Bioinformatik: Äpfel mit Birnen vergleichen - Science Communications

Bioinformatik: Äpfel mit Birnen vergleichen - Science Communications Bioinformatik: Äpfel mit Birnen vergleichen - Science Communications

25.09.2012 Aufrufe

FORSCHEN Gegen den Braindrain: Dank BIN konnten junge Talente in Österreich gehalten werden. Nachwuchs mit Köpfchen: Das vielfach strapazierte Schlagwort „Interdisziplinarität“ wird in der Bioinformatik tatsächlich mit Leben gefüllt – auch dank talentierter Postdocs, die sich sowohl auf Biologie als auch auf Technik einlassen. 8 genosphären 11/12 Subprojekt Education and Training: „Bloß keine eigene Studienrichtung!“ Zum Start von BIN im Jahr 2003 prallten zwei Wissenschaftskulturen aufeinander. In Österreich herrschte ein Mangel an hochqualifizierten Postdocs mit Erfahrung in Softwareentwicklung und Biologie- Expertise. So sei es anfangs eher eine unidirektionale Zusammenarbeit gewesen, erinnert sich BIN-Projektleiter Zlatko Trajanoski: „Meist sind Biologen mit ihren Datensätzen zu den Informatikern gegangen und haben sie gebeten, die Daten aufzubereiten und für eine schöne Präsentation herzurichten.“ Heute gibt es in Österreich sechs Professuren für Bioinformatik und 15 Habilitationen – und der geschilderte Prozess läuft immer bidirektional ab. Denn mittlerweile arbeiten in der Bioinformatik Technikerinnen und Techniker, die eine Zusatzqualifikation im Bereich Biologie haben, sowie Biologinnen und Biologen mit Informatik-Knowhow zusammen. Bereits zu Beginn von Forschungsprojekten, also beim Erstellen des Studiendesigns, sind beide Fachrichtungen involviert. Wie es von der Einbahnstraße zum Teamwork kam? Unter anderem durch das BIN-Subprojekt „Education and Training“. Hier wurde ein Doktorandenkolleg initiiert, das ausgewählte Kapitel der Bioinformatik und Computational Biology umfasst. Bioinformatik als Undergraduate-Studienrichtung findet Zlatko Trajanoski hingegen nicht sinnvoll: „Bloß nicht! Das können wir aus unserer Erfahrung heraus nicht empfehlen.“ Sehr wohl befürworten kann die BIN-Studiengruppe, Bioinformatik als aufbauendes Doktoratsstudium anzubieten sowie Bioinformatik früh in die Studienrichtungen Molekularbiologie und Informatik einzuflechten. Im Rahmen von BIN konnten bisher rund 20 Personen ausgebildet werden, einige forschen und lehren mittlerweile in Cambridge und Paris. Großen Zuspruch fanden auch die Praktika für Jugendliche im Rahmen der GEN-AU SummerSchool. „Hier konnten wir etliche junge Menschen für die Bioinformatik begeistern, einige sind sogar Dissertanten bei uns geworden“, freut sich Zlatko Trajanoski. Und schließlich habe man in speziellen Trainings Informatikerinnen und Informatiker sowie Biologinnen und Biologen zusammengebracht, damit diese sich austauschen und voneinander lernen konnten. Foto: istockphoto © Dean Turner

Zlatko Trajanoski Bilanz. Rückschläge habe es eigentlich keine gegeben, Höhepunkte waren die vielen Outputs, wie jenes Paper im Journal of Clinical Oncology. Auch in Science, Nature und Nature Genetics hat sich BIN verewigt. „Ohne die Förderung von BIN wären diese Leute sicher ins Ausland abgewandert und für die österreichische Wissenschaft verloren gewesen.“ Gerhard Thallinger bestätigt: „Misserfolge haben wir zum Glück nicht erleben müssen. Es hat sich alles so entwickelt wie beabsichtigt.“ Besonders zufrieden ist der Grazer Forscher mit dem Nachwuchs (siehe Infokasten Subprojekt Education and Training), den BIN hervorgebracht hat: „Etliche Dissertantinnen und Dissertanten von uns leiten mittlerweile eigene Forschungsgruppen. Ohne die Förderung von BIN wären diese Leute sicher ins Ausland abgewandert und für die österreichische Wissenschaft verloren gewesen.“ 9 genosphären 11/12 Netzwerke für die Zukunft Was die Zukunft der Bioinformatik in Österreich und des geschaffenen Netzwerks anbelangt, sind sich die beiden Wissenschafter nicht ganz einig. Gerhard Thallinger glaubt, dass sich durch die jahrelange Förderung und die guten Resultate eine solide Basis gebildet habe, auf der neue Projekte aufbauen können – obwohl er unumwunden zugibt, dass es „schon schön wäre, wenn es weiter ginge“. Zlatko Trajanoski ist sich nicht ganz so sicher: Fast monatlich gebe es neue Großprojekte, und auch der technische Fortschritt mache nicht Halt. Ohne eine ausreichende Finanzierung für Bioinformatik- Forschung mit kritischer Masse könne es daher zu einem Stillstand auf diesem Gebiet in Österreich kommen. „Ich hätte es gerne gesehen, wenn wir in einer weiteren – vierten – Phase die Früchte hätten ernten können, die wir mit BIN I, II und III gesät haben.“ Berechtigte Hoffnung hegen jedoch beide, dass sich immer wieder Gruppen finden werden, die über die Bioinformatik Netzwerke bilden. Denn ohne die Expertise im Vergleichen von Äpfeln und Birnen, so Zlatko Trajanoski und Gerhard Thallinger einhellig, ist kaum noch ein Fortschritt in der Molekularbiologie zu erzielen. FORSCHEN Bioinformatics: e To compare apples and oranges Zlatko Trajanoski (Meduni Innsbruck) and Gerhard Thallinger (TU Graz) are Austrian pionieers in bioinformatics. With the help of GEN-AU, they established a flourishing network of scientists who master the art of integrating data from various sources. Spiegel-Alpen und Outdoormöbel: Die Architektur des Biozentrums in Innsbruck gibt den Lebenswissenschaften Raum.

