Download pdf - city - das magazin für urbane gestaltung
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<strong>magazin</strong>-<strong>city</strong>.at<br />
Die Stadt und der Sommer<br />
judith eiblmayr über <strong>das</strong> stadtleben am donaukanal |<br />
manuela prusa über wohlfühloasen in der stadt | ilse huber<br />
über die stadt 2050 und londons southbank | barbara<br />
kanzian über urban farming | iris meder über wiener<br />
freibäder und london im höhenrausch | barbara jahn<br />
über 10 Jahre Museumsquartier und über Wiener und<br />
Londoner Designer | roland kanfer über die<br />
renaissance der städte<br />
2011 juni
Archiv<br />
02 | <strong>city</strong> editorial<br />
Impressum:<br />
Herausgeber Bohmann Druck und Verlag Ges.m.b.H. &<br />
Co. KG, KR Dr. Rudolf Bohmann Geschäftsführung<br />
Dr in . Gabriele Ambros, Gerhard Milletich Verleger<br />
Bohmann Druck und Verlag, GesmbH & Co. KG,<br />
A-1110 Wien, Leberstraße 122 Verlagsleitung<br />
Mag. Patrick Lenhart Chefredaktion Roland Kanfer<br />
(roland.kanfer@bohmann.at; Tel. 740 95-559) Autorinnen<br />
Manuela Prusa, Iris Meder, Barbara Jahn,<br />
Barbara Kanzian, Ilse Huber, Judith Eiblmayr<br />
Mediaberatung: AAC - Austria Advertising Consult/<br />
Mag. Thomas Parger Redaktionsassis tenz Michaela<br />
Kern (<strong>city</strong>@bohmann.at; Tel. 740 95-556) Vertriebsleitung<br />
Angelika Stola (a.stola@bohmann.at; Tel. 740 95-<br />
462) Aboverwaltung abo@bohmann.at; Tel. 740 95-<br />
466 Layout & Produktion Thomas Weber Hersteller<br />
Druckerei Berger, Wienerstraße 80, A-3580 Horn.<br />
Die Zeitschrift City ist ein unabhängiges Medium <strong>für</strong><br />
Architektur, Stadtentwicklung, Design und Urbanität.<br />
Nachdruck nur mit ausdrücklicher Genehmigung. Alle<br />
Rechte, auch die Übernahme von Beiträgen nach § 44<br />
Abs. 1 und 2 Urheberrechtsgesetz, sind vorbehalten.<br />
Coverbilder: Ingo Derschmidt; Rpbw, Renzo Piano Building<br />
Workshop; London Olympia 2012; Wolfgang_Simlinger;<br />
Iris Meder<br />
Foto: After Image Productions<br />
liebe leserinnen und leser!<br />
Nach einer kurzen kreativen Pause sind wir<br />
wieder da: „<strong>city</strong> – <strong>das</strong> <strong>magazin</strong> <strong>für</strong> <strong>urbane</strong> <strong>gestaltung</strong>“<br />
stellt sich rundum erneuert vor. In<br />
neuem, frischerem Layout präsentieren wir<br />
Ihnen ein Stadt<strong>magazin</strong>, <strong>das</strong> seine erweiterten<br />
Themenbereiche bereits im Titel trägt: Urbane<br />
Gestaltung - <strong>das</strong> ist Architektur, Stadtentwicklung<br />
und Design im Gefüge einer Großstadt.<br />
Refl exionen, Meinungsbildung und Debatten<br />
zu diesen Themen sind ein unverzichtbarer<br />
Bestandteil eines solchen Magazins. Wir haben<br />
uns daher nicht nur die sozialen Aspekte im<br />
<strong>urbane</strong>n Wohnbau angesehen, sondern berichten<br />
auch darüber, wie in- und ausländische<br />
Experten auf dem Gebiet der Stadtplanung,<br />
aber auch Projektentwickler und<br />
Industrielle die Entwicklung der Stadt in den<br />
nächsten Jahrzehnten einschätzen und welche<br />
Kriterien <strong>für</strong> ein lebenswertes Umfeld dabei<br />
wichtig sind, um die sich abzeichnende Renaissance<br />
der Städte zu unterstützen.<br />
Urban zu sein heißt aber auch, den Finger am<br />
Puls einer Stadt zu haben. Deshalb bietet <strong>city</strong><br />
nicht nur Raum <strong>für</strong> theoretische Fragen von<br />
Stadtentwicklung und Architektur oder Platz<br />
<strong>für</strong> architektonische Highlights. Ein Magazin<br />
<strong>für</strong> Urbanität sein zu wollen heißt auch, Ihnen<br />
als Leser Service zu bieten, um sich in der<br />
Stadt zurecht zu fi nden. Mit Tipps <strong>für</strong> Gastronomie,<br />
Freizeitlocations, Events, Ausstellungen<br />
und Bücher-Neuerscheinungen. Rechtzeitig<br />
vor Ferienbeginn liegt es <strong>für</strong> ein Magazin<br />
wie <strong>city</strong> natürlich nahe, sich mit den Freizeitangeboten<br />
einer Stadt auseinanderzusetzen.<br />
Wir unternehmen daher einen architektonischen<br />
Streifzug durch die Freibäder Wiens und<br />
die schönsten Plätze zum Chillen, Essen und<br />
Urlauben in der Stadt.<br />
Urbanität bedeutet aber auch Weltläufi gkeit.<br />
Der Blick auf andere Großstädte ist daher ein<br />
fi xer Bestandteil des neuen <strong>city</strong>. Wir starten in<br />
dieser Ausgabe mit der einzigen echten Mega<strong>city</strong><br />
Europas: London, die Stadt, die sich einst<br />
„swinging“ nannte und die die Austragung der<br />
Olympischen Spiele im nächsten Jahr zum<br />
Anlass nimmt, über sich und ihren Platz in einer<br />
Welt nachzudenken, in der Nachhaltigkeit<br />
und Energieeffi zienz immer wichtiger werden.<br />
Für die Liebhaber spektakulärer Architektur ist<br />
London immer eine gute Adresse: Wir stellen<br />
die neuesten Projekte vor, denen die Londoner<br />
bereits liebevolle Kosenamen wie Glasscherbe<br />
oder Käsereibe gegeben haben. Dass London<br />
auch eine dynamische Designerszene hatte<br />
und immer noch hat, zeigt ein Streifzug durch<br />
die Ateliers der britischen Hauptstadt.<br />
Die Muße kommt natürlich nicht zu kurz: Ein<br />
Vergleich der Flanier-, Gastronomie- und Kulturmeilen<br />
Londons und Wiens lohnt sich. Der<br />
kritische Blick darf dabei nicht fehlen. So hinterfragt<br />
die Wiener Architektin und Buchautorin<br />
Judith Eiblmayr, wie es mit der Entwicklung<br />
des Wiener Donaukanals zur Eventmeile<br />
weitergeht. Auch die Wiederentdeckung der<br />
Donau als Freizeitoase gehört zur Renaissance<br />
der Stadt Wien als Lebens-, Arbeits- und Freizeitmittelpunkt<br />
mit Qualität, ebenso wie die<br />
Etablierung <strong>urbane</strong>r Hot Spots wie <strong>das</strong> MuseumsQuartier,<br />
dessen zehnten Geburtstag wir<br />
zum Anlass <strong>für</strong> einen Rück- und Ausblick auf<br />
ein bewegtes Leben nehmen.<br />
Einen wunderschönen Sommer in der Großstadt<br />
und viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen<br />
Roland Kanfer<br />
alles leinwand<br />
SOMMERKINOS Vom Rathausplatz über den Karlsplatz bis zum Augarten: Auf besonders schönen Plätzen<br />
Wiens warten zahlreiche Filmhighlights unter freiem Himmel. Auch <strong>das</strong> VOLXkino kommt heuer wieder zu den<br />
Besuchern und präsentiert in 16 Bezirken der Stadt ein vielfältiges Programm. I manuela prusa<br />
Bereits zum 21. Mal geht heuer<br />
<strong>das</strong> Film Festival am Rathausplatz<br />
über die Bühne. Von 2. Juli bis 4.<br />
September laden musikalische<br />
und kulinarische Highlights zum<br />
Besuch ein. An 65 Abenden sind<br />
mehr als 40 Programmpunkte bei<br />
freiem Eintritt zu sehen. Im Rampenlicht<br />
stehen die Jahresregenten<br />
Gustav Mahler und Franz<br />
Liszt, aber auch Placido Domingo,<br />
der heuer seinen 70. Geburtstag<br />
und sein 50. Bühnenjubiläum feiert.<br />
Neben den großen Stars der<br />
klassischen Musik wie Anna Netrebko<br />
stehen auch Größen des<br />
Tanzes wie Jiri Kylian oder Jazzklassiker<br />
wie Ray Charles im<br />
Blickpunkt. Weiters gibt es Live-<br />
Übertragungen aus den bedeutendsten<br />
Opernhäusern Europas.<br />
So kann man beispielsweise am 3.<br />
September den Saisonauftakt der<br />
Wiener Staatsoper mit Guiseppe<br />
Verdis „Simon Boccanegra“ am<br />
Rathausplatz miterleben. Neben<br />
dem hochkarätigen Musikprogramm<br />
locken kulinarische Köstlichkeiten<br />
aus aller Welt. Rund 20<br />
Top-Gastronomen verwöhnen die<br />
Besucher schon ab den Vormittagsstunden.<br />
Einzigartiges Ambiente<br />
Am Karlsplatz fi ndet von 1. bis<br />
24. Juli „Kino unter Sternen“<br />
statt. Das Festival widmet sich<br />
dem Thema „Aus dem Koffer“<br />
und zeigt – ebenfalls bei freiem<br />
Eintritt – Filme über Heimatlose,<br />
Vertriebene, Reisende und<br />
Grenzgänger. Auf dem Programm<br />
stehen u. a. Streifen wie<br />
„Bock for President“, „Suzie<br />
Washington“ oder „Bon voyage“.<br />
Weiters wird in Kooperation<br />
mit dem Österreichischen<br />
Filmmuseum ein Special zu<br />
Max Steiner, dem Vater der<br />
Filmmusik, präsentiert.<br />
Das Sommerkino auf dem Dach<br />
der Hauptbücherei am Gürtel<br />
steht heuer ebenfalls im Zei-<br />
chen des Reisens. Reisen in<br />
fremde Kulturen, Länder, Erdteile<br />
und Galaxien, Reisen in die Zukunft<br />
und die Vergangenheit, aber<br />
auch Reisen in die Psyche. Bis 10.<br />
September bietet <strong>das</strong> höchste<br />
Open-Air-Kino der Stadt unter<br />
dem Titel „Reisefi eber“ cineastische<br />
Raritäten und aktuelle Produktionen.<br />
Zu sehen sind u. a.<br />
„Amacord“, „The Straight Story“,<br />
„Paris, Texas“ und „Into the<br />
Wild“.<br />
„Kino wie noch nie“, <strong>das</strong> Open-<br />
Air am Augartenspitz, lädt von<br />
30. Juni bis 14. August zu einer<br />
Reise durch die Welt und die Geschichte<br />
des Kinos ein. Der Spielplan<br />
sorgt <strong>für</strong> eine spannende Mischung<br />
aus Filmklassikern,<br />
Festival-Highlights und Österreich-Premieren.<br />
Ergänzt wird <strong>das</strong><br />
Hauptprogramm durch fünf Themen-Specials.<br />
So wird mit Jacques<br />
Tati ein großer Meister des<br />
Kinos gewürdigt und mit „Dark<br />
Stars“ ein Fenster in die Welt der<br />
Slash-Filme geöffnet – von Horror<br />
über Science-Fiction bis zu Fantasy.<br />
Bei den CinemaSessions dürfen<br />
sich die Besucher auf Stummfi<br />
lmschätze mit avantgardistischer<br />
Live-Musik freuen. Gezeigt wird<br />
u. a. der G.-W.-Pabst-Klassiker<br />
„Das Tagebuch einer Verlorenen“.<br />
Neben dem Kino im Filmarchiv-<br />
Garten wird wieder ein ambitio-<br />
niertes kulinarisches Angebot erstellt<br />
– „Gastronomie wie noch<br />
nie!“. Es warten hochwertige regionale<br />
Produkte von Biobauern,<br />
die in innovativen Rezepten köstlich<br />
veredelt werden.<br />
Wanderkino<br />
in den Bezirken<br />
Last but not least ist auch wieder<br />
<strong>das</strong> älteste Open-Air-Kino Wiens<br />
in 16 Bezirken unterwegs: Das<br />
VOLXkino geht in seine 22. Saison<br />
und präsentiert bis 16. September<br />
bei freiem Eintritt 100 österreichische<br />
und internationale<br />
Spiel-, Dokumentar-, Kurz- und<br />
Animationsfi lme. Einige davon<br />
sind bisher noch nie in österreichischen<br />
Kinos gezeigt worden.<br />
Auf dem Programm stehen u. a.<br />
Filme wie „Looking for Eric“,<br />
„Soul Kitchen“, „Farbrausch“ und<br />
„Monsters“. Gespielt wird überall<br />
dort, wo Platz ist – in Parkanlagen,<br />
zwischen Gemeindebauten,<br />
auf öffentlichen Plätzen und<br />
Märkten, am Gürtel oder am<br />
Stadtrand. ❙<br />
> Infos:<br />
www.wien-event.at<br />
www.kinountersternen.at<br />
www.kinoamdach.at<br />
www.kinowienochnie.at<br />
www.volxkino.at
Die Stadt in 40 Jahren hat viele<br />
Gesichter. Ihre räumliche Gestalt<br />
zeigt sich bestenfalls kompakt,<br />
grün und ressourceneffi zient hat<br />
eine Studie des österreichischen<br />
Instituts <strong>für</strong> Raumplanung (ÖIR)<br />
herausgefunden. Etliche Köpfe<br />
der Universität Klagenfurt (Institut<br />
<strong>für</strong> soziale Ökologie) sowie<br />
sieben weiterer europäischer Institutionen<br />
machten sich<br />
unter der Leitung<br />
des ÖIR<br />
Gedanken,<br />
welche Entwicklungen<br />
denn die<br />
Städte Athen,<br />
München, Newcastle upon Tyne,<br />
Porto, Stockholm, Wien und Marseille<br />
im Jahr 2050 nehmen<br />
könnten. Und weil die Untersuchungen<br />
nicht nur lokale Aussagekraft<br />
besitzen, hat sich auch die<br />
Chinesische Akademie der Wissenschaften<br />
mit dem Institut <strong>für</strong><br />
satellitengestützte Beobachtung<br />
der Siedlungsentwicklung am<br />
Projekt beteiligt.<br />
Phänomen Landfl ucht<br />
Genannt wurde <strong>das</strong> Forschungsprojekt<br />
SUME: Sustainable Urban<br />
Metabolism for Europe. Wenn<br />
auch die geographischen Voraus-<br />
schöne neue stadt<br />
setzungen durchaus unterschiedlich<br />
sind, so eint doch alle Metropolen<br />
der Welt, <strong>das</strong>s die<br />
Stoff fl üsse überall dieselben sind.<br />
Wasser, Erde, Luft, Abfall, Verkehr<br />
und Energie heißen die<br />
Faktoren, die den Stoffwechsel<br />
(Metabolism) einer Stadt kennzeichnen.<br />
Und Landfl ucht ist ein<br />
weltweites Phänomen, <strong>das</strong> alle<br />
Kontinente betrifft. War in der<br />
Vergangenheit die <strong>urbane</strong> Anziehungskraft<br />
immer wieder ein<br />
Thema, so wohnt nun erstmals in<br />
der Geschichte bereits mehr als<br />
die Hälfte aller Erdenbürger in<br />
(Mega)cities. Pakistans Hauptstadt<br />
Karatschi liegt mit seinen gezählten<br />
12 Millionen Einwohnern<br />
„nur“ auf Platz 20, der Großraum<br />
Moskau nimmt als erstes europäisches<br />
Gebiet mit seinen 14,61<br />
Millionen Einwohnern Platz 15<br />
ein, während New York, Mexiko-<br />
Stadt und Tokio-Yokohama die<br />
dichtesten Agglomerationen darstellen.<br />
Allein in der japanischen<br />
Metropole leben 37 Millionen<br />
Menschen, ein weltweit unübertroffener<br />
Wert.<br />
Wohntrends<br />
ändern Stadtbilder<br />
Acht europäische Länder und<br />
zwei Kontinente waren in die<br />
Forschungsarbeiten <strong>für</strong> SUME involviert<br />
und was dabei herauskam,<br />
ist der Versuch, die städtische<br />
Entwicklung der Zukunft<br />
nicht dem Zufall zu überlassen,<br />
sondern sie so zu planen, <strong>das</strong>s sie<br />
überschaubar bleibt. Es herrscht<br />
grundsätzliche Übereinstimmung<br />
unter den Experten, <strong>das</strong>s der Ressourcenverbrauch<br />
von Land und<br />
Energie nicht in dem Maß weitergehen<br />
kann wie bisher. So hat<br />
sich hierzulande in 20 Jahren<br />
(von 1981-2000) der individuelle<br />
Flächenbedarf um zwanzig Prozent<br />
erhöht. Das lässt sich im privaten<br />
Bereich am besten abbilden:<br />
Welche vierköpfi ge Familie<br />
wohnt heute schon auf rund 50<br />
Quadratmetern? Klappbetten, wie<br />
sie in den 1980er Jahren noch zur<br />
Platzersparnis<br />
in Einbauschränkenverschwanden,<br />
kann man<br />
wohl noch<br />
kaufen, sie<br />
sind aber nicht<br />
gerade der<br />
Werbeträger einer Imagekampagne<br />
von Möbelhäusern. Jede und<br />
jeder kalkuliert in größeren Wohnungseinheiten.Singlewohnungen,<br />
die unter 50 Quadratmetern<br />
angeboten werden, heißen dann<br />
schnell Vorsorgeimmobilie - sei es<br />
<strong>für</strong> den Alterssitz oder <strong>für</strong> die ersten<br />
eigenen vier Wände.<br />
So ein Trend schlägt sich auch im<br />
Aussehen einer Stadt nieder. Da<br />
<strong>city</strong> talk<br />
TREND In den nächsten<br />
Jahrzehnten zieht es weltweit<br />
immer mehr<br />
Menschen in städtische<br />
Räume. Was können die<br />
nächsten Generationen<br />
erwarten, wenn der<br />
Raum eng, die Ressourcen<br />
begrenzt und die<br />
Wege länger werden?<br />
Die Stadt 2050 -<br />
Anlass <strong>für</strong> Visionen.<br />
text I ilse huber<br />
fotos I iStockphoto (3)<br />
ilse huber (2)<br />
Für Sie geben wir auf 116 Linien unser Bestes.<br />
Wir sehen uns auf Facebook!<br />
www.facebook.com/wienerlinien<br />
www.wienerlinien.at<br />
01 Christof Schremmer leitet <strong>das</strong> internationale<br />
Forschungsprojekt SUME<br />
(Foto: Österr. Institut f. Raumplanung)<br />
02 + 03 Dicht an dicht stehende<br />
Gebäude signalisieren <strong>das</strong> gleiche<br />
Dilemma wie extensiv verteile Eigenheime<br />
mit Garten: Stadtraum ist kostbar<br />
Die Stadt gehört Dir.
04 | <strong>city</strong> talk<br />
04 Europas Blaue und Rote Wachstumsbanane:<br />
Hier fi nden sich die Ballungsräume<br />
der Zukunft.<br />
(Grafi k: Österr. Institut f. Raumplanung)<br />
05 München zeigt die größten Einsparungsmöglichkeiten<br />
unter den untersuchten<br />
Städten Europas<br />
06 + 07 Auto ade? Die Anbindung an<br />
den Öffentlicher Verkehr bestimmt auch<br />
die Zonen zur Stadterweiterung.<br />
kommt es allerdings<br />
darauf an,<br />
um welche Stadt<br />
es sich handelt,<br />
denn nicht jede<br />
ist gleich attraktiv.<br />
Die portugiesische<br />
Stadt<br />
Porto wird in<br />
Zukunft eher<br />
schrumpfen als<br />
wachsen, prognostiziert<br />
SUME.<br />
Andererseits resümiert<br />
<strong>das</strong> Forschungsprojekt,<br />
können Häuser<br />
durch bessere<br />
Wärmedämmungen hohe Reduktionspotenziale<br />
im Energiebereich<br />
erreichen. München und die<br />
nordostenglische Stadt Newcastle/<br />
Tyne, so die Analysen, zeigen unter<br />
den untersuchten Städten Europas<br />
mit 82 Prozent die größten<br />
Einsparungsmöglichkeiten bis<br />
2050, verglichen mit dem Stand<br />
des Jahres 2010.<br />
Mehr Menschen,<br />
aber weniger Verbrauch<br />
Die Einwohnerzahlen von Stockholm<br />
und Wien legen im Jahr<br />
2050 ordentlich zu. Verantwortlich<br />
da<strong>für</strong> sind die geopolitischen<br />
Voraussetzungen: „Sowohl Stockholm<br />
als auch Wien begegnen der<br />
internationalen Zuwanderung<br />
sehr offen“, erläutert Christof<br />
Schremmer vom ÖIR. Beide Metropolen<br />
kennzeichnet eine Topographie,<br />
die eine räumliche Ausdehnung<br />
zulässt. So sprechen<br />
Experten von einer östlichen und<br />
einer westlichen Wachstumsbanane<br />
in Europa. Die „blaue<br />
Wachstumsbanane“ zieht sich<br />
entlang der niederländisch-deutschen<br />
Grenze zwischen Düsseldorf<br />
und Venlo. Die östliche, auch<br />
die „rote Banane“ genannt, umfasst<br />
die Twin City Region Wien-<br />
Bratislava. Allein in Wien rechnet<br />
man in vier Jahrzehnten statt der<br />
aktuellen 1,8 Millionen Einwohner<br />
mit 2,4 Millionen – ein Plus<br />
von 35 Prozent. Würde man die<br />
aktuelle lineare Entwicklung einfach<br />
fortsetzen, hieße <strong>das</strong>, <strong>das</strong>s die<br />
Stadt um mehr als die Hälfte der<br />
Fläche zunimmt. Statt von 415<br />
Quadratkilometern entstünde<br />
eine <strong>urbane</strong><br />
Agglomeration<br />
von knapp 600<br />
Quadratkilometern.<br />
Die<br />
Ausdehnung<br />
von Wien hätte<br />
ihren Einfl ussbereich<br />
bis an<br />
die Staatsgrenzen im Osten bzw.<br />
Norden.<br />
Verdichtung gegen<br />
Wachstum<br />
Folglich lautet die Formel gegen<br />
<strong>das</strong> unbändige Wachstum: Ver-<br />
dichtung. Die erste Phase befi ndet<br />
sich gerade in der Umsetzung.<br />
Schremmer: „Wien hat <strong>das</strong> Glück,<br />
mehrere ehemalige Bahnhofsgelände<br />
mit neuen Stadtvierteln zu<br />
beleben.“ Gemeint sind West-,<br />
Nord- und Hauptbahnhof, die<br />
durch Wohn-, Schul- und Bürobauten<br />
aufgefüllt werden. Der<br />
nächste Schritt soll dann entlang<br />
von öffentlichen Verkehrsanbindungenerfolgen.<br />
Statt fl ächenintensiveEinfamilienhäuser<br />
zu errichten,<br />
bieten<br />
mehrgeschoßigeWohnbauten<br />
mehr<br />
Personen Unterkunft. Dem Transportsystem<br />
kommt laut Fachleuten<br />
wesentliche Bedeutung zu.<br />
Müsse der Passivhausbewohner<br />
täglich mit dem Auto fahren,<br />
würde <strong>das</strong> auf Dauer mehr Energie<br />
verschlingen als der klima-<br />
schonende Hausbau. Wird die<br />
SUME-Vision Wirklichkeit,<br />
könnte sich der Wiener Flächenverbrauch<br />
von plus 55 Prozent<br />
auf nur plus 14 Prozent reduzieren.<br />
Der Traum vom Grün<br />
darf bleiben<br />
Der raumplanerische Vorschlag<br />
hat <strong>für</strong> Wien eine einfache Botschaft:<br />
Gleiches Wachstum bei<br />
nur 20 Quadratkilometer mehr<br />
Flächenverbrauch. Wer sich jetzt<br />
schon sorgt, <strong>das</strong>s der Traum vom<br />
Grün in virtuelle Welten rückt,<br />
kann einen Stoßseufzer von sich<br />
geben. Nicht nur, <strong>das</strong>s der Nationalpark<br />
Donauauen bereits in der<br />
Lobau beginnt, begrenzt auch der<br />
Biosphärenpark Wienerwald <strong>das</strong><br />
<strong>urbane</strong> Wachstum. Soweit die<br />
großräumige naturnahe Abpufferung.<br />
Im direkten Wohnumfeld spielen<br />
in Hinkunft gemeinschaftlich genutzte<br />
Räume die tragende Rolle.<br />
Urbane Attraktivität spiegelt sich<br />
in gemischten Wohnformen wider.<br />
Der verdichtete bunte Mix<br />
aus Grünanlagen und Bauobjekten<br />
in U- oder S-Bahnnähe ist <strong>das</strong><br />
Konzept der Zukunft. Ob diese<br />
Vorstellungen die heute noch Ungeborenen<br />
auch umsetzen werden?<br />
❙<br />
> Forschungsprojekt SUME<br />
www.sume.at<br />
Für Sie schaffen wir <strong>das</strong> sicherste Netz.<br />
Wir sehen uns auf Facebook!<br />
www.facebook.com/wienerlinien<br />
www.wienerlinien.at Die Stadt gehört Dir.
