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Mitteilungen Nr. 50 - Hans Henny Jahnn

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Damit möge der kurze Aufriss der KAYSERschen «Akróasis» seinen Abschluss finden.<br />

So skizzenhaft er sich zeigen muss, dürfte er doch genügend Hinweise enthalten, um<br />

das Interesse für die harmonikale Phänomenologie im Leser zu wecken. Wie ernst es<br />

Kayser um die Verlebendigung dieser Erkenntnisse war, zeigt die pädagogische Nutzanwendung,<br />

die er für ein zukünftiges Musikstudium zieht:<br />

«In jede grössere Musikschule, vor allem jede Musikhochschule, gehört ein kleines harmonikales<br />

Laboratorium. Es wird die empfindlichste und sensibelste Zelle des Instituts<br />

sein, und alle, die durch diese Zelle hindurchgehen, werden ein tieferes Wissen um<br />

das Wesen der Musik mitbekommen, als es jeder andere musiktheoretische Unterricht<br />

zu geben vermag.»<br />

In dieser «Zelle» wird die Geometrie als bildhaft-exakter Ausgangspunkt aller harmonikalen<br />

Grundbegriffe genommen, Kristallographie als Identität von Ton- und Kristallentwicklung<br />

studiert, in dieser «Zelle» erschliesst sich durch das Mikroskop dem Schüler<br />

die Wunderwelt der Diatomeen und Radiolarien mit ihren einfachsten harmonikalen<br />

Formprinzipien; es wird ihm Architektur, Bildhauerkunst zum «singenden Marmor»,<br />

und Keplers gewaltige Harmonie der Welt ist ihm kein Phantasieprodukt mehr, sondern<br />

klingende, exakte, wenn auch für das Ohr nicht mehr hörbare Sphärenmusik.<br />

So wird Musik wieder die «quadriviale Kunst», die im Verein mit Mathematik, Geometrie<br />

und Astronomie den Wortgehalt der Welt zum Erklingen bringt. Aus dieser, zum<br />

Ethos der Mensch-Werdung getragenen Sicht, wendet sich KAYSER schliesslich an den<br />

schöpferischen Musiker unserer Zeit:<br />

«Ehrfurcht und Achtung vor dem Tongesetz ist der Sinn der Harmonik für den Musiker.<br />

Die strenge Schule einer zukünftigen harmonikal-musikalischen Satzlehre wird<br />

daher immer eine Schule der Natur sein, eine Beobachtung und ein Verstehen ihrer<br />

Normen und Gesetze.» (Der hörende Mensch, S. 335.)<br />

*****<br />

Unmittelbar vor dem Druck dieser MITTEILUNGEN erfahren wir durch Herrn Marcus<br />

Schneider, Basel, dass Prof. Dr. FRIEDRICH OBERKOGLER am 23. Januar 2000 im<br />

82. Lebensjahr in seinem geliebten Sommersitz Orplid im Pinzgau hoch über Neukirchen<br />

(Österreich) gestorben ist.<br />

«Der erste Trunk aus dem Becher der Naturwissenschaft<br />

macht atheistisch, doch<br />

auf dem Grund des Bechers wartet Gott.»<br />

Max Planck<br />

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