Bioinformatik: Äpfel mit Birnen vergleichen - Science Communications
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FORSCHEN<br />
Translationale Medizin:<br />
Hürdenlauf der Medikamente<br />
Translational medicine:<br />
Drugs against barriers<br />
The knowledge about human<br />
diseases is increasing.<br />
Nevertheless, fewer drugs reach<br />
the market. Experts hope that<br />
‘translational medicine’ can<br />
enhance this process. Peter<br />
Biegelbauer examines how<br />
knowledge from the new field<br />
of ‘translational medicine’ is<br />
actually applied in Austria,<br />
Germany and Finland.<br />
Kurzinformation zum Projekt:<br />
Transnationales Projekt<br />
Tri-Gen. Translationale Forschung<br />
in genomischer Medizin: Institutionelle<br />
und gesellschaftliche<br />
Aspekte 1<br />
Projektleitung: Mag. Dr. Peter<br />
Biegelbauer; Institut für Höhere<br />
Studien, Wien<br />
Laufzeit: Jänner 2010 bis September<br />
2012<br />
Budget: 72.510 Euro<br />
Der zweite Part von Tri-Gen,<br />
dotiert <strong>mit</strong> 20.937 Euro, wird von<br />
Univ.-Prof. Dr. Uwe Siebert (UMIT)<br />
geleitet.<br />
Tri-Gen ist Teil der internationalen<br />
und interdisziplinären<br />
Projektschie ne ELSA-GEN. Diese<br />
Initiative fördert die Erforschung<br />
von ethischen, rechtlichen und<br />
sozialen Fragen in der Genomforschung.<br />
Neben GEN-AU stehen die<br />
Academy of Finland sowie der Projektträger<br />
im Deutschen Zentrum<br />
für Luft- und Raumfahrt (PT-DLR)<br />
als Förderer hinter ELSA-GEN.<br />
ELSA-GEN<br />
www.elsagen.at<br />
14 genosphären 11/12<br />
e<br />
Das Wissen über Krankheiten wächst. Gleichzeitig schrumpfen die Zulassungszahlen für neuartige<br />
Medikamente. Um dies zu ändern, sollen biomedizinische Erkenntnisse besser in neue Therapien<br />
„übersetzt“ werden – und zwar durch „Translationale Medizin“. Was wirklich hinter diesem<br />
Schlagwort steckt, erforscht der Politikwissenschafter Peter Biegelbauer vom Institut für Höhere<br />
Studien (IHS). Er leitet das IHS-Team im GEN-AU Projekt „Tri-Gen. Translationale Forschung in<br />
der genomischen Medizin“.<br />
INTERVIEW: SASCHA KARBERG<br />
FOTO: PETER MAYR<br />
genosphären: Herr Biegelbauer, ist Transla-<br />
tionale Medizin gar nur ein Schlagwort für etwas<br />
Selbstverständliches, nämlich das Umsetzen von<br />
biomedizinischen Erkenntnissen in Arzneien und<br />
Therapien?<br />
Peter Biegelbauer: Diese Frage haben<br />
wir bei Tri-Gen im Zuge unserer Interviews auch<br />
gestellt. Und einige Interviewpartner – Forscher,<br />
Vertreter von Pharmafirmen und Patienten – waren<br />
tatsächlich der Meinung, dass „Translationale<br />
Medizin“ ein alter Hut sei. Ihrer Ansicht nach beschreibt<br />
der Begriff die altbekannte Transferarbeit,<br />
bei der Forschung in Arzneien umgesetzt wird. Der<br />
größere Teil der Interviewpartner hat aber gesagt,<br />
dass Translationale Medizin durchaus etwas Neues<br />
ist. Mit Translationaler Medizin verspricht die Genomforschung,<br />
bei der Suche nach neuen Wirkstoffen<br />
und Therapien viel gezielter vorzugehen.<br />
Worin waren sich Ihre Interviewpartner einig?<br />
Alle haben die Entwicklung eines Medikaments<br />
in Form eines „Pipeline-Modells“ gezeichnet.<br />
Das war für uns als Sozialwissenschaftler eher<br />
schmerzlich. Denn das Pipeline-Modell hat in der<br />
Wissenschaftsforschung einen sehr schlechten<br />
Ruf. Es erfasst die Komplexität des Vorgangs nicht.<br />
Sie meinen, Medikamenten-Entwicklung ist<br />
eben kein „Rohr“, wo am Anfang Grundlagenforschung<br />
oben reinkommt und am Ende die Arznei<br />
unten rausfällt …<br />
Forschungsergebnisse werden nicht nahtlos<br />
an Biotechfirmen weitergereicht, die dann<br />
an Pharmaunternehmen übergeben, und diese<br />
wiederum arbeiten der Klinik zu. Es ist in Wirklichkeit<br />
viel komplizierter. Es gibt Feedback-Loops<br />
und Quervernetzungen von Forschung, Wirtschaft,<br />
Behörden und Politik.<br />
Tri-Gen ist noch in vollem Gange – was ist<br />
bisher passiert?<br />
Wir haben uns einen Überblick verschafft,<br />
welche Projekte in Deutschland, Österreich und<br />
Finnland unter Translationaler Medizin firmieren<br />
– es folgten Interviews <strong>mit</strong> beteiligten Personen<br />
und erste Auswertungen dieser Gespräche.<br />
Eine Reihe von Vertiefungsstudien ist noch nicht<br />
abgeschlossen. Hier untersuchen wir zum Beispiel<br />
das Utility-Gene-Card-Projekt für die Diagnose<br />
von seltenen Erbkrankheiten an der Medizinischen<br />
Hochschule Hannover. Außerdem analysieren wir<br />
in drei Erfolgsprojekten, wie die Akteure in den verschiedenen<br />
Stadien der Medikamentenentwicklung<br />
zusammenwirken. Welche Finanzierungswege und<br />
staatlichen Förderinstrumente werden genutzt?<br />
Entsteht überhaupt ein Prozess Translationaler<br />
Medizin? Zusätzlich haben wir Patienten befragt,<br />
um herauszufinden, ob sie in diesem Prozess nur<br />
die passiven Untersuchungsobjekte sind.<br />
Ist Patientinnen und Patienten die Translationale<br />
Medizin überhaupt ein Begriff?<br />
Nein, die meisten zuckten <strong>mit</strong> den Achseln.<br />
Erstaunlich war, dass auch Vertreter von Patientenorganisationen,<br />
die sich ja u. a. um die Förderung<br />
neuer Therapien kümmern, wenig da<strong>mit</strong> anfangen<br />
konnten.<br />
Wo sind die größten Schwierigkeiten im Prozess<br />
der Translationalen Medizin?<br />
Es gibt eine Reihe von Hürden. Die Übersetzung<br />
scheitert vor allem an den Übergabestellen,<br />
also zwischen öffentlichen Instituten und privaten<br />
Firmen sowie zwischen Biotech- und Pharmafirmen.<br />
Eine weitere Hürde steht zwischen Pharmafirmen<br />
und Ärzten in der Klinik.<br />
Wie ist dieser „Hürdenlauf“ zu erklären?<br />
Die einzelnen Akteure folgen unterschiedlichen<br />
Anreizsystemen, Normen und Karrierewegen. Bei<br />
Forschern ist etwa die Anzahl der Publikationen<br />
entscheidend, bei Pharmamanagern sind es Umsatzzahlen.<br />
Diese Schnittstellenproblematik setzt<br />
sich auf der politischen Lenkungsebene fort. Die