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die „Bildungslandschaft“ in Deutschland ist ge - Gemeinschaft ...

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Islam im Wandel?<br />

AUFTRAG 285 • APRIL 2012<br />

Islamunterricht <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

VON BERTRAM BASTIAN<br />

RELIGION UND GESELLSCHAFT<br />

Seit den 60er Jahren leben Muslime <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>. Zuerst als Gastarbeiter alle<strong>in</strong>, dann zo<strong>ge</strong>n ihre Familien<br />

nach und so leben heute ca. 3,3 Mio Muslime (Anzahl 2003) <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>, darunter zahlreiche schulpflichti<strong>ge</strong><br />

K<strong>in</strong>der. Im Schuljahr 2012/2013 wird <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen e<strong>in</strong> Islamunterricht an<strong>ge</strong>boten<br />

werden, im Schuljahr 2013/2014 wird Niedersachsen <strong>die</strong>sem Beispiel fol<strong>ge</strong>n. Bisher fanden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>i<strong>ge</strong>n Bundesländern<br />

Schulversuche an aus<strong>ge</strong>wählten E<strong>in</strong>richtun<strong>ge</strong>n statt, <strong>die</strong> aber nur e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>derheit der muslimischen<br />

Schüler erreichte.<br />

All<strong>ge</strong>me<strong>in</strong>e rechtliche Betrachtun<strong>ge</strong>n<br />

Das Grund<strong>ge</strong>setz der Bundesrepublik<br />

<strong>Deutschland</strong> sagt im Art. 3,<br />

dass niemand we<strong>ge</strong>n se<strong>in</strong>er Religionszu<strong>ge</strong>hörigkeit<br />

benachteiligt oder bevorzugt<br />

werden darf. Im Art. 4, Abs.<br />

2 sagt das Grund<strong>ge</strong>setz, dass <strong>die</strong> un<strong>ge</strong>störte<br />

Religionsausübung <strong>ge</strong>währle<strong>ist</strong>et<br />

werde. Im Art. 7, Abs. 3 wird<br />

der Gesetz<strong>ge</strong>ber noch deutlicher, dort<br />

steht: „Der Religionsunterricht <strong>ist</strong> <strong>in</strong><br />

den öffentlichen Schulen mit Ausnahme<br />

der bekenntnisfreien Schulen<br />

ordentliches Lehrfach. Unbeschadet<br />

des staatlichen Aufsichtsrechtes wird<br />

der Religionsunterricht <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung<br />

mit den Grundsätzen der<br />

Religions<strong>ge</strong>me<strong>in</strong>schaften erteilt. Ke<strong>in</strong><br />

Lehrer darf <strong>ge</strong><strong>ge</strong>n se<strong>in</strong>en Willen verpflichtet<br />

werden, Religionsunterricht<br />

zu erteilen.“ Weil <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> der<br />

Staat zur weltanschaulichen Neutralität<br />

verpflichtet <strong>ist</strong>, können <strong>die</strong> Inhalte<br />

des Religionsunterrichtes nur von den<br />

Kirchen und Religions<strong>ge</strong>me<strong>in</strong>schaften<br />

selbst fest<strong>ge</strong>legt werden. Jeder<br />

hat demzufol<strong>ge</strong> das Recht, se<strong>in</strong>e Religion<br />

zu praktizieren, der Staat muss<br />

dafür Sor<strong>ge</strong> tra<strong>ge</strong>n, dass er es auch tun<br />

kann. Andere Religionen oder Überzeugun<strong>ge</strong>n<br />

dürfen darunter nicht leiden.<br />

Dabei dürfen unveränderliche<br />

Menschenrechte nicht <strong>ge</strong>schmälert<br />

oder gar außer Kraft <strong>ge</strong>setzt werden.<br />

Der Art. 140 des Grund<strong>ge</strong>setzes<br />

legt fest, dass <strong>die</strong> Art. 136, 137, 138,<br />

139 und 141 der deutschen Verfassung<br />

vom 11. August 1919 Bestandteile<br />

des Grund<strong>ge</strong>setzes s<strong>in</strong>d. Dar<strong>in</strong><br />

wird unter anderem auch bestimmt,<br />

dass es ke<strong>in</strong>e Staatskirche <strong>ge</strong>be. Die<br />

Religions<strong>ge</strong>sellschaften erwerben ihre<br />

Rechtsfähigkeit nach den all<strong>ge</strong>me<strong>in</strong>en<br />

Vorschriften des bür<strong>ge</strong>rlichen Rechtes<br />

und s<strong>in</strong>d nach Anerkennung Körperschaften<br />

des öffentlichen Rech-<br />

tes. Dadurch er<strong>ge</strong>ben sich besondere<br />

Rechte und Pflichten. Über <strong>die</strong> Probleme<br />

der Anerkennung des Islam als<br />

Religions<strong>ge</strong>sellschaft hat der AUF-<br />

TRAG 266 ab Seite 59 ausführlich<br />

berichtet.<br />

Katholische Kirche <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Die Deutsche Bischofskonferenz<br />

hat im Jahr 2003 <strong>die</strong> Arbeitshilfe<br />

172 „Chr<strong>ist</strong>en und Muslime <strong>in</strong><br />

<strong>Deutschland</strong>“ heraus<strong>ge</strong><strong>ge</strong>ben. Dar<strong>in</strong><br />

wird beschrieben, wie <strong>in</strong> Schulen<br />

<strong>in</strong> katholischer Trä<strong>ge</strong>rschaft das<br />

Thema „Islam“ im Religionsunterricht<br />

behandelt wird. Hier liegt e<strong>in</strong><br />

Schwerpunkt, <strong>die</strong> Religion des Anderen<br />

kennen zu lernen, wobei <strong>die</strong><br />

Grundpflichten des Islam ebenso <strong>ge</strong>lehrt<br />

werden wie <strong>die</strong> Geschichte des<br />

Islam. Durch <strong>die</strong>se Unterrichtung lernen<br />

<strong>die</strong> jun<strong>ge</strong>n Menschen zwischen<br />

den religiösen Lehren e<strong>in</strong>erseits und<br />

den ethischen Werten des Islam zu<br />

unterscheiden. E<strong>in</strong>er politischen Instrumentalisierung<br />

wird somit ent<strong>ge</strong><strong>ge</strong>n<strong>ge</strong>wirkt.<br />

