Bioinformatik: Äpfel mit Birnen vergleichen - Science Communications
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Blockade für den grünen Geist<br />
Transnationales Projekt: Identification of hot spots of divergence and rapidly changing genes within Shiga toxin-producing Escherichia coli<br />
BILD: SILVIA EHRLENBACH UND MARTIN HERMANN<br />
TExT: JULIA HARLFINGER<br />
Noch vor einem Jahr wusste kaum jemand etwas <strong>mit</strong> dem Begriff „enterohämorrhagische Escherichia coli“ anzufangen. Heute ist EHEC – so die Kurz-<br />
bezeichnung für diese Bakteriengruppe – geläufig. Denn ein EHEC-Stamm löste, ausgehend von Norddeutschland, im Mai 2011 eine Epidemie aus. Es<br />
gab kein standardisiertes Mittel gegen die ungewöhnlich aggressiven Bakterien. Ihr Gift (Shigatoxin) transportieren sie über die Blutbahn bis zu den<br />
Zielorganen: Niere und Gehirn. Doch <strong>mit</strong> der giftigen Bedrohung von außen nicht genug. Auch das Komplementsystem, ein Teil des Immunsystems,<br />
wird bei einer EHEC-Infektion überaktiviert und reagiert autoaggressiv – <strong>mit</strong> der Zerstörung körpereigener Zellen.<br />
Für Dorothea Orth sind EHEC-Bakterien schon seit rund neun Jahren ein zentrales Thema. Die Ärztin erforscht an der Meduni Innsbruck die Macht dieser<br />
Keime – und wie es ihnen gelingt, das menschliche Immunsystem zu provozieren. Gemeinsam <strong>mit</strong> ihrer Doktorandin Silvia Ehrlenbach beobachtet Orth im<br />
Live-Mikroskop, als Vorbereitung für Folgeversuche, wie sich das grün gefärbte Shigatoxin Stunde um Stunde in Nieren-Blutgefäßzellen ausbreitet. Ob letztere<br />
gesund sind, erkennt die GEN-AU Projektleiterin daran, dass die Mitochondrien (noch) kräftig rot leuchten. Gewinnt das Toxin die Oberhand, breitete es sich<br />
bis in die Fortsätze der Zelle aus. Schließlich glimmen die Mitochondrien nur mehr schwach, die Zelle wird zum grünen Geist.<br />
„Mit der EHEC-Krise war unsere ‚Nischenforschung’ plötzlich auch für Kliniken und Öffentlichkeit höchst relevant“, erinnert sich Dorothea Orth. Ster-<br />
benskranken, bei denen Blutwäsche und Plasmaaustausch keine Besserung gebracht hatten, wurde ein Antikörper namens Eculizumab verabreicht.<br />
Zwar war die Substanz nicht für die Behandlung von EHEC-Infizierten zugelassen. Doch durch Grundlagenforschung wie Dorothea Orth sie betreibt,<br />
war bekannt, dass dieser Antikörper das auf fatale Weise außer Kontrolle geratene, überreagierende Komplementsystem zu drosseln vermag. Diese<br />
Blockade hat vermutlich einigen Menschen das Leben gerettet.<br />
Dieses transnationale Projekt ist Teil der EU-Initiative ERA-Net PathoGenoMics. Das Budget für den GEN-AU Forschungspart von Dorothea Orth (Sektion<br />
für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie, Meduni Innsbruck) beträgt 211.690 Euro.<br />
19 genosphären 11/12<br />
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