.<br />

Zudem ist gerade Italien nach<br />

Deutschland Österreichs zweitwichtigster<br />

Exportmarkt. Was in<br />

den letzten Jahren gesät wurde,<br />

kann nun also endlich geerntet<br />

„Vienet“ von Copa<br />

werden, denn die wirtschaftlicheBedeutung<br />

des Designs<br />

in Österreich<br />

hat sich<br />

durch<br />

diese<br />

überaus<br />

positive<br />

Entwick- „Drawing Lamp“ von Thomas Feichtner<br />

lung stark gewandelt.ÖsterreichsMöbelhersteller<br />

haben erkannt, <strong>das</strong>s<br />

die Positionierung durch ein starkes<br />

Design ein ausschlaggebender<br />

Faktor <strong>für</strong> den differenzierten<br />

Marktauftritt und den internationalen<br />

Erfolg ist. Zahlreiche<br />

internationale<br />

Designauszeichnungen<br />

sind schließlich<br />

der endgültige Beweis<br />

da<strong>für</strong>. ❙<br />

„Basket“ von Marco Dessi <strong>für</strong> Lobmeyr<br />

> Links<br />

www.cosmit.it<br />

www.wko.at/awo<br />

www.wittmann.at<br />

Streifl icht<br />

Kaum zu glauben, aber wahr:<br />

Beim größten und wichtigsten Möbelsalon<br />

mischte sich lediglich ein einziges<br />

österreichisches Unternehmen in den<br />

bunten, international hochkarätig<br />

besetzten Designreigen:<br />

Wittmann. So<br />

ernüchternd dieses Faktum<br />

auch klingen<br />

mag, so eupho-<br />

risch kann man<br />

dem tra di tionsreichen Familienunternehmen<br />

nur gratulieren.<br />

Mut? Nein, Mut erfordert <strong>das</strong> wahrhaft<br />

nicht. Schon gar nicht, wenn man Jean<br />

Nouvel „im Gepäck“ hat. Dessen neue<br />

Möbelkollektion „Vienna“, in Wien erst-<br />

<strong>city</strong> design | 19<br />

„Mrs. Robinson“ von Pudelskern<br />

text I barbara jahn<br />

fotos I niels stoltenborg,<br />

hersteller / designer<br />

mals der Öffentlichkeit präsentiert, liegt<br />

mit ihrer unpräten tiösen Art ganz im<br />

Trend. Geradlinig, souverän, zurückhaltend<br />

und vor allem auch in der neuen<br />

viel gesichteten Trendfarbe Grau setzt<br />

sie den Menschen, der darauf Platz<br />

nimmt, in Szene. Und nicht<br />

„Vienna“ von<br />

Jean Nouvel <strong>für</strong> Wittmann<br />

umgekehrt. Damit bleibt Nouvel seinen<br />

eigenen Prinzipien treu und lässt <strong>das</strong><br />

Möbel <strong>das</strong> sein, was es sein soll:<br />

ehrlich.


