die „Bildungslandschaft“ in Deutschland ist ge - Gemeinschaft ...
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AUS BEREICHEN, STANDORTEN UND GKS<br />
kalt. Diesmal wäre es e<strong>in</strong>e wahrlich unan<strong>ge</strong>messene Härteübung<br />
im Sturm und Dauerre<strong>ge</strong>n. Also s<strong>in</strong>d wir froh um<br />
<strong>die</strong>se Möglichkeit hier“ führte Herrler weiter aus. Frauen<br />
und Männer der Militärkirchen<strong>ge</strong>me<strong>in</strong>de Chr<strong>ist</strong>könig<br />
hatten <strong>die</strong> nüchterne Wetterhütte mit Tannengrün und vielen<br />
Kerzen weihnachtlich aus<strong>ge</strong>staltet und der Glühwe<strong>in</strong><br />
duftete schon.<br />
Die 12 Musiker der Kapelle des Bundeswehr-Dienstle<strong>ist</strong>ungszentrums<br />
Hammelburg unter Leitung von Gerald<br />
Bach (zugleich Personalratsvorsitzender im BwDLZ)<br />
stimmten <strong>die</strong> Besucher mit dem „Bayerischen Andachtsjodler“<br />
auf <strong>die</strong> liturgische Feier e<strong>in</strong>.<br />
Militärpfarrer Stephan Frank hieß alle Besucher herzlich<br />
willkommen und freute sich über <strong>die</strong> große Teilnahme<br />
der Soldaten vom Gefreiten bis zum Oberst und ziviler<br />
Mitarbeiter bis zum Behördenleiter des BwDLZ sowie<br />
Familien der Militärkirchen<strong>ge</strong>me<strong>in</strong>de Chr<strong>ist</strong>könig La<strong>ge</strong>r<br />
Hammelburg. Bereits zum vierten Mal fand <strong>die</strong>se „Waldweihnacht“<br />
statt, sie <strong>ist</strong> <strong>in</strong>zwischen e<strong>in</strong> fester Bestandteil<br />
der Veranstaltun<strong>ge</strong>n des katholischen Militärpfarramtes<br />
am Standort <strong>ge</strong>worden. MilPfr Frank hob den Advent als<br />
Zeit der Bes<strong>in</strong>nung hervor, als Zeit für sich selbst zum <strong>in</strong>nehalten<br />
und der <strong>in</strong>neren Vorbereitung auf Weihnachten.<br />
Als Oberstleutnant Klaus Schöneich <strong>die</strong> Erlebnisse des<br />
Unteroffizier Emil Schlund an Weihnachten 1944 während<br />
se<strong>in</strong>es E<strong>in</strong>satzes im Elsass vorlas, war es mucksmäuschenstill:<br />
Inmitten der Kriegswirren, während <strong>die</strong> Amerikaner<br />
bereits <strong>die</strong> deutsche Rhe<strong>in</strong>seite erobert hatten, wurde e<strong>in</strong>er<br />
deutschen Kompanie e<strong>in</strong> Brückenkopf am jenseiti<strong>ge</strong>n<br />
Ufer befohlen, nachdem Zivil<strong>ist</strong>en, alte Männer und Frauen,<br />
Panzergräben ausheben mussten - e<strong>in</strong>e sehr schwere<br />
und harte Arbeit, mit nur ganz e<strong>in</strong>fachem Handwerkszeug<br />
und bei klirrendem Frost. Doch schon vor Fertigstellung<br />
der Panzergräben eroberten <strong>die</strong> Amerikaner das Gebiet,<br />
<strong>die</strong> ganze mühevolle Schwerstarbeit war umsonst <strong>ge</strong>wesen.<br />
Aber befehls<strong>ge</strong>mäß musste der Brückenkopf <strong>ge</strong>bildet<br />
werden; <strong>die</strong> Amerikaner sollten unbed<strong>in</strong>gt zurück<strong>ge</strong>schla<strong>ge</strong>n<br />
werden.<br />
Unteroffizier Schlund schrieb dazu: „Mit Sturmbooten<br />
der Pioniere rasten wir über den Rhe<strong>in</strong> und kamen vor bis<br />
zum Hochwasserdamm, h<strong>in</strong>ter dem sich <strong>die</strong> Amerikaner<br />
verschanzt hatten. Mit Handgranaten versuchten wir, Meter<br />