Grundla<strong>ge</strong> des Dialo<strong>ge</strong>s<br />

zwischen den Religionen müssen <strong>die</strong><br />

all<strong>ge</strong>me<strong>in</strong>en Menschenrechte se<strong>in</strong>,<br />

ohne E<strong>in</strong>schränkun<strong>ge</strong>n oder Hervorhebun<strong>ge</strong>n.<br />

In der Ziffer 319 führt <strong>die</strong><br />

Arbeitshilfe aus, dass das Chr<strong>ist</strong>entum<br />

<strong>in</strong> den beiden letzten Jahrhunderten<br />

durch <strong>die</strong> Säkularisierung <strong>ge</strong>gan<strong>ge</strong>n<br />

sei und lernen musste, dass Religion<br />

nicht Herrschaftsordnung se<strong>in</strong><br />

könne. Für viele Muslime <strong>ist</strong> h<strong>in</strong><strong>ge</strong><strong>ge</strong>n<br />

e<strong>in</strong>e en<strong>ge</strong> Verb<strong>in</strong>dung zwischen Religion,<br />

Staat und Rechtswesen durch<br />

den Koran vor<strong>ge</strong><strong>ge</strong>ben.<br />

Das Zentralkomitee der deutschen<br />

Katholiken hat den Gesprächskreis<br />

„Chr<strong>ist</strong>en und Muslime“ seit<br />

dem Jahr 2000 e<strong>in</strong><strong>ge</strong>richtet, der aus<br />

elf Chr<strong>ist</strong>en und acht Muslimen besteht.<br />

In e<strong>in</strong>er Erklärung aus dem Jahr<br />

2008 nimmt der Gesprächskreis auch<br />

zum islamischen Unterricht <strong>in</strong> Schulen<br />

Stellung. Dabei führt er richti<strong>ge</strong>rweise<br />

aus, dass der Islam über ke<strong>in</strong>e<br />

organisatorischen Strukturen wie <strong>die</strong><br />

Kirchen verfügt. Die Moscheenverbände<br />

s<strong>in</strong>d als Vere<strong>in</strong>e reg<strong>ist</strong>riert,<br />

der Dachverband „Koord<strong>in</strong>ierungsrat<br />

der Muslime“ vertritt nicht <strong>die</strong> Mehrheit,<br />

da viele Muslime <strong>in</strong> den Vere<strong>in</strong>en<br />

nicht reg<strong>ist</strong>riert s<strong>in</strong>d. Somit fehlt<br />

der staatlichen Institution der Ansprechpartner<br />

auf islamischer Seite,<br />

um Vere<strong>in</strong>barun<strong>ge</strong>n zu treffen. Trotzdem<br />

spricht sich der Gesprächskreis<br />

dafür aus, sich <strong>ge</strong><strong>ge</strong>nseitig zu unterstützen,<br />

um e<strong>in</strong>en dialogisch aus<strong>ge</strong>richteten<br />

konfessionellen Religionsunterricht<br />

<strong>in</strong> ökumenischer und <strong>in</strong>terreligiöser<br />

Offenheit e<strong>in</strong>zurichten.<br />

Durchführung des islamischen<br />

Religionsunterrichtes<br />

Wer Unterricht erteilen will, benötigt<br />

Lehrkräfte. Diese wurden<br />

bisher <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Kurs „Islamkunde“<br />

vom Staat zertifiziert. Der Unterricht<br />

wird <strong>in</strong> deutscher Sprache <strong>ge</strong>halten,<br />

er wird nach Lehrplänen stattf<strong>in</strong>den,<br />

<strong>die</strong> vom Staat <strong>ge</strong>billigt werden müssen,<br />

denn Schulunterricht obliegt der<br />

staatlichen Aufsicht. Um <strong>die</strong> Ausbildung<br />

von befähigten Lehrern zu fördern,<br />

hat nicht nur <strong>die</strong> Universität<br />

Münster e<strong>in</strong>e Stu<strong>die</strong>nordnung erarbeitet.<br />

Inzwischen werden Stu<strong>die</strong>ngän<strong>ge</strong><br />

für islamische Religionslehre<br />

an den Universitäten Erlan<strong>ge</strong>n-Nürnberg,<br />

Münster und Osnabrück an<strong>ge</strong>boten,<br />

wo jeweils auch e<strong>in</strong> Lehrstuhl<br />

e<strong>in</strong><strong>ge</strong>richtet wurde. Es wird also zukünftig<br />

an Hochschulen aus<strong>ge</strong>bildete<br />

Lehrer für islamischen Religionsunterricht<br />

<strong>ge</strong>ben.<br />

Damit wäre <strong>die</strong> Seite der Unterrichtenden<br />

<strong>ge</strong>klärt. Wer legt <strong>die</strong> In-<br />

29

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