<strong>city</strong> events<br />

Bis 26. 8. 2011<br />

Ausstellung<br />

Wienbibliothek<br />

„Die Vermessung Wiens“ präsentiert<br />

Lehmanns Adressbücher von 1859 bis<br />

1942 – die Vorläufer heutiger Branchenplattformen.<br />

Wienbibliothek im Rathaus,<br />

Lichtenfelsgasse 2, 1010 Wien<br />

www.wienbibliothek.at<br />

Bis 28. 8. 2011<br />

Kinder<br />

ZOOM Kindermuseum<br />

Meer, Eissalon & Co.: Das Kindermuseum<br />

lädt zur Mitmachausstellung<br />

„Die großen Ferien“.<br />

ZOOM Kindermuseum,<br />

Museumsplatz 1, 1070 Wien<br />

www.kindermuseum.at<br />

Bis 20. 9. 2011<br />

Ausstellung<br />

LIECHTENSTEIN MUSEUM<br />

Meisterwerke europäischer Malerei<br />

aus der Hohenbuchau Collection:<br />

„Brueghel, Rubens, Jordaens...“.<br />

LIECHTENSTEIN MUSEUM,<br />

Fürstengasse 1, 1090 Wien<br />

www.liechtensteinmuseum.at<br />

Bis 26. 9. 2011<br />

Ausstelllung<br />

Österreichisches<br />

Theatermuseum<br />

Die Schau „Ungezähmte Natur“ stellt<br />

Bühnenbilder aus drei Jahrhunderten<br />

in den Blickpunkt.<br />

Österreichisches Theatermuseum,<br />

Lobkowitzplatz 2, 1010 Wien<br />

www.khm.at/oetm<br />

Bis 30. 9. 2011<br />

Sommerbühne<br />

Theater am Spittelberg<br />

Die Sommerbühne lockt mit Musik,<br />

Theater, Kabarett, Kleinkunst und einem<br />

Familienprogramm.<br />

Theater am Spittelberg,<br />

Spittelberggasse 10, 1070 Wien<br />

www.theateramspittelberg.at<br />

Bis 2. 10. 2011<br />

Ausstellung<br />

Albertina<br />

„Die Explosion der Bilderwelt“ beleuchtet<br />

die Anfangszeit der österreichischen<br />

Fotografi e.<br />

Albertina,<br />

Albertinaplatz 1, 1010 Wien<br />

www.albertina.at<br />

Bis 2. 10. 2011<br />

Ausstellung<br />

Minoritenkirche<br />

„Leonardo da Vinci: Mensch – Künstler<br />

– Genie“ zeigt Repliken seiner bedeutendsten<br />

Werke.<br />

Minoritenkirche,<br />

Minoritenplatz 2a, 1010 Wien<br />

www.ticketorder.at<br />

Bis 3. 10. 2011<br />

Ausstellung<br />

Leopold Museum<br />

Rund 200 Fotografi en aus drei Jahrhunderten<br />

präsentiert die Schau<br />

„Magie des Objekts“.<br />

Leopold Museum,<br />

Museumsplatz 1, 1070 Wien<br />

www.leopoldmuseum.org<br />

Bis 16. 10. 2011<br />

Ausstellung<br />

Kunsthistorisches Museum<br />

„Götter, Menschen und <strong>das</strong> Geld der<br />

Griechen“ zeigt Glanzstücke der griechischen<br />

Münzprägung.<br />

Kunsthistorisches Museum,<br />

Maria Theresien-Platz, 1010 Wien<br />

www.khm.at<br />

Bis 16. 10. 2011<br />

Ausstellung<br />

Künstlerhaus<br />

„Beziehungsarbeit – Kunst und Institution“<br />

bringt Themenbeispiele aus<br />

den letzten vier Jahrzehnten.<br />

Künstlerhaus,<br />

Karlsplatz 5, 1010 Wien<br />

www.k-haus.at<br />

Bis 30. 10. 2011<br />

Ausstellung<br />

MAK<br />

„Industriemöbel – Prototypen der<br />

Moderne“ ein kaum beachtetes<br />

Phänomen der Designgeschichte.<br />

MAK, Stubenring 5<br />

1010 Wien<br />

www.mak.at<br />

Juli & August 2011<br />

(jeden Fr & Sa)<br />

Filmfestival<br />

MuseumsQuartier<br />

Das Filmfestival „frame[o]ut“ zeigt<br />

europäische Spiel- und Dokumentarfi<br />

lme sowie neue fi lmische Formen.<br />

MuseumsQuartier,<br />

Museumsplatz 1, 1070 Wien<br />

www.mqw.at<br />

6. 7. bis 28. 9. 2011<br />

Ausstellung<br />

Jüdisches Museum Wien<br />

Sport steht im Zentrum von<br />

„Achtung! Fertig!! Los!!! Jüdischer<br />

Sport = Maccabi-Games“.<br />

Museum Judenplatz,<br />

Judenplatz 8, 1010 Wien<br />

www.jmw.at<br />

7. 7. bis 6. 11. 2011<br />

Ausstellung<br />

KUNST HAUS WIEN<br />

Zum 20-jährigen Jubiläum gibt’s die<br />

Schau „Hundertwasser – Die Kunst<br />

des grünen Weges“.<br />

KUNST HAUS WIEN, Untere<br />

Weißgerberstraße 13, 1030 Wien<br />

www.kunsthauswien.com<br />

