17.01.2013 Aufrufe

Mitteilungen Nr. 50 - Hans Henny Jahnn

Mitteilungen Nr. 50 - Hans Henny Jahnn

Mitteilungen Nr. 50 - Hans Henny Jahnn

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

chemischen Äther spricht. Für die harmonikale «Anhörung der Welt» ist diese Dreiheit<br />

eine notwendig-unzertrennbare Einheit. Bloss vom Namen her verstanden, wäre diese<br />

Notwendigkeit kaum einsehbar.<br />

Worin liegt aber nun die Unterschiedlichkeit der Klangphänomene zur anorganischen<br />

Natur. Die harmonikalen Analogien im Bereich des Anorganischen waren unschwer zu<br />

erkennen. Denn diese Region der Natur fanden wir so konstituiert, dass sie in ihren<br />

Zahlenproportionen die Teilungsverhältnisse widerspiegelte. Um ihr Erscheinungsbild<br />

«tönend» wahrzunehmen, genügte eine einzige Obertonreihe. Sie spiegelt uns alles<br />

ab, was wir an Strukturen im Anorganischen vorfanden. Dasselbe gilt auch noch für<br />

die Zahlenverhältnisse der drei Urbaustoffe des Lebendigen; es gilt ferner für die Vertikal-<br />

und Spiraltendenzen der Blüten- und Blattansätze im Pflanzenreich. Es reicht<br />

jedoch nicht mehr aus, um die Bildkräfte der Blatt- und Blütenformen selbst zum<br />

geistigen Ertönen zu bringen.<br />

Hier nun zeigt uns KAYSER, wie souverän er das Lambdoma zu handhaben weiss, wie<br />

er in völlig eigenständiger Weise abzuwandeln und weiterzubilden vermag. Doch<br />

waltet dabei in keinem seiner Experimente Willkür oder Spekulation, wie die Kritik<br />

vielleicht einwenden könnte. Das Teiltondiagramm bleibt ihm immer das tönende Ur-<br />

Bauprinzip. Doch variiert und kombiniert er seinen Grundplan mit gleicher Phantasiebegabung,<br />

wie die Natur ihre Grundprinzipien in tausendfacher Weise abzuwandeln,<br />

umzugestalten, zu variieren und zu metamorphosieren versteht, ohne dabei den Kern<br />

ihres Ur-Urprinzips preiszugeben. KAYSER geht im Sinne von GOETHES Metamorphosenlehre<br />

zu Werk:<br />

«Wende nun, o Geliebte, den Blick zum bunten Gewimmel,<br />

Das verwirrend nicht mehr sich vor dem Geiste bewegt.<br />

Jede Pflanze verkündet dir nun die ew’gen Gesetze,<br />

Jede Blume, sie spricht lauter und lauter mit dir.<br />

Aber entzifferst du hier der Göttin heilige Lettern,<br />

Überall siehst du sie dann, auch in verändertem Zug.»<br />

(GOETHE, Die Metamorphose der Pflanzen, C.H. Beck Verlag, München 1975, Hamburger<br />

Ausgabe, Band 13, S. 109.)<br />

Eine Möglichkeit zu solch einem «veränderten Zug» sah KAYSER darin, das Teiltondiagramm<br />

nicht unbedingt in ein quadratisches Koordinatensystem einschreiben zu müssen.<br />

Unter den vielen Gestaltungsmöglichkeiten bot sich ihm auch die Kreisform an,<br />

wie sie sich aus der Rastrierung eines Bogens Polarpapier ergibt. Mit dieser zum Kreis<br />

variierten Obertonreihe verbindet er gleichzeitig eine Kombinationsmöglichkeit, die<br />

sich wie von selbst aus den beiden Kreishälften ergab: vom Zeugerton aus – dem Mittelpunkt<br />

des Kreises – sowohl nach rechts wie nach links eine Obertonreihe erklingen<br />

zu lassen. Verbindet man die Tonwerte beider Reihen, schliessen sie sich zu einer<br />

Ganzheit zusammen, deren Kurvenform die schönsten Blattgestaltungen widerspiegelt.<br />

Was sich im Werk WERNER SCHÜPBACHS als «Pflanzengeometrie» ergibt, wird<br />

hier tönende Gesetzlichkeit. Die diesbezüglichen Abbildungen in den Büchern beider<br />

Autoren gleichen sich oft aufs Haar.<br />

Auf diese Weise ist ein erstes «Hörbild» gewonnen, wobei die Variationsmöglichkeiten<br />

der Teilton-Anordnungen beinahe unerschöpflich sind. Doch wie immer auch die<br />

30

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!