aspern Die Seestadt<br />
Eine Stadt ist nicht nur zum Arbeiten<br />
da. In ihr muss auch gelebt<br />
werden können. Wohn-, Freizeit-<br />
und Arbeitsqualität sind die Fundamente<br />
<strong>für</strong> ein richtiges Lebensgefühl.<br />
Nur wenn der richtige<br />
„Vibe“ in einer Stadt vorhanden<br />
ist, kann sie im internationalen<br />
Wettbewerb bestehen.<br />
Binsenweisheiten? Nicht unbedingt,<br />
wenn man an so manche<br />
City, vorwiegend im außereuropäischen<br />
Raum denkt, die zwar<br />
untertags von Business People bevölkert<br />
wird, darüber hinaus aber<br />
wenig zu bieten hat. Die Wiener<br />
können sich glücklich schätzen:<br />
Ihre Stadt ist ein attraktiver<br />
Wohn- und Arbeitsort. Dass <strong>das</strong><br />
so bleibt, ist auch der Industrie<br />
ein Anliegen. Für Georg Kapsch,<br />
den Präsidenten der Wiener Industriellenvereinigung,<br />
ist Wien<br />
in diese Hinsicht in den letzten<br />
Jahren einen guten Weg gegangen.<br />
Es sei der Stadt gelungen,<br />
Zielgebiete wie <strong>das</strong> Messegelände,<br />
die Krieau, aber auch den Donaukanal<br />
oder <strong>das</strong> Gründerzeitviertel<br />
Westgürtel erfolgreich zu beleben<br />
und auszubauen, meint Kapsch.<br />
Bei Projekten wie dem Hauptbahnhof,<br />
dem Erdberger Mais, der<br />
neuen Wirtschaftsuniversität oder<br />
der Seestadt Aspern sieht der Industrielle<br />
Potenzial und damit<br />
verbunden Prestige, trotz vereinzelter<br />
Schwachpunkte wie fehlende<br />
oder unzureichende Anbindungen<br />
an den öffentlichen<br />
Verkehr.<br />
Integrierte<br />
Stadtentwicklung<br />
Wo es nach Meinung von Georg<br />
Kapsch jedoch noch Bedarf gibt,<br />
ist Beschleunigung: Beschleunigung<br />
bei der Schaffung geeigneter<br />
Rahmenbedingungen <strong>für</strong> eine integrierte<br />
Stadtplanung. Was unter<br />
integrierter Stadtplanung zu verstehen<br />
ist, erläuterte er anlässlich<br />
des von der IV Wien veranstaltetenStadtentwicklungs-Symposiums<br />
„future.forums“: „Wir müssen<br />
über Eigentümergrenzen<br />
hinweg denken“, so der Appell<br />
des Industriellen an die Wiener<br />
Kommunalpolitik und alle anderen<br />
an der Stadtentwicklung Beteiligten<br />
zu mehr Flexibilität und<br />
Eigeninitiative.<br />
Nun ist ja die Forderung nach<br />
mehr Flexibilität von Seiten der<br />
renaissance der städte<br />
Industrie meist an die Arbeitnehmerseite<br />
gerichtet. In diesem Fall<br />
richtet sich der Appell an die Politik<br />
„auch wieder ans Produzieren<br />
zu denken“, so Kapsch –<br />
sprich: wirtschaftsfreundlichere<br />
Rahmenbedingungen <strong>für</strong> die In-<br />
dustrie zu schaffen. Mit dem<br />
Stadtentwicklungsplan 2005<br />
(STEP 05) sei <strong>das</strong> weitgehend gelungen,<br />
zeigt sich der Wiener<br />
Wohnbaustadtrat Michael Ludwig<br />
überzeugt.<br />
Dieser Plan,<br />
der die Verteilung<br />
von<br />
Nutzungen bestimmt<br />
und<br />
Entwicklungsgebiete,Grünund<br />
Freiräume<br />
sowie Verkehrsinfrastrukturausweist,<br />
sei, so<br />
Ludwig, unter<br />
den drei Gesichtspunkten<br />
Ökologie und<br />
Sozialverträglichkeit, aber auch<br />
Wirtschaftlichkeit erarbeitet worden<br />
und soll die Entwicklung einer<br />
nachhaltigen Stadt ermöglichen.<br />
Stadt gewinnt<br />
wieder an Bedeutung<br />
Für die Wiener Industrie habe<br />
die Stadt damit grundsätzlich den<br />
richtigen Ansatz gewählt, meint<br />
deren Vertreter – nämlich weg<br />
vom strengen „Flächendenken“,<br />
hin zu einer verstärkten Konzentration<br />
auf konkrete Stadtentwicklungsgebiete.<br />
Was ihr noch<br />
fehle, sei <strong>das</strong> Denken über Grenzen<br />
hinweg, meint Kapsch. Und<br />
zwar einerseits über die Landesgrenzen<br />
hinweg – in Österreich,<br />
wo Fragen der Raumordnung<br />
ebenso wie Bauordnungen und<br />
Förderbestimmungen fest in<br />
Bundesländerhänden sind, ein<br />
Ding der Unmöglichkeit. Und die<br />
zweite Herausforderung liege <strong>für</strong><br />
die Stadtplanung in der Integration<br />
von Wohnen, Arbeiten, Freizeit<br />
und Mobilität. Denn der<br />
Trend geht, wie Experten bestätigen,<br />
wieder zurück in die Stadt.<br />
„Der Wert der Stadt gewinnt wieder<br />
an Bedeutung“, bestätigt Rudolf<br />
Scheuvens, Professor <strong>für</strong><br />
Stadtentwicklung an der Techni-<br />
G. Kapsch<br />
D. Polkowski<br />
R. Scheuvens<br />
C. Nutz<br />
Foto: Franz Ertl<br />
schen Universität Wien und stellvertretender<br />
Vorsitzender des<br />
Grundstücksbeirats, eines Gremiums,<br />
<strong>das</strong> Wohnbauvorhaben in<br />
Wien auf ihre<br />
planerischen,<br />
ökonomischen<br />
und ökologischenQualitätenuntersucht.<br />
„Es gibt<br />
viele Men-<br />
schen, die in<br />
der Stadt leben<br />
und sie auch<br />
nicht verlassen<br />
möchten“,<br />
meint der vor<br />
drei Jahren<br />
aus Dortmund<br />
nach Wien<br />
übersiedelte Raumplaner.<br />
Urbane Quartiere<br />
brauchen Konsens<br />
Und diese Menschen, die sich bewusst<br />
<strong>für</strong> ein Leben in der Großstadt<br />
entscheiden, suchen natürlich<br />
nach einer Wohnqualität, die<br />
bezahlbar ist und in der sie auch<br />
ihre Freizeit verbringen können.<br />
Ein solches „<strong>urbane</strong>s Quartier“<br />
will die Stadt Wien in den nächsten<br />
Jahren auf dem ehemaligen<br />
Flugfeld Aspern aus dem Boden<br />
stampfen. Mit rund 240 Hektar<br />
Fläche ist es nicht nur <strong>das</strong> größte<br />
Stadtentwicklungsgebiet Wiens,<br />
sondern auch eines der größten<br />
Europas. 20.000 Bewohner und<br />
ebenso viele Arbeitsplätze sollen<br />
bis zum Jahr 2030 „aspern Die<br />
Seestadt Wiens“ bevölkern. „As-<br />
pern ist keine Siedlung, sondern<br />
eine städtisch durchmischte<br />
Struktur. Das ganze Leben soll<br />
dort Platz haben, dazu gehören<br />
Arbeiten, Wohnen und Freizeit“,<br />
zeigt sich Claudia Nutz, Vorstand<br />
des Projektentwicklers Wien 3420<br />
Development AG visionär.<br />
Soziale Durchmischung ist auch<br />
die Vision der HafenCity Hamburg.<br />
„Dazu benötigt man ein<br />
breites Angebot an Arbeitsplät-<br />
zen“, bestätigt Dieter Polkowski,<br />
Baudirektor <strong>für</strong> Stadtentwicklung<br />
in Hamburg und zuständig<br />
<strong>für</strong> die HafenCity, die Forderung<br />
der Industrie. Breit heißt, eine<br />
Konzentration auf den Dienstleistungsbereich<br />
in der Stadtentwicklung<br />
zu vermeiden. Das sei<br />
zu wenig, warnt Polkowski. Aber<br />
den potenziellen Investoren Nutzungen<br />
in der Planungsphase<br />
vorzuschreiben, <strong>das</strong> hat man sich<br />
in Hamburg denn doch nicht getraut.<br />
Immerhin sei es aber gelungen,<br />
allen Projektentwicklern<br />
Erdgeschoßzonen mit fünf Metern<br />
Raumhöhe abzuverlangen.<br />
Ob sich damit die Hoffnung des<br />
Hamburger Baudirektors langfristig<br />
die gewünschte Durchmischung<br />
sicherstellen zu können<br />
erfüllt, bleibt abzuwarten. Ob so<br />
etwas auch in Wien möglich<br />
wäre? „Die Ziele, die eine Stadt<br />
in der Entwicklung verfolgt,<br />
brauchen Konsens“, so Polkowski.<br />
Eine g´mahte Wies´n <strong>für</strong><br />
Wien: Wo wird der Konsens<br />
schließlich ausgiebiger zelebriert<br />
als in der Hauptstadt des Kompromisses?<br />
❙<br />
<strong>city</strong> talk | 05<br />
INTEGRIERTE STADT-<br />
ENTWICKLUNG<br />
Wohn-, Freizeit- und<br />
Arbeitsqualität sind die<br />
Fundamente <strong>für</strong> ein<br />
richtiges Lebensgefühl.<br />
Nur wenn der richtige<br />
„Vibe“ in einer Stadt vorhanden<br />
ist, kann sie im internationalen<br />
Wettbewerb<br />
bestehen. I roland kanfer<br />
01 40.000 Menschen sollen in aspern Die<br />
Seestadt Wiens im Jahr 2030 leben und<br />
arbeiten. (Rendering: schreinerkastler)<br />
02 HafenCity Hamburg: Erdgeschoßzonen<br />
mit fünf Metern Raumhöhe sollen<br />
Durchmischung garantieren. (Foto:<br />
ELBE&FLUT)<br />
03 Dieter Polkowski, HafenCity Hamburg:<br />
„Ziele der Stadt in der Entwicklung<br />
brauchen Konsens.“ (Foto: Amt <strong>für</strong> Landes-<br />
und Landschaftsplanung Bezirk<br />
Hamburg Mitte - Projektgruppe Hafen-<br />
City)<br />
04 Georg Kapsch, Industriellenvereinigung<br />
Wien: „Wiens Stadtentwicklung fehlt<br />
noch <strong>das</strong> Denken über Grenzen hinweg.“<br />
(Foto: Markus Prantl)<br />
05 Rudolf Scheuvens, TU Wien: „Wert<br />
der Stadt gewinnt wieder an Bedeutung.“<br />
(Foto: Ralf Emmerich)<br />
06 Claudia Nutz, Wien 3420<br />
Development: „Aspern ist eine städtisch<br />
durchmischte Struktur.“ (Foto: Ludwig<br />
Schedl)<br />
+ + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOP<br />
Wolfgang Vasko: „Nicht ohne<br />
Grund wird Wien als eine der lebenswertesten<br />
Städte der Welt bezeichnet.<br />
Die ansteigende Zahl der<br />
Wientouristen ist ein Beweis <strong>für</strong><br />
die Qualität der Stadt – die Anziehungskraft<br />
auf potente Investoren<br />
aber letztlich der Beleg da<strong>für</strong>, <strong>das</strong>s in Wien auch<br />
eine starke Zukunft gesehen wird. Das soziale Gefüge<br />
hat sich in Wien bereits historisch bedingt immer<br />
aus einer Vielfalt an Nationen zusammengesetzt,<br />
bis 2050 könnte eine multikulturelle Gesellschaft<br />
entstehen, durch Schaffung von Themenzentren<br />
wie z. B. St. Marx, durch den Ausbau des<br />
öffentlichen Verkehrs und durch die Verdichtung<br />
des bereits bebauten und aufgeschlossenen Gebieta<br />
der Stadt entsteht eine kompakte übersehbare Met-<br />
HafenCity Hamburg<br />
ropole. Das Zusammenleben von Alt und Jung wird<br />
von der Stadt gefördert, was ich persönlich als sehr<br />
wichtig erachte. Ich habe – mit Sicherheit eine idealisierte<br />
– Vision, wie die Stadt Wien 2050 aussehen<br />
wird: Elektroautos neben einem lückenlosen, dichten<br />
öffentlichen Verkehrsnetz, einer ausreichenden<br />
Anzahl an Wohnungen, eine unabhängige Energieversorgung<br />
– die Stadt erzeugt die Energie, die sie<br />
braucht, selbst – und gesunden, glücklichen Bewohnern.“<br />
Wolfgang Vasko, Jahrgang 1943, Bauingenieur,<br />
Geschäftsführender Gesellschafter Vasko+Partner Ziviltechniker<br />
GmbH mit 250 Mitarbeitern. Aktuelles Großprojekt:<br />
Generalkonsulent (Generalplanung, Tragwerksplanung,<br />
Gebäudetechnik und Bauphysik) <strong>für</strong> den<br />
Neubau der WU Wien.
<strong>city</strong> planning<br />
text I ilse huber<br />
fotos I ilse huber<br />
renderings (3) I Tillner und<br />
Willinger<br />
01 Vom grünen Dach der interethnischen<br />
Nachbarschaft in Wien Liesing blickt man<br />
ins Grüne<br />
02–04 Beim Join In Projekt hat jede<br />
Wohnung ihren Balkon, der Freiraum<br />
wird Treffpunkt<br />
miteinander wohnen<br />
STADTENTWICKLUNG Interkulturalität hält Einzug in den Wiener Wohnbau. Die Philosophie ist zwar nicht<br />
neu, aber immer noch aktuell. Denn die Gesellschaft wird heterogener, die Zuziehenden wechseln nicht nur die<br />
Stadtbezirke, sondern mitunter auch die Kontinente.<br />
Interkulturell bedeutet etwas anderes<br />
als multikulturell. Während<br />
früher überall von multikulti die<br />
Rede war, hat sich gezeigt, <strong>das</strong>s<br />
vieles auch nebeneinander abgelaufen<br />
ist. Parallelwelten haben<br />
sich etabliert und die will man so<br />
gar nicht. Also heißt es nun modern„interkultu-<br />
rell“, ein anderer<br />
Begriff <strong>für</strong> Vermischung.Austausch.Interaktion.<br />
Im weitesten<br />
Sinn geht es darum,<br />
sich mit seinem<br />
Gegenüber<br />
auseinander zu<br />
setzen.<br />
Miteinander Wohnen bedeutet im<br />
besten Fall auch gemeinsam wohnen.<br />
Das wussten schon Pioniere<br />
des kommunalen Wohnbaus in<br />
den vergangenen Jahrzehnten.<br />
Sie planten und bauten Stätten,<br />
die nicht nur <strong>das</strong> Grundbedürfnis<br />
nach dem Dach über dem Kopf<br />
stillten, sondern auch noch die<br />
Gemeinschaft förderten. Aus dieser<br />
Zeit sind uns großzügige,<br />
grüne Innenhöfe erhalten. Diese<br />
versorgen auch heute noch die<br />
Bewohner mit Schatten, frischer<br />
Luft und Aufenthaltsmöglichkeiten<br />
vor der Haustür. Stellte einst<br />
der halböffentliche Freiraum eine<br />
Art Klammer um den persönlichen<br />
Wohnraum dar, so haben<br />
sich die Ansprüche der Bewohner<br />
stetig weiterentwickelt. In den<br />
1970er/80er Jahren des<br />
vorigen Jahrhunderts verlangten<br />
viele Betroffene<br />
mehr Mitbestimmung im<br />
Wohnbau. Dies ist nach<br />
wie vor ein Wunsch etlicher<br />
Beteiligter, bloß mit<br />
dem Unterschied, <strong>das</strong>s die<br />
Bewohnerinnen kulturell<br />
durchmischter sind und<br />
eine neue Dynamik im<br />
Denken, Planen und Umsetzen<br />
notwendig wird.<br />
2006 –<br />
<strong>das</strong> Jahr der Öffnung<br />
Die klassischen Wiener<br />
Gemeindebauten waren<br />
ursprünglich ausschließlich<br />
<strong>für</strong> österreichische<br />
Staatsangehörige reser-<br />
viert. Doch dann kam der EU Beitritt<br />
Österreichs und mit ihm<br />
neue Bestimmungen: die Wohnungen<br />
müssen seitdem auch <strong>für</strong><br />
Drittstaatenangehörige geöffnet<br />
werden. Nicht nur EU Bürger,<br />
sondern auch Türken, Amerikaner,<br />
Schweizer und Norweger sollen<br />
in den ge-<br />
förderten<br />
Wohnungen<br />
leben dürfen.<br />
Was sich auf<br />
dem Papier<br />
recht einfach<br />
liest, ist in<br />
Wirklichkeit<br />
ein langer<br />
Weg. In anderen<br />
Metropolen bilden sich ethnische<br />
Minitowns heraus,<br />
die im besten Fall erfreulich<br />
<strong>urbane</strong> Abwechslung<br />
bringen, im schlechtesten<br />
Fall aber zu Ghettos führen.<br />
Um derartige Fehlentwicklungenabzuwenden,<br />
beschloss die Wiener<br />
Stadtregierung im geförderten<br />
Wohnbau neben<br />
Architektur, Ökologie und<br />
Ökonomie die soziale<br />
Nachhaltigkeit zu forcieren.<br />
Die sogenannte vierte<br />
Säule nimmt allmählich<br />
konkrete Formen an: neben<br />
dem Wohnen in Gemeinschaft<br />
soll auch <strong>das</strong><br />
Wohnen <strong>für</strong> wechselnde<br />
Bedürfnisse reichen.<br />
> Interethnisches Wohnen:<br />
„Das ist so gestaltet,<br />
<strong>das</strong>s man miteinander zu<br />
tun haben muss, da<br />
kann man nicht in seiner<br />
Wohnung bleiben.“ <<br />
Wohnbaustadtrat Michael<br />
Ludwig setzt auf Vielfalt:<br />
„Der Grund warum ich<br />
Themenbauten wie Interethnisches<br />
Wohnen initiiert<br />
habe, liegt darin begründet,<br />
<strong>das</strong>s sich die<br />
Bauträger mit der sozialen<br />
Durchmischung intensiv<br />
auseinandersetzen sollen.“<br />
Beispiele und<br />
Aussichten<br />
Im Jahr 2000 entstand der<br />
erste geförderte Wohnbau<br />
mit dieser Ausrichtung in<br />
Wien Liesing. Seit elf Jahren<br />
wohnen Menschen<br />
aus 18 verschiedene Nati-<br />
onen „in der Wies’n“. Mit<br />
viel Aufwand, Diskussion,<br />
Aufklärung und Abwehr<br />
von Störaktionen hat sich<br />
eine Gemeinschaft gebildet,<br />
wie der Hausbetreuer<br />
Ahmadschah Akrami resümiert:<br />
„Im ersten Jahr<br />
sind mehrere Male Skinheadgruppen<br />
gekommen<br />
und haben uns als Gesindel<br />
beschimpft.“ Viele<br />
Vorurteile mussten abgebaut<br />
werden, doch nun<br />
hat sich wirklich so etwas<br />
wie eine Gemeinschaft<br />
herausgebildet, die im eigenen<br />
Veranstaltungssaal<br />
Feste feiert oder Turnstunden<br />
organisiert. Eine<br />
Bewohnerin lobt die Architektur:<br />
„Das ist so gestaltet,<br />
<strong>das</strong>s man miteinander zu tun haben<br />
muss, wie in einem Dorf, da<br />
kann man nicht in seiner Wohnung<br />
bleiben.“ Architekt Peter<br />
Scheifi nger plante den „Globalen<br />
Hof“ <strong>für</strong> die Sozialbau AG mit deren<br />
Vordenker Herbert Ludl er da<strong>für</strong><br />
im Jahr 2009 den ersten Wiener<br />
Wohnbaupreis erhielt.<br />
Mit diesem Projekt kam eine Entwicklung<br />
in Gang, die mehrere<br />
Nachfolgeprojekte in Wien ermöglichte.<br />
Aktuelle Vorhaben<br />
kümmern sich immer mehr um<br />
interethnische Ansätze. So entstehen<br />
gerade auf dem Nordbahnhof<br />
derartige Projekte und auf<br />
den Mautner-Markhof-<br />
Gründen werden insgesamt<br />
700 Wohnungen errichtet.<br />
Bei dem<br />
Bauträgerwettbewerb in<br />
Simmering setzte sich auf<br />
einem der fünf Bauplätze<br />
<strong>das</strong> Projekt ‚Join In-Vielfalt<br />
gemeinsam leben’ von<br />
Silja Tillner und Alfred<br />
Willinger durch. Die beiden<br />
Architekten erarbeiten<br />
mit dem Garten- und<br />
Landschaftsplaner Jakob<br />
Fina und der moderierenden<br />
Stadtplanerin Andrea<br />
Breitfuss<br />
sozialpädagogische Konzepte<br />
wie sich Zusammenleben<br />
gedeihlich bewerkstelligen<br />
lassen könnte. Nicht<br />
endgültige Vorstellungen werden<br />
mit dem Bauträger ÖSW bzw. Familienwohnbau<br />
verwirklicht, sondern<br />
die Bewohner bringen sich<br />
aktiv ein, welche Form der Nachbarschaft<br />
sie anstreben. Dazu<br />
kommt ihnen <strong>das</strong> Wiener Hilfswerk<br />
zugute, <strong>das</strong> die Erdgeschoßzone<br />
beziehen wird und als Ansprechstelle<br />
<strong>für</strong> alle dient. Alfred<br />
Willinger erklärt die Intention dahinter:<br />
„Wohnen muss begleitet<br />
und betreut werden. Gibt es jemanden,<br />
der zuhört oder fi ndet<br />
sich eine Anlaufstelle, die sicherstellt,<br />
<strong>das</strong>s <strong>das</strong> ganze Zusammenleben<br />
moderiert wird, ist viel gewonnen.“<br />
Wohnen funktioniert<br />
durch die richtigen Personen am<br />
richtigen Ort. Die Interethnische<br />
Nachbarschaft in Wien Liesing hat<br />
mit ihrem Hausbetreuer Ahmadschah<br />
Akrami jene Persönlichkeit<br />
gefunden, die ausgleicht, eingreift<br />
oder auch durchgreift, wenn es<br />
Schwierigkeiten gibt. Man kann<br />
gut und intelligent bauen, doch<br />
wenn die Menschen nicht zueinander<br />
fi nden, läuft etwas schief.<br />
Miteinander wohnen hat sich neben<br />
der „Hardware“ Baukörper,<br />
wie es Architekt Alfred Willinger<br />
nennt, auch mit den Soft Skills<br />
ihrer Bewohner auseinanderzusetzen.<br />
Das ist ein ordentliches<br />
Stück Arbeit und man ist noch<br />
lange nicht am Ende aller Wege. ❙
flexibler grundriss –<br />
die wohnung passt sich an<br />
AKAZIA TERRASSEN In Oberlaa – nahe Rothneusiedl – wurde vom Bauträger KALLCO inmitten des historisch<br />
gewachsenen Wohngebietes am Fuße des Laaer Berges ein Eigentumsprojekt mit rundum viel Grün und Natur<br />
verwirklicht.<br />
Konzept dieses Projektes war,<br />
Wohnungen zu schaffen, die ein<br />
Leben lang den Bedürfnissen gerecht<br />
werden: Durch <strong>das</strong> offene<br />
Raumkonzept, in dem rund um<br />
einen in der Wohnungsmitte angeordneten<br />
haustechnischen Versorgungskern<br />
hierarchiefreie<br />
Räume angeordnet sind, die in ihrer<br />
defi nitiven Aus<strong>gestaltung</strong> vom<br />
Nutzer weitgehend frei festgelegt<br />
werden können. Wohnungstrennwände<br />
und der zentrale Versorgungskern<br />
sind die einzigen<br />
festen Parameter der Wohnungsgrundrisse,<br />
die über leichte<br />
Trennwände ganz nach individuellen<br />
Anforderungen an Lebens-<br />
oder Arbeitssituationen fl exibel<br />
angepasst werden können - <strong>für</strong><br />
den Single bis zur Familie mit<br />
Kindern, alles ist möglich. Die<br />
Wohnung passt<br />
sich an – vom<br />
Loft bis zur Fünfzimmerwohnung.<br />
Hinwendung<br />
zur Sonne<br />
Die 28 Eigentumswohnungen<br />
mit einer Größe<br />
zwischen 98 m²<br />
bis 142 m² sind<br />
im Erdgeschoß<br />
und 1.OG als Ge-<br />
schoßwohnungen mit Eigengärten<br />
im Westen oder mit großen<br />
Loggien ausgebildet. Entsprechend<br />
der Umgebungscharakteristik<br />
ist <strong>das</strong> architektonische Konzept<br />
des Hauses in der Oberlaaer<br />
Straße 210 auf Offenheit, Einbeziehung<br />
der grünen Umgebung,<br />
Hinwendung zur Sonne und naturbezogenes<br />
Wohnen ausgerichtet.<br />
Die Ost-West-Orientierung<br />
der Anlage ermöglicht durchwegs<br />
von beiden Seiten belichtete und<br />
quer durchlüftete Wohneinheiten<br />
und kommt somit diesem freiraumbezogenen<br />
Wohnthema entgegen.<br />
Die lichtdurchfluteten<br />
Wohnungen sind über offene<br />
Laubengänge erreichbar und<br />
zeichnen sich durch große Loggien<br />
oder Gartenterrassen aus.<br />
Günstiger Preis<br />
Dachterrassen zur gemeinsamen<br />
Nutzung, ein Gemeinschaftsgarten<br />
mit Kinderspielzone und Ab-<br />
stellräume <strong>für</strong> Fahrräder/Kinderwagen<br />
sowie eine bequeme<br />
Tiefgarage runden <strong>das</strong><br />
Angebot ab. Den Bewohnern<br />
stehen generell<br />
breite Stellplätze in<br />
der Tiefgarage, niveaugleiche<br />
Zugänge zu allen<br />
Bereichen des<br />
Hauses, ein behindertengerechter<br />
Lift sowie<br />
beidseitig sperrbare<br />
Schließzylinder bei<br />
den Eingangstüren zur Verfügung.<br />
