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Nachrichtenblatt Mai 2006 - Werbegemeinschaft Geismar ...

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Ort der Ideen – die Wiechertsche Erdbebenwarte zu Göttingen<br />

Wenn in der heutigen Zeit über Erdbeben berichtet<br />

wird, geht es meist um die direkten Folgen für<br />

die im Erdbebengebiet lebenden Bewohner. Weniger<br />

bekannt ist, daß mit der Erfassung von Erdbebenwellen<br />

die Beschaffenheit des Erdinneren<br />

bestimmt wurde und daß die Wiege der modernen<br />

Seismographen in Göttingen steht.<br />

Als Emil Wiechert 1897 nach Göttingen kam,<br />

begann er zunächst auf dem Gelände<br />

der Gaußschen Sternwarte, später<br />

im neu erbauten Institut für<br />

Geophysik die Forschung an Geräten<br />

zur Aufzeichnung von Erdbebenwellen.<br />

Zu dieser Zeit wurden schon Pendel<br />

für die Aufzeichnung verwendet,<br />

erst die von Wiechert entwickelte<br />

Dämpfung der auf berußtem Papier<br />

laufenden Schreibarme brachte<br />

aber zuverlässige und brauchbare<br />

Aufzeichnungen. Diese Technik war<br />

auch Grundlage für den berühmten<br />

„astatischen Horizontalseismographen“.<br />

Dort wurden die Ausschläge des Pendels in<br />

zwei Richtungen (Ost/West und Nord/Süd) gemessen.<br />

Bei einem Erdbeben wurden verschiedene<br />

Wellenpakete aufgezeichnet, die zeitversetzte Ausschläge<br />

in den unterschiedlichen Richtungen<br />

erzeugten. Daraus konnte geschlossen werden, welche<br />

Beschaffenheit das Erdinnere zwischen dem<br />

Ort des Bebens und dem Seismographen aufwies.<br />

In den folgenden Jahren wurde ein weltweites Netz<br />

von Wiechertschen Seismographen geschaffen.<br />

Durch genaue Kenntnis der Messorte und durch<br />

Abgleich der Uhrzeiten konnte so der Ort eines<br />

Bebens immer genauer bestimmt werden, gleichzeitig<br />

wurde die Beschaffenheit des Erdinneren immer<br />

feiner kartiert - Grundlage für das heutige Wissen<br />

über das Erdinnere.<br />

Die Kenntnis, aus Erdbebenwellen auf das Erdinnere<br />

schließen zu können, wurde vom Schüler Wiecherts,<br />

Ludger Mintrop auf eine andere Weise<br />

betrachtet: er erzeugte künstliche Erdbeben, in dem<br />

er unweit der Erdbebenwarte eine Stahlkugel von 4<br />

Tonnen Gewicht aus 14m Höhe auf den Boden fallen<br />

ließ. Dieses Verfahren wurde später an anderen<br />

Orten mit Sprengstoff und tragbaren Seismographen<br />

durchgeführt - mit Hilfe dieser „Sprengseismik“<br />

wurden und werden bis heute viele Erdölund<br />

Erdgasvorkommen lokalisiert.<br />

44<br />

Die so genannte „Wiechert’sche Erdbebenwarte“<br />

in der Herzberger Landstraße 180 (zwischen Rohns<br />

und Bismarckstein) beherbergt die drei von Wiechert<br />

geschaffenen Seismographen: den 1902 in<br />

Betrieb genommenen astatischen Horizontalseismographen,<br />

den Seismographen ähnlicher Bauart<br />

mit 17-Tonnen-Pendel (siehe Bild) sowie einen Vertikalseismographen,<br />

bei dem ein gefedertes<br />

Gewicht statt des Pendels zum Einsatz kommt. Seit<br />

neuestem steht dort auch ein<br />

hochmoderner Seismograph der<br />

Bundesanstalt für Geowissenschaften<br />

- nicht viel größer als ein Schuhkarton.<br />

Auf dem Gelände finden<br />

sich noch andere Sehenswürdigkeiten<br />

wie das „Gauß-Haus“, das von<br />

Gauß und Weber für erdmagnetische<br />

Versuche völlig metallfrei<br />

gebaut wurde sowie der Versuchsaufbau<br />

der „Mintrop-Kugel“<br />

für die Erzeugung künstlicher Erdbeben.<br />

Nach dem Umzug des geophysikalischen<br />

Instituts drohte die Stillegung des Betriebs für<br />

die Erdbebenwarte. Zur Rettung dieses noch heute<br />

funktionierenden historischen Wissenschaftsdenkmals<br />

wurde der Verein „Wiechertsche Erdbebenwarte<br />

Göttingen“ gegründet, der die Erdbebenwarte<br />

weiter betreibt.<br />

Mit der Aufnahme in die Liste „Deutschland - Land<br />

der Ideen“ wird die wissenschaftliche Arbeit Wiecherts<br />

und seiner Nachfolger geehrt. Die Erdbebenwarte<br />

ist am 21.08.<strong>2006</strong> „Ort der Ideen“.<br />

Die Erdbebenwarte kann nach Absprache besichtigt<br />

werden und ist an verschiedenen Tagen (z.B.<br />

7.5.<strong>2006</strong>) für alle Interessierten geöffnet. Weitere<br />

Termine werden über die Presse angekündigt. Für<br />

die Anmeldung von Gruppen wird um Kontakt<br />

unter besichtigung@erdbebenwarte.de gebeten.<br />

Weitere Informationen findet man auf der sehr ausführlichen<br />

Website im Internet unter www.erdbebenwarte.de.<br />

Eine gute Erklärung der Erdbebenwellen<br />

ist im Internet unter http:/ /de.wikipedia.org/<br />

wiki/Seismische_Welle zu finden.

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