Mitteilungen Nr. 50 - Hans Henny Jahnn
Mitteilungen Nr. 50 - Hans Henny Jahnn
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Buches denn auch, einem Wortlaut Novalis’ folgend: «Die schöpferische Musik des<br />
Weltalls». Diese Musik kann das Rauschen einer Quelle sein, der gleichbleibende Ton<br />
eines Monochords, der Gesang eines Buckelwals, eine Beethoven-Sonate: Lauterwasser<br />
lässt die ganze Breite von Schwingungen auf das «sensible Chaos» (Schwenk)<br />
Wasser einwirken.<br />
Im zweiten Teil wird ein phänomenologisch-physikalischer Überblick von Schwingungen<br />
gegeben und ihre Beziehungen zu Natur und Kultur aufgemacht, was dann im<br />
dritten Teil anhand der Chladnischen Klangfiguren ausgeweitet und vertieft wird. Wir<br />
werden angeregt, etwa das Fleckmuster eines Leopardenfells, die Gliederung eines<br />
Schildkrötenpanzers oder den Boden einer Geige nicht bloss zu sehen, sondern als<br />
Schwingungsphänomene gewissermassen auch zu hören. Lauterwasser erweist sich<br />
hier als echter Harmoniker: Resonanz und Resonanzbereitschaft sind ihm zentrale<br />
Begriffe, und hier möchte ich denn auch meine einzige kritische Frage anbringen:<br />
Wieso bleiben <strong>Hans</strong> Kayser und seine «Akróasis» so gut wie ausgeklammert?<br />
Den Höhepunkt des Buches bildet für mich aber dessen vierter Teil, in dem sich<br />
Lauterwasser nun ganz im Bereich seiner eigenen Forschungen befindet. Bilder und<br />
Gedankenführung beeindrucken mich gleichermassen. Ich will nur eine seiner tiefgründigen<br />
Fragen herausgreifen (ohne den darin enthaltenen Druckfehler zu wiederholen):<br />
«Steckt nicht in jedem auftretenden Muster … so etwas wie eine Erinnerung an die<br />
ursprüngliche, jetzt aber gestörte Einheit oder Ursymmetrie, an die zerbrochene verlorene<br />
Ganzheit – oder noch deutlicher: Ist das Muster selbst nicht ein individualisiertes<br />
Moment dieser Ganzheit, das noch etwas von deren Qualität in sich trägt und in seinen<br />
Strukturen offenbart?» (S. 102)<br />
Der abschliessende fünfte Teil des Buches besteht sodann fast gänzlich aus Bildern<br />
und Zitaten. Die allen Teilen beigefügten Zitate bilden ohnehin eine eigene, dritte Ebene<br />
des Buches. Ihre Auswahl ist gewiss auch persönlich, was dem Werk keinen Abbruch<br />
tut. Es ist ein Kleinod, und Nomen ist mir einmal mehr Omen: Lauterwasser reicht lauteres<br />
Wasser.<br />
«Geist schläft im Stein, atmet in der Pflanze, träumt im Tier<br />
und wacht auf im Menschen», Altindisch, S. 25<br />
Gottfried Bergmann<br />
Helmut Reis<br />
Das Paradoxon des Ikosaeders<br />
Orpheus-Verlag, 227 S., Bonn 2002, Fr. <strong>50</strong>.–<br />
Dieses Buch über platonische und verwandte Körper in Natur, Wissenschaft und<br />
Kunst schliesst an die frühere Veröffentlichung von Helmut Reis an, «Natur und<br />
Harmonik», 1993 in Bonn erschienen. Auf spezielle harmonikale Betrachtungen lässt<br />
sich der Autor deshalb nicht ein. Dafür beschäftigt sich Reis mit den Erkenntnissen der<br />
Kristallographen der ersten Stunde, Kepler, Haüy, Hessel, Naumann, die es ihm<br />
ermöglichten, alle in Betracht kommenden Körper zu zeichnen, zu erfassen, zu<br />
verstehen.<br />
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