die „Bildungslandschaft“ in Deutschland ist ge - Gemeinschaft ...
die „Bildungslandschaft“ in Deutschland ist ge - Gemeinschaft ...
die „Bildungslandschaft“ in Deutschland ist ge - Gemeinschaft ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
lich der transzendenten, und dass man<br />
nicht den Menschen opfern darf, um<br />
e<strong>in</strong> spezielles Gut – sei es wirtschaftlicher<br />
oder sozialer, <strong>in</strong>dividueller oder<br />
<strong>ge</strong>me<strong>in</strong>schaftlicher Art – zu erlan<strong>ge</strong>n.<br />
Alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Beziehung zu<br />
Gott begreift der Mensch auch <strong>die</strong><br />
Bedeutung der ei<strong>ge</strong>nen Freiheit. Und<br />
es <strong>ist</strong> Aufgabe der Erziehung, zu echter<br />
Freiheit heranzubilden. Diese besteht<br />
nicht im Fehlen von B<strong>in</strong>dun<strong>ge</strong>n<br />
oder <strong>in</strong> der Herrschaft der Willkür,<br />
sie <strong>ist</strong> nicht der Absolutismus des<br />
Ich. Der Mensch, der sich selbst absolut<br />
setzt, der me<strong>in</strong>t, von nichts und<br />
niemandem abhängig zu se<strong>in</strong> und alles<br />
tun zu können, was er will, widerspricht<br />
letztlich der Wahrheit se<strong>in</strong>es<br />
ei<strong>ge</strong>nen Se<strong>in</strong>s und verliert se<strong>in</strong>e<br />
Freiheit. Der Mensch <strong>ist</strong> vielmehr e<strong>in</strong><br />
relationales Wesen, das <strong>in</strong> Beziehung<br />
zu den anderen und vor allem zu Gott<br />
lebt. Die echte Freiheit kann niemals<br />
erreicht werden, <strong>in</strong>dem man sich von<br />
Gott entfernt.<br />
Die Freiheit <strong>ist</strong> e<strong>in</strong> kostbarer, aber<br />
heikler Wert; sie kann missverstanden<br />
und missbraucht werden. „E<strong>in</strong> besonders<br />
tückisches H<strong>in</strong>dernis für <strong>die</strong><br />
Erziehungsarbeit stellt heute <strong>in</strong> unserer<br />
Gesellschaft und Kultur das massive<br />
Auftreten jenes Relativismus dar,<br />
der nichts als def<strong>in</strong>itiv anerkennt und<br />
als letzten Maßstab nur das ei<strong>ge</strong>ne Ich<br />
mit se<strong>in</strong>en Gelüsten <strong>ge</strong>lten lässt und<br />
unter dem Ansche<strong>in</strong> der Freiheit für<br />
jeden zu e<strong>in</strong>em Gefängnis wird, weil<br />
er den e<strong>in</strong>en vom anderen trennt und<br />
jeden dazu erniedrigt, sich <strong>in</strong>s ei<strong>ge</strong>ne<br />
»Ich« zu verschließen. Innerhalb e<strong>in</strong>es<br />
solchen relativ<strong>ist</strong>ischen Horizonts<br />
<strong>ist</strong> daher wahre Erziehung gar nicht<br />
möglich: Denn ohne das Licht der<br />
Wahrheit sieht sich früher oder später<br />
jeder Mensch dazu verurteilt, an<br />
der Qualität se<strong>in</strong>es ei<strong>ge</strong>nen Lebens<br />
und der Beziehun<strong>ge</strong>n, aus denen es<br />
sich zusammensetzt, ebenso zu zweifeln<br />
wie an der Wirksamkeit se<strong>in</strong>es<br />
E<strong>in</strong>satzes dafür, <strong>ge</strong>me<strong>in</strong>sam mit anderen<br />
etwas aufzubauen“. 4<br />
(2009), 648; vgl. PAUL VI., Enzyklika<br />
Populorum progressio (26. März 1967),<br />
14: AAS 59 (1967), 264.<br />
4 BENEDIKT XVI., Ansprache bei<br />
der Eröffnung der Pastoraltagung der<br />
Diözese Rom zum Thema Familie<br />