um Meter Boden zu <strong>ge</strong>w<strong>in</strong>nen, kamen aber nicht voran,<br />
<strong>die</strong> Ge<strong>ge</strong>nwehr war e<strong>in</strong>fach zu stark. Trotzdem wurde der<br />
Befehl aus<strong>ge</strong>führt, den Brückenkopf bis zum letzten Mann<br />
zu halten. Was für e<strong>in</strong> Irrs<strong>in</strong>n! Unsere Verluste waren sehr<br />
hoch: von unserem Zug fielen <strong>in</strong> knapp e<strong>in</strong>er Stunde neun<br />
Kameraden. Ir<strong>ge</strong>ndwann nachts wurde uns mit den Sturmbooten<br />
Essen <strong>ge</strong>bracht; aber <strong>die</strong> doppelte Ration hätten<br />
wir <strong>ge</strong>braucht, um e<strong>in</strong>i<strong>ge</strong>rmaßen satt zu werden. Unser<br />
Hauptmann erkannte am nächsten Mor<strong>ge</strong>n unsere ausweglose<br />
Situation und befahl am 24. Dezember vormittags den<br />
Rückzug, bevor wir vollends auf<strong>ge</strong>rieben würden. Me<strong>in</strong>e<br />
Gruppe hatte noch fünf Mann. Kaum waren <strong>die</strong> Sturmboote<br />
an<strong>ge</strong>kommen, setzte e<strong>in</strong> Granatha<strong>ge</strong>l e<strong>in</strong>, wie ich ihn seit<br />
me<strong>in</strong>em Kriegsbeg<strong>in</strong>n im Frühjahr 1941 noch nicht erlebt<br />
habe. Jetzt hieß es nur noch, rette sich, wer kann, und jeder<br />
rannte um se<strong>in</strong> Leben. Von den Booten aus sahen wir<br />
das ganze Ausmaß. Wo wir noch vor weni<strong>ge</strong>n M<strong>in</strong>uten <strong>ge</strong>le<strong>ge</strong>n<br />
hatten, schlug jetzt e<strong>in</strong>e Granate nach der anderen<br />
e<strong>in</strong>. Hätten <strong>die</strong> Amerikaner unsere Absetzbewegung nur<br />
e<strong>in</strong>i<strong>ge</strong> M<strong>in</strong>uten früher bemerkt, hätte ganz sicher ke<strong>in</strong>er<br />
von uns <strong>die</strong>ses Inferno überlebt. Auf der anderen Rhe<strong>in</strong>seite<br />
an<strong>ge</strong>kommen, wurde der Rest der Kompanie wieder<br />
zwischen e<strong>in</strong>i<strong>ge</strong>n zerschossenen Häusern <strong>ge</strong>sammelt. Wieder<br />
hatte ich e<strong>in</strong>en Kameraden me<strong>in</strong>er Gruppe verloren.<br />
Nach ca. zwei Kilometer Flucht fanden wir <strong>in</strong> dem verlassenen<br />
Dorf Fre<strong>ist</strong>ett <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em alten Wirtshaus-Saal e<strong>in</strong><br />
Dach über dem Kopf. Wir hockten auf dem Boden, zitterten<br />
am ganzen Körper, waren total benommen und froren<br />
bitterlich. Zu essen hatten wir nichts außer zwei Brocken<br />
Chr<strong>ist</strong>stollen und e<strong>in</strong> Brot, das unser Feldwebel ir<strong>ge</strong>ndwo<br />
besorgt hatte. So, jetzt war es „Heili<strong>ge</strong>r Abend“ und wir<br />
wollten nach dem Bissen Chr<strong>ist</strong>stollen und Wasser zusammen<br />
„Stille Nacht, heili<strong>ge</strong> Nacht“ s<strong>in</strong><strong>ge</strong>n, so wie es sich<br />
für Chr<strong>ist</strong>en <strong>ge</strong>hört. Aber schon nach den ersten rauen<br />
Tönen blieb uns <strong>die</strong> Sprache weg und es wurde ganz still<br />
– ke<strong>in</strong>er sagte e<strong>in</strong> Wort. Und den sonst ei<strong>ge</strong>ntlich so ab<strong>ge</strong>brühten<br />
Landsern liefen <strong>die</strong> Tränen übers Gesicht. Ich<br />
dachte jetzt nur noch an daheim: wie wird es wohl me<strong>in</strong>er<br />
Familie er<strong>ge</strong>hen, daheim <strong>in</strong> Waldsassen? Ir<strong>ge</strong>ndwann<br />