29. 7. bis 15. 8. 2011<br />

Festival<br />

Afrika Tage Wien<br />

Mit Bazar, Kunsthandwerk, Workshops,<br />

Trommeln und viel Musik, u.<br />

a. mit Marla Glen & Band.<br />

Donauinsel,<br />

Floridsdorfer Brücke, 1210 Wien<br />

www.afrika-tage.at<br />

10. 9. 2011 bis 8. 1. 2012<br />

Ausstellung<br />

MUMOK<br />

Die Neupräsentation der Sammlung<br />

auf allen Ebenen des MUMOK trägt<br />

den Titel „Museum der Wünsche“.<br />

MUMOK,<br />

Museumsplatz 1, 1070 Wien<br />

www.mumok.at<br />

14. bis 18. 9. 2011<br />

Modewoche<br />

MuseumsQuartier<br />

Zum dritten Mal fi ndet die<br />

„MQ Vienna Fashion Week“ statt –<br />

mit opulenten Fashionshows.<br />

MuseumsQuartier,<br />

Museumsplatz 1, 1070 Wien<br />

www.mqw.at<br />

Ab 15. 9. 2011<br />

Musical<br />

Ronacher<br />

Die Wiener Fassung von „Sister Act“<br />

startet – mit dabei sind Ana Milva<br />

Gomes, Drew Sarich, u. a.<br />

Ronacher,<br />

Seilerstätte 9, 1010 Wien<br />

www.vbw.at<br />

21. 9. 2011 bis 22. 1. 2012<br />

Ausstellung<br />

Hofmobiliendepot<br />

„Intime Zeugen. Vom Waschtisch zum<br />

Badezimmer“ präsentiert die Geschichte<br />

der Körperhygiene.<br />

Hofmobiliendepot •<br />

Möbel Museum Wien,<br />

Andreasgasse 7, 1070 Wien<br />

www.hofmobiliendepot.at<br />

20. 10. bis 2. 11. 2011<br />

Filmfestival<br />

Viennale<br />

Österreichs größtes Filmevent fi ndet<br />

heuer zum 49. Mal statt und bietet<br />

jede Menge Highlights.<br />

Mehrere Kinos in der Innenstadt<br />

1010 Wien & 1030 Wien<br />

www.viennale.at<br />

Foto: Yuri Palmin Foto: Merlingroup<br />

bis 09.10.<br />

seit 01.04.<br />

Das traditionsreiche Wachsfi gurenkabinett Madame Tussauds hat am<br />

01. April 2011 am Riesenradplatz des Wiener Praters seine Pforten<br />

geöffnet. Unter die gesamt 65 Wachsfi guren reihen sich 27 österreichische<br />

Prominente aus den Bereichen Film, Fernsehen, Sport, Politik,<br />

Musik und Geschichte, die <strong>das</strong> Land auf außergewöhnliche Art und Weise<br />

geprägt haben. Realistische Kopien prominenter Persönlichkeiten fi nden sich in<br />

speziell erschaffenen interaktiven Kulissen wieder, die in der neuen Wiener Attraktion<br />

einen besonderen Stellenwert einnehmen. Wien ist damit der weltweit<br />

12. Standort neben Städten wie London, wo Marie Tussaud im späten 18. Jahrhundert<br />

beauftragt wurde, Totenmasken von hingerichteten Aristokraten anzufertigen.1884<br />

entstand <strong>das</strong> erste Museum an der Marylebone Road.<br />

Öffnungszeiten im Wiener Prater sind täglich von 10:00 bis 18:00.<br />

Infos: www.madametussauds.com/wien<br />

Wie kein zweiter Künstler des 19. Jahrhunderts prägte Hans Makart<br />

eine Ära, zu deren Symbol er aufstieg und die als „Makart-<br />

Zeit“ Eingang in die Geschichte fand. Dem österreichischen „Maler<strong>für</strong>sten“<br />

sind in Wien zwei Ausstellungen gewidmet, die den<br />

Mythos Makart umfassend präsentieren: Das Wien Museum zeigt im Künstlerhaus<br />

bis 16. Oktober „Makart. Ein Künstler regiert die Stadt“. Im Mittelpunkt<br />

stehen die vielfältigen Beziehungen zwischen Künstler, Stadt und Gesellschaft.<br />

Neben Hauptwerken aus eigenem Bestand stehen in der Schau hochkarätige<br />

Leihgaben im Mittelpunkt. So etwa vier Gemälde aus Makarts Bilderzyklus zum<br />

„Ring des Nibelungen“, die erstmals seit ihrer Erstpräsentation 1883 wieder in<br />

Wien vereint zu sehen sind. Einen Höhepunkt bilden Originalexponate des Huldigungsfestzuges<br />

<strong>für</strong> <strong>das</strong> Kaiserpaar von 1879, den Makart als Großevent künstlerisch<br />

gestaltet hat und bei dem ganz Wien auf den Beinen war. Weiters sind Interieurs<br />

und Mode aus der Makart-Zeit zu sehen. Das Untere Belvedere präsentiert bis 9. Oktober mit<br />

„Makart. Maler der Sinne“ die zweite Ausstellung, die sich mit dem berühmten Künstler befasst.<br />

www.wienmuseum.at, www.belvedere.at<br />

bis 03.10.<br />

Wildwüchsiger Immobilienboom, kitschige Oligarchen-Paläste,<br />

Prunkbauten in Anlehnung an westliche Standards inmitten<br />

von Plattenbauten zählen zum heutigen Stadt- und Landschaftsbild<br />

Russlands. Doch dagegen regt sich auch Widerstand. Alexander<br />

Brodsky ist die herausragende Figur einer künstlerischen und architektonischen<br />

Position, die sich dem Mainstream verweigert. Das Architekturzentrum<br />

Wien zeigt bis 3. Oktober eine Schau über den Querdenker: „It still amazes me<br />

that I became an architect“ präsentiert <strong>das</strong> „andere Moskau“, <strong>das</strong> in Kontrast zur<br />

Entwicklung Russlands steht. In seinen Projekten, die von klarer Einfachheit und<br />

theatralischer Stärke geprägt sind, verbindet Brodsky oft scharfe Kritik am System<br />

mit feiner Ironie. Für <strong>das</strong> Az W hat er eine die Ausstellungshalle einnehmende<br />

„Total-Installation“ verwirklicht, die den Besucher in ihren Bann zieht –<br />

der Tag wird zur Nacht, die Dimensionen von Raum und Zeit scheinen sich aufzulösen, während man durch<br />

eine künstlich geschaffene archäologische Wunderkammer schreitet. Wieder ans Tageslicht zurückgekehrt, gewährt<br />

eine Auswahl an realisierten Projekten Einblicke in Brodskys architektonisches Schaffen. www.azw.at<br />

bis 23.10.<br />

Schmelzende Uhren und endlos weite, in kühlen Sonnenschein getauchte<br />

Landschaften: Das ist <strong>das</strong> Erkennungsmerkmal von Salvador Dalí. Die<br />

Kunsthalle Wien widmet dem bedeutenden Künstler die Ausstellung „Le<br />

Surréalisme, c’est moi!“ (bis 23. Oktober). Bis in die Gegenwart üben<br />

sein Schaffen, seine experimentellen Filme sowie sein unverkennbarer Malstil<br />

inspirierende Faszination auf Künstler aus. In der Schau werden die Gemälde,<br />

Zeichnungen und Skulpturen von Dalí gemeinsam mit den jüngeren Werken<br />

von Louise Bourgeois, Glenn Brown, Markus Schinwald und Francesco Vezzoli<br />

gezeigt. Zentrale inhaltliche Anknüpfungspunkte sind die psychoanalytische<br />

Bildwelt des Unbewussten und der Träume, die Tradition und Technik der Malerei<br />

und der Darstellung des Körpers, die Inszenierung von Räumen und die<br />

Überschreitung der Grenzen zwischen Kunst, Film und Design sowie <strong>das</strong> Verhältnis<br />

zur Massenkultur. Die Ausstellung möchte die innovativen Impulse, die von Salvador Dalí ausgegangen<br />

sind, und die visionären, oftmals verkannten Aspekte seines provokativen und kontroversiell wahrgenommenen<br />

Schaffens neu akzentuieren. www.kunsthallewien.at<br />

Klein, aber fein<br />

Wien ist längst eine Reise wert, wenn es um zeitgenössische Architektur<br />

geht. Außerdem sind in den letzten Jahren einige spannende<br />

Projekte der Landschaftsarchitektur entstanden: Die Autoren Dagmar<br />

Grimm-Pretner und Peter Zöch führen in diesem Wien-Begleiter<br />

kompetent durch neue Plätze im historischen Kontext (Liechtensteinpark,<br />

Schloss Schönbrunn) oder Parks in Stadtentwicklungsgebieten (Rudolf-Bednar-Park,<br />

Monte Laa u.a.). So gut und übersichtlich dieses Büchlein auch gemacht ist, nach<br />

den vorgestellten 33 Projekten kommt man zum Schluss: In Anbetracht der Quantität<br />

hat in Wien die Zeit der zeitgenössischen Landschaftsarchitektur eben erst begonnen.<br />

An der Qualität heimischer Landschaftsplaner mangelt es jedenfalls nicht. Barbara<br />

Kanzian<br />

Wien, Ein Begleiter zu neuer Landschaftsarchitektur<br />

Edition Garten + Landschaft, Callwey, ISBN 978-3-7667-1859-4<br />

Foto: Wien Museum<br />

Privatsammlung © VBK, Wien, 2011.<br />

Image Rights of Salvador Dalí reserved.<br />

Fundació Gala-Salvador Dalí, Figueres, 2011

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