(Lateranbasilika, 6. Juni 2005): AAS 97<br />
(2005) 816; L’Osservatore Romano (dt.)<br />
Jg. 35, Nr. 24, S. 8.<br />
AUFTRAG 285 • APRIL 2012<br />
Um se<strong>in</strong>e Freiheit auszuüben,<br />
muss der Mensch also den relativ<strong>ist</strong>ischen<br />
Horizont überw<strong>in</strong>den und<br />
<strong>die</strong> Wahrheit über sich selbst und <strong>die</strong><br />
Wahrheit über Gut und Böse erkennen.<br />
Im Innern se<strong>in</strong>es Gewissens entdeckt<br />
der Mensch e<strong>in</strong> Gesetz, das er<br />
sich nicht selbst gibt, sondern dem er<br />
<strong>ge</strong>horchen muss und dessen Stimme<br />
ihn zur Liebe und zum Tun des Guten<br />
und zur Unterlassung des Bösen aufruft<br />
und dazu, <strong>die</strong> Verantwortung für<br />
das vollbrachte Gute und das <strong>ge</strong>tane<br />
Böse zu übernehmen. 5 Deswe<strong>ge</strong>n <strong>ist</strong><br />
<strong>die</strong> Ausübung der Freiheit zu<strong>in</strong>nerst<br />
an das natürliche Sitten<strong>ge</strong>setz <strong>ge</strong>bunden,<br />
das universaler Art <strong>ist</strong>, <strong>die</strong><br />
Würde e<strong>in</strong>es jeden Menschen ausdrückt,<br />
<strong>die</strong> Basis se<strong>in</strong>er fundamentalen<br />
Rechte und Pflichten und also<br />
letztlich des <strong>ge</strong>rechten und friedlichen<br />
Zusammenlebens der Menschen<br />
bildet.<br />
Der rechte Gebrauch der<br />
Freiheit steht also im Mittelpunkt<br />
der Förderung von Gerechtigkeit<br />
und Frieden, welche <strong>die</strong> Achtung<br />
vor sich selbst und <strong>ge</strong><strong>ge</strong>nüber dem<br />
anderen verlan<strong>ge</strong>n, auch wenn <strong>die</strong>ser<br />
weit von der ei<strong>ge</strong>nen Se<strong>in</strong>s- und<br />
Lebensweise abweicht. Aus <strong>die</strong>ser<br />
Haltung entspr<strong>in</strong><strong>ge</strong>n <strong>die</strong> Elemente,<br />
ohne <strong>die</strong> Frieden und Gerechtigkeit<br />
Worte ohne Inhalt bleiben: das <strong>ge</strong><strong>ge</strong>nseiti<strong>ge</strong><br />
Vertrauen, <strong>die</strong> Fähigkeit, e<strong>in</strong>en<br />
konstruktiven Dialog zu führen, <strong>die</strong><br />
Möglichkeit der Ver<strong>ge</strong>bung, <strong>die</strong> man<br />
so viele Male erhalten möchte, sich jedoch<br />
schwer tut, sie zu <strong>ge</strong>währen, <strong>die</strong><br />
wechselseiti<strong>ge</strong> Liebe, das Mit<strong>ge</strong>fühl<br />
<strong>ge</strong><strong>ge</strong>nüber den Schwächsten wie auch<br />
<strong>die</strong> Opferbereitschaft.<br />
Zur Gerechtigkeit erziehen<br />
In unserer Welt, <strong>in</strong> der <strong>die</strong> Be-<br />
4. deutung der Person, ihrer Würde<br />
und ihrer Rechte jenseits der Absichtserklärun<strong>ge</strong>n<br />
ernstlich bedroht<br />
<strong>ist</strong> durch <strong>die</strong> verbreitete Tendenz,<br />
ausschließlich auf Kriterien der Nützlichkeit,<br />
des Profi ts und des Besitzes<br />
zurückzugreifen, <strong>ist</strong> es wichtig, den<br />
Begriff der Gerechtigkeit nicht von<br />
se<strong>in</strong>en transzendenten Wurzeln zu<br />
trennen. Die Gerechtigkeit <strong>ist</strong> ja nicht<br />
e<strong>in</strong>e bloße menschliche Vere<strong>in</strong>barung,<br />
denn was <strong>ge</strong>recht <strong>ist</strong>, wird nicht ur-<br />