später schliefen wir dann doch vor lauter Übermüdung<br />
e<strong>in</strong>, wir la<strong>ge</strong>n e<strong>in</strong>fach ane<strong>in</strong>ander<strong>ge</strong>reiht auf dem Boden<br />
und versuchten, uns <strong>ge</strong><strong>ge</strong>nseitig e<strong>in</strong> wenig zu wärmen. Am<br />
nächsten Mor<strong>ge</strong>n, dem Weihnachtstag, marschierten wir<br />
unter Führung unseres Leutnants nach Sasbach. Unser<br />
Hauptmann war seit dem Rückzug über den Rhe<strong>in</strong> nicht<br />
mehr bei uns. In Sasbach wurden wir dann spät am Abend<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Internat unter<strong>ge</strong>bracht. Drei alte, sicher schon<br />
80-jähri<strong>ge</strong> Schwestern waren noch da. Sie halfen uns, so<br />
gut sie konnten. Und das schönste Weihnachts<strong>ge</strong>schenk<br />
war e<strong>in</strong> gutes warmes Essen, sogar mit Fleisch und Nudeln.“<br />
Dieses Kriegserlebnis bee<strong>in</strong>druckte alle Anwesenden<br />
spürbar und <strong>die</strong> Musikkapelle vertiefte <strong>die</strong> Bes<strong>in</strong>nung<br />
mit e<strong>in</strong>em meditativen Choral.<br />
In se<strong>in</strong>er Predigt betonte Militärpfarrer Frank <strong>die</strong> Bedeutung<br />
der Geme<strong>in</strong>schaft, das erlebbare Gefühl der Gebor<strong>ge</strong>nheit,<br />
auch unter primitivsten Verhältnissen – so wie<br />
im Kriegserlebnis <strong>ge</strong>schildert. Er stellte <strong>die</strong> Gebor<strong>ge</strong>nheit<br />
<strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>schaft heraus im Zusammenhang mit dem<br />
Weihnachtsereignis, auf dass alle Chr<strong>ist</strong>en <strong>die</strong>se Gebor<strong>ge</strong>nheit<br />
erfahren können durch <strong>die</strong> Menschwerdung Gottes.<br />
Und er er<strong>in</strong>nerte an <strong>die</strong> fernab im Auslands-E<strong>in</strong>satz stehenden<br />
Soldaten, <strong>die</strong> <strong>die</strong>se Geme<strong>in</strong>schaft auch im E<strong>in</strong>satz<br />
besonders brauchten, weil sie eben an Weihnachten nicht<br />
mit ihren Familien zusammen se<strong>in</strong> können. Der Militär<strong>ge</strong><strong>ist</strong>liche<br />
bezeichnete Jesus Chr<strong>ist</strong>us als Halt, Klammer<br />
und Orientierung, auch oder <strong>ge</strong>rade <strong>in</strong> schweren Zeiten.<br />
Die Zusammen<strong>ge</strong>hörigkeit mit den Soldaten im E<strong>in</strong>satz<br />
wurde auch deutlich <strong>in</strong> den Fürbitten, <strong>die</strong> Oberstleutnant<br />
Ulrich Schröder vortrug. Stellvertretend für alle Anwesenden<br />
betete er „für alle Soldaten und Militärseelsor<strong>ge</strong>r <strong>in</strong><br />
ihren vielfälti<strong>ge</strong>n Aufgaben und E<strong>in</strong>sätzen, dass sie ihre<br />
Aufgaben mit gutem Gewissen und starkem Glauben, mit<br />
Überzeugung und Menschlichkeit bewälti<strong>ge</strong>n, und <strong>ge</strong>sund<br />
an Leib und Seele wieder nach Hause kommen können<br />
…,für <strong>die</strong> Familienan<strong>ge</strong>höri<strong>ge</strong>n unserer Soldaten, <strong>die</strong><br />
durch <strong>die</strong> Trennung oder Auswirkung von Verletzun<strong>ge</strong>n,<br />
Verwundun<strong>ge</strong>n oder sogar durch den Tod e<strong>in</strong>es Familienmitglieds<br />
schwer belastet s<strong>in</strong>d, dass sie <strong>in</strong>nere Kraft und<br />
34 AUFTRAG 285 • APRIL 2012