Zlatko Trajanoski Bilanz. Rückschläge habe es<br />

eigentlich keine gegeben, Höhepunkte waren die<br />

vielen Outputs, wie jenes Paper im Journal of Clinical<br />

Oncology. Auch in <strong>Science</strong>, Nature und Nature<br />

Genetics hat sich BIN verewigt.<br />

„Ohne die Förderung von BIN<br />

wären diese Leute sicher<br />

ins Ausland abgewandert<br />

und für die österreichische<br />

Wissenschaft verloren<br />

gewesen.“<br />

Gerhard Thallinger bestätigt: „Misserfolge haben<br />

wir zum Glück nicht erleben müssen. Es hat sich alles<br />

so entwickelt wie beabsichtigt.“ Besonders zufrieden<br />

ist der Grazer Forscher <strong>mit</strong> dem Nachwuchs (siehe<br />

Infokasten Subprojekt Education and Training), den<br />

BIN hervorgebracht hat: „Etliche Dissertantinnen und<br />

Dissertanten von uns leiten <strong>mit</strong>tlerweile eigene Forschungsgruppen.<br />

Ohne die Förderung von BIN wären<br />

diese Leute sicher ins Ausland abgewandert und für<br />

die österreichische Wissenschaft verloren gewesen.“<br />

9 genosphären 11/12<br />

Netzwerke für die Zukunft<br />

Was die Zukunft der <strong>Bioinformatik</strong> in Österreich<br />

und des geschaffenen Netzwerks anbelangt,<br />

sind sich die beiden Wissenschafter nicht ganz einig.<br />

Gerhard Thallinger glaubt, dass sich durch die<br />

jahrelange Förderung und die guten Resultate eine<br />

solide Basis gebildet habe, auf der neue Projekte<br />

aufbauen können – obwohl er unumwunden zugibt,<br />

dass es „schon schön wäre, wenn es weiter ginge“.<br />

Zlatko Trajanoski ist sich nicht ganz so sicher:<br />

Fast monatlich gebe es neue Großprojekte, und auch<br />

der technische Fortschritt mache nicht Halt. Ohne<br />

eine ausreichende Finanzierung für <strong>Bioinformatik</strong>-<br />

Forschung <strong>mit</strong> kritischer Masse könne es daher zu<br />

einem Stillstand auf diesem Gebiet in Österreich kommen.<br />

„Ich hätte es gerne gesehen, wenn wir in einer<br />

weiteren – vierten – Phase die Früchte hätten ernten<br />

können, die wir <strong>mit</strong> BIN I, II und III gesät haben.“<br />

Berechtigte Hoffnung hegen jedoch beide,<br />

dass sich immer wieder Gruppen finden<br />

werden, die über die <strong>Bioinformatik</strong> Netzwerke<br />

bilden. Denn ohne die Expertise im Vergleichen<br />

von <strong>Äpfel</strong>n und <strong>Birnen</strong>, so Zlatko Trajanoski und<br />

Gerhard Thallinger einhellig, ist kaum noch ein<br />

Fortschritt in der Molekularbiologie zu erzielen.<br />

FORSCHEN<br />

Bioinformatics:<br />

e<br />

To compare apples and oranges<br />

Zlatko Trajanoski (Meduni<br />

Innsbruck) and Gerhard<br />

Thallinger (TU Graz) are<br />

Austrian pionieers in<br />

bioinformatics. With the help<br />

of GEN-AU, they established<br />

a flourishing network of<br />

scientists who master the art of<br />

integrating data from various<br />

sources.<br />

Spiegel-Alpen und Outdoormöbel: Die<br />

Architektur des Biozentrums in Innsbruck<br />

gibt den Lebenswissenschaften Raum.

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