5 Vgl. ZWEITES VATIKANISCHES<br />
KONZIL, Past. Konst. Gaudium et spes,<br />
16.<br />
SICHERHEIT UND FRIEDENSETHIK<br />
sprünglich vom positiven Gesetz bestimmt,<br />
sondern von der tiefen Identität<br />
des Menschen. Es <strong>ist</strong> <strong>die</strong> ganzheitliche<br />
Anschauung des Menschen, <strong>die</strong><br />
es erlaubt, nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e vom Vertragsdenken<br />
bee<strong>in</strong>flusste Auffassung der<br />
Gerechtigkeit zu verfallen, sondern<br />
auch ihr den Horizont der Solidarität<br />
und der Liebe zu öffnen.6<br />
Wir können nicht übersehen,<br />
dass manche Strömun<strong>ge</strong>n der modernen<br />
Kultur, <strong>ge</strong>stützt auf rational<strong>ist</strong>ische<br />
und <strong>in</strong>dividual<strong>ist</strong>ische<br />
Wirtschaftspr<strong>in</strong>zipien, den Begriff der<br />
Gerechtigkeit durch dessen Trennung<br />
von der Liebe und der Solidarität se<strong>in</strong>er<br />
transzendenten Wurzeln beraubt haben:<br />
„Die »Stadt des Menschen« wird<br />
nicht nur durch Beziehun<strong>ge</strong>n auf der<br />
Grundla<strong>ge</strong> von Rechten und Pflichten<br />
<strong>ge</strong>fördert, sondern noch mehr und zuerst<br />
durch Verb<strong>in</strong>dun<strong>ge</strong>n, <strong>die</strong> durch<br />
Unent<strong>ge</strong>ltlichkeit, Barmherzigkeit<br />
und Geme<strong>in</strong>samkeit <strong>ge</strong>kennzeichnet<br />
s<strong>in</strong>d. Die Nächstenliebe offenbart auch<br />
<strong>in</strong> den menschlichen Beziehun<strong>ge</strong>n immer<br />
<strong>die</strong> Liebe Gottes; <strong>die</strong>se verleiht<br />
jedem E<strong>in</strong>satz für Gerechtigkeit <strong>in</strong> der<br />
Welt e<strong>in</strong>en theologalen und heilbr<strong>in</strong><strong>ge</strong>nden<br />
Wert“. 7<br />
„Selig, <strong>die</strong> hun<strong>ge</strong>rn und dürsten<br />
nach der Gerechtigkeit; denn<br />
sie werden satt werden“ (Mt 5,6).<br />
Sie werden satt werden, weil sie<br />
hun<strong>ge</strong>rn und dürsten nach rechten<br />
Beziehun<strong>ge</strong>n zu Gott, zu sich selbst,<br />
zu ihren Mitmenschen und zur <strong>ge</strong>samten<br />
Schöpfung.<br />
Zum Frieden erziehen<br />
„Friede besteht nicht e<strong>in</strong>fach da-<br />
5. r<strong>in</strong>, dass ke<strong>in</strong> Krieg <strong>ist</strong>; er lässt<br />
sich nicht bloß durch das Gleich<strong>ge</strong>wicht<br />
der fe<strong>in</strong>dlichen Kräfte sichern.<br />
Friede auf Erden herrscht nur dann,<br />
wenn <strong>die</strong> persönlichen Güter <strong>ge</strong>sichert<br />
s<strong>in</strong>d, <strong>die</strong> Menschen frei mite<strong>in</strong>ander<br />
verkehren können, <strong>die</strong> Würde der Personen<br />
und der Völker <strong>ge</strong>achtet und<br />
<strong>die</strong> Brüderlichkeit unter den Menschen<br />
<strong>ge</strong>pflegt wird“.8 Der Friede <strong>ist</strong><br />
6 Vgl. BENEDIKT XVI., Ansprache an<br />
den Bundestag (Berl<strong>in</strong>, 22. September<br />
2011): L’Osservatore Romano (dt.) Jg.<br />
41 (2011), Nr. 39 (30. September 2011),<br />
S. 4-5.<br />
7 DERS., Enzyklika Caritas <strong>in</strong> veritate<br />
(29. Juni 2009), 6: AAS 101 (2009),<br />
644-645.<br />
8 Katechismus der Katholischen Kirche,<br />
2304.<br />
7