Der günstige Preis dieser geförderten<br />
Eigentumswohnungen<br />
braucht keinen Vergleich mit<br />
Mietwohnungen zu scheuen - bei<br />
langfristiger Betrachtung hat <strong>das</strong><br />
Eigentumsprojekt „Akazia Terrassen“<br />
entscheidende Kostenvorteile.<br />
Um den Einstieg <strong>für</strong> junge<br />
Familien attraktiver zu machen,<br />
ist auch eine Mietvariante mit<br />
späterer Kaufoption möglich. ❙<br />
<strong>city</strong> planning | 07<br />
Informationen:<br />
www.kallco.at<br />
Kallco Bauträger GmbH<br />
Wimbergergasse 14, 1070 Wien<br />
Tel : 01 546 25 DW 44<br />
wohnen@kallco.at<br />
DIE PLATTFORM FÜR DEN KREATIVEN WETTBEWERB<br />
Wettbewerbe sind eine Herausforderung zu außergewöhnlichen<br />
Leistungen. Seit 33 Jahren dokumentiert <strong>das</strong> Architekturjournal<br />
wettbewerbe den Beitrag der österreichischen Architekten zur<br />
Baukultur und zur Qualität, die den Wettbewerb zur Grundlage hat.<br />
Das Architekturjournal wettbewerbe berichtet aber auch über<br />
realisierte Projekte, Trends und Innovationen auf dem Gebiet des<br />
Bauens und der Baustoffe sowie über Themen in Zusammenhang<br />
mit Architektur, Bauen, Nachhaltigkeit,<br />
Energieeffizienz, Facility Management.<br />
Wir freuen<br />
uns auf Ihre<br />
Bestellung<br />
Termin<br />
21. Jänner bis 7. Mai 2011<br />
Ort<br />
vai – vorarlberger architektur<br />
institut<br />
Marktstraße 33<br />
6850 Dornbirn<br />
Öffnungszeiten<br />
Dienstag bis Freitag 14 bis 17 Uhr,<br />
Samstag 11 bis 17 Uhr<br />
Weitere Informationen<br />
www.v-a-i.at<br />
Termin<br />
16. März bis 29. April 2011<br />
Ort<br />
Lichtzentrum Prag<br />
Jankovcova 2<br />
170 00 Praha 7<br />
Öffnungszeiten<br />
Montag bis Donnerstag 9 bis<br />
17 Uhr, Freitag 9 bis 15 Uhr<br />
Weitere Informationen<br />
T: +420 (266) 782 200<br />
praha@zumtobel.com<br />
© Gabriella Gerber/Lukas Bardill<br />
DER NICHT MEHR GEBRAUCHTE STALL. AUSSTELLUNG<br />
BAUEN IM KONTEXT. AUSSTELLUNG<br />
Eine hochkarätige Ausstellung des Architekturbüros<br />
Dietrich І Untertrifaller<br />
konnte Zumtobel <strong>für</strong> zwei seiner Standorte<br />
gewinnen. Helmut Dietrich und<br />
Much Untertrifaller, die in ihrer Generation<br />
zu den erfolgreichsten Architekten<br />
Vorarlbergs zählen, präsentieren in ihrer<br />
Ausstellung „Bauen im Kontext“ einen<br />
Streifzug durch ihre Werke. Nach dem<br />
Zumtobel Lichtforum in Wien wandert<br />
die Ausstellung nun in <strong>das</strong> Zumtobel<br />
Lichtzentrum nach Prag.<br />
Die Baukunst von Dietrich І Untertrifaller<br />
entwickelt sich stets aus dem Kontext<br />
heraus. Dabei setzen die Architekten<br />
städtebauliche Zeichen, die sich gleichzeitig<br />
respektvoll in die Landschaft und<br />
Umgebungsstruktur eingliedern. In<br />
der Wanderausstellung zeigen sie ihre<br />
wichtigsten Werke: So werden unter<br />
anderem Modelle aus Bildung, Kultur,<br />
Wohnen/Hotel, Gewerbe und Einfamilienhäuser<br />
vorgestellt. Die verschiedenen<br />
Projekte werden zum Teil über Modelle<br />
und diverse Fotostrecken anschaulich<br />
präsentiert. Einleitende Texttafeln, detaillierte<br />
Schnittzeichnungen und eine<br />
Bildschirmpräsentation runden <strong>das</strong> Gesamtkonzept<br />
ab.<br />
Fotos: Kallco<br />
wettbewerbe 293/294<br />
19<br />
Berichte<br />
Stall, Stadel und Scheune sind traditionsreiche Bautypen,<br />
die durch den Strukturwandel der Landwirtschaft<br />
jedoch zunehmend an Funktion verlieren – sie stehen<br />
leer, werden umgenutzt, abgerissen oder verfallen.<br />
Neue Wirtschaftsgebäude entstehen jedoch durch moderne<br />
Bewirtschaftungstechniken, wachsende Betriebsgrößen<br />
und veränderte Organisationsformen. Orts-,<br />
Siedlungs- und Landschaftsbilder geraten in Auflösung,<br />
da dieser Bautypus seit Jahrhunderten unverrückbar die<br />
Dorfstruktur geprägt hat. Die Ausstellung erkundet die<br />
Architektur und Soziologie des Stalls in Graubünden,<br />
Südtirol und Vorarlberg. Das Projekt möchte nicht nur<br />
ein Porträt des Kulturverlusts zeichnen, sondern Orientierung<br />
geben und zum Handeln anregen. Begleitende<br />
Veranstaltungen an acht verschiedenen Orten in Vorarlberg<br />
bieten offene Diskussionsforen <strong>für</strong> Eigentümer,<br />
Planer und Gemeinden an.<br />
Festspielhaus Bregenz, 2006 von Dietrich I Untertrifaller.<br />
Stadthalle Wien, 2006 von Dietrich I Untertrifaller.<br />
Bangkoker Innenstadtviertels Sathorn setzt. Alle 370 Nominierung<br />
Wohnungen werden allseitig belichtet und belüftet, Projekt: Aqua Tower,<br />
was ein besonders nachhaltiges tropisches Wohnen Chicago, USA<br />
ohne Klimaanlage ermöglicht.<br />
Planung: Studio Gang<br />
Der Burj Khalifa erhielt eine besondere Anerkennung <strong>für</strong> Architects, Chicago<br />
technologische Innovation aufgrund zahlreicher Neu- Höhe: 262 Meter<br />
erungen auf dem Gebiet der Baukonstruktion und der Geschoße: 82<br />
Aufzugstechnik.<br />
Fertigstellung: 2010<br />
Nutzung: Wohnungen,<br />
Preis<br />
Hotel, Einzelhandel<br />
Projekt: The Met, Bangkok, Thailand Foto: Steve Hall,<br />
Planung: WOHA Architects, Singapur; © Hedrich Blessing<br />
Assoziierte Architekten: Tandem Architects,<br />
Thailand<br />
Auszug Jurybegründung:<br />
Höhe: 231 Meter<br />
Die Jury ist von der überzeugenden skulpturalen Her-<br />
Geschoße: 69<br />
angehensweise eingenommen, mit der eine konventi-<br />
Fertigstellung: 2009<br />
onelle, flexible Box umhüllt wird und dabei doch klare<br />
Nutzung: Wohnungen<br />
Funktionen erfüllt werden. Den Aqua Tower zeichnen<br />
Fotos: © Kirsten Bucher, © Patrick seine herausragende Balkon<strong>gestaltung</strong> aus, die zugleich<br />
Bingham-Hall<br />
die Verschattung des Gebäudes begünstigt, sowie die<br />
Ausblicke, die sich durch die bodentiefe Verglasung<br />
Auszug Jurybegründung:<br />
hindurch ergeben. Das verschafft dem Gebäude eine<br />
The Met ist entschieden programma- starke Identität, obwohl es nicht durch eine besondere<br />
tisch im Hinblick auf seine Funktiona- Höhe heraussticht.<br />
lität. Die Idee ist dabei, ein Hochhaus<br />
so zu öffnen, <strong>das</strong>s es inmitten einer<br />
Mega<strong>city</strong> nahezu buchstäblich atmet. Nominierung<br />
Indem <strong>das</strong> traditionelle Hochhaus Projekt: Mode Gakuen<br />
von innen nach außen gekehrt wird Cocoon Tower, Tokio,<br />
und die äußeren Freiräume nach Japan<br />
innen platziert werden, ermöglicht Planung: Tange Associ-<br />
es ein sehr angenehmes tropisches ates, Tokio<br />
Leben in einer ökonomisch sehr effizi- Höhe: 203,65 Meter<br />
enten Struktur, die richtungsweisend Geschoße: 50<br />
sein wird bei der Suche nach innova- Fertigstellung: 2008<br />
tiven lokalen Entwurfsansätzen. Nutzung: Bildung<br />
Foto: © Horiuchi / Shin<br />
Besondere Anerkennung<br />
Shashin Kobo<br />
Projekt: Burj Khalifa, Dubai, VAE<br />
Planung: Skidmore, Owings & Merrill Auszug Jurybegründung:<br />
LLP, Chicago<br />
Der Mode Gakuen Cocoon Tower ist darin einzigartig,<br />
Höhe: 828 Meter<br />
wie er inmitten eines dicht besiedelten Stadtviertels<br />
Geschoße: 163 nutzbar, 206 insge- eine neue Typologie auf nahezu unbekanntem Gebiet<br />
samt<br />
entwirft. Das Gebäude setzt einen neuen Standard, in-<br />
Fertigstellung: 2010<br />
dem es drei Bildungseinrichtungen komplett integriert<br />
Nutzung: Hotel, Wohnungen, Büros und dabei eine neue Nutzungsart in die Welt der Hoch-<br />
Foto: SOM | Nick Merrick © Hedrich häuser einführt, die bis dato immer Büros und Wohnun-<br />
Blessing<br />
gen vorbehalten war.<br />
Auszug Jurybegründung:<br />
Der Burj Khalifa, weltweit <strong>das</strong> zur Zeit Nominierung<br />
höchste Hochhaus, ragt unter den Projekt: Shanghai<br />
fünf Finalisten nicht allein wegen World Financial Center,<br />
seiner Höhe hervor, sondern auch Shanghai, China<br />
wegen der bedeutenden technolo- Planung: Kohn Pedergischen<br />
Fortschritte im Entwurf und sen Fox Associates,<br />
beim Bau. Seine besondere Leistung New York<br />
besteht auch darin, einen neuen Höhe: 492 Meter<br />
Typus des Hochhauses entwickelt zu Geschoße: 101<br />
haben, <strong>das</strong> eine ganze Stadt <strong>für</strong> 10- Fertigstellung: 2008<br />
15.000 Menschen in sich fasst und da- Nutzung: Büros, Hotel,<br />
bei zugleich eine Ikone von globaler Einzelhandel<br />
Statur kreiert.<br />
Foto: © Shinkenchiku<br />
Fotos: Bruno Klomfar<br />
Bestell-Hotline<br />
01/740 95 - 477<br />
via e-Mail:<br />
abo@bohmann.at<br />
3 Hefte zum<br />
Sonderpreis von €15,–<br />
Der Sonderpreis gilt <strong>für</strong> 3 Ausgaben. Danach verlängert sich<br />
<strong>das</strong> Abonnement automatisch (bis auf Widerruf) um ein weiteres<br />
Jahr zum jeweils gültigen Jahres-Abonnementpreis. Eine<br />
Kündigung des Abonnements ist jeweils bis 30 Tage vor Bezugsjahresende<br />
schriftlich (per Post, Fax oder eMail) möglich.<br />
wettbewerbe 293/294<br />
13<br />
Berichte
08 | <strong>city</strong> planning<br />
01 Seit Mai hat <strong>das</strong> Wiener Schützenhaus<br />
geöffnet: In dem denkmalgeschützten Otto-<br />
Wagner-Bau wird nach Originalrezepten<br />
der Jahrhundertwende gekocht. (Foto:<br />
Zielinski) 02 Der Donaukanal hat sich zu<br />
einem trendigen Treffpunkt entwickelt.<br />
(Foto: iStockphoto) 03 Die summer stage<br />
lädt zum Relaxen direkt am Wasser ein.<br />
(Foto: summerstage) 04 Sand und Liegestühle:<br />
Am Donaukanal kann man den<br />
Sommer in der Stadt genießen. (Foto: Ingo<br />
Derschmidt) 05 Die Schiffstation Wien<br />
City dient den Ausfl ugsschiffen der DDSG<br />
Blue Danube und der Twin City Liner-<br />
Flotte als „Stadthafen“. (Foto: Wien Holding/Wulz)<br />
wohlfühloase am wasser<br />
NEUE IMPULSE Von Otto Wagners Schützenhaus über die summerstage und <strong>das</strong> Badeschiff bis zur Strandbar<br />
Herrmann: Der Donaukanal lockt mit einer pulsierenden Lokal- und Kulturszene, Erholungs- und Freizeitangeboten<br />
sowie einer architektonisch spannenden Umgebung. In den kommenden Jahren soll der <strong>urbane</strong> Raum im<br />
Herzen der Stadt noch attraktiver gestaltet und weiterentwickelt werden. I manuela prusa<br />
Die Anfänge des Donaukanals liegen<br />
bereits lange zurück: Mit der<br />
Donauregulierung in den Jahren<br />
1870 bis 1875 verlandeten die<br />
zahllosen Donauinseln und bildeten<br />
eine kompakte Fläche. Zu dieser<br />
Zeit entstand auch die Idee,<br />
den „Wiener Arm“ der Donau,<br />
über den jahrhundertelang Waren<br />
bis direkt an die Stadtmauern verschifft<br />
worden waren, zu regulieren.<br />
Heute ist dieser südlichste<br />
Arm 17,3 Kilometer lang. Die<br />
erste Brücke über den Kanal war<br />
die „Schlagbrücke“, anstelle der<br />
heutigen Schwedenbrücke. Sie<br />
wurde Mitte des 14. Jahrhunderts<br />
errichtet und 1945 – wie alle Donaukanalbrücken<br />
– von deutschen<br />
Truppen gesprengt, jedoch<br />
von sowjetischen Pionieren wieder<br />
instandgesetzt.<br />
Vom Gestern zum Heute<br />
Nach dem Wiederaufbau entstanden<br />
links und rechts des Kanals<br />
die ersten imposanten Gebäude,<br />
wie beispielsweise der Ringturm.<br />
Unter dem ehemaligen Planungsstadtrat<br />
Rudi Schicker wurde im<br />
Rahmen des Stadtentwicklungsplans<br />
STEP 05 der Donaukanal als<br />
eines der <strong>urbane</strong>n Zielgebiete defi<br />
niert. Zur Weiterentwicklung<br />
hat der Gemeinderat 2007 die<br />
Ausarbeitung eines Masterplans<br />
unter der Leitung von Bernhard<br />
Engleder beschlossen. Im Rahmen<br />
dieses Masterplans wurden neben<br />
einer Einteilung der künftig <strong>für</strong><br />
weitere Nutzungen und Projekte<br />
heranzuziehenden Flächen auch<br />
Maßnahmen hinsichtlich Erreichbarkeit,<br />
Barrierefreiheit, sanitäre<br />
Einrichtungen und Infrastrukturerweiterungen<br />
defi niert sowie<br />
Vorgaben <strong>für</strong> eine weitere qualitätsvolle<br />
Entwicklung festgelegt.<br />
In den vergangenen Jahren<br />
konnte entlang des <strong>urbane</strong>n<br />
Flusslaufs eine Reihe städtebaulicher<br />
Akzente gesetzt werden, z.<br />
B. mit dem Mediatower, dem<br />
UNIQA-Gebäude und dem Kaipalast<br />
(K47). Weiters wurden u. a.<br />
Projekte wie der Twin City Liner,<br />
der Skywalk Spittelau, die Wohnhausanlage<br />
der Architektin Zaha<br />
Hadid und die Schiffstation Wien<br />
City realisiert. Für eine Belebung<br />
der Szene sorgen vor allem die<br />
summerstage, <strong>das</strong> Flex, die<br />
Strandbar Herrmann, <strong>das</strong> Badeschiff<br />
und der Tel Aviv Beach.<br />
Vom Heute zum Morgen<br />
Die Weiterentwicklung des Donaukanals<br />
zu einem vielfältigen<br />
Freizeit<strong>gestaltung</strong>s- und Naherholungsraum<br />
wird 2011 durch gezielte<br />
Maßnahmen fortgesetzt. So<br />
sollen ein Konzept zur einheitlichen<br />
und nutzungsoffeneren Möblierung<br />
<strong>das</strong> Angebot zum Relaxen<br />
erhöhen oder ein Pfl ege- und<br />
Entwicklungskonzept <strong>für</strong> die<br />
Grünfl ächen die ökologischen Potenziale<br />
stärker nutzen.<br />
„Wir sind froh, <strong>das</strong>s wir mit dem<br />
Masterplan Donaukanal viele Potenziale<br />
sichtbar machen konnten,<br />
die wir nun strukturiert ausschöpfen“,<br />
sagt Donaukanalkoordinator<br />
Bernhard Engleder. Zum Beispiel<br />
werden heuer wieder Aktionen<br />
unter dem Motto „Fairness zone<br />
am Donaukanal“ durchgeführt.<br />
Seit 1. April kann man gratis<br />
kleine Fahrradreparaturen bei der<br />
„Selber Service Station“ im Bereich<br />
der Strandbar Herrmann<br />
durchführen. Von 4. bis 8. Juli<br />
werden „FairRadler“ unterwegs<br />
sein, die Menschen am Donaukanal<br />
auf <strong>das</strong> Thema Fairness und<br />
gegenseitige Rücksichtnahme ansprechen<br />
und Vorschläge zu Verbesserungen<br />
einholen. Weiters ist<br />
es bei der summerstage ab Juli<br />
möglich, sein Rad gratis in Schuss<br />
bringen zu lassen.<br />
Der Masterplan gibt auch bei der<br />
Bürgermit<strong>gestaltung</strong> wichtige<br />
Handlungsschwerpunkte vor. So<br />
wird der im Vorjahr begonnene<br />
Beteiligungsprozess <strong>für</strong> die Gestaltung<br />
des Ermöglichungsraumes<br />
bei der Friedensbrücke heuer abgeschlossen.<br />
Dabei sollen erste<br />
Maßnahmen, wie z. B. eine Hundezone,<br />
umgesetzt werden. Dazu<br />
die zuständige Stadträtin Maria<br />
Vassilakou: „Die Ermöglichungsräume<br />
am Donaukanal beweisen,<br />
<strong>das</strong>s Bürgerbeteiligung und Partizipation<br />
ein wichtiges Anliegen<br />
bei der Entwicklung des Donaukanals<br />
sind.“<br />
Darüber hinaus weist der Masterplan<br />
die letzte kommerziell bespielbare<br />
Freifl äche zwischen Marienbrücke<br />
und Schwedenbrücke<br />
(im 2. Bezirk) aus. Über ein transparentes<br />
Verfahren soll dort ein<br />
geeigneter Investor gefunden<br />
werden. Vor Kurzem wurde außerdem<br />
<strong>das</strong> neu genutzte Otto<br />
Wagner Schützenhaus eröffnet,<br />
<strong>das</strong> im Sinne des historischen<br />
Ambientes mit Fischgerichten aus<br />
der Monarchie beleben will – ein<br />
weiterer Qualitätsbaustein in der<br />
Angebotsvielfalt. Auch mit der<br />
Neubelebung des Gastronomie-<br />
Bereiches bei der Salztorrampe im<br />
1. Bezirk wird die Aufwertung des<br />
Angebotes einen Schritt vorangehen.<br />
Geplante Projekte am Donaukanal<br />
sind zudem ein Wellness-Schiff,<br />
eine schwimmende<br />
Kulturplattform und <strong>das</strong> „Kaiserbad<br />
– Flex“. ❙<br />
> LINK<br />
wien.at/verkehr-stadtentwicklung/
less is more<br />
DONAUKANAL Obiger aussagekräftige Satz des berühmten Architekten der klassischen Moderne<br />
Ludwig Mies van der Rohe gilt auch <strong>für</strong> eine funktionierende Stadtprogrammatik: Urbanität soll<br />
womöglich von selbst „in Fluss kommen“. Das Stadtleben am Donaukanal, ein Beispiel.<br />
Der Donaukanal war seit jeher als hoch frequentiertes<br />
Infrastrukturband durch Wien<br />
angelegt. Die Regulierung des Donaustromes<br />
1870-75 zog ein infrastrukturelles Folgeprojekt<br />
nach sich, <strong>für</strong> <strong>das</strong> 1892 ein Wettbewerb<br />
ausgeschrieben wurde: Der<br />
Generalregulierungsplan <strong>für</strong> Wien sollte<br />
nicht nur die gezielte Nutzung des Donaukanals<br />
mit begleitender Anlage von Abwasser-Hauptsammelkanälen,<br />
sondern auch die<br />
Errichtung eines Stadtbahnnetzes festlegen.<br />
Entlang des Donaukanals wurden somit<br />
Entsorgung und Versorgung der Stadt festgeschrieben.<br />
Bereits nach Schleifung der<br />
Stadtmauern 1858 war der Franz Josefs Kai<br />
der erste provisorisch fertig gestellte Straßenzug<br />
der Stadterweiterung und anders als<br />
die Ringstraße war dieser nie als Prachtstraße<br />
angelegt, sondern - in Verlängerung<br />
der Einfallstraße Rossauer Lände - als breiter<br />
Handelsweg neben der Wasserstraße.<br />
Dies ist im Prinzip bis heute gleich geblieben:<br />
Am Donaukanal liegen Müllverbrennungsanlagen<br />
und Hauptkläranlage, aber<br />
auch eine der wichtigsten Einfallstraßen<br />
bzw. Durchzugsstraßen in Wien. Von der<br />
Idee der Wiener Stadtplanung aus den 60er<br />
Jahren, eine Stadtautobahn an die Unterkais<br />
des Donaukanals zu legen, blieb der<br />
Flusslauf zwar verschont, die Oberkais jedoch<br />
sind primär <strong>für</strong> den motorisierten Verkehr<br />
freigegeben.<br />
Spiel des Zufalls<br />
und der Spannung<br />
Das veränderte Mobilitäts- und Freizeitverhalten<br />
der letzten Jahre hat gleichzeitig<br />
dazu geführt, <strong>das</strong>s sich an den mittlerweile<br />
üppig zugewachsenen Ufern am Kanal <strong>für</strong><br />
Fußgänger bzw. mit Fahrrad oder Inlineskates<br />
ein eigener Bereich etablieren konnte<br />
– sei es <strong>für</strong> den täglichen Weg oder die Freizeit.<br />
Aus der permanenten Bewegung in<br />
menschlichem Tempo scheint hier noch ein<br />
Spiel des Zufalls und der Spannung möglich,<br />
welches letztendlich <strong>das</strong> Gefühl der<br />
Stadtbewohner von gelungener Urbanität<br />
beschreibt.<br />
Diese Entwicklung zum „Wasser-Boulevard“<br />
(Zitat Architekt Boris Podrecca) zieht<br />
die organisierte Bespielung nach sich: Einfache<br />
Lokale, „Beach Locations“, <strong>das</strong> Badeschiff<br />
oder die wieder etablierte sinnvolle<br />
Nutzung der Wasserstraße wie durch den<br />
Twin City Liner, dem Personenschiff nach<br />
Bratislava. Ist ein Stadtraum allerdings erst<br />
einmal mit „soft skills“ aufbereitet und<br />
durch eine expansive Besucherfrequenz in<br />
seiner spezifi schen Qualität verlässlich anerkannt,<br />
lassen die Investoren nicht lange<br />
auf sich warten und versuchen den Ort zu<br />
verwerten: An den Oberkais durch die Errichtung<br />
von Hochhäusern, an den Unterkais<br />
durch Freizeiteinrichtungen, die ebenfalls<br />
eine „Wertschöpfung“ bringen sollen.<br />
Schleichende Privatisierung<br />
Dies ist allerdings der kritische Punkt: Eine<br />
durchschnittliche „Eventisierung“ des öffentlichen<br />
Raumes ist notwendig und<br />
bringt Leben in die Stadt, sobald mit Urbanität<br />
jedoch primär Geschäft gemacht werden<br />
soll, gerät der Stadtraum zur Kulisse<br />
und kann seine eigene Qualität nicht mehr<br />
entfalten. Die schleichende Privatisierung<br />
führt zu einer Zonierung des Freiraums<br />
und engt die Nutzer erst recht wieder ein.<br />
Der Wiener Stadtplanung ist es dankenswerterweise<br />
bewusst, <strong>das</strong>s der „Hype“ um<br />
die neu entdeckte Gegend nicht dem freien<br />
Spiel der Kräfte überlassen werden darf.<br />
Denn wenn der wahre Satz „Eigentlich ist<br />
es schön am Donaukanal!“ zum Leitmotiv<br />
der sogenannten Betreiber und der freie öffentliche<br />
Raum mit zu vielen aufgesetzten<br />
Nutzungen besetzt wird, kann der funktionierende,<br />
schöne Ort empfi ndlich gestört<br />
werden. Das kann nicht Sinn der Sache<br />
sein?! ❙<br />
text I judith eiblmayr<br />
fotos I metroverlag<br />
<strong>city</strong> planning | 09<br />
+ + TALK DIREKT + + + TALK<br />
Judith Eiblmayr ist Architektin,Architekturpublizistin,<br />
Kuratorin<br />
in Wien. Zahlreiche<br />
Textbeiträge, Ausstellungen<br />
und Publikationen.<br />
Zum Thema ist im<br />
Mai 2011 <strong>das</strong> Buch: Judith Eiblmayr /<br />
Peter Payer: „Der Donaukanal – Die Entdeckung<br />
einer Wiener Stadtlandschaft“<br />
im Metroverlag erschienen.<br />
Andere Publikationen: „Der Attersee –<br />
Die Kultur der Sommerfrische“, „Haus<br />
Hoch – Das Hochhaus Herrengasse und<br />
seine berühmten Bewohner“, „Der Teufel<br />
steckt im Detail – Architekturkritik<br />
und Stadtbetrachtung“<br />
01 Funktionierendes Sommerleben am Donaukanal:<br />
Herrmanns Strandbar. 02 Personenschifffahrt als<br />
sinnhafte Nutzung am Donaukanal: Die Schiffsanlegestelle<br />
<strong>für</strong> den Twin City Liner vom Architektenteam<br />
fasch & fuchs.
<strong>city</strong> life<br />
oben v.l.n.r<br />
01 Naturparadies zum Bummeln und<br />
Verweilen: die Alte Donau<br />
02 Sommeroase und Kunstareal:<br />
<strong>das</strong> MuseumsQuartier<br />
03 Für Romantiker:<br />
Abendstimmung an der Alten Donau<br />
v.l.n.r<br />
04 Treffpunkt Donaukanal:<br />
Relaxen mitten in der Stadt.<br />
05 Ein Klassiker unter freiem Himmel:<br />
die summerstage.<br />
06 Zwei-Hauben-Restaurant:<br />
Holy-Moly! am Badeschiff.<br />
07 Hot Spot <strong>für</strong> Nachtschwärmer:<br />
der Tel Aviv Beach.<br />
> Infos<br />
www.donauinsel.at<br />
www.alte-donau.info<br />
www.sandinthe<strong>city</strong>.at<br />
www.summerstage.at<br />
www.strandbarherrmann.at<br />
www.badeschiff.at<br />
www.motto.at/mottoamfl uss<br />
www.adriawien.at<br />
www.tlvbeach.at<br />
www.neni.at<br />
Foto: WienTourismus/Bernd Preiml<br />
cooler sommer in der stadt<br />
FREIZEITOASEN Strandfeeling, kulinarische Genüsse, erfrischende Cocktails und laue Nächte am Wasser:<br />
An den schönsten Tagen im Jahr bietet Wien zahlreiche Möglichkeiten zum Relaxen und die perfekten Plätze<br />
zum Chillen unter freiem Himmel. City präsentiert Ihnen die Hot Spots der Sommersaison. I manuela prusa<br />
Urlaub in der Großstadt? Wien<br />
hat allen Daheimgebliebenen und<br />
Gästen aus dem Ausland eine<br />
Menge zu bieten: Auf der Donauinsel,<br />
an der Alten Donau und im<br />
Prater sind Erholung und Freizeitspaß<br />
garantiert. Straßencafés,<br />
Gastgärten und Heurige laden<br />
zum Besuch ein. Dazu kommen<br />
beliebte Treffpunkte im Zentrum<br />
der Stadt wie der Naschmarkt mit<br />
seinen vielen Lokalen und <strong>das</strong><br />
MuseumsQuartier mit seinen<br />
trendigen Liegemöbeln. Auch der<br />
größte City Beach Club Österreichs<br />
befi ndet sich im Herzen<br />
Wiens – SandintheCity am Heumarkt<br />
bietet 6.000 m2 Fläche und<br />
jede Menge südliches Flair mit<br />
Palmen und feinstem Sand. Darüber<br />
hinaus hat sich an den Ufern<br />
des Donaukanals eine vielfältige<br />
Gastro- und Ausgehszene angesiedelt.<br />
Klassiker summerstage<br />
Wiens Klassiker unter den Outdoor-Locations<br />
ist die summerstage<br />
bei der Rossauer Lände. Der<br />
schöne Platz <strong>für</strong> sonnige Tage und<br />
gemütliche Abende öffnete bereits<br />
Mitte der 1990er-Jahre seine<br />
Pforten. Der von Oswald Schellmann<br />
geschaffene Kultur-Kulinarik-Treff<br />
ist ein Fixpunkt des Sommers<br />
– <strong>für</strong> Kunstinteressierte (u.<br />
a. gibt es einen Skulpturengarten)<br />
und Gourmets ebenso wie <strong>für</strong><br />
Sportler (Boule, Beach Volleyball<br />
und Trampolin) und Fans von<br />
Live-Konzerten. Dank des Glaspavillons<br />
können die Gäste auch bei<br />
Regen und frischeren Temperaturen<br />
die Sicht aufs Wasser genießen.<br />
Ab 20. Juli fi nden Kochkurse<br />
statt und ab 24. Juli gibt es<br />
jeden Sonntag Literatur und Wein<br />
unter dem Motto „Gemischter<br />
Satz“.<br />
Feiner Sand, Liegestühle, eine Bar<br />
und coole Sounds warten auf die<br />
Foto: AG „Die Schöne Alte Donau”<br />
Foto: Citronenrot<br />
Foto: summerstage<br />
Besucher in der Strandbar Herrmann<br />
bei der Urania. Am Wochenende<br />
gibt’s den beliebten<br />
Brunch im Pavillon – samstags<br />
mit Jazz vom Feinsten und sonntags<br />
mit chilligem Sound. Außerdem<br />
kann man an Sonntagen<br />
Yoga am Strand praktizieren. Von<br />
22. bis 24. Juli fi ndet in der<br />
Strandbar Herrmann zudem die<br />
erste österreichische Beachhockey<br />
Trophy statt.<br />
Baden und Essen<br />
am Schiff<br />
Wer gerne mitten in der Stadt im<br />
Outdoor-Pool seine Längen<br />
schwimmen und sich am Sonnen-<br />
deck bräunen möchte, ist am Badeschiff<br />
bestens aufgehoben. Dort<br />
lädt auch <strong>das</strong> 2010 von GaultMillau<br />
mit zwei Hauben ausgezeichnete<br />
Restaurant Holy Moly zum<br />
Besuch ein. Am Festland locken<br />
Foto: Citronenrot<br />
der „Urban Biergarten“ und ein<br />
Fischmarkt.<br />
Im Vorjahr eröffnet hat <strong>das</strong><br />
„Motto am Fluss“ in der Schiffsstation<br />
Wien – mit einem schicken,<br />
ganzjährigen Gastronomieangebot<br />
mit Café und Restaurant. Im Sommer<br />
ist die Terrasse des neuen Hot<br />
Spots bis auf den letzten Platz besetzt.<br />
Auch der Outdoor-Bereich<br />
des nahe gelegenen Flex Cafés ist<br />
ein Publikumsmagnet.<br />
Tel Aviv in Wien<br />
Am linken Donaukanal-Ufer konzentriert<br />
sich die Lokalszene zwischen<br />
Augartenbrücke und Salztorbrücke.<br />
Die „Adria Wien“<br />
offeriert neben dem schönen<br />
Blick aufs Wasser einen Sandstrand,<br />
Liegen, Grill und eine Bar<br />
im Glaspavillon.<br />
Ein paar Meter weiter hat der „Tel<br />
Aviv Beach“ sein Quartier aufgeschlagen,<br />
der seit seiner Eröff-<br />
+ + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE<br />
Ossi Schellmann: Ich reise sehr<br />
viel und habe dadurch die Gelegenheit<br />
viele vergleichbare Städte<br />
rund um die Welt kennen zu lernen.<br />
Bis heute habe ich bei aller<br />
Schönheit keine Stadt gefunden,<br />
in der ich lieber leben würde als in<br />
Wien. Wien ist <strong>für</strong> mich die lebens- und liebenswerteste<br />
Stadt der Welt. Besonders angenehm fi nde<br />
ich die extrem hohe Sicherheit, <strong>das</strong> unvergleichliche,<br />
vielfältige Kulturangebot und die effi ziente<br />
und bürgernahe Verwaltung. Meine Lieblingsplätze<br />
sind mein Arbeitsplatz – die summerstage am Donaukanal,<br />
<strong>das</strong> Museumsquartier und der Musikverein.<br />
Ich lebe und arbeite seit nunmehr 35 Jahren in<br />
Wien und die Entwicklung der Stadt in diesem<br />
Zeitraum ist <strong>für</strong> mich atemberaubend und eine<br />
echte Erfolgsgeschichte. Ich fühle mich rundum<br />
wohl in Wien und wünsche mir <strong>für</strong> die Zukunft<br />
nur, <strong>das</strong>s Wien auch in Zukunft zu den lebenswertesten<br />
Städten der Welt gehören wird und ich sehe<br />
auch keinen Grund, <strong>das</strong>s sich <strong>das</strong> in naher Zukunft<br />
ändern wird.<br />
Foto: Ali Schafl er<br />
Foto: Claudio Farkasch<br />
nung im Mai 2009 eine <strong>urbane</strong><br />
Feelgood-Oase ist. Der Tel Aviv<br />
Beach ist <strong>für</strong> Wien ein trendiges<br />
Aushängeschild mit internationaler<br />
Anerkennung. Haya, Elior,<br />
Ilan und Nuriel Molcho betreiben<br />
ihn als Familienbetrieb und versuchen<br />
den positiven „Vibe“ aus<br />
Tel Aviv nach Wien zu bringen.<br />
Neben mediterran-orientalischen<br />
Köstlichkeiten und Drinks gibt es<br />
DJ-Acts und Live-Auftritte. Haya<br />
Molcho führt auch <strong>das</strong> „Neni“ am<br />
Naschmarkt und im Sofi tel <strong>das</strong><br />
neue „Neni im Zweiten“.<br />
Gleich neben dem Tel Aviv Beach<br />
ist mit dem Wiener Schützenhaus<br />
kürzlich eine neue Location dazugekommen.<br />
In dem Otto-Wagner-<br />
Bau werden Küche aus der Monarchie,<br />
eine Weinbar und ein<br />
Gastgarten geboten, wo man die<br />
Abendsonne wunderbar genießen<br />
kann. ❙<br />
Haya Molcho: Für mich<br />
ist Wien der Schmelztiegel<br />
der östlichen Hemisphäre<br />
Europas. Das Gefühl<br />
von Urbanität gibt<br />
mir Antrieb und neue<br />
Ideen. Ich liebe die kleinen<br />
versteckten Plätze in<br />
dieser Stadt, die sich einem<br />
erst nach längerem<br />
Suchen oder durch Zufall<br />
eröffnen. Meine<br />
Lieblingslocations in<br />
Wien sind der Naschmarkt,<br />
der Donaukanal,<br />
der 2., 6., 7. und 8. Bezirk.<br />
Ich verbinde mein Lebensgefühl immer stark<br />
mit gutem Essen. Wenn ich in Wien zum Beispiel<br />
ausgezeichneten Fisch essen will, gehe ich immer<br />
ins Nautilus am Naschmarkt. Wien bietet kulinarisch<br />
eine große Auswahl an interessanten Locations<br />
mit dem richtigen Flair und ausgezeichnetem<br />
Essen. Die Liebe zur Stadt wird erwidert...<br />
Foto: AG „Die Schöne Alte Donau”<br />
Foto: Peter M. Mayr
Sommer in der Stadt <strong>city</strong> life | 11<br />
Am Anfang waren die Heilbäder.<br />
Erhalten haben sich mit Vöslau<br />
und Fischau am nördlichen Rand<br />
der „Thermenline“ zwei Badeanstalten<br />
aus dem frühen 20. Jahrhundert,<br />
die dank ihres Kurort-<br />
Charmes öfter auch als Filmsets<br />
dienen. Dort schwimmt man zwischen<br />
alten Holz-Umkleiden in<br />
den als Becken mit Kiesboden gefassten<br />
kühlen Quellteichen. In<br />
derselben Zeit entstand <strong>das</strong> Thermalstrandbad<br />
Baden. Art-Déco-<br />
Bleiglasfenster im Foyer und die<br />
Umkleiden sowie Sand und Palmen<br />
im Freien evozieren ein altertümliches<br />
Adria-Gefühl.<br />
01 Quellteich im Themalfreibad<br />
Bad Vöslau 02 Becken der Kristalltherme<br />
Bad Fischau-Brunn 03 Art-Déco-Bleiglasfenster<br />
im Strandbad Baden<br />
04 Kabinengebäude im Flussbad Plank<br />
am Kamp 05 „Turmkabanen“ im Gänsehäufel<br />
06 Café-Pavillon im Bundesbad<br />
Alte Donau 07 Streng getrennt im Neuwaldegger<br />
Bad 08 Jazzband-Sgraffi to von<br />
1961 im Krapfenwaldl 09 Das Kongressbad,<br />
der Gemeindebau unter Wiens<br />
Bädern 10 Badeschiff im Donaukanal<br />
strandferien in der stadt<br />
Etwas weniger mondän badet<br />
man im Kamptal, <strong>das</strong> um die<br />
Jahrhundertwende eine kurze<br />
„Hausse“ als Sommerfrische erlebte.<br />
In den träge dahinfl ießenden<br />
Kamp mit seinem samtig-lehmigen<br />
Boden steigt man am<br />
stilvollsten im Flussbad Langenlois,<br />
entstanden um 1900, oder im<br />
reizenden kleinen Bad von Plank<br />
mit seinen charakteristischen rotweiß<br />
gesteiften Kabinengebäuden<br />
aus dem Jahr 1928. Vor wenigen<br />
Jahren neu angelegt wurden die<br />
eleganten Holzplattformen des<br />
Moorbades Schrems, entworfen<br />
von Thomas Konrad und Jakob<br />
Fina, und die von<br />
Hans Kupelwieser geplante<br />
Plattform des<br />
Seebades Lunz, die<br />
auch als Seebühne<br />
genutzt wird.<br />
Wien am<br />
Mittelmeer<br />
Der Klassiker unter<br />
den Wiener Flussbädern<br />
ist <strong>das</strong> Gänsehäufel,<br />
vom Lebens-<br />
reformer Florian Berndl auf einer<br />
Insel in der Alten Donau begründet.<br />
Nach Kriegszerstörungen<br />
bauten die Architekten Max Fellerer<br />
und Eugen Wörle <strong>das</strong> Bad<br />
1947 als leichte Sichtbeton-Konstruktion<br />
mit einem fi ligranen System<br />
aus Brücken, Stegen und Terrassen<br />
wieder auf. Der vor<br />
kurzem sorgsam restaurierte<br />
Komplex bietet ausreichend Platz<br />
<strong>für</strong> alle, vom rustikalen Donaustädter<br />
bis zum Neubauer<br />
Bobo.<br />
International vielfach publiziert,<br />
beeinfl usste <strong>das</strong> Gänsehäufel auch<br />
<strong>das</strong> wunderbare Bundesbad Alte<br />
Donau, ehemals ein Militärbad,<br />
<strong>das</strong> die Bundesgebäudeverwaltung<br />
1958 gemeinsam mit dem Landschaftsarchitekten<br />
J. O. Wladar<br />
neu errichtete. Das Bad punktet<br />
mit einem der nahen UNO-City<br />
geschuldeten internationalen Publikum,<br />
schnittigen Dauerkabinen<br />
und einem Café-Pavillon in bester<br />
Fünfziger-Jahre-Dynamik, dem<br />
schönsten Kiesstrand der Stadt<br />
und einer großen Liegewiese mit<br />
Pappeln und Platanen. Hier stellt<br />
sich mehr als anderswo<br />
<strong>das</strong> Gefühl<br />
ein, eigentlich am<br />
Mittelmeer zu sein –<br />
wenn die Boote der<br />
Segelschule vorbeiziehen,<br />
ist der Süden in<br />
Wien.<br />
Wem der Sinn eher<br />
nach dem Wienerwald<br />
steht, der wird<br />
seinem Paradies im<br />
Neuwaldegger Bad<br />
näherkommen. Das<br />
privat geführte Bad<br />
entstand in seiner jetzigen<br />
Form 1927. Die<br />
Stamm-Klientel liebt<br />
die trotz vieler Familien<br />
mit Kleinkindern<br />
immer ruhige Atmosphäre<br />
ebenso wie<br />
den Geruch von Harz,<br />
alten Holzplanken<br />
und der Wiener Küche.<br />
Parcours der<br />
Bauepochen<br />
Einst Mittelstation der Zahnradbahn<br />
zum Kahlenberg, hat auch<br />
<strong>das</strong> Krapfenwaldl eine lange Geschichte.<br />
Der älteste Teil ist ein<br />
Salettl aus dem 18. Jahrhundert,<br />
Rest eines adligen Landschaftsgartens,<br />
in dem heute <strong>das</strong> Buffet untergebracht<br />
ist. Nach der Stilllegung<br />
der Zahnradbahn wurde der<br />
Park 1921 zum städtischen Bad.<br />
Das weitläufi ge Areal ist ein Parcours<br />
der Bauepochen; in den<br />
Sechzigern entstand, dem Zeitgeist<br />
entsprechend, eine Terrasse<br />
mit Tanzfl äche und einer wandhohen<br />
Jazzband als Sgraffi to-Relief.<br />
Der Fußweg windet sich zwischen<br />
hohen Kiefern zum<br />
obersten Bassin: ein Logenplatz<br />
mit Blick nicht nur auf die malerisch<br />
drapierten durchtrainierten<br />
Körper am Beckenrand, sondern<br />
über ganz Wien bis zum Anninger<br />
und den kleinen Karpaten.<br />
Gemeindebau<br />
unter den Bädern<br />
Das Rote Wien der Zwischenkriegszeit<br />
setzte eher auf reellen<br />
Sport als auf Panorama-Posing. So<br />
etwa mit dem 1928 von Erich<br />
Leischner geplanten Kongressbad.<br />
Das immer gut besuchte „Kongo“<br />
mit seinen rot-weiß gestreiften<br />
Holzbauten ist der Gemeindebau<br />
unter den Wiener Bädern. Das<br />
bodenständige Pathos der Arbeiterbewegung<br />
wird am Eingang<br />
von zwei konstruktivistischen<br />
Fahnenmasten unterstrichen. Mit<br />
ihrem 100-m-Becken war die<br />
Anlage damals <strong>das</strong> größte Bad Europas,<br />
auch Schauplatz der Ausscheidungskämpfe<br />
zur Arbeiterolympiade<br />
von 1931.<br />
Die lange verschwundenen Donaukanalbäder<br />
des 19. Jahrhunderts<br />
fi nden heute eine <strong>urbane</strong><br />
Entsprechung im Wiener Badeschiff.<br />
An lauen Sommerabenden<br />
ist <strong>das</strong> Schwimmen im von unten<br />
beleuchteten Becken durch nichts<br />
zu schlagen. Strandferien mitten<br />
in der Stadt. Perfekt. ❙<br />
ARCHITEKTUR Die<br />
Sommer bäder von Wien<br />
und Umgebung bieten<br />
jede Menge Außergewöhn<br />
liches, Besonderes<br />
und sommerlich Bezauberndes<br />
– von<br />
historischen Kurbädern<br />
und Militär schwimm -<br />
schulen bis zu den Sportarealen<br />
und Wettkampfbecken<br />
des Roten Wien.<br />
text I iris meder<br />
fotos I iris meder
12 | <strong>city</strong> life Sommer in der Stadt<br />
01 + 02 Belgrad ist die Zweifl üssestadt,<br />
wo sich Save und Donau treffen und ist<br />
damit eine beliebte Anlegestelle <strong>für</strong> Schiffe<br />
aller Art.<br />
03 Unter der wieder errichteten Freiheitsbrücke<br />
in Novisad, Serbien, erholen sich<br />
viele am Štrand<br />
04 Auf dem Weg ins Schwarze Meer passieren<br />
Schiffe die Stadt Hainburg..<br />
05 ...ohne Schleusen geht es nicht!<br />
Es ist nicht verwunderlich, <strong>das</strong>s<br />
die Engen und Weiten des Donautales<br />
auch <strong>für</strong> <strong>das</strong> breite Publikum<br />
interessant werden. Der Balkankrieg<br />
in den 1990er Jahren<br />
schränkte die Schiffbarkeit des<br />
Stromes enorm ein. An den Folgen<br />
der Kriegsereignisse laborierten<br />
Kroatien und Serbien noch<br />
lange. Erst seit dem Jahr 2005, als<br />
die zerstörte Brücke im serbischen<br />
Novi Sad wieder errichtet wurde,<br />
ist die freie Fahrt wieder möglich.<br />
Und <strong>das</strong> beginnen die Besucher<br />
zu genießen. Schließlich begleiten<br />
beeindruckende Landschaften den<br />
Strom zu seiner Mündung: Vom<br />
Naturschutzgebiet Donauleiten in<br />
Bayern, über <strong>das</strong> UNESCO Weltkulturerbegebiet<br />
Wachau, den<br />
Nationalpark Donauauen, den<br />
Nationalpark Donau-Eipel in Ungarn,<br />
den kroatischen Naturpark<br />
„Kopački rit“, zwei serbische Naturschutzgebiete<br />
bis zum rumänischen<br />
Donaudelta. Nicht nur Österreich<br />
allein weiß die Werte der<br />
Donaulandschaft zu nützen. Auch<br />
die anderen Anrainerstaaten fokussieren<br />
ihr Interesse auf den<br />
insgesamt 2880 Kilometer langen<br />
Strom quer durch Mittelosteuropa.<br />
Dabei hilft ihnen die von<br />
der Europäischen Union ins Leben<br />
gerufene Donauraumstrategie,<br />
aber auch die Reiselust der<br />
Menschen. In Zeiten, wo die Zahl<br />
der globalen Krisenherde zunimmt,<br />
besinnt man sich gern auf<br />
<strong>das</strong> Gute, <strong>das</strong> bestenfalls auch<br />
noch nah ist. Die Donau ist „in“<br />
und <strong>das</strong> freut besonders die<br />
Kreuzfahrts- und Ausfl ugsbootunternehmer.<br />
„Unsere Passagierzahlen<br />
sind in den letzten fünf<br />
Jahren leicht, jedoch kontinuierlich<br />
gestiegen“, sagt Wolfgang<br />
Hanreich von der DDSG-Blue Danube<br />
Schifffahrt. Die einst staatlicheDonaudampfschifffahrtsgesellschaft<br />
ist heute zu gleichen<br />
Teilen in Händen des Wiener Verkehrsbüros<br />
und des Wiener Hafens.<br />
Seit 1996, der ersten Saison<br />
unter der Flagge DDSG, sind sechs<br />
Schiffe stromauf und stromab unterwegs.<br />
Das Unternehmen ist<br />
Marktführer auf den österreichischen<br />
Gewässern. „Insgesamt befördern<br />
wir auf unseren eigenen<br />
Schiffen im Rahmen der Linienschifffahrt<br />
in Wien und in der<br />
Wachau, im Bereich Charter und<br />
Themenfahrten annähernd<br />
300.000 Passagiere jährlich“, so<br />
Prokurist Hanreich weiter.<br />
Von den Donauwellen lassen sich<br />
gern auch noch<br />
andere Schiffsbäucheumspülen.<br />
Im Inland<br />
bauen die<br />
„Brandner<br />
Schifffahrt“ und<br />
die Gesellschaft<br />
„Wurm und<br />
Köck“ ihr Angebot<br />
stetig aus.<br />
Dabei ist nicht<br />
nur der Weg <strong>das</strong><br />
Ziel, sondern es<br />
zählen <strong>das</strong> Er-<br />
lebnis und die Kombinationsmöglichkeit<br />
mit regionalen Ver anstaltungen.<br />
Ein Festival, eine<br />
Landesausstellung oder ein persönliches<br />
Jubiläum will schon bei<br />
der Anreise genossen werden.<br />
Wenn einem auch noch der Donauwind<br />
um die Ohren bläst und<br />
die Aussicht vom Oberdeck neue<br />
Perspektiven eröffnet, dann ist die<br />
Chance groß, als Eindruck unvergessen<br />
zu bleiben.<br />
Eine Kreuzfahrt,<br />
die ist lustig...<br />
Spannt man einmal an den österreichischen<br />
Ufern des Flusses aus<br />
und beobachtet gedankenverloren<br />
donau ahoi!<br />
LEBEN AM FLUSS Europas zweitlängster Fluss hat nicht nur Musiker, Politiker und Versicherungsgründer in<br />
ihrem Wirken maßgeblich beeinfl usst, sondern er lockt zunehmend immer mehr Menschen zwischen Deutschland<br />
und dem Schwarzmeerdelta an Bord. Die Donauschifffahrt fährt mit enormer Schubkraft voraus.<br />
text I ilse huber<br />
fotos I ilse huber (3)<br />
via donau (2)<br />
den Schiffsverkehr, so fällt auf,<br />
<strong>das</strong>s Frachtschiffe unvergleichlich<br />
seltener unterwegs sind als Ausfl<br />
ugsschiffe. Und hier nehmen<br />
auch die Kabinenschiffe immer<br />
mehr zu. Eva Michlits leitet die<br />
Unternehmenskommunikation<br />
der österreichischen Wasserstraßen<br />
Gesellschaft Via Donau. Sie<br />
erzählt, <strong>das</strong>s jedes Jahr durchschnittlich<br />
drei neue Anbieter<br />
dazu kommen. Über 100 Kreuzfahrtschiffe<br />
befördern die Gäste<br />
meist von Deutschland ins<br />
Schwarzmeer-Delta. Der Donauhafen<br />
Passau zählt hier zu den<br />
wichtigsten An- und Ablegestellen<br />
<strong>für</strong> die sieben- bis zehntägige<br />
Reise, die in eine Richtung<br />
stromab geht. Interessanterweise<br />
gibt es Jahre, wo weniger Kreuzfahrtschiffe<br />
unterwegs sind, da<strong>für</strong><br />
aber mehr Personen befördert<br />
werden. So auch im Jahr 2010.<br />
Da legten in Wien tatsächlich weniger<br />
Schiffe an, die Anzahl der<br />
abgefertigten Passagiere hingegen<br />
stieg an. „Pro Jahr sind mehr als<br />
eine Million Fahrgäste auf Passagier-<br />
und Kabinenschiffen auf der<br />
Donau unterwegs“, hält der Geschäftsführer<br />
der Via Donau,<br />
Hans-Peter Hasenbichler, fest. Für<br />
<strong>das</strong> Unternehmen sei nicht nur<br />
der Verkehr auf der Donau relevant,<br />
sondern auch <strong>das</strong> Flussbett<br />
samt Hochwassersicherheit, bemerkt<br />
Hasenbichler: „Als Infrastrukturbetreiber<br />
kümmert sich<br />
Via Donau um rund 500 km Treppelwege<br />
in Österreich, die als<br />
Radwege von rund 1,5 Millionen<br />
Personen pro Jahr genutzt werden.“<br />
Zeitreisen am Weg<br />
Die Donauschifffahrt boomt nicht<br />
erstmals in der Geschichte. Schon<br />
Anfang des 20. Jahrhunderts<br />
baute man eine Flotte, die vereinzelt<br />
auch heute noch zu sehen ist.<br />
Nahe der Schleuse Freudenau<br />
steht <strong>das</strong> ehemalige K.u.K.-<br />
Dampfschiff „Fréderic Mistral“,<br />
<strong>das</strong> von Franz Scheriau Ende der<br />
1990er Jahre von Rumänien nach<br />
Wien geschleppt wurde und nun<br />
von ihm bewohnt wird. Gleichzeitig<br />
dient es als An- und Ablegestelle<br />
<strong>für</strong> Überfuhren zur Donauinsel.<br />
Zufall oder nicht, kurz<br />
danach gründete sich der Verein<br />
„Freunde Historischer Schiffe“.<br />
Inzwischen fasst die Gruppe 250<br />
Mitglieder, der Vereinsstandort ist<br />
Korneuburg. Wer sich mit nautischen<br />
Themen aus der Vergangenheit<br />
beschäftigen möchte,<br />
kann sich der Reise des Vereins<br />
anschließen, die heuer Ende September<br />
nach Budapest geht. ❙<br />
+ + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> P<br />
Die Stadt ist dort, wo viele<br />
Menschen leben wollen.<br />
Die oberste Prämisse ist es <strong>für</strong><br />
mich an einer Stadt zu arbeiten,<br />
an einem Wien zu arbeiten, in<br />
dem viele, viele, viele Menschen<br />
leben wollen. Nicht leben, weil<br />
sie es müssen, sondern weil sie es<br />
wollen. Ich will, <strong>das</strong>s die Stadt so<br />
gestaltet wird, <strong>das</strong>s sie jenen, die<br />
glauben im Umland, im vermeintlich<br />
Grünen ihr Heil zu suchen,<br />
ein Angebot macht. Dazu<br />
braucht es mehr Lebensqualität<br />
in der Stadt, mehr Grün- und<br />
Freiräume auch im dicht verbauten<br />
Gebiet. Für mich ist eine<br />
Stadt dort, wo Begegnung und<br />
Inspiration ist. Die Stadt ist keine<br />
Ansammlung<br />
von Häusern,<br />
Fenstern, Eingängen<br />
und Toren.<br />
Sie fi ndet<br />
nicht in geschlossenen<br />
Räumen statt, sondern in den<br />
Freiräumen, den öffentlichen<br />
Räumen, den Parks. Wien<br />
braucht Räume <strong>für</strong> Begegnung<br />
und Inspiration, denn sie sind<br />
<strong>das</strong> eigentliche Herz der Stadt.<br />
Maria Vassilakou: Geb. 1969 in<br />
Athen, 2004-2010 Klubobfrau der<br />
Grünen im Wr. Gemeinderat, seit<br />
2010 Vizebürgermeisterin und Planungsstadträtin<br />
der Stadt Wien.<br />
Foto: Lukas Beck
Fotos: iStockphoto (2)<br />
Sommer in der Stadt <strong>city</strong> life | 13<br />
+ + TALK DIREKT + + + TALK DIREKT + + + TALK DIREKT + + + TALK DIREKT<br />
Lebendige Stadt<br />
Sie können sich sicher noch an die Alltagsgeschichten<br />
der Elizabeth T. Spira erinnern.<br />
Diese mehrmals ausgezeichnete<br />
Fernsehproduktion stellte die „kleinen<br />
Leute“ in den Mittelpunkt und versuchte<br />
die „österreichische Seele“ zu zeigen. All<br />
<strong>das</strong>, was dem Österreicher, meistens dem<br />
Wiener, ein Anliegen ist, wurde von Spira<br />
fi lmisch umgesetzt: Da ging es um Menschen<br />
im Prater und beim Heurigen, um<br />
die Beziehung von Menschen zu ihren<br />
Hunden oder um „Das kleine Glück im<br />
Schrebergarten“. Dabei zeigte sie Orte zum<br />
Träumen und Leut’ ausrichten, ließ Vereinsmeier<br />
und verfeindete Nachbarn zu<br />
Wort kommen, die die Gartenanlage kontrollierten.<br />
Spira zeigte aber auch die andere<br />
Seite: eine einsame Dame, die in ihrem<br />
verwilderten Garten mit Spatzen und<br />
Amseln spricht – ein Stück Poesie eben.<br />
Ausgleich <strong>für</strong> geplagte Städter<br />
19 Jahre ist <strong>das</strong> nun her. Die Bewegung<br />
der Schrebergärtner reicht allerdings ins<br />
19. Jahrhundert zurück. In der Zeit der<br />
Industrialisierung boten Kleingärten in<br />
der Stadt den Menschen die Möglichkeit,<br />
sich mit frischem Obst und Gemüse zu<br />
versorgen. Sie waren auch als Armen-<br />
oder Arbeitergärten bekannt. Jahre später<br />
entstanden die Schrebergärten: Sie wurden<br />
nach dem Leipziger Arzt Moritz<br />
Schreber benannt, dem es vor allem um<br />
die Gesundheit der Stadtjugend innerhalb<br />
karger Mietskasernen ging. Er propagierte<br />
die Arbeit in den Gärten.<br />
Der Schrebergarten hat seinen Ursprung<br />
darin, einen Ausgleich <strong>für</strong> die von den<br />
Folgen der Industrialisierung geplagten<br />
Städter darzustellen. Da sind die Motive<br />
der heute trendigen Bewegung der Urban<br />
Farmer anders gelagert. Sie sind Teil einer<br />
Foto: Barbara Kanzian<br />
vernetzten und globalen<br />
Gesellschaft, einer Welt,<br />
in der in einem unglaublichen<br />
Tempo ständige<br />
Veränderungen passieren.<br />
Mit ihren<br />
landwirtschaftlichen Aktionen<br />
in der Stadt treten sie bewusst auf<br />
die Bremse, entschleunigen, nehmen <strong>das</strong><br />
Tempo zurück, erden sich wieder.<br />
Urban Farmers irritieren<br />
Sie legen ihre Gärten in unterschiedlichen<br />
Formen an, sei es in Gemeinschaftsgärten,<br />
in offenen landwirtschaftlichen Höfen<br />
oder in „Nacht-und-Nebel-Aktionen“, wo<br />
sie ihre Pfl anzen querfeldein verstreuen.<br />
Die Urban Farmers defi nieren den Begriff<br />
der Stadt neu, irritieren mit ihren Aktionen<br />
oft den gewohnten Blick und machen<br />
die Stadt so anders erfahrbar. Sie besetzen<br />
Orte mit anderen Nutzungen, stellen damit<br />
automatisch <strong>für</strong> die Stadtentwicklung<br />
neue Weichen.<br />
Es ist kein Zufall, <strong>das</strong>s in ihren Gärten oft<br />
alte oder seltene Pfl anzen gesät werden.<br />
Es ist vielmehr ein Zeichen da<strong>für</strong>, <strong>das</strong>s sie<br />
einen ganz bewussten Umgang mit dem<br />
Ursprünglichen pfl egen. Damit steuern sie<br />
agrarindustriellen Bewegungen und Gentechnik-Entwicklungen<br />
entgegen und<br />
machen ihren gesellschaftspolitischen<br />
Standpunkt klar sichtbar.<br />
Die Schrebergärtner frönen ihrer Lust<br />
nach Grün, schaffen sich mit ihrem Garten<br />
eine Oase und einen Rückzugsort innerhalb<br />
der Stadt. Urban Farmer hingegen<br />
gärtnern auf offenen Plätzen, laden<br />
andere ein, ihre Bewegung mit zu tragen.<br />
Eines haben beide gemeinsam: Sie sind<br />
ein lebendiger <strong>urbane</strong>r Teil, der dazu beiträgt,<br />
die Grenze zwischen Land und Stadt<br />
verschwimmen zu lassen.<br />
Foto: Werner Merzeder<br />
kartoffel<br />
statt bomben<br />
URBAN FARMING Das Landwirtschaften in der Stadt liegt ganz<br />
im Trend: Auf brach liegenden Flächen, in Hinterhöfen oder in<br />
abgewirtschaf teten Gärten und Parks werden Urban Farmer immer<br />
aktiver. Es ist nicht nur die Ernte, die den Kick ausmacht, sondern oft<br />
ist der Weg dorthin <strong>das</strong> Ziel. I barbara kanzian<br />
U3-Endstation Wien-Ottakring: Wir verlassen<br />
den Bahnhof und gehen Richtung Heigerleinstraße,<br />
zahlreiche Neubauten<br />
säumen hier abwechselnd mit Gründerzeithäusern<br />
den Weg. Die dichte Verbauung<br />
wird dazwischen immer wieder von<br />
Grünfl ächen aufgelockert. Plötzlich stehen<br />
wir vor einem rund 1000 Quadratmeter<br />
großen Garten, in dem an diesem Samstagvormittag<br />
rund 20 Leute mit Sense, Schaufel<br />
und Gartenschlauch am Werk sind. Sie<br />
haben sich eines der insgesamt 24 Beete<br />
des Nachbarschaftsgartens Heigerleinpark<br />
gemietet, bepfl anzen diese nach Belieben,<br />
plaudern und genießen einfach die Zeit<br />
miteinander. Die Idee zu diesem Garten<br />
knüpft an die erfolgreichen „interkulturellen<br />
Gärten“ an, wie es sie in Paris, Berlin<br />
oder New York gibt. Zentraler Punkt ist die<br />
Begegnung, der Austausch und die Kommunikation<br />
von Menschen unterschiedlichen<br />
Alters und Herkunft. Was in einem<br />
Bezirk wie Ottakring mit einem relativ hohen<br />
Ausländeranteil besonders wichtig erscheint,<br />
23,8 % der Gesamtbevölkerung<br />
haben hier Migrationshintergrund. „Durch<br />
<strong>das</strong> gemeinsame Gärtnern entsteht ein<br />
gleichberechtigtes Miteinander“, beschreibt<br />
Nadja Madlener, eine der Initiatorinnen<br />
<strong>das</strong> Projekt, <strong>das</strong> gemeinsam mit der Stadt<br />
Wien realisiert wurde.<br />
Auch die Bewohner des benachbarten Hauses<br />
der Barmherzigkeit kommen einmal in<br />
der Woche zum Gärtnern hier vorbei. Für<br />
sie gibt es ein Hochbeet mit einer rollstuhlgerechten<br />
Umfahrung. Auf speziellen Kinderbeeten<br />
lernt auch der Nachwuchs, wie<br />
der Weg der Lebensmittel vom Samen zur<br />
Frucht aussieht.<br />
Vorreiter Berlin<br />
Steht im Wiener Heigerleinpark speziell der<br />
Gedanke des Gemeinsamen im Vordergrund,<br />
so verfolgt z. B. der Prinzessinnengarten<br />
am Berliner Moritzplatz einen etwas<br />
anderen Ansatz. Auf einer vom Liegenschaftsfonds<br />
gemieteten 6000 Quadratmeter<br />
großen Fläche wird seit 2009 eine biologische<br />
Landwirtschaft betrieben, die alte<br />
und seltene Sorten kultiviert. Angebaut<br />
wird in recycelten Industriekörben, die ein<br />
transportables Beetsystem darstellen. So<br />
bleiben diese Gärtner mobil und können<br />
woanders Brachfl ächen, Hausdächer und<br />
Wände in Orte verwandeln, an denen Gemüse<br />
lokal und in Bioqualität wächst. Der<br />
Prinzessinnengarten versteht sich als Versuchslabor<br />
<strong>für</strong> die nachhaltige Stadt der Zukunft.<br />
In Berlin gedeiht die Urban Farming-Bewegung<br />
prächtig. Das mag einerseits mit der<br />
städtebaulichen Situation zu tun haben: Da<br />
gibt es mehr Flächen, die nicht an eine bestimmte<br />
Nutzung gebunden sind, <strong>das</strong> mag<br />
auch mit der Kreativität und Lockerheit der<br />
Berliner zu tun haben. Außerdem ist die<br />
Stadt pleite, also froh, wenn gewisse Eigeninitiativen<br />
von den Bürgern übernommen<br />
werden, meint die gebürtige Berlinerin<br />
Nadja Madlener. Bevor sie nach Wien zog,<br />
war sie bei Rosa Rose mit dabei, einer der<br />
ersten Vereine, die einen Nachbarschaftsgarten<br />
in Berlin-Friedrichshain realisiert<br />
haben.<br />
Um die Urban-Farming Vorreiterrolle Berlins<br />
künftig noch weiter auszubauen, entwickeln<br />
Forscher der TU Berlin und des<br />
Leibniz-Zentrums bis zum Jahr 2013 Potenziale,<br />
Chancen und einen Fahrplan zur<br />
Umsetzung von Anbaukonzepten in der<br />
Stadt. Mit mehr Landwirtschaft in der City<br />
soll auch die derzeitige Trennung zwischen<br />
Land und Stadt, zwischen globalisierter Agrarproduktion<br />
und städtischem Konsum<br />
aufgebrochen werden.<br />
Guerilla Gardeners<br />
Dass mitten in der Stadt Landwirtschaft betrieben,<br />
neben U-Bahn-Stationen Kartoffel<br />
geerntet werden, irritiert den üblichen<br />
Blick auf die Stadt und ermöglicht, sie anders<br />
und neu zu erfahren. Welche Generation<br />
steckt eigentlich hinter den Urban Farmers?<br />
Die Soziologin Christa Müller<br />
defi niert den Prototyp als jung und weiblich.<br />
Es ist im Speziellen die Internet-Generation,<br />
die den Garten zum Entschleunigen<br />
nutzt; er dient als Gegenmodell zum virtuellen,<br />
schnellen Raum des World Wide<br />
Web. Der Garten auch als Sinnbild <strong>für</strong> <strong>das</strong><br />
Schöne, der die Menschen auf die Qualität<br />
der Lebensmittel sensibilisiert. Und nach<br />
Müller sind diese Stadtgärten hoch politische<br />
Orte, denn die Stadtgärtner wollen mit<br />
ihrem Tun autonom sein, sich nicht in Abhängigkeiten<br />
zu großen Lebensmittelkonzernen<br />
begeben.<br />
Der politische Wille wird schon im Namen<br />
einer weiteren Form von Stadtgärtnern<br />
deutlich: Guerilla Gardeners sind bereits in<br />
zahlreichen europäischen Großstädten vertreten.<br />
Mit ihrem Versuch kleine Gärten in<br />
der Stadt ohne Lizenz anzulegen machen<br />
sie sich <strong>für</strong> die gemeinschaftliche Nutzung<br />
des öffentlichen Raums stark. Statt Bomben<br />
gibt es bei der Wiener Delegation Seedbombs,<br />
<strong>das</strong> sind Erd/Ton/Samen-Kugeln,<br />
die leicht in der Stadt verteilt werden können<br />
mit dem Ziel, <strong>das</strong>s da und dort Pfl anzen<br />
keimen und aufgehen. So friedvoll sollten<br />
alle Guerilla-Kriege ausgehen. ❙<br />
> Buchtipp und Blog<br />
Urban Gardening, über die Rückkehr der<br />
Gärten in die Stadt von Christa Müller,<br />
erschienen im oekom Verlag<br />
Blog von Barbara Kanzian<br />
www.ueber-land.eu
<strong>city</strong> architecture<br />
10 JAHRE MQ Zwei<br />
Buchstaben, die die Stadt<br />
dieses Jahr besonders bewegen:<br />
Das MQ feiert<br />
zehnten Geburtstag. Die<br />
Geburt war alles andere<br />
als leicht. I barbara jahn<br />
01 Wegweiser (Foto: Ali Schafl er)<br />
02 MUMOK (Foto: MUMOK)<br />
03 Zoom (Foto: Cathrine Stukhard<br />
ZOOM Kindermuseum)<br />
04 Wagner Raum (Foto: LEOPOLD<br />
MUSEUM Wien Promota)<br />
05 Klanghimmel (Foto: Paul Frank)<br />
Chronologie eines<br />
architektonischen Abenteuers<br />
1713 Johann Bernhard Fischer von<br />
Erlach (1656-1723) plant Hofstallgebäude<br />
am Glacis vor dem äußeren<br />
Burgtor. Beginn der Bauarbeiten 1719<br />
1725 Fertigstellung der Hauptfront<br />
1850 – 1854 Um<strong>gestaltung</strong> der<br />
Hofstallungen durch Leopold Mayer,<br />
Erweiterung um Winterreit schule und<br />
Sommerreitbahn<br />
1919 Versteigerung eines Großteils<br />
der Hofstallungen<br />
1921 Hinter der Winterreithalle wird<br />
eine große Halle errichtet<br />
1922 Bezeichnung „Messepalast“<br />
1946 Im Haupthof werden zwei<br />
große Hallen errichtet<br />
1983 Konzept <strong>für</strong> ein Kulturforum<br />
1986 Ausschreibung der ersten Stufe<br />
eines Architekturwettbewerbs mit Ausstellungshalle<br />
und Museum Moderner<br />
Kunst. Die Jury ermittelt sieben Preisträgern,<br />
darunter die Brüder Laurids und<br />
Manfred Ortner<br />
Juni 1989 Start der zweiten Wettbewerbsphase<br />
April 1990 Die Jury empfi ehlt einstimmig<br />
den Ortner-Entwurf zur Ausführung.<br />
Er sieht u.a. zwei Türme vor<br />
1995 Neuplanung. Kubatur um die<br />
Hälfte verkleinert, „Leseturm“ gekappt.<br />
Das MUMOK verliert ein Stockwerk, die<br />
Grundfl äche ist um 25% kleiner<br />
1997 Baubewilligung und positiver<br />
Bescheid des Denkmalamts. Dezember<br />
Spatenstich<br />
1998 Baubeginn<br />
Juni 2001 Abschluss der Bauphase I,<br />
offi zielle Eröffnung des Areals<br />
Sommer 2002 Das Architektenteam<br />
PPAG kreiert <strong>das</strong> Sitzmöbel „Enzi“<br />
September 2002 Abschluss der<br />
Bauphase II d.h. Renovierung des<br />
historischen Fischer-von-Erlach-Trakts<br />
Oktober 2003 Abschluss der Bauphase<br />
III, Renovierung der Räume im<br />
Mittelrisalit (Barocke Suiten)<br />
Oktober 2004 Fertigstellung MQ<br />
West, Breite Gasse<br />
eine dekade voller leidenschaft<br />
Es war schon immer ein tages-<br />
und abendfüllendes Gesprächsthema<br />
jener Generation, die mit<br />
ihm groß geworden ist. Und ist es<br />
bis heute. Damals noch Studenten,<br />
heute vielleicht schon junge<br />
Eltern, die seit 2001 den Platz<br />
heimsuchen, der sie immer bewegt<br />
hat: <strong>das</strong> MuseumsQuartier.<br />
Es ist <strong>das</strong> Kind jener Stadtväter,<br />
dessen Geburt keine leichte war.<br />
Die Frage, ob es ein Junge oder<br />
ein Mädchen werden sollte, blieb<br />
lange ungeklärt. Und doch kam es<br />
auf die Welt und hat gleich einmal<br />
polarisiert. Die einen waren<br />
zurückhaltend, denn vom ganzen<br />
Kind blieb ihrer Meinung nach<br />
„nur der Rumpf“ übrig. Die anderen<br />
jubelten, denn die Geburt war<br />
der Startschuss <strong>für</strong> etwas, <strong>das</strong> die<br />
ehemaligen Hofstallungen, nein,<br />
den siebten Bezirk, nein, ganz<br />
Wien zu etwas Besonderem<br />
machte. Wien war Gesprächsthema,<br />
weltweit. Und macht<br />
durch <strong>das</strong> MuseumsQuartier seit<br />
damals immer wieder von sich reden.<br />
Heute ist es allen egal, ob der<br />
Leseturm gebaut wurde oder<br />
nicht. Das MuseumsQuartier<br />
würde sich niemand mehr wegnehmen<br />
lassen. Zu sehr ist es den<br />
Wienern ans Herz gewachsen. Zu<br />
schauen im MUMOK und im Leopold<br />
Museum, zu essen im<br />
Dschungel, in der Halle oder im<br />
Glacis Beisl, sich auf den legendären<br />
Enzis zu sonnen oder sich<br />
überraschen zu lassen, was in die-<br />
sem großen Wohnzimmer gerade<br />
passieren könnte – alles zusammen<br />
ergibt ein Gefühl, <strong>das</strong> man<br />
nur schwer beschreiben kann. Es<br />
ist leicht, es ist schön, es ist befl ügelnd<br />
und fühlt sich so an wie<br />
eine Mischung aus Markusplatz<br />
und Versailles. Das Beste daran<br />
ist: Es dürfen alle mitmachen. Sogar<br />
die Kinder, die im ganzen<br />
Komplex nicht nur geduldet, sondern<br />
sogar willkommen sind. Eine<br />
Rarität in Wien.<br />
Die gebaute Vision<br />
Der menschliche Zustrom wird jeden<br />
Tag stärker - gerade jetzt, je<br />
näher der Sommer rückt, erlebt<br />
<strong>das</strong> MuseumsQuartier seine absolute<br />
Hochblüte. Das wäre auch<br />
ohne zehnjähriges Jubiläum so.<br />
Mit den Kommenden und Gehenden,<br />
mit den Lustwandelnden<br />
und Schaulustigen, erinnert man<br />
sich gerne zurück an eine bewegte<br />
Zeit. An echte Ruhephasen<br />
in der 300-jährigen Geschichte<br />
der Architektur kann sich niemand<br />
erinnern. Als kaiserliche<br />
barocke Hofstallungen Anfang des<br />
18. Jahrhunderts konzipiert und<br />
als späteres Messe- und Ausstellungsgelände<br />
genutzt, war es fast<br />
obligatorisch, erneut Hand anzulegen<br />
und im beginnenden Jahr-<br />
tausend einen weiteren Stempel<br />
der Zeit aufzudrücken. Wie ein<br />
roter Faden zieht es sich durch die<br />
Baugeschichte, <strong>das</strong>s man Plänen<br />
Einhalt gebot, um wieder neue<br />
Strategien zu ersinnen, die immer<br />
nur auf einer Unschlüssigkeit beruhten,<br />
die dem Bauwerk den<br />
perfekten Guss versagte. Das war<br />
vor 300 Jahren nicht anders als<br />
vor zehn Jahren. Und man fragt<br />
sich hinterher, warum eigentlich?<br />
Warum erzeugt man äußerliche<br />
Homogenität, wenn es gar keine<br />
gibt? Warum werden Unterbrechungen<br />
kaschiert und warum<br />
müssen sich die Museumsbauten<br />
vor Ehrfurcht brav „ducken“ und<br />
der Leseturm darf erst gar nicht<br />
entstehen? Im Grunde sind <strong>das</strong><br />
alles architektonische Halbwahrheiten.<br />
Trotzdem ist <strong>das</strong> Erscheinungsbild<br />
des MuseumsQuartiers,<br />
so wie es heute <strong>das</strong>teht, ein ehrliches,<br />
ein prägendes, ein nachhaltiges.<br />
Das österreichische Architekturbüro<br />
Ortner & Ortner hat es<br />
geschafft, vorhandene historische<br />
Bausubstanz mit zeitgenössischer<br />
Architektur zu verbinden, und<br />
zwar so, <strong>das</strong>s die Verknüpfung<br />
zwischen Alt und Neu, Kunst und<br />
Naherholung, Künstlern und Publikum<br />
funktioniert und authen-<br />
tisch wirkt. Schon damals bildete<br />
der Bau als architektonischer Abschluss<br />
des „Kaiserforums“ ein<br />
historisch einzigartiges Kraftfeld,<br />
<strong>das</strong> sich in seiner ganzen Wirkung<br />
über die Jahrhunderte herüber<br />
retten konnte. Doch statt aristokratischem<br />
Pferdemist gibt es<br />
heute Kultur querbeet und <strong>für</strong><br />
alle – <strong>das</strong> ist der Unterschied. Das<br />
MuseumsQuartier geht als größter<br />
Kulturbau in die Geschichte<br />
der Republik Österreich ein, der<br />
die einzelnen Kulturräume der<br />
Stadt noch näher zusammenrücken<br />
lässt. Gleichzeitig ist es zu<br />
einem Lexikon der zeitgenössi-<br />
schen Architekturszene herangewachsen,<br />
<strong>das</strong> einen repräsentativen<br />
Querschnitt darstellt. Namen<br />
wie PPAG Anna Popelka und<br />
Georg Poduschka, awg_Alles-<br />
WirdGut, BEHF, Gregor Eichinger<br />
von ehemals EOK, die französischen<br />
Architekten Anne Lacaton<br />
und Jean Philippe Vassal oder Arkan<br />
Zeytinoglu schrieben die<br />
jüngsten Kapitel dieser Geschichte,<br />
die vielleicht auch noch<br />
die nächsten 300 Jahre Österreich<br />
und die ganze Welt in Atem halten,<br />
überzeugen, begeistern wird.<br />
Die nächsten Dekaden können<br />
kommen. ❙<br />
+ + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + +<br />
Daniela Enzi, interimistische Leiterin des MuseumsQuartiers,<br />
mit CITY im Gespräch – über Vergangenheit,<br />
Gegenwart und Zukunft.<br />
City: Wenn Sie an den Anfang<br />
zurückdenken, hätten Sie mit einer<br />
so fulminanten Entwicklung<br />
des MuseumsQuartier gerechnet?<br />
Daniela Enzi: Das Museums-<br />
Quartier hat alle Erwartungen<br />
übertroffen. Als es 2001 eröffnet<br />
wurde, rechnete man mit rund<br />
einer Million Besuchern in den<br />
Institutionen, heute zählen wir<br />
3,6 Millionen pro Jahr. Ein<br />
Großteil davon kommt aus<br />
Wien, <strong>das</strong> beweist, <strong>das</strong>s <strong>das</strong><br />
MuseumsQuartier nicht nur ein<br />
beliebtes Ziel <strong>für</strong> Touristen ist,<br />
sondern auch ein Zentrum der<br />
Kultur und Erholung <strong>für</strong> die<br />
Wiener und Wienerinnen im<br />
Zentrum der Stadt.<br />
City: Realisiert wurde leider nur<br />
die „abgespeckte“ Version. Was<br />
hätte aus Ihrer Sicht verwirklicht<br />
werden sollen?<br />
Daniela Enzi: Als <strong>das</strong> MuseumsQuartier<br />
eröffnet wurde,<br />
wäre ein Bau wie der „Leseturm“<br />
ein deutlich sichtbares<br />
Signal nach außen gewesen, um<br />
es zu bewerben. Heute ist <strong>das</strong><br />
nicht mehr notwendig, denn<br />
<strong>das</strong> MuseumsQuartier ist über<br />
die Grenzen Österreichs hinaus<br />
bekannt. Dennoch wäre es<br />
schön ein architektonisches oder<br />
künstlerisches Zeichen zu haben,<br />
um zu zeigen, <strong>das</strong>s hinter<br />
den barocken Fassaden moderne<br />
und zeitgenössische Kunst und<br />
Kultur stattfi ndet.<br />
City: Was bedeutet<br />
<strong>das</strong> MuseumsQuartier<br />
<strong>für</strong> Wien?<br />
Daniela Enzi: Es ist ein Symbol<br />
<strong>für</strong> <strong>das</strong> moderne, zeitgenössische<br />
und kreative Wien. Jedes Jahr<br />
genießen tausende Touristen die<br />
weltweit einzigartige Atmosphäre<br />
dieses Areals sowie die<br />
Möglichkeit, einen Kulturbesuch<br />
mit Entspannung und <strong>urbane</strong>m<br />
Szene-Flair zu verbinden.<br />
City: Und <strong>für</strong> Sie persönlich?<br />
Daniela Enzi: Für mich ist <strong>das</strong><br />
MuseumsQuartier ein gelungenes<br />
Beispiel da<strong>für</strong>, auch junge<br />
Leute <strong>für</strong> Kunst und Kultur begeistern<br />
zu können. Durch die<br />
vielen Kulturveranstaltungen in<br />
den Höfen, wie Lesungen, Filmfestivals<br />
oder Musikprogramme,<br />
die bei freiem Eintritt stattfi nden,<br />
bieten wir unseren Besuchern<br />
einen unkonventionellen<br />
Zugang: Man kann Kultur konsumieren,<br />
muss es aber nicht.<br />
City: Wie sieht die Zukunft des<br />
MuseumsQuartier aus?<br />
Daniela Enzi: Unser Ziel ist es,<br />
unseren Besuchern auch weiterhin<br />
ein umfangreiches und abwechslungsreiches<br />
Programm zu<br />
bieten. Gleichzeitig sollen <strong>das</strong><br />
dreidimensionale Konzept des<br />
MuseumsQuartier – Kunstraum,<br />
Schaffensraum, Lebensraum –<br />
weiter fortgeführt und noch<br />
mehr als bisher Kunstprojekte<br />
im öffentlichen Raum gefördert<br />
werden.<br />
Foto: Pilo Pichler
<strong>city</strong> international<br />
<strong>city</strong> talk Zusatz | 15<br />
stadt im höhenrausch<br />
SWINGING LONDON Seit der Jahrtausendwende erlebt London einen neuen Hochhausboom. Zurzeit sind im<br />
Finanzdistrikt mehr als 30 Bürohochhäuser von mehr als 150 m Höhe in Bau. Engagierte Architekten planen und<br />
bauen aber auch <strong>für</strong> die Bevölkerung jenseits von Börsen und Banken. I iris meder<br />
Man könnte meinen, im fi ebrigen<br />
New York der Dreißiger zu sein.<br />
Damals wetteiferten Empire State<br />
und Chrysler Building um die Rekordmarke<br />
des höchsten Gebäudes<br />
der Welt. Heute heißen die<br />
Ehrgeizlinge „The Shard“, die<br />
Scherbe, und „The Pinnacle“, die<br />
Zinne. Überhaupt scheint die City<br />
of London, <strong>das</strong> Finanzzentrum<br />
der Stadt, eine einzige Baustelle<br />
zu sein. Beinahe verzwergt wirken<br />
da Landmarks wie „The<br />
Gherkin“, <strong>das</strong> Gewürzgurkerl,<br />
bürgerlich Swiss Re Building,<br />
2001-04 gebaut vom Architekten<br />
Lord Norman Foster und mit läppischen<br />
180 m knapp zwei Drittel<br />
so hoch wie Scherbe und Zinne.<br />
Wegen seiner wackligen Themse-<br />
Fußgängerbrücke hinüber zur<br />
Tate Modern wird Foster gerne<br />
auch „Lord Wobbler“, Lord Wackler,<br />
genannt. Fast harmlos mutet<br />
da der Kosename „Inside-Out<br />
Building“ <strong>für</strong> den High-Tech-Büroturm<br />
der Versicherung Lloyd‘s<br />
of London an, entworfen 1978-86<br />
von Fosters ehemaligem Partner,<br />
dem (mittlerweile zum Lord geadelten)<br />
Architekten Richard Rogers.<br />
Glasscherbe, Zinne<br />
und Käsereibe<br />
Auch heute bauen die Großen der<br />
englischen Architektur in Londons<br />
Zentrum. Von Rogers<br />
stammt der Entwurf der steilen<br />
Pyramide des „Shard“, die an der<br />
London Bridge emporwächst. Ihre<br />
310 Höhenmeter werden auf 71<br />
Etagen ein Restaurant, ein Fünf-<br />
Sterne-Hotel, Luxuswohnungen<br />
und vor allem Büros beherbergen.<br />
Der offi ziell Bishopsgate Tower<br />
genannte „Pinnacle“, geplant vom<br />
New Yorker Architekturbüro<br />
Kohn Pederson<br />
Fox und Heimat<br />
<strong>für</strong> 88 000 qm<br />
Bürofl äche, wird<br />
zwar nur 288 m<br />
und 63 Stockwerke<br />
hoch, da<strong>für</strong><br />
aber etwas<br />
früher fertig als<br />
die Scherbe und<br />
darf sich so wohl zumindest eine<br />
Zeitlang als (nach dem Mercury<br />
City Tower in Moskau) zweithöchstes<br />
Gebäude Europas fühlen<br />
– auf jeden Fall aber als Bau mit<br />
der größten Solarzellenfläche<br />
Englands. Kohn Pedersen Fox<br />
bauen gerade auch den Heron Tower<br />
(46 Stockwerke), der New<br />
Yorker Architekt Rafael Vinoly<br />
„The Walkie-Talkie“ (36 Stock),<br />
Lord Rogers „die Käsereibe“ (Leadenhall<br />
Building) mit 48 Etagen,<br />
während sich <strong>das</strong> vom Pariser Architekten<br />
Jean Nouvel entworfene<br />
Bürohaus „One New<br />
Change“ wohl nur wegen seines<br />
Standortes gegenüber St. Paul‘s<br />
Cathedral mit einer bescheidenen<br />
Höhe begnügt.<br />
Mega<strong>city</strong> London<br />
400 000 m 2 Bürofl äche sind zurzeit<br />
in der City in Bau, ein Viertel<br />
davon vermietet; im gesamten<br />
Zentrum von London sind es fast<br />
eine Million Quadratmeter. Die<br />
Vermietungsumsätze steigen, so<br />
die Makler, und auch Wohnraum<br />
gibt es: In Rogers‘ kürzlich fertiggestellten<br />
NEO Bankside Towers<br />
nahe der Tate Modern, die zu den<br />
> 400.000m 2 Bürofl äche<br />
sind zurzeit in Londons<br />
CIty in Bau <<br />
teuersten Wohnlagen der Stadt<br />
gehören, richtete die Lifestyle-<br />
Zeitschrift Wallpaper jüngst zwei<br />
todschicke Muster-Apartments<br />
ein.<br />
London war im Grunde die erste<br />
asiatische Mega<strong>city</strong> auf europäischem<br />
Boden. Im 19. Jahrhundert<br />
explodierte die Bevölkerungszahl<br />
der im Zuge der industriellen Revolution<br />
fl orierenden Stadt. 1939<br />
war mit 8,6 Millionen Einwohnern<br />
ein kaum noch erträgliches<br />
Bevölkerungsmaximum erreicht.<br />
Als sich die Stadt<br />
unkontrolliert in<br />
<strong>das</strong> Umland aus-<br />
zudehnen<br />
drohte, schuf<br />
man 1965 die<br />
Verwaltungsregion<br />
„Greater<br />
London“, mit<br />
heute etwa 14<br />
Millionen Einwohnern<br />
– London<br />
selbst hat derzeit 7,5 Millionen.<br />
1981 startete ein großes<br />
Stadtentwicklungsprogramm u. a.<br />
mit dem Ausbau von Canary<br />
Wharf und der Isle of Dogs, vernachlässigten<br />
Industriebrachen im<br />
Osten der City.<br />
Armer Osten<br />
East London ist immer noch ein<br />
sozial schwaches Gebiet. Durch<br />
die Olympischen Spiele soll die<br />
Gegend nachhaltig aufgewertet<br />
werden. Aber auch jenseits der<br />
Olympics tut sich einiges. So wird<br />
derzeit der „London Sustainable<br />
Industries Park“ in Dagenham erschlossen,<br />
ein von der London<br />
Thames Gateway Development<br />
Corporation beauftragtes und<br />
vom Architekturbüro Sergison<br />
Bates entwickeltes langfristiges<br />
Konzept eines nachhaltigen, CO2neutralen,<br />
energieautarken Gewerbegebiets<br />
mit optimaler Ökobilanz.<br />
In dem 142 ha großen<br />
Industriegebiet am Fluss soll ein<br />
Verkehrskonzept mit öffentlicher<br />
Anbindung, Rad- und Fußwegen<br />
die Mitarbeiter der Technologieunternehmen<br />
von einer Anreise<br />
mit dem Auto abhalten. Das Zür-<br />
cher Büro Vogt Landschaftsarchitekten<br />
entwickelte mit den Architekten<br />
eine Freiraumplanung mit<br />
40 m breiten Baumstreifen sowie<br />
Blumen, Gräsern und Kräutern,<br />
die dazu beitragen, den kontaminierten<br />
Boden zu reinigen.<br />
Mehr als nur Banken<br />
Jonathan Sergison und Stephen<br />
Bates haben sich bei dem Projekt<br />
nicht <strong>das</strong> erste Mal mit East London<br />
beschäftigt. So entstand 2008<br />
eine städtische Wohnhausanlage<br />
in Canning Town im Stadtteil Newham.<br />
Die 2- bis 3-Zimmer-Wohnungen<br />
haben sorgfältig geplante<br />
Grundriße mit fl exiblen, nutzungsneutralen<br />
Zonen. Alle verfügen<br />
über große, raumhohe<br />
Fenster und Balkon oder Loggia.<br />
Außen tragen die Gebäude eine<br />
langlebige Ziegelhaut, wie man sie<br />
aus den historischen englischen<br />
Arbeiter-Wohnvierteln kennt.<br />
Innen ist die Wohnqualität aber<br />
trotz aller fi nanziellen Einschränkungen<br />
erstklassig. Die Stadt<br />
besteht eben nicht nur aus Banken.<br />
❙<br />
+ + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE<br />
In Wien geht man auf einen Kaffee, in London mit<br />
einem Kaffee. Zeit ist nach Geld wohl <strong>das</strong> wichtigste<br />
Gut. Der Londoner läuft daher ständig der<br />
Zeit hinterher – daran erkennt man ihn. Öfter jedoch<br />
sitzt er in U-Bahn und Bus oder steht geduldig<br />
in Warteschlangen – und bleibt freundlich: Daran<br />
erkennt man ihn auch. Hat man es als<br />
„Newbie“ (<strong>das</strong> ist man mindestens vier Jahre lang)<br />
einmal eilig und versteht nicht, warum der Schichtwechsel<br />
am Ticketschalter gerade bei einem selbst<br />
vollzogen wird, während hinten keiner mehr steht,<br />
erntet man schnell ein „That‘s so continental!“.<br />
Auch territoriale Kriterien sind wichtig. Grob wird<br />
in Ost und West geteilt, was durchaus mit dem Gefälle<br />
von West- und Osteuropa zu vergleichen ist<br />
(Österreich liegt östlich ungefähr zwischen Stoke<br />
Newington und Bethnal Green). Gemäß dem Rat<br />
von Vivienne Westwood werden Kleidungsstücke<br />
01 „Shard“, die Glasscherbe, entworfen<br />
von Richard Rogers, wächst direkt bei der<br />
London Bridge bis auf 310 Meter in die<br />
Höhe. (Rpbw, Renzo Piano Building<br />
Workshop)<br />
02 Das 240 Meter hohe Leadenhall<br />
Building („The Cheese Grater“) von<br />
Lord Richard Rogers entsteht in unmittelbarer<br />
Nachbarschaft zum Swiss Re<br />
Building („The Gherkin“) von Konkurrenten<br />
Sir Norman Foster. (British Land)<br />
03 Wohnqualität trotz Einschränkungen:<br />
Wohnhausanlage in Canning Town,<br />
Stadtteil Newham, 2008 vom Architekturbüro<br />
Sergison Bates entworfen. (David<br />
Grandorge)<br />
so lange getragen, bis sie von den<br />
Füßen oder Schultern fallen. Dabei<br />
ist nicht festzustellen, ob die<br />
löchrigen Schuhe und abgetragenen<br />
Jacken auf Mangel oder<br />
Überschuss (an Coolness) zurückzuführen<br />
sind. Aber <strong>das</strong> ist auch<br />
ziemlich egal – in London kann man sich alles erlauben,<br />
ohne abschätzende Blicke zu ernten. Interesse<br />
aber schon: Als Kate Middleton aus dem Hochzeitsauto<br />
stieg, brach die Website der BBC<br />
zusammen – 34 Millionen Briten wollten ihr Kleid<br />
sehen (nicht den Kuss!). London wird man wohl<br />
nicht so schnell verstehen. Aber <strong>das</strong> muss man<br />
auch nicht immer.<br />
Manuela Hötzl ist Architekturkritikerin und -theoretikerin.<br />
Sie lebt derzeit als Studentin (MA Research<br />
Architecture, Goldsmiths) in East London.<br />
Foto: iris meder
16 | <strong>city</strong> international London<br />
text I ilse huber<br />
fotos I iStockphoto<br />
01 Das London Eye ist nicht nur Europas größtes<br />
Riesenrad, es bietet auch den besten Ausblick über die<br />
Metropole an der Themse<br />
02 Shakespears Globe Theatre wurde zum 300 Jahr<br />
Jubiläum endgültig wieder aufgebaut, nachdem es etliche<br />
Male zerstört worden war<br />
03 Die vielfältige Museumslandschaft erhält mit der<br />
Tate Modern einen weiteren Anziehungspunkt<br />
04 Auch <strong>das</strong> 2002 vom Londoner Architekten Norman<br />
Foster entworfene Rathaus von London steht an<br />
der Southbank.<br />
05 Zur Ausspannung <strong>für</strong> zwischendurch lädt die<br />
Uferpromenade ein, wo Veranstaltungen und Lokale<br />
<strong>für</strong> Abwechslung sorgen<br />
vom anderen ufer der themse<br />
SOUTHBANK Im April fokussierten sich die Kameras auf die royale Hochzeit des Jahres diesseits des<br />
Flusses. Kate Middleton und Prinz William gaben sich in der Westminster Abbey <strong>das</strong> Jawort. Nach dem<br />
Großereignis erweitert sich der Blick auf die andere Seite der Themse, der bunten Welt der Southbank.<br />
Eigentlich ist die Geschichte des rechten<br />
Flussufers alles andere als glamourös. Der<br />
Mittelpunkt der Politik fand seit jeher auf<br />
der anderen Seite seinen Repräsentationsort.<br />
Das Parlament, die Residenz des Premierministers<br />
- besser bekannt unter Downing<br />
Street Nr. 10, und der Sitz des<br />
Königshauses, der Buckingham Palace, sie<br />
alle befi nden sich am linken Ufer der<br />
Themse. The City of London hatte eben<br />
schon früh ihre eigenen Rechte. Jenseits<br />
des Flusses hingegen herrschte lange Ruhe.<br />
Die Häuser fädeln sich entlang enger kopfsteingepfl<br />
asteter Gassen, die so schmal sind,<br />
<strong>das</strong>s gerade mal ein Auto durchfahren<br />
kann. Jahre vor dem Milleniumswechsel<br />
wiegte sich <strong>das</strong> Viertel in stiller Ruhe. „Die<br />
Southbank war kein Ort, der in Reiseführern<br />
erwähnt wurde. Es war fi nster, die<br />
Straßenbeleuchtung schummrig, die Stimmung<br />
sogar leicht beklemmend und es waren<br />
kaum Leute auf der Straße“, beschreibt<br />
Monika Krzizala ihre Eindrücke aus ihren<br />
ersten Londonbesuchen. Sie kennt die<br />
Stadt schon seit ihrer Schulzeit. Nach wie<br />
vor fährt sie regelmäßig und begeistert immer<br />
wieder hin. Doch in den 1980er Jahren<br />
ignorierte <strong>das</strong> Stadtmarketing dieses<br />
Viertel an der Biegung der Themse völlig.<br />
Nicht zuletzt deswegen, weil es in den<br />
Jahrhunderten zuvor ein zwielichtiges<br />
Image erworben hatte. Bordelle und Spielhöllen<br />
in Form von Tierwettkämpfen wie<br />
dem „Bear baiting“, bei dem Kampfhunde<br />
auf einen krallen- und fangzahnlosen Bären<br />
gehetzt wurden, fanden hier ihre Unterkunft.<br />
Und da ist auch noch die Themse,<br />
die zeitweise weniger ein Fluss als eine<br />
Kloake war. Manche Sitzungen des Unterhauses<br />
in Westminster mussten vor der Kanalisierung<br />
unterbrochen werden, weil der<br />
Gestank nicht auszuhalten war. Doch auch<br />
Shakespeares Globe Thea-<br />
tre siedelte sich im 17.<br />
Jahrhundert hier an.<br />
Seine Geschichte ist eine<br />
durchaus durchwachsene.<br />
Wohl wirkte an dem Ort<br />
William Shakespeare<br />
höchstpersönlich als<br />
Schauspieler und Teilhaber,<br />
doch Vernichtung und<br />
Aufbau des Gebäudes wechselten einander<br />
ab. 1997, zum 300 Jahr Jubiläum, wurde es<br />
endgültig rekonstruiert.<br />
Glanz im neuen Jahrtausend<br />
Die Milleniumsfeierlichkeiten brachten einen<br />
Umschwung. „Die Southbank wurde<br />
zum offi ziellen Entwicklungsgebiet“, resümiert<br />
die jahrelange Londonliebhaberin<br />
Monika Krzizala, „<strong>das</strong> London Eye wurde<br />
aufgestellt, die Tate Modern ergänzt <strong>das</strong><br />
Museumsangebot und die Künstlerszene<br />
hat einen neuen Anziehungspunkt.“ Vom<br />
weltgrößten Riesenrad aus kann man ein<br />
Auge auf die Innenstadt werfen. Ein Sea<br />
Life Aquarium beherbergt etliche Meeresle-<br />
> Die Milleniumsfeierlichkeiten<br />
brachten den Umschwung.<br />
Der Bezirk wandelte sich zum<br />
vielbesuchten Ausgehviertel.<br />
Altes kontrastiert Neues. <<br />
bewesen, was auch gar nicht einmal so<br />
weit hergeholt ist. Schließlich ist die<br />
Themse ein Gezeitenfl uss, dessen Wasserstände<br />
durch die Nordsee ständig schwanken,<br />
<strong>das</strong> Wasser ist leicht brackig, weil salzhaltig.<br />
Von dem Tidenhub merkt man<br />
allerdings seit 1980 nur mehr wenig. In<br />
Woolwich Reach wurde ein Sperrwerk errichtet,<br />
um die schweren Flutwellen aus<br />
der Nordsee abzuwehren. Immer wieder<br />
gab es Katastrophen mit etlichen Toten. Mit<br />
der „Zähmung“ des marin beeinfl ussten<br />
Flusses konnten auch Schiffsanlegestellen<br />
eingerichtet werden, öffentliche Verkehrsmittel<br />
benutzen die Wasserstraße. Die so<br />
genannten Thames Clippers setzen als<br />
schnelle Bootsverbindungen die Menschen<br />
von Waterloo nach Greenwich über. Der<br />
> Die City of London<br />
hatte eben schon früh<br />
ihre eigenen Rechte.<br />
Jenseits des Flusses<br />
hingegen herrschte<br />
lange Ruhe. <<br />
Gabriels Wharf zieht mit seinen Bars, Cafés<br />
und Geschäften mit Blick aufs Wasser<br />
Schlenderer, Genießer und Schaulustige<br />
an. Der Bezirk wandelte sich von der vergessenen<br />
Seite im Schatten der pompösen<br />
Prunk-, Palast- und Politikszene zum vielbesuchten<br />
Ausgehviertel. Altes kontrastiert<br />
Neues. So gesellte sich zum traditionellen<br />
Old Vic Theatre <strong>das</strong> Young Vic als Veranstaltungsort<br />
<strong>für</strong> junge<br />
Talente hinzu. Etliche Galerien<br />
bringen zeitgenössische<br />
Kunst, es gibt ein<br />
Imax Kino neben dem BFI<br />
Southbank Filmcenter.<br />
„Wie lange habe ich früher<br />
nach bestimmten Orten<br />
gesucht“, erzählt Monika<br />
Krzizala, „nichts war<br />
angeschrieben, kein Wegweiser weit und<br />
breit.“ Davon kann heute keine Rede mehr<br />
sein. Individuell zusammengestellte Stadtrouten,<br />
die über soziale Netzwerke kommuniziert<br />
auf <strong>das</strong> Handy geladen werden<br />
können oder nach eigenen Vorlieben komponiert<br />
werden, sind die moderne Form<br />
der Reiseplanung. Längst spielt die Southbank<br />
Webadresse alle Stückeln der elektronischen<br />
Vermittlung.<br />
Hedonismus pur<br />
Die Qualität des <strong>urbane</strong>n Gewässers beginnt<br />
sich in sämtlichen Lebensbereichen<br />
durchzusetzen. Gern fällt in diesem Zusammenhang<br />
auch der Begriff Künstlerenklave.<br />
Das Savoir-vivre auf Englisch fi ndet immer<br />
mehr Anhänger. Schon sprießen die Festivals<br />
aus dem Boden. Von Juni bis September<br />
2011 spielt <strong>das</strong> Old Vic Theatre unter<br />
der Leitung von Kevin Spacey Shakespeares<br />
Richard III. Im Juli fi ndet <strong>das</strong> London<br />
Literatur Festival statt, ebenso <strong>das</strong> Vintage<br />
Festival. Und bis in den Herbst hinein<br />
spielt es sich zwischen Gabriel’s Wharf, Oxo<br />
Tower Wharf and Bernie Spain Gardens ordentlich<br />
ab: Straßentheater, Musik und<br />
Performances beleben die Flussufer. Da<br />
bräuchte es fast gar nicht mehr <strong>das</strong> 60-jährige<br />
Kronjubiläum von Queen Elisabeth.<br />
Aber so ist es doch dankbarer Anlassgeber<br />
<strong>für</strong> Veranstaltungen aller Art. Ob mit Familie<br />
oder mit Freunden, mit Kunstbesonnen<br />
oder Lebenskünstlern, <strong>das</strong> Angebot reicht<br />
von kulinarischen Höhepunkten bis zu diversen<br />
Wellnessaktionen. Dass London an<br />
der Themse liegt, lernt man wohl schon in<br />
der Schule, was <strong>das</strong> aber konkret bedeutet,<br />
musste auch die englische Metropole erst<br />
herausfi nden. ❙<br />
> Link<br />
www.southbanklondon.com
London <strong>city</strong> international | 17<br />
architektur <strong>für</strong> londons zukunft<br />
OLYMPIA 2012 Die in London entstehenden Bauten <strong>für</strong> die Sommerspiele sollen dauerhafte ökologische, aber<br />
auch infrastrukturelle und sozialpolitische Auswirkungen haben. Dazu kommt ein hoher architektonischer und<br />
künstlerischer Anspruch.<br />
London hat <strong>für</strong> <strong>das</strong> Jahr 2012<br />
Olympische Spiele der Nachhaltigkeit<br />
angekündigt. Die wenig<br />
später am selben Ort stattfi ndenden<br />
Paralympics sind bereits Teil<br />
dieser Nachhaltigkeit. Barrierefreiheit<br />
war demgemäß Voraussetzung.<br />
Aber nicht nur: Nachhaltigkeit<br />
heißt ganz unspektakulär<br />
auch, <strong>das</strong>s bestehende Infrastruktur<br />
genutzt und permanente Neubauten<br />
nur bei gesicherter<br />
Nachnutzung errichtet werden.<br />
Außer der Kernzone in East London<br />
sind also auch andere Schauplätze<br />
in <strong>das</strong> Konzept eingebunden<br />
– so etwa Wimbledon <strong>für</strong><br />
Tennis und Eton <strong>für</strong> Rudern.<br />
Konzept<br />
„One Planet Living“<br />
Für London geht es vor allem darum,<br />
die Lebensqualität im infrastrukturschwachen<br />
Lower Lee<br />
Valley dauerhaft zu steigern. Basierend<br />
auf dem Konzept „One<br />
Planet Living“ gründen sich die<br />
Planungen auf fünf Kernthemen,<br />
deren Berücksichtigung von einer<br />
unabhängigen Kommission überprüft<br />
wird: Minimierung von<br />
CO 2 -Emissionen, Müllvermeidung,<br />
Biodiversität – Habitats sollen<br />
erhalten bleiben und neue geschaffen<br />
werden –, Involvierung<br />
breiter Bevölkerungsschichten mit<br />
dem Ziel ethnischer und sozialer<br />
Vielfalt und schließlich die Propagierung<br />
eines nachhaltigen, gesunden<br />
Lebensstils.<br />
Den Bewohnern brachten die Planungen<br />
zunächst einmal eine<br />
Verbesserung der öffentlichen<br />
Verkehrsanbindung sowie ein<br />
Netz von Fuß- und Radwegen.<br />
Das neue Umspannwerk (Entwurf<br />
NORD architects), in dessen Ziegelmauern<br />
Vögel<br />
nisten sollen, wurde<br />
schon Ende 2009<br />
fertig, wenig später<br />
die von John Lyall<br />
Architects entworfene<br />
Kläranlage mit<br />
blau beleuchtetem<br />
Turm, Gründach<br />
und Fledermaushöhlen<br />
sowie ein<br />
vom Londoner Architekturbüro<br />
John<br />
McAslan & Partners<br />
geplantes Biomasse-<br />
Holzschnitzel-Heizwerk.<br />
Olympic Park auf ehemaligem<br />
Industriegelände<br />
Abgesichert durch einen hohen<br />
Bauzaun entstehen die olympischen<br />
Neubauten im 2,5 km² großen<br />
„Olympic Park“. Gemäß dem<br />
Masterplan der Architekten Allies<br />
& Morrison werden, an die große<br />
Tradition englischer Gärten anknüpfend,<br />
auf dem dekontaminierten<br />
früheren Industriegelände<br />
Wasserläufe gereinigt, mehr als<br />
4000 heimische Bäume gepfl anzt,<br />
Feuchtbiotope und Wildblumen-<br />
wiesen angelegt und damit, vor<br />
allem im Nordteil, Lebensräume<br />
<strong>für</strong> Amphibien, Reptilien, Vögel<br />
und Insekten geschaffen. Der<br />
Südteil wiederum sieht einer<br />
Nachnutzung mit Veranstaltungsfl<br />
ächen und Cafés entgegen. Für<br />
heftige Kontroversen im Park<br />
sorgt eine 115 m hohe rote Turm-<br />
Spirale, entworfen vom Turner-<br />
Preisträger Anish Kapoor und<br />
dank der Finanzierung durch den<br />
indischen Stahlmagnaten<br />
Lakshmi „ArcelorMittal Orbit“ genannt.<br />
Ansammlung von<br />
Spitzen architektur<br />
Der größte Bau im Park ist <strong>das</strong><br />
spinnenartig über dem Wasser sitzende,<br />
über fünf Fußgängerbrücken<br />
zugängliche Olympiastadion,<br />
entworfen von der Designergruppe<br />
Populous, gemeinsam mit<br />
dem englischen Architekten Peter<br />
Cook. Den 25.000 permanenten<br />
Plätzen des Stadions wurde eine<br />
temporäre leichte Stahlbetonkonstruktion<br />
mit weiteren 55.000<br />
Plätzen aufgesetzt. Das Brückensystem,<br />
<strong>das</strong> während der Spiele<br />
der Hauptzugang zum Park ist,<br />
bildet gleichzeitig einen Teil des<br />
Dachs des von Zaha Hadid entworfenen<br />
wellenförmigen Aquatics<br />
Centre. Der elegante holzverkleidete<br />
Bau des <strong>für</strong> die<br />
Kanu-Slalom-Bewerbe von FaulknerBrowns<br />
Architects geplanten<br />
„Lee Valley White Water Centre“<br />
wird bereits seit April genutzt.<br />
Weiter stehen im Park die Basketball<br />
Arena (Planung: Wilkinson<br />
Eyre / KSS Design<br />
Group), eine leichte,<br />
helle Fachwerkkonstruktion<br />
und mit<br />
12 000 Plätzen der<br />
drittgrößte Bau auf<br />
dem Gelände, die<br />
Handball Arena<br />
(Make Architects /<br />
PTW / Ove Arup),<br />
ein Quader mit kupferverkleidetem<br />
Stahlrahmen und natürlicher Belichtung<br />
über 88 Deckenöffnungen<br />
und <strong>das</strong> von Michael Hopkins<br />
Architects entworfene Velodrom<br />
mit emporschwingendem doppelt<br />
gewelltem Stahldach – so soll<br />
auch die nordwestenglische Stahlindustrie<br />
unterstützt werden.<br />
Für Nachnutzung<br />
ist gesorgt<br />
Großes Lob, auch von der Eminenz<br />
der britischen Architektur<br />
Lord Richard Rogers, kommt vor<br />
allem <strong>für</strong> <strong>das</strong> Stadion, während<br />
<strong>das</strong> Medienzentrum, eine gigantische<br />
Schachtel <strong>für</strong> 20 000 Journalisten<br />
und Catering-Zentrum <strong>für</strong><br />
täglich 50 000 Mahlzeiten, nicht<br />
nur von Anwohnern kritisch beurteilt<br />
wird. Sie äußern die Ver-<br />
mutung, <strong>das</strong>s sich die ersehnten<br />
Technologieunternehmen garantiert<br />
woanders ansiedeln würden,<br />
sollten deren Vertreter die trostlosen<br />
Räumlichkeiten sehen.<br />
Schließlich wurde als kosmetische<br />
Maßnahme die Außenhaut des<br />
Baus überarbeitet – mit einem<br />
Schachbrettmuster.<br />
Ob die Unternehmen nun kommen<br />
oder nicht – im Olympischen<br />
Dorf, <strong>das</strong> von mehreren Architekten<br />
in <strong>das</strong> Freiraumkonzept des<br />
Zürcher Büros Vogt Landschaftsarchitekten<br />
eingebettet wurde,<br />
stehen nach dem<br />
Auszug der 17.000<br />
Sportler, Trainer und<br />
Funktionäre 2.800<br />
neue Wohnungen,<br />
davon die Hälfte Sozialwohnungen,<br />
zur<br />
Verfügung, die auch<br />
von der Infrastruktur<br />
mit Läden, Restaurants<br />
und Poliklinik<br />
profitieren. Zur<br />
Wohnsiedlung gehört<br />
auch <strong>das</strong> von<br />
den Architekten Allford<br />
Hall Monaghan<br />
Morris geplante<br />
Schulzentrum<br />
„Chobham Academy“.<br />
Nicht zuletzt <strong>das</strong> wird <strong>für</strong><br />
ein lebendiges neues Stadtviertel<br />
sorgen. ❙<br />
+ + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE + + + <strong>city</strong> PEOPLE<br />
Im Vergleich zu London fühlte sich Wien in den ersten<br />
Monaten zu langsam an. Mit der Zeit realisierte<br />
ich aber, <strong>das</strong>s man in Wien in einer normalen,<br />
menschlichen Geschwindigkeit lebt und in London<br />
eine unnatürliche Geschwindigkeit herrscht. Es gibt<br />
zweifellos mehr Möglichkeiten im Bereich der Kultur<br />
in einer Stadt wie London, die Arbeits- und Lebensqualität<br />
ist in Wien aber ganz anders. In der<br />
Stadtentwicklung gibt es zwar Ähnlichkeiten, aber<br />
text I iris meder<br />
fotos/renderings I London 2012<br />
01 + 02 Aquatic Center <strong>für</strong><br />
Olympia 2012<br />
03 + 04 Velodrome<br />
05 Handballarena<br />
auch große Unterschiede. Und ich<br />
hoffe sehr, <strong>das</strong>s gerade diese Unterschiede<br />
bleiben.<br />
Jasper Sharp ist Kunsthistoriker<br />
und Kurator. Nach London, Venedig<br />
und New York lebt er seit 2006 in<br />
Wien, wo er als Kurator <strong>für</strong> Moderne und Zeitgenössische<br />
Kunst im Kunsthistorischen Museum arbeitet<br />
Foto: Archiv
18<br />
<strong>city</strong><br />
| <strong>city</strong> talk Zusatz<br />
design<br />
text I barbara jahn<br />
fotos I hersteller<br />
Aus der Feder von Barber & Osgerby stammen<br />
der Kleiderständer „Saturn <strong>für</strong>“ Classicon und<br />
der Stuhl „Tip Ton“ <strong>für</strong> Vitra.<br />
Terence Conran kennt beinahe jeder. Tom<br />
Dixon auch. Von Tricia Guild gar nicht erst<br />
zu reden. Diese Namen sind jedem designsinnigen<br />
Ohr geläufi g. Zwangsläufi g reduziert<br />
sich die britische Gestaltungslandschaft<br />
auf ein paar Stars, die dem britischen<br />
Design auf die Sprünge geholfen haben,<br />
denn sie haben es geschafft die Blümchen-<br />
Tapete salonfähig zu machen, den Chesterfi<br />
eld-Stil an <strong>das</strong> dritte Jahrtausend anzupassen<br />
und mit einem Schuss Ironie die<br />
Kreativszene auf der Insel aufzumischen.<br />
London leistet sich sogar ein eigenes Design-Museum,<br />
ein eindeutiger Beweis da<strong>für</strong>,<br />
<strong>das</strong>s hinter den altehrwürdigen Mauern<br />
der Docks und Wharfs entlang der<br />
Themse mehr kreatives Potenzial stecken<br />
muss, als der Durchschnittverbraucher<br />
überhaupt erahnen kann. Und es ist ziemlich<br />
wahrscheinlich, <strong>das</strong>s gerade dieser<br />
auch schon ein Stück „besessen“, „begriffen“<br />
oder in Augenschein genommen hat,<br />
auf dessen Etikett nicht gerade Namen wie<br />
Conran, Dixon oder Guild stehen.<br />
Zwei Strategien – ein Weg<br />
Ganz egal, was auf sie auch zukommt, die<br />
beiden packen´s an: Luke Pearson und Tom<br />
Lloyd sind seit 1997 mit ihrem eigenen und<br />
unter anderem auch preisgekrönten Londoner<br />
Designstudio unterwegs zu neuen<br />
Herausforderungen. Eigentlich ist es genau<br />
umgekehrt, denn die Herausforderungen<br />
kommen zu ihnen. Ihr Repertoire reicht<br />
von der Gestaltung von Möbeln, Leuchten<br />
und Gebrauchsgegenständen bis hin zu<br />
Konzepten <strong>für</strong> Interieurs und öffentliche<br />
Plätze, vieles davon wurde mit den höchsten<br />
Designauszeichnungen belohnt. Und<br />
die Namen ihrer Auftraggeber können sich<br />
ebenfalls sehen lassen, denn sie heißen Artemide,<br />
Bene, Classicon, Fritz Hansen,<br />
Knoll International, Lufthansa, Walter<br />
Knoll oder Virgin Airlines. Das Erfolgsgeheimnis<br />
dieser harmonischen „Design-Ehe“<br />
liegt wohl in der speziellen Art, wie die beiden<br />
miteinander umgehen – in ihrer Herangehensweise<br />
völlig unterschiedlich, ergänzen<br />
sie einander perfekt und pfl egen<br />
den intensiven Dialog und die tiefe Auseinandersetzung<br />
mit den Aufgaben, die auf sie<br />
zukommen. Arbeitsteilung halten die beiden<br />
<strong>für</strong> nicht sinnvoll, zu sehr schätzen sie<br />
PearsonLloyd entwarfen unter anderem den Stuhl „Lox“ <strong>für</strong> Walter Knoll,<br />
den Sessel „Eleven“ <strong>für</strong> Alias und <strong>das</strong> System „Parcs“ <strong>für</strong> Bene (v.l.n.r.).<br />
die Inputs und die Kritik des anderen. „Wir<br />
mögen die Komplexität von Beziehungen,<br />
die Komplexität der Produktion und die<br />
Komplexität der Branchen“, sagt Tom<br />
Lloyd, der Möbeldesign in Nottingham und<br />
Industriedesign am Royal College of Art<br />
studierte. Dort lernte er sein späteres Alter<br />
Ego Luke Pearson kennen, der <strong>das</strong> Fach<br />
Möbeldesign belegt hatte und Industriedesign<br />
am Central Saint Martins College<br />
of Art ebenfalls mit dem Master<br />
abschloss. Dem Royal College<br />
of Art in London sind beide bis<br />
heute treu geblieben, als<br />
Gastdozenten. Wie Tom<br />
Lloyd ist auch Luke Pearson<br />
davon überzeugt, <strong>das</strong>s<br />
sich die Disziplinen Industrie-,<br />
Möbel- und Produktdesign<br />
intelligent miteinander<br />
verknüpfen<br />
lassen: „Einer der interessantesten<br />
und zugleich wichtigsten<br />
Aspekte im Designprozess<br />
ist immer die Augen offen<br />
zu halten und ständig neue Informationen<br />
zu sammeln. Man sollte nie<br />
davon ausgehen, <strong>das</strong>s man bereits alles erfasst<br />
hat.“<br />
Zwei Namen – ein Gedanke<br />
Wie fruchtbar müssen die Neunziger Jahre<br />
am Royal College of Art in London gewesen<br />
sein? Denn auch Edward Barber and<br />
Jay Osgerby machten dort beide ihren Abschluss.<br />
Allerdings in Architektur und Innenarchitektur.<br />
Doch die Brücke zum Design<br />
war bald geschlagen: Schon bei ihren<br />
Diplomarbeiten setzten sie sich<br />
mit dem großen Thema Design<br />
auseinander. Noch<br />
intensiver dann danach,<br />
als sie immer<br />
wieder versucht<br />
haben, die<br />
richtigen Objekte<br />
<strong>für</strong> die<br />
von ihnen gestalteten<br />
Räume zu<br />
finden. Das stellte<br />
sich jedes Mal als sehr<br />
schwierig heraus, und so<br />
begannen sie, die <strong>für</strong> sie „richtigen“<br />
Möbel einfach selber zu entwerfen.<br />
Begonnen hat alles ebenfalls 1997, als auf<br />
der „100 % Design“ ihr Tisch „Loop“ entdeckt<br />
wurde, der Teil eines Restaurantprojektes<br />
gewesen war. Niemand geringerer als<br />
der italienische Design-Zampano Giulio<br />
Cappellini war von dem mit spartanischem<br />
Surrounding präsentierten Tisch dermaßen<br />
fasziniert, <strong>das</strong>s er ihn sofort produzieren<br />
wollte. Jasper Morrison ist Zeuge. In der<br />
Zwischenzeit gehören auch sie zu den ge-<br />
mister, master, musterknaben<br />
KREATIVES LONDON Briten ticken manchmal anders. Ja. Aber sie lachen nicht nur im Keller und stricken<br />
dabei Design <strong>für</strong> Backyard-Architektur. Man muss nicht zweimal hinsehen, um die wahren Qualitäten<br />
der britischen Designer herauszufi nden und um zu verstehen, wie gut sie eigentlich wirklich sind.<br />
fragtesten zeitgenössischen Designern.<br />
Auch sie lassen sich aber nicht in eine bestimmte<br />
Schablone quetschen, sondern<br />
verstehen sich viel mehr als Schnittstelle<br />
von Industriedesign, Möbeldesign und Architektur.<br />
Eine Qualität, die neben Cappellini<br />
auch Vitra, Classicon, Established &<br />
Sons, Flos und Venini, aber auch Stella Mc-<br />
Cartney, H&M, Paul Smith und Damien<br />
Hirst erkannten, <strong>für</strong> die die beiden<br />
Designer unter dem Label Universal<br />
Design Studio ihre Architekturprojekte<br />
durchzogen. Der<br />
Name BarberOsgerby hingegen<br />
ist und bleibt ausschließlich<br />
dem Design<br />
vorbehalten. Man soll die<br />
Dinge eben nie unnötig<br />
miteinander vermischen.<br />
Ein Mann –<br />
viele Talente<br />
Der geborene Londoner Michael<br />
Sodeau studierte Produktdesign<br />
am Central Saint<br />
Martins College of Art & Design,<br />
wo er 1994 graduierte. Er war ein<br />
Gründungsmitglied von Infl ate, und auch<br />
er startete schließlich 1997 mit seinem eigenen<br />
Designstudio „Michael Sodeau Partnership“<br />
voll durch. Und er konnte durch<br />
sein Multitalent viele Hersteller <strong>für</strong> sich gewinnen,<br />
darunter Abet, Architectural Lighting,<br />
Asplund, Gervasoni, Isokon Plus,<br />
Liv‘it, Magis und Modus sowie Offecct, Royal<br />
Doulton, SCP, Swedese, Tronconi, Thonet<br />
Vienna und Wedgwood. Doch <strong>das</strong> ist<br />
<strong>für</strong> ihn noch immer nicht genug Arbeit:<br />
Michael Sodeau kuratiert Ausstellungen<br />
in Großbritannien<br />
und den großen<br />
Eines der bekanntesten<br />
Produkte von Michael Sodeau (o.)<br />
ist der Drehstuhl „Oyster“<br />
<strong>für</strong> Offecct.<br />
Städten der ganzen<br />
Welt, gestaltet<br />
Messestände,<br />
entwirft Restaurants<br />
und<br />
Geschäfte und<br />
entwickelt Markenidentitäten,<br />
Grafi ken und Web-<br />
Design. Daneben blieb<br />
ihm sogar noch ein bisschen<br />
Zeit, ein Buch mit dem Titel<br />
„Once upon a line“ zu verfassen und da<strong>für</strong><br />
zu sorgen, <strong>das</strong>s einige seiner Entwürfe in<br />
der ständigen Sammlung des „Victoria &<br />
Albert Museums“ zu sehen sind.<br />
Ganz ehrlich? Es gibt etwas, was diese Herren<br />
so sympathisch macht. Sie schreien<br />
nicht am lautesten, wenn es darum geht,<br />
einen Auftrag zu ergattern. Sie blühen fast<br />
im Verborgenen und sind trotzdem präsenter<br />
als so manch anderer. Echte Gentlemen<br />
eben. ❙<br />
> Infos<br />
www.barberosgerby.com<br />
www.michaelsodeau.com<br />
www.pearsonlloyd.com
„Dune“ von Rainer Mutsch <strong>für</strong> Eternit<br />
schmankerl zum aperitivo<br />
KREATIVES ÖSTERREICH Die Ausstellung „Design Vision Austria“ während des „Salone Internazionale del<br />
Mobile 2011“ ließ vergessen, <strong>das</strong>s zwischen Wien und dem Designmekka Mailand 800 Kilometer liegen. Österreich<br />
mischt mit in der internationalen Designszene. Und zwar ordentlich.<br />
Der Deutsche Rat <strong>für</strong> Formgebung,<br />
junges Design aus Polen<br />
und Serbien, aus Israel und aus<br />
Belgien – sie alle präsentierten<br />
sich im Rahmen des Fuori Salone<br />
in Mailand in den heruntergekommenen<br />
ehemaligen Fabriksgebäuden,<br />
die diesen<br />
unbestechlichen<br />
Bohemien-<br />
Charme haben.<br />
Eine Art nationaleMikrodörfer,<br />
die scheinbar<br />
zur Tradition<br />
werden.<br />
In der Via Bugatti,<br />
einer<br />
eher unscheinbarenSeitengasse<br />
der pulsierenden<br />
Via Tortona,<br />
sprach man österreichisch<br />
und zwar auf die<br />
ganz besondere Art. Die Austrian<br />
Design Party war nur der<br />
Auftakt einer glanzvollen Ausstellungswoche<br />
österreichischer<br />
Gestaltungstradition, an der Unternehmen<br />
genauso teilnahmen<br />
wie Designer und internationale<br />
Kreative, die mit einheimischen<br />
Institutionen eng zusammenarbeiten.<br />
So reihte sich etwa<br />
Pearson Lloyds Bürokonzept<br />
„Parcs“ von<br />
Bene an Wolfgang<br />
Joops Hochlehner<br />
„Harlem“ <strong>für</strong> die<br />
Neue Wiener<br />
Werkstätte, die<br />
Kommode<br />
„Mrs. Robinson“<br />
von Pudelskern<br />
nahm<br />
neben der Neuaufl<br />
age des Universalmöbels<br />
„Enzi“ von MN*LS<br />
und PPAG Platz. Während<br />
Sitzmöbel „Dune“<br />
von Rainer Mutsch und<br />
Pfl anzgefäß „DuneCubik S“ von<br />
Martin Mostböck – beide aus<br />
Eternit – die Gesellschaft von Philipp<br />
Brunis „Pinocchio“ <strong>für</strong> die<br />
Porzellanmanufaktur Augarten<br />
spannend fanden, hielt die Möbelgruppe<br />
High-Tech Low-Tech<br />
Furniture des Designduos Walking<br />
Chair neben der Serie<br />
„Vindobona“ von Claesson Koivisto<br />
Rune ein Pläuschchen mit<br />
Thomas Feichtners „Vienna Teapot“,<br />
allesamt Kreationen <strong>für</strong> die<br />
Wiener Silber Manufaktur. Kurz<br />
und gut: Eine echt gute Melange.<br />
Schluss mit<br />
Fußstapfen-Treten<br />
Es liegt nicht nur an der gemeinsamen<br />
Landesgrenze, <strong>das</strong>s sich<br />
Österreich mit Italien stark verbunden<br />
fühlt. Es ist <strong>das</strong> Fingerspitzengefühl<br />
<strong>für</strong> Formge-<br />
„Pinocchio“ von<br />
Philipp Bruni <strong>für</strong> Augarten<br />
bung, wie es in einem<br />
Objekt von Lobmeyr<br />
Ausdruck findet,<br />
selbst wenn dieses<br />
nicht funkelt und<br />
glitzert, sondern als<br />
nüchterner Basket<br />
von Marco Dessi<br />
von der Decke<br />
hängt und trotzdem<br />
ebenso glänzt. Das<br />
Feinsinnige findet<br />
man aber auch in der<br />
hauchdünnen Glasserie<br />
von Monica Singer oder<br />
im „One Crystal Chandelier“ von<br />
Thomas Feichtner, die nicht nur<br />
die Marke Lobmeyr, sondern ihre<br />
ganze Umgebung zum Strahlen<br />
bringen. Ebenso viel Sensibilität<br />
erfordern auch Kooperationen<br />
mit Augarten und der Silbermanufaktur,<br />
die beide ihren Traditionen<br />
stark verpflichtet<br />
sind. Da können Produzenten<br />
wie Team 7<br />
oder Bene wesentlich<br />
entspannter<br />
„Harlem“ von Wolfgang Joop<br />
<strong>für</strong> Neue Wiener Werkstätte<br />
sein: Sie sind<br />
zwar auch stolze<br />
Österreicher,<br />
aber bei Weitem<br />
flexibler, was<br />
die historische<br />
Verpfl ichtung<br />
angeht. Nichtsdestotrotz<br />
werden<br />
auch hier die Designer<br />
sorgfältigst aus-<br />
gewählt. Schließlich<br />
hat man viel zu verlieren:<br />
Österreich hat sich endlich<br />
aus dem Erbe Josef Hoffmanns<br />
und der Wiener Werkstätte befreit<br />
und bewegt sich – dank ambitioniertem<br />
und talentiertem<br />
Nachwuchses – selbstbewusst<br />
über <strong>das</strong> internationale Design-<br />
Parkett. Erlesen und – Verzeihung<br />
– fast aristokratisch. Doch<br />
Aristokratie ist längst Geschichte,<br />
wenn auch die Affi nität zum<br />
Glanz alter Zeiten da und dort<br />
noch immer ein wenig durchblitzen<br />
darf.<br />
Wirtschaftsfaktor Design<br />
Längst hat man auch in Österreich<br />
erkannt, <strong>das</strong>s man aus guter<br />
Gestaltung Potenzial gewinnen<br />
kann. Während man <strong>für</strong> den Tourismus<br />
immer noch alles Mögliche<br />
unter die schützende Glasglocke<br />
stellt, durchdringen junge,<br />
neue Ansätze den Alltag, die eine<br />
gewisse Würze und Frische spüren<br />
lassen. Um <strong>das</strong> auch nach außen<br />
zu tragen, durften sich die so<br />
genannten „Österreicher“ heuer<br />
bereits zum zweiten Mal im Rahmen<br />
eines Benchmark-Events<br />
präsentieren. Veranstaltet wurde<br />
die Inszenierung heimischen<br />
Könnens von der Außenwirtschaft<br />
Österreich (AWO)<br />
im Rahmen einer Initiative<br />
von Wirtschaftsministerium,Wirtschaftskammer<br />
und in Kooperation<br />
mit der Österreichischen<br />
Möbelindustrie<br />
und Wien Products.<br />
„Altes<br />
Handwerk und<br />
neues Design verbinden<br />
sich hier zu<br />
einer spezifi sch österreichischen,<br />
sehr qualitätsorientierten<br />
Form von<br />
Produktkultur“, erklärt AWO-<br />
Abteilungsleiter Walter Koren.<br />
Aufstieg zur Design-Nation<br />
In Mailand hat es sich nun einmal<br />
mehr herumgesprochen:<br />
„Möbel ,Made in Austria‘ stehen<br />
<strong>für</strong> die Verbindung von handwerklichen<br />
Traditionen, spannendem<br />
Design und industrieller<br />
Präzision. Dadurch ist eine hohe<br />
Qualität der Produkte gewährleistet“,<br />
heißt es von Seiten der Österreichischen<br />
Möbelindustrie,<br />
die sich mit dem fulminanten Erfolg<br />
des Events sehr zufrieden<br />
zeigt. Schließlich leistet die Veranstaltung<br />
einen weiteren wichtigen<br />
Beitrag <strong>für</strong> die internationale<br />
Anerkennung des Designlandes<br />
Österreich, <strong>das</strong> viel zu lange unterbewertet<br />
war und endlich –<br />
dank potenter und vor allem<br />
ernsthafter Initiativen - wieder<br />
verstärkt wahrgenommen wird.<br />
Zudem ist gerade Italien nach<br />
Deutschland Österreichs zweitwichtigster<br />
Exportmarkt. Was in<br />
den letzten Jahren gesät wurde,<br />
kann nun also endlich geerntet<br />
„Vienet“ von Copa<br />
werden, denn die wirtschaftlicheBedeutung<br />
des Designs<br />
in Österreich<br />
hat sich<br />
durch<br />
diese<br />
überaus<br />
positive<br />
Entwick- „Drawing Lamp“ von Thomas Feichtner<br />
lung stark gewandelt.ÖsterreichsMöbelhersteller<br />
haben erkannt, <strong>das</strong>s<br />
die Positionierung durch ein starkes<br />
Design ein ausschlaggebender<br />
Faktor <strong>für</strong> den differenzierten<br />
Marktauftritt und den internationalen<br />
Erfolg ist. Zahlreiche<br />
internationale<br />
Designauszeichnungen<br />
sind schließlich<br />
der endgültige Beweis<br />
da<strong>für</strong>. ❙<br />
„Basket“ von Marco Dessi <strong>für</strong> Lobmeyr<br />
> Links<br />
www.cosmit.it<br />
www.wko.at/awo<br />
www.wittmann.at<br />
Streifl icht<br />
Kaum zu glauben, aber wahr:<br />
Beim größten und wichtigsten Möbelsalon<br />
mischte sich lediglich ein einziges<br />
österreichisches Unternehmen in den<br />
bunten, international hochkarätig<br />
besetzten Designreigen:<br />
Wittmann. So<br />
ernüchternd dieses Faktum<br />
auch klingen<br />
mag, so eupho-<br />
risch kann man<br />
dem tra di tionsreichen Familienunternehmen<br />
nur gratulieren.<br />
Mut? Nein, Mut erfordert <strong>das</strong> wahrhaft<br />
nicht. Schon gar nicht, wenn man Jean<br />
Nouvel „im Gepäck“ hat. Dessen neue<br />
Möbelkollektion „Vienna“, in Wien erst-<br />
<strong>city</strong> design | 19<br />
„Mrs. Robinson“ von Pudelskern<br />
text I barbara jahn<br />
fotos I niels stoltenborg,<br />
hersteller / designer<br />
mals der Öffentlichkeit präsentiert, liegt<br />
mit ihrer unpräten tiösen Art ganz im<br />
Trend. Geradlinig, souverän, zurückhaltend<br />
und vor allem auch in der neuen<br />
viel gesichteten Trendfarbe Grau setzt<br />
sie den Menschen, der darauf Platz<br />
nimmt, in Szene. Und nicht<br />
„Vienna“ von<br />
Jean Nouvel <strong>für</strong> Wittmann<br />
umgekehrt. Damit bleibt Nouvel seinen<br />
eigenen Prinzipien treu und lässt <strong>das</strong><br />
Möbel <strong>das</strong> sein, was es sein soll:<br />
ehrlich.
<strong>city</strong> events<br />
Bis 26. 8. 2011<br />
Ausstellung<br />
Wienbibliothek<br />
„Die Vermessung Wiens“ präsentiert<br />
Lehmanns Adressbücher von 1859 bis<br />
1942 – die Vorläufer heutiger Branchenplattformen.<br />
Wienbibliothek im Rathaus,<br />
Lichtenfelsgasse 2, 1010 Wien<br />
www.wienbibliothek.at<br />
Bis 28. 8. 2011<br />
Kinder<br />
ZOOM Kindermuseum<br />
Meer, Eissalon & Co.: Das Kindermuseum<br />
lädt zur Mitmachausstellung<br />
„Die großen Ferien“.<br />
ZOOM Kindermuseum,<br />
Museumsplatz 1, 1070 Wien<br />
www.kindermuseum.at<br />
Bis 20. 9. 2011<br />
Ausstellung<br />
LIECHTENSTEIN MUSEUM<br />
Meisterwerke europäischer Malerei<br />
aus der Hohenbuchau Collection:<br />
„Brueghel, Rubens, Jordaens...“.<br />
LIECHTENSTEIN MUSEUM,<br />
Fürstengasse 1, 1090 Wien<br />
www.liechtensteinmuseum.at<br />
Bis 26. 9. 2011<br />
Ausstelllung<br />
Österreichisches<br />
Theatermuseum<br />
Die Schau „Ungezähmte Natur“ stellt<br />
Bühnenbilder aus drei Jahrhunderten<br />
in den Blickpunkt.<br />
Österreichisches Theatermuseum,<br />
Lobkowitzplatz 2, 1010 Wien<br />
www.khm.at/oetm<br />
Bis 30. 9. 2011<br />
Sommerbühne<br />
Theater am Spittelberg<br />
Die Sommerbühne lockt mit Musik,<br />
Theater, Kabarett, Kleinkunst und einem<br />
Familienprogramm.<br />
Theater am Spittelberg,<br />
Spittelberggasse 10, 1070 Wien<br />
www.theateramspittelberg.at<br />
Bis 2. 10. 2011<br />
Ausstellung<br />
Albertina<br />
„Die Explosion der Bilderwelt“ beleuchtet<br />
die Anfangszeit der österreichischen<br />
Fotografi e.<br />
Albertina,<br />
Albertinaplatz 1, 1010 Wien<br />
www.albertina.at<br />
Bis 2. 10. 2011<br />
Ausstellung<br />
Minoritenkirche<br />
„Leonardo da Vinci: Mensch – Künstler<br />
– Genie“ zeigt Repliken seiner bedeutendsten<br />
Werke.<br />
Minoritenkirche,<br />
Minoritenplatz 2a, 1010 Wien<br />
www.ticketorder.at<br />
Bis 3. 10. 2011<br />
Ausstellung<br />
Leopold Museum<br />
Rund 200 Fotografi en aus drei Jahrhunderten<br />
präsentiert die Schau<br />
„Magie des Objekts“.<br />
Leopold Museum,<br />
Museumsplatz 1, 1070 Wien<br />
www.leopoldmuseum.org<br />
Bis 16. 10. 2011<br />
Ausstellung<br />
Kunsthistorisches Museum<br />
„Götter, Menschen und <strong>das</strong> Geld der<br />
Griechen“ zeigt Glanzstücke der griechischen<br />
Münzprägung.<br />
Kunsthistorisches Museum,<br />
Maria Theresien-Platz, 1010 Wien<br />
www.khm.at<br />
Bis 16. 10. 2011<br />
Ausstellung<br />
Künstlerhaus<br />
„Beziehungsarbeit – Kunst und Institution“<br />
bringt Themenbeispiele aus<br />
den letzten vier Jahrzehnten.<br />
Künstlerhaus,<br />
Karlsplatz 5, 1010 Wien<br />
www.k-haus.at<br />
Bis 30. 10. 2011<br />
Ausstellung<br />
MAK<br />
„Industriemöbel – Prototypen der<br />
Moderne“ ein kaum beachtetes<br />
Phänomen der Designgeschichte.<br />
MAK, Stubenring 5<br />
1010 Wien<br />
www.mak.at<br />
Juli & August 2011<br />
(jeden Fr & Sa)<br />
Filmfestival<br />
MuseumsQuartier<br />
Das Filmfestival „frame[o]ut“ zeigt<br />
europäische Spiel- und Dokumentarfi<br />
lme sowie neue fi lmische Formen.<br />
MuseumsQuartier,<br />
Museumsplatz 1, 1070 Wien<br />
www.mqw.at<br />
6. 7. bis 28. 9. 2011<br />
Ausstellung<br />
Jüdisches Museum Wien<br />
Sport steht im Zentrum von<br />
„Achtung! Fertig!! Los!!! Jüdischer<br />
Sport = Maccabi-Games“.<br />
Museum Judenplatz,<br />
Judenplatz 8, 1010 Wien<br />
www.jmw.at<br />
7. 7. bis 6. 11. 2011<br />
Ausstellung<br />
KUNST HAUS WIEN<br />
Zum 20-jährigen Jubiläum gibt’s die<br />
Schau „Hundertwasser – Die Kunst<br />
des grünen Weges“.<br />
KUNST HAUS WIEN, Untere<br />
Weißgerberstraße 13, 1030 Wien<br />
www.kunsthauswien.com<br />
29. 7. bis 15. 8. 2011<br />
Festival<br />
Afrika Tage Wien<br />
Mit Bazar, Kunsthandwerk, Workshops,<br />
Trommeln und viel Musik, u.<br />
a. mit Marla Glen & Band.<br />
Donauinsel,<br />
Floridsdorfer Brücke, 1210 Wien<br />
www.afrika-tage.at<br />
10. 9. 2011 bis 8. 1. 2012<br />
Ausstellung<br />
MUMOK<br />
Die Neupräsentation der Sammlung<br />
auf allen Ebenen des MUMOK trägt<br />
den Titel „Museum der Wünsche“.<br />
MUMOK,<br />
Museumsplatz 1, 1070 Wien<br />
www.mumok.at<br />
14. bis 18. 9. 2011<br />
Modewoche<br />
MuseumsQuartier<br />
Zum dritten Mal fi ndet die<br />
„MQ Vienna Fashion Week“ statt –<br />
mit opulenten Fashionshows.<br />
MuseumsQuartier,<br />
Museumsplatz 1, 1070 Wien<br />
www.mqw.at<br />
Ab 15. 9. 2011<br />
Musical<br />
Ronacher<br />
Die Wiener Fassung von „Sister Act“<br />
startet – mit dabei sind Ana Milva<br />
Gomes, Drew Sarich, u. a.<br />
Ronacher,<br />
Seilerstätte 9, 1010 Wien<br />
www.vbw.at<br />
21. 9. 2011 bis 22. 1. 2012<br />
Ausstellung<br />
Hofmobiliendepot<br />
„Intime Zeugen. Vom Waschtisch zum<br />
Badezimmer“ präsentiert die Geschichte<br />
der Körperhygiene.<br />
Hofmobiliendepot •<br />
Möbel Museum Wien,<br />
Andreasgasse 7, 1070 Wien<br />
www.hofmobiliendepot.at<br />
20. 10. bis 2. 11. 2011<br />
Filmfestival<br />
Viennale<br />
Österreichs größtes Filmevent fi ndet<br />
heuer zum 49. Mal statt und bietet<br />
jede Menge Highlights.<br />
Mehrere Kinos in der Innenstadt<br />
1010 Wien & 1030 Wien<br />
www.viennale.at<br />
Foto: Yuri Palmin Foto: Merlingroup<br />
bis 09.10.<br />
seit 01.04.<br />
Das traditionsreiche Wachsfi gurenkabinett Madame Tussauds hat am<br />
01. April 2011 am Riesenradplatz des Wiener Praters seine Pforten<br />
geöffnet. Unter die gesamt 65 Wachsfi guren reihen sich 27 österreichische<br />
Prominente aus den Bereichen Film, Fernsehen, Sport, Politik,<br />
Musik und Geschichte, die <strong>das</strong> Land auf außergewöhnliche Art und Weise<br />
geprägt haben. Realistische Kopien prominenter Persönlichkeiten fi nden sich in<br />
speziell erschaffenen interaktiven Kulissen wieder, die in der neuen Wiener Attraktion<br />
einen besonderen Stellenwert einnehmen. Wien ist damit der weltweit<br />
12. Standort neben Städten wie London, wo Marie Tussaud im späten 18. Jahrhundert<br />
beauftragt wurde, Totenmasken von hingerichteten Aristokraten anzufertigen.1884<br />
entstand <strong>das</strong> erste Museum an der Marylebone Road.<br />
Öffnungszeiten im Wiener Prater sind täglich von 10:00 bis 18:00.<br />
Infos: www.madametussauds.com/wien<br />
Wie kein zweiter Künstler des 19. Jahrhunderts prägte Hans Makart<br />
eine Ära, zu deren Symbol er aufstieg und die als „Makart-<br />
Zeit“ Eingang in die Geschichte fand. Dem österreichischen „Maler<strong>für</strong>sten“<br />
sind in Wien zwei Ausstellungen gewidmet, die den<br />
Mythos Makart umfassend präsentieren: Das Wien Museum zeigt im Künstlerhaus<br />
bis 16. Oktober „Makart. Ein Künstler regiert die Stadt“. Im Mittelpunkt<br />
stehen die vielfältigen Beziehungen zwischen Künstler, Stadt und Gesellschaft.<br />
Neben Hauptwerken aus eigenem Bestand stehen in der Schau hochkarätige<br />
Leihgaben im Mittelpunkt. So etwa vier Gemälde aus Makarts Bilderzyklus zum<br />
„Ring des Nibelungen“, die erstmals seit ihrer Erstpräsentation 1883 wieder in<br />
Wien vereint zu sehen sind. Einen Höhepunkt bilden Originalexponate des Huldigungsfestzuges<br />
<strong>für</strong> <strong>das</strong> Kaiserpaar von 1879, den Makart als Großevent künstlerisch<br />
gestaltet hat und bei dem ganz Wien auf den Beinen war. Weiters sind Interieurs<br />
und Mode aus der Makart-Zeit zu sehen. Das Untere Belvedere präsentiert bis 9. Oktober mit<br />
„Makart. Maler der Sinne“ die zweite Ausstellung, die sich mit dem berühmten Künstler befasst.<br />
www.wienmuseum.at, www.belvedere.at<br />
bis 03.10.<br />
Wildwüchsiger Immobilienboom, kitschige Oligarchen-Paläste,<br />
Prunkbauten in Anlehnung an westliche Standards inmitten<br />
von Plattenbauten zählen zum heutigen Stadt- und Landschaftsbild<br />
Russlands. Doch dagegen regt sich auch Widerstand. Alexander<br />
Brodsky ist die herausragende Figur einer künstlerischen und architektonischen<br />
Position, die sich dem Mainstream verweigert. Das Architekturzentrum<br />
Wien zeigt bis 3. Oktober eine Schau über den Querdenker: „It still amazes me<br />
that I became an architect“ präsentiert <strong>das</strong> „andere Moskau“, <strong>das</strong> in Kontrast zur<br />
Entwicklung Russlands steht. In seinen Projekten, die von klarer Einfachheit und<br />
theatralischer Stärke geprägt sind, verbindet Brodsky oft scharfe Kritik am System<br />
mit feiner Ironie. Für <strong>das</strong> Az W hat er eine die Ausstellungshalle einnehmende<br />
„Total-Installation“ verwirklicht, die den Besucher in ihren Bann zieht –<br />
der Tag wird zur Nacht, die Dimensionen von Raum und Zeit scheinen sich aufzulösen, während man durch<br />
eine künstlich geschaffene archäologische Wunderkammer schreitet. Wieder ans Tageslicht zurückgekehrt, gewährt<br />
eine Auswahl an realisierten Projekten Einblicke in Brodskys architektonisches Schaffen. www.azw.at<br />
bis 23.10.<br />
Schmelzende Uhren und endlos weite, in kühlen Sonnenschein getauchte<br />
Landschaften: Das ist <strong>das</strong> Erkennungsmerkmal von Salvador Dalí. Die<br />
Kunsthalle Wien widmet dem bedeutenden Künstler die Ausstellung „Le<br />
Surréalisme, c’est moi!“ (bis 23. Oktober). Bis in die Gegenwart üben<br />
sein Schaffen, seine experimentellen Filme sowie sein unverkennbarer Malstil<br />
inspirierende Faszination auf Künstler aus. In der Schau werden die Gemälde,<br />
Zeichnungen und Skulpturen von Dalí gemeinsam mit den jüngeren Werken<br />
von Louise Bourgeois, Glenn Brown, Markus Schinwald und Francesco Vezzoli<br />
gezeigt. Zentrale inhaltliche Anknüpfungspunkte sind die psychoanalytische<br />
Bildwelt des Unbewussten und der Träume, die Tradition und Technik der Malerei<br />
und der Darstellung des Körpers, die Inszenierung von Räumen und die<br />
Überschreitung der Grenzen zwischen Kunst, Film und Design sowie <strong>das</strong> Verhältnis<br />
zur Massenkultur. Die Ausstellung möchte die innovativen Impulse, die von Salvador Dalí ausgegangen<br />
sind, und die visionären, oftmals verkannten Aspekte seines provokativen und kontroversiell wahrgenommenen<br />
Schaffens neu akzentuieren. www.kunsthallewien.at<br />
Klein, aber fein<br />
Wien ist längst eine Reise wert, wenn es um zeitgenössische Architektur<br />
geht. Außerdem sind in den letzten Jahren einige spannende<br />
Projekte der Landschaftsarchitektur entstanden: Die Autoren Dagmar<br />
Grimm-Pretner und Peter Zöch führen in diesem Wien-Begleiter<br />
kompetent durch neue Plätze im historischen Kontext (Liechtensteinpark,<br />
Schloss Schönbrunn) oder Parks in Stadtentwicklungsgebieten (Rudolf-Bednar-Park,<br />
Monte Laa u.a.). So gut und übersichtlich dieses Büchlein auch gemacht ist, nach<br />
den vorgestellten 33 Projekten kommt man zum Schluss: In Anbetracht der Quantität<br />
hat in Wien die Zeit der zeitgenössischen Landschaftsarchitektur eben erst begonnen.<br />
An der Qualität heimischer Landschaftsplaner mangelt es jedenfalls nicht. Barbara<br />
Kanzian<br />
Wien, Ein Begleiter zu neuer Landschaftsarchitektur<br />
Edition Garten + Landschaft, Callwey, ISBN 978-3-7667-1859-4<br />
Foto: Wien Museum<br />
Privatsammlung © VBK, Wien, 2011.<br />
Image Rights of Salvador Dalí reserved.<br />
Fundació Gala-Salvador Dalí, Figueres, 2011