Mitteilungen Nr. 50 - Hans Henny Jahnn
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chemischen Äther spricht. Für die harmonikale «Anhörung der Welt» ist diese Dreiheit<br />
eine notwendig-unzertrennbare Einheit. Bloss vom Namen her verstanden, wäre diese<br />
Notwendigkeit kaum einsehbar.<br />
Worin liegt aber nun die Unterschiedlichkeit der Klangphänomene zur anorganischen<br />
Natur. Die harmonikalen Analogien im Bereich des Anorganischen waren unschwer zu<br />
erkennen. Denn diese Region der Natur fanden wir so konstituiert, dass sie in ihren<br />
Zahlenproportionen die Teilungsverhältnisse widerspiegelte. Um ihr Erscheinungsbild<br />
«tönend» wahrzunehmen, genügte eine einzige Obertonreihe. Sie spiegelt uns alles<br />
ab, was wir an Strukturen im Anorganischen vorfanden. Dasselbe gilt auch noch für<br />
die Zahlenverhältnisse der drei Urbaustoffe des Lebendigen; es gilt ferner für die Vertikal-<br />
und Spiraltendenzen der Blüten- und Blattansätze im Pflanzenreich. Es reicht<br />
jedoch nicht mehr aus, um die Bildkräfte der Blatt- und Blütenformen selbst zum<br />
geistigen Ertönen zu bringen.<br />
Hier nun zeigt uns KAYSER, wie souverän er das Lambdoma zu handhaben weiss, wie<br />
er in völlig eigenständiger Weise abzuwandeln und weiterzubilden vermag. Doch<br />
waltet dabei in keinem seiner Experimente Willkür oder Spekulation, wie die Kritik<br />
vielleicht einwenden könnte. Das Teiltondiagramm bleibt ihm immer das tönende Ur-<br />
Bauprinzip. Doch variiert und kombiniert er seinen Grundplan mit gleicher Phantasiebegabung,<br />
wie die Natur ihre Grundprinzipien in tausendfacher Weise abzuwandeln,<br />
umzugestalten, zu variieren und zu metamorphosieren versteht, ohne dabei den Kern<br />
ihres Ur-Urprinzips preiszugeben. KAYSER geht im Sinne von GOETHES Metamorphosenlehre<br />
zu Werk:<br />
«Wende nun, o Geliebte, den Blick zum bunten Gewimmel,<br />
Das verwirrend nicht mehr sich vor dem Geiste bewegt.<br />
Jede Pflanze verkündet dir nun die ew’gen Gesetze,<br />
Jede Blume, sie spricht lauter und lauter mit dir.<br />
Aber entzifferst du hier der Göttin heilige Lettern,<br />
Überall siehst du sie dann, auch in verändertem Zug.»<br />
(GOETHE, Die Metamorphose der Pflanzen, C.H. Beck Verlag, München 1975, Hamburger<br />
Ausgabe, Band 13, S. 109.)<br />
Eine Möglichkeit zu solch einem «veränderten Zug» sah KAYSER darin, das Teiltondiagramm<br />
nicht unbedingt in ein quadratisches Koordinatensystem einschreiben zu müssen.<br />
Unter den vielen Gestaltungsmöglichkeiten bot sich ihm auch die Kreisform an,<br />
wie sie sich aus der Rastrierung eines Bogens Polarpapier ergibt. Mit dieser zum Kreis<br />
variierten Obertonreihe verbindet er gleichzeitig eine Kombinationsmöglichkeit, die<br />
sich wie von selbst aus den beiden Kreishälften ergab: vom Zeugerton aus – dem Mittelpunkt<br />
des Kreises – sowohl nach rechts wie nach links eine Obertonreihe erklingen<br />
zu lassen. Verbindet man die Tonwerte beider Reihen, schliessen sie sich zu einer<br />
Ganzheit zusammen, deren Kurvenform die schönsten Blattgestaltungen widerspiegelt.<br />
Was sich im Werk WERNER SCHÜPBACHS als «Pflanzengeometrie» ergibt, wird<br />
hier tönende Gesetzlichkeit. Die diesbezüglichen Abbildungen in den Büchern beider<br />
Autoren gleichen sich oft aufs Haar.<br />
Auf diese Weise ist ein erstes «Hörbild» gewonnen, wobei die Variationsmöglichkeiten<br />
der Teilton-Anordnungen beinahe unerschöpflich sind. Doch wie immer auch